Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 01.11.2024 | |
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Aktenzeichen | OVG 4 N 35/22 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2024:1101.OVG4N35.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 124 Abs 2 Nr 1 und 3 VwGO , § 3a BLVO , § 8a BLVO |
Die Befähigung für die Laufbahn der Lehrkraft mit Lehramt an Grundschulen gemäß § 8a BLVO i.V.m. § 3a Abs. 1 BLVO kann nur bei Beamtinnen und Beamten der Laufbahnrichtung Bildung anerkannt werden. Die vorgenannten Normen sind nicht analog auf tarifbeschäftigte Lehrkräfte anwendbar.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. Dezember 2021 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 Euro festgesetzt.
Der Antrag des Klägers, der im Angestelltenverhältnis (Tarifbeschäftigter der Entgeltgruppe E 11) an einer Berliner Schule tätig ist, auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Maßgebend für die Prüfung des Oberverwaltungsgerichts sind allein die dargelegten Gründe (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Gemessen an den Darlegungen des Klägers hat das Verwaltungsgericht seine Verpflichtungsklage mit dem Begehren, die Befähigung für den Laufbahnzweig der Lehrkraft mit dem Lehramt an Grundschulen nach § 8a der Bildungslaufbahnverordnung (BLVO) anzuerkennen, zu Recht abgewiesen.
1. Der Kläger macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend.
Die Berufung ist wegen des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zuzulassen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und auch die Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung derartigen Zweifeln unterliegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 2019 – 1 BvR 587.17 – juris Rn. 32; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Mai 2021 – OVG 4 N 68.18 – juris Rn. 3). Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss sich mit den entscheidungstragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen substantiiert darlegen, aus welchen Gründen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vorliegen.
Gemessen an diesen Anforderungen ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers nicht, dass an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ernstliche Zweifel bestehen.
Als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers kommt allein § 8a i.V.m. § 3a Abs. 1 und Abs. 2 BLVO in Betracht.
Das Verwaltungsgericht hat in dem eingehend begründeten Urteil angenommen, dass sich der Kläger als tarifbeschäftigte Lehrkraft nicht auf § 8a BLVO i.V.m. § 3a Abs. 1 BLVO berufen könne, weil er sich nicht im subjektiven Anwendungsbereich der Norm befände, da diese nur auf Landesbeamtinnen und Landesbeamte anwendbar sei. Eine Erstreckung der Vorschrift auf Tarifbeschäftigte komme entgegen dem Wortlaut und der systematischen Stellung der Normen nicht in Betracht und die Normen seien auch nicht im Wege der Analogie anwendbar (vgl. näher EA S. 3 f.).
Der Kläger meint, die vorgenannte Annahme des Verwaltungsgerichts begegne ernstlichen Zweifeln an ihrer Richtigkeit. Er bringt dazu im Wesentlichen vor, vor dem Hintergrund der (inzwischen durch das Lehrkräfteverbeamtungsgesetz revidierten) Entscheidung des Beklagten, Lehrer künftig nicht mehr im Beamtenverhältnis zu beschäftigen, erscheine die Auslegung des Verwaltungsgerichts, wonach von den Regelungen der Bildungslaufbahnverordnung ausschließlich beamtete Lehrkräfte erfasst würden und sich eine Analogie verbiete, nicht tragfähig. Dies folge auch aus dem Wortlaut von § 3a BLVO, der eine Anerkennung durch die zuständige Behörde erfordere. Tatsächlich habe eine entgegenstehende Praxis des Beklagten bestanden, was im Fall des Klägers schon aus dem hier angewendeten Formular des Beklagten erkennbar sei und zudem daraus folge, dass der Beklagte sich im ablehnenden Bescheid nicht auf eine Unanwendbarkeit der Regelungen der Bildungslaufbahnverordnung auf Tarifbeschäftigte bezogen habe, sondern mittels Verwaltungsakt eine Sachentscheidung getroffen habe. Auch die pauschale Annahme eines Analogieverbotes begegne ernstlichen Zweifeln an Ihrer Richtigkeit. Der Kläger führt dazu eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier (Urteil vom 19. September 2017 – 7 K 7875/17.TR – juris) an.
Anders als der Kläger meint, ergibt sich ohne Weiteres aus der Bildungslaufbahnverordnung unter Anwendung der anerkannten Auslegungskriterien unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senates (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. September 2024 – OVG 4 N 25/21 – EA S. 5; vgl. auch VG Berlin, Beschluss vom 26. Februar 2020 – 5 K 573.19 – juris Rn. 5), dass die Befähigung für die Laufbahn der Lehrkraft mit Lehramt an Grundschulen gemäß § 8a BLVO i.V.m. § 3a Abs. 1 BLVO nur bei Beamtinnen und Beamten der Laufbahnrichtung Bildung anerkannt werden kann und die vorgenannten Normen auch nicht analog auf tarifbeschäftigte Lehrkräfte, wie den Kläger, anwendbar sind.
Hierfür spricht bereits eine systematische Auslegung unter Berücksichtigung des Titels der Bildungslaufbahnverordnung, die im Volltext vom Verordnungsgeber als Verordnung über die Laufbahnen „der Beamtinnen und Beamten“ der Laufbahnrichtung Bildung bezeichnet wird. Bestätigt wird die systematische Auslegung auch durch die Bestimmung über den Anwendungsbereich der Verordnung in § 1 Abs. 2 BLVO. Diese Norm lautet: „Diese Verordnung findet auf die unmittelbaren und mittelbaren. Landesbeamtinnen und Landesbeamten der Laufbahnfachrichtung Bildung Anwendung“. Auch die streitentscheidenden Vorschriften des § 8a BLVO i.V.m. § 3a Abs. 1, Abs. 2 BLVO lassen nicht erkennen, dass sie – über den Anwendungsbereich der Verordnung in ihrer Gesamtheit hinausgehend – Geltung für angestellte Lehrkräfte beanspruchen, die nicht im Beamtenverhältnis stehen. Insbesondere die Regelungen des § 3a Abs. 1 BLVO beziehen sich ihrem Wortlaut nach jeweils ausschließlich auf das Beamtenverhältnis. So benennt § 3a Abs. 1 Nr. 2 BLVO die den jeweiligen Ursprungslaufbahnen zugeordnete Besoldungsgruppe (z.B. Besoldungsgruppe A 11) und im Beförderungsamt A 12. Eine Erstreckung der Vorschriften auf angestellte Tarifbeschäftigte entgegen dem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung kommt daher nicht in Betracht.
Zu Recht nimmt das Verwaltungsgericht auch an, dass § 8a BLVO i.V.m. § 3a Abs. 1, Abs. 2 BLVO auf angestellte tarifbeschäftigte Lehrkräfte – wie den Kläger – auch nicht im Wege der Analogie entsprechend anwendbar ist. Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (BVerwG, Urteil vom 27. März 2014 – 2 C 2.13 – juris Rn. 17; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. September 2024 – OVG 4 N 25/21 – EA S. 5). Der Kläger hat schon nicht substantiiert dargelegt, dass hier eine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Vielmehr spricht vieles dafür, dass § 3a Abs. 1 BLVO eine abschließende Regelung zur Anerkennung der Befähigung für den Laufbahnzweig der Lehrkraft mit Lehramt an Grundschulen ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. September 2024 - OVG 4 N 25/21 – EA S. 5). Die Bildungslaufbahnverordnung ist aufgrund der Verordnung vom 18. Dezember 2012 (GVBI. S. 546) geändert worden. Erst mit dieser Änderung ist die von den Beteiligten maßgeblich herangezogene Vorschrift des § 3a BLVO eingefügt worden. Sowohl zum Zeitpunkt der ursprünglichen als auch der letzten Regelung stand dem Verordnungsgeber vor Augen, dass (damals) die im Land Berlin beschäftigten Lehrkräfte in großer Zahl nicht in einem Beamtenverhältnis stehen, das den Anwendungsbereich der Bildungslaufbahnverordnung begründet. Es kann daher nicht angenommen werden, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt wie angestellte tarifbeschäftigte Lehrkräfte erstreckt hätte, wenn er dies bedacht hätte.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte zuletzt in ihrer Erwiderung im Berufungszulassungsverfahren selbst davon ausgeht, dass die vorgenannten Vorschriften der Bildungslaufbahnverordnung auf Tarifbeschäftigte anwendbar seien und dementsprechend das vom Kläger verwandte Formular des Beklagten auch Lehrkräfte der Entgeltgruppe E 11 erwähnt. Diese Rechtsauffassung und auch eine evtl. gegebene entsprechende Verwaltungspraxis kann die Rechtslage, dass die Regelungen des § 8a BLVO i.V.m. § 3a Abs. 1 BLVO nach deren Wortlaut und Systematik nur für Beamtinnen und Beamte anwendbar sind, nicht ändern.
Schließlich ist das Urteil nicht ernstlichen Richtigkeitszweifeln ausgesetzt, weil der Beklagte mit Verwaltungsakt entschieden hat. Die Verpflichtungsklage zielt auf Anerkennung der Befähigung für den Laufbahnzweig der Lehrkraft in dem Lehramt an Grundschulen nach § 8a BLVO. Der Verwaltungsakt beschränkt sich in seiner Wirkung auf die Ablehnung des Anerkennungsantrags. Er stellt nicht bestandskraftfähig fest, dass dem Kläger diese Befähigung fehle. Auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts beschwert der versagende Bescheid den Kläger nicht.
2. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, „ob die BLVO auf tarifbeschäftigte Lehrkräfte des Landes Berlin anwendbar ist und diese auch eine Prüfung und Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen einer Laufbahnzweigbefähigung der Senatsverwaltung für Bildung begehren können.
Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist es erforderlich, dass eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich noch nicht geklärte, konkrete und zugleich entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen und dazu erläutert wird, warum sie über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist und im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung in einem Berufungsverfahren geklärt werden muss (u.a. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Mai 2021 – OVG 4 N 68.18 – juris Rn. 20). An einer Klärungsbedürftigkeit in diesem Sinne fehlt es, wenn sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem Gesetz bzw. einer Verordnung oder aufgrund in der Rechtsprechung anerkannter Rechtsgrundsätze ergibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2008 – 9 BN 3.08 – juris Rn. 6).
So liegen die Dinge hier. Die vom Kläger aufgeworfene Frage ist nicht in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftig. Denn sie lässt sich wie vorstehend unter 1. näher ausgeführt mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Verordnungsinterpretation ohne Weiteres aus dem Text der Verordnung beantworten. Die Befähigung für den Laufbahnzweig der Lehrkraft an Grundschulen gemäß § 8a i.V.m. § 3a Abs. 1 BLVO kann nur von Beamtinnen und Beamten der Laufbahnrichtung Bildung anerkannt werden und ist damit nicht auf außertariflich beschäftigte Lehrkräfte anwendbar.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).