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Entscheidung 1 O 286/19


Metadaten

Gericht LG Cottbus 1. Zivilkammer Entscheidungsdatum 26.09.2024
Aktenzeichen 1 O 286/19 ECLI ECLI:DE:LGCOTTB:2024:0926.1O286.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Beklagten werden jeweils verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder zu Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, durch Aktionen oder Handlungen auf oder gegen Betriebsflächen und betriebliche Anlagen der Klägerin zu 1) den Betrieb der Klägerin zu 1) im …………………… zu beeinträchtigen oder unmöglich zu machen, insbesondere dadurch, dass

a. die Betriebsflächen und betrieblichen Anlagen, insbesondere die Gelände der ……………………, ……………………, …………………… und …………………… sowie des Veredelungsbetriebs …………………… einschließlich die diesen zugehörigen Anlagen und Nebeneinrichtungen betreten werden und/oder sich dort aufgehalten wird und/oder auf dem Gelände Fotoaufnahmen gemacht werden, sowie die Betriebsflächen einschließlich die diesen zugehörigen Nebeneinrichtungen und betrieblichen Anlagen, zum Beispiel Bagger, Pumpenanlagen, Betriebsfahrzeuge und/oder Betriebsmittel, besetzt werden,

b) der Betrieb der ……………………, ……………………, …………………… und ………………, sowie des …………………… einschließlich die diesen zugehörigen Anlagen und Nebeneinrichtungen durch andere Störaktionen auf den oder gegen die Betriebsflächen und/oder betrieblichen Anlagen und Nebeneinrichtungen beeinträchtigt oder unmöglich gemacht wird,

c) die Flächen und Betriebsanlagen der betriebseigenen Eisenbahn der Klägerin zu 1) betreten werden und/oder sich dort aufgehalten wird und/oder Gleisanlagen oder Züge besetzt und/oder manipuliert werden,

d) der Betrieb der betriebseigenen Eisenbahn durch andere Störaktionen auf den oder gegen die Flächen und Betriebsanlagen der betriebseigenen Eisenbahnen beeinträchtigt oder unmöglich gemacht wird.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Gerichtskosten hat die Klägerin zu 2) zu 50 Prozent und die Beklagten je zu 25 Prozent zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten hat die Klägerin zu 2) 50 Prozent zu tragen. Im Übrigen tragen die Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) haben die Beklagten je zu 50 Prozent zu tragen. Eine Kostenerstattung im Übrigen findet nicht statt.

4. Das Urteil ist für die Klägerin zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin zu 2) kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

5. Der Streitwert für die Gerichtsgebühren wird auf 24.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Unterlassungsansprüche der Klägerinnen wegen der Beteiligung der Beklagten an einer Klimaprotestaktion auf dem …………………… der Klägerin zu 1) in …………………….

Die Klägerinnen gehören zum Unternehmensverband der ……………………. Die Klägerin zu 1) ist Bergbauunternehmerin. Sie betreibt im …………………… …………………… in ……………………, ……………………, …………………… und …………………… sowie den ……………………. Die Klägerin zu 1) ist Eigentümerin der zu ihren Betrieben gehörenden Liegenschaften einschließlich der dort vorhandenen Betriebsmittel, Anlagen und Nebeneinrichtungen. Dazu gehört auch eine betriebseigene Eisenbahn mit Gleisinfrastruktur, die der Beförderung der Braunkohle zu den nahegelegenen Kraftwerken dient.

Die Klägerin zu 2) betreibt ein Energieerzeugungsunternehmen. Sie betreibt nahe den Tagebauen der Klägerin zu 1) …………………… in ……………………, …………………… und ……………………. Sie verstromt in ihrem Kraftwerk in …………………… das gesamte Förderaufkommen der Klägerin zu 1) aus deren Tagebau in ……………………, sowie qualitätsbedingte Mengenanteile aus den Tagebauen …………………… und ……………………. In ihren Kraftwerken …………………… und …………………… verstromt die Klägerin zu 2) in unterschiedlichen Anteilsverhältnissen Braunkohle aus den Tagebauen der Klägerin zu 1) in ……………………, …………………… und ……………………. Beliefert werden die Kraftwerke mit der betriebseigenen Eisenbahn der Klägerin zu 1). Die zu den Kraftwerken gehörenden Liegenschaften stehen im Eigentum der Klägerin zu 2).

Die im Eigentum der Klägerinnen stehenden Betriebsgelände sind eingezäunt. Hinweisschilder machen darauf aufmerksam, dass Unbefugten das Betreten untersagt ist.

Die Beklagten assoziieren sich mit der Anti-Kohle-Bewegung „……………………“ und deren Zielen. Letztere bestehen insbesondere darin, die Braunkohleverstromung in den großen Braunkohlerevieren der Bundesrepublik durch zivilen Ungehorsam, Proteste und die Begehung kleinerer Straftaten vorzeitig, bestenfalls sofort zu beenden und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Zu diesem Zweck besetzten Mitglieder der Gruppierung „……………………“ deutschlandweit Betriebsgelände von Kraftwerken und Tagebauen mit dem Ziel, die betrieblichen Abläufe zu stören. In den sozialen Medien ruft die Gruppe aktiv zur Beteiligung an ihren Protestaktionen auf. Die Gruppierung „……………………“ wird im Verfassungsschutzbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz für das Jahr 2023 als linksextremistischer Verdachtsfall geführt. Nach dem Dafürhalten der Gruppierung „……………………“ stellt das Kraftwerk der Klägerin zu 2) in …………………… das „klimaschädlichste Kraftwerk Europas“ dar. Ihre Protestaktionen hält die Gruppierung wie auch die Beklagten aufgrund des weiter fortschreitenden Klimawandels und der hiervon ausgehenden Gefahren für gerechtfertigt.

Anfang Februar 2019 entschlossen sich die Beklagten, an einer von der Gruppierung „……………………“ geplanten Protestaktion teilzunehmen und gemeinsam mit etwa 20 weiteren Personen die Tagebaue der Klägerin zu 1) in …………………… und …………………… zu besetzen und nach Möglichkeit stillzulegen. Dabei waren die Beklagten bereit, auch kleinere Straftaten zu begehen. Am …………………… vor 06:00 Uhr drangen die Beklagten unter Überwindung von Sicherheits- und Grenzeinrichtungen der Klägerin zu 1) gemeinsam mit 11 weiteren Personen auf das Betriebsgelände des …………………… ein, kletterten das dort befindliche Tagebaugroßgerät (im Folgenden: Bagger) bis zu einer Höhe von 40 Metern hinauf, entfalteten ein Transparent mit der Aufschrift „……………………“ und hielten den Bagger bis zur polizeilich veranlassten Beendigung der Protestaktion um 16:40 Uhr besetzt. Der Bagger konnte erst in der Folge wieder in Betrieb genommen werden. Zeitgleich kam es auch auf dem Tagebaugelände der Klägerin zu 1) in …………………… zur Besetzung eines Baggers. Ziel der Aktionen war es, durch eine spektakuläre Blockadeaktion die mediale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und auf diese Weise die politische Öffentlichkeit auf die klimawandelbedingte Notwendigkeit eines raschen Kohleausstiegs hinzuweisen, um die Bundesregierung und andere politische Akteure zu einem raschen Kohleausstieg zu bewegen.

Da die Beklagten nach Feststellung durch die Polizei ihre Identitäten nicht preisgeben wollten, erließ das Amtsgericht Cottbus Untersuchungshaftbefehl. Im Rahmen des sich anschließenden Strafverfahrens (Amtsgericht Cottbus, Az.: 73 Ds 1360 Js 5310/19 (62/19)) gestanden die Beklagten ihre Beteiligung an der vorgenannten Aktion, gaben indes zu verstehen, sich auch in Zukunft weiter an gleichartigen Protestaktionen beteiligen zu wollen. Gegenstand der strafgerichtlichen Hauptverhandlung waren unter anderem auch zwei offene Briefe der Beklagten, jeweils verfasst unter einem Pseudonym, wonach beide Beklagten auch weiterhin aktiv für den sofortigen Kohleausstieg kämpfen und dabei auch die Begehung kleinerer Straftaten in Kauf nehmen wollten. Das Amtsgericht Cottbus verurteilte die Beklagten mit Urteil vom 25.02.2019 jeweils wegen Hausfriedensbruchs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten. Am Tag der Urteilsverkündung teilte die Gruppierung „……………………“ über ihre Pressesprecherin …………………… gegenüber der Presse mit, weiterhin zivilen Ungehorsam für notwendig und legitim zu halten und weiter blockieren zu wollen, bis alle Bagger stillstehen. Erst im Nachgang zu ihrer Verurteilung offenbarten die Beklagten ihre Identitäten und Wohnanschriften, um aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden. Das Landgericht Cottbus (Az.: 25 Ns 24/19) stellte das Verfahren auf die Berufung beider Beklagten hin nach Zahlung einer Geldauflage mit Beschluss vom 16.08.2021 gem. § 153a StPO endgültig ein.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 24.05.2019, versandt per Einschreiben mit Rückschein, machten die Klägerinnen gegenüber den Beklagten wegen der hier streitgegenständlichen Baggerbesetzung Unterlassungsansprüche geltend und forderten die Beklagten unter Fristsetzung auf den 20.06.2019 zur Abgabe einer vorformulierten und strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.01.2020 gaben die Beklagten gegenüber der Klägerin zu 1) strafbewehrte Unterlassungserklärungen datierend vom 16.01.2020 ab. Auf Bl. 96 - 98 d.A. wird wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen.

In der Folge kam es zu weiteren Besetzungen von Tagebauen und Kraftwerken durch die Gruppierung „……………………“, etwa im Zusammenhang mit einem von der Protestgruppe als solches bezeichneten „………………..“ in der Zeit vom 19.06.2019 bis 24.06.2019 betreffend den Tagebau …………………… im rheinischen Braunkohlerevier, sowie zu Protestaktionen betreffend das Kraftwerk ……………….. und eine Besetzung der ………………... Am 06.08.2019 besetzte die Gruppe einen Bagger auf dem Betriebsgelände des Tagebaus …………………. im mitteldeutschen Braunkohlerevier.

Die Klägerin zu 1) meint, ihr stehe gegen die Beklagten ein Unterlassungsanspruch aufgrund Beeinträchtigung ihres Eigentums gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB wegen Wiederholungsgefahr zu. Die Klägerin zu 2) meint, ihr Unterlassungsbegehren sei aufgrund rechtswidrigen Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aufgrund der Protestaktion vom 04.02.2019 aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2, 862 BGB analog ebenfalls begründet. Die Protestaktion, so behauptet die Klägerin zu 2), habe zu einer Beeinträchtigung des von ihr betriebenen Braunkohlekraftwerkes in …………………… geführt. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, so meint die Klägerin zu 2), dass die Betriebe der Klägerinnen in untrennbarer Abhängigkeit miteinander verflochten seien und daher innerhalb der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette als einheitlicher Gesamtprozess begriffen werden müssten. Der Eingriff in den Tagebaubetrieb der Klägerin zu 1) stelle damit zugleich einen Eingriff in den Betrieb der Klägerin zu 2) dar. Darüber hinaus überspanne das Gericht die Darlegungsanforderungen der Klägerin zu 2), wenn es die Darstellung konkreter Auswirkungen der streitgegenständlichen Protestaktion auf den Kraftwerkbetrieb der Klägerin zu 2) fordere. Jedenfalls habe die Klägerin zu 2) Personalressourcen aufwenden müssen, um die Versorgungslage ihres Kraftwerkbetriebs in …………………… in Anbetracht der streitgegenständlichen Protestaktion einschätzen und entsprechend reagieren zu können. Unabhängig davon bestehe der von der Klägerin zu 2) geltend gemachte Unterlassungsanspruch jedenfalls infolge Erstbegehungsgefahr (vorbeugender Unterlassungsanspruch). Die Beklagten müssten sich, so meint es die Klägerin, die von der Gruppierung „……………………“ ausgehende Gefahr für ihren Kraftwerksbetrieb in …………………… zurechnen lassen. Sie assoziierten sich mit dem Ziel der Bewegung, die Braunkohleverstromung durch Einsatz zivilen Ungehorsams und unter Billigung kleinerer Straftaten so schnell als möglich zu beenden. Öffentliche Äußerungen der Gruppierung „……………………“ sowie eine Vielzahl von auch Braunkohlekraftwerke betreffende Protestaktionen im Nachgang zu dem hier streitigen Vorfall zeigten deutlich, dass diese gewillt sei, Besetzungen ähnlich der hier streitgegenständlichen auch auf dem Kraftwerkgelände der Klägerin zu 2) in …………………… und ihren weiteren Kraftwerksgeländen durchzuführen. Die zu besorgende Beeinträchtigung stünde daher, so meint es die Klägerin zu 2), rechtlich greifbar unmittelbar bevor.

Die Klägerinnen beantragen,

1. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder zu Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, durch Aktionen oder Handlungen auf oder gegen Betriebsflächen und betriebliche Anlagen der Klägerin zu 1) den Betrieb der Klägerin zu 1) im ………………………………… zu beeinträchtigen oder unmöglich zu machen, insbesondere dadurch, dass

a. die Betriebsflächen und betrieblichen Anlagen, insbesondere die Gelände der Tagebaue ……………………, ……………………, …………………… und …………………… sowie des …………………………… …………………… einschließlich die diesen zugehörigen Anlagen und Nebeneinrichtungen betreten werden und/oder sich dort aufgehalten wird und/oder auf dem Gelände Fotoaufnahmen gemacht werden, sowie die Betriebsflächen einschließlich die diesen zugehörigen Nebeneinrichtungen und betrieblichen Anlagen, zum Beispiel Bagger, Pumpenanlagen, Betriebsfahrzeuge und/oder Betriebsmittel, besetzt werden,

b) der Betrieb der Tagebaue ……………………, ……………………, …………………… und ……………………, sowie des ………………………. …………………… einschließlich die diesen zugehörigen Anlagen und Nebeneinrichtungen durch andere Störaktionen auf den oder gegen die Betriebsflächen und/oder betrieblichen Anlagen und Nebeneinrichtungen beeinträchtigt oder unmöglich gemacht wird,

c) die Flächen und Betriebsanlagen der betriebseigenen Eisenbahn der Klägerin zu 1) betreten werden und/oder sich dort aufgehalten wird und/oder Gleisanlagen oder Züge besetzt und/oder manipuliert werden,

d) der Betrieb der betriebseigenen Eisenbahn durch andere Störaktionen auf den oder gegen die Flächen und Betriebsanlagen der betriebseigenen Eisenbahnen beeinträchtigt oder unmöglich gemacht wird, sowie

2. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder zu Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, durch Aktionen oder Handlungen auf oder gegen Betriebsflächen und betriebliche Anlagen der Klägerin zu 2) den Betrieb der Klägerin zu 2) zu beeinträchtigen oder unmöglich zu machen, insbesondere dadurch, dass

a. die Betriebsflächen und betrieblichen Anlagen, insbesondere sämtliche Gelände der Kraftwerke ……………………, ……………………, ………………… und …………………… einschließlich die diesen zugehörigen Anlagen und Nebeneinrichtungen betreten werden und/oder sich dort aufgehalten wird und/oder auf dem Gelände Fotoaufnahmen gemacht werden, sowie, die Betriebsflächen und betrieblichen Nebeneinrichtungen besetzt werden,

b. der Betrieb der Kraftwerke ……………………, ……………………, …………………… und …………………… einschließlich die diesen zugehörigen Anlagen und Nebeneinrichtungen durch andere Störaktionen auf/oder gegen die Betriebsflächen und/oder betrieblichen Anlagen und Nebeneinrichtungen beeinträchtigt oder unmöglich gemacht wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 2) behauptet, das anwaltliche Schreiben der Klägerinnen von 24.05.2019 nie erhalten zu haben. Der Klage fehle, so meint er, insoweit das Rechtsschutzinteresse. Der Beklagte zu 1) behauptet, die mit anwaltlichem Schreiben vom 24.05.2019 beanspruchte Unterlassungserklärung gegenüber der Klägerin zu 1) unterzeichnet und fristwahrend an die Klägerin zu 1) postalisch versandt zu haben. Infolgedessen sei, wie der Beklagte zu 1) meint, die den Unterlassungsanspruch rechtfertigende Wiederholungsgefahr beseitigt worden. In der Sache halten beide Beklagten ihre Beteiligung an der Protestaktion vom 04.02.2019 in Anbetracht der immer weiter fortschreitenden Klimaerwärmung gem. Art. 8 Abs. 1 GG bzw. gem. § 228 S. 1 BGB für gerechtfertigt.

Das Gericht hat die Strafakten des Amtsgerichts Cottbus (73 Ds 62/19) wie auch diejenige des Landgerichts Cottbus aus der Berufungsinstanz (25 Ns 24/19) zu Informationszwecken beigezogen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage beider Klägerinnen ist allein im Hinblick auf die Klägerin zu 1) begründet. Mit Blick auf die Klägerin zu 2) unterlag sie demgegenüber der Abweisung.

I.

Die Klage ist insgesamt zulässig.

Das Landgericht Cottbus ist gem. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich und gem. § 32 ZPO örtlich zuständig. Die hier im Streit befangen Protestaktion, welche nach dem Vortrag der Klägerinnen einen unerlaubte Handlung darstellt, ereignete sich auf dem Tagebaugelände der Klägerin zu 1) in …………………… und mithin im Gerichtsbezirk des angerufenen Gerichts.

Der Klage fehlt in Betreff auf den Beklagten zu 2) auch nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil er behauptet hat, die vorgerichtlich von den Klägerinnen übersandte vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht erhalten hat haben. Die gerichtliche Geltendmachung eines auf § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB gestützten Unterlassungsanspruchs setzt nicht voraus, dass dem Anspruchsgegner außergerichtlich die Möglichkeit eingeräumt worden ist, die Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu beseitigen.

Aber auch in Bezug auf den Beklagten zu 1) ist die Klägerin zu 1) rechtsschutzbedürftig. Insoweit kann im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit der Klage zugunsten des Beklagten zu 1) unterstellt werden, er habe fristgerecht die von den Klägerinnen mit anwaltlichem Schreiben vom 24.05.2019 geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben. Dies betrifft allerdings nicht die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses, sondern vielmehr diejenige nach der materiell-rechtlichen Ausräumung einer bestehenden Wiederholungsgefahr, mithin die Frage nach der Begründetheit der Klage.

Die Klageanträge genügen im Übrigen, dies wird von den Beklagten auch nicht beanstandet, dem aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO folgenden Bestimmtheitserfordernis.

II.

1.

Im Hinblick auf die Klägerin zu 1) hat ihre Unterlassungsklage gegen beide Beklagte Erfolg.

Der Klägerin zu 1) steht gegen beide Beklagte ein Unterlassungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 1, S. 2 ZPO im beantragten Umfang zu.

a.

Unstreitig haben die Beklagten durch ihre Teilnahme an der streitgegenständlichen Protestaktion der Gruppierung „……………………“ das Eigentum der Klägerin zu 1) dadurch beeinträchtigt, dass sie auf das im Eigentum der Klägerin zu 1) stehende Betriebsgelände des Tagebaus …………………… eingedrungen sind und den ebenfalls im Eigentum der Klägerin zu 1) stehenden Tagebaubagger über längere Zeit besetzt hielten, infolgedessen seine Inbetriebnahme für die Klägerin zu 1) nicht möglich war. Dies stellen letztlich auch die Beklagten nicht in Abrede.

Die Erstbegehung der hier unstreitigen Eigentumsbeeinträchtigung der Klägerin zu 1) indiziert die Wiederholungsgefahr (BGH, Urt. v. 12.01.2023 – I ZR 49/22, GRUR 2023, 742; Urt. v. 01.03.2013 – V ZR 14/12, NJW 2013, 1809; BeckOGK-BGB/Spohnheimer, Stand 01.08.2024, § 1004 Rn. 270).

b.

Die Wiederholungsgefahr ist auch nicht durch die vorprozessuale Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung entfallen.

aa.

Im Grundsatz steht es dem Anspruchsgegner eines aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB folgenden Unterlassungsbegehrens offen, die aus der erstmaligen Eigentumsbeeinträchtigung folgende tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr durch eigenes Vorbringen zu entkräften. Eine Unterlassungserklärung, die eine vermutete Wiederholungsgefahr auszuschließen geeignet ist, muss eindeutig und hinreichend bestimmt sein und den ernstlichen Willen des Schuldners erkennen lassen, die betreffende Handlung nicht mehr zu begehen, und daher durch ein angemessenes Vertragsstrafeversprechen abgesichert sein. Sie muss außerdem den bestehenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang vollständig abdecken und dementsprechend uneingeschränkt, unwiderruflich, unbedingt und grundsätzlich auch ohne die Angabe eines Endtermins erfolgen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Unterlassungsverpflichtungserklärung die Wiederholungsgefahr beseitigt, ist derjenige der Abgabe der Erklärung (BGH, Urt. v. 12.01.2023 – I ZR 49/22, GRUR 2023, 742). Voraussetzung für den Wegfall der Wiederholungsgefahr ist insbesondere, dass die Erklärung sich als Ausdruck eines ernsthaften Unterlassungswillens darstellt, wozu namentlich gehört, dass die versprochene Sanktion geeignet erscheint, den Versprechenden von Wiederholungen der Verletzungshandlung abzuhalten. Ob dies der Fall ist, muss in umfassender Würdigung aller hierfür in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls sorgfältig und unter Anlegung der gebotenen strengen Maßstäbe geprüft werden (BGH, a.a.O.). Darüber hinaus ist nach geänderter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht allein der Zugang einer diesen Anforderungen entsprechenden Unterlassungsverpflichtungserklärung erforderlich. Der Gläubiger darf deren Annahme auch nicht abgelehnt haben (BGH, a.a.O., Rn. 34). So er die Annahme der Unterlassungsverpflichtungserklärung ablehnt, fehlt es an der verhaltenssteuernden Wirkung des Vertragsstrafeversprechens.

bb.

Gemessen an diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall die Wiederholungsgefahr im Hinblick auf beide Beklagten gegenüber der Klägerin zu 1) nicht entfallen. Im Einzelnen:

(1)

Der Beklagte zu 2) hat auf das anwaltliche Schreiben der Klägerin zu 1) vom 24.05.2019 unstreitig gar nicht reagiert. Unterstellt werden kann zugunsten des Beklagten zu 2), dass er die vorformulierte Unterlassungserklärung, die dem Schreiben vom 24.05.2019 beigefügt war, nicht erhalten hat. Dies ändert nichts an dem Befund, dass jedenfalls innerhalb der von den Klägerinnen bis zum 20.06.2019 gesetzten Annahmefrist unstreitig keine Unterlassungsverpflichtungserklärung des Beklagten zu 2) abgegeben worden ist.

Die Annahme der unter dem 16.01.2020 mit anwaltlichem Schreiben auch des Beklagten zu 2) vom 17.01.2020 übersandten Unterlassungsverpflichtungserklärung haben die Klägerinnen im hiesigen Prozess - erkennbar durch die Replik - abgelehnt. Auch insoweit fehlt es mithin an einem verhaltenssteuernden Vertragsstrafeversprechen, welches im Verhältnis des Beklagten zu 2) gegenüber der Klägerin zu 1) die Wiederholungsgefahr hätte entfallen lassen können.

(2)

Aber auch im Verhältnis des Beklagten zu 1) zur Klägerin zu 1) ist die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Im Hinblick auf die während des hiesigen Prozesses abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 16.01.2020 gilt das mit Blick auf den Beklagten zu 2) Ausgeführte entsprechend.

Darüber hinaus hat der Beklagte zu 1) behauptet, er habe im Nachgang zum anwaltlichen Schreiben der Klägerinnen vom 24.05.2019 die vorformulierte Unterlassungserklärung unterschrieben, frankiert und am 16.06.2019 einer Freundin, der Zeugin ……………………, übergeben mit dem Auftrag, den Brief schnellstmöglich zur Post aufzugeben. Dies habe die Zeugin am 17.06.2019 in der Postfiliale im Einzelhandelsgeschäft „……………………“ am …………………… in ………… auch erledigt. Dieser - unter Beweis gestellte Vortrag - kann zugunsten des Beklagten zu 1) als wahr unterstellt werden. Er belegt den Zugang der Erklärung bei der Klägerin zu 1) nicht, wofür aber der Beklagte zu 1) nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet ist. Eine tatsächliche Vermutung, dass zur Post aufgegebene Briefe auch tatsächlich zugehen, gibt es nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.06.2013 - 2 BvR 1960/12, BeckRS 2013, 53069). Die nachfolgende Behauptung des Beklagten zu 1), die Erklärung sei der Klägerin zu 1) auch zugegangen, hat er nicht unter Beweis gestellt. Die hieraus folgende Beweislosigkeit geht zu Lasten des Beklagten zu 1).

Aber auch unabhängig hiervon hätte die Klägerin zu 1), was nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wie dargestellt erforderlich gewesen wäre, auch den Zugang der unterschriebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung unterstellt diese nicht angenommen, vielmehr im hiesigen Verfahren deren Annahme auch unter Verweis auf die fehlende Ernstlichkeit abgelehnt.

c.

Das streitgegenständliche Protestverhalten der Beklagten ist auch nicht von der Klägerin zu 1) gem. § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden. Dies wäre zwar der Fall, wenn das Verhalten der Beklagten gerechtfertigt gewesen wäre. So liegt es hier indes nicht. Die streitgegenständliche Protestaktion war rechtswidrig.

aa.

Die Besetzung des Baggers der Klägerin zu 1) war nicht vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 Abs. 1 GG gedeckt. Die Protestaktion fällt schon nicht unter den sachlichen Schutzbereich dieses Grundrechts.

(1)

Gem. Art. 8 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit schützt in sachlicher Hinsicht die gemeinschaftliche und kommunikative, gleichwohl friedliche Teilhabe am öffentlichen Meinungsbildungsprozess (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, NJW 1985, 2395; Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90, NJW 2002, 1031). Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend (BVerfG, Urt. v. 22.02.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201). Im Grundsatz erfasst Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fernzubleiben, sondern zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung. Dies gilt freilich nicht uneingeschränkt. Art. 8 Abs. 1 GG gewährt den Versammlungsteilnehmern kein Recht darauf, die Versammlung an Orten durchführen und diese Zwecks Durchführung der Versammlung zu betreten, die nicht allgemein für die Öffentlichkeit zugänglich sind (BVerfG, a.a.O.). Gewährleistet ist insoweit gerade nicht die Nutzung im Eigentum privater stehender Liegenschaften, wenn dort kein allgemeiner Kommunikationsraum eröffnet ist (BVerfG, a.a.O.). Maßgeblich ist insoweit, ob die in Rede stehenden, im Eigentum privater sich befindlichen Flächen, auf denen die Versammlung durchgeführt werden soll, ein dem öffentlichen Straßenraum vergleichbares Kommunikations- und Meinungsforum darstellen, sie etwa zur Begegnung, zum Verweilen oder Flanieren für die Öffentlichkeit bestimmt sind (BVerfG, Beschl. v. 18.07.2015 – 1 BvQ 25/15, NJW 2015, 2485; Dreier/Kaiser, Grundgesetz-Kommentar, 4. Auflage 2023, Art. 8 Rn. 39). Über die allgemein anerkannte mittelbare Drittwirkung der Grundrechte zwischen Privaten finden diese Grundsätze auch hier über die Auslegung von § 1004 Abs. 2 BGB Anwendung.

(2)

Hieran gemessen ist die streitgegenständliche Protestaktion auf dem Tagebaugelände der Klägerin zu 1) in …………………… nicht vom sachlichen Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG erfasst. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit kann mithin auch nicht bei der abwägenden Betrachtung herangezogen werden, ob die Klägerin zu 1) gem. § 1004 Abs. 2 BGB verpflichtet gewesen ist, die Aktion zu dulden.

Nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin zu 1) war ihre Betriebsstätte eingezäunt. Unbefugten war der Zutritt verboten. Die Allgemeinheit hatte keinerlei Zutritt zu den Betriebsgeländen der Klägerin zu 1). Die Klägerin zu 1) hat damit gerade kein dem Straßenprotest vergleichbares Kommunikations- und Meinungsforum auf ihrem Tagebaugelände in …………………… geschaffen.

Soweit die Beklagten dennoch meinen, das Gericht hätte trotz einer von Art. 8 Abs. 1 GG nicht geschützten Ortswahl die Versammlungsfreiheit der Beklagten mit dem Eigentumsgrundrecht der Klägerin zu 1) in Abwägung zu bringen, unterliegen sie einem Rechtsirrtum. Wie das Bundesverfassungsgericht unmissverständlich klargestellt hat, umfasst schon der sachliche Schutzbereich nicht die Wahl eines Ortes, der - unter Inanspruchnahme fremden Eigentums - nicht vergleichbar mit einem öffentlichen Protestforum ist (BVerfG, Urt. v. 22.02.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 Rn. 65: „Die Durchführung von Versammlungen etwa in Verwaltungsgebäuden oder in eingefriedeten, der Allgemeinheit nicht geöffneten Anlagen ist durch Art. 8 I GG ebenso wenig geschützt wie etwa in einem öffentlichen Schwimmbad oder Krankenhaus.“). Ist aber bereits der sachliche Schutzbereich nicht eröffnet, kann Art. 8 Abs. 1 GG auch nicht für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit einer Eigentumsbeeinträchtigung herangezogen werden (so im Ergebnis auch, wenngleich ohne nähere Begründung LG Cottbus, Urt. v. 25.08.2015 - 4 O 354/13, BeckRS 2015, 127179).

bb.

Die Aktion ist auch nicht gem. § 228 S. 1 BGB (sog. Defensivnotstand) gerechtfertigt. Hiernach handelt nicht widerrechtlich, wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, wenn die Beschädigung oder die Zerstörung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältnis zu der Gefahr steht. Die von § 228 S. 1 BGB beschriebene Notstandslage setzt voraus, dass von der beschädigten oder zerstörten Sache unmittelbar eine Gefahr für ein Rechtsgut ausgeht und dass sich die Abwehrhandlung als im Grundsatz geeignetes Mittel darstellt, welches unter den Verfügbaren als das Mildeste erscheint (OLG Köln, Urt. v. 12.10.2006 – 15 U 58/06, BeckRS 2006, 139895, bestätigt durch den BGH, s. Beschl. v. 17.12.2007 – VI ZR 216/06, BeckRS 2008, 1227; MüKoBGB/Grothe, 9. Auflage 2021, § 228 Rn. 9 ff.; vgl. auch LG Cottbus, Urt. v. 25.08.2015 - 4 O 354/13, BeckRS 2015, 127179).

Die Vorschrift ist vorliegend zwar grundsätzlich anwendbar. Denn die Besetzung eines der Braunkohleförderung und ihrer späteren Verstromung in den Kraftwerken der Klägerin zu 2) dienenden Baggers bezweckte gerade, die unstreitig in hohem Maße klimaschädliche Braunkohleverstromung durch das Schaffen medialen und politischen Zwangs zu beenden (OLG Köln, a.a.O., zu einem nahezu identischen Fall). Insoweit sind die von der Braunkohleverstromung evident ausgehenden Gefahren für die Klimaerwärmung und damit für ein meschengerechtes Erdklima grundsätzlich notstandsfähiges Rechtsgut i.S.v. § 228 S. 1 BGB (vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 09.08.2023 − - 1 ORs 4 Ss 7/23, NStZ 2023, 740; offen gelassen noch von OLG Köln, a.a.O.). Allerdings hätten den Beklagten andere, mildere Mittel zur Verfügung gestanden, um auf ihr klimapolitisches Anliegen öffentlichkeitswirksam aufmerksam zu machen, ohne das Eigentum der Klägerin zu 1) zu beeinträchtigen, so dass die streitgegenständliche Protestaktion nicht erforderlich i.S.v. § 228 S. 1 BGB war. So hätte es ihnen etwa zu Gebote gestanden, durch eine Protestaktion ohne eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tagebauanlage auf ihr Anliegen medienwirksam aufmerksam zu machen. Sie hätten sich insbesondere auch des umliegenden öffentlichen Straßenlandes bedienen können. Die letztlich von den Beklagten aufgestellte Behauptung, ausreichende Medienwirksamkeit sei nur dann gegeben, wenn sie auf einen von der Klägerin zu 1) betriebenen und in ihrem Eigentum stehenden Tagebaubagger klettern und dort ein Transparent in die Höhe halten würden, vermag das Gericht nicht zu überzeugen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass es den Beklagten zu Gebote gestanden hätte, ihr politisches Begehren nach einem effektiven Klimaschutz gerichtet auf die Ermöglichung eines menschengerechten Erdklimas gerichtlich geltend zu machen. Dies verdeutlicht etwa der auch von den Beklagten herangezogene Beschluss des BVerfG vom 24.3.2021 in den Sachen 1 BvR 2656/18, 1 BvR 78/20, 1 BvR 96/20, 1 BvR 288/20 (BeckRS 2021, 8946), dessen Medienwirksamkeit wohl kaum überschätzt werden kann. Dort hat das BVerfG auf vier Verfassungsbeschwerden hin Unzulänglichkeiten des Bundes-Klimaschutzgesetzes vom 12.12.2019 (KSG) moniert. Die Regelungen reichten teilweise nicht aus, um der aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG i.V.m. Art. 20a GG folgenden Schutzpflicht des Staates betreffend künftige Bedrohungen des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit durch den Klimawandel Rechnung zu tragen. In seinem Beschluss hat das BVerfG deutlich hervorgehoben, dass Art. 20a GG eine „justiziable Rechtsnorm [sei], die den politischen Prozess zugunsten ökologischer Belange auch mit Blick auf die besonders betroffenen künftigen Generationen binden soll.“ (BVerfG, a.a.O., Rn. 197). Den Beklagten wäre es vor diesem Hintergrund möglich gewesen, den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten zu beschreiten, so sie der Auffassung waren und sind, dass die Bundesregierung unzureichend auf die Gefahren des Klimawandels reagiert habe. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die vorgenannte Entscheidung des BVerfG das Bundes-Klimaschutzgesetz betrifft, welches erst durch Art. 1 des Gesetzes zur Einführung eines Bundes-Klimaschutzgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften (BGBl. I S. 2513) vom 12.12.2019 mit Wirkung ab dem 18.12.2019 und damit nach dem hier streitgegenständlichen Protestvorfall in Kraft getreten ist. Denn hat der Gesetzgeber trotz Schaffung eines speziellen Gesetzes zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Ursachen seine aus Art. 2 Abs. 2 S. 1, 20a GG folgenden objektiven Schutzpflichten nicht hinreichend beachtet, hätten entsprechende auf die Verletzung dieser objektiven Schutzpflicht bezogene Klagen vor Inkrafttreten des KSG erst Recht Erfolg gehabt.

Ein derartiges Vorgehen wäre mindestens gleich geeignet, wenn nicht sogar geeigneter als die streitgegenständliche Protestaktion gewesen, um das eigentliche Anliegen der Beklagten - Einhaltung des im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarten 1,5 Grad-Ziels - zügig zu erreichen. Die Beklagten haben zum einen selbst vorgebracht, von der Politik rechtzeitige Abhilfe nicht mehr erwartet zu haben. Dann aber hätte es doch nahegelegen, die Bundesregierung bzw. den Gesetzgeber in einem gerichtlichen Verfahren rechtlich verbindlich dazu zu zwingen, geeignete Maßnahmen zur Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels zu ergreifen. Zum anderen übersehen die Beklagten bei ihrem Vorgehen gerade gegen die Klägerinnen folgenden Umstand: Dass der Klimawandel eine der, wenn nicht sogar die drängendste Bedrohungslage dieser Zeit darstellt, ist unbestritten. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, den durch den Klimawandel für die derzeitigen und die künftigen Generationen geschaffenen Gefahren infolge immer weiter fortschreitender Klimaerwärmung mit geeigneten Mitteln entgegenzutreten. Welcher Mittel sich aber der Gesetzgeber zur Erreichung des 1,5 Grad-Ziels bedient, unterliegt freilich seiner Einschätzungsprärogative. Diese reicht weit. Ein aus Art. 2 Abs. 2 S. 1, 20a GG ableitbarer Anspruch gerichtet auf den unmittelbaren Ausstieg aus der Braunkohleverstromung haben die Beklagten daher nicht. Sie hätten mit der Protestaktion daher ohnehin nur ein Tätigwerden des Gesetzgebers erreichen können bzw. eine Intensivierung seiner Bemühungen zum Klimaschutz. Eben genau jenes Ziel haben die Beschwerdeführer in den vorgenannten BVerfG-Verfahren schneller und effizienter erreicht, da das BVerfG dem Gesetzgeber Anhaltspunkte an die Hand gegeben hat, wie ein mit Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, 20a GG vereinbarer Klimaschutz auszusehen habe.

Schließlich wäre es den Beklagten unabhängig hiervon ebenso möglich gewesen, die Klägerinnen auf die den Beklagten künftig durch ihren Anteil an der Klimaerwärmung entstehenden Schäden vor den Zivilgerichten im Wege der Feststellungsklage in Anspruch zu nehmen. Auch hierdurch hätten sie die von ihnen ersehnte Medienaufmerksamkeit erhalten, wie das derzeit noch nicht abgeschlossene Verfahren I-5 U 15/17 vor dem Oberlandesgericht Hamm eindrücklich zeigt (vgl. zu diesem Verfahren etwa Wagner, NJW 2021, 2256 (2257)).

cc.

Weitere Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich und werden von den Beklagten auch nicht geltend gemacht. Sie scheitern jedenfalls - wie dargelegt - an der Erforderlichkeit des von den Beklagten gewählten Protestmittels.

d.

Der Unterlassungsanspruch der Klägerin zu 1) besteht entgegen der erst mit nachgelassenem Schriftsatz der Beklagten vom 13.09.2024 geäußerten Auffassung der Beklagten auch im beantragten Umfang, insbesondere auch insoweit, als er sich auf das Betreten, sich Aufhalten oder sonstiges Beeinträchtigen der Veredelungsanlage …………………… sowie der zu den Betriebsanlagen auch des Tagebaus …………………… zählenden Eisenbahn der Klägerin zu 1) bezieht. Den Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die Veredelungsanlage …………………… wie auch die Eisenbahnanlage der Klägerin zu 1) im Rahmen der streitgegenständlichen Protestaktion nicht beeinträchtigt worden sind. Allerdings erstreckt sich die Vermutung für die Wiederholungsgefahr nicht allein auf die konkrete Beeinträchtigung, sondern umfasst auch alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen. Hierauf kann die Klägerin zu 1) ihr Unterlassungsbegehren erstrecken (BGH, Urt. v. 03.07.2003 - I ZR 297/00, GRUR 2003, 899; Urt. v. 14.11.2002 - I ZR 137/00, GRUR 2003, 446; BeckOK-BGB/Fritsche, 71. Edition, Stand: 01.05.2024, § 1004 Rn. 101; Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch/Schmidt-Ränscht/Keukenschrijver, NK-BGB, 5. Aufl. 2022, § 1004 Rn. 120). Eben aber um solche kerngleichen Verstöße handelt es sich bei der von der Klägerin zu 1) begehrten Unterlassung. Das charakteristische der hier konkret hervorgerufenen Eigentumsbeeinträchtigung liegt erkennbar in der Erschwerung der Braunkohleförderung und -verstromung, die ebenso gut durch die Besetzung der Förderbahn der Klägerin zu 1) oder aber ihrer Veredelungsanlage geschehen könnte, ohne dass sich am Kern des Verstoßes - Besetzung des Eigentums der Klägerin zu 1) zur Erschwerung der Braunkohleverstromung - etwas ändern würde.

2.

Der Unterlassungsklage der Klägerin zu 2) bleibt indes der Erfolg versagt.

Der Klägerin zu 2) steht gegen die Beklagten ein Unterlassungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB weder unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungs-, noch der Erstbegehungsgefahr zu.

a.

Der Klägerin zu 2) steht gegen die Beklagten kein Unterlassungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB wegen Wiederholungsgefahr zu. Eine von den Beklagten ausgehende Wiederholungsgefahr wird hier nicht durch eine Erstbegehung vermutet. Insoweit fehlt es an einer Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin zu 2) an dem Kraftwerk in …………………… sowie an einem Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (sub aa.). Auch eine Erstbegehungsgefahr, deren Vorliegen die Verurteilung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt eines vorbeugenden Unterlassungsanspruchs rechtfertigen könnte, ist vorliegend nicht gegeben (sub bb.).

aa.

Eine Beeinträchtigung ihres Eigentums an dem Kraftwerk in …………………… durch die streitgegenständliche Protestaktion behauptet die Klägerin zu 2) nicht.

Im Hinblick auf die von der Klägerin zu 2) geltend gemachte Beeinträchtigung ihres eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs wären die Beklagten Verhaltensstörer i.S.v. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB analog. Insoweit ist jedoch eine Beeinträchtigung ihres in Gestalt des Kraftwerkbetriebs …………………… eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht ausreichend substantiiert behauptet. Es mangelt jedenfalls an einem kausal durch die Beklagten hervorgerufenen Eingriff in das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

(1)

Der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB - und damit zugleich des quasi-negatorischen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs aus §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1, 862 BGB analog - wird gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährt, wenn die Störung einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben. Die Verletzungshandlung muss sich gerade gegen den Betrieb und seine Organisation oder gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten (sog. Betriebsbezogenheit) und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betreffen (BGH, Urt. v. 11.01.2005 - VI ZR 34/04, NJW-RR 2005, 673) und über eine bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgehen (BGH, Urt. v. 25.06.2024 – VI ZR 64/23, GRUR-RS 2024, 22719; Urt. v. 14.01.2020 – VI ZR 496/18, NJW 2020, 1587; Urt. v. 15.01.2019 – VI ZR 506/17, NJW 2019, 781 m.w.N.). Geht es um einen aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1, 862 BGB analog abzuleitenden Unterlassungsanspruchs wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb der Klägerin zu 2), so muss der Eingriff jedenfalls eine der Beeinträchtigung im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB gleichartige Erheblichkeit aufweisen. Dabei kommt es auf eine objektive Betrachtung an. Allein die unstreitige Willensrichtung der Beklagten, den Vertromungsprozess insgesamt beeinträchtigen zu wollen, kann entgegen der Ansicht der Klägerin zu 2) nicht genügen.

(2)

Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klägerin zu 2) - trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2024 - nicht ausreichend dargelegt, worin denn nun die von der streitgegenständlichen Protestaktion kausal ausgehende Beeinträchtigung des Kraftwerkbetriebs in …………………… konkret gelegen haben soll. Damit überspannt das Gericht auch nicht die an die Klägerin zu 2) zu stellenden Darlegungsanforderungen. Im Einzelnen:

(a)

Soweit die Klägerin zu 2) meint, die Betriebe der beiden Klägerinnen bildeten in der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette einen nicht voneinander zu trennenden Gesamtprozess mit der Folge, dass eine Beeinträchtigung des einen auch stets zugleich mit einem Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des anderen einherginge, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Dabei wird hier nicht übersehen, dass die Klägerin zu 2) nach ihrem unstreitigem Vortrag in gewissem Umfang von der Belieferung durch die Klägerin zu 1) bei der Produktion in ihrem Kraftwerk abhängig sein dürfte, wenngleich sich die Klägerin zu 2) im Hinblick auf Art, Umfang und Intensität der Abhängigkeit bewusst vage hält. So sich der ……………………-Konzern dafür entschieden hat, Braunkohleförderung und ihre Verstromung durch zwei rechtlich selbständige Konzerntöchter zu betreiben, so müssen die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs auch stets in der Person der jeweiligen Konzerntochter erfüllt sein. Der bloße Verweis auf bestehende Abhängigkeiten ersetzt daher Vortrag zu einem Eingriff in den Geschäftsbetrieb der Klägerin zu 2) nicht.

(b)

Die Klägerin zu 2) weist weiter zwar zurecht darauf hin, dass jedenfalls in der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (s. Urt. v. 24.04.1998 - VI ZR 196/97, MMR 1998, 608; Urt. v. 29.01.1985 - VI ZR 130/83 NJW 1995, 1620) lediglich eine Schadensgefahr für erforderlich gehalten wurde, die über eine bloße Belästigung oder sozialübliche Behinderung hinausgeht und geeignet ist, den Betrieb in empfindlicher Weise zu beeinträchtigen. So die Klägerin zu 2) hieraus ableiten will, dass ein die Erheblichkeitsschwelle übertretender Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bereits dann vorliegt, wenn das Verhalten des Störers zu einer abstrakten Schadensgefahr führt, vermag das Gericht dem nicht beizutreten. Bei Vorliegen einer rein abstrakten Schadensgefahr ohne auf Basis einer von der Klägerin zu 2) vorzutragenden und im Streitfall zu beweisenden Tatsachengrundlage ableitbaren konkreten Schadensgefahr steht ihr kein Unterlassungsanspruch zu. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass insoweit noch nicht einmal ein vorbeugender Unterlassungsanspruch bestehen würde. Auch hier ist nach der ständigen Rechtsprechung das Vorliegen einer konkret greifbaren Gefährdung Anspruchsvoraussetzung.

(c)

Wenn die Klägerin zu 2) schließlich mit nachgelassenem Schriftsatz vom 11.09.2024 zu den konkreten Auswirkungen der Protestaktion dahin vertiefend vorträgt, es müsse im Fall einer Beeinträchtigung der Braunkohleversorgung aus dem Tagebau der Klägerin zu 1) in …………………… zwangsläufig zusätzlicher Aufwand an Personal aufgewandt werden, welches sich mit der außerplanmäßigen Sachlage befassen, prüfen und mit der Klägerin zu 1) abstimmen müsse, ob die planmäßige Verfügbarkeit von Braunkohle aus dem …………………… beeinträchtigt werde und welche Kompensationsmaßnahmen erforderlich oder überhaupt möglich seien, verhilft dies der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg. Die Klägerin zu 2) bleibt weiter und wohl bewusst vage, wenn sie abstrakt beschreibt, dass sich das vorhandene Personal mit der Problemlage habe befassen und Lösungsmöglichkeiten habe eruieren müssen. Dass eine Reaktion auf die Besetzung des Baggers der Klägerin zu 1) im Hinblick auf ihre Auswirkungen bei der Klägerin zu 2) eingeschätzt werden musste, kann zu ihren Gunsten unterstellt werden. Der Vortrag bleibt nach Auffassung des Gerichts mit Blick auf die bei einem Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu fordernde Erheblichkeitsschwelle zu unkonkret. Das Gericht wird durch ihn nicht in die Lage versetzt, die konkret durch die Protestaktion hervorgerufenen Umorganisationsmaßnahmen von der Lästigkeitsschwelle abzugrenzen.

Aber selbst wenn man dies anders beurteilen wollte, bliebe der Klage der Erfolg versagt. Die Klägerin zu 2) hat für diesen vertiefenden Vortrag keinen Beweis angeboten. Die Beklagten haben auch diesen vertiefenden Vortrag unter Berücksichtigung aller Umstände bereits mit der Klageerwiderung konkludent bestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO), was zulässig ist (BGH, Beschl. v. 21.06.2022 – VIII ZR 285/21, NJW-RR 2022, 1144). Denn sie haben zum Ausdruck gebracht, bestreiten zu wollen, dass es überhaupt Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb der Klägerin zu 2) durch die streitgegenständliche Protestaktion gegeben habe. Da die Klägerin für ihren insoweit lediglich vertiefenden Vortrag trotz Schriftsatznachlasses keinen Beweis angeboten hat, ihrerseits aber für die tatsächlichen Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs darlegungs- und beweispflichtig ist, geht dies zu ihren Lasten.

Ein entsprechendes Beweisangebot kann auch nicht darin erblickt werden, dass die Klägerin zu 2) im nachgelassenen Schriftsatz vom 11.09.2024 auf ihr bereits mit der Replik angebrachtes Zeugenbeweisangebot Bezug genommen hat. Dieses bezieht sich gerade nicht darauf, welche konkreten zusätzlichen Personal- und sonstigen Ressourcenaufwendungen unternommen werden mussten, um die Versorgungssituation der Klägerin zu 2) einschätzen und auf eine etwaige Beeinträchtigung des Verstromungsprozesses - eine solche behauptet die Klägerin zu 2) weiterhin nicht - reagieren zu können.

Das Gericht verlangt von der Klägerin zu 2) auch nichts objektiv Unmögliches. Jedenfalls zu den konkret erforderlichen Prüfungsmaßnahmen, insbesondere den hierfür erforderlichen Zeitaufwand und ihren Auswirkungen auf den Kraftwerkbetrieb hätte die Klägerin zu 2) vortragen können, ohne im Einzelnen einen Kausalitätsnachweis führen und ihre Betriebsabläufe offen legen zu müssen. Nicht mehr und nicht weniger ist von ihr verlangt worden. Wenn sie sich zum Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse gezielt unkonkret halten will, ist dies eine betriebswirtschaftliche Entscheidung der Klägerin zu 2). Der von der Klägerin insoweit befürchteten Gefahr hätte durch einen Antrag gerichtet auf Ausschluss der Öffentlichkeit gem. § 172 Nr. 2 GVG, worauf das Gericht in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, entgegengewirkt werden können. Dazu vermochte sich die Klägerin zu 2) indes nicht durchzuringen.

Auch der Vergleich der Klägerin zu 2) mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu unzulässiger E-Mail-Werbung geht fehl. Insoweit ist unter Marktteilnehmern bereits von Gesetzes wegen gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG stets von einer unzumutbaren Belästigung des E-Mail-Adressaten auszugehen. Auf eine etwaige Erheblichkeitsschwelle kommt es danach nicht mehr an. Sie ist jedenfalls durch § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG anders gesetzlich überformt als im hiesigen Fall, auch wenn es dort ggf. um einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gehen kann.

(d)

Die Klägerin zu 2) geht auch fehl, wenn sie aus dem unstreitig von den Beklagten während der Protestaktion auf dem Bagger ausgerollten und hochgehaltenen Transparent mit der Aufschrift „Kohleausstieg ist Handarbeit“ etwas anderes herleiten will. Eine von dem Transparent konkret für ihren Kraftwerksbetrieb ausgehende Beeinträchtigung hat die Klägerin nicht behauptet, sondern sich darauf beschränkt vorzutragen, das Transparent habe die Mobilisierung der Massen auch gegen die Klägerin zu 2) bezweckt. Einen konkreten Aufruf zu mit der hier Streitgegenständlichen vergleichbaren Aktionen auch gegenüber der Klägerin zu 2) vermag das Gericht der Aufschrift des Transparents indes nicht zu entnehmen. Vielmehr erschöpft es sich in einer damals gerade stattfindenden Beschreibung der Eigentumsbeeinträchtigung gegenüber der Klägerin zu 1).

Wollte man hierin dennoch einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch der Klägerin zu 2) erblicken, wäre dieser bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit am Maßstab des Art. 5 Abs. 1 GG, mithin der Meinungsfreiheit zu messen. Es handelt sich erkennbar um eine von persönlichem Dafürhalten der Beklagten geprägte Meinungsäußerung. Liegt eine solche vor, sind bei der Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu nehmen. Bei mehreren ernsthaft möglichen Auslegungsvarianten gebührt der meinungsfreiheitsfreundlichsten der Vorzug. Die insoweit im Rahmen der Rechtswidrigkeitsprüfung vorzunehmende Abwägung fiele zugunsten der Beklagten aus. So kann die Aufschrift auf dem Transparent - neben einer reinen Beschreibung der streitgegenständlichen Protestaktion - auch so verstanden werden, dass es zu friedlichem Protest für einen möglichst raschen Kohleausstieg motivieren soll. Eine solche Meinungsäußerung ist aber auch unter Beachtung der demokratie-konstituierenden Wirkung von Art. 5 Abs. 1 GG ohne jeden Zweifel zulässig und stellt daher keinen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin zu 2) dar.

bb.

Auch eine Erstbegehungsgefahr hat die Klägerin zu 2) nicht ausreichend substantiiert dargetan.

(1)

Erstbegehungsgefahr besteht, wenn eine erste Verletzungshandlung ernsthaft und greifbar zu befürchten ist, bzw. als unmittelbar und konkret bevorstehend droht (BeckOGK-BGB/Fritzsche, 70. Edition, Stand 01.05.2024, § 1004 Rn. 96). Allein die bloße Möglichkeit einer nicht näher konkretisierbaren Beeinträchtigung genügt nicht (BGH, Urt. v. 25.02.1992 - X ZR 41/90, NJW 1992, 2292). Vielmehr muss die drohende Beeinträchtigung unmittelbar bevorstehen und so konkret dargetan werden, dass eine Bewertung unter rechtlichen Gesichtspunkten möglich ist (BGH, a.a.O.). Es müssen Umstände vorliegen, die darauf schließen lassen, dass der Betreffende den Entschluss zu einer greifbar konkreten Verletzung bereits gefasst hat und dass es nur noch von ihm abhängt, ob es zu einer Verletzung kommt oder nicht. (BGH, Urt. v. 25.02.1992 - X ZR 41/90, NJW 1992, 2292). Grundsätzlich nicht ausreichend ist es hierbei, wenn sich aus dem Gesamtverhalten des potentiellen Störers ergibt, dass dieser sich zu einem bestimmen Verhalten berechtigt sieht (BGH, Urt. v. 15.04.1999 - I ZR 83/97, NJW-RR 1999, 1563). Diese Maßstäbe lassen sich auch dahin formulieren, dass der unmittelbar bevorstehende Verstoß so konkret greifbar sein muss, dass es dem Gericht möglich ist, diesen Verstoß oder jedenfalls seinen Kerngehalt durch einen Unterlassungstitel abzubilden.

(2)

Hieran gemessen genügen auch die Darlegungen der Klägerin zu 2) mit ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 11.09.2024 nicht für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr.

Im Einzelnen:

(a)

Die Klägerin geht fehl, wenn sie den mehrfach medienwirksam verbreiteten, festen Entschluss der Gruppierung „……………………“, auch Kraftwerke besetzen zu wollen, den Beklagten zurechnen will. § 830 BGB bietet hierfür keinen Anlass. Die Bestimmung setzt eine bereits begangene unerlaubte Handlung durch die Beklagten unter Mitwirkung an einer Protestaktion der Gruppierung „……………………“ gegen die Klägerin zu 2) voraus. Hieran fehlt es. Der Beteiligungsumfang des Beklagten zu 2) an der von dem Bündnis „……………………“ konzertierten Protestaktion gegen den Tagebau ……………….. und das Kraftwerk …………………. der …………………….. ist unklar und kann insoweit nicht als Beurteilungsmaßstab herangezogen werden. Eine friedliche Beteiligung der Beklagten an Protestaktionen auch des Bündnisses „……………………“ ohne Inanspruchnahme fremden Eigentums kann ihnen ohnehin nicht verboten werden. Das Gericht hegt zwar keinen Zweifel daran, dass die Gruppierung auch in Zukunft Tagebaue und Kraftwerke zur Erreichung ihres klimapolitischen Ziels besetzen wird. Eine Rechtsgrundlage dafür, diesen festen Entschluss den Beklagten zuzurechnen, fehlt indes. Dass sie sich mit dem Bündnis und ihren Zielen identifizieren genügt nach Auffassung des Gerichts nicht, um vorbeugend ein Unterlassungsgebot auszusprechen. Denn die Beteiligungsformen an (möglicherweise nur teilweise) rechtswidrigen Protestaktionen sind - wie es die Klägerin selbst angemerkt hat - vielfältig und müssen nicht mit einer Beeinträchtigung ihres Eigentums oder ihres eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes einhergehen. Wollte man dies anders sehen, hätte letztlich auch jeder Museumsbetreiber in Deutschland einen Unterlassungsanspruch unmittelbar gegen jedes Mitglied der Vereinigung „……………………“ dahingehend, dass es bei Meidung von Ordnungsmitteln kostbare Rahmen von ausgestellten Gemälden nicht beschädigen werde.

(b)

Das Verhalten der Beklagten selbst bietet zwar Anlass dafür, eine abstrakte Gefährdung der Klägerin zu 2) und ihres Kraftwerkbetriebs anzunehmen. Dafür sprechen bereits die offenen Briefe der Beklagten aus der Untersuchungshaft, aus denen sich ergibt, dass sie an ihrem politischen Ziel eines möglichst raschen Kohleausstiegs festhalten wollen und dafür auch gewillt sind, im Rahmen des von ihnen als solchen bezeichneten zivilen Ungehorsams kleinere Straftaten zu begehen. Auch ergibt sich aus der von den Beklagten zur Akte gereichten PowerPoint-Präsentation, dass die Beklagten gerade das Kraftwerk der Klägerin zu 2) in …………………… als besonders klimaschädlich ansehen. Insoweit ist der Klägerin zu 2) zuzustimmen.

Eine von BGH geforderte konkrete und unmittelbar bevorstehende, rechtlich beurteil- und greifbare sowie allein noch vom Willen der Beklagten abhängige Verletzungshandlung im Sinne der von ihr begehrten Unterlassung hat sie indes nicht ausreichend substantiiert dargelegt. Der Umstand allein, dass die Beklagten ihr Verhalten für gerechtfertigt halten, genügt nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr auch gegenüber der Klägerin zu 2). Eine konkret und unmittelbar bevorstehende, gerade gegen den Kraftwerksbetrieb der Klägerin zu 2) unter rechtswidriger Beteiligung der Beklagten gerichtete Protestaktion hat die Klägerin zu 2) trotz gerichtlichen Hinweises nicht darzustellen vermocht. Anders als es die Klägerin zu 2) weiter meint, müssen sich die Beklagten auch nicht im Wege eines sog. actus contrarius von Aktionen der Gruppierung „……………………“ distanzieren. Dies wäre nur dann erforderlich, wenn sich aus dem Vortrag der Klägerin zu 2) bereits eine Erstbegehungsgefahr entnehmen ließe. Dies ist aber, wie dargestellt, nicht der Fall. Letztlich räumt die Klägerin zu 2) selbst ein, dass Art, Ausmaß und Intensität einer möglichen Beteiligung der Beklagten an einer nicht näher dargelegten, künftigen Aktion des Bündnisses „……………………“ vielfältig sein können und daher nur schwerlich vorhersehbar sind. Das hilft indes nicht darüber hinweg, dass eine konkret von den Beklagten drohende unmittelbare Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin zu 2) bzw. ihres Kraftwerkbetriebs für die Annahme eines vorbeugenden Unterlassungstitels zu fordern ist. Daran fehlt es.

Der Klägerin zu 2) wird hierdurch auch nicht effektiver Rechtsschutz verwehrt. Ohne Schwierigkeiten hätte die Klägerin zu 2) die Gruppierung selbst auf Unterlassung in Anspruch nehmen können. Dem wäre von Seiten des Gerichts nachzukommen gewesen. Hierfür hat sich die Klägerin zu 2) aber bewusst nicht entschieden, sondern ihr Unterlassungsbegehren konkret gegenüber den Beklagten formuliert. Damit hat sie aus den vorangestellten Gründen aus rechtlicher Sicht keinen Erfolg.

III.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Insoweit war wegen der unterschiedlichen Obsiegens- und Unterliegensanteile auf die sog. Baumbach'sche Kostenformel zurückzugreifen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Gebührenstreitwertes folgt aus § 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Maßgeblich ist insoweit das wirtschaftliche Interesse an der begehrten Unterlassung (sog. Angreiferinteresse). Dieses hat das Gericht nach freiem Ermessen zu bestimmen. Dieses liegt für jedes Unterlassungsbegehren jedenfalls nicht über 12.000,00 EUR (s. OLG Köln, a.a.O.: Streitwert für fünf Tage Kohlebaggerbesetzung im Tagebau insgesamt 60.000,00 EUR).