Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 02.07.2024 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 7 Sa 1125/23 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2024:0702.7SA1125.23.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 138 BGB, § 242 BGB, § 626 BGB |
1. Für die Bewertung der Sittenwidrigkeit eines Arbeitsvertrages bedarf es der umfassenden Einzel- und Gesamtbetrachtung der durch den Vertrag den Parteien eingeräumten Rechte und Pflichten und der diesen gegenüberstehenden Gegenleistungen (Anlehnung an BGH, 8. Juli 1982 – II ZR 60/81). Steht, wie vorliegend, die Vereinbarung über die Zahlung eines Ruhegeldes nach Beendigung des befristeten Vertrages bis zum Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters im Gegenseitigkeitsverhältnis einerseits zur Befristung des Vertrages und andererseits zur im Bereich der Arbeitgeberin liegenden Möglichkeit, einen Folgevertrag anzubieten, welchen die Arbeitnehmerin nur eingeschränkt hätte ablehnen können, ist weder ein grobes noch ein auffälliges Missverhältnis gegeben. Aufgrund des Gegenseitigkeitsverhältnisses war nicht isoliert auf die Höhe des zugesagten Ruhegeldes abzustellen.
2. Unterlässt eine Juristische Direktorin gegenüber der die Vertragsschlüsse der Arbeitgeberin verantwortenden Intendantin vor Vertragsschluss in gebotener Weise auf fehlende, staatsvertraglich vorgeschriebene Zustimmungen zu beteiligender Kontrollorgane hinzuweisen, berechtigt dies im Einzelfall zu einer außerordentlichen Kündigung ohne vorherigen Ausspruch einer Abmahnung.
3. Wegen der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung entfiel der Anspruch auf Zahlung eines Ruhegeldes bis zum Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters. Die besonderen Anforderungen gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 26. April 2018 – 3 AZR 738/16) an den Entfall des Ruhegeldanspruchs ab Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters, welcher als Altersversorgung nach § 1 BetrAVG zu qualifizieren war, waren im Einzelfall nicht erfüllt.
I. Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird - unter Zurückweisung der jeweiligen Berufungen im Übrigen - das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. September 2023 - 22 Ca 13070/22 und 22 Ca 6024/23 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Urlaubsabgeltung für das Jahr 2022 in Höhe von … EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2023 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 7 des Dienstvertrages vom 17. Dezember 2020 einen Ruhegeldanspruch in Höhe von 50% der Basisvergütung in Höhe von … EUR unter Berücksichtigung der Anrechnungsfreigrenze von 90% bei anderweitigem Verdienst mit Eintritt in das gesetzliche Rentenalter hat.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt an die Beklagte einen Betrag in Höhe von … EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25. Mai 2023 zu zahlen.
5. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
II. Die Kosten der I. Instanz haben die Klägerin zu 71,6 % und die Beklagte zu 28,4 % zu tragen. Die Kosten der Berufung haben die Klägerin zu 58,5 % und die Beklagte zu 41,5 % zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten über die Nichtigkeit eines Arbeitsverhältnisses aufgrund Sittenwidrigkeit, die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, damit verbunden über Ansprüche auf Weiterbeschäftigung, Entgeltfortzahlung, Annahmeverzug und Urlaubsabgeltung, über Ansprüche der Klägerin auf Ruhegeld sowie widerklagend geltend gemachte Rückzahlungsansprüche der Beklagten.
Die Beklagte ist die gemeinsame A der Länder Berlin und Brandenburg, errichtet als Anstalt des öffentlichen Rechts auf der Grundlage eines Staatsvertrages vom 25. Juni 2002, geändert am 30. August 2013/11. September 2013 (Anlage K2, Blatt 23 ff (fortfolgende) der Akte, im Folgenden: Staatsvertrag). Gemäß § 12 Staatsvertrag sind der Rundfunkrat, der Verwaltungsrat und die Intendantin oder der Intendant (im Folgenden: Intendantin) die Organe der Beklagten. § 18 Staatsvertrag normiert als Aufgabe des Verwaltungsrates die Überwachung der Geschäftsführung der Intendantin mit Ausnahme der inhaltlichen Gestaltung der Angebote. Der Zustimmung des Verwaltungsrates bedürfen nach § 18 Staatsvertrag Abschluss und Kündigung von Anstellungsverträgen mit Direktorinnen oder Direktoren. Die Intendantin schlägt dem Rundfunkrat die Kandidatinnen oder die Kandidaten für die Direktorenstellen vor. Die Direktorinnen oder Direktoren werden für höchstens fünf Jahre gewählt. Die Intendantin kann sie abberufen, § 23 Staatsvertrag. Nach § 24 Staatsvertrag gelten für die Wahrnehmung seines Auftrags für den A Berlin-Brandenburg die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.
Auf der Grundlage von § 32 Staatsvertrag gab sich die Beklagte eine Satzung zur Regelung ihrer innerbetrieblichen Verfassung (Satzung vom 30. Juni 2003 in der Fassung vom 6. Dezember 2018, Anlage B96 Blatt 1254 ff der Akte, im Folgenden: Satzung). Auf der Grundlage von § 21 Satzung gilt eine Geschäftsordnung über die Struktur und Geschäftsverteilung sowie die Geschäftsabläufe (Geschäftsordnung vom 6. September 2011, Anlage K3, Blatt 44 ff der Akte, im Folgenden: Geschäftsordnung A). Der Intendantin unterstehen die Direktorinnen und Direktoren. Sie bilden gemeinsam die Geschäftsleitung, § 1 Absatz 2 Geschäftsordnung A. Gemäß § 4 Geschäftsordnung A sind die Direktorinnen und Direktoren für die Führung der Geschäfte innerhalb ihrer Direktion verantwortlich. Sie unterrichten die Intendantin über alle bedeutsamen Angelegenheiten ihrer Direktion. Die Direktorin bzw. der Direktor Recht und Unternehmensentwicklung ist zugleich Justitiarin bzw. Justitiar. In dieser Funktion ist sie bzw. er Vorgesetzte bzw. Vorgesetzter aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Justitiariats und unterrichtet die Intendantin über alle rechtlich bedeutsamen Angelegenheiten, § 5 Geschäftsordnung A. Gemäß § 17 Geschäftsordnung A ist die Justitiarin bzw. der Justitiar für die Bearbeitung aller Rechtsangelegenheiten sowie für die Abgabe rechtsverbindlicher Erklärungen in vertraglichen Angelegenheiten außertariflich Angestellter zuständig.
Auf Grundlage von §§ 20 Absatz 1, 15 Absatz 3 Staatsvertrag hat der Verwaltungsrat am 10. März 2003 eine Geschäftsordnung beschlossen (Anlage B95, Blatt 1249 ff der Akte, im Folgenden: GO-VR). Gemäß § 20 Absatz 2 Satzung hat die Intendantin die erforderlichen Beschlüsse der Organe durch rechtzeitige Vorlagen vorzubereiten. Gemäß § 34 Geschäftsordnung A liegt die Korrespondenz mit dem Verwaltungsrat grundsätzlich in der alleinigen Zuständigkeit der Intendantin. Der Verwaltungsrat tagt in nicht öffentlicher, vertraulicher Sitzung. Der Vorsitzende führt die Geschäfte des Verwaltungsrates und leitet die Sitzungen. Er lädt die Mitglieder mit Frist von einer Woche, mindestens jedoch von 3 Tagen ein und übersendet die Tagesordnung, §§ 15, 16 Satzung sowie §§ 2, 4, 5 GO-VR. Beschlüsse dürfen in Angelegenheiten gefasst werden, die auf der Tagesordnung stehen oder sofern eine Mehrheit von 2/3 der anwesenden Mitglieder sie als dringlich bezeichnet, § 5 Absatz 3 GO-VR.
Die Beklagte verkündete der seinerzeitigen Intendantin – im Amt seit 1. Juli 20216 - sowie dem damaligen, seit 2013 amtierenden Verwaltungsratsvorsitzenden mit Schriftsatz vom 24. Mai 2023 den Streit mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beizutreten. Die damalige Intendantin trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten mit Schriftsatz vom 14. August 2023 bei.
Die, 1972 geborene Klägerin, die zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, war seit 3. September 2001 zunächst beim B beschäftigt. Nach der Fusion von B und C war die Klägerin zuerst als Sachbearbeiterin bei der Beklagten tätig. Sie war ab 1. Juni 2002 Sachbearbeiterin mit besonderen Aufgaben im Bereich Lizenzen (Anlage BK 2, Blatt 4491 der Akte), ab 1. Januar 2004 Hauptsachbearbeiterin Personalgewinnung, ab 1. Oktober 2004 Referentin für Grundsatzangelegenheiten in der Intendanz (Anlage BK 5, Blatt 4519 der Akte) sowie ab 1. Mai 2008 Leiterin der Intendanz (Anlage BK 6, Blatt 4520 der Akte). Die Übertragung der Leitung der Intendanz erfolgte als befristete Funktionsübertragung zunächst bis 30. April 2011; die Funktionsübertragung wurde zweimal befristet um jeweils 3 Jahre verlängert, zuletzt bis 30. April 2017 (Anlage BK 7, Blatt 4521 der Akte, sowie Anlage BK 8, Blatt 4522 der Akte). In dieser Funktion hatte die Klägerin Anspruch auf Beihilfeleistungen und Familienzuschlag.
Zum 1. Januar 2017 übernahm die Klägerin bei der Beklagten die Funktion der Justitiarin. In dem hierzu geschlossenen schriftlichen „Dienstvertrag“ vom 16. Februar 2017 (Anlage B2, Blatt 131 ff der Akte, im Folgenden: DV 2017) heißt es auszugsweise:
„§ 1 Funktion und Vertragslaufzeit
Frau D übernimmt vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2020 als Mitglied der Geschäftsleitung die Funktion der Justitiarin des A.
…
§ 3 Vergütung
(1) Frau D erhält für ihre Tätigkeit eine außertarifliche Gesamtvergütung in Höhe von … €. Sie wird in zwölf kaufmännisch gerundeten Monatsgehältern jeweils zum Monatsende ausgezahlt. Außerdem hat Frau D Anspruch auf eine Aufwandsentschädigung in Höhe von monatlich … €.
…
§ 5 Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Reisekosten
…
(2) Reisekostenerstattung, Tage- und Übernachtungsgelder, Beihilfen und andere soziale Leistungen richten sich nach den beim A geltenden Bestimmungen.
§ 6 Altersversorgung
(1) Frau D hat an dem Tage der Dienstaufnahme als Justitiarin für den Zeitpunkt ab dem gesetzlichen Renteneintritt Anspruch auf eine Altersversorgung in Höhe von 45 % der letzten vertraglich vereinbarten Gesamtvergütung, mindestens aber der unter § 3 Abs. 1 genannten Gesamtvergütung. Der Versorgungsanspruch steigt mit jedem weiteren vollendeten Dienstjahr um einen Prozentpunkt bis zur Höchstgrenze von 60 % der letzten vertraglich vereinbaren Gesamtvergütung, mindestens aber der unter § 3 Abs. 1 genannten Gesamtvergütung. Bei einer Vertragsverlängerung bzw. einer über das Vertragsende hinausgehenden Beschäftigung als Geschäftsleitungsmitglied, wird der Anspruch auf Altersversorgung in einen lebenslangen Ruhegeldanspruch umgewandelt.
…
§ 9 Laufzeit
(1) Der Dienstvertrag tritt am 1. Januar 2017 in Kraft und endet am 31. Dezember 2020, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Der A wird Frau D spätestens sechs Monate vor Ablauf des Vertrages mitteilen, ob er die Bereitschaft hat, den Vertrag zu verlängern; eine aus Gründen des E Berlin ggf. erforderlich werdende Ausschreibung der Position bleibt hiervon unberührt.
(2) Wird der Vertrag nach Ablauf nicht verlängert, wird der A Frau D unter Anrechnung ihrer Betriebszugehörigkeit eine angemessene vergleichbare Tätigkeit anbieten. Dies gilt nicht, wenn der A die Funktionsübertragung durch Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) beendet.
…“
In einem „Auszug aus dem Jahresbericht 2018“ (Anlage B94, Blatt 1230 ff der Akte) stellte der Rechnungshof von Berlin fest, dass die Beklagte ihren tarifgebundenen Beschäftigten in der Vergangenheit Familienzuschläge gezahlt habe. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sehe hingegen keine familienbezogenen Leistungen mehr vor. Zudem zahle die Beklagte Familienzuschläge auch an außertariflich Beschäftigte, was der Rechnungshof für nicht sachgerecht erachtete, da mit einer außertariflich vereinbarten Gesamtvergütung und einer leistungsabhängigen Vergütung grundsätzlich alle Tätigkeiten und Leistungen abgegolten seien.
In der Direktorensitzung am 15. Januar 2018 berichtete die Klägerin gemeinsam mit dem damaligen Verwaltungsdirektor der Beklagten über ein neues „AT-Konzept“ auf Grundlage einer hierzu erstellten Beschlussvorlage; auf das Protokoll der Direktorensitzung wird verwiesen (Anlage B105, Blatt 974 folgend der Akte). In der Beschlussvorlage (Anlage B106, Blatt 976 ff der Akte) heißt es dabei auszugsweise:
„…Der Rechnungshof hat in seinem jüngsten Bericht gerügt, dass der A seinen außertariflich vergüteten Mitarbeitern tarifliche Leistungen gewährt, wie z.B. Familienzuschläge. Der A hatte dies in der Vergangenheit mit „Bestandsschutz“ begründet. ...
Die Argumentation mit dem Bestandsschutz ist tatsächlich nicht schlüssig. Allerdings dürfte es uns freigestellt sein, was wir in den AT-Verträge[n] regeln und wie. Wir sollten also entweder einen individuell gestalteten Familienzuschlag gewähren oder einen solchen grundsätzlich gar nicht zahlen.
Im Zuge der Anpassungen in der Altersversorgung, der tarifvertraglichen Erhöhungen und der Erhöhung des variablen Anteils sollten derartige sozialen tariflichen Zusatzleistungen in AT1- und AT2-Verträgen nicht mehr zugesagt werden. Auch bei Abschlüssen mit neuen GL-Mitgliedern sind diese Leistungen nicht mehr zu gewähren. …“
Zum 1. April 2018 führte die Beklagte unter anderem für die Mitglieder ihrer Geschäftsleitung ein variables Vergütungssystem mit der Bezeichnung „Konzept F“ ein. Auf den zur Akte gereichten Konzeptvorschlag wird inhaltlich verwiesen (Anlage B8, Blatt 172 ff der Akte). Auf Basis dieses Vergütungssystems schlossen die Parteien eine Zielvereinbarung für den Zeitraum vom 1. April 2018 bis 31. März 2019 (Anlage B9, Blatt 494 ff der Akte, im Folgenden: Zielvereinbarung 2018/2019). Neben der Unterschrift der Klägerin ist das Datum „22.10.2018“ ergänzt. Als eines der Direktionsziele ist die Überprüfung der Ausrichtung und Organisation der A angegeben. Das Ziel sei annähernd erreicht, wenn eine Analyse der A vorliege im Hinblick auf Beteiligungsportfolio (Nutzen, finanzielles Ergebnis, Image) und Organisationsstrukturen (Personaleinsatz, Steuerungsinstrumente, Controlling). Das Ziel sei vollständig erreicht, wenn auf der Basis der Analyse eine Geschäftsleitungsentscheidung zur Umsetzung einschließlich Zeitplan vorliege. Das Ziel sei deutlich überschritten, wenn mindestens ein struktureller, personeller oder organisatorischer Vorschlag umgesetzt worden sei. Im Zielerreichungsprotokoll ist das Ziel „Überprüfung der Ausrichtung und Organisation der A“ mit 125 % und damit als übererfüllt angegeben (Anlage B10, Blatt 201 ff der Akte).
Mit Schreiben vom 13. April 2018 übersandte die Streithelferin an den Streitverkündeten ein Schreiben mit einer Beschlussvorlage im Hinblick auf die Neufassung der Verträge der Geschäftsleitungsmitglieder zur Vorbereitung der 101. Verwaltungsratssitzung am 26. April 2018 (Anlage B100, Blatt 858 ff der Akte). In der Beschlussvorlage heißt es auszugsweise:
„1. Hintergrund:
Aus verschiedenen Gründen ergibt sich die Notwendigkeit, die Verträge der gesamten Geschäftsleitung neu zu fassen. Zum einen laufen zwei der Verträge zum 30. April 2018 aus … Zum anderen erfolgen deutliche Umstrukturierungen im A mit der Veränderung von Verantwortungsbereichen, es gibt einen Abschluss zur Altersversorgung der Tarif-Mitarbeiter/innen, der auch auf die GL Anwendung finden soll und schließlich ergibt sich aufgrund der Einführung eines neuen variablen Vergütungssystems auf die übrigen GL-Mitglieder vertraglicher Anpassungsbedarf. Bei Neuabschlüssen streben wir zudem wie vom Rechnungshof angeregt den Verzicht auf Beihilfeleistungen und Familienzuschläge an.
a) Neues variables Vergütungssystem
…
Finanzielle Parameter
Der leistungsorientierte Vergütungsanteil beträgt bei Intendantin und GL-Mitgliedern 20 Prozent des Basisgehalts. Das Gehalt wird dabei um 8,33 Prozent variabilisiert, bei voller Zielerreichung um 10 Prozent erhöht. …
b) Änderungen in der Altersversorgung
…
Das Ruhegeld wird weiterhin als prozentualer Anteil des Gehalts berechnet. Der Prozentsatz richtet sich nach den Dienstjahren als Geschäftsleitungsmitglied (zwischen 45 und 60 %). Basis für die Berechnung bleibt für die Geschäftsleitung das Basisgehalt - unabhängig von einer möglichen variablen Reduzierung oder Erhöhung aufgrund des Zielerreichungsgrades.
c) Änderungen der Vergütungshöhe
Intendantin und Verwaltungsratsvorsitzender halten aufgrund der Veränderungen in den Verantwortungsbereichen, der Einführung des variablen Vergütungssystems Anpassungen der Vergütungen der laufenden Verträge für notwendig.
…
e) Vereinheitlichung der GL-Verträge
Bislang unterschieden sich die Vertragsbedingungen der Direktoren - wenn auch geringfügig - von denen der anderen beiden Geschäftsleitungsmitglieder (Justitiarin, Chefredakteur). Eine solche Unterscheidung soll es künftig nicht mehr geben. Dies trägt der besonderen Verantwortung auf den beiden Positionen Rechnung, die sich nicht von denen der Direktoren unterscheidet. Es gewährt dem A und seinen künftigen Intendantinnen und Intendanten zudem eine größere Flexibilität in der Besetzung dieser beiden Positionen, da beide ihren Anspruch auf dauerhafte Beschäftigung im A aufgeben, ihnen dafür aber ein Ruhegeldanspruch eingeräumt wird.
…
4. D
Begründung
D ist seit 01.01.2017 Justitiarin und Geschäftsleitungsmitglied des A. Ihr Vertrag läuft vom 01.01.2017 bis 31.12.2020. Aufgrund des neuen variablen Vergütungssystems und der neuen Renten-Dynamisierungsklausel ist eine Anpassung ihres Vertrages notwendig. Der Neuzuschnitt des Justitiariats und die deutliche Vergrößerung des Verantwortungsbereichs durch die zusätzliche Verantwortung für die Beitragsangelegenheiten, die Lizenzerteilung, das Beteiligungsmanagement sowie ihre neue Tätigkeit als Verwaltungsratsvorsitzende des G bedingt zudem eine entsprechende Anpassung ihrer Vergütung. Zudem verzichtet Frau D auf die ihr bislang zugesagten Beihilfeleistungen. Die Laufzeit des Vertrages bleibt dabei aber unverändert.
Vertragsdauer: …
Grundvergütung: …
Ruhegeldanspruch: Ruhegeld- und Altersversorgungsanspruch in Höhe von 46,25%, jährliche Steigerung im 1%-Punkt bis höchstens 60%. ….
Nebenleistungen: …
5. H
Begründung
H ist seit 1. Mai 2008 Geschäftsleitungsmitglied – zunächst als Hörfunkdirektor, dann als Chefredakteur und stellvertretender Programmdirektor. Sein derzeitiger Vertrag hat eine Laufzeit vom 1. Mai 2014 bis zum 30. April 2019 und soll nun unter Berücksichtigung der notwendigen Änderungen verlängert werden.
Vertragsdauer: 1. April 2018 bis 31. Dezember 2021
Grundvergütung: …“
Ergänzend wird auf die Tagesordnung der 101. Sitzung des Verwaltungsrates verwiesen (Anlage B99, Blatt 1283 folgend der Akte). Das Protokoll zur 101. Sitzung (Anlage B51, Blatt 689 ff der Akte) enthält unter TOP 03 Bericht des Vorsitzenden folgende Inhalte:
„… Herr I informiert über die geplanten Vertragsbedingungen für den neuen Produktions- und Betriebsdirektor, Herrn J, und die der übrigen Geschäftsleitungsmitglieder einschließlich der Intendantin. … Aufgrund der Einführung eines neuen leistungsorientierten Vergütungssystems und der Neustrukturierungen im A sei neben dem Abschluss der neuen Verträge mit K und J auch Anpassungsbedarf bei den laufenden Verträgen mit den übrigen Geschäftsleitungsmitgliedern entstanden.
Der Verwaltungsrat stimmt einstimmig dem neuen Vertrag mit J und den Änderungen bei den übrigen Geschäftsleitungsmitgliedern zu.“
Im Juni 2018 schlossen die Parteien einen neuen „Dienstvertrag“ (Anlage B3, Blatt 137 ff der Akte, im Folgenden: DV 2018). In diesem heißt es auszugsweise:
„§ 1 Funktion und Vertragslaufzeit
Frau D übernimmt vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2020 als Mitglied
der Geschäftsleitung die Funktion der Justitiarin des A. Sie ist der Intendantin
unmittelbar zugeordnet. Dieser Vertrag ersetzt den Vertrag vom 16.02.2017. Die Bedingungen dieses Vertrages gelten ab 1. April 2018.
…
§ 3 Vergütung
Für ihre Tätigkeit erhält Frau D eine Grundvergütung von …Euro jährlich, die in zwölf kaufmännisch gerundeten Teilen zum Ende eines jeden Monats ausgezahlt wird.
…
§ 5 Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Reisekosten…
(2) Reisekostenerstattung, Tage- und Übernachtungsgelder, Familienzuschläge richten sich nach den beim A geltenden Bestimmungen.
…
§ 7 Versorgungsregelung
(1) Frau D hat vom Tage der Dienstaufnahme als Justitiarin für den Zeitpunkt
ab dem gesetzlichen Renteneintritt Anspruch auf ein lebenslanges Ruhegeld
und auf Hinterbliebenenversorgung.
…
§ 11 Verlust von Ruhegeld- und Versorgungsansprüchen
(1) Die Ansprüche auf Gewährung eines Ruhegeldes sowie auf Hinterbliebenenversorgung gehen unbeschadet zwingender gesetzlicher Regelungen verloren, wenn das Dienstverhältnis durch den A bei Vorliegen eines von Frau D verschuldeten wichtigen Grundes (§ 626 BGB) gekündigt wird.
(2) Die Ansprüche auf Gewährung eines Ruhegeldes vor Erreichen des Renteneintrittsalters gehen unbeschadet zwingender gesetzlicher Regelungen verloren, wenn das Dienstverhältnis durch Frau D auf eigenen Antrag vor Ablauf der Vertragslaufzeit beendet wird oder sie es ablehnt, ein Angebot auf einen Folgevertrag für die Dauer von 5 Jahren anzunehmen.
(3) In diesen Fällen hat Frau D Anspruch auf eine Altersversorgung ab Eintritt
in das gesetzliche Rentenalter in der Höhe des Anspruchs auf Ruhegeld, wie er zum Zeitpunkt des Ausscheidens bestanden hätte.
Dies gilt nicht, wenn für die Beendigung vor Ablauf der Vertragslaufzeit oder die Ablehnung eines neuerlichen Vertrages Gründe vorliegen (insbesondere gesundheitliche), die sie nicht zu vertreten hat, oder wenn die Anstellungsbedingungen gegenüber diesem Vertrag nicht im Verhältnis zu den in der L üblichen Bedingungen fortentwickelt werden sollen. In diesen Fällen bleiben die Ansprüche gem. §§ 7, 8 und 10 dieses Vertrages unverändert bestehen.
…
§ 13 Vertragsverlängerung
Der A wird Frau D mindestens sechs Monate vor Beendigung dieses Vertrages
mitteilen, ob die Bereitschaft zur Verlängerung des Vertrages besteht. Frau D ist zur Besitz- und Rechtsstandwahrung verpflichtet, ein eventuelles Angebot eines neuen Vertrages innerhalb eines Monats nach Zugang anzunehmen oder die Gründe für die Ablehnung darzulegen.
…“
Für die Monate April 2018 bis Dezember 2020 zahlte die Beklagte an die Klägerin einen monatlichen Familienzuschlag in Höhe von … Euro (Anlagenkonvolut B120, Blatt 1340 ff der Akte).
Im Jahr 2018 schlossen die Beklagte und der damalige Chefredakteur nach der Beschlussfassung durch den Verwaltungsrat am 26. April 2018 einen Dienstvertrag mit einer Laufzeit bis 31. März 2023, auf den inhaltlich verwiesen wird (Anlage B134, Blatt 3564 ff der Akte). Unter dem 25. August 2020 schlossen die Beklagte, für die die Streithelferin und die Klägerin unterzeichneten, und der damalige Chefredakteur einen Aufhebungsvertrag zum 31. März 2021 (Anlage B141, Blatt 3685 folgend der Akte), dem der Verwaltungsrat in seiner 116. Sitzung am 14. September 2020 ausweislich des Protokolls zustimmte (Anlage B145, Blatt 3694 ff der Akte). Weiterhin schlossen die Beklagte und der damalige Chefredakteur einen Beratervertrag für die Zeit vom 1. April 2021 bis 31. März 2023, der ein Beraterhonorar von monatlich … EUR vorsah, welches nicht auf das Ruhegehalt angerechnet wurde (Anlage B142, Blatt 3687 folgend der Akte).
Die Beklagte ist alleinige Gesellschafterin der A GmbH. Zum 1. September 2004 wurde der bis dahin bei der Beklagten im Justitiariat beschäftigte Herr M zum Geschäftsführer der A bestellt. Sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestand während seiner Geschäftsführertätigkeit fort. Die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit für die A ging von der Beklagten aus. Unter dem 13. Juli 2018 schlossen die Beklagte, vertreten durch die Klägerin, die A, vertreten durch die Streithelferin, sowie Herr M eine dreiseitige Vereinbarung, auf deren Inhalt vollumfänglich verwiesen wird (Anlage B28, Blatt 390 ff der Akte); die Vereinbarung enthielt sowohl eine Option zur Weiterbeschäftigung als auch zwei Optionen zu einem „Vorruhestand“. Herr M wählte die Option eines „Vorruhestands“ ab dem 1. April 2019 gegen Zahlung von monatlich … EUR bis zum 31. August 2026, das heißt bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres und 8 Monaten. Zur von Herrn M gewählten Option schlossen die Beklagte und Herr M eine Vereinbarung unter dem 25. Oktober 2018 (Anlage B31, Blatt 397 folgend der Akte), auf deren Inhalt verwiesen wird. Ergänzend wird auf die bei der Beklagten bestehende Verfahrensbeschreibung „Vorruhestand im A“ Bezug genommen (Anlage B27, Blatt 389 der Akte, im Folgenden: Verfahrensbeschreibung Vorruhestand). Weiterhin schlossen die Beklagte und Herr M einen Beratervertrag.
Seit 1. November 2018 war Frau N neue Geschäftsführerin der A GmbH. Die A GmbH bestellte mit Beschluss vom 20. Juli 2018 die Klägerin ab 1. November 2018 als weitere Geschäftsführerin, vertretungsberechtigt mit einem/r weiteren Geschäftsführer/in. Für die Zeit der Übernahme der Geschäftsführungstätigkeit schlossen die Klägerin und die A GmbH, vertreten durch die Streithelferin, einen Anstellungsvertrag, der für die Tätigkeit als nebenamtliche Geschäftsführerin unter anderem eine gesonderte Vergütung regelte; auf die Regelungen des Vertrages wird inhaltlich vollumfänglich verwiesen (Anlage B6, Blatt 158 ff der Akte). Die Geschäftsführungstätigkeit der Klägerin endete mit Ablauf des 31. Dezember 2020.
Die Wahl der Klägerin zur juristischen Direktorin durch den Rundfunkrat erfolgte am 08. Oktober 2020.
Am 26. November 2020 trat der Verwaltungsrat auf Einladung des Streitverkündeten (Anlage B45, Blatt 445 der Akte) zu einer Sitzung zusammen, in der auch der Abschluss eines neuen Dienstvertrages mit der Klägerin unter dem Punkt … „Bericht des Vorsitzenden“ zur Abstimmung gestellt wurde. Auf die vorab versandte Tagesordnung (Anlage B46, Blatt 446 folgend der Akte) wird verwiesen. Ausweislich des Protokolls zur Sitzung ist zu … festgehalten (Anlage B103, Blatt 891 folgend der Akte):
„Herr I trägt vor, der A beabsichtige, Frau D zur juristischen Direktorin zu berufen. Für den AT-Vertrag nennt er die Bedingungen. Der Verwaltungsrat stimmt einstimmig dem Vertrag zu.“.
Die Einzelheiten des Ablaufs der Verwaltungsratssitzung sind zwischen den Parteien streitig.
Zum 1. Januar 2021 übertrug die Beklagte der Klägerin die Funktion der „Juristischen Direktorin“ und die Parteien schlossen hierzu unter dem 17. Dezember 2020 einen schriftlichen Dienstvertrag (Anlage K1, Blatt 16 ff der Akte, im Folgenden: DV 2020). Darin heißt es auszugsweise:
„§ 1 Funktion und Vertragslaufzeit
Frau D übernimmt vom 1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2025 die Funktion der Juristischen Direktorin des A. Sie ist der Intendantin unmittelbar zugeordnet.
§ 2 Rechte und Pflichten
(1) Frau D nimmt ihre Aufgaben und Pflichten nach den Bestimmungen des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen A, der Satzung und der Geschäftsordnung sowie den weiteren internen Weisungsregelungen des A wahr. Frau D stellt dem A ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung.
…
§ 3 Vergütung
(1) Für ihre Tätigkeit erhält Frau D eine Grundvergütung von … Euro brutto jährlich, die in zwölf kaufmännisch gerundeten Teilen zum Ende eines jeden Monats ausgezahlt wird. Darüber hinaus gehende Ansprüche auf weitere Gehaltsbestandteile oder sonstige Zuschläge, z.B. Familienzuschlag, bestehen nicht.
(2) Außerdem hat Frau D Anspruch auf eine Aufwandsentschädigung in Höhe von monatlich … €.
(3) Mit der Vergütung nach Absatz 1 sind im Übrigen alle Tätigkeiten und Leistungen für den Sender und für Aufsichtsfunktionen über dessen Tochtergesellschaften abgegolten. Ein Anspruch auf weitere finanzielle oder sonstige Leistungen des A besteht, soweit nicht in diesem Vertrag ausdrücklich anderweitig geregelt, nicht. Dies gilt nicht für Geschäftsführungstätigkeiten.
(4) Die Grundvergütung gem. Absatz (1) wird jährlich um 2 Prozent gesteigert.
…
§ 6 Urlaub
Frau D steht ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen zu, die in Absprache mit der Intendantin zu nehmen sind. Zudem sind der 8. März (Feiertag in Berlin) und der 31. Oktober (Feiertag in Brandenburg) arbeitsfreie Tage.
§ 7 Versorgungsregelung
(1) Frau D hat vom Tage der Dienstaufnahme als Justitiarin für den Zeitpunkt ab dem gesetzlichen Renteneintritt Anspruch auf ein lebenslanges Ruhegeld und auf Hinterbliebenenversorgung.
(2) Für ihre Tätigkeit ist mit Frau D eine Basisvergütung von … Euro jährlich vereinbart, die entsprechend § 4 Abs. 3 zu steigern ist. 8,33 % dieser Basisvergütung sind gemäß dem in § 4 dieses Vertrages genannten Zielvereinbarungssystem als variabler Anteil ausgestaltet, die auszuzahlende Grundvergütung beträgt demnach wie in § 3 (1) genannt … Euro jährlich.
Das Ruhegeld bemisst sich nach der vereinbarten Basisvergütung. Das Ruhegeld beträgt am Tage des ersten Vertragsbeginns (1.1.2021) 49 % der Basisvergütung und steigt mit jedem weiteren vollendeten Dienstjahr um einen Prozentpunkt bis zur Höchstgrenze von 60 % der letzten vertraglich vereinbarten und gem. § 3 Abs. 4 gesteigerten Basisvergütung.
(3) Die Zahlung des Ruhegeldes an Frau D beginnt:
a) vom Ersten des auf den Ablauf der Vertragszeit folgenden Monates an
oder
b) während der Vertragszeit von dem Tage an, der auf den Tag folgt, an dem ihre dauernde Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit aufgrund eines Gutachtens eines Amtsarztes bzw. eines Arztes gemeinsamen Vertrauens festgestellt worden ist, wonach sie infolge von Krankheit oder eines anderen Gebrechens oder von Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte zur Wahrnehmung der Dienstobliegenheiten der Juristischen Direktorin nicht mehr in der Lage ist (Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit);
…
§ 8 Sterbefall
(1) Im Falle des Todes von Frau D während der Vertragszeit verbleiben den Erben für den Sterbemonat die Dienstbezüge. Tritt der Tod nach Beginn der Zahlung des Ruhegeldes ein, so verbleibt ihnen für den Sterbemonat das Ruhegeld.
(2) Darüber hinaus werden gewährt:
a) an Hinterbliebene (überlebender Ehegatte, leibliche Abkömmlinge, an Kindes statt angenommene Kinder, Verwandte der aufsteigenden Linie, Geschwister und Geschwisterkinder sowie Stiefkinder, wenn diese Personen zum Zeitpunkt des Todes zur häuslichen Gemeinschaft von Frau D gehört haben) ein Sterbegeld in Höhe von zwei Zwölfteln der letzten vertraglich vereinbarten Gesamtvergütung, oder in Höhe des zweifachen Monatsbetrages des Ruhegeldes, das Frau D im Sterbemonat bezogen hat.
b) Witwengeld in Höhe von 60 % des Ruhegeldes, das Frau D an ihrem Todestag erhält oder erhalten würde. Dies gilt nicht, wenn die Ehe erst nach dem Eintritt in den Ruhestand geschlossen worden ist und Frau D zur Zeit der Eheschließung das 65. Lebensjahr bereits vollendet hatte und die Ehe nicht länger als fünf Jahre gedauert hat.
c) Waisengeld, und zwar für Halbwaisen in Höhe von 12 % und für Vollwaisen in Höhe von 20 % des Ruhegeldes, das Frau D an ihrem Todestag erhält oder erhalten würde.
Die Witwen- und/oder Waisengelder dürfen zusammen das Ruhegeld, von dem sie abhängig sind, nicht übersteigen, anderenfalls werden die Einzelrenten anteilig gekürzt. Bei Fortfall einer oder mehrerer Renten werden die verbliebenen Teile zur ursprünglichen Höhe wieder aufgefüllt.
d) Die Auszahlung der Witwen- bzw. Waisengelder beginnt mit demjenigen Monat, für den Bezüge oder das Ruhegeld des Verstorbenen zum ersten Mal nicht gezahlt werden.
Kinder, die nach diesem Zeitpunkt geboren werden, erhalten Waisengeld vom Ersten des Geburtsmonates an; entsprechendes gilt für an Kindes Statt angenommene Kinder.
Der Anspruch auf Witwengeld erlischt mit der Wiederverheiratung der Witwe/des Witwers. Das Witwengeld wird letztmalig für den Monat gezahlt, in welchem die Witwe/der Witwer sich wieder verheiratet.
Waisengeld wird bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gezahlt. Solange sich waisengeldberechtigte Kinder noch in der Ausbildung befinden, wird das Waisengeld auch über diesen Zeitpunkt hinaus bezahlt, längstens jedoch bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres.
…
§ 10 Anpassung von Versorgungsbezügen
…
(2) Für die Dauer der Gewährung des Ruhegeldes kann Frau D vor Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters Einkünfte aus selbstständiger oder nichtselbstständiger Tätigkeit und/oder aus anderweitigen Versorgungsleistungen Dritter neben der Versorgung durch den A bis zur Höhe von 50 % des Nettobetrages aus der zuletzt vereinbarten Gesamtvergütung erzielen, ohne dass eine Anrechnungspflicht besteht. Nach Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters steigt der anrechenfreie Betrag auf 90%.
(3) Soweit der Nettobetrag dieser Einkünfte 50 % bzw. 90 % des Nettobetrages aus der zuletzt vereinbarten Gesamtvergütung übersteigt, werden sie auf die Versorgungsleistungen des A angerechnet. Das Gleiche (90%) gilt für die Anrechnung von Einkünften auf die Hinterbliebenenversorgung.
…
§ 11 Verlust von Ruhegeld- und Versorgungsansprüchen
a) Die Ansprüche auf Gewährung eines Ruhegeldes vor Erreichen des Renteneintrittsalters gehen unbeschadet zwingender gesetzlicher Regelungen verloren, wenn das Dienstverhältnis durch den A bei Vorliegen eines von Frau D verschuldeten wichtigen Grundes (§ 626 BGB) wirksam gekündigt wird.
b) Die Ansprüche auf Gewährung eines Ruhegeldes vor Erreichen des Renteneintrittsalters gehen unbeschadet zwingender gesetzlicher Regelungen verloren, wenn das Dienstverhältnis durch Frau D auf eigenen Antrag vor Ablauf der Vertragslaufzeit beendet wird oder sie es ablehnt, ein Angebot auf einen Folgevertrag für die Dauer von 5 Jahren anzunehmen.
c) In diesen Fällen hat Frau D Anspruch auf eine Altersversorgung ab Eintritt in das gesetzliche Rentenalter in der Höhe des Anspruchs auf Ruhegeld, wie er zum Zeitpunkt des Ausscheidens bestanden hätte.
Dies gilt nicht, wenn für die Beendigung vor Ablauf der Vertragslaufzeit oder die Ablehnung eines neuerlichen Vertrages Gründe vorliegen (insbesondere gesundheitliche), die sie nicht zu vertreten hat, oder wenn die Anstellungsbedingungen gegenüber diesem Vertrag nicht im Verhältnis zu den in der L üblichen Bedingungen fortentwickelt werden sollen. In diesen Fällen bleiben die Ansprüche gem. §§ 7, 8 und 10 dieses Vertrages unverändert bestehen.
…
§ 13 Vertragsverlängerung
Der A wird Frau D mindestens sechs Monate vor Beendigung dieses Vertrages mitteilen, ob die Bereitschaft zur Verlängerung des Vertrages besteht. Frau D ist zur Besitz- und Rechtsstandwahrung verpflichtet, ein eventuelles Angebot eines neuen Vertrages innerhalb eines Monats nach Zugang anzunehmen oder die Gründe für die Ablehnung darzulegen.
…“
Für das Geschäftsjahr 2021/2022 (1. April 2021 bis 31. März 2022) wurde eine Zielvereinbarung unterzeichnet, auf deren Inhalt verwiesen wird (Anlage B69, Blatt 1061 ff der Akte). Die Bereichsziele bezogen sich unter anderem auf einen Vorschlag zur Positionierung der Beklagten für den L-Vorsitz. Im Zielerreichungsprotokoll wurden beide Bereichsziele als übererfüllt (125%) bewertet (Anlage B70, Blatt 1068 der Akte).
Die Beklagte ist Mitglied der L der Bundesrepublik Deutschland, für die eine Satzung besteht (Anlage B89, Blatt 1179 ff der Akte, im Folgenden: L-Satzung). Ab Januar 2022 übernahm die Beklagte den Vorsitz der L.
Spätestens im Juni 2021 schlossen die hierbei durch die Streithelferin vertretene Beklagte und die Klägerin eine durch den Streitverkündeten mit dem Vermerk „bestätigt“ versehene Vereinbarung (Anlage B66, Blatt 1058 ff der Akte), datiert auf den 25. April 2021, in der es auszugsweise heißt:
„§ 1 L-Vorsitz
Der A wird ab 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2023 geschäftsführende Anstalt der L werden. Soweit D während dieser Zeit Juristische Direktorin des A ist, knüpfen sich verschiedene Aufgaben an diesen L-Vorsitz.
§ 2 Aufgaben
Die grundlegendsten Aufgaben, die mit der Geschäftsführung der L verbunden sind, sind in der Satzung der L festgelegt. ...
Eine der – nach innen – sichtbarsten Aufgaben ist die Sitzungsleitung bei Zusammenkünften der L-Chef-Jurist*innen (Juristische Kommission).
Damit einher geht auch die Federführung derjenigen rechtlichen Angelegenheiten, die die Gemeinschaft als Ganzes betreffen. Dies betrifft auch me[di]en- und unternehmenspolitische Angelegenheiten mit rechtlichen Auswirkungen.
...
§ 3 Vergütung
Für die Rolle der Vorsitzenden der juristischen Kommission erhält D eine Vergütung in Höhe von … Euro brutto.
…
§ 4 Vertragslaufzeit
Diese Vereinbarung gilt vom 1. Juli 2021 und endet am 30. Juni 2024, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Sollte D nicht mehr als juristische Direktorin des A tätig sein oder der A die L-Geschäftsführung nicht in der Zeit vom 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2023 innehaben, wird dieser Vertrag gegenstandslos.
...“
Für die Monate Juli 2021 bis Juli 2022 zahlte die Beklagte an die Klägerin auf Grundlage der vorgenannten Vereinbarung eine Zulage (im Folgenden: L-Zulage) in Höhe von monatlich … Euro brutto (Anlagenkonvolut B67, Blatt 1285 ff der Akte).
Die Beklagte gewährte neben der Klägerin auch dem damaligen Verwaltungsdirektor, dem damaligen Programmdirektor, dem damaligen Produktions- und Betriebsdirektor sowie der damaligen Leiterin der Intendanz eine L-Zulage in gleicher Höhe. Zahlungen erfolgten dabei an den damaligen Programmdirektor für die Zeit von Januar bis Juli 2022 und an die übrigen Begünstigten für die Zeit von Juli 2021 bis Juli 2022. Die für die drei Direktoren hierfür erstellten Vertragsentwürfe waren diesen durch die Klägerin mit jeweils auf den 7. September 2021 datierten Schreiben (Anlagenkonvolut B85, Blatt 1330 ff der Akte) mit der Bitte um Gegenzeichnung übersandt worden. Alle vier geschlossenen Vereinbarungen (Anlagen B73, Blatt 1079 f, B75, Blatt 1090 ff, B78, Blatt 1108 ff und B80, Blatt 1121 ff der Akte) wurden für die Beklagte durch die Streithelferin und durch den Streitverkündeten neben dem Vermerk „bestätigt“ unterzeichnet.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2022 (Anlage B41, Blatt 411 ff der Akte) gab die Streithelferin bekannt, dass „hinsichtlich der Vergabepraxis des A in Bezug auf Beraterverträge und möglicher Vorteilsnahmen und -gewährungen durch Organmitglieder und Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen“ eine Untersuchung durch eine Rechtsanwaltskanzlei eingeleitet worden sei.
Mit Beschluss des Rundfunkrates vom 15. August 2022 berief die Beklagte die Streithelferin als Intendantin ab.
Am 22. September 2022 übermittelte die Klägerin der Beklagten einen unter dem 6. September 2022 erstellten „Vermerk“ über die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit Herrn M (Anlage B18, Blatt 326 ff der Akte).
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2022 hörte die Beklagte die Klägerin unter anderem zur Sachverhaltsaufklärung zum Arbeitsverhältnis des Herrn M mit der A GmbH sowie zur Geschäftsführungstätigkeit der Klägerin für diese an (Anlage B11, Blatt 208 ff der Akte). Die Klägerin nahm hierzu mit Schreiben vom 3. November 2022 Stellung (Anlage B12, Blatt 220 ff der Akte).
Ab dem 8. November 2022 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt.
Mit Schreiben vom 8. November 2022 (Anlage B97, Blatt 1263 ff der Akte) hörte die Beklagte die Klägerin zur Sachverhaltsaufklärung zur Entwicklung ihres Vertragsverhältnisses und ihrer Vergütung an. Die Klägerin nahm hierzu mit Schreiben vom 22. November 2022 Stellung (Anlage B98, Blatt 1272 ff der Akte). Mit weiterem Schreiben vom 15. November 2022 hörte die Beklagte die Klägerin zum Verdacht der Begehung schwerer Pflichtverletzungen an (Anlage B25, Blatt 354 ff der Akte). Hierbei hatte sich die Beklagte unter anderem auf den Abschluss der dreiseitigen Vereinbarung mit Herrn M bezogen. Die Klägerin antwortete hierauf mit E-Mail vom 23. November 2022 (Anlage B26, Blatt 370 ff der Akte).
Mit Schreiben jeweils vom 29. November 2022 hörte die Beklagte die Frauenvertreterin und den Personalrat zu einer gegenüber der Klägerin beabsichtigten außerordentlich fristlosen, hilfsweise ordentlich fristgemäßen Kündigung an. Wegen des Inhalts der an die Frauenvertreterin gerichteten Anhörung wird auf das zur Akte gereichte Schreiben (Anlage B47, Blatt 3282 ff der Akte) und hinsichtlich des Inhalts der an den Personalrat gerichteten Anhörung auf das zur Akte gereichte Schreiben (Anlage B49, Blatt 449 ff der Akte) Bezug genommen. Der Personalrat erklärte mit Schreiben vom 30. November 2022 (Anlage B50, Blatt 486 der Akte), die beabsichtigten Kündigungen zur Kenntnis genommen zu haben. Die Frauenvertreterin erklärte mit E-Mail vom 1. Dezember 2022 (Anlage B48, Blatt 448 der Akte), keine Bedenken gegen den Ausspruch der Kündigungen zu haben.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2022 (Anlage K5, Blatt 61 folgend der Akte), der Klägerin am 3. Dezember 2022 zugegangen, sprach die Beklagte in Bezug auf „ein etwaiges [...] bestehendes Arbeits-/Dienstverhältnis“ die fristlose Kündigung aus. Unter Verweis auf eine aus ihrer Sicht gegebene Nichtigkeit des DV … wegen Sittenwidrigkeit aufgrund darin enthaltener Regelungen zum nachvertraglichen Ruhegeld vor Erreichen des Renteneintrittsalters erklärte die Beklagte zugleich „die Lösung eines etwaigen faktischen Dienstverhältnisses“. Insofern „widerrufe“ die Beklagte „rein vorsorglich einen etwaig noch bestehenden Anspruch auf nachvertragliche Ruhegeldzahlungen vor Erreichen des Renteneintrittsalters, die ab diesem Zeitpunkt zugesagten Ruhegeldansprüche sowie die Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung“.
Die Klägerin erhob mit einem am 21. Dezember 2022 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 30. Dezember 2022 zugestellten Schriftsatz Kündigungsschutzklage.
Mit Schreiben vom 21. März 2023 hörte die Beklagte die Frauenvertreterin und mit Schreiben vom 24. März 2023 den Personalrat zu dem Vorhaben an, weitere Kündigungsgründe in das Kündigungsschutzverfahren einzuführen. Hierbei bezog sich die Beklagte auf die der Klägerin, den drei weiteren Direktoren sowie der damaligen Leiterin der Intendanz gewährten L-Zulagen. Wegen des Inhalts der Anhörungen wird auf das Schreiben an die Frauenvertreterin (Anlage B90, Blatt 1185 ff der Akte) und an den Personalrat (Anlage B92, Blatt 1208 ff der Akte) verwiesen. Die Frauenvertreterin erklärte mit E-Mail vom 24. März 2023, diesbezüglich keine Bedenken zu haben (Anlage B91, Blatt 1206 der Akte). Der Personalrat erklärte mit Schreiben vom 29. März 2023, das beabsichtigte Nachschieben der Kündigungsgründe zur Kenntnis genommen zu haben (Anlage B93, Blatt 1229 der Akte).
Mit Schreiben vom 4. Mai 2023 hörte die Beklagte die Frauenvertreterin (Anlage B115, Blatt 1013 ff der Akte) und mit Schreiben vom 22. Mai 2023 den Personalrat (Anlage B117, Blatt 1035 ff der Akte) zu einem erneut beabsichtigten Nachschieben von Kündigungsgründen an. Dabei bezog sich die Beklagte auf die Vorwürfe, die Klägerin habe vor Abschluss ihrer Dienstverträge das Verfahren zur Beteiligung des Verwaltungsrates nicht eingehalten und sich mit dem DV … zudem in betrügerischer Absicht Familienzuschläge gesichert. Die Frauenvertreterin (Anlage B116, Blatt 1034 der Akte) und der Personalrat (Anlage B118, Blatt 1057 der Akte) erklärten sich hierzu jeweils in gleicher Weise, wie auf die im März 2023 erfolgten Anhörungen.
Mit Schriftsatz vom 23.05.2023 erhob die Beklagte Widerklage auf Zahlung eines Schadensersatzes und verlangte die gewährte L-Zulage von Juli 2021 bis Juli 2022 sowie den gezahlten Familienzuschlag von April 2018 bis Dezember 2020 zurück. Hilfsweise stützte sie ihre Forderungen auf Bereicherungsrecht.
Mit weiteren Schreiben jeweils vom 8. August 2023 hörte die Beklagte die Frauenvertreterin und den Personalrat zu einem erneut beabsichtigten Nachschieben von Kündigungsgründen an. In diesem Zusammenhang erhob die Beklagte den Vorwurf, die Klägerin habe die A GmbH angewiesen, an Herrn M ohne rechtliche Grundlage für die Monate November 2018 bis März 2019 jeweils … Euro als Vergütung für Beratertätigkeiten zu zahlen und die Kosten anschließend der Beklagten in Rechnung zu stellen. Auf die Inhalte der an die Frauenvertreterin (Anlage B130, Blatt 3468 ff der Akte) und an den Personalrat (Anlage B132, Blatt 3485 ff der Akte) gerichteten Anhörungsschreiben sowie die Antwort der Frauenvertreterin (Anlage B131, Blatt 3484 der Akte) sowie des Personalrats (Anlage B133, Blatt 3498 der Akte) wird Bezug genommen.
Die Beklagte hörte schließlich mit Schreiben jeweils vom 22. August 2023 die Frauenvertreterin und den Personalrat zu einem weiteren beabsichtigten Nachschieben von Kündigungsgründen an. Hierbei bezog sie sich zunächst auf neue Erkenntnisse zum Kündigungsgrund L-Zulage Direktoren und damalige Leiterin der Intendanz. Darüber hinaus erhob sie den Vorwurf, die Klägerin habe im Zuge des Abschlusses eines Dienstvertrages und eines späteren Aufhebungsvertrages mit dem damaligen Chefredakteur der Beklagten jeweils den Verwaltungsrat nicht hinreichend informiert und vertragliche Pflichten verletzt, wobei Letzteres zusätzlich den neben dem Aufhebungsvertrag mit diesem geschlossenen Beratervertrag betroffen habe. An einer unzureichenden Unterrichtung des Verwaltungsrates habe die Klägerin dabei auch bei der Einführung des Konzepts F und hinsichtlich der tatsächlichen Kosten des Projekts „O“ mitgewirkt. Auf die Inhalte der an die Frauenvertreterin (Anlage B137, Blatt 3580 ff der Akte) und an den Personalrat (Anlage B139, Blatt 3631 ff der Akte) gerichteten Anhörungsschreiben sowie die Antwort der Frauenvertreterin (Anlage B138, Blatt 3630 der Akte) sowie des Personalrats (Anlage B140, Blatt 3684 der Akte) wird Bezug genommen.
Die monatliche Grundvergütung der Klägerin betrug im September 2022 … Euro brutto (Anlage K4, Blatt 59 folgend der Akte). Seit 3. Dezember 2022 bezog die Klägerin Krankengeld, welches … Euro netto im Monat Dezember 2022 und … Euro netto seit Januar 2023 betrug (Anlage K10 und K11, Blatt 619 ff der Akte). Seit dem 02. Mai 2023 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich … Euro netto (Anlage K13, Blatt 3346 ff der Akte). Seit 12. März 2024 geht die Klägerin einer Tätigkeit in einer Rechtsanwaltskanzlei gegen ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von … EUR zuzüglich eines monatlichen Fahrtkostenzuschusses in Höhe von … EUR nach.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der DV 2020 sei nicht sittenwidrig. Sie habe, obwohl sie eine 19-jährige Betriebszugehörigkeit aufgewiesen habe, als juristische Direktorin einen für die Dauer von fünf Jahren befristeten Arbeitsvertrag unterzeichnet, und zwar im Gegenzug zur Zusage eines nachvertraglichen Ruhegelds. Die Vereinbarung einer rechtswirksamen Befristung habe durch die Beklagte nicht einseitig vorgegeben werden können, da es an einem Befristungsgrund fehle. Der DV 2020 sei auch im Übrigen ordnungsgemäß zustande gekommen, insbesondere habe der Verwaltungsrat ordnungsgemäß seine Zustimmung erteilt. Nach Erinnerung der Klägerin seien dem Streitverkündeten in einer Beschlussvorlage durch die Streithelferin alle Vertragsbedingungen mitgeteilt worden. Diese Bedingungen seien ebenso Thema im Vorgespräch des Verwaltungsrates und nochmals in dessen Sitzung gewesen. Im Übrigen dürften den Verwaltungsratsmitgliedern die wesentlichen Vertragsbedingungen und speziell die Ruhegeldregelung bekannt sein, da sie mindestens seit 2003 im Wesentlichen unverändert in den Verträgen der Direktorinnen und Direktoren verankert seien.
Ihr sei keine Vermögensbetreuungspflicht zugekommen. Die (wirtschaftliche) Entscheidungsmacht liege bei der Intendantin. Diese müsse die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachten.
Bei der dreiseitigen Vereinbarung mit Herrn M habe die Trennungsentscheidung in der Verantwortung der Streithelferin gelegen. Diese habe auch bestätigt, dass kein Einsatz des Herrn M bei der Beklagten mit wirtschaftlich vertretbarer Gegenleistung möglich gewesen wäre. Der vorgelegte E-Mail-Verkehr zeige, dass sie Herrn M die Rückkehr zur Beklagten nahegelegt, er indes das Angebot nicht angenommen habe. Die Verfahrensbeschreibung Vorruhestand beschreibe ein Verfahren der Regel nach, welches jedoch nicht zwingend sei. Eine Vermögensbetreuungspflicht der Klägerin gegenüber der P scheide schon deshalb aus, da die Klägerin nur für AT-Mitarbeiter zuständig sei, Herr M aber nicht AT-Beschäftigter gewesen sei.
Bezüglich der Zielvereinbarung 2018/2019 seien die Ziele nicht erst im Oktober 2018 vereinbart worden, sondern hätten bereits seit April 2018 gegolten. Es seien auch keine Ziele „passend“ formuliert worden. Unter Umständen sei die formale Unterzeichnung erst später erfolgt. Im Hinblick auf ihre Tätigkeit als nebenamtliche Geschäftsführerin für juristische Fragen bei der A GmbH hat die Klägerin eine Identität ihrer dortigen Funktion mit den Aufgaben als Justitiarin bei der Beklagten bestritten. Ihre Aufgabe als nebenamtliche Geschäftsführerin sei es gerade nicht gewesen, Maßnahmen struktureller, personeller und organisatorischer Art umzusetzen. Das habe auch die Streithelferin in der Anhörung so bestätigt. Das Dokument, vorgelegt als Anlage B 15, sei die Analyse gemäß Stufe 1 der Zielvorgaben.
Die Klägerin hat weiterhin die Auffassung vertreten, sie habe keine Pflicht im Hinblick auf die Vereinbarungen der L-Zulage verletzt. Die Zahlungen seien eine Entscheidung der Streithelferin und des Streitverkündeten gewesen. Die Klägerin habe die Zulagenvereinbarungen nicht inhaltlich verantwortet. Der Verwaltungsrat habe dem Abschluss der Zulagenvereinbarungen nicht zustimmen müssen. Er habe jedenfalls aufgrund der Befassung mit der Zulagenvereinbarung zwischen der Beklagten und der Streithelferin Kenntnis von der Zahlung der Zulagen gehabt. Es sei von Beginn an klar gewesen, dass auch weitere Personen, insbesondere die Geschäftsleitungsmitglieder, die Zulage wegen deutlicher Mehrbelastung erhalten sollten. Die Klägerin habe davon ausgehen dürfen, dass die Gewährung der weiteren Zulagen bereits im Rahmen der Befassung mit dem Vertrag für die Intendantin dem Verwaltungsrat durch den Streitverkündeten mitgeteilt worden sei. Der Verwaltungsrat habe im Übrigen in fast jeder Sitzung über den L-Vorsitz diskutiert, weil hierfür auch zusätzliche Stellen und Umbauten hätten genehmigt werden müssen und weil auch diskutiert worden sei, ob der Streitverkündete die Zulage erhalten solle. Die Klägerin habe in der Zeit des Vorsitzes auch zusätzliche Aufgaben übernommen, wie zum Beispiel die Sitzungsleitung bei Zusammenkünften der L-Chefjuristinnen und -juristen im Rahmen der juristischen Kommission oder die Federführung in allen rechtlichen Angelegenheiten. Auch die Vor- und Nachbereitung des Vorsitzes habe erhebliche Arbeit bedeutet. Der vorherige geschäftsführende Sender sei der Stellvertreter des aktuellen Vorsitzinhabers und nehme an wichtigen Entscheidungen und Terminen teil, wofür eine dezidierte Vorbereitung in Einzelthemen notwendig sei. Es bestehe jedenfalls keine Deckungsgleichheit zur Tätigkeit als Justitiarin für die Beklagte. Die Beklagte habe entgegen ihrer Behauptung eine Gegenleistung erhalten. Eine Pflichtverletzung ergebe sich auch nicht durch die Vorbereitung der Vereinbarungen für die anderen Direktorinnen und Direktoren durch die Klägerin, weil jeweils die Vorbereitung auf eine Entscheidung der Streithelferin zurückgehe, woraufhin die Klägerin die Vereinbarungen ausgefertigt habe. Im Übrigen sei die Beklagte über diesen Sachverhalt bereits seit August 2022 aufgrund der Veröffentlichungen im Intranet und Internet informiert gewesen, sodass kein Nachschieben des Kündigungsgrundes möglich sei.
Auch im Hinblick auf den Themenkomplex Familienzuschlag liege keine Pflichtverletzung, insbesondere keine Täuschungshandlung vor. Der Familienzuschlag sei an die Klägerin von 2017 bis 2020 auf Basis des DV 2017 bzw. DV 2018 gezahlt worden. Der Zuschlag habe nicht mit der Vertragsanpassung in 2018 entfallen müssen. Ausweislich der Geschäftsleitungsvorlage und des Beschlusses der Geschäftsleitung habe bei Neuabschluss von Verträgen mit neuen Geschäftsleitungsmitgliedern der Familienzuschlag entfallen sollen, weshalb der Wille der Beklagten, die Gewährung ab April 2018 einzustellen, bestritten werde. Für die Streithelferin und den damaligen Programmdirektor seien die Zahlungen in den Jahren 2021 bzw. 2022 eingestellt worden. Der Beihilfeanspruch für die Klägerin sei mit dem DV 2018 entfallen, weshalb vermutlich der Familienzuschlag gesondert ausgewiesen worden sei. Auch hier sei der Beklagten ein Nachschieben des Kündigungsgrundes nicht möglich. Auf die Befragung vom 8. November 2022 habe die Klägerin dazu ausführlich ausgeführt; zudem habe die Beklagte den Familienzuschlag für die Klägerin in einer Übersicht zu den Einnahmen der Klägerin selbst aufgelistet.
Mangels Pflichtverletzung stünden der Beklagten auch keine Schadensersatzansprüche im Rahmen der Widerklage zu.
Im Hinblick auf den Vorwurf, der Verwaltungsrat sei nicht rechtmäßig beteiligt worden, ist die Klägerin der Auffassung, selbst wenn der Verwaltungsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei, wäre das nicht ihr anzulasten, da der Ablauf dort nicht in ihren Verantwortungsbereich falle und keine Auswirkung auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages gehabt habe. Die Klägerin sei kein Organ der Beklagten. Der Verwaltungsrat habe einem Aufsichtsrat vergleichbare Funktionen und fungiere als Kontrollgremium für die Intendanz. Die Klägerin habe nicht die Aufgabe gehabt, den Verwaltungsrat rechtlich zu beraten. Etwaige fehlende oder fehlerhafte Abstimmungen innerhalb des Verfahrens vor dem Verwaltungsrat nach den einschlägigen Vorschriften seien keine der Klägerin anzulastenden Pflichtverletzungen. Sie trage keine Verantwortung für die fehlende Weiterleitung von Vorlagen und Vertragsentwürfen zu Geschäftsleitungsmitgliedern an die Gremiengeschäftsstelle und sodann an alle Verwaltungsratsmitglieder. Hätten die Verwaltungsratsmitglieder im Hinblick auf die Ordnungsgemäßheit des Verfahrens Bedenken gehabt, hätten sie diese äußern müssen.
Im Hinblick auf die behaupteten Pflichtverletzungen zu Dienstvertrag und Aufhebungsvertrag mit dem damaligen Chefredakteur, zum Konzept F und zur Fehlinformation O hat die Klägerin behauptet, ein Nachschieben der Gründe sei nicht möglich, denn auch diese Gründe seien vor Ausspruch der Kündigung bekannt gewesen. Jedenfalls habe die Beklagte die Pflicht gehabt, den Sachverhalt unverzüglich zu ermitteln. Im Übrigen seien keine Pflichtverletzungen der Klägerin erkennbar, da sie nicht die Aufgabe habe, den Verwaltungsrat zu beraten oder eine Beschlussfassung zu initiieren. Im Hinblick auf den Dienstvertrag mit dem damaligen Chefredakteur hat die Klägerin bestritten, dass diesem ausweislich seines Lebenslaufes nicht der Ruhegeldanspruch wie im Vertrag vorgesehen zustünde. Den Inhalt des Anstellungsvertrages und die Kommunikation mit dem Verwaltungsrat habe die Streithelferin zu verantworten gehabt. Das nachvertragliche Ruhegeld sei auf deren Weisung aufgenommen worden. Die Streithelferin habe veranlasst, dass neben dem Aufhebungsvertrag auch ein Beratervertrag mit dem damaligen Chefredakteur vereinbart worden sei. Eine etwaig fehlende Regelung zur Nachweispflicht der Leistungserbringung im Beratervertrag sei von der Vertragsfreiheit gedeckt und könne nicht der Klägerin angelastet werden. Für den Beratervertrag sei im Übrigen keine Zustimmung des Verwaltungsrats notwendig. Jedenfalls wäre im Rahmen einer Interessenabwägung der Ausspruch einer Abmahnung ausreichend gewesen. Auch im Hinblick auf das Konzept F habe der Verwaltungsrat der Neufassung der Verträge zugestimmt. Mögliche Fehler könnten nicht der Klägerin angelastet werden. Hinsichtlich der Einführung des variablen Vergütungskonzepts F sei die Vergütung aufgrund der Erweiterung ihres Aufgabenbereiches erhöht worden. Eine Aushebelung des Vergütungssystems werde bestritten. Im Hinblick auf die Fehlinformation zum O habe die Projektsteuerung nicht in ihrem Aufgabenbereich gelegen. Für eine etwaige Fehlinformation des Verwaltungsrates sei sie nicht verantwortlich; sie sei auch nicht selbst über die Kosten informiert.
Im Hinblick auf die Kündigungserklärungsfrist hat die Klägerin die Auffassung vertreten, es komme nicht allein auf die Kenntnis der Interimsintendantin Frau Dr. Q an. Die Streithelferin sei bis 8. August 2022 Intendantin gewesen, danach vertretungsweise der damalige Verwaltungsdirektor, welcher am 22. August 2022 erkrankte. Auf die Presseberichterstattung zum Fall M am 19. August 2022 sei jedoch keine Untersuchung seitens der Beklagten eingeleitet worden, obwohl der damalige Verwaltungsdirektor sodann durch den damaligen Programmdirektor vertreten worden sei. Im Übrigen sei der Bericht der Klägerin vom 6. September 2022 am 7. September 2022 an eine Rechtsanwaltskanzlei übermittelt worden, die die Vorwürfe in strafrechtlicher Hinsicht prüfte. Schließlich habe die Klägerin ihren Vermerk am 22. September 2022 an Frau Dr. Q übermittelt, was jedenfalls die Frist in Gang gesetzt habe.
Auch die Anhörung des Personalrates sei unwirksam. Der Sachverhalt sei lückenhaft dargestellt, insbesondere die Tatsache, dass die Klägerin ihren Bestandsschutz zugunsten des nachvertraglichen Ruhegeldes aufgegeben habe. Schließlich sei die Zustimmung des Verwaltungsrates für die Kündigung Wirksamkeitsvoraussetzung.
Nach Klagerücknahme im Übrigen hat die Klägerin zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 02.12.2022, zugegangen am 03.12.2022 nicht am 03.12.2022 geendet hat;
2. die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Juristische Direktorin weiter zu beschäftigen;
3. für den Fall der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 02.12.2022 die Beklagte zu verurteilen,
a) an sie für den Monat Dezember 2022 einen Betrag in Höhe von … Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2022 abzüglich dem in der Zeit vom 03.12.2022 bis 31.12.2022 gezahlten Krankengeld in Höhe von … Euro netto,
b) an sie für den Monat Januar 2023 einen Betrag in Höhe von … Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2023 abzüglich dem für den Zeitraum vom 01.01.2023 bis zum 31.01.2023 gezahlten Krankengeld in Höhe von … Euro netto,
c) an sie für den Monat Februar 2023 einen Betrag in Höhe von … Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2023 abzüglich dem für den Zeitraum vom 01.02.2023 bis zum 28.02.2023 gezahlten Krankengeld in Höhe von … Euro netto,
d) an sie für den Monat März 2023 einen Betrag in Höhe von … Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2023 abzüglich dem für den Zeitraum vom 01.03.2023 bis zum 31.03.2023 gezahlten Krankengeld in Höhe von … Euro netto,
e) an sie für den Monat April 2023 einen Betrag in Höhe von … Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.04.2023 abzüglich dem für den Zeitraum vom 01.04.2023 bis zum 30.04.2023 gezahlten Krankengeld in Höhe von … Euro netto,
f) an sie für den Monat Mai 2023 einen Betrag in Höhe von … Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.05.2023 unter Berücksichtigung des gesetzlichen Forderungsübergangs der Bundesagentur für Arbeit für das gewährte Arbeitslosengeld in Höhe von … Euro netto,
g) an sie für den Monat Juni 2023 einen Betrag in Höhe von … Euro brutto nebst 5 % Zinsen seit dem 30.06.2023 über dem Basiszinssatz abzüglich dem in der Zeit vom 01.06.2023 bis 30.06.2023 von der Bundesagentur für Arbeit gezahlten Arbeitslosengeld in Höhe von … Euro netto,
h) an sie für den Monat Juli 2023 einen Betrag in Höhe von … Euro brutto nebst 5 % Zinsen seit dem 31.07.2023 über dem Basiszinssatz abzüglich dem in der Zeit vom 01.07.2023 bis 31.07.2023 von der Bundesagentur für Arbeit gezahlten Arbeitslosengeld in Höhe von … Euro netto,
i) an sie für den Monat August 2023 einen Betrag in Höhe von … Euro brutto nebst 5 % Zinsen seit dem 31.07.2023 über dem Basiszinssatz abzüglich dem in der Zeit vom 01.08.2023 bis 31.08.2023 von der Bundesagentur für Arbeit gezahlten Arbeitslosengeld in Höhe von… Euro netto und
j) an sie für das abgelaufene Kalenderjahr 2022 eine Urlaubsabgeltung in Höhe von … Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2022 zu zahlen sowie
k) im Rahmen der nachträglichen, monatlichen Gehaltsabrechnung den Beitrag zur freiwilligen Höherversorgung bei der R in Höhe von monatlich … Euro zugunsten der Klägerin abzuführen;
4. festzustellen, dass sie einen Anspruch auf lebenslanges nachvertragliches Ruhegeld aus § 7 DV 2020 hat;
5. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Hinterbliebenen der Klägerin gemäß den Regelungen in § 8 DV 2020 eine Hinterbliebenenversorgung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
Die Beklagte hat widerklagend beantragt,
1. die Klägerin zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von … Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils …Euro brutto jeweils ab dem Monatsersten der Monate Mai 2018 bis Januar 2021 sowie aus jeweils … Euro brutto ab dem 01.08.2021, 01.09.2021, 01.10.2021, 01.11.2021, 01.12.2021, 01.01.2022, 01.02.2022, 01.03.2022, 01.04.2022, 01.05.2022, 01.06.2022, 01.07.2022 und 01.08.2022 zu zahlen;
2. hilfsweise für den Fall, dass die Widerklage mit einem Teilbetrag von … Euro in Bezug auf die an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag abgewiesen werden sollte, die Klägerin zu verurteilen, ihren Steuererstattungsanspruch gegen das Finanzamt S in Höhe von … Euro für das Jahr 2021 und in Höhe von … Euro für das Jahr 2022 an die Beklagte abzutreten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat den DV 2020 aufgrund der darin enthaltenen Regelungen zum Ruhegeld für sittenwidrig gehalten. Die Höhe des zwischen der frühestmöglichen Beendigung des Vertrages und dem Renteneintritt zu zahlenden Ruhegeldes stehe im Vergleich zu einem 5-jährigen Beschäftigungsverhältnis als Juristischen Direktorin in einem besonders groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Eine besondere Verwerflichkeit ergebe sich aus dem Umstand, dass die Vereinbarung unter Umgehung des Verwaltungsrates als Kontrollgremium zustande gekommen sei. Gemäß § 18 Absatz 3 Nr. 5 Staatsvertrag bedürfe der Abschluss von Anstellungsverträgen von Direktorinnen der Zustimmung des Verwaltungsrates. Nach § 5 Absatz 3 Satz 1 GO-VR dürften Beschlüsse nur in Angelegenheiten gefasst werden, die auf der den Mitgliedern mit der Einladung zu übersendenden Tagesordnung stehen, was der ordnungsgemäßen Information rechtzeitig vor der Sitzung diene. Der Neuabschluss des Dienstvertrages mit der Klägerin sei nicht auf der Tagesordnung für die 118. Verwaltungsratssitzung vermerkt und auch nicht durch eine Beschlussvorlage angekündigt worden. Die Besprechung etwaiger Inhalte in Vorgesprächen sei unzureichend, da bei diesen nicht alle Mitglieder anwesend seien. Die Klägerin hätte die Intendantin darauf hinweisen müssen, dass sie den Dienstvertrag ohne eine Zustimmung des Verwaltungsrates durch wirksamen Beschluss nicht hätte abschließen dürfen, ohne sich hierdurch gegebenenfalls schadensersatzpflichtig zu machen. Der DV 2020 sei insgesamt nichtig, sodass sich die Beklagte vom faktischen Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung habe lossagen können.
Im Hinblick auf die ausgesprochene fristlose Kündigung ist die Beklagte aufgrund der Stellung der Klägerin als Justitiarin und juristischen Direktorin sowie als Mitglied der Geschäftsleitung und aufgrund der damit verbundenen Rechte und Pflichten von ihrer Vermögensbetreuungspflicht ausgegangen. Die Beklagte hat sich auf den dringenden Tatverdacht der Begehung bzw. auf die Begehung schwerwiegender Pflichtverletzungen in mehreren Fällen berufen, die zu Vermögensschäden bei der Beklagten geführt hätten, so zum Beispiel den von der Klägerin verantworteten Vorgang P sowie den Vorgang betreffend den Abschluss der Zielvereinbarung 2018/2019. Die Herrn M ermöglichte Option einer unwiderruflichen Freistellung unter Fortzahlung der Bezüge für 7 Jahre und 10 Monate habe sowohl dem Inhalt als auch dem Procedere, geregelt in der Verfahrensbeschreibung Vorruhestand, widersprochen. Der Inhalt der Vereinbarung habe den von ihr zu betreuenden Vermögensinteressen der Beklagten widersprochen, nur um Herrn M nicht in dem von ihr geführten Justitiariat beschäftigen zu müssen. Im Hinblick auf die Zielvereinbarung 2018/2019 bestehe der dringende Verdacht, die Klägerin habe sich jedenfalls einen nicht unbedeutenden Teil der variablen Vergütung unter Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht erschlichen. In der erst am 22. Oktober 2018 abgeschlossenen Zielvereinbarung sei ein Bereichsziel bezüglich der A GmbH vereinbart worden, obwohl die Klägerin bereits am 20. Juli 2018 dort zur Geschäftsführerin ab dem 1. November 2018 bestellt worden war, hierfür eine gesonderte Bruttovergütung erhielt und deshalb in dieser Funktion bereits die Ausrichtung und Organisation der Gesellschaft hätte überprüfen müssen, weshalb der Effekt der Incentivierung in der Zielvereinbarung verfehlt worden sei.
Darüber hinaus hat die Beklagte die Kündigung auf die im Prozessverlauf nachgeschobenen Vorwürfe gestützt. Die Klägerin habe durch eine Mitwirkung am Abschluss von Vereinbarungen über die Zahlung der L-Zulagen schwerwiegend pflichtwidrig gehandelt, da die Vereinbarungen ohne die erforderliche Zustimmung des Verwaltungsrats zustande gekommen seien und den Zahlungen von Seiten der Direktorinnen und Direktoren keine nennenswerten Gegenleistungen gegenübergestanden hätten bzw. diese bereits durch die erheblichen Vergütungen nach den Dienstverträgen abgegolten gewesen seien. Auch das Zustandekommen des DV 2018, der ihr einen Familienzuschlag zusage, stelle eine schwere Pflichtverletzung mit erheblichem Vermögensnachteil für die Beklagte dar. Die Klägerin habe die Beschlussvorlage … vom 13. April 2018 und den Vertragsentwurf mit Kommentierungen, gesendet an den Streitverkündeten am 19. Juni 2018, gezielt so gefasst, dass die Beteiligten nicht hätten erkennen können, dass der Klägerin im DV 2018 ein Familienzuschlag zugesagt werde. Die Klägerin habe gewusst, dass die Streithelferin und der Streitverkündete die einzigen waren, die am Zustandekommen ihres Vertrages beteiligt waren und die sie nicht hinreichend informiert habe. Die Klägerin sei umfassend am Thema Familienzuschlag auf Geschäftsleitungsebene und im Verwaltungsrat beteiligt gewesen. Anders als bei den übrigen Direktorinnen und Direktoren habe die Klägerin ausschließlich in ihrem eigenen Dienstvertrag einen Anspruch auf einen Familienzuschlag neu aufgenommen. Des Weiteren stützt sich die Beklagte zur Begründung der außerordentlichen Kündigung auf das Verhalten der Klägerin, durch das sie dazu beigetragen habe, dass der Verwaltungsrat in wenigstens sechs Fällen nicht ordnungsgemäß informiert worden sei und so seine Aufgabe als Kontrollorgan nicht habe erfüllen können. Die Beschlussvorlagen seien regelmäßig von der für einen Vorgang zuständigen Fachabteilung zu entwerfen und, soweit notwendig, mit der Intendanz abzustimmen. Vorgänge zu Dienstverträgen und Vertragsverhältnissen mit der Intendantin sowie Direktorinnen und Direktoren seien nicht von der Gremiengeschäftsstelle mit der Tagesordnung an sämtliche Verwaltungsratsmitglieder übersandt worden. Der ab 1. April 2018 geltende DV 2018 finde sich nicht auf der Tagesordnung der Verwaltungsratssitzung am 26. April 2018. Im Protokoll unter … „Bericht des Vorsitzenden“ sei lediglich die Zustimmung des Verwaltungsrates zum Vertrag des damaligen Produktions- und Betriebsdirektors und zu den Änderungen bei den übrigen Geschäftsleitungsmitgliedern festgehalten. Dem Verwaltungsrat seien weder die Beschlussvorlage noch der Vertragsentwurf vorgelegt worden. Gleiches gelte für die Befassung des Verwaltungsrates mit dem DV 2020. Ein ordnungsgemäßes Verfahren sei auch nicht in Bezug auf die Zulagenvereinbarungen für die Klägerin und die anderen Direktorinnen und Direktoren sowie die damalige Leiterin der Intendanz eingehalten worden.
Die Beklagte hat sich zur Begründung der Kündigung auf den weiteren Grund „Erstattung Beratervergütung für Herrn M an A GmbH“ gestützt. Die Klägerin habe ohne entsprechende vertragliche Grundlage die A GmbH angewiesen, jeweils … EUR brutto Vergütung an Herrn M für die Monate November 2018 bis März 2019 zu zahlen und diese Zahlung der Beklagten in Rechnung zu stellen, sowie ohne vertragliche Grundlage veranlasst, dass die von der A GmbH der Beklagten in Rechnung gestellten Beträge in Höhe von insgesamt … EUR, in drei Fällen zuzüglich Umsatzsteuer, an die A GmbH gezahlt werden.
Die Beklagte hat sich des Weiteren auf die Kündigungsgründe Abschluss Dienstvertrag und Aufhebungsvertrag mit dem damaligen Chefredakteur, „Konzept F“ und Fehlinformation des Verwaltungsrates zum O berufen. Im Hinblick auf den Dienstvertrag mit dem damaligen Chefredakteur habe die Klägerin daran mitgewirkt, dass der Verwaltungsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei; es liege jedenfalls keine Zustimmung des Verwaltungsrates zur vereinbarten Laufzeit des Vertrages vor. Auch dem von der Klägerin entworfenen und unterzeichneten Aufhebungsvertrag vom 25. August 2020 mit dem damaligen Chefredakteur habe der Verwaltungsrat nicht vor dessen Unterzeichnung zugestimmt. Zudem sei der Verwaltungsrat nicht über den mit dem Aufhebungsvertrag inhaltlich zusammenhängenden Beratervertrag zwischen der Beklagten und dem damaligen Chefredakteur informiert worden. Im Hinblick auf die Einführung des variablen Vergütungssystems F habe die Klägerin maßgeblich daran mitgewirkt, dass der Verwaltungsrat nicht vollständig über die Änderung des Vergütungssystems für die Intendantin und die Mitglieder der Geschäftsleitung, insbesondere über eine ganz erhebliche Erhöhung von Fest- und Gesamtvergütung, informiert worden sei. Im Hinblick auf das Projekt O habe es die Klägerin zugelassen, dass der Verwaltungsrat in der Sitzung am 9. März 2022 über den Finanzierungsbedarf für das Gesamtprojekt getäuscht worden sei. Trotz ihrer Sachkenntnis habe es die Klägerin auf eine Nachfrage eines Mitglieds des Verwaltungsrates unterlassen, zu einer fehlenden Aufschlüsselung und Zusammensetzung der angegebenen Gesamtkosten zu informieren.
Nach Auffassung der Beklagten habe die Interessenabwägung zulasten der Klägerin ausfallen müssen. Die beanstandungsfreie Vorbeschäftigungszeit, auch wenn sie 20 Jahre umfasse, habe die schweren Pflichtverletzungen nicht überwiegen können. Besonders schwer wiege, dass die Klägerin Lücken genutzt habe, um sich selbst Vermögensvorteile zu verschaffen. Als Justitiarin der Beklagten sei sie die höchste Regelhüterin und für die korrekte Einhaltung der Regelungen im Staatsvertrag und den Geschäftsordnungen zuständig. Auch das Alter der Klägerin führe zu keinem anderen Ergebnis. Gleiches gelte für die Unterhaltspflichten gegenüber zwei Kindern. Es sei davon auszugehen, dass für die Klägerin das Finden einer Anschlussbeschäftigung entsprechend der Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht erheblich erschwert sei. Demgegenüber sei das Vertrauen der Beklagten, insbesondere der Intendantin so erheblich gestört, dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar sei.
Betreffend die Widerklage hat die Beklagte die Auffassung vertreten, die Klägerin sei aufgrund der Pflichtverletzungen zur Rückzahlung der erhaltenen L-Zulage von Juli 2021 bis Juli 2022 sowie des Familienzuschlags von April 2018 bis Dezember 2020 verpflichtet.
Auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2023 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von … EUR nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Feststellungsanträge zu 4. und 5. seien im Hinblick auf Ansprüche auf das nachvertragliche Ruhegeld sowie die Hinterbliebenenversorgung mangels Bestimmtheit der Höhe nach unzulässig, jedenfalls aber wegen Nichtigkeit des Vertrages unbegründet. Den Kündigungsschutzantrag zu 1. hat das Arbeitsgericht mit der Begründung abgewiesen, zum Zeitpunkt der Kündigung habe kein wirksames Arbeitsverhältnis bestanden; jedenfalls wäre ein etwaiges Arbeitsverhältnis auch mit Zugang der fristlosen Kündigung aufgelöst worden. Der DV 2020 sei aufgrund der in den §§ 7 und 10 enthaltenen Versorgungsregelungen sittenwidrig und insgesamt nichtig. Diesbezüglich hat das Arbeitsgericht das Ruhegeld der Klägerin nach Ablauf der Vertragslaufzeit ab dem 1. Januar 2026 bis zum Regelrenteneintritt im August 2039 errechnet und zugleich die Möglichkeit, in erheblichem Umfang anrechnungsfreie Nebeneinkünfte zu erzielen, in die Betrachtung einbezogen. Diesen Ansprüchen habe keine hinreichende Gegenleistung der Klägerin gegenübergestanden. Die Klägerin habe sich nicht auf die Aufgabe eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses berufen können, denn sie sei bereits im Jahr 2004 von einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis gewechselt. Zudem könne nicht ohne Weiteres von der Wirksamkeit der vereinbarten Befristung ausgegangen werden. Auch sei das Arbeitsverhältnis nicht im Gegenzug für eine Erhöhung der versprochenen Vergütung zeitlich befristet worden. Vielmehr erfolge durch die Ruhegeldregelungen eine Alimentation ohne zeitliche Begrenzung, die einem Arbeitsverhältnis wesensfremd sei. Auch bei Anerkennung einer Zusage des Ruhegeldes als Ausgleich für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages läge ein grobes Missverhältnis vor, wobei das Arbeitsgericht die Angemessenheit einer Gegenleistung nach 287 ZPO unter Heranziehung von § 1a bzw. §§ 9, 10 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) schätzte. Infolge des groben Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung habe auf eine verwerfliche Gesinnung der Klägerin unmittelbar geschlossen werden können. Auch wenn man die Gegenleistung der Klägerin höher bewerten müsse, ergebe sich die Sittenwidrigkeit aus dem Umstand, dass die Ruhegeldregelungen in erheblichem Maße Allgemeininteressen und den zum Schutz von Beitragszahlern getroffenen Regelungen des Staatsvertrages zuwiderliefen. Die Ruhegeldregelungen missachteten die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit schwerwiegend. Den Allgemeininteressen würden auch die übrigen Regelungen des DV 2020 nicht hinreichend Rechnung tragen. Die Beklagte habe keine Möglichkeit, sich von der Verpflichtung zur Zahlung von Ruhegeld in zumutbarer Weise zu befreien, außer durch das Angebot auf Abschluss eines Folgevertrages, der nach den üblichen Bedingungen fortzuentwickeln wäre. Die Nichtigkeit der Regelungen habe auch die Gesamtnichtigkeit des Vertrages zur Folge. Jedenfalls beende die Kündigung das Arbeitsverhältnis fristlos. Die Klägerin habe mit dem Abschluss der dreiseitigen Vereinbarung mit Herrn M vom 13. Juli 2018 ihre vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme schuldhaft verletzt. Sie sei gegenüber der Streithelferin verpflichtet gewesen, Verstößen gegen Rechtsvorschriften entgegen- und auf die ordnungsgemäße Behandlung aller rechtlich bedeutsamen Angelegenheiten hinzuwirken. Dazu zähle unter anderem die Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach dem Staatsvertrag. Die dreiseitige Vereinbarung mit Herrn M beachte nicht die Inhalte der Verfahrensbeschreibung Vorruhestand. Die als Option vereinbarte unwiderrufliche Freistellung gegen Fortzahlung der Bezüge sei eine offensichtliche Verschwendung von Rundfunkbeiträgen, die die Klägerin nicht habe begünstigen dürfen. Einer Abmahnung habe es angesichts der Schwere der Pflichtverletzung nicht bedurft. Auch die Interessenabwägung falle zulasten der Klägerin aus. Die Kündigungserklärungsfrist sei eingehalten. Der seitens der Klägerin an Frau Dr. Q am 22. September 2022 übermittelte Vermerk vom 6. September 2022 habe noch keine Pflichtverletzung nahegelegt, insbesondere seien dort noch nicht die Vorgaben zum Abschluss von Vorruhestandsregelungen erwähnt. Die Frauenvertretung sei ordnungsgemäß angehört worden. Der Personalrat habe nicht beteiligt werden müssen; die erfolgte Beteiligung erfülle jedoch auch die notwendigen Anforderungen. Des Weiteren könne sich die Beklagte auf die Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der gewährten L-Zulage berufen. Zwar sei nach dem Staatsvertrag eine Zustimmung des Verwaltungsrates nicht notwendig. Die Zulage sei der Klägerin jedoch auf ihre Initiative hin gewährt worden. Zudem sei eine schwerwiegende Pflichtverletzung darin zu sehen, dass die Klägerin auf eine Zahlung der Zulage schon vor Januar 2022 hingewirkt habe. Erst mit Übernahme des Vorsitzes könne von einer Mehrbelastung ausgegangen werden, die nicht bereits mit der gezahlten Vergütung hinreichend abgegolten gewesen sei. Die formellen Voraussetzungen seien gewahrt; die Beklagte habe den Grund auch nachschieben können. Schließlich sei die zulässige Widerklage begründet, soweit die Beklagte von der Klägerin Schadensersatz in Form der Rückzahlung der L-Zulage für die Monate Juli bis November 2021 fordere. Bei angenommener Nichtigkeit des DV 2020 habe ein Schuldverhältnis in Gestalt eines faktischen Arbeitsverhältnisses bestanden. Durch die Gewährung der Zulage sei ein Schaden entstanden, denn die Klägerin habe die Zulage erhalten, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Im Übrigen sei die Widerklage unbegründet. Das betreffe die Rückzahlung der Zulage ab Übernahme des Vorsitzes, da seit Dezember 2021 erbrachte Leistungen feststellbar seien. Die Beklagte habe auch keinen Anspruch auf Rückzahlung des gewährten Familienzuschlags. Der Beklagten sei insoweit kein ersatzfähiger Schaden entstanden. Eine etwaige Pflichtverletzung der Klägerin sei nicht äquivalent kausal zur Regelung im DV 2018. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass sie ab April 2018 keinen Familienzuschlag mehr an ihre Beschäftigten gezahlt habe und sie die bei ihr „geltenden Bestimmungen“ im Sinne von § 5 Absatz 2 DV 2017 geändert habe, weshalb auch ohne Abschluss des DV 2018 die Zahlung auf der Grundlage des DV 2017 erfolgt wäre.
Gegen dieses der Klägerin am 6. Oktober 2023 zugestellte Urteil wendet sie sich mit ihrer am 2. November 2023 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufungsschrift, welche sie mit am 5. Dezember 2023 eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Die Beklagte wendet sich gegen das ihr am 16. Oktober 2023 zugestellte Urteil mit ihrer am 16. November 2023 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufungsschrift, welche sie mit am 18. Januar 2024 eingegangenem Schriftsatz - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18. Januar 2024 - begründet hat.
Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages wie folgt aus: Die Verträge der Klägerin gingen auf einen Mustervertrag zurück, den der Verwaltungsrat in 2003 für alle Direktorinnen und Direktoren beschlossen habe. Darin sei ein Anspruch auf nachvertragliches Ruhegeld geregelt. Ein solches sei bei 75% der Sender der L für Direktorinnen und Direktoren und Mitglieder der Geschäftsleitung üblich. Die Beklagte habe sich in diesem Gefüge bewegt. Es handele sich um keine Abfindung und keine Alimentation, sondern um einen Ausgleich für die Befristung des Vertrages außerhalb des Befristungsrechts und damit um Flexibilität ohne Kündigungsschutz. Der erste befristete Vertrag der Klägerin sei der DV 2018 gewesen. Die Empfehlung des damaligen Justitiars an die Streithelferin beziehe sich auf das Ruhegeld für die Tätigkeit der Klägerin als Justitiarin ohne Direktorenstatus im Vorfeld des Abschlusses des DV 2017. Aus diesem Grund bestehe auch kein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Für die Beklagte bestehe die Möglichkeit, einen Folgevertrag anzubieten, was das Arbeitsgericht unbeachtet gelassen habe. Das finanzielle Risiko sinke durch die Anrechnungsregelung zum anderweitigen Verdienst. Die Alternative wäre eine unbefristete Weiterbeschäftigungszusage mit einem Vergütungsanspruch auf hohem Niveau bis zum Eintritt in das Rentenalter gewesen, was teurer sei als das Übergangsgeld. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages sei finanziell nicht kalkulierbar. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß Staatsvertrag bedeute nicht, dass die Klägerin den Vertrag aus wirtschaftlichen Gründen habe ablehnen müssen. Die Vereinbarung einer Befristung stamme nicht von ihr. Die Systemkritik sei an die Beklagte zu richten. Zudem sei die Beklagte selbst von einer erneuten Befristung ausgegangen; ausweislich der Regelungen zum Ruhegeld hätte der Anspruch in 2025 54% erreicht und erst in 2031 60%. Jedenfalls führe eine Sittenwidrigkeit der Ruhegeldregelungen nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde dann der Vertrag aus 2017 wiederaufleben. Hinsichtlich der ausgesprochenen fristlosen Kündigung ist die Klägerin der Auffassung, die Beklagte könne sich auf keine Pflichtverletzung berufen. In der P habe die Klägerin allein die Weisung der Streithelferin befolgt. Diese Weisung wiege höher als die Regelung im Staatsvertrag. Die Klägerin ist der Auffassung, mit Herrn M sei nur eine einvernehmliche Gesamtlösung möglich gewesen. Die Verfahrensbeschreibung Vorruhestand sei lediglich eine Handlungsempfehlung. Die Behauptung, die Streithelferin habe keine Kenntnis von deren Inhalt gehabt, sei falsch. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung scheitere auch an der Verhältnismäßigkeit. Die Klägerin habe keine herausgehobene Stellung inne gehabt und hätte daher vorrangig abgemahnt werden müssen. Sie habe zuvor 21 Jahre beanstandungsfrei gearbeitet. Jedenfalls sei die Kündigungserklärungsfrist nicht eingehalten. Die Intendantin Frau Dr. Q habe seit 22. September 2022 umfassende Kenntnis von den herangezogenen Kündigungsgründen gehabt. Jedenfalls habe die Frist nach Abgabe der Stellungnahme der Klägerin am 3. November 2022 begonnen. Auch im Übrigen sei die Kündigung nicht ordnungsgemäß. Der Verwaltungsrat habe unter falschen Prämissen seine Zustimmung erklärt. Die Klägerin sei verspätet durch den Rundfunkrat abberufen worden. Auch die Anhörungen der Frauenvertreterin und des Personalrates seien fehlerhaft erfolgt.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei kein Organ der Beklagten und habe insoweit auch nicht gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen.
Ihr sei auch keine Pflichtverletzung durch Annahme der L-Zulage vorwerfbar. Die Zulage sei von der Streithelferin mit Zustimmung des Streitverkündeten gewährt worden. Der zeitliche Aufwand des L-Vorsitzes sei nicht vom Direktorenvertrag gedeckt gewesen. Der Verwaltungsrat sei insoweit nicht zu beteiligen gewesen; jedenfalls sei die Zustimmung durch Abzeichnen des Verwaltungsratsvorsitzenden gegeben. Da sie auf Weisung der Streithelferin gehandelt habe, habe keine Pflicht bestanden, die Ordnungsgemäßheit der Gremienbeteiligung zu hinterfragen. Die Beklagte habe diesen Kündigungsgrund auch nicht nachschieben können, da durch die Presseberichterstattung der Vorwurf hinreichend bekannt gewesen sei.
Soweit das Arbeitsgericht der Widerklage stattgegeben hat, ist die Klägerin der Auffassung, ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe mangels Pflichtverletzung nicht. Während des L-Vorsitzes seien zusätzliche Aufgaben angefallen. Der Vorsitz sei keine Leistung und Tätigkeit im Rahmen der vereinbarten Aufgaben für die Beklagte. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Aufgabenstellung als Mitglied der Kommission mit der Tätigkeit als Vorsitzende der juristischen Kommission nicht gleichzusetzen. Im Übrigen sei die Zulage von der Zielvereinbarung zu trennen.
Die Klägerin beantragt zuletzt, das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. September 2023 wie folgt teilweise abzuändern:
1. Es wird festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. Dezember 2022 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht am 3. Dezember 2022 beendet hat.
2. Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1.:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Juristische Direktorin / Justitiarin weiter zu beschäftigen.
3. Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1.:
3.1. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Dezember 2022 einen weiteren Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich dem in der Zeit vom 3. Dezember 2022 bis 31. Dezember 2022 gezahlten Krankengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 31. Dezember 2022 zu zahlen.
3.2. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Januar 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Krankengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 31. Januar 2023 zu zahlen.
3.3. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Februar 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Krankengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 28. Februar 2023 zu zahlen.
3.4. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat März 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Krankengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 31. März 2023 zu zahlen.
3.5. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat April 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Krankengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 30. April 2023 zu zahlen.
3.6. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Mai 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 31. Mai 2023 zu zahlen.
3.7. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Juni 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 30. Juni 2023 zu zahlen.
3.8. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Juli 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von… EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 31. Juli 2023 zu zahlen.
3.9. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat August 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 31. August 2023 zu zahlen.
3.10. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat September 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von …EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 30. September 2023 zu zahlen.
3.11. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Oktober 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 31. Oktober 2023 zu zahlen.
3.12. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat November 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von …EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 30. November 2023 zu zahlen.
3.13. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Dezember 2023 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von …EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 31. Dezember 2023 zu zahlen.
3.14. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Januar 2024 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 31. Januar 2024 zu zahlen.
3.15. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Februar 2024 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 29. Februar 2024 zu zahlen.
3.16. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat März 2024 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich erhaltener anderweitiger Vergütung in Höhe von … € brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von … EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 31. März 2024 zu zahlen.
3.17. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat April 2024 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich erhaltener anderweitiger Vergütung in Höhe von …EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 30. April 2024 zu zahlen.
3.18. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Mai 2024 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich erhaltener anderweitiger Vergütung in Höhe von … EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 31. Mai 2024 zu zahlen.
3.19. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Juni 2024 einen Betrag in Höhe von … EUR brutto abzüglich erhaltener anderweitiger Vergütung in Höhe von …EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag seit dem 30. Juni 2024 zu zahlen.
4. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Urlaubsabgeltung für das Jahr 2022 in Höhe von … EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2022 zu zahlen.
5. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.:
Es wird festgestellt, dass die Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 7 des Dienstvertrages vom 17. Dezember 2020 einen Ruhegeldanspruch in Höhe von 50% der Basisvergütung in Höhe von … EUR unter Berücksichtigung der Anrechnungsfreigrenze von 90% bei anderweitigem Verdienst mit Eintritt in das gesetzliche Rentenalter hat.
6. Es wird festgestellt, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf nachvertragliches Ruhegeld gemäß § 7 Abs. 3 des Dienstvertrages vom 17. Dezember 2020 unter Berücksichtigung der dort genannten Freigrenze bis zum Eintritt in das gesetzliche Rentenalter hat.
7. Die Widerklage wird abgewiesen, soweit die Klägerin zur Zahlung von … EUR nebst Zinsen seit dem 01. Mai 2023 verurteilt worden ist.
Die Beklagte beantragt zuletzt,
1. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
2. das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. September 2023 – 22 Ca 13070/22 und 22 Ca 6024/23 – teilweise abzuändern und die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, an die Beklagte und Widerklägerin einen weiteren Betrag in Höhe von … EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils … EUR brutto jeweils ab dem Monatsersten der Monate Mai 2018 bis Januar 2021 sowie aus jeweils … EUR brutto ab dem 01. August 2021 bis zum 24. Mai 2023, 01. September 2021 bis zum 24. Mai 2023, 01. Oktober 2021 bis zum 24. Mai 2023, 01. November 2021 bis zum 24. Mai 2023, 01. Dezember 2021 bis zum 24. Mai 2023, sowie aus jeweils … EUR brutto ab dem 01. Januar 2022, 01. Februar 2022, 01. März 2022, 01. April 2022, 01. Mai 2022, 01. Juni 2022, 01. Juli 2022 und 01. August 2022 zu zahlen;
hilfsweise für den Fall, dass die Widerklage mit einem Teilbetrag von … EUR in Bezug auf die an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag abgewiesen werden sollte, die Klägerin zu verurteilen, den Steuererstattungsanspruch der Klägerin gegen das Finanzamt S in Höhe von …EUR für das Jahr 2021 und in Höhe von … EUR für das Jahr 2022 an die Beklagte abzutreten.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages wie folgt aus:
Die Vereinbarung zur L-Zulage sei mangels Befassung des Verwaltungsrates mit dieser unwirksam, worauf die Klägerin die Streithelferin hätte hinweisen müssen. Des Weiteren sei die Tätigkeit der Klägerin bereits durch die Festvergütung abgedeckt. Die Zulagenvereinbarung sei darauf angelegt, der Klägerin eine Vergütungserhöhung für ihre Tätigkeit als juristische Direktorin am Verwaltungsrat vorbei zu beschaffen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts seien auch ab Übernahme des Vorsitzes im Januar 2022 keine Tätigkeiten ersichtlich, die die Klägerin nicht bereits nach dem DV 2020 geschuldet habe. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes habe die Beklagte auch einen Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Familienzuschlages, den die Klägerin lediglich durch Täuschung in ihrem Vertrag habe verankern können. Ab 2018 seien für andere außertariflich Beschäftigte die Familienzuschläge gestrichen worden, während er im Vertrag der Klägerin ausdrücklich aufgenommen worden sei. Auch hier fehle es an einer Information und wirksamen Beschlussfassung des Verwaltungsrates.
Zur Berufung der Klägerin führt die Beklagte wie folgt aus: Der DV 2020 sei nichtig. Auf Musterverträge komme es nicht an, entscheidungserheblich seien die Umstände des Einzelfalles. Der Verwaltungsrat sei nicht derart vollständig informiert gewesen, dass ein ordnungsgemäßer Beschluss möglich gewesen sei. Er habe keine Kenntnis von den konkreten Ruhegeldansprüchen gehabt. Es bestehe ein grobes Missverhältnis. Der Anspruch auf Übergangsgeld bestehe ab dem ersten Tag des Anstellungsverhältnisses ohne Wartefrist. Zusätzlich sei der auf fünf Jahre befristete Vertrag ordentlich unkündbar. Die Klägerin sei damit deutlich übersichert. Die Zusage eines lebenslangen Ruhegeldes ohne Wartezeit sei sittenwidrig. Die Höhe dieses Ruhegeldes widerspreche dem Rechtsempfinden Dritter, weshalb der Vertrag insgesamt nichtig sei. Eine Teilnichtigkeit komme nur in Betracht, wenn Arbeitnehmerschutzvorschriften betroffen seien, was beim Übergangsgeld nicht der Fall sei. Nach dem Vortrag der Klägerin wäre der DV 2020 ohne Regelung zum Übergangsgeld nicht abgeschlossen worden, woraus eine Unteilbarkeit folge. Jedenfalls lebe der DV 2018 nicht wieder auf. Im Hinblick auf die fristlose Kündigung habe das Arbeitsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin berechtigte Einwände an die Streithelferin hätte herantragen können und müssen. Die Einlassungen der Klägerin belegten die Unzumutbarkeit ihrer Weiterbeschäftigung. Im Hinblick auf den L-Vorsitz behauptet die Beklagte, die Aufgaben der Beklagten als Mitglied der L seien ihre ureigenen Aufgaben. Deshalb seien die Tätigkeiten mit dem Direktorenvertrag abgegolten.
Hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Urlaubsabgeltungsansprüche ist die Beklagte der Auffassung, dass - sollte § 7 Absatz 4 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) auch im faktischen Arbeitsverhältnis Anwendung finden - nur ein Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs bestehe, den die Klägerin bereits erhalten habe. Den Anträgen auf Feststellung fehle das Feststellungsinteresse. Aufgrund der Anrechnungsmöglichkeiten könne Streit über die Höhe des tatsächlich später auszuzahlenden Ruhegeldes nicht ausgeschlossen werden. Jedenfalls sei der Anspruch unbegründet, denn der Antrag sei unbegrenzt formuliert, jedoch tatsächlich auf den Zeitpunkt bis zum Tode der Klägerin begrenzt. Die Ansprüche blieben der Klägerin nicht erhalten, selbst wenn das Gesetz über die betriebliche Altersversorgung (BetrAVG) auch im faktischen Arbeitsverhältnis angewandt würde. Ein Ruhegeld sei keine angemessene Gegenleistung für die Befristung. Betriebliche Altersversorgung honoriere üblicherweise die Betriebstreue. Jedenfalls bestehe keine unverfallbare Anwartschaft nach § 1b BetrAVG.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen der Klägerin vom 5. Dezember 2023 (Blatt 4371 ff der Akte), vom 20. März 2024 (Blatt 4631 ff der Akte), vom 19. Juni 2024 (Blatt 4651 ff der Akte), der Beklagten vom 18. Januar 2024 (Blatt 4594 ff der Akte), vom 5. Dezember 1014 (Blatt 4371 ff der Akte) 12. Februar 2024 (Blatt 4594 ff der Akte), vom 24. Juni 2024 (Blatt 4677 ff der Akte) und vom 1. Juli 2024 (Blatt 4693 ff der Akte) verwiesen.
A.
Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten sind zulässig und jeweils teilweise begründet.
Der Rechtsstreit war entscheidungsreif. Der Klägerin war nicht, wie vorsorglich beantragt, Schriftsatznachlass zu gewähren. Im Schriftsatz der Beklagten vom 1. Juli 2024 war kein neues Tatsachenvorbringen enthalten, auf das die Kammer ihre Entscheidung stützt.
I.
Die Berufungen sind zulässig.
1.
Die Klägerin hat die gemäß §§ 8 Absatz 2, 64 Absatz 2 Buchstabe b und c ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) statthafte Berufung frist- und formgerecht gemäß §§ 66 Absatz 1 Satz 1 und 2, 64 Absatz 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 Absatz 1 und 3 ZPO (Zivilprozessordnung) eingelegt und begründet.
2.
Die Berufung der Klägerin ist auch zulässig, soweit sie diese im Termin um einen Antrag auf Feststellung eines Anspruchs auf nachvertragliches Ruhegeld gemäß § 7 Absatz 3 DV 2020 erweitert hat.
a.
Wird ein Rechtsmittel unbeschränkt eingelegt, erstreckt sich die dadurch eintretende Hemmung der Rechtskraft, § 705 Satz 2 ZPO, grundsätzlich auch dann auf das gesamte Urteil, wenn die Rechtsmittelbegründung einen beschränkten Antrag enthält, der hinter der Beschwer der Rechtsmittelklägerin durch das angegriffene Urteil zurückbleibt. Die Hemmung erfasst selbst in dem Fall, dass das angegriffene Urteil mehrere prozessuale Ansprüche zum Gegenstand hatte, insbesondere auch diejenigen Teile, die ausweislich der Rechtsmittelanträge nicht angefochten worden sind oder von der insoweit obsiegenden Partei mangels Beschwer von vornherein nicht angefochten werden konnten. Dies beruht auf der Erwägung, dass der ursprüngliche Umfang des Rechtsmittelangriffs sich im Laufe des Rechtsmittelverfahrens dadurch erweitern kann, dass entweder die Rechtsmittelklägerin das anfangs auf einen Teil des Urteils beschränkte Rechtsmittel auf den bisher nicht angefochtenen Teil ausdehnt oder die Gegnerin sich dem Rechtsmittel anschließt und hierdurch Teile des vorinstanzlichen Urteils in das Rechtsmittelverfahren einbezogen werden, die die Rechtsmittelklägerin nicht angefochten hat und mangels Beschwer auch nicht anfechten konnte. Der nicht angefochtene Teil des Urteils wird daher außer im Fall eines entsprechenden Rechtsmittelverzichts erst dann rechtskräftig, wenn er weder durch Erweiterung der Rechtsmittelanträge noch durch ein Anschlussrechtsmittel in das Rechtsmittelverfahren einbezogen werden kann und damit insoweit jede Möglichkeit einer Änderung im Rechtsmittelzug ausgeschlossen ist (vergleiche BAG, 15. Juli 2021 – 6 AZR 207/20, NZA 2021, 1720 Rn. 22 mit Verweis auf BAG, 18. Februar 2016 – 8 AZR 426/14, BeckRS 2016, 70198 Rn. 22 folgend mit weiteren Nachweisen; BGH, 8. Juni 1994 – VIII ZR 178/93, NJW 1994, 2896 [zu 3] mit weiteren Nachweisen; MüKoZPO/Götz, 6. Auflage, § 705 Rn. 11 folgend). Eine Erweiterung der Rechtsmittelanträge ist unproblematisch vor Ablauf der Begründungsfrist möglich; danach bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auch nach einer Zurückverweisung durch das Rechtsmittelgericht, sofern die erweiterten Anträge durch die fristgerecht vorgebrachten Anfechtungsgründe (§ 520 Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO) gedeckt sind (vergleiche BAG, 15. Juli 2021 – 6 AZR 207/20, NZA 2021, 1720 Rn. 22 mit Verweis auf BAG, 18. Februar 2016 – 8 AZR 426/14, BeckRS 2016, 70198 Rn. 22; BGH, 28. September 2000 – IX ZR 6/99, NJW 2001, 146 [zu I] mit weiteren Nachweisen; MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Auflage, § 520 Rn. 36 mit weiteren Nachweisen).
b.
Entsprechend den vorgenannten Grundsätzen konnte die Klägerin in der Berufungsverhandlung zulässig den weiteren Antrag auf Feststellung eines Anspruchs auf Zahlung eines nachvertraglichen Ruhegeldes stellen.
aa.
Ein Rechtsmittelverzicht im vorgenannten Sinn im Hinblick auf Streitgegenstände, die von den im Schriftsatz vom 5. Dezember 2023 angekündigten Anträgen nicht umfasst sind, ist in den Schriftsätzen der Klägerin vom 5. Dezember 2023 sowie vom 20. März 2024 nicht ersichtlich.
Die Klägerin leitet die angekündigte Antragstellung im Schriftsatz vom 5. Dezember 2023 mit der Formulierung ein, dass die erstinstanzlichen Anträge der Klägerin weiterverfolgt werden. Zwar kündigt die Klägerin an, dass diese Anträge erweitert und modifiziert angekündigt werden; eine ausschließliche Beschränkung der Berufung auf sodann von den Anträgen umfasste Streitgegenstände ist jedoch nicht erkennbar.
bb.
Die Erweiterung der Antragstellung um die begehrte Feststellung war auch nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist möglich.
Die Erweiterung der Feststellung auf den Streitgegenstand des nachvertraglichen Ruhegeldes ist von den fristgerecht vorgebrachten Anfechtungsgründen gegen die Abweisung der Feststellung des Anspruchs auf Altersruhegeld umfasst. Das Arbeitsgericht hat die in erster Instanz im Antrag zu 4. begehrte Feststellung eines Anspruchs auf Zahlung eines Ruhegeldes nach § 7 DV 2020, was sowohl das nachvertragliche als auch das Altersruhegeld umfasste, als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hat es auf die nicht hinreichende Bestimmtheit der Antragstellung sowie damit verbunden auf das fehlende Feststellungsinteresse nach § 256 Absatz 1 ZPO bezogen auf den Feststellungsantrag insgesamt verwiesen. Dem ist die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung entgegengetreten, indem sie ausgeführt hat, die Höhe der Ansprüche sei keineswegs streitig, sondern ergebe sich aus den Regelungen des § 7 Absatz 2 DV 2020. Gleichzeitig bestehe ein Feststellungsinteresse zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei § 7 DV 2020 nicht nichtig; die Klägerin könne nicht auf einen späteren Prozess verwiesen werden.
Die Klägerin hat ihre Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils somit mit Rügen der Verletzung des Prozessrechts begründet, § 520 Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Diese Begründung zur unstreitigen Höhe, die sich auch für das nachvertragliche Ruhegeld aus § 7 DV 2020 ergibt, und zur nicht anzunehmenden Nichtigkeit betrifft sowohl das nachvertragliche als auch das Altersruhegeld. Die Begründung umfasst damit gleichermaßen die als unzulässig abgewiesene Feststellung eines Anspruchs auf nachvertragliches Ruhegeld, weshalb die Klägerin die Antragstellung noch im Termin wie erfolgt erweitern konnte.
Da die Abweisung des Antrags auf Feststellung eines nachvertraglichen Ruhegeldes wegen Unzulässigkeit – wie aufgezeigt – noch nicht in Rechtskraft erwachsen war, stellte sich nicht die Frage, ob und inwieweit die Klägerin das Rechtsschutzbegehren zulässigerweise wiederholen konnte und ob die gewählte Neuformulierung dementsprechend ausreichend war (vergleiche zur Rechtskraftwirkung eines negativen Prozessurteils MüKoZPO/Gottwald, 6. Auflage 2020, § 322 Rn. 172).
3.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die gemäß §§ 8 Absatz 2, 64 Absatz 2 Buchstabe b ArbGG statthafte Berufung ist frist- und formgerecht gemäß §§ 66 Absatz 1 Satz 1, 2 und 5, 64 Absatz 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 Absatz 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufungen der Parteien sind jeweils teilweise begründet. Auf die Berufung der Klägerin war das Urteil im Hinblick auf den Antrag auf Urlaubsabgeltung (Antrag zu 4.) sowie den Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf Ruhegeld ab Eintritt in das Regelrentenalter (Antrag zu 5.) abzuändern und der Klage insoweit stattzugeben. Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil im Hinblick auf die Widerklage teilweise abzuändern und die Klägerin zur Zahlung eines weitergehenden Betrages zu verurteilen. Im Übrigen erwiesen sich beide Berufungen als unbegründet.
1.
Die Berufung der Klägerin ist im Hinblick auf ihren Antrag zu 1. unbegründet. Der unter Hinweis auf §§ 13 Satz 2, 4 Satz 1, 7 KSchG nach § 256 Absatz 1 ZPO zulässige Kündigungsschutzantrag ist unbegründet. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 2. Dezember 2022 hat zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden. Dieses Arbeitsverhältnis ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. Dezember 2022, zugegangen am 3. Dezember 2022, mit Ablauf des 3. Dezember 2022 rechtswirksam beendet worden.
a.
Zwischen den Parteien hat zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden.
aa.
Von einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist regelmäßig auch das Begehren umfasst festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt noch bestanden hat (vergleiche nur BAG, 18. Dezember 2014 – 2 AZR 163/14, NZA 2015, 635 Rn. 22 mit weiteren Nachweisen). Zwar ist Gegenstand und Ziel einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die bestimmte, mit der Klage angegriffenen Kündigung zu dem von der Arbeitgeberin vorgesehenen Termin nicht aufgelöst worden ist. Falls der Klage stattgegeben wird, steht aber zugleich fest, dass das Arbeitsverhältnis vor oder bis zu diesem Termin auch nicht auf Grund irgendeines anderen Umstands sein Ende gefunden hat. Die einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG stattgebende Entscheidung enthält zugleich die Feststellung, dass zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien noch bestanden hat (sogenannter erweiterter punktueller Streitgegenstandsbegriff, vergleiche BAG, 18. Dezember 2014 – 2 AZR 163/14, NZA 2015, 635 Rn. 22; BAG, 5. Oktober 1995 – 2 AZR 909/94, NZA 1996, 651). Wegen ihres „erweiterten“ Gegenstands kann einer Kündigungsschutzklage daher nur stattgegeben werden, wenn zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt zwischen den Parteien noch ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (BAG, 29. Januar 2015 – 2 AZR 698/12, NJW 2015, 2064 Rn. 8 mit weiteren Nachweisen; BAG, 24. Oktober 2013 – 2 AZR 1078/12, juris Rn. 20).
bb.
Die Beklagte kann sich nicht unter Hinweis auf § 242 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gegenüber der Klägerin darauf berufen, der DV 2020 sei nicht wirksam zustande gekommen und die Klägerin könne deshalb keine Rechte aus dem Vertrag herleiten.
(1)
Gemäß § 21 Absatz 2 Staatsvertrag vertritt die Intendantin die Beklagte gerichtlich und außergerichtlich. Die Vertretungsmacht besteht danach im Außenverhältnis allumfassend und unbeschränkt. Mangels Einschränkungen der Vertretungsbefugnis begründet diese im Zweifel nicht nur ein formelles Vertretungsrecht, sondern eine unbeschränkte organschaftliche Vertretungsmacht (vergleiche zur Würdigung der Vertretungsmacht eines Bürgermeisters nach bayerischem Kommunalrecht BGH, 18. November 2016 – V ZR 266/14, NJW 2017, 2412 Rn. 12). Infolgedessen wird die Beklagte auch durch solche Rechtshandlungen der Intendantin berechtigt und verpflichtet, die diese ohne eine erforderliche ordnungsgemäße Zustimmung, etwa des Verwaltungsrates, vorgenommen hat.
Schranken ergeben sich aber – auch mit Wirkung gegenüber Dritten, § 242 BGB – aus den Grundsätzen des Missbrauchs der Vertretungsmacht (BGH, 9. Januar 2024 - II ZR 220/22, NZG 2024, 452 Rn. 34 mit weiteren Nachweisen; siehe dazu die Besprechung von Horn, DB 2024, 1597 ff, 1601). Handelt der Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht, führt dies grundsätzlich zu einer rechtsgeschäftlichen Bindung des Vertretenen. Das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Vertretungsmacht hat grundsätzlich der Vertretene zu tragen. Die Missachtung von Regeln und Weisungen, die sich aus dem Innenverhältnis des Vertreters zum Vertretenen ergeben, wirkt sich erst dann im Außenverhältnis aus, wenn die Grenzen des rechtlich Tragbaren überschritten werden (BGH, 9. Januar 2024 - II ZR 220/22, NZG 2024, 452 Rn. 35; BGH, 29. Oktober 2020 - IX ZR 212/19, NZG 2021, 239 Rn. 9). Das Vertrauen des Geschäftsgegners in den Bestand des Geschäfts ist nicht schutzwürdig, wenn er weiß oder wenn es sich ihm geradezu aufdrängen muss, dass der Vertreter seine Vertretungsmacht missbraucht. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Vertreter und Geschäftsgegner bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirken oder wenn der Missbrauch der Vertretungsmacht dem Geschäftsgegner bekannt ist oder wegen Evidenz des Missbrauchs hätte bekannt sein müssen (BGH, 9. Januar 2024 - II ZR 220/22, NZG 2024, 452 Rn. 35; BGH, 10. April 2006 - II ZR 337/05, NZG 2006, 626 Rn. 2). Der Vertretene ist gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs. Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Geschäftsgegners bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt (BGH, 9. Januar 2024 - II ZR 220/22, NZG 2024, 452 Rn. 35; BGH, 11. Mai 2017 - IX ZR 238/15, NJW 2017, 3373 Rn. 20). In einem solchen Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht kann der Geschäftsgegner aus dem formal durch die Vertretungsmacht gedeckten Geschäft keine vertraglichen Rechte herleiten (BGH, 9. Januar 2024 - II ZR 220/22, NZG 2024, 452 Rn. 35; BGH, 8. Januar 2019 - II ZR 364/18, BGHZ 220, 354 Rn. 40).
(2)
Entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann vorliegend dahinstehen, ob im Innenverhältnis zwischen der Streithelferin und der Beklagten der DV 2020 als wirksam zustande gekommen gilt. Ein etwaiger Fehler im Innenverhältnis schlägt jedenfalls vorliegend nicht auf das Außenverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter durch.
(a)
Gemäß § 18 Absatz 3 Nr. 5 Staatsvertrag bedürfen Abschluss und Kündigung von Anstellungsverträgen mit Direktorinnen oder Direktoren und anderen Angestellten, deren Bezüge über der höchsten Tarifgruppe liegen, der Zustimmung des Verwaltungsrates.
Gemäß § 20 Absatz 2 Satzung hat die Intendantin die erforderlichen Beschlüsse der Organe und damit auch des Verwaltungsrates durch rechtzeitige Vorlagen vorzubereiten. Gemäß § 34 Geschäftsordnung A liegt die Korrespondenz mit dem Verwaltungsrat grundsätzlich in der alleinigen Zuständigkeit der Intendantin.
Der Verwaltungsrat tagt in nicht öffentlicher, vertraulicher Sitzung. Der Vorsitzende führt die Geschäfte des Verwaltungsrates und leitet die Sitzungen, § 2 Absatz 1 GO-VR. Er lädt die Mitglieder mit einer Frist von einer Woche, mindestens jedoch von drei Tagen schriftlich ein und übersendet die Tagesordnung sowie die Vorlagen, §§ 15, 16 Satzung sowie §§ 2, 4, 5 GO-VR. Beschlüsse dürfen in Angelegenheiten gefasst werden, die auf der Tagesordnung stehen oder sofern eine Mehrheit von 2/3 der anwesenden Mitglieder sie als dringlich bezeichnet, § 5 Absatz 3 GO-VR.
(b)
Im Hinblick auf den DV 2020, der auf Seiten der Beklagten durch die Streithelferin in Anwendung von § 21 Absatz 2 Staatsvertrag unterzeichnet wurde, kann offenbleiben, ob zu diesem entsprechend den vorgenannten Regelungen eine ordnungsgemäße Zustimmung des Verwaltungsrates vorliegt. Es ist jedenfalls im Hinblick auf die erfolgte Beteiligung des Verwaltungsrats kein Sachverhalt auf Seiten der Klägerin gegeben, der ihre Schutzwürdigkeit im Außenverhältnis im Hinblick auf die Wirksamkeit ihres Dienstvertrages entfallen lassen würde.
(aa)
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass hinsichtlich der Zustimmungserteilung zu Direktorenverträgen in der Regel bislang folgendes Procedere im Verwaltungsrat gelebt wurde: Die Intendantin bereitete einen Vorschlag für die jeweilige Tagesordnung vor und erstellte zu allen Themen Beschlussvorlagen. Im Verwaltungsrat besteht eine sogenannte Ressortzuständigkeit. Der Verwaltungsratsvorsitzende ist zuständig für Verträge nach § 18 Absatz 3 Nr. 5 Staatsvertrag. Die Vorlagen wurden von der Gremiengeschäftsstelle mit der Tagesordnung an alle Mitglieder des Verwaltungsrates gesandt mit Ausnahme der als streng vertraulich angesehenen Themen. Streng vertraulich angesehene Themen wie Beschlussvorlagen oder Vertragsentwürfe zu den Vertragsverhältnissen nach § 18 Absatz 3 Nr. 5 Staatsvertrag, vorabgestimmt zwischen der Klägerin als Zuständige in Rechtsangelegenheiten, § 17 Geschäftsordnung A, und der Intendantin, lagen regelmäßig ausschließlich dem Verwaltungsratsvorsitzenden vor. Vor den Sitzungen fand eine Vorbesprechung mit nahezu allen Mitgliedern des Verwaltungsrates statt (beispielweise ohne das teilnahmeberechtigte Personalratsmitglied). Der Verwaltungsratsvorsitzende referierte zu den Vorgängen nach § 18 Absatz 3 Nr. 5 Staatsvertrag in den Verwaltungsratssitzungen jeweils unter dem … „Bericht des Vorsitzenden“, woraufhin die anwesenden Verwaltungsratsmitglieder einen Beschluss fassten.
Zum DV 2020 der Klägerin findet sich in der Einladung des Streitverkündeten an die Mitglieder des Verwaltungsrates auf der Tagesordnung (Anlage B46) kein gesonderter Tagesordnungspunkt, wohl aber ein TOP … „Bericht des Vorsitzenden“. Ausweislich des Protokolls zur Sitzung ist zu TOP … festgehalten: „Herr I trägt vor, der A beabsichtige, Frau D zur juristischen Direktorin zu berufen. Für den AT-Vertrag nennt er die Bedingungen. Der Verwaltungsrat stimmt einstimmig dem Vertrag zu.“ (Anlage B103).
(bb)
Die Übereinstimmung des geschilderten Ablaufs mit den Verfahrensvorgaben kann letztlich dahinstehen, denn die Klägerin ist im Hinblick auf das Zustandekommen des DV 2020 jedenfalls schutzwürdig. Es liegt kein Fall vor, in dem ein etwaiger Fehler im Innenverhältnis auf das Außenverhältnis durchschlägt.
Das geschilderte Verfahren vor dem Verwaltungsrat stellt sich so dar, dass die Klägerin davon ausgehen durfte, die Mitglieder des Verwaltungsrates seien derart über die zustimmungspflichtigen Sachverhalte informiert, dass ihnen eine Willensbildung zur Zustimmungserteilung möglich war, die der Zielsetzung des Zustimmungsverfahrens, nämlich der Überwachung der Geschäftsführung durch die Intendantin gemäß § 18 Absatz 1 Staatsvertrag, gerecht wurde. Erst wenn dies nicht mehr erkennbar wäre, wäre das Vertrauen der Klägerin in das wirksame Zustandekommen des Vertrages nicht schutzwürdig.
Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde.
Zur Erläuterung des gelebten Procedere innerhalb des Verwaltungsrates wurde vorgetragen, im Hinblick auf die Direktorenverträge werde aus Persönlichkeitsrechts- und Datenschutzerwägungen vorgegangen wie geschildert. Auch wenn diese Begründung sowohl im Hinblick auf die Verschwiegenheitsverpflichtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gremiengeschäftsstelle, § 10a Absatz 3 Geschäftsordnung A, als auch im Hinblick auf die Regelungen in § 20 Absatz 2 Staatsvertrag sowie § 6 Absatz 1 GO-VR, wonach die Sitzungen des Verwaltungsrates nicht öffentlich und vor allem vertraulich sind, nicht zwingend erscheint, so ist doch nachvollziehbar, dass es sich beim Inhalt der Direktorenverträge um derart sensible Daten handelt, dass das Bedürfnis besteht, einen Umlauf dieser Inhalte in Papier- oder Dateiform zu vermeiden.
Dass sich die Mitglieder des Verwaltungsrates dennoch grundsätzlich hinreichend informiert sehen, belegt diese von Seiten der Mitglieder über Jahre hinweg nicht gerügte, sondern vielmehr mitgetragene Praxis. Es ist deshalb nicht ersichtlich, dass das, was der Streitverkündete jeweils im Verwaltungsrat berichtete, nicht der Zwecksetzung entsprechend informativ war. Auf die Frage, ob eine etwaige, zwischen den Parteien im Einzelnen streitige Darlegung der Vertragsinhalte in der Vorbesprechung die fehlende Übersendung von Vertragsentwürfen und eine nicht gesonderte Ausweisung des Abstimmungspunktes in der Tagesordnung hätte ausgleichen können, kam es deshalb nicht an.
Wenn dann im maßgeblichen Protokoll des Verwaltungsrates zum DV 2020 festgehalten ist „Herr I trägt vor, der A beabsichtige, Frau D zur juristischen Direktorin zu berufen. Für den AT-Vertrag nennt er die Bedingungen. Der Verwaltungsrat stimmt einstimmig dem Vertrag zu.“, ist zwar nicht im Einzelnen ersichtlich, welche konkreten Vertragsinhalte der Verwaltungsratsvorsitzende zum Vertrag der Klägerin referierte. Infolge der einstimmigen Zustimmung des Verwaltungsrats war jedoch für die Klägerin nicht erkennbar, dass der Verwaltungsrat nicht hinreichend informiert worden sein könnte. Für eine solche Erkennbarkeit genügen Fehler im Hinblick auf die Geschäftsordnung, sofern ein Mitbestimmungsverfahren durchgeführt wird, in der Regel nicht. Vielmehr durfte sie davon ausgehen, dass ein Verfahren durchgeführt wurde, das der Zielsetzung des Zustimmungsverfahrens gerecht wird. Das genügt dafür, dass die Beklagte sich am Vertragsschluss festhalten lassen muss.
Auch der Vorwurf der Beklagten, Verwaltungsratsmitglieder, die in der maßgeblichen Sitzung abwesend sein würden, hätten bei Erhalt der Einladung und Tagesordnung, auf der nicht als gesonderter Punkt die Abstimmung zu Dienstverträgen einzelner Direktoren festgehalten werde, keine Kenntnis über die Folgen ihres Ausbleibens erhalten können, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Nach dem geschilderten praktizierten Verfahren wurden die Direktorenverträge immer aufgrund der Zuständigkeit des Verwaltungsratsvorsitzenden unter dem TOP „Bericht des Vorsitzenden“ behandelt. Das war aufgrund der gelebten Praxis allen Mitgliedern bekannt, so dass in jeder Sitzung, sofern dieser Tagesordnungspunkt genannt war, mit vergleichbaren Inhalten gerechnet werden konnte.
Aus den genannten Gründen führt der Vorwurf der Beklagten, der Verwaltungsrat habe über Jahre ein Verfahren aktiv betrieben, welches seine Entscheidungsgrundlagen nicht nachvollziehbar dokumentierte, und es wäre Aufgabe der Klägerin gewesen, für eine vollständige, richtige und rechtzeitige Information sämtlicher Mitglieder des Verwaltungsrates in Angelegenheiten ihrer Fachdirektion zu sorgen, zu keiner anderen Einschätzung. Denn zum DV 2020 belegt das Protokoll – gemäß der üblichen Handhabung - ein Referat des Vorsitzenden zu den Vertragsinhalten sowie eine sich anschließende einstimmige Beschlussfassung. Für die Behauptung eines kollusiven Zusammenwirkens der Klägerin, der Streithelferin und des Streitverkündeten gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der Vortrag der Beklagten geht nicht über das Anstellen von Vermutungen hinaus.
cc.
Der DV 2020 ist nicht sittenwidrig und deshalb weder teilweise noch insgesamt nichtig. Zwischen den Parteien hat nicht lediglich ein faktisches Dienstverhältnis bestanden, von welchem die Beklagte sich ohne Einhaltung einer Frist durch die Erklärung vom 2. Dezember 2022 hätte lösen können.
(1)
Nach § 138 Absatz 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Ein Rechtsgeschäft verstößt gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 Absatz 1 BGB, wenn es nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (BGH, 16. Juli 2019 - II ZR 426/17, NJW 2019, 3635). Das ist der Fall, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist (BAG, 24. Mai 2018 - 6 AZR 308/17, BAGE 163,56 Rn. 40; BAG, 21. April 2016 - 8 AZR 474/14, juris Rn. 31 mit weiteren Nachweisen). Zur Konkretisierung des Maßstabs der Sittenwidrigkeit ist das Zusammenwirken der in der Rechtsprechung anerkannten Prinzipien, wie zum Beispiel Freiheitswahrung, Schutz Dritter, Äquivalenzstörung, Schutz bestehender Ordnungen, zu berücksichtigen (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 138 Rn. 27).
Eine Fallgruppe möglicher Sittenwidrigkeit sind Äquivalenzstörungen, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt (BGH, 24. Januar 2014 – V ZR 249/12, NJW 2014, 1652 folgend Rn. 5). Können auf beiden Seiten bewertbare Leistungen ins Auge gefasst werden, so sind diese grundsätzlich nach ihrem objektiven Wert zu veranschlagen. Für die Bestimmung dieses Werts ist grundsätzlich der Marktvergleich ein geeignetes Mittel (vergleiche MüKoBGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 138 Rn. 206 mit weiteren Nachweisen).
Danach ist eine verwerfliche Gesinnung nicht generelle Voraussetzung der Sittenwidrigkeit. Sie ist jedoch eines von mehreren Sittenwidrigkeitselementen, das zusammen mit anderen Elementen ein sonst noch akzeptables Rechtsgeschäft als sittenwidrig erscheinen lassen kann. Ist bei Äquivalenzstörungen die Grenze zu einem „besonders groben“ Missverhältnis, bei dem die Rechtsprechung eine verwerfliche Gesinnung vermutet (vergleiche BGH, 24. Januar 2014 – V ZR 249/12, NJW 2014, 1652 folgend Rn. 5), noch nicht überschritten, so kann die objektive Äquivalenzstörung im Zusammenwirken mit einer aufgrund konkreter Anhaltspunkte anzunehmenden verwerflichen Gesinnung das Rechtsgeschäft sittenwidrig erscheinen lassen (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 138 Rn. 245, 247).
Mehrere Bestimmungen eines Rechtsgeschäfts können jede für sich als zulässig anzusehen sein, in ihrer Gesamtheit jedoch gegen die guten Sitten verstoßen (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 138 Rn. 48 mit weiteren Nachweisen; OLG Hamm, Beschluss vom 23. Januar 2020 – II-4 UF 86/17, NJOZ 2020, 745 Rn. 32).
Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts aufgrund einer umfassenden Einzel- und Gesamtwürdigung hat schließlich unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegenden relevanten Umstände zu erfolgen (BAG, 21. April 2016 - 8 AZR 474/14, zitiert nach juris Rn. 31 mit weiteren Nachweisen). Dieser Beurteilungszeitpunkt entspricht dem allgemeinen, in Art. 170 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, dass Schuldverhältnisse nach der Zeit ihrer Entstehung zu beurteilen sind (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 138 Rn. 257 mit weiteren Nachweisen).
(2)
Für die vorliegend vorzunehmende umfassende Einzel- und Gesamtwürdigung ergibt sich danach Folgendes:
Neben dem von der Beklagten als maßgeblich angesprochenen nachvertraglichen Ruhegeld, dem keine Gegenleistung der Klägerin gegenüberstünde, enthält der DV 2020 eine Vielzahl von Leistungsversprechen und Verpflichtungsregelungen, die in einem Wechselseitigkeitsverhältnis stehen. Eine Betrachtung ausschließlich der Ruhegeldregelung verbietet sich nach den zitierten Grundsätzen der Rechtsprechung zur Prüfung der Sittenwidrigkeit, wonach es auf eine Gesamtwürdigung des Rechtsgeschäftes ankommt. Es sind danach jeweils die einzelnen Leistungsversprechen in ihrem Gegenseitigkeitsverhältnis und in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Da es in der Natur der Sache liegt, dass im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt, dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses, weder einzelne Leistungen abschließend beziffert noch belastbare Aussagen dazu getroffen werden können, wie sich das Rechtsverhältnis der Parteien entwickelt, wann also welche Leistungsverpflichtung für welchen Zeitraum eintreten könnte, kann die Beurteilung des Rechtsgeschäftes nur danach erfolgen, welche Partei welche möglichen Rechte und Pflichten in dem Vertrag eingeräumt erhält und welche Gegenleistungen dem gegenüberstehen würden.
Dieser Gedanke entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Ratenkreditverträgen. Bei Verträgen, bei denen eine Diskrepanz zwischen denkbaren und tatsächlich geltend gemachten Ansprüchen möglich ist, werden jene Ansprüche einander gegenübergestellt, die nach dem Vertragstext geltend gemacht werden können (MüKoBGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 138 Rn. 209). Entscheidend stellt der Bundesgerichtshof darauf ab, welche Rechte sich aus dem Wortlaut der Vertragsbedingungen herleiten lassen, nicht dagegen, welche Rechte im Einzelfall oder in der Regel tatsächlich geltend macht werden. Denn schon darin, dass einer Vertragspartei durch die Vertragsregelungen eine Handhabe zu Forderungen geboten wird, liege eine denkbare Belastung der anderen Vertragspartei, die im Rahmen der Gesamtwürdigung gemäß § 138 Absatz 1 BGB nicht außer Betracht bleiben könne (BGH, 8. Juli 1982 - III ZR 60/81, NJW 1982, 2433).
Bei der Bewertung der den Parteien im Einzelnen durch den Vertrag eingeräumten Rechte und Pflichten wird auch zu berücksichtigen sein, dass es sich bei der Beklagten um eine durch Beitragsgelder finanzierte öffentlich-rechtliche Anstalt handelt, was die Begründungsanforderungen an die Beklagte zu versprochenen finanziellen Regelungen erhöht. Gemäß § 24 Absatz 3 Satz 1 Staatsvertrag finanziert sich die Beklagte vorrangig aus Rundfunkbeiträgen. Gemäß § 24 Absatz 1 Satz 1 Staatsvertrag ist die Beklagte im Rahmen der Wahrnehmung ihres Auftrages an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden. Dieser Grundsatz dient sowohl dem Schutz der Beklagten vor Selbstschädigung als auch den Interessen der beitragszahlenden Allgemeinheit (BGH, 25. Januar 2006 - VIII ZR 398/03, NVwZ-RR 2007, 47 Rn. 31 zur Geltung dieses Grundsatzes für Gemeinden).
(3)
Entsprechend den vorgenannten Grundsätzen sind weder Einzelregelungen des DV 2020 noch der Vertrag in seiner Gesamtheit sittenwidrig.
(a)
Das gilt zunächst für die im Synallagma stehenden Hauptleistungspflichten.
Die Klägerin erhält für ihre Tätigkeit als juristische Direktorin eine Grundvergütung von …EUR gemäß § 3 Absatz 1 DV 2020, welche gemäß § 3 Absatz 4 DV 2020 jährlich um 2 % gesteigert wird. Sie erhält zusätzlich eine variable Vergütung gemäß § 4 DV 2020. Die Klägerin hat schließlich Anspruch auf eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von … EUR gemäß § 3 Absatz 2 DV 2020 und auf Zahlung einer Kfz-Pauschale in Höhe von …EUR monatlich gemäß § 12 DV 2020.
Die Regelungen zum Vergütungsanspruch zugunsten der Klägerin vermögen keine Sittenwidrigkeit zu begründen. Es handelt sich um rechtlich nicht zu beanstandende Vereinbarungen bezüglich der Vergütungshöhe und Vergütungssteigerung, welche die Parteien in Ausübung ihrer Privatautonomie vorgenommen haben. Die Klägerin erhält eine durchaus auskömmliche Vergütung, für die sie im Gegenzug eine Position mit erheblicher Verantwortung auszufüllen hat. Zudem ist zu berücksichtigen, dass mit Zahlung der Grundvergütung alle Tätigkeiten und Leistungen für die Beklagte und für Aufsichtsfunktionen über deren Tochtergesellschaften abgegolten sein sollen. Insbesondere Überstundenvergütungsansprüche sollen danach von der Klägerin nicht gesondert geltend gemacht werden können (vergleiche zur Ablehnung der notwendigen Vergütungserwartung gemäß § 612 Absatz 1 BGB für einen Überstundenvergütungsanspruch, sofern Dienste höherer Art geschuldet und eine deutlich herausgehobene, über der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegende Vergütung gezahlt wurde: BAG, 21. Dezember 2016 - 5 AZR 362/16, NZA-RR 2017, 233 Rn. 15). Durch die Höhe des Vergütungsanspruchs wird daher nicht das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verletzt (vergleiche zu der Bewertung einer Vergütungssteigerung in einem kirchlichen Arbeitsverhältnis BAG, 24. Mai 2018 - 6 AZR 308/17, BAGE 163, 56 ff Rn. 42).
(b)
Auch die Zusage eines nachvertraglichen Ruhegelds erweist sich nicht als sittenwidrig.
(aa)
Der Anspruch auf ein nachvertragliches Ruhegeld vor Regelrenteneintritt ergibt sich aus der Auslegung der Regelungen in § 7 Absatz 3, § 10 Absatz 2 und 3 und § 11 a) und b) DV 2020.
Zwar spricht § 7 Absatz 1 DV 2020 lediglich davon, dass die Klägerin vom Tag der Dienstaufnahme als Justitiarin an für den Zeitpunkt ab dem gesetzlichen Regelrentenalter einen Anspruch auf ein lebenslanges Ruhegeld und auf Hinterbliebenenversorgung hat. Die Auslegung der übrigen genannten Regelungen spricht jedoch für einen Anspruch auf nachvertragliches Ruhegeld vor Regelrenteneintritt.
Eine Regelung zum nachvertraglichen Ruhegeld vor Eintritt in das Regelrenteneintrittsalter ergibt sich aus der Regelung des § 7 Absatz 3 DV 2020, wonach die Zahlung des Ruhegeldes an die Klägerin vom Ersten des auf den Ablauf der Vertragszeit folgenden Monats beginnt, was im Fall der Klägerin weit vor Erreichen des Regelrenteneintrittsalters ist.
Hinzu kommt, dass gemäß § 10 Absatz 2 DV 2020 vor Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters eine anderweitige Tätigkeit zulässig ist und Bezüge aus anderweitiger Tätigkeit im Fall des Bezugs des Ruhegeldes bis zur Grenze von 50% anrechnungsfrei sind.
Schließlich beziehen sich die Regelungen in § 11 a) und b) DV 2020 ausdrücklich auf Ansprüche auf Gewährung eines Ruhegeldes vor Erreichen des Renteneintrittsalters.
(bb)
Die Höhe des Ruhegeldes beträgt gemäß § 7 Absatz 2 DV 2020 am ersten Tag des Vertragsbeginns, also am 1. Januar 2021, 49 % der Basisvergütung in Höhe von … EUR und steigt mit jedem weiteren vollendeten Dienstjahr um einen Prozentpunkt bis zur Höchstgrenze von 60% der letzten vertraglich vereinbarten und gemäß § 3 Absatz 4 DV 2020 gesteigerten Basisvergütung. Während der Dauer der Gewährung des Ruhegeldes vor Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters muss sich die Klägerin Einkünfte aus selbstständiger oder nichtselbstständiger Tätigkeit und/oder aus anderen Versorgungsleistungen Dritter ab einer Höhe von 50% des Nettobetrages aus der zuletzt vereinbarten Gesamtvergütung anrechnen lassen, § 10 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 DV 2020.
(cc)
Dieses beschriebene nachvertragliche Ruhegeld steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur vereinbarten Befristung des DV 2020.
Die Parteien verfolgten mit der Aufnahme des Ruhegeldanspruchs in den DV 2018 und sodann in den DV 2020 den Zweck, einen Ausgleich zur ebenfalls vereinbarten Befristung zu schaffen.
In der Beschlussvorlage vom 13. April 2018 für die Sitzung des Verwaltungsrates am 26. April 2018 zu TOP … wird unter der Überschrift „Vereinheitlichung der GL-Verträge“ (Anlage B100) ausgeführt, dass die Verträge der Justitiarin und des Chefredakteurs den Vertragsgestaltungen der Direktorinnen und Direktoren angeglichen werden sollen, um einerseits ihrer besonderen Verantwortung Rechnung zu tragen, die sich nicht von der anderer Geschäftsleitungsmitglieder unterscheide, und um andererseits der Intendantin sowie der Beklagten eine größere Flexibilität bei der Besetzung dieser beiden Stellen einzuräumen. Denn beide würden ihren Anspruch auf eine dauerhafte Beschäftigung beim A aufgeben, wofür ihnen ein Ruhegeldanspruch eingeräumt werde.
Diese Zwecksetzung und inhaltliche Verknüpfung beider Vertragsregelungen ist auch im konkreten Fall der Bewertung zugrunde zu legen, denn die Klägerin hat erstmals – anders als vom Arbeitsgericht angenommen - mit Unterzeichnung des DV 2018 gegen Vereinbarung eines nachvertraglichen Ruhegeldanspruchs ihr bis dahin unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgegeben.
Die Klägerin stand seit 2001 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Die Übertragung der jeweiligen Funktion erfolgte befristet, während das zugrundeliegende Arbeitsverhältnis unbefristet blieb. Dies ergibt sich aus der Würdigung sämtlicher zur Akte gereichter Änderungsvereinbarungen, die sich auf eine befristete Änderung der Arbeitsbedingungen bezogen und die arbeitsvertraglichen Regelungen im Übrigen unverändert fortbestehen ließen. In den drei Vereinbarungen zur befristeten Übertragung der Leitung der Intendanz ist beispielsweise jeweils festgehalten, dass eine Verlängerung der Funktionsübertragung über das vereinbarte Datum hinaus möglich sei, andernfalls der Klägerin eine andere Aufgabe der angegebenen Wertigkeit übertragen werde. Auch im DV 2017, in dem noch kein nachvertragliches Ruhegeld vereinbart war, sondern erst für die Zukunft in Aussicht gestellt wurde, ist in § 9 Absatz 2 DV 2017 die Verpflichtung der Beklagten statuiert, der Klägerin im Falle der Nichtverlängerung des Vertrages unter Anrechnung ihrer Betriebszugehörigkeit eine angemessene vergleichbare Tätigkeit anzubieten. Erstmals der DV 2018 sieht eine Befristung des Vertragsverhältnisses vor.
Für die vorzunehmende Bewertung ist nicht allein die befristete Vertragslaufzeit des Dienstverhältnisses gemäß § 1 DV 2020 vom 1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2025 dem nachvertraglichen Ruhegeldanspruch gegenüberzustellen. Vielmehr stehen beide Vertragsinhalte in erkennbar systematischem Zusammenhang zu den Regelungen in §§ 11 und 13 DV 2020, woraus im Ergebnis folgt, dass die Klägerin ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgegeben hat und ihr als Ausgleich für die Zeit nach Vertragsende ein Ruhegeldanspruch eingeräumt wird. Dieser kommt aber nur zum Tragen, wenn die Beklagte die durch die Vertragskonstellation gewonnene Flexibilität bei der Besetzung der Geschäftsleitungsposten nutzt und sich gegen einen weiteren Vertrag entscheidet.
Bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sind nicht allein die wirtschaftlichen Werte von Leistung und Gegenleistung einander gegenüberzustellen; sondern bei der Bewertung der jeweils erbrachten Leistungen muss wesentlich mit berücksichtigt werden, welche Chancen und Risiken bei Abschluss der Vereinbarung bestanden und wie sich dazu der Wert der jeweiligen Leistung verhält (siehe zur Bewertung eines Abfindungsbetrags erheblich unterhalb des Kapitalwertes eines Zusatzrentenanspruchs BAG, 14. September 1999 - 3 AZR 418/98, juris, sowie BAG, 11. Mai 1999 - 3 AZR 196/98, juris Rn. 34).
§ 13 DV 2020 regelt, dass die Beklagte der Klägerin mindestens sechs Monate vor Beendigung des Vertrages mitteilen werde, ob eine Bereitschaft zur Vertragsverlängerung besteht, worauf die Klägerin zur Besitz- und Rechtsstandwahrung verpflichtet ist, ein eventuelles Angebot binnen Monatsfrist anzunehmen. Die Formulierung „zur Besitz- und Rechtsstandwahrung“ bezieht sich inhaltlich auf die Regelungen in § 11 b) 2. Alternative DV 2020. Nach dieser Regelung verliert die Klägerin ihre Ansprüche auf Zahlung eines nachvertraglichen Ruhegelds, sofern sie ein Angebot auf einen Folgevertrag für die Dauer von fünf Jahren ablehnt. Die Ansprüche entfallen nur dann nicht, wenn auf Seiten der Klägerin von ihr nicht zu vertretende Gründe für die Nichtannahme des Folgevertrages vorliegen oder sofern die Anstellungsbedingungen nicht wie üblich fortentwickelt würden.
Die Würdigung dieser Vertragsregelungen ergibt in ihrer Gesamtschau, dass es die Beklagte in der Hand hatte zu entscheiden, ob ein nachvertraglicher Ruhegeldanspruch entsteht. Die Beklagte ist es, die sich für die Fortsetzung der Vertragsbeziehungen durch Angebot eines Folgevertrages und damit für die Zahlung einer Vergütung für eine entsprechende Gegenleistung entscheiden kann oder für die Zahlung des nachvertraglichen Ruhegelds in vereinbarter Höhe. Die enthaltenen Einschränkungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Gründe auf Seiten der Klägerin für die Ablehnung belassen ihr nur dann den Ruhegeldanspruch, wenn sie diese nicht zu vertreten hat. Diese Formulierung ist mit Blick auf die verfolgte Zwecksetzung eng auszulegen.
Dass der nachvertragliche Ruhegeldanspruch der Klägerin nur zustehen soll, sofern die Beklagte der Klägerin keinen Folgevertrag anbietet, also jedenfalls das befristete Dienstverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß erfüllt wurde, wird auch aus den übrigen Inhalten des § 11 DV 2020 deutlich. Denn die Klägerin soll den nachvertraglichen Ruhegeldanspruch auch dann nicht beanspruchen können, wenn sie einen Grund für eine wirksame fristlose Beendigung durch die Beklagte setzt, § 11 a) DV 2020, oder sie das Dienstverhältnis auf eigenen Antrag vor Ablauf der Vertragslaufzeit beendet, § 11 b) 1. Alternative DV 2020.
Damit handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht um ein Ruhegeld ohne Wartezeit, sondern der Anspruch ist geknüpft an die vollständige Durchführung des Vertrages einerseits sowie das Nichtangebot eines Folgevertrages andererseits.
(dd)
Entsprechend der so zu verstehenden Vertragssystematik erweist sich das nachvertragliche Ruhegeld in seiner Korrelation zur Befristung des Vertrages nicht als sittenwidrig.
Die bei der Beklagten für Direktorinnen und Direktoren genutzte Vertragskonstruktion der Vereinbarung eines befristeten Vertrages für die Zeit der Berufung als Direktor/in gegen Vereinbarung eines nachvertraglichen Ruhegeldes bietet der Beklagten im Einzelfall die Möglichkeit, flexibel auf personelle Änderungswünsche auf Geschäftsleitungsebene reagieren zu können. Die Vertragsgestaltung ist dennoch darauf angelegt, den Direktorinnen und Direktoren einen - wenn auch fortzuentwickelnden - Folgevertrag anzubieten, den diese grundsätzlich annehmen müssen, wollen sie nicht ihrer Ansprüche auf ein nachvertragliches Ruhegeld verlustig gehen.
Die Regelungen zum nachvertraglichen Ruhegeld knüpfen damit an das Risiko der Klägerin an, dass sie kein fortentwickeltes Angebot für einen Folgevertrag enthält und dienen damit der Kompensation des Risikos entgehender Bezüge nach Ablauf der Vertragslaufzeit. Zum Ausgleich dieses Risikos steht die Zusage des nachvertraglichen Ruhegeldes in keinem groben oder auffälligen Missverhältnis.
Die Beklagte gewinnt eine Flexibilität in Personalfragen, wenn die Geschäftsleitungsmitglieder einem befristeten Anstellungsverhältnis zustimmen.
Die Klägerin hat im Jahr 2018 ein seit 2001 bestehendes unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgegeben. Die Höhe des zugesagten Ruhegeldanspruchs richtet sich nach den Dienstjahren als – befristet beschäftigtes – Geschäftsleitungsmitglied. Ausweislich der Beschlussvorlage vom 13. April 2018 für die Verwaltungsratssitzung am 26. April 2018 (Anlage B100) beträgt der Ruhegeldanspruch zwischen 45% und 60% der zuletzt erzielten und zu steigernden Basisvergütung - entsprechend der Anzahl der Dienstjahre in der Geschäftsleitung. Dementsprechend enthält der DV 2018 die Regelung eines Ruhegeldanspruchs von 45% im Zeitpunkt des Vertragsbeginns als Geschäftsleitungsmitglied am 1. Januar 2017. Der DV 2020 knüpft daran an und sieht ab Vertragsbeginn am 1. Januar 2021 einen Anspruch von 49% vor, was die vier zuvor erbrachten Jahre von 2017 bis 2020 berücksichtigt. Die mögliche Steigerung auf bis zu 60% würdigt die Möglichkeit noch folgender Dienstjahre in der Geschäftsleitung der Beklagten.
Zusätzlich wird das Risiko durch eine großzügige Anrechnungsklausel abgedeckt. Diese kommt – wegen einer Anrechnung erst ab Überschreiten von 50% des Nettobetrages der zuletzt vereinbarten Gesamtvergütung - nur zum Tragen, wenn das ehemalige Geschäftsleitungsmitglied eine annähernd statusentsprechende Vollzeittätigkeit findet. Findet es diese nicht, leistet die Beklagte eine Versorgung als pauschalierten Ausgleich für verbleibende Nachteile eines nicht erfolgten Abschlusses eines Folgevertrages, wie etwa genommene Entwicklungsmöglichkeiten.
Gegen ein Missverhältnis spricht zudem ein Marktvergleich mit Ruhegeldregelungen von Geschäftsleitungsmitgliedern anderer öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten.
Dass die Regelungen im Vertrag der Klägerin im Grundsatz denen entsprechen, die für die übrigen Geschäftsleitungsmitglieder der Beklagten vereinbart wurden, ist durch die Vorlage der Dienstverträge sämtlicher anderer Geschäftsleitungsmitglieder belegt. Die Kammer stellt hier für die Vergleichbarkeit der Regelungen maßgeblich auf den Beginn der Zusage (vom Tage der Dienstaufnahme an) und die Höhe (45% + in Abhängigkeit der Dienstjahre als Geschäftsleitungsmitglied) ab; unberücksichtigt bleiben etwaige Unterschiede in der Höhe anzurechnender anderweitiger Einnahmen und der Verpflichtung zur Annahme eines Folgevertragsangebots.
Dass die Versorgungszusagen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für Geschäftsleitungsmitglieder anderer öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten weniger günstig waren, ist weder ersichtlich noch von der Beklagten behauptet worden (siehe dazu BAG, 28. Mai 2002 - 3 AZR 500/01, BeckRS 2002, 30369992). Vielmehr sprechen die von der Klägerin im Schriftsatz vom 5. Dezember 2023 vorgetragenen Daten unter Bezugnahme auf die Sendung „T“ des U dafür, dass es sich bei den vereinbarten nachvertraglichen Ruhegeldansprüchen um bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht unübliche Zusagen handelt.
Gegen ein Missverhältnis der Anspruchsregelung spricht auch ein Blick auf die Regelungen zu politischen Beamten.
Politische Beamte, die Träger der in § 54 Absatz 1 BBG (Bundesbeamtengesetz) bezeichneten Ämter sind und die sich in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit befinden, können ohne Angabe von Gründen – zumeist aufgrund eines gestörten Vertrauensverhältnisses - in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Bundesbeamte erhält gemäß § 14 BeamtVG (Beamtenversorgungsgesetz) maximal für drei Jahre 71,75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des letzten Grundgehalts zuzüglich Familienzuschlags. Danach bezieht der Beamte lebenslang, basierend auf der Anzahl seiner bisherigen Dienstjahre (pro Jahr 1,79375 %), eine Pension zwischen 35 und 71,75 % seiner früheren Dienstbezüge (https://de.wikipedia.org/wiki/Einstweiliger_Ruhestand).
Diese Regelungen zeigen, dass es auch im öffentlich-rechtlichen Sektor Beschäftigungsebenen gibt, für die ein besonderes Vertrauensverhältnis maßgeblich ist mit der Folge, dass erleichterte Trennungsmöglichkeiten über § 626 BGB und § 1 KSchG hinaus als sachgerecht erachtet werden. Die Regelungen zeigen zudem, dass die bei der Beklagten vereinbarten Ruhegeldregelungen sich in einem vergleichbaren Rahmen halten. Der grundsätzlichen Vergleichbarkeit steht nicht entgegen, dass für politische Beamte die Verpflichtung besteht, einer erneuten Berufung Folge zu leisten, wenn ihnen im Dienstbereich ihres früheren Dienstherrn ein Amt mit mindestens demselben Endgrundgehalt verliehen werden soll, § 57 BBG (https://de.wikipedia.org/wiki/Einstweiliger_Ruhestand), während eine vergleichbare Möglichkeit für die Beklagte fehlt. Der Vergleich zeigt jedenfalls, dass die streitige nachvertragliche Ruhegeldregelung spezifische Bedürfnisse kompensiert, die im öffentlich-rechtlichen Bereich nicht nur bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auftreten.
Gegen ein Missverhältnis sprechen auch Überlegungen zu alternativen Vertragsgestaltungen.
Vereinbarten die Parteien eine befristete Funktionsübertragung im unbefristeten Arbeitsverhältnis, entfiele zwar die Notwendigkeit der Vereinbarung eines nachvertraglichen Ruhegeldanspruchs vor Regelrenteneintrittsalter aufgrund der gegebenen Bestandssicherheit. Der Beklagten ginge aber die bezweckte Flexibilität in Personalfragen auf Geschäftsleitungsebene verloren. Behielten die Parteien die Vereinbarung einer Befristung bei, ohne eine vergleichbare (finanzielle) Kompensation zu vereinbaren, dürfte auf Seiten der Klägerin die Überlegung veranlasst sein, die Rechtswirksamkeit der Befristung gerichtlich überprüfen zu lassen. Im Ergebnis einer solchen Klage dürfte mit dem – von der Beklagten nicht gewünschten - Fortbestand des Arbeitsverhältnisses oder mit einer Beendigung gegen Zahlung einer erheblichen Abfindung zu rechnen sein.
An dieser Stelle kann mit Blick auf die Finanzierung durch Rundfunkbeiträge nicht allein auf die Höhe des Ruhegeldanspruchs abgestellt werden. Es sind ebenfalls die Gesamtheit der Interessen der gebührenzahlenden Gemeinschaft zu berücksichtigen. Diese Gemeinschaft hat ein Interesse an einer an den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechenden Verwendung ihrer Beiträge. Die Gemeinschaft hat weiterhin ein Interesse an gleichbleibend hoher Qualität der Rundfunkleistungen. Das bedeutet nicht zwangsweise eine Beschäftigung jeder Direktorin bzw. jeden Direktors bis zum Regelrenteneintrittsalter, wenn Gründe vorliegen, die mit den Ansprüchen einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt nicht übereinstimmen.
Ein Missverhältnis ergibt sich auch nicht aus der Würdigung konkreter Einwendungen der Beklagten zum Einzelfall der Klägerin.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die getroffene Ruhegeldvereinbarung im Hinblick auf das Lebensalter der Klägerin im Zeitpunkt des Vertragsschlusses als für sie besonders günstig zu bewerten sei. Tatsächlich ist die Klägerin mit einem Alter von 45 Jahren, als sie Geschäftsleitungsmitglied wurde, vergleichsweise jung. Dass sich daraus im Tatsächlichen ein besonderes Alleinstellungsmerkmal der Klägerin ergäbe, ist jedoch nicht ersichtlich. Ausweislich des Vortrags der Klägerin im Schriftsatz vom 5. Dezember 2023 auf Seite 14 (Blatt 4384 der Akte) gab es in der Vergangenheit bereits weitere Personen, denen aufgrund ihrer Funktion als Geschäftsleitungsmitglied ein nachvertragliches Ruhegeld zugesagt wurde und die das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Für die Unbeachtlichkeit des Einwands der Beklagten spricht neben der fehlenden tatsächlichen Evidenz, dass die Zusage des nachvertraglichen Ruhegeldes in keinem Verhältnis zum Lebensalter steht, sondern wie aufgezeigt an die Befristung des Vertrages und die daraus drohenden Risiken anknüpft.
Weiterhin rügt die Beklagte, die Klägerin habe bereits vor Regelung eines nachvertraglichen Ruhegeldanspruchs in einem ihrer Verträge als Geschäftsführungsmitglied ohne Status als Direktorin auf eine solche Vereinbarung hingewirkt und diese (letztlich) auch erreicht. Auch wenn zutrifft, dass die Klägerin für sich vor Abschluss des DV 2017 die Vertragsverhandlungen derart geführt hat, dass sie einen nachvertraglichen Ruhegeldanspruch forderte, ist dies für sich betrachtet lediglich die Erhebung einer Forderung, der die Beklagte (zunächst) nicht folgte. Die später erfolgte Anspruchsregelung im DV 2018 steht jedenfalls in einem größeren Zusammenhang und betrifft nicht allein das Vertragsverhältnis der Parteien, weshalb hier kein Aspekt zu Lasten der Klägerin abgeleitet werden kann. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig und ergibt sich auch aus dem Hinweis des vormaligen Justitiars an die Streithelferin vom 12. Dezember 2016 (Anlage B64), dass nachvertragliche Ruhegeldansprüche bis zur Aufwertung der Geschäftsleitungspositionen der Justitiarin bzw. des Justitiars sowie der Chefredakteurin bzw. des Chefredakteurs im Zuge der Vertragsanpassung wegen Einführung des Vergütungskonzepts Kienbaum in 2018 den Geschäftsleitungsmitgliedern mit Direktorenstatus vorbehalten waren. Die erfolgte Angleichung beider Geschäftsleitungspositionen und damit die Ausweitung des anspruchsberechtigten Personenkreises für ein nachvertragliches Ruhegeld ist eine Entscheidung der Vertragspartner innerhalb ihrer Vertragsautonomie, für die inhaltlich die Beklagte, vertreten durch die Streithelferin und diese überwacht durch den Verwaltungsrat, die Verantwortung trägt. Deshalb greift auch dieses Argument nicht.
(c)
Weiterhin stellen sich die der Klägerin zugesagten Ruhegeldansprüche ab Eintritt in das Regelrenteneintrittsalter nicht als sittenwidrig dar.
Der Anspruch besteht gemäß § 7 Absatz 1 DV 2020 vom Tag der Dienstaufnahme an, und zwar lebenslang. Dieses Altersruhegeld bemisst sich der Höhe nach ebenso wie das nachvertragliche Ruhegeld, § 7 Absatz 2 DV 2020. Die Klägerin muss sich hingegen Einkünfte oder andere Versorgungsleistungen erst ab einer Höhe von 90% des Nettobetrages aus der zuletzt vereinbarten Gesamtvergütung anrechnen lassen, § 10 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 1 DV 2020.
Es handelt sich bei dieser Zusage um Leistungen zur Altersvorsorge. Sie dienen der Absicherung des Alters und sind dazu bestimmt, den Lebensstandard der Klägerin nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben zu sichern und den damit verbundenen Einkommensverlust auszugleichen (siehe dazu Zwanziger, SR 2020, 57, 62 folgend). Der Wert der Versorgungsleistung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist das Äquivalent für die Gesamtheit der während des Arbeitsverhältnisses erbrachten Betriebszugehörigkeit und der in dieser Zeit geleisteten Dienste. Nicht maßgeblich ist, ob der Versorgungsfall tatsächlich eintritt und wie lange ein Leistungsanspruch besteht. Das entspricht dem Charakter der Altersversorgung als Abdeckung des Risikos des Einkommensverlustes nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (Zwanziger, SR 2020, 57, 63).
Die Zusage der konkreten Ansprüche steht vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung in keinem Missverhältnis.
Der Umfang der Ansprüche beträgt mindestens 45% der letzten vertraglich vereinbarten und gemäß § 3 Absatz 4 DV 2020 gesteigerten Basisvergütung. Der Einstiegsprozentsatz ist vor dem Hintergrund der Gesamttätigkeit und damit der geleisteten Dienstjahre der Klägerin bei der Beklagten zu sehen. Der Anspruch ist in der Steigerung auf 60% der letzten vertraglich vereinbarten und gemäß § 3 Absatz 4 DV 2020 gesteigerten Basisvergütung begrenzt. Er bewegt sich damit in vergleichbarer Höhe zu Ruhegeldansprüchen von Beamten, die gemäß § 14 BeamtVG auf maximal 71,75% der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge begrenzt sind, sofern der Beamte nicht vor Vollendung der für ihn gültigen Altersgrenze in den Ruhestand tritt. Für versorgungsberechtigte Beamte, die die Regelaltersgrenze vollendet haben, wird grundsätzlich nur Erwerbseinkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst angerechnet, sogenanntes Verwendungseinkommen, § 53 Absatz 8 BeamtVG oder § 37 Absatz 8 LBeamtVG Berlin (Landes-Beamtenversorgungsgesetz Berlin).
Bei einem Ausscheiden der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten vor Erreichen des Renteneintrittsalters stehen ihr Ansprüche auf Altersversorgung ab Eintritt in das Rentenalter in der Höhe zu, wie Ansprüche auf Ruhegeld zum Zeitpunkt des Ausscheidens bestanden hätten, § 11 c) Satz 1 DV 2020. Das Ruhegeldsystem im DV 2020 ist damit allein aufbauend ausgestaltet. Scheidet die Klägerin vor Eintritt in das Regelrentenalter aus dem Vertragsverhältnis aus, verbleibt ihr der Ruhegeldanspruch in der bis dahin erworbenen Höhe erhalten und wird ab Erreichen des Regelrentenalters gezahlt. Die Regelungen des Vertrages sehen damit keine zeitratierliche Kürzung der Ruhegeldansprüche bei vorzeitigem Ausscheiden vor, wie es etwa für Beamtenverhältnisse in § 14 BeamtVG oder in § 2 BetrAVG geregelt ist (zum Betriebsrentenrecht siehe BAG, 19. Mai 2016 – 3 AZR 131/15, juris Rn. 22 folgend). Die vorgenannten Regelungen gehen von einer Störung des Gegenseitigkeitsverhältnisses durch ein vorzeitiges Ausscheiden aus, das der Berechnung des vollen Anspruchs zugrunde liegt (zum Betriebsrentenrecht siehe BAG, 19. Mai 2016 – 3 AZR 131/15, juris Rn. 23) und sehen aus diesem Grund Möglichkeiten für eine Kürzung des Anspruchs vor.
Die erkennende Kammer erachtet die streitige Altersruhegeldregelungen im DV 2020 dennoch nicht als ein Missverhältnis begründend, da der Ruhegeldanspruch der Höhe nach an sich durch die vorgesehene Steigerung von 45% bis 60% entsprechend den absolvierten Dienstjahren als Geschäftsleitungsmitglied einem sich aufbauenden Anspruch und damit den Besonderheiten eines unter Umständen nicht bis zum Ruhestand verbrachten Arbeitsverhältnisses Rechnung trägt, was mit Blick auf die Bewertung als sittenwidrig ausreichend ist.
(d)
Schließlich vermögen die Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung für sich betrachtet ebenfalls nicht den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu rechtfertigen.
Bei einer Hinterbliebenenversorgung wird grundsätzlich das typisierte Interesse des unmittelbar Versorgungsberechtigten an der Versorgung der Hinterbliebenen gegen das Risiko, diese durch den eigenen Tod nicht mehr leisten zu können, abgesichert; das erspart dem unmittelbar Versorgungsberechtigten eigene Aufwendungen (vergleiche Zwanziger, SR 2020, 57, 63).
Im Hinblick auf diese Zielsetzung stehen die konkreten Regelungen zur Hinterbliebenenversorgung im DV 2020 in keinem Missverhältnis.
Die Regelung in § 8 Absatz 1 DV 2020 sieht die Zahlung der Dienstbezüge bzw. des Ruhegelds im Sterbemonat an die Erben vor. Gleichzeitig wird ein Sterbegeld an abschließend aufgezählte Personen, die im Sterbemonat zur häuslichen Gemeinschaft der Klägerin gehören, in Höhe von ca. zwei Monatsbezügen bzw. Ruhegeldern gezahlt, § 8 Absatz 2 a) DV 2020. Weiterhin besteht ein Anspruch auf Witwengeld in Höhe von 60% des Ruhegeldes, welches die Klägerin erhält oder erhalten würde, wenn die Ehe die in der Regelung näher aufgeführten Voraussetzungen erfüllt, § 8 Absatz 2 b) DV 2020. Schließlich wird ein Waisengeld geregelt, und zwar in Höhe von 12% für Halbwaisen und 20% für Vollwaisen, § 8 Absatz 2 c) DV 2020.
Die Verpflichtungen zur Zahlung der laufenden Ansprüche im Sterbemonat, eines Sterbegeldes für zwei Monate sowie eines Witwen- und Waisengeldes entsprechen vergleichbaren Regelungen der Hinterbliebenenversorgung im Beamtenrecht; das gilt auch im Hinblick auf die Höhe der Ansprüche, §§ 16 ff BeamtVG (siehe https://www.dbb.de/lexikon/themenartikel/h/hinterbliebenenversorgung.html). Einzig der Kreis der Anspruchsberechtigten für das Sterbegeld ist im DV 2020 weiter gefasst. Da die Anspruchsberechtigung hier allerdings an die Voraussetzung geknüpft ist, dass die Personen im Sterbemonat zur häuslichen Gemeinschaft der Klägerin gehört haben, kann diese Erweiterung für die weitere Betrachtung vernachlässigt werden. Ehegatten und Kinder eines/einer Tarifbeschäftigten im Öffentlichen Dienst der Länder erhalten im Fall des Todes ein Sterbegeld in Höhe der restlichen Tage des Sterbemonats sowie in einer Summe für zwei weitere Monate das Tabellenentgelt der/des Verstorbenen, § 23 Absatz 3 TV-L (Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder). Das Pendant des Sterbegeldes in der gesetzlichen Rentenversicherung ist das sogenannte „Sterbevierteljahr“, § 46 SGB VI (Sozialgesetzbuch sechs) in Verbindung mit der Nicht-Anwendung der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten, § 97, § 67 SGB VI.
Eine ungerechtfertigte Begünstigung der Klägerin kann daher in diesen Regelungen aufgrund der feststellbaren Vergleichbarkeit nicht gesehen werden.
(e)
Ist keine der einzelnen Regelungen für sich genommen als sittenwidrig einzustufen, ist der Vertrag in seiner Gesamtheit zu würdigen. Auch dies führt nicht zu einer Sittenwidrigkeit des Rechtsverhältnisses.
Der DV 2020 sieht, wie dargelegt, eine Vielzahl möglicher Ansprüche auf Seiten der Klägerin vor, die jeweils für sich betrachtet nicht den Grad der Sittenwidrigkeit erreichen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Leistungen jeweils entweder nicht unüblich sind und/oder keine illegitimen Zwecke verfolgen. Es ist auch keine Konstellation erkennbar, in der eine Mehrheit der Ansprüche kumuliert von Seiten der Beklagten zu erfüllen wäre.
Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses war auch nicht ersichtlich, dass die Streithelferin und die Klägerin einzelne Vertragsvereinbarungen bewusst entgegen anderslautender objektiver Anhaltspunkte vereinbart und damit eine Schädigung der Interessen der Beklagten sowie der beitragszahlenden Gemeinschaft herbeigeführt hätten. Ebenfalls ist nicht erkennbar, dass sie bei Vertragsschluss bei sorgfältiger Prüfung hätten erkennen müssen, dass die Möglichkeit des Schadenseintritts sich mit ziemlicher Sicherheit verwirklichen werde (vergleiche zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Prüfung von Sicherungsverträgen BGH, 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, juris Rn. 8 ff; für die Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Bewertung von Ruhegeld regelnden Dienstverträgen ArbG Berlin, 8. Januar 2024 – 60 Ca 1631/23 und 60 Ca 3213/23, juris Rn. 264 ff). Es waren im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages keine Anhaltspunkte fachlicher oder persönlicher Art auf Seiten der Klägerin erkennbar, die den Vertragsschluss als schädigend gegenüber der Beklagten und damit auch der beitragszahlenden Gemeinschaft wirken lassen. Die Klägerin ist seit 2001 bei der Beklagten beschäftigt. Da nicht anders dokumentiert, ist davon auszugehen, dass sie sich seit Jahren fachlich bewährt hatte. Sie hat sich in verschiedenen Funktionen stetig beruflich fortentwickelt und war nach vielen Jahren als Leiterin der Intendanz 2017 mit der Leitung des Justitiariats betraut worden. Nach vier Jahren als Justitiarin ist ihr zudem ein Folgevertrag als Juristische Direktorin angeboten worden. Es bestanden damit keine Anhaltspunkte dafür, dass die beiden Vertragsunterzeichnerinnen (für sich oder kollusiv) die Vertragsregelungen entgegen der Zwecksetzung zu ihrem eigenen Vorteil und über die bezweckten Zielsetzungen hinaus missbrauchen wollten.
Schließlich erweist sich der DV 2020 auch nicht in der Würdigung einzelner Leistungsansprüche in Verbindung mit einer verwerflichen Gesinnung der Klägerin als sittenwidrig. Gegen eine solche Gesamtwürdigung spricht bereits, dass auch bei den Einzelleistungen nicht nur kein grobes, sondern auch kein auffälliges Missverhältnis im Sinne der Rechtsprechung zu erkennen ist. Zum anderen führen die von Seiten der Beklagten aufgeführten Umstände nicht zur Annahme einer verwerflichen Gesinnung auf Seiten der Klägerin.
So kann sich die Beklagte an dieser Stelle nicht mit Erfolg darauf berufen, der Klägerin sei der Anspruch auf ein nachvertragliches Ruhegeld bereits zugesagt worden, ohne dass ihr ein Direktorenstatus zugekommen wäre. Auch wenn dies den Tatsachen entspricht, wurde bereits dargelegt, dass die Einführung dieses Anspruchs für die Klägerin mit dem DV 2018 im Zusammenhang mit der Aufwertung ihrer Position sowie der Position des Chefredakteurs und mit der Befristung beider Verträge zu sehen ist.
Eine verwerfliche Gesinnung der Klägerin lässt sich auch nicht aus der gelebten und bekannten Praxis des Verwaltungsrates im Verfahren der Zustimmungserteilung zu Neuabschlüssen bzw. Änderungen in Direktorenverträgen ableiten. Auch wenn das Verfahren im Einzelnen nicht den Vorgaben der GO-VR entsprochen hat, folgt daraus keine verwerfliche Gesinnung der Klägerin, denn es hat jeweils einer Auseinandersetzung im Verwaltungsrat vor der jeweiligen Beschlussfassung zu den Dienstverträgen stattgefunden. Die Klägerin durfte, wie bereits dargelegt, davon ausgehen, dass die Mitglieder des Verwaltungsrates derart über die zustimmungspflichtigen Sachverhalte informiert seien, dass ihnen eine Willensbildung zur Zustimmungserteilung möglich war, die der Zielsetzung des Zustimmungsverfahrens, nämlich der Überwachung der Geschäftsführung durch die Intendantin gemäß § 18 Absatz 1 Staatsvertrag, gerecht werde. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Klägerin diese gelebte Praxis bewusst für Inhalte im DV 2020 ausgenutzt hätte.
(4)
Auf die Frage, ob als Rechtsfolge der Vertrag teil- oder gesamtnichtig wäre, kommt es mangels Sittenwidrigkeit nicht mehr an.
b.
Die fristlose Kündigung vom 2. Dezember 2022 beendet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 3. Dezember 2022, dem Tag, an dem das Kündigungsschreiben der Klägerin zugegangen ist.
aa.
Dabei gilt die Kündigung nicht bereits gemäß §§ 13 Satz 2, 4 Satz 1, 7 KSchG als rechtswirksam.
Die Klägerin hat gegen die Kündigung vom 2. Dezember 2022 durch Schriftsatz vom 21. Dezember 2022, eingegangen beim Arbeitsgericht am 21. Dezember 2022 und der Beklagten zugestellt am 30. Dezember 2022, Kündigungsschutzklage erhoben, welche gemäß § 167 ZPO als fristgemäß innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigungserklärung erhoben gilt.
bb.
Der Beklagte kann sich zur Rechtfertigung einer Tatkündigung auf einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Absatz 1 BGB berufen.
(1)
Nach § 626 Absatz 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG, 14.12.2023 – 2 AZR 55/23, NJW 2024, 613 Rn. 14; BAG, 27.06.2019 - 2 AZR 50/19, juris Rn. 12).
(2)
Entsprechend den vorgenannten Grundsätzen hat die Klägerin für sie maßgebliche Hinweispflichten gegenüber der Streithelferin im Hinblick auf fehlende oder fehlerhafte Beteiligungen des Verwaltungsrates vor Unterzeichnung von vertraglichen Vereinbarungen mit Direktorinnen und Direktoren verletzt.
(a)
Die Intendantin leitet die Beklagte in eigener Verantwortung unbeschadet der Rechte anderer Organe und vertritt die Beklagte gerichtlich und außergerichtlich, § 21 Absatz 1 und 2 Staatsvertrag. Die Wahrnehmung der Geschäfte hat den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu folgen, § 24 Absatz 1 Satz 1 Staatsvertrag. Der Verwaltungsrat überwacht die Geschäftsführung der Intendantin mit Ausnahme der inhaltlichen Gestaltung der Angebote, § 18 Absatz 1 Staatsvertrag. Dementsprechend obliegen ihm unter anderem Prüfungsaufgaben in Bezug auf den Wirtschaftsplan oder den Erlass der Finanzordnung, § 18 Absatz 2 Nr. 3 und 4 Staatsvertrag. Weiterhin bedürfen Geschäfte von inhaltlicher und/oder finanzieller Tragweite seiner Zustimmung (vergleiche die Aufzählung in § 18 Absatz 3 Staatsvertrag). Der Verwaltungsrat führt seine Geschäfte in eigener Verantwortung und wird dabei durch die Geschäftsstelle unterstützt, § 10a Absatz 1 und 2 Geschäftsordnung A. Die Klägerin hat ihre Aufgaben und Pflichten nach den Bestimmungen des Staatsvertrags, der Satzung und der Geschäftsordnung A wahrzunehmen, § 2 Absatz 1 DV 2020. Danach unterrichtet die Justitiarin die Intendantin über alle bedeutsamen Angelegenheiten in ihrer Direktion, insbesondere über alle rechtlich bedeutsamen Angelegenheiten, § 4 Absatz 3, § 5 Absatz 2 Geschäftsordnung A. Sie ist außerdem für die Bearbeitung sämtlicher Rechtsangelegenheiten der Beklagten zuständig, § 17 Absatz 1 Geschäftsordnung A.
Aus diesem Zusammenspiel der einzelnen Zuständigkeits- und Funktionsverteilungen ergibt sich, dass die inhaltliche Verantwortung für die Geschäftsführung der Beklagten, und damit zum Beispiel für die Verträge mit Geschäftsleitungsmitgliedern, grundsätzlich bei der Intendantin liegt. Die Überprüfung der Vereinbarungsinhalte in Bezug auf die Führung der Geschäfte durch die Intendanz, auch in Wahrung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, obliegt dem Verwaltungsrat als deren Kontrollorgan. Die Prüfobliegenheit der Vereinbarungsinhalte im Hinblick auf sämtliche rechtlichen Fragestellungen liegt hingegen bei der Justitiarin.
Der Klägerin kam danach die Pflicht als Justitiarin gegenüber der Streithelferin zu, diese auf rechtliche Aspekte der Geschäftsführung hinzuweisen.
Das konnte zum einen rechtliche Aspekte von Verfahrensfragen betreffen. Lag zum Beispiel die Zustimmung eines Organs für ein Rechtsgeschäft, welches die Streithelferin für die Beklagte verantwortete, nicht vor, war es die Pflicht der Klägerin als Justitiarin bzw. juristische Direktorin die Streithelferin auf das notwendige Zustimmungserfordernis und etwaige Rechtsfolgen aus dessen Fehlen hinzuweisen.
Zum anderen konnte diese Hinweispflicht rechtliche Aspekte bezogen auf den Inhalt der Geschäftsführung im Bereich der Direktion Recht betreffen. Rechtsgeschäfte, die unter Missachtung des von der Beklagten zu beachtenden Grundsatzes von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die Grenze der Verschwendung – hier öffentlich-rechtlicher Rundfunkbeiträge – erreichen würden, könnten den Tatbestand der Untreue erfüllen, § 266 StGB (Strafgesetzbuch) (MüKoStGB/Dierlamm/Becker, 4. Auflage 2022, StGB § 266 Rn. 294). Im Hinblick auf die Ausübung dieser Hinweispflicht ist allerdings darauf hinzuweisen, dass nicht jede verschwenderisch anmutende Ausgabe den Tatbestand der Untreue erfüllt; vielmehr ist für die Festlegung der Höhe von im Bereich der öffentlichen Verwaltung gezahlten Vergütungen ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet, der regelmäßig erst dann (pflichtwidrig) überschritten wird, wenn es zur Gewährung einer sachlich nicht gerechtfertigten und damit unangemessenen Gegenleistung kommt (BGH, 24.11.2020 – 5 StR 553/19, BeckRS 2020, 43084 Rn. 30). Finanzielle Zuwendungen an Mitarbeiter können – vergleichbar mit Sonderzahlungen im privatrechtlichen Bereich – auch dann mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vereinbar sein, wenn sie im Interesse einer qualitativ befriedigenden und effektiven Aufgabenerfüllung geleistet werden (BGH, 24.11.2020 – 5 StR 553/19, BeckRS 2020, 43084 Rn. 43).
Die Entscheidung, ob die Geschäfte trotz etwaiger Hinweise durchgeführt werden, lag sodann wiederum bei der Intendantin. Hingegen kommt der Justitiarin gegenüber dem Verwaltungsrat keine Hinweispflicht zu.
(b)
Die Klägerin hat ihr obliegende Hinweispflichten im Hinblick auf rechtliche Aspekte von Verfahrensfragen gegenüber der Intendantin jedenfalls vor der Unterzeichnung des Dienstvertrags und des Aufhebungsvertrags mit dem damaligen Chefredakteur und der L-Zulagenvereinbarungen mit Geschäftsleitungsmitgliedern verletzt.
(aa)
Der Verwaltungsrat hat nach § 18 Absatz 3 Nr. 5 Staatsvertrag im Hinblick auf sämtliche Vereinbarungen zur Vertragsgestaltung und zur Beendigung der Verträge mit Direktorinnen und Direktoren vorab seine Zustimmung zu erteilen. Das ergibt eine Auslegung der maßgeblichen Regelungen des Staatsvertrages.
Dem Verwaltungsrat obliegt mit Ausnahme der inhaltlichen Programmgestaltung die umfassende Kontrolle der Geschäftsführung der Beklagten durch die Intendantin. Der Verwaltungsrat kann seiner Aufgabe der Überwachung der Intendanz nur nachkommen, wenn das Zustimmungserfordernis umfassend verstanden wird. Der Überwachungsaufgabe könnte er nicht gerecht werden, wenn die Intendantin nach Einholung der Zustimmung des Verwaltungsrates zum Abschluss eines Anstellungsvertrages frei darin wäre, diesen Vertrag nach Belieben zu ändern oder aufzuheben. Dementsprechend ist nicht nur der Abschluss und die Kündigung eines Anstellungsvertrages, sondern auch die Vereinbarung von Änderungs- und Ergänzungsverträgen, der Abschluss von Zusatzvereinbarungen sowie der Abschluss von Aufhebungsverträgen mit Direktorinnen und Direktoren zustimmungspflichtig. Wird die Vergütung erhöht, eine Zulage erteilt oder eine Abfindung versprochen, eine Ruhegeldregelung ergänzend oder abweichend zu bisherigen Vereinbarungsinhalten geregelt, hat der Verwaltungsrat zuzustimmen. Ansonsten liefe der Zustimmungsvorbehalt des Verwaltungsrates leer.
Diese Auslegung wird gestützt durch den weiteren Aspekt, dass die Geschäftsführung der Beklagten und damit auch der Bereich der Direktion Recht unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu erfolgen hat, was ebenfalls im Hinblick auf alle finanzwirksamen Maßnahmen für einen umfassenden Zustimmungsvorbehalt spricht.
(bb)
Im Hinblick auf den Dienstvertrag und den Aufhebungsvertrags mit dem damaligen Chefredakteur und alle L-Zulagenvereinbarungen mit Geschäftsleitungsmitgliedern hat die Klägerin diese Hinweispflicht in schwerwiegender Weise verletzt.
(i)
Die Klägerin hat entgegen ihrer Verpflichtung keinen Hinweis erteilt, dass der Verwaltungsrat dem Inhalt des Dienstvertrages, wie er zuletzt von der Beklagten und mit dem damaligen Chefredakteur vereinbart wurde, nicht zugestimmt hat.
Dass der Dienstvertrag zustimmungspflichtig ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von
§ 18 Absatz 3 Nr. 5 Staatsvertrag. Der Verwaltungsrat hat sich in der Sitzung vom 26. April 2018 dem Protokoll nach mit den beabsichtigten Änderungen im Dienstvertrag des damaligen Chefredakteurs befasst. Ausweislich des Protokolls (Anlage B51) wird auf den Anpassungsbedarf der laufenden Verträge der Geschäftsleitungsmitglieder Bezug genommen, woraufhin die Mitglieder des Verwaltungsrates in der Sitzung am 26. April 2018 den beabsichtigten Änderungen zugestimmt haben. Der Streitverkündete hat in seinem Schreiben vom 31. Januar 2023 behauptet (Anlage B101), dass er sämtliche Vertragskonditionen dem Verwaltungsrat vorgetragen habe. Der Vortrag der Beklagten, dass die Mitglieder des Verwaltungsrates behaupteten, dass ihnen weder die Beschlussvorlage zu Top … (Anlage B100) vorgelegen habe noch sie sich daran erinnern könnten, dass ihnen der Streitverkündete den Inhalt mündlich vorgetragen habe, kann dahinstehen, denn der später unterzeichnete Vertrag entspricht seinem Inhalt nach nicht den Inhalten der genannten Beschlussvorlage (Anlage B134). Im Nachgang zur Verwaltungsratssitzung haben die Streithelferin und der damalige Chefredakteur sich auf eine um 1 ¼ Jahr verlängerte Vertragslaufzeit geeinigt. Gemäß den Inhalten der Beschlussvorlage war eine vorzeitige Vertragsverlängerung geplant. Der seinerzeitige Vertrag hatte eine Laufzeit vom 1. Mai 2014 bis zum 30. April 2019. Der neue Vertrag sollte nach den Inhalten der Beschlussvorlage eine Vertragsdauer vom 1. April 2018 bis 31. Dezember 2021 umfassen. Die nachträglich unterzeichnete Einigung zwischen der Streithelferin und dem damaligen Chefredakteur belief sich hingegen auf eine Vertragslaufzeit bis zum 31. März 2023. Die Klägerin informierte in Bezug auf die verlängerte Vertragslaufzeit lediglich den Streitverkündeten; weder sie selbst noch die Streithelferin initiierten eine Befassung des gesamten Gremiums mit dieser Änderung. Der Klägerin war bekannt, dass die Verlängerung der Vertragslaufzeit zu keinem Zeitpunkt Gegenstand einer Beschlussfassung im Verwaltungsrat gewesen ist. Dennoch hat sie die Streithelferin nicht vor Unterzeichnung des Vertrages auf das fehlende Zustimmungserfordernis hingewiesen.
(ii)
Die Klägerin wies die Streithelferin auch nicht darauf hin, dass zum Aufhebungsvertrag mit dem damaligen Chefredakteur vor Unterzeichnung auf Seiten der Beklagten durch die Streithelferin und die Klägerin am 25. August 2020 keine Zustimmung des Verwaltungsrates vorlag.
Die Zustimmungspflichtigkeit ergibt sich aus der vorgenommenen Auslegung von § 18 Absatz 3 Nr. 5 Staatsvertrag. Von einer notwendigen Zustimmung gingen auch die Klägerin sowie die Streithelferin aus; die Zustimmung des Verwaltungsrats wurde in der Sitzung am 14. September 2020 erteilt (Anlage B145). Sie hätte jedoch vor Unterzeichnung des Vertrages durch die Streithelferin vorliegen müssen. Ansonsten läuft die Kontrollfunktion leer, wenn die Beklagte bereits rechtlich gebunden ist, so dass etwaige Einwendungen des Verwaltungsrates keine Berücksichtigung mehr finden können.
(iii)
Die Klägerin hat die Streithelferin schließlich nicht darauf hingewiesen, dass zum Abschluss sämtlicher L-Zulagenvereinbarungen mit den Geschäftsleitungsmitgliedern vorab eine Zustimmung des Verwaltungsrates erforderlich ist, jedoch nicht vorlag.
Den Geschäftsleitungsmitgliedern ist jeweils die Zahlung von monatlich … EUR brutto für den Zeitraum von bis zu 36 Monaten in Abhängigkeit von der Dauer des L-Vorsitzes und der Geschäftsleitungszugehörigkeit für die mit dem Vorsitz einhergehenden zusätzlichen Aufgaben – deren Bestehen und Erledigung an dieser Stelle unterstellt wird - zugesagt worden; der Streithelferin wurde die Zahlung eines monatlichen Beitrags in Höhe von …EUR brutto zugesagt. Bei der Klägerin, wie bei den anderen Direktoren, handelt es sich um eine monatliche Vergütungserhöhung um ca. 10%. Die Zusatzvereinbarung verändert damit für einen erheblichen Zeitraum den Umfang der wechselseitigen Hauptleistungspflichten. Allein dieser Umstand zeigt die inhaltliche Reichweite der Regelung, woraus unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Zustimmungserfordernisses die notwendige Zustimmungspflichtigkeit folgt.
Zu keiner der Vereinbarungen mit den Direktorinnen und Direktoren lag vor deren Unterzeichnung durch die Streithelferin eine Zustimmung des Verwaltungsrates vor. Auf der Zulagenvereinbarung der Klägerin ist als Datum der 25. April 2021 vermerkt (Anlage B66). Laut Vortrag der Beklagten wurden der Vorgang am 25. Juni 2021 in V erfasst und die Zulage ab Juli 2021 ausgezahlt. Der damalige Verwaltungsdirektor, der damalige Programmdirektor sowie der damalige Produktions- und Betriebsdirektor erhielten jeweils am 7. September 2021 eine bereits durch die Streithelferin und den Streitverkündeten unterzeichnete Zulagenvereinbarung übersandt, mit der Bitte diese gegengezeichnet zurückzusenden (Anlage B85).
Es genügte nicht, dass die Klägerin dem Streitverkündeten die Verträge für die genannten Direktoren für die Sitzung am 9. September 2021 übermittelte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Vereinbarungen bereits für die Beklagte unterzeichnet. Eine Übersendung ihrer eigenen Vereinbarung in Vorbereitung irgendeiner Sitzung des Verwaltungsrats ist nicht ersichtlich. Vor Unterzeichnung sämtlicher Vereinbarungen hatte es keinerlei Beschlussvorlagen gegeben, was die Klägerin aufgrund ihrer Position wusste. Sie entwarf die Zulagenvereinbarung mit der „Bestätigt“-Unterschriftenzeile für den Streitverkündeten. Ausweislich des Protokolls zur Sitzung am 9. September 2021 (Anlage B87) wurde auch kein (nachträglicher) Beschluss gefasst, denn dort werden nur Anpassungen der Dienstverträge des damaligen Verwaltungsdirektors und des damaligen Produktions- und Betriebsdirektors erwähnt.
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass der Verwaltungsrat seit Zustimmung zur Zulagenvereinbarung zugunsten der Streithelferin in der Sitzung am 25. Februar 2021 Kenntnis davon hatte, dass diese Zulage auch an weitere Personen gezahlt werden sollte, die wegen des Vorsitzes einer deutlichen Mehrbelastung ausgesetzt seien. Die Klägerin hat nicht davon ausgehen dürfen, dass der Streitverkündete dem Verwaltungsrat dies mitteilen würde. Zudem genügt nicht, dass im Verwaltungsrat diskutiert worden sei, ob der Streitverkündete ebenfalls eine erhöhte Zulage erhalte und auch, dass aufgrund der Übernahme des Vorsitzes zusätzliche Stellen benötigt und Umbauarbeiten erforderlich seien.
Die etwaige Kenntnis der Verwaltungsratsmitglieder über die Absicht, an weitere Personen die Zulage zu zahlen, kann unterstellt werden. Sie erübrigt zum einen eine formale Beschlussfassung nicht. Zum anderen kommt es auf den jeweiligen Einzelfall und auf die Frage an, ob die Person tatsächlich einer Mehrbelastung ausgesetzt ist, die auszugleichen wäre, und wenn ja in welcher Höhe. Vor allem aber ist die jeweilige Höhe der Zulage ein Umstand, der ausweislich des Vortrags der Klägerin im Einzelnen nicht bekannt war.
(iv)
Keine vergleichbare Hinweispflichtverletzung ist der Klägerin im Hinblick auf den Abschluss ihrer eigenen Dienstverträge vorzuwerfen.
Die Änderungen im DV 2018 waren in der Beschlussvorlage vom 13. April 2018 für die Verwaltungsratssitzung am 26. April 2018 aufgeführt (Anlage B100). Die Beschlussvorlage enthielt eine ausführliche Darstellung der Hintergründe der vorzunehmenden Vertragsanpassungen sowie zu jedem einzelnen Geschäftsleitungsmitglied eine gesonderte Zusammenfassung der vorzunehmenden Änderungen, gefolgt von einer Aufstellung einzelner Vertragsinhalte unterteilt nach Vertragslaufzeit, Grundvergütung, Ruhegeldanspruch und Nebenleistungen. Im Protokoll zur Sitzung (Anlage B51) ist festgehalten, dass der Verwaltungsrat auf den Bericht des Vorsitzenden den Änderungen bei den übrigen Geschäftsleitungsmitgliedern zustimmt. Auch wenn der Beklagten zuzugeben ist, dass nicht sämtlichen Mitgliedern des Verwaltungsrates die Beschlussvorlage oder ein Vertragsentwurf vor Zustimmungserteilung vorlagen und der DV 2018 nicht gesondert als Punkt auf der Tagesordnung aufgeführt war, so hat dennoch ein Verfahren stattgefunden, in dem der Verwaltungsratsvorsitzende die übrigen Mitglieder über die abzustimmenden Inhalte informiert hat, sodass die Mitglieder sich aufgrund der vorgebrachten Informationen für derart informiert gehalten haben, dass sie sich zu einer Abstimmung berechtigt und befähigt gesehen haben. Es hat danach jedenfalls ein Verfahren stattgefunden - auch wenn es nicht im Einzelnen den Vorgaben der Geschäftsordnung des Verwaltungsrates entsprach -, das von außen betrachtet dem Sinn und Zweck der Zustimmungserteilung durch den Verwaltungsrat gerecht wird. Inwieweit der Verwaltungsrat die ihm zukommende Überwachungsaufgabe tatsächlich wahrnimmt, sofern ihm die Möglichkeit zur Erfüllung eröffnet wird, lag nicht im Verantwortungsbereich der Klägerin.
Dass im Einzelnen die Verwaltungsratsmitglieder über die Gewährung des Familienzuschlags an die Klägerin nicht informiert gewesen sein könnten, ändert daran nichts. Es ist kein Beschluss ersichtlich, für Geschäftsstellenmitglieder ab den Änderungsvereinbarungen im Jahr 2018 keinen Familienzuschlag mehr zu gewähren (siehe dazu die nachfolgenden Ausführungen unter A.III.3.a.), sodass der Verwaltungsrat hier insoweit auch nicht falsch oder irreführend durch lückenhafte Information beteiligt worden sein konnte.
Auch hinsichtlich des DV 2020 ist keine vergleichbare Pflichtverletzung auf Seiten der Klägerin erkennbar, selbst wenn das durchgeführte Verfahren im Einzelnen nicht der Geschäftsordnung des Verwaltungsrates entsprochen hat. Auch hier erfolgte eine Beschlussfassung im Gesamtgremium auf den Bericht des Vorsitzenden, ohne dass der DV 2020 als gesonderter Punkt auf der Tagesordnung vermerkt war (Anlage B46). Ausweislich des Protokolls zur 118. Sitzung am 26. November 2020 trägt der Streitverkündete vor (Anlage B103), dass die Beklagte beabsichtigt, die Klägerin zur juristischen Direktorin zu berufen, worauf er für den AT-Vertrag die Bedingungen nennt. Anschließend ist im Protokoll die einstimmige Zustimmung des Verwaltungsrates vermerkt. Es hat damit auch hier ein Verfahren stattgefunden, welches der Zielsetzung dieses Zustimmungserfordernisses dem Grunde nach gerecht wird.
(v)
Eine vergleichbar schwere Hinweispflichtverletzung wird auch nicht hinsichtlich der Einführung des Konzepts F gesehen. Mit der Beklagten ist davon auszugehen, dass die Einführung des Konzeptes an sich nicht zustimmungspflichtig ist, wohl aber eine darauf beruhende Änderung von Verträgen der Geschäftsleitungsmitglieder. In der Beschlussvorlage für den 101. Sitzung am 26. April 2018 ist das variable Vergütungssystem seinem Inhalt nach, insbesondere im Hinblick auf die finanziellen Parameter beschrieben (Anlage B100). Mitgeteilt wird, dass der leistungsorientierte Vergütungsanteil 20% des Basisgehalts betrage, wobei das Basisgehalt als ein um 8,33% gekürztes Grundgehalt ausgezahlt werde, und dass das Basisgehalt die Grundlage für die Berechnung der Altersversorgung bleibe. Weiterhin ist unter „c) Änderungen der Vergütungshöhe“ angegeben, dass die Streithelferin und der Streitverkündete aufgrund der Veränderungen in den Verantwortungsbereichen mit Einführung des variablen Vergütungssystems Anpassungen der Vergütung der laufenden Verträge für notwendig erachteten. Für jedes Geschäftsleitungsmitglied ist sodann der Betrag der (neuen) Grundvergütung angegeben. In der Beschlussvorlage ist daher der Fakt der Vergütungserhöhung an sich enthalten. Insbesondere zur Klägerin ist in der Begründung ihrer persönlichen Vertragsbedingungen angegeben, dass der neue Zuschnitt des Justitiariats und die deutliche Vergrößerung des Verantwortungsbereichs durch die zusätzliche Verantwortung für die Beitragsangelegenheiten, die Lizenzerteilung, das Beteiligungsmanagement sowie ihre neue Tätigkeit als Verwaltungsratsvorsitzende des W eine entsprechende Anpassung bedinge.
Sofern schließlich die Beklagte rügt, den Verwaltungsratsmitgliedern sei nicht vorgetragen worden, dass eine Zusage eines lebenslangen Ruhegelds an den damaligen Chefredakteur und die Klägerin als Nicht-Direktor bzw. Nicht-Direktorin zu dieser Zeit beabsichtigt sei, gilt dafür nichts anderes. Im Rahmen der Erläuterung des Hintergrundes wird unter „e) Vereinheitlichung der GL-Verträge“ mitgeteilt, dass eine Angleichung der Verträge der beiden Geschäftsleitungsmitglieder, nämlich der Justitiarin und des Chefredakteurs, beide bisher ohne Direktorenstatus, erfolgen soll, da die besondere Verantwortung auf beiden Positionen dies als angemessen erscheinen lasse. Mit Ausfertigung dieser Beschlussvorlage hat die Klägerin damit vor der Vertragsunterzeichnung ihre Aufgabe erfüllt und dem Verwaltungsrat eine hinreichende Kenntniserlangung ermöglicht. In Ansehung des Inhalts dieser Beschlussvorlage, auf deren Bericht eine Zustimmung erteilt wurde, ist keine Pflichtverletzung erkennbar,
(vi)
Nach Auffassung der Kammer stellt jede der Pflichtverletzungen der Klägerin im Hinblick auf den Sachverhalt Dienstvertrag und Aufhebungsvertrag mit dem damaligen Chefredakteur und die L-Zulagenvereinbarungen für sämtliche Geschäftsleitungsmitglieder für sich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar.
Der Klägerin ist als juristischer Direktorin bekannt, ob im Einzelfall zu Verträgen zu Geschäftsleitungsmitgliedern der Verwaltungsrat beteiligt worden ist. Die Klägerin war zum einen als Justitiarin damit betraut, in Abstimmung mit der Streithelferin die Beschlussvorlagen für Beschlüsse ihre Direktion betreffend vorzubereiten. Die Klägerin wusste des Weiteren aufgrund ihrer Anwesenheit bei den Verwaltungsratssitzungen, jedenfalls über die ihr übersandten Protokolle, in welcher Sitzung der Verwaltungsrat welche Beschlüsse fasste.
Der Klägerin war daher bekannt, dass die Vertragsverlängerung im Dienstvertrag des damaligen Chefredakteurs kein Gegenstand einer Abstimmung im Verwaltungsrat war. Der Klägerin war auch bekannt, dass der Aufhebungsvertrag mit dem damaligen Chefredakteur unterzeichnet wurde, der Verwaltungsrat aber erst nach Unterzeichnung mit dem Sachverhalt befasst wurde. Der Klägerin war schließlich bekannt, dass es für die Zulagenvereinbarungen zugunsten der Direktorinnen und Direktoren keine Beschlussvorlage für den Verwaltungsrat gegeben hat und auch keine Beschlussfassung des Verwaltungsrates angeregt wurde. Der Klägerin war auch bekannt, dass die Zulagenvereinbarungen zu keinem Zeitpunkt Gegenstand einer Beschlussfassung in einer Verwaltungsratssitzung waren. Für die Klägerin war auch erkennbar bzw. hätte von ihr jedenfalls erkannt werden müssen, dass die bestätigende Unterschrift des Streitverkündeten auf den jeweiligen Zulagenvereinbarungen nicht die notwendige Beschlussfassung des Gesamtgremiums ersetzen konnte.
Dennoch hat die Klägerin in keinem dieser Sachverhalte die Streithelferin vor Unterzeichnung der Verträge, wodurch die Beklagte jeweils rechtlich gebunden wurde, auf das notwendige Zustimmungserfordernis und den damit vorliegenden Verfahrensmangel hingewiesen. Der Klägerin musste die Notwendigkeit der Beachtung dieses Zustimmungserfordernisses bekannt sein. Die Klägerin hat bei der Beklagten die höchste rechtliche Position bekleidet. Die Führung der Direktion Recht entsprechend den Bestimmungen des Staatsvertrags, der Satzung und der Geschäftsordnung und damit die Unterrichtung der Streithelferin über alle rechtlich bedeutsamen Angelegenheiten dieser Direktion und bei der Beklagten im Allgemeinen war ihre Hauptleistungspflicht. Um ihren rechtlichen Prüf- und Hinweispflichten nachkommen zu können, war sie gemäß § 17 Absatz 2 Geschäftsordnung A in sämtliche Rechtsangelegenheiten einschließlich der Verhandlungen über den Abschluss von Dienstvereinbarungen und Verträgen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung rechtzeitig einzubeziehen. Kommt sie dann diesen Hinweispflichten nicht nach, ist das Kernstück ihrer Tätigkeit betroffen.
Jedenfalls rechtfertigt eine Gesamtwürdigung dieser einzelnen Pflichtverletzungen eine fristlose Kündigung (siehe dazu Gallner/Mestwerdt/ Nägele/Gieseler, Kündigungsrecht, 7. Auflage 2021, § 626 BGB Rn. 91; NK-ArbR/Meyer, 2. Auflage 2023, BGB § 626 Rn. 58). Für dieses Ergebnis ist nicht nur darauf abzustellen, dass die Klägerin eben nicht nur in einem Fall, sondern wiederholt im Hinblick auf Verträge von Geschäftsleitungsmitgliedern ihren Prüf- und Hinweispflichten nicht nachgekommen ist und so dazu beigetragen hat, dass eine dadurch bewirkte rechtliche Bindung der Beklagten erfolgte, ohne dass der Verwaltungsrat im Hinblick auf diesen erheblichen Teil der Geschäftsführung seine Kontrollbefugnisse hat wahrnehmen können.
Diese Gesamtwürdigung rechtfertigt sich des Weiteren auch aus einer Gesamtschau des Sachverhalts den damaligen Chefredakteur betreffend. Ohne vorherige Befassung des Verwaltungsrates wurde zunächst im Jahr 2018 sein Dienstvertrag bis zum 31. März 2023, und damit zwei Jahre über das Regelrenteneintrittsalter hinausgehend verlängert, um dann im Jahr 2020 im Aufhebungsvertrag eine Beendigung zum Regelenteneintritt am 31. März 2021 zu vereinbaren. Zusätzlich wurde mit dem damaligen Chefredakteur unüblicherweise trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Steigerung der Ruhegeldansprüche bis zum vormals vorgesehenen Vertragsende vereinbart. Denn der Aufhebungsvertrag regelt eine Steigerung des Ruhegeldanspruchs auch nach Vertragsende von 58% auf 60%, während üblicherweise der Prozentsatz als Grundlage der Ruhegeldberechnung im Zeitpunkt des Ausscheidens für den Zeitraum des Ruhegeldbezugs unverändert bleibt. Damit wurde der damalige Chefredakteur im Aufhebungsvertrag so gestellt, als wäre er erst 2023 aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden. Kein Gegenstand einer vorherigen Beschlussfassung im Verwaltungsrat war auch, dass das dem damaligen Chefredakteur zugesagte Beraterhonorar nicht auf die Ruhegeldansprüche anzurechnen sei. Im Aufhebungsvertrag verzichtet die Beklagte danach auf zwei Jahre Gegenleistungen, sie erhöht dennoch schrittweise den Ruhegeldanspruch und akzeptiert eine Nichtanrechnung der von ihr gezahlten Beratungshonorare. Die Verpflichtung der Beklagten ist damit zum einen finanziell weitreichend und zum anderen abweichend von üblichen Regelungen zugunsten der Geschäftsleitungsmitglieder. Gerade in dieser Sachverhaltsgesamtschau kann sich die Klägerin nicht – wie in anderem Zusammenhang erfolgt - darauf berufen, die Inhalte der Dienstverträge der Geschäftsleitungsmitglieder seien seit 2003 gleichbleibend (hinsichtlich der vereinbarten Ruhegeldansprüche) oder der Verwaltungsrat sei an sich über den Sachverhalt informiert (hinsichtlich der L-Zulagenzahlungen). Keines der vorgenannten Details stand zur Abstimmung im Verwaltungsrat.
Die Kammer erachtet die Zustimmungsbedürftigkeit danach als offensichtlich und die Verletzung der Hinweispflichten aufgrund dieser Offensichtlichkeit als schwerwiegend.
(3)
Die außerordentliche Kündigung vom 2. Dezember 2022 erweist sich als verhältnismäßig.
(a)
Bei der Prüfung, ob der Arbeitgeberin eine Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerin trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse der Arbeitgeberin an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse der Arbeitnehmerin an dessen Fortbestand abzuwägen. Dabei hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Interessenabwägung hat bei Vorliegen einer Vertragspflichtverletzung unter anderem zum Gegenstand, ob der Kündigenden eine mildere Reaktion als eine fristlose Kündigung, also insbesondere eine Abmahnung oder fristgerechte Kündigung zumutbar war. Die ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzt regelmäßig eine Abmahnung voraus (BAG, 20. Oktober 2016 - 6 AZR 471/15, NZA 2016, 1527 Rn. 30; ErfK/Niemann, 24. Auflage, § 626 Rn. 25; MHdB-ArbR/Rachor, 5. Auflage, § 124 Rn. 7). Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme der Arbeitgeberin nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für die Arbeitnehmerin erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG, 20. Mai 2021 – 2 AZR 596/20, NZA 2021, 1178 Rn. 27 mit weiteren Nachweisen; BAG, 27. Februar 2020 – 2 AZR 570/19, NZA 2020, 1405 Rn. 23). Liegt nur eine dieser Fallgruppen vor, kann Ergebnis der Interessenabwägung nicht sein, die Kündigende auf eine Abmahnung als milderes Mittel zu verweisen (BAG, 20. Mai 2021 – 2 AZR 596/20, NZA 2021, 1178 Rn. 27 mit weiteren Nachweisen; BAG, 27. Februar 2020 – 2 AZR 570/19, NZA 2020, 1405 Rn. 24). Die zweite Fallgruppe betrifft ausschließlich das Gewicht der in Rede stehenden Vertragspflichtverletzung, die für sich schon die Basis für eine weitere Zusammenarbeit irreparabel entfallen lässt. Dieses bemisst sich gerade unabhängig von einer Wiederholungsgefahr. Die Schwere einer Pflichtverletzung kann zwar nur anhand der sie beeinflussenden Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, diese müssen aber die Pflichtwidrigkeit selbst oder die Umstände ihrer Begehung betreffen. Dazu gehören etwa ihre Art und ihr Ausmaß, ihre Folgen, der Grad des Verschuldens der Arbeitnehmerin sowie die Situation bzw. das „Klima“, in der bzw. in dem sie sich ereignete. Sonstige Umstände, die Gegenstand der weiteren Interessenabwägung sein können, wie etwa ein bislang unbelastetes Arbeitsverhältnis, haben bei der Prüfung der Schwere der Pflichtverletzung außer Betracht zu bleiben. Dies gilt umgekehrt ebenso für ein nachfolgendes wahrheitswidriges Bestreiten, das für sich genommen ebenfalls nichts über die Schwere der begangenen Pflichtverletzung besagt (BAG, 20. Mai 2021 – 2 AZR 596/20, NZA 2021, 1178 Rn. 27).
(b)
Die unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorzunehmende, umfassende und auf den Einzelfall bezogene Interessenabwägung führt dazu, dass die Interessen der Beklagten an der außerordentlichen Beendigung überwiegen.
Die Beklagte hätte die Klägerin vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung nicht als milderes Mittel abmahnen müssen. Es handelt sich um derart schwere Pflichtverletzungen, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch die Beklagte nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für die Klägerin erkennbar – ausgeschlossen war.
Das folgt zunächst aus der besonderen Verantwortung, die mit der herausgehobenen Position der Klägerin verbunden ist. Die Klägerin war als juristische Direktorin für die gesamte Direktion Recht zuständig. Sie war in sämtlichen rechtlichen Angelegenheiten der Beklagten einzubeziehen, § 17 Absatz 2 Geschäftsordnung A. Die Übernahme einer Position in der Geschäftsleitung der Beklagten erfordert in gesteigertem Maße die Beachtung der Vorgaben des Staatsvertrags, der Satzung und der Geschäftsordnung.
Die Pflichtverletzungen der Klägerin haben nicht nur ihre hauptsächlichen Leistungspflichten betroffen, sondern zeitigen auch maßgebliche Auswirkungen auf die Geschäftsführung der Beklagten. Der Klägerin hätte in ihrer Position bewusst sein müssen, welche Pflichten ihr einerseits zukommen und welche Risiken bei deren Nichtbeachtung damit einhergehen. Die Pflichtverletzungen führen dazu, dass ohne die notwendige Kontrolle durch den Verwaltungsrat umfangreiche rechtliche Bindungen auf Seiten der Beklagten eingegangen werden. Die Kontrolle durch den Verwaltungsrat, auch im Hinblick auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, ist kein Selbstzweck. Er dient auch der Vertretung der Interessen der beitragszahlenden Gemeinschaft. Neben den wirtschaftlichen Risiken, die die Missachtung der Kontrollmechanismen birgt, droht der Beklagten bei solchen Sachverhalten ein erheblicher Ansehensverlust.
Die besondere Verantwortung der Klägerin sowie die Folgen der Pflichtverletzung zeigen, dass - auch für die Klägerin erkennbar – eine Hinnahme der Pflichtverletzungen der Beklagten unzumutbar war, so dass der Ausspruch einer Abmahnung entbehrlich war.
Auch im Rahmen der im Übrigen vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegen die Interessen der Beklagten.
Auf Seiten der Klägerin war in die Betrachtung einzubeziehen, dass sie seit 2001 und damit zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits seit 21 Jahren bei der Beklagten beschäftigt war. Hinzu kommt, dass die Klägerin diese Zeit beanstandungsfrei, das heißt ohne den vorherigen Ausspruch einer Abmahnung, in immer verantwortungsvolleren Funktionen absolviert hat. Schließlich sind ihre Unterhaltspflichten gegenüber zwei Kindern zu berücksichtigen.
Auf Seiten der Beklagten ist einzubeziehen, dass es sich bei der von der Klägerin bekleideten Position um eine absolute Vertrauensposition handelt.
Die Gegenüberstellung dieser Interessen jeder Seite führt zu einem Überwiegen der Interessen der Beklagten an der außerordentlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses.
Die Anforderungen an die Position der Klägerin in der Geschäftsleitung einerseits sowie der Umstand mehrfacher Pflichtverletzungen und damit einhergehender Risiken und des Ansehensverlusts andererseits überwiegen die bis dahin beanstandungsfreie Beschäftigungszeit, so dass auch eine Weiterbeschäftigung bis zum Befristungsende nicht zumutbar war. Es ist überdies davon auszugehen ist, dass die Klägerin aufgrund ihres Alters, insbesondere in Zusammenschau mit ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Vita auf dem Arbeitsmarkt wieder eine angemessene Position zu finden imstande ist, so dass sie auch ihren Unterhaltspflichten wird nachkommen können.
cc.
Die Kündigung erweist sich auch nicht wegen Nichtwahrung der Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Absatz 2 BGB als rechtsunwirksam.
(1)
Im Hinblick auf nachgeschobene Kündigungsgründe gilt, dass die „Kündigung als solche“ rechtzeitig erklärt ist, wenn bei ihrem Zugang der nachgeschobene Kündigungsgrund objektiv schon vorlag, aber dem Kündigungsberechtigten seinerzeit noch nicht bekannt war. Danach könnte auch in den Grenzen der Rechtsordnung eine Kündigung zunächst ohne jeden auch nur ansatzweise tragfähigen Grund gleichsam blanko erklärt werden (BAG, Beschluss vom 12. Januar 2021 – 2 AZN 724/20, NZA 2021, 710 Rn. 3 folgend; ErfK/Niemann, 24. Auflage 2024, BGB § 626 Rn. 55). Denn die Ausschlussfrist bezieht sich nach dem eindeutigen Wortlaut des § 626 Absatz 2 Satz 1 BGB allein auf die Ausübung des Kündigungsrechts, nicht jedoch auf die zu Grunde liegenden Kündigungsgründe (BAG, 23. Mai 2013 – 2 AZR 102/12, NZA 2013, 1416 Rn. 33; Ascheid/Preis/Schmidt/Vossen, 7. Auflage 2024, BGB § 626 Rn. 49).
(2)
Dementsprechend erweist sich der Kündigungsausspruch als rechtzeitig.
Bei den Kündigungsgründen, die die Kammer als gerechtfertigt ansieht, handelt es sich ausnahmslos um nachgeschobene Gründe. Von allen als berechtigt anzusehenden Kündigungsgründen hatte die zum Ausspruch der Kündigung berechtigte Person, die Interimsintendantin Frau Dr. Q, im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 2. Dezember 2022 keine Kenntnis.
Die Klägerin kann sich im Hinblick auf den Kündigungsgrund „L-Zulage“ nicht darauf berufen, dass bereits im August 2022 durch den damaligen Verwaltungsdirektor die Gewährung der L-Zulage im Intranet und Internet veröffentlicht und im Nachgang öffentlich diskutiert wurde. Das ist zwar unstreitig. Gleiches gilt für die Erkennbarkeit der Zahlung der Zulage aus dem Bezügebericht 2021, dem vertraulichen Teil des Jahresabschlusses. Auch wenn die Zahlung der Zulagen bereits vor Ausspruch der Kündigung diskutiert wurde, gehören zur Kenntnis der für den Kündigungsgrund maßgebenden Tatsachen vor allem die Daten der Unterzeichnung der jeweiligen Vereinbarungen sowie die Umstände zur Beteiligung des Verwaltungsrates. Die Unterzeichnung der Vereinbarung vor Einholung einer Zustimmung durch den Verwaltungsrat ist ein vom Vorwurf, die Zahlung einer Zulage sei weder rechtlich aufgrund der Vertragsgestaltung der Dienstverträge zulässig noch inhaltlich mangels ersichtlicher Mehrbelastung gerechtfertigt, zu unterscheidender Sachverhalt. Die die Kündigung nach Ansicht der Kammer rechtfertigenden Gründe waren zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht ersichtlich bekannt – auch wenn die Beklagte natürlich Zugriff auf die Verträge hatte, sondern ergaben sich erst aus den Anhörungen im Januar 2023. Eine Recherchepflicht vor Zugang der streitgegenständlichen Kündigung scheidet demnach ebenfalls aus.
Hinsichtlich des Kündigungsgrundes „keine rechtmäßige Beteiligung des Verwaltungsrates“ kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass dieses Thema bereits Teil der umfangreichen Befragung der Klägerin durch die Beklagte mit Schreiben vom 8. November 2022 (Anlage B97) und der Antwort der Klägerin mit Schreiben vom 22. November 2022 gewesen sei. Die Beklagte hat die Klägerin in diesem Anhörungsschreiben vor allem zur Entwicklung ihres eigenen Vertragsverhältnisses, insbesondere ab der Übernahme der Tätigkeit als Justitiarin, zu den einzelnen Vertragsinhalten also bezogen auf den DV 2017, den DV 2018 und den DV 2020, sowie den jeweiligen Verfahren im Verwaltungsrat befragt. Die Fragen der Beklagten bezogen sich darauf, wie es zur Vereinbarung einzelner Inhalte gekommen ist, wer daran beteiligt war, und wie das Beschlussverfahren im Verwaltungsrat, insbesondere ob durch eine beteiligende Mitwirkung der Klägerin, geführt wurde. Im Hinblick auf andere Mitglieder der Geschäftsleitung hörte die Beklagte die Klägerin lediglich zu den letzten Dienstverträgen des damaligen Verwaltungsdirektors, des damaligen Programmdirektors, des damaligen Produktions- und Betriebsdirektors sowie der Streithelferin an. Die Klägerin hat daraufhin umfassend zur eigenen Vertragsentwicklung aber auch zum Verfahren vor dem Verwaltungsrat mit Schreiben vom 22. November 2022 Stellung genommen (Anlage B98). Aus der Anhörung bzw. der genannten Stellungnahme seitens der Klägerin ergibt sich danach keine Kenntnis auf Seiten der Beklagten im Hinblick auf den Vorgang den damaligen Chefredakteur betreffend, so wie er vorliegend als Kündigungsgrund als gerechtfertigt angesehen wird. Zwar enthält die Anhörung vom 8. November 2022 bereits Nachfragen zur Entwicklung der AT-Vergütung und Geschäftsleitungsvergütung, was nicht nur den Vertrag der Klägerin, sondern sämtlicher Geschäftsleitungsmitglieder betraf. Die Fragen zum Procedere innerhalb des Verwaltungsrates bezogen sich jedoch auf die Vertragsänderungen in 2018. Kein Gegenstand war das konkrete Verfahren zur Beteiligung des Verwaltungsrates in Bezug auf den Dienstvertrag, insbesondere auf dem Verwaltungsrat vorgetragene Inhalte wie dessen Vertragsverlängerung, sowie den Aufhebungsvertrag mit dem damaligen Chefredakteur. Aus der Stellungnahme der Klägerin mit Schreiben vom 22. November 2022 ergab sich nach Auffassung der Kammer auch keine weitergehende Recherchepflicht bezogen auf den Ablauf der Beteiligungsverfahren des Verwaltungsrates im Vorgang den damaligen Chefredakteur betreffend. Die Antworten der Klägerin bezogen sich auf das allgemein übliche Procedere bei der Beteiligung des Verwaltungsrates im Hinblick auf Dienstverträge der Geschäftsleitungsmitglieder bzw. auf ihre eigenen Dienstverträge. Aus den Antworten war nicht ersichtlich, dass es auch Vereinbarungen von Vertragsinhalten ohne formelle oder vorherige Beteiligung des Verwaltungsrates gegeben hat.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Vorgang den damaligen Chefredakteur betreffend im Rechtsstreit zwischen der Beklagten und der Streithelferin vor dem Landgericht Berlin bereits im Januar 2023 als Kündigungsgrund nachgeschoben wurde. War der kündigungsberechtigten Person der streitige Sachverhalt vor Zugang der Kündigung nicht bekannt, läuft ab dem Zugang der Kündigung gemäß den zitierten Rechtsprechungsgrundsätzen keine weitere Frist, die für das Nachschieben der Kündigungsgründe beachtet werden müsste.
Nach alledem erweist sich die Kündigungserklärungsfrist im Hinblick auf die streitgegenständliche Kündigung als gewahrt.
dd.
Eine Unwirksamkeit der Kündigung ergibt sich nicht aufgrund einer etwaig fehlerhaften Beteiligung des Personalrats.
Nach § 34 Absatz 1 Satz 1 Staatsvertrag in Verbindung mit § 116 Absatz 4 Satz 3 Nr. 1 BPersVG (Bundespersonalvertretungsgesetz) war der Personalrat nicht zu beteiligen. Die Klägerin war zuletzt als Juristische Direktorin beschäftigt. Sie galt damit nicht als Beschäftigte im personalvertretungsrechtlichen Sinn, § 116 Absatz 4 Satz 3 Nr. 1 BPersVG.
Entgegen der Ansicht der Klägerin betreffen § 116 Absatz 4 Satz 1 bis 3 BPersVG ausschließlich die Bestimmung der Beschäftigteneigenschaft in Ergänzung zu § 4 Absatz 1 Nr. 5 BPersVG. Danach ist die Klägerin keine solche Beschäftigte im personalvertretungsrechtlichen Sinn und wird deshalb auch nicht vom Personalrat repräsentiert. Die Einschränkung der Wählbarkeit ist allein in § 116 Absatz 4 Satz 4 BPersVG geregelt (Richardi/Dörner/Weber/Annuß/Kersten/Brinktrine, 6. Auflage 2024, BPersVG § 116 Rn. 15, 18).
ee.
Die nach § 17 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 3 LGG Bln (Landesgleichstellungsgesetz Berlin) vorgesehene Unterrichtung der Frauenvertreterin ist erfolgt, und zwar vor Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom 29. November 2022, zum nachgeschobenen Kündigungsgrund „L-Zulage“ mit Schreiben vom 21. März 2023, zum nachgeschobenen Kündigungsgrund „keine ordnungsgemäße Beteiligung des Verwaltungsrats“ mit Schreiben vom 4. Mai 2023 und zu den nachgeschobenen Kündigungsgründen Dienstvertrag und Aufhebungsvertrag mit dem damaligen Chefredakteur mit Schreiben vom 22. August 2023. Die Frauenvertreterin teilte jeweils mit, keine Bedenken zu haben.
Soweit die Klägerin rügt, die Frauenvertreterin sei nicht vollständig und ordnungsgemäß unterrichtet worden, ist dem nicht zu folgen. Die Beklagte hat umfassend die Gründe, wie sie sich aus ihrer Sicht als Grundlage für die Kündigung darstellen, mitgeteilt. Damit hat, vergleichbar dem Grundsatz der subjektiven Determinierung bei der Anhörung des Betriebs- oder Personalrats (vergleiche nur BAG, 13. Dezember 2018 – 2 AZR 378/18, NZA 2019, 305 Rn. 21), die Beklagte alles Erforderliche getan, um ihrer Unterrichtungspflicht zu genügen.
Jedenfalls ist nicht ersichtlich, woraus eine Unwirksamkeit der Kündigung bei etwaigen Mängeln folgen sollte. Eine derartige Rechtsfolge ist in § 17 Absatz 3 Satz 1 LGG Bln nicht angeordnet; auch bei unterbliebener Unterrichtung ist „nur“ ein Aussetzen der Maßnahme vorgesehen, § 17 Absatz 4 LGG Bln.
Soweit die Klägerin rügt, die Frauenvertreterin sei nicht vor dem Personalrat angehört worden, § 17 Absatz 2 Satz 4 LGG Bln, ist dies vorliegend nicht rechtserheblich, da der Personalrat, wie aufgezeigt, nicht beteiligt werden musste.
ff.
Eine Unwirksamkeit der Kündigung folgt auch nicht aus dem Beteiligungsverfahren des Verwaltungsrats zur Kündigung der Klägerin.
Soweit sich die Klägerin zweitinstanzlich im Hinblick auf das Zustimmungserfordernis des Verwaltungsrats zur Kündigung gemäß § 18 Absatz 3 Nr. 5 Staatsvertrag bezieht und rügt, dieser sei nicht vollständig und nicht ordnungsgemäß informiert worden und hätte daher seine Zustimmung unter falschen Prämissen gegeben, folgt daraus keine Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung. Die Klägerin bestreitet damit nicht mehr, dass ein Beteiligungsverfahren stattgefunden und der Verwaltungsrat am 1. Dezember 2022 seine Zustimmung zur Kündigung erteilt hat. Gemäß § 21 Absatz 2 Staatsvertrag vertritt die Intendantin die Beklagte gerichtlich und außergerichtlich; die Beklagte kann sich im Außenverhältnis gegenüber der Klägerin auf die erteilte Zustimmung berufen. Etwaige Fehler im Zustimmungsverfahren berühren nicht die Wirksamkeit der Kündigung.
gg.
Soweit die Klägerin die fehlende bzw. verspätete Abberufung ihrer Person als Direktorin im Zeitpunkt des Zugang der Kündigung rügt, betrifft dies jedenfalls nicht die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung.
Insoweit gilt das Trennungsprinzip zwischen Kündigung des Anstellungsvertrages und Widerruf der Bestellung. Der Widerruf der Bestellung berührt das Anstellungsverhältnis ebenso wenig wie die Kündigung des Anstellungsvertrags die Bestellung (ErfK/Niemann, 24. Auflage 2024, § 626 Rn. 11).
Insoweit berührt auch die spätere Zustimmung des Rundfunkrats zur Abberufung gemäß
§ 13 Absatz 3 Nr. 2 Staatsvertrag die Wirksamkeit der Kündigung nicht.
2.
Die innerprozessuale Bedingung für den Hilfsantrag zu 2. auf vorläufige Weiterbeschäftigung sowie die hilfsweise gestellten Zahlungsanträge zu 3. ist nicht eingetreten. Die Klägerin hat mit dem Bestandsschutzantrag zu 1. nicht obsiegt. Die Anträge zu 2. und 3. fallen daher nicht zur Entscheidung an.
3.
Der Hilfsantrag zu 4. fällt zur Entscheidung an. Die innerprozessuale Bedingung, das Unterliegen mit dem Antrag zu 1., ist eingetreten.
Die Berufung der Klägerin ist im Hinblick auf den Hilfsantrag zu 4. überwiegend begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung einer Urlaubsgeltung für 12 offene Urlaubstage für 2022 in Höhe von … EUR brutto nebst Zinsen ab 1. Januar 2023 zu, § 7 Absatz 4 BUrlG. Im Umfang der Zinsen für den 31. Dezember 2022 erweist sich die Berufung als unbegründet.
a.
Der Klägerin stehen gemäß § 6 DV 2020 jährlich 30 Arbeitstage Erholungsurlaub zu. Weiterhin hat die Klägerin im Jahr 2022 bis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der fristlosen Kündigung unstreitig 18 Urlaubstage in Anspruch genommen.
b.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind der Klägerin damit 12 Urlaubstage abzugelten.
aa.
Ein Kürzungstatbestand, dass im Fall unterjährigen Ausscheidens nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte lediglich der gesetzliche Mindesturlaub abzugelten wäre, ist nicht ersichtlich. Der DV 2020 ist nicht nichtig, weshalb § 7 Absatz 4 BUrlG gilt. Eine Kürzungsmöglichkeit ist weder im DV 2020 geregelt . Noch ist im DV 2020 ein Tarifvertrag in Bezug genommen, der diese Möglichkeit eröffnen würde.
bb.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf eine Gewährung der offenen Urlaubstage durch die Erklärung im Kündigungsschreiben vom 2. Dezember 2022 berufen.
(1)
Die Arbeitgeberin kann der Arbeitnehmerin Urlaub auch vorsorglich für den Fall gewähren, dass eine von ihr erklärte ordentliche oder außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst. Eine wirksame Urlaubsgewährung setzt in diesem Fall jedoch voraus, dass die Arbeitgeberin trotz der Ungewissheit der Parteien über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses durch eine entsprechende Freistellungserklärung eindeutig zum Ausdruck bringt, die Arbeitnehmerin werde zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub endgültig von der Arbeitspflicht befreit (vergleiche BAG, 20. August 2020 – 9 AZR, 612/19, NZA 2020, 1622 Rn. 15 mit weiteren Nachweisen; BAG, 10. Februar 2015 – 9 AZR 455/13, NZA 2015, 998 Rn. 19). Die Freistellungserklärung der Arbeitgeberin kann nach § 362 Absatz 1 BGB das Erlöschen des Urlaubsanspruchs nur bewirken, soweit für den Freistellungszeitraum eine Arbeitspflicht der Arbeitnehmerin besteht (stetige Rechtsprechung, zum Beispiel BAG, 20. August 2020 – 9 AZR 612/19, NZA 2020, 1622 Rn. 17 mit weiteren Nachweisen; BAG, 9. August 2016 – 9 AZR 575/15, NZA 2016, 1392 Rn. 11). Für das Vorliegen der für die Gewährung und Inanspruchnahme von Urlaub erforderlichen Arbeitspflicht ist allein die objektive Rechtslage maßgeblich (BAG, 20. August 2020 – 9 AZR 612/19, NZA 2020, 1622 Rn. 17; BAG, 19. Februar 2019 – 9 AZR 321/16, NZA 2019, 1043 Rn. 55).
(2)
Da das Arbeitsverhältnis mit Zugang der fristlosen Kündigung vom 2. Dezember 2022 am 3. Dezember 2022 sein Ende gefunden hat, konnte mangels fortbestehender Arbeitspflicht der Klägerin kein Urlaub gewährt werden, so dass sämtliche offenen Ansprüche abzugelten waren.
c.
Die Klägerin kann für die abzugeltenden 12 Urlaubstage die Zahlung eines Betrages in Höhe von … EUR brutto beanspruchen.
Die Klägerin hat ihrer Berechnung die monatliche Grundvergütung in Höhe von … EUR zugrunde gelegt; daraus ergibt sich bei 30 Kalendertagen ein Tagessatz in Höhe von …EUR, was bezogen auf 12 Urlaubstage der Klageforderung entspricht.
Die Klageforderung bleibt hinter dem Betrag gemäß der Berechnung
… EUR x 3 Monate ./. 65 Arbeitstage x 12 Urlaubstage (ErfK/Gallner, 24. Auflage 2024, BUrlG § 11 Rn. 16, 17) zurück, wofür § 308 Absatz 1 ZPO gilt.
d.
Die Klägerin kann auf diesen Betrag Zinsen ab 1. Januar 2023 beanspruchen.
Gemäß § 3 Absatz 1 DV 2020 sind Zahlungen zum Ende eines jeden Monats fällig, so dass im Fall des Verzugs eine Verzinsungspflicht ab 1. des Folgemonats besteht. Soweit die Klägerin Zinsen bereits ab 31. Dezember 2022 verlangt, war die Berufung insoweit als unbegründet zurückzuweisen.
Soweit die Beklagte rügt, die Zinshöhe betrage 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, § 288 Absatz 1 Satz 2 BGB, bleibt die klägerische Forderung von 5% Zinsen hinter dieser möglichen Forderungshöhe zurück, weshalb hier erneut § 308 Absatz 1 ZPO greift.
4.
Der Hilfsantrag zu 5. fällt zur Entscheidung an. Die innerprozessuale Bedingung, das Unterliegen mit dem Antrag zu 1., ist eingetreten.
Die Berufung der Klägerin ist im Hinblick auf den Hilfsantrag zu 5. begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Altersruhegeld gemäß § 7 DV 2020 ab Eintritt in das Regelrentenalter zu, weshalb dies festzustellen war.
a.
Der Antrag ist – bei gebotener Auslegung – auf die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten gerichtet, der Klägerin bei Eintritt in das Regelrentenalter ein Ruhegeld gemäß § 7 DV 2020 zu gewähren. Der Klägerin geht es um die Prüfung der Anwendbarkeit bzw. der Wirksamkeit der Versorgungszusage an sich. Durch die Aufzählung der einzelnen Anspruchsvoraussetzungen und –inhalte im Antrag gibt die Klägerin zu erkennen, dass es ihr um die grundsätzliche Bestätigung des Anspruchs geht, den die Beklagte im Kündigungsschreiben widerrufen und im Rechtsstreit aus jedem erdenklichen Rechtsgrund bestritten hat. Die Klägerin stellt erkennbar die Anrechnungsmöglichkeiten der Beklagten gemäß § 10 Absatz 2 DV 2020, die derzeit naturgemäß noch nicht beziffert werden können, nicht in Frage.
b.
Der so verstandene Antrag ist zulässig.
aa.
Der Antrag ist jedenfalls in der in der Berufungsinstanz gestellten Fassung hinreichend bestimmt, § 253 Absatz 2 Satz 2 ZPO.
Der Anspruch wird mit der Nennung des Zeitpunkts „ab Eintritt in das gesetzliche Rentenalter“ klar umrissen. Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt auch kein Problem dar, dass der Antrag unbegrenzt formuliert sei. Die zeitliche Begrenzung des geltend gemachten Anspruchs ergibt sich aus der Bezugnahme auf § 7 Absatz 1 DV 2020 im Antrag, der einen Anspruch auf ein lebenslanges Ruhegeld umfasst, so dass dieser bis zum Ableben der Klägerin besteht.
Die Klägerin listet weiterhin im Antrag die Höhe des Anspruchs bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Dezember 2022 auf der Grundlage der Regelung des § 7 DV 2020 auf. Sie ergänzt die Antragsformulierung zudem um die Höhe des in § 10 Absatz 2 DV 2020 vereinbarten Umfangs anzurechnender anderweitiger Einkünfte. Die Höhe etwaiger Ansprüche und die Anrechnungsmöglichkeiten an sich sind nicht streitig.
bb.
Dem Antrag kommt auch das notwendige Feststellungsinteresse gemäß § 256 Absatz 1 ZPO zu.
Der Klageantrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 ZPO, nämlich die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin ein Ruhegeld ab Regelrenteneintritt der Höhe nach in Anwendung der Regelungen der §§ 7 Absatz 2, 10 Absatz 2 DV 2020 zu zahlen, gerichtet.
Zwar können nach § 256 ZPO nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG, 22. Januar 2020 – 7 AZR 222/19, NZA 2020, 594 Rn. 13; BAG, 12. November 2013 - 3 AZR 274/12, NZA 2014, 780 Rn. 21 mit weiteren Nachweisen). Vorliegend geht es um die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin ein Ruhegeld ab Regelrenteneintritt zu zahlen (vergleiche für ein Feststellungsinteresse bei Feststellung der Anwendung einer Versorgungsordnung an sich, BAG, 19. März 2002 – 3 AZR 229/01, juris Rn. 32 ff), und damit um die Leistungspflicht an sich und damit einen Anspruch aus einem Rechtverhältnis (BAG, 20. Juni 2023 – 3 AZR 231/22, juris Rn. 23). Da die Beklagte sowohl in der Kündigungserklärung auch diese Ansprüche widerrufen als auch im Rechtsstreit eine Zahlungsverpflichtung bestritten hat, weist der Antrag auch das nach § 256 Absatz 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse auf (BAG, 26. April 2018 – 3 AZR 738/16, NZFam 2018, 683 Rn. 28).
Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Absatz 1 ZPO ist nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Das setzt bei einem auf die Feststellung der Rechtsgrundlage für einen Zahlungsanspruch gerichteten Antrag jedenfalls voraus, dass über weitere Faktoren, die dessen Höhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete Bezifferung dann lediglich eine Rechenaufgabe ist, die von den Parteien ebenso unstreitig durchgeführt werden kann wie die Umsetzung der weiteren Zahlungsmodalitäten. Anderenfalls müssen auch die weiteren Berechnungskriterien zum Gegenstand des Feststellungsantrags gemacht werden, damit nicht lediglich eine Vorfrage geklärt wird (BAG, 29. Juni 2022 – 6 AZR 411/21, NZA 2023, 707 Rn. 46; BAG, 24. Februar 2021 – 10 AZR 130/19, NZA 2021, 1427 Rn. 14; BAG, 18. Februar 2021 – 6 AZR 702/19, NJOZ 2021, 898 Rn. 14). Es kann davon ausgegangen werden, dass vorliegend bei Stattgabe dieses Antrags die allein streitbefangene grundlegende Leistungspflicht der Beklagten keine weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen auslösen wird. Weder ist die konkrete Berechnung des beanspruchbaren Altersruhegeldes, dessen Berechnungsgrundlagen auch im Antrag genannt sind, streitig, noch steht in Streit, in welcher Höhe etwaige anderweitigen Einkünfte oder Versorgungsleistungen anzurechnen wären.
c.
Der Antrag zu 5. ist begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Feststellung eines Anspruchs auf Altersruhegeld gemäß § 7 Absatz 1 DV 2020 ab Eintritt in das Regelrentenalter zu.
aa.
Der DV 2020 sieht für den Fall einer wirksamen fristlosen Kündigung kein Entfallen der Ansprüche auf Gewährung eines Ruhegeldes ab Erreichen des Renteneintrittsalters vor.
bb.
Der Leistungspflicht gemäß § 7 Absatz 1 DV 2020 steht auch kein Unwirksamkeitsgrund im Hinblick auf den Vertrag an sich entgegen. Der DV 2020 ist wirksam zustande gekommen und nicht wegen Sittenwidrigkeit insgesamt nichtig (A.II.1.a.bb. und cc.).
cc.
Die Ansprüche der Klägerin auf Gewährung eines Ruhegeldes ab Erreichen des Renteneintrittsalters sind auch nicht wegen Widerrufs der Beklagten aufgrund von Rechtsmissbrauchs entfallen; dass sich die Klägerin auf die Versorgungszusage beruft, verstößt nicht gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB.
(1)
Bei den streitbefangenen Ruhegeldansprüchen ab Erreichen des Renteneintrittsalters handelt es sich um Leistungen der Altersversorgung im Sinne von § 1 BetrAVG, welche der Klägerin aus Anlass ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten zugesagt worden sind.
Es handelt sich bei der Ruhegeldregelung in § 7 Absatz 1 DV 2020 um eine unmittelbare Versorgungszusage der Beklagten, welche dem Versorgungszweck der Absicherung im Fall des Alters dient, da die Klägerin die Leistung für den Zeitpunkt ab dem gesetzlichen Renteneintritt beanspruchen kann. Die Zusage ist der Klägerin im Zuge der Übertragung der Tätigkeit als Justitiarin und damit aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses erteilt worden.
(2)
Die Beklagte kann sich gegenüber der Klägerin nicht auf einen wirksamen Widerruf der Ruhegeldzusage berufen.
(a)
Verpflichtet sich die Arbeitgeberin bei einer Leistungszusage vorbehaltlos zur Gewährung eines Ruhegeldes bei Erfüllung der Voraussetzungen, so kann sie sich davon grundsätzlich nicht mehr lösen, wenn die Gegenleistung in Gestalt von Arbeitsleistung bzw. Betriebstreue bereits erbracht ist. Hiervon werden Ausnahmen für den Fall des Widerrufs wegen Treuepflichtverletzung, des Widerrufs wegen wirtschaftlicher Notlage sowie des Widerrufs wegen „Überversorgung“ und wegen Reduktion der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gemacht (vergleiche ErfK/Steinmeyer, 24. Auflage 2024, BetrAVG § 1 Rn. 29 ff).
Für den Fall von Treuepflichtverletzungen gilt Folgendes:
Aufgrund des Entgeltcharakters der betrieblichen Altersversorgung und des besonderen Schutzbedürfnisses der Versprechensempfänger, das eine starke Verfestigung bereits der Anwartschaften auf Pensionsleistungen zur Folge hat, kommt eine Versagung von Versorgungsleistungen wegen Pflichtverletzungen der Arbeitnehmerin nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur in Betracht, wenn die Berufung des Versorgungsberechtigten auf die Versorgungszusage dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand, § 242 BGB, ausgesetzt ist (BAG, 12. November 2013 - 3 AZR 274/12, NZA 2014, 780 Rn. 26 mit weiteren Nachweisen; BAG, 13. November 2012 – 3 AZR 444/10, NZA 2013, 1279 Rn. 30, 47). Dies folgt aus dem Charakter der Altersversorgung als Versorgungs- und nicht als Fürsorgeleistung, so dass es für die Entstehung und den Erhalt des Anspruchs auf Betriebszugehörigkeit und grundsätzlich nicht auf Betriebstreue ankommt (Zwanziger, SR 2020, 57, 64). Der Rechtsmissbrauchseinwand kann gerechtfertigt sein, wenn die Arbeitnehmerin die Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft nur durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen hat. Das ist anzunehmen, wenn eine rechtzeitige Entdeckung derartiger Verfehlungen zur fristlosen Kündigung geführt hätte, bevor die Versorgungsanwartschaft unverfallbar wurde und die Arbeitnehmerin die Arbeitgeberin durch die Vertuschung des Fehlverhaltens daran gehindert hat, noch vor Eintritt der Unverfallbarkeit zu kündigen (BAG, 26. April 2018 – 3 AZR 738/16, AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Treuebruch Rn. 42; BAG, 12. November 2013 - 3 AZR 274/12, NZA 2014, 780 Rn. 27; BAG, 13. November 2012 – 3 AZR 444/10, NZA 2013, 1279 Rn. 30, 47).
Zudem kann der Rechtsmissbrauchseinwand auch dann gerechtfertigt sein, wenn die Arbeitnehmerin der Arbeitgeberin durch grobes Fehlverhalten einen nicht behebbaren, insbesondere durch Ersatzleistungen nicht wiedergutzumachenden schweren Schaden zugefügt hat. Stützt sich die Arbeitgeberin auf die Verursachung eines Vermögensschadens durch die Arbeitnehmerin, ist das Versorgungsverlangen der Arbeitnehmerin allerdings nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn diese ihre Pflichten in grober Weise verletzt und der Arbeitgeberin hierdurch einen existenzgefährdenden Schaden zugefügt hat. Soweit die Möglichkeit, erfolgreich einen Rechtsmissbrauchseinwand gegenüber dem Versorgungsversprechen der Arbeitnehmerin zu erheben, damit auch von der wirtschaftlichen Lage der Arbeitgeberin abhängt, ist dies deshalb gerechtfertigt, weil nur in den Fällen, in denen der von der Arbeitnehmerin verschuldete finanzielle Schaden der Arbeitgeberin zu einer existenzbedrohenden Situation führt, deren wirtschaftliche Grundlage gefährdet und dadurch die Gefahr heraufbeschworen wird, dass die Betriebsrente nicht gezahlt werden kann. Erst in einem solchen Fall ist die Grenze überschritten, bis zu der auch eine pflichtwidrig Handelnde, ohne sich dem Einwand des Rechtsmissbrauchs auszusetzen, das ihr gegebene Versprechen einfordern kann (BAG, 26. April 2018 – 3 AZR 738/16, AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Treuebruch Rn. 43; BAG, 13. November 2012 – 3 AZR 444/10, NZA 2013, 1279 Rn. 30, 47). Schließlich kann ein Rechtsmissbrauchseinwand gerechtfertigt und damit ein Berufen auf die Versorgungszusage nach Treu und Glauben versagt sein, wenn sich die Versorgungsberechtigte die Versorgungszusage durch eine Pflichtverletzung verschafft hat, angesichts derer eine Berufung auf die formelle Vertragslage treuwidrig ist (siehe dazu BAG, 28. Mai 2002 – 3 AZR 500/01, juris Rn. 70 ff).
(b)
Entsprechend den vorgenannten Grundsätzen ist das Versorgungsverlangen der Klägerin nicht rechtsmissbräuchlich.
(aa)
Die Klägerin hat sich die Unverfallbarkeit ihrer Versorgungsanwartschaft nicht durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen.
Denn der Klägerin steht bereits seit 1. Januar 2017 ein unverfallbarer Anspruch auf Zahlung eines lebenslangen Ruhegeldes ab Renteneintritt zu.
§ 7 Absatz 1 DV 2020 regelt – wie bereits § 6 Absatz 1 DV 2017 - einen lebenslangen Ruhegeldanspruch für den Zeitpunkt ab gesetzlichem Renteneintritt vom Tag der Dienstaufnahme als Justitiarin an. Ihren Dienst als Justitiarin hat die Klägerin am 1. Januar 2017 aufgenommen. Es handelt sich damit im Vergleich zur Anwartschaftsregelung in § 1b BetrAVG um eine zulässige, günstigere individualvertragliche Regelung (BeckOK ArbR/Clemens, 72. Ed. 1.6.2024, BetrAVG § 19 Rn. 18).
Die der Klägerin vorzuwerfenden Verfehlungen sind zeitlich nach dem 1. Januar 2017 einzuordnen, so dass die Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft und die Pflichtverletzungen in keinem zeitlichen Zusammenhang stehen.
(bb)
Der Rechtsmissbrauchseinwand ist auch nicht aus Gründen einer schweren Schadensverursachung gerechtfertigt. Auch wenn das Fehlverhalten der Klägerin auf Seiten der Beklagten Schaden verursacht hat, hat dieser keinen existenzgefährdenden Umfang. Das behauptet auch die Beklagte nicht.
Die Beklagte ist auch im Hinblick auf etwaig verursachte Schäden nicht schutzlos gestellt. Denn der Entzug von Anwartschaften, die durch Arbeitsleistung erworben wurden, ist keine Sanktion für – selbst grobe – Verletzungen vertraglicher Pflichten. Führen die von der Arbeitnehmerin verursachten Vermögensschäden nicht zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlage der Arbeitgeberin, sind ihre Interessen durch die Möglichkeit, die Arbeitnehmerin auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen oder ab Eintritt des Versorgungsfalls gegebenenfalls gegenüber dem Betriebsrentenanspruch der Arbeitnehmerin aufzurechnen, hinreichend gewahrt (BAG, 26. April 2018 – 3 AZR 738/16, AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Treuebruch Rn. 44).
(cc)
Der Rechtsmissbrauchseinwand ist schließlich nicht aus dem Grund gerechtfertigt, dass sich die Klägerin die Versorgungszusage durch eine Pflichtverletzung verschafft hätte.
Das streitgegenständliche Ruhegeld ab Eintritt in das Regelrenteneintrittsalter steht der Klägerin ab dem Tag der Dienstaufnahme als Justitiarin zu. Der Anspruch im streitigen Umfang wurde ihr erstmals im DV 2017 eingeräumt, im DV 2018 fortgesetzt und im DV 2020 erneut aufgenommen.
Wie bereits aufgezeigt, sind der Klägerin im Hinblick auf das Zustandekommen ihrer Dienstverträge keine Pflichtverletzungen vorzuwerfen. Gemäß § 20 Absatz 2 Satzung hat die Intendantin die erforderlichen Beschlüsse der Organe und damit auch des Verwaltungsrates durch rechtzeitige Vorlagen vorzubereiten. Gemäß § 34 Geschäftsordnung A liegt die Korrespondenz mit dem Verwaltungsrat grundsätzlich in der alleinigen Zuständigkeit der Intendantin. Der Vorsitzende führt die Geschäfte des Verwaltungsrates und leitet die Sitzungen, § 2 Absatz 1 GO-VR. Soweit das Zustandekommen des Vertrags und insbesondere das Beteiligungsverfahren im Verwaltungsrat betroffen ist, hat sich der Verwaltungsrat mit den Dienstverträgen der Klägerin befasst. Auf den jeweiligen Vortrag des Streitverkündeten hat der Verwaltungsrat dem Abschluss der Verträge zugestimmt. Soweit entgegen der Auffassung der Kammer doch eine Pflichtverletzung auf Seiten der Klägerin im Hinblick auf den Abschluss ihrer eigenen Dienstverträge angenommen werden müsste, wäre weitere Voraussetzung für den Missbrauchseinwand aus § 242 BGB, dass ihre Pflichtverletzung für den Vertragsabschluss ursächlich war (siehe dazu BAG, 28. Mai 2002 – 3 AZR 500/01, juris Rn. 75), wofür ebenfalls keine Anhaltspunkte bestehen.
Es kann auch im Hinblick auf den Inhalt der Versorgungszusage nicht davon ausgegangen werden, die Klägerin habe das seit Jahren übliche Procedere im Verwaltungsrat hinsichtlich von Vertragsinhalten der Geschäftsleitungsmitglieder zu ihren Gunsten ausgenutzt.
Bei der Regelung zum Ruhegeld ab Regelrenteneintrittsalter handelt es sich um einen Inhalt wie er sich ausweislich der zur Akte gereichten Dienstverträge anderer Geschäftsleitungsmitglieder in allen diesen Verträgen findet. Er entspricht damit der bei der Beklagten für diesen Personenkreis üblichen Alterssicherung, nämlich ausweislich der Beschlussvorlage vom 13. April 2018 für die Verwaltungsratssitzung am 26. April 2018 (Anlage B100) zwischen 45% und 60% der zuletzt erzielten und zu steigernden Basisvergütung - entsprechend der Anzahl der Dienstjahre in der Geschäftsleitung.
Die Klägerin hat – wie alle anderen auch – diese Versorgungszusage ab Übernahme der Tätigkeit (als Justitiarin), mit der sie zur Geschäftsleitung der Beklagten zählte, erhalten.
Auch im Hinblick auf die Höhe der konkret zugesagten Versorgungszusage ist keine Pflichtverletzung erkennbar. Die Regelung an sich erweist sich – wie dargetan – nicht als sittenwidrig. Sie entspricht vielmehr einer im öffentlichen Bereich nicht unüblichen Absicherung. Soweit die Beklagte darauf abstellt, der Klägerin käme eine Vermögensbetreuungspflicht zu, weil sie über die Regelung im Dienstvertrag auch zur Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet ist, so gilt dies jedenfalls bei der Gestaltung ihrer eigenen Verträge nicht. Insoweit handelte die Klägerin ausschließlich für sich selbst. Die Wahrung dieses Grundsatzes oblag im Zusammenhang mit dem Abschluss der Dienstverträge der Klägerin ausschließlich der Streithelferin als der für die Beklagte handelnden Person (BAG, 24. Oktober 2013 – 2 AZR 1078/12, juris Rn. 34).
Es ist damit nicht ersichtlich, inwieweit die Klägerin das Zustandekommen oder den Inhalt der Versorgungsregelung durch eine Pflichtverletzung erreicht haben könnte.
Dementsprechend ist das Versorgungsverlangen der Klägerin insgesamt nicht rechtsmissbräuchlich. Die Versorgungsregelung in § 7 Absatz 1 DV 2020 ist damit die Grundlage der Versorgungsberechtigung zugunsten der Klägerin ab Eintritt in das Regelrentenalter, was dennoch spätere Eingriffe nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht ausschließen würde.
5.
Die Berufung der Klägerin im Hinblick auf den Feststellungsantrag zu 6. bezogen auf einen Anspruch auf nachvertragliches Ruhegeld ist unbegründet. Der Antrag zu 6. ist zulässig (vergleiche insoweit die Ausführungen unter A.II.4.b.), aber unbegründet.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der außerordentlich fristlosen Kündigung vom 2. Dezember 2022 mit Ablauf des 3. Dezember 2022 sein Ende gefunden (siehe dazu die Ausführungen unter A.II.1.c.).
Für diesen Fall einer wirksamen fristlosen Kündigung sieht § 11 Absatz 1 DV 2020 den Verlust der Ansprüche auf Gewährung eines Ruhegeldes vor Erreichen des Renteneintrittsalters vor.
Gründe für eine Unwirksamkeit dieses Regelungsinhalts sind weder ersichtlich noch von der Klägerin benannt worden.
Es handelt sich nicht erkennbar um Ansprüche zur Altersversorgung, für die das BetrAVG gelten würde. Der Anspruch auf ein nachvertragliches Ruhegeld knüpft nicht an ein in § 1 Absatz 1 Satz 1 BetrAVG genanntes Risiko an, insbesondere nicht an das Erreichen einer Altersgrenze. Nach den Regelungen des BetrAVG geschützte Versorgungszusagen können im Hinblick auf das Alter angenommen werden, soweit sie mindestens an das Erreichen des 62. Lebensjahres als Untergrenze nach Anhebung des Regelrenteneintrittsalters auf 67 Jahre anknüpfen (BeckOK ArbR/Clemens, 72. Ed. 1.6.2024, BetrAVG § 1 Rn. 10 mit weiteren Nachweisen; offengelassen bislang in der höchstrichterlichen Rechtsprechung BAG, 3. Juni 2020 - 3 AZR 226/19, juris Rn. 31). Vielmehr knüpft vorliegend der Anspruch auf ein nachvertragliches Ruhegeld – unabhängig vom Alter - an den Umstand, dass der Klägerin im Anschluss an die Durchführung des streitigen Vertrages durch die Beklagte kein fortentwickelter Folgevertrag angeboten werde.
III.
Im Hinblick auf die Widerklage sind die Berufung der Klägerin unbegründet sowie die Berufung der Beklagten teilweise begründet. Die Beklagte hat einen Anspruch gegenüber der Klägerin auf Zahlung von … EUR nebst Zinsen seit 25. Mai 2023. Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten unbegründet.
1.
Die Widerklage ist im Hauptantrag zulässig.
Insbesondere benennt die Beklagte die Reihenfolge der zu prüfenden Klagegründe ihres Antrags, in dem sie den Anspruch vorrangig auf Schadensersatz und hilfsweise auf rechtsgrundlose Bereicherung stützt, was damit hinreichend bestimmt formuliert ist, so dass die Auswahl nicht dem Gericht überlassen bleibt, § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO (vergleiche nur BAG, 25. Februar 2021 – 8 AZR 171/19, NZA 2021, 1469 Rn. 39; OLG Brandenburg, 9. November 2022 – 11 U 82/18, BeckRS 2022, 34191 Rn. 37; BGH, Hinweisbeschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, GRUR 2011, 521).
2.
Die Widerklage ist im Hauptantrag im Hinblick auf die Zahlung eines Betrages in Höhe von … EUR begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
a.
Die Beklagte kann von der Klägerin die Zahlung von … EUR nicht als Schadensersatz verlangen, § 280 Absatz 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag. Gleiches gilt für einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 BGB.
aa.
Die Klägerin hat keine Vermögensbetreuungspflicht verletzt, in dem sie für sich die L-Zulagenvereinbarung unterzeichnete und die Zahlung von monatlich … EUR brutto ab Juli 2021 entgegennahm.
Wie bereits aufgezeigt, kommt der Klägerin jedenfalls in eigenen Angelegenheiten keine Vermögensbetreuungspflicht zu. Insoweit handelte die Klägerin ausschließlich für sich selbst. Die Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit oblag im Zusammenhang mit dem Abschluss von Vereinbarungen mit der Klägerin ausschließlich der Streithelferin als der für die Beklagte handelnden Person (BAG, 24. Oktober 2013 – 2 AZR 1078/12, juris Rn. 34).
bb.
Soweit die Klägerin im Hinblick auf die Vereinbarung ihrer L-Zulagenvereinbarung ihre ihr aus dem Dienstvertrag erwachsenden Hinweispflichten verletzt hat, kann die Beklagte ebenfalls keinen Schadensersatz verlangen.
(1)
Eine Pflichtverletzung auf Seiten der Klägerin ist gegeben.
Die L-Zulagenvereinbarung zwischen der Beklagten und der Klägerin ist geschlossen worden, ohne dass der Verwaltungsrat zuvor dem Vereinbarungsinhalt zustimmte, was der Klägerin bekannt war und dieser Umstand von ihr als Wirksamkeitsvoraussetzung hätte erkannt werden müssen. Auf die Ausführungen im Rahmen der Prüfung des außerordentlichen Kündigungsgrundes wird verwiesen (A.II.1.c.bb.(2)). Insoweit hat die Klägerin auch schuldhaft gehandelt, § 276 Absatz 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 619a BGB.
(2)
Dass der Beklagten durch die Gewährung der L-Zulage an die Klägerin ein nach § 249 Absatz 1 BGB zu ersetzender Schaden entstanden ist, ist jedoch nicht hinreichend feststellbar. Die Beklagte hat einen Schaden in diesem Umfang nicht hinreichend dargetan; dieser kann auch nicht geschätzt werden.
(a)
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Berechnung eines Schadens nicht unter Hinweis auf die Regelung des § 3 Absatz 3 DV 2020 erfolgen, wonach mit Zahlung der Grundvergütung alle Tätigkeiten und Leistungen für die Beklagte und für Aufsichtsfunktionen über deren Tochtergesellschaften abgegolten seien, was nicht für Geschäftsführungstätigkeiten gelte, so dass die monatlich gezahlten … EUR brutto vollumfänglich zu ersetzen seien.
§ 3 Absatz 3 im DV 2020 hindert die Vertragsparteien dem Grunde nach nicht, ergänzende Vereinbarungen zu treffen, die über das Geregelte hinausgehen oder von ihm abweichen. Gemäß § 14 DV 2020 bedürfen Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform.
Es ist für die Kammer danach nicht entscheidend, ob die mit dem Vorsitz verbundenen Aufgaben solche sind, die hätten unter § 3 Absatz 3 DV 2020 gefasst werden können, oder als darüberhinausgehende Aufgaben zu verstehen waren, weshalb der Abschluss einer gesonderten Vereinbarung angezeigt war. Denn auch wenn die Tätigkeiten als Geschäftsleitungstätigkeiten für die Beklagte hätten verstanden werden können, war den Parteien der Abschluss einer ergänzenden Vereinbarung im Rahmen ihrer Vertragsautonomie nicht verwehrt.
(b)
Konnte somit grundsätzlich eine ergänzende Vereinbarung, die weitere Vergütungsansprüche beinhaltet, abgeschlossen werden, hängt die Entstehung eines Schadens von der Bewertung der wechselseitigen Leistungen ab.
Die Kammer geht mit der Klägerin davon aus, dass es mit Übernahme des Vorsitzes insbesondere für Geschäftsleitungsmitglieder zur Übernahme weiterer und andersgelagerter Aufgaben kam. Der L-Vorsitz ist mit der Aufgabe der Geschäftsführung für alle L-Sendeanstalten verbunden. Nachvollziehbar hat die Klägerin auf Herausforderungen wie die Auswirkungen der Corona-Krise, die ausgebliebene Beitragsanpassung, die digitale Transformation und den sich aus ihr ergebenden rasanten Medienwandel verwiesen. Die aufbereiteten Themenkomplexe, welche die Geschäftsleitung insgesamt beanspruchten, betrafen beispielsweise Digitalisierung, Dialog und Diversität zur Schärfung des Nachrichtenprofils, die Etablierung einer gemeinsamen Programmkonferenz, eine kooperierte Podcastproduktion, die Entwicklung einer plattformübergreifenden Verbreitungsstrategie sowie den Einsatz künstlicher Intelligenz. Der Klägerin oblagen die Sitzungsleitung bei Zusammenkünften der L-Chefjuristen (der Juristischen Kommission) sowie die Federführung in allen rechtlichen medien- und unternehmenspolitischen Angelegenheiten, die die Gemeinschaft als Ganzes betrafen. Es ist daher erkennbar zwischen der Aufgabenwahrnehmung der Klägerin als Mitglied der Juristischen Kommission der L in den Jahren ohne Vorsitz in Abgrenzung zu Tätigkeiten als Vorsitzende der Juristischen Kommission zu unterscheiden. Dass die aufgezählten Aufgaben durch Übernahme des Vorsitzes angefallen sind und durch die Klägerin erfüllt wurden, hat die Beklagte nicht bestritten. Vielmehr stellt die Beklagte weniger in Abrede, dass es für die Zeit des Vorsitzes zu weiteren, zu erfüllenden Aufgaben auf Seiten der Geschäftsleitungsmitglieder gekommen ist, sondern vielmehr darauf, dass diese nicht gesondert zu vergüten gewesen wären.
Die Kammer kann jedoch nicht bestimmen, in welcher Höhe die Gewährung einer Zulage angesichts der zu erfüllenden weiteren Aufgaben gerechtfertigt gewesen wäre.
Aus der Darstellung der einzelnen Aufgaben, die mit der Übernahme des Vorsitzes verbunden sind, folgt keineswegs die berechtigte Annahme, dass keine relevanten Leistungen erbracht wurden, die eine Zulagenzahlung rechtfertigen würden. Die Bestimmung einer konkreten Zulagenhöhe und damit eines etwaigen Schadens ist hingegen weder konkret berechenbar noch zu schätzen. Das gilt sowohl für die Zeit der Übernahme des Vorsitzes als auch für die Vorbereitungszeit. Es fehlt an der Darlegung hinreichender Anknüpfungstatsachen für eine Schätzung des Schadens nach § 287 Absatz 1 Satz 1 ZPO.
Die Zulagenvereinbarung sieht die monatliche Zahlung von … EUR brutto für die Rolle der Klägerin als Vorsitzende der Juristischen Kommission sowie die Federführung in rechtlichen Angelegenheiten die Gemeinschaft betreffend vor. Die Festlegung eines Zeitumfangs zur Erledigung der Aufgaben lässt sich der Vereinbarung nicht entnehmen. Auch Anhaltspunkte zu sonstigen Annahmen der Parteien, wieviel Zeitaufwand die Aufgaben erfordern würden, liegen nicht vor. Damit ist mit der Aufgabenbeschreibung und -übertragung die allgemeine Erwartung verbunden gewesen, dass die Klägerin diese vollumfänglich ausfüllt – unabhängig davon, wie hoch sich der Zeitaufwand in den einzelnen Phasen der Vorbereitung, des Vorsitzes und der Nachbereitung tatsächlich darstellen würde. Für dieses Verständnis spricht auch, dass für alle Geschäftsleitungsmitglieder mit Ausnahme der Streithelferin die Zulage auf monatlich … EUR brutto pauschaliert festgelegt wurde. Aufgrund der pauschalierten Vergütung ohne Zeitäquivalent kann nach Auffassung der Kammer nicht jeder Monat für sich betrachtet und die einzelne, erfüllte Aufgabe in ihrem jeweiligen Zeitumfang einer Bewertung unterzogen werden. Sinn und Zweck einer pauschalierten Vergütungsabrede ist es gerade, dass in einem Monat mehr und in einem anderen Monat weniger Leistungen anfallen und erbracht werden können, hingegen Vergütung in gleichbleibender, pauschalierter Höhe gezahlt wird.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass aufgrund des Aufgabenzuwachses zunächst vereinbart war, dass die jeweiligen Stellvertreterinnen und Stellvertreter der Geschäftsleitungsmitglieder Aufgaben der Geschäftsleitung übernehmen, wie beispielsweise die regelmäßige Teilnahme an Direktorensitzungen, so dass zeitliche Kapazitäten frei wurden, denn die Beklagte hat ebenfalls vorgetragen, dass sich diese Aufgabenverschiebung nicht bewährt habe. Damit hatte die Klägerin auch ihre Aufgaben als Direktorin Recht weiterhin umfänglich auszuüben. Da auch die Grundvergütung nach dem DV 2020 pauschaliert für alle Tätigkeiten der Position als Direktorin Recht gezahlt wird, stehen vorliegend zwei pauschalierte Vergütungsabreden in Rede, was die Bewertung des Wertverhältnisses von Leistung und Gegenleistung weiter erschwert.
Kann damit nicht der Umfang der pro Monat erwarteten Einzelleistung bestimmt werden, kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, jedenfalls vor Übernahme des Vorsitzes, das heißt vor dem 1. Januar 2022, seien keine Tätigkeiten angefallen, die hätten vergütet werden müssen. Dass die Befassung des den Vorsitz übernehmenden Senders mit den sich stellenden Aufgaben nicht erst mit Tag eins des Vorsitzes beginnt, sondern einer Vorbereitung bedarf, ist anzunehmen und daher zugrunde zu legen. Auch wenn die vorbereitenden Aufgaben, wie sie die Klägerin im Schriftsatz vom 20. März 2024 schildert, unter Umständen zeitlich weniger Umfang hatten als die Tätigkeiten während des Vorsitzes, ist nachvollziehbar, dass sie anfielen. Anhaltspunkte für eine Schätzung, welche pauschalierte Gegenleistung für die anzustellende Gesamtbetrachtung gerechtfertigt wäre, sind nicht gegeben.
Da nicht bestimmbar ist, ob und gegebenenfalls in welche Höhe ein Schaden entstanden ist, scheidet die Verurteilung zur Zahlung eines Schadensersatzes aus.
b.
Die Beklagte kann die Zahlung von … EUR hingegen gemäß § 812 Absatz 1 Satz 1 1. Alternative BGB von der Klägerin verlangen. Insoweit erweist sich die Widerklage im Hauptantrag als begründet.
aa.
Die Klägerin hat eine Leistung, nämlich die Zahlung von … EUR monatlich im Zeitraum von Juli 2021 bis Juli 2022 und damit insgesamt … EUR von der Beklagten erhalten.
bb.
Die Gewährung dieser Zahlung erfolgte ohne Rechtsgrund.
Die Klägerin kann sich gegenüber der Beklagten nicht auf die im Außenverhältnis zustande gekommene Vereinbarung berufen. Die Klägerin ist im Hinblick auf ihre L-Zulagenvereinbarung nicht schutzwürdig. Die fehlende Zustimmung des Verwaltungsrats war der Klägerin bekannt und hätte ihr aufgrund ihrer Funktion und Beteiligung am Zustandekommen der Vereinbarung als fehlendes Zustimmungserfordernis bewusst sein müssen, so dass der Fehler im Innenverhältnis auf Seiten der Beklagten auf das Außenverhältnis durchschlägt.
Die fehlende Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin in das wirksame Zustandekommen folgt aus dem Umstand, dass der Verwaltungsrat als Gremien mit der Zulagenvereinbarung der Klägerin zu keinem Zeitpunkt befasst war. Es hat damit im Unterschied zu ihren Dienstverträgen nicht etwa eine der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats nicht entsprechende Beschlussfassung stattgefunden, sondern gar keine Befassung.
Der Klägerin kam die Pflicht als Justitiarin zu, Vereinbarungsinhalte im Hinblick auf sämtliche rechtliche Fragestellungen, wozu auch Verfahrensfragen und damit Zustimmungserfordernisse gehören, zu prüfen, und die Streithelferin insoweit auf sämtliche rechtlichen Aspekte der Geschäftsführung hinzuweisen. Zur Prüfobliegenheit der Klägerin gehörte damit, ob der Verwaltungsrat nach § 18 Absatz 3 Nr. 5 Staatsvertrag seine notwendige Zustimmung erteilt hat. Erforderlich war in Auslegung dieser Regelung des Staatsvertrags die Zustimmung zu der Zulagenvereinbarung aufgrund der inhaltlichen Ergänzung des Dienstvertrags im Bereich der Hauptleistungspflichten (siehe dazu die Ausführungen unter A.II.1.c.bb.(2)).
In Bezug auf die L-Zulagenvereinbarung der Klägerin hat es vor deren Unterzeichnung keine Beschlussvorlage und auch sonst keine Befassung des Verwaltungsrates als Gremium gegeben. Dies war der Klägerin aufgrund ihrer Position bewusst, denn sie war als Justitiarin damit betraut, in Abstimmung mit der Streithelferin die Beschlussvorlagen für Beschlüsse ihre Direktion betreffend vorzubereiten. Die Klägerin wusste des Weiteren aufgrund ihrer Anwesenheit bei den Verwaltungsratssitzungen, jedenfalls über die ihr übersandten Protokolle, in welcher Sitzung der Verwaltungsrat welche Beschlüsse fasste.
Der Klägerin musste auch die Notwendigkeit der Beachtung des Zustimmungserfordernisses bekannt sein. Die Klägerin hat bei der Beklagten die höchste rechtliche Position bekleidet. Die Führung der Direktion Recht entsprechend den Bestimmungen des Staatsvertrags, der Satzung und der Geschäftsordnung und damit die Unterrichtung der Streithelferin über alle rechtlich bedeutsamen Angelegenheiten dieser Direktion und bei der Beklagten im Allgemeinen war ihre Hauptleistungspflicht. Für die Klägerin war auch erkennbar bzw. hätte von ihr jedenfalls erkannt werden müssen, dass die bestätigende Unterschrift des Streitverkündeten auf der Zulagenvereinbarung nicht die notwendige Beschlussfassung des Gesamtgremiums ersetzen konnte.
cc.
Die Klägerin ist demgemäß zur Rückzahlung der ohne Rechtsgrund erhaltenen Leistung verpflichtet.
Nach § 818 Absatz 1 BGB erstreckt sich die Herausgabepflicht auf das Erlangte. Kann dieses nicht herausgegeben werden, hat der Bereicherungsschuldner den Wert zu ersetzen, § 818 Absatz 2 BGB. Erlangt hat die Klägerin neben dem an sie ausgezahlten Entgelt auch die Befreiung von der entsprechenden Steuerschuld, die nach § 19 Absatz 1 Satz 2 EStG (Einkommenssteuergesetz) unabhängig davon entstand, ob ein Rechtsanspruch auf die Vergütung bestand. Eine Saldierung mit einem eventuellen Steuerschaden der Klägerin findet nicht statt. Stellt sich nachträglich heraus, dass die Arbeitgeberin im Lohnabzugsverfahren, § 38 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, Absatz 3 Satz 1 EStG, auf Rechnung der Arbeitnehmerin zu viel Lohnsteuer abgeführt hat, steht der Arbeitgeberin gegen die Finanzbehörde ein Erstattungsanspruch nicht zu. Eine Korrektur kann nur über die Einkommensteuerveranlagung der Arbeitnehmerin erfolgen, bei der der Arbeitnehmerin nicht die ohne rechtlichen Grund entrichtete Lohnsteuer erstattet, sondern die abgeführte Lohnsteuer angerechnet wird (vergleiche BAG, 31. März 2021 – 5 AZR 197/20, NZA 2021, 1041 Rn. 16 mit weiteren Nachweisen; LAG Rheinland-Pfalz, 1. März 2023 – 7 Sa 238/22, BeckRS 2023, 14212 Rn. 41 ff).
Die Beklagte kann daher zum einen die der Klägerin auf die Zulagenvereinbarung hin gezahlte Nettovergütung verlangen. Zum anderen hat die Klägerin auch die Befreiung von der entsprechenden Steuerschuld erlangt, deren Wert zu ersetzen ist. Die Beklagte hat unstreitig die auf die Bruttovergütung entfallende Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt.
c.
Die Beklagte kann von der Klägerin nicht die Zahlung von … EUR für erhaltenen Familienzuschlag von April 2018 bis Dezember 2020 in Höhe von monatlich … EUR beanspruchen.
aa.
Ein Zahlungsanspruch der Beklagten ergibt sich nicht aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes, § 280 Absatz 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag.
(1)
Es liegt auf Seiten der Klägerin keine Pflichtverletzung im Hinblick auf die Zusage eines Familienzuschlags im DV 2018 und dessen Entgegennahme bis Ende 2020 vor. Ein Beschluss der Geschäftsleitung, wie von der Beklagten behauptet, ab Einführung des variablen Vergütungssystems F die Ansprüche auf Gewährung eines Familienzuschlags auch für die aktuellen Geschäftsleitungsmitglieder entfallen zu lassen, ist nicht ersichtlich.
Die Geschäftsleitung der Beklagten hat anlässlich der Ausführungen des Rechnungshofes zur praktizierten Auszahlung eines Familienzuschlags die zukünftige Gewährung desselben diskutiert. In der Beschlussvorlage für die Direktorensitzung am 15. Januar 2018 (Anlage B106) ist auf Seite 4 festgehalten, dass bei Abschlüssen mit neuen Geschäftsleitungsmitgliedern diese Leistungen nicht mehr zu gewähren seien. Gleichlautend ist in der Beschlussvorlage vom 13. April 2018 für die 101. Verwaltungsratssitzung am 26. April 2018 (Anlage B100) im Hinblick auf Änderungen der Verträge der Geschäftsleitungsmitglieder aufgenommen, dass bei Neuabschlüssen wie vom Rechnungshof angeregt, ein Verzicht auf Beihilfeleistungen und Familienzuschläge angestrebt werde.
In beiden Beschlussvorlagen ist damit allein eine Absicht formuliert, bei Vertragsabschlüssen mit neuen Geschäftsleitungsmitgliedern auf die Gewährung eines Familienzuschlags zu verzichten bzw. diese jedenfalls anzustreben. Zu den aktuellen Geschäftsleitungsmitgliedern verhält sich keine der Beschlussvorlagen in Form einer konkreten Beschlussfassung, weder in Bezug auf die laufenden Verträge noch auf neu abzuschließende Folgeverträge.
Die Klägerin hatte die von Seiten der Beklagten behauptete eindeutige Beschlussfassung, die Gewährung des Familienzuschlags auch für aktuelle Geschäftsleitungsmitglieder mit Einführung des variablen Vergütungskonzepts F entfallen zu lassen, bestritten. Die Beklagte hätte daher zu einer Beschlussfassung dieses Inhalts näher vortragen müssen. Auf die Nachfrage im Termin hat die Beklagtenvertreterin ausgeführt, dass es über die beiden genannten Beschlussvorlagen hinaus keine Dokumente mit andersformulierten Inhalten gäbe.
Fehlt es damit an einer Beschlussfassung die aktuellen Geschäftsleitungsmitglieder betreffend, war die Klägerin nicht gehalten, den ihr bisher gewährten Familienzuschlag im Zuge der Anpassung des Dienstvertrages und damit des Abschlusses des DV 2018 zu streichen.
Selbst wenn die Beschlussvorlagen derart zu verstehen sein sollten, dass nicht ausschließlich der Abschluss von Verträgen mit neuen Geschäftsleitungsmitgliedern gemeint sei, sondern auch (Neu-)Abschlüsse von (Folge-)Verträgen mit aktuellen Geschäftsleitungsmitgliedern umfasst sein sollten, wäre der DV 2018 kein solcher Neuabschluss gewesen. Insoweit differenziert die Beschlussvorlage für den Verwaltungsrat (Anlage B100) ausdrücklich in der Darstellung des Hintergrunds für die notwendigen Änderungen zwischen der Neufassung der (bestehenden) Verträge und dem Neuabschluss von Verträgen. Der DV 2018 fasste für die Klägerin ausschließlich anlässlich der Einführung des variablen Vergütungssystems F den DV 2017 für die Zeit der Übertragung der Funktion der Justitiarin neu. So formuliert § 1 DV 2018 ausdrücklich, dass er den DV 2017 ersetzt, so dass auch bei abweichendem Verständnis der Beschlussvorlagen im Hinblick auf den Vertrag der Klägerin keine Pflichtverletzung erkennbar ist.
Der weiteren Behauptung der Klägerin, die Streithelferin und der damalige Programmdirektor hätten bis 2021 bzw. 2022 Familienzuschläge gewährt erhalten, war damit bereits aus vorgenannten Gründen nicht weiter nachzugehen.
(2)
Eine Pflichtverletzung der Klägerin ergibt sich auch nicht aus weiteren Vorhalten der Beklagten die ausdrückliche Regelung des Familienzuschlaganspruchs im DV 2018 betreffend.
Aus dem Umstand, dass ausweislich der Anhörungen offenbar weder die Streithelferin noch der Streitverkündete mit der Regelung eines Familienzuschlags im DV 2018 rechneten, kann ohne ausdrückliche Vorgabe, diesen zu streichen, kein Fehlverhalten abgeleitet werden, auch wenn dieses Erstaunen vor dem Hintergrund der Inhalte der zitierten Beschlussvorlagen verwundert. Eine individuelle Weisung der Streithelferin gegenüber der Klägerin, den Familienzuschlag nicht aufzunehmen, behauptet die Beklagte jedenfalls nicht.
Auch ist nicht erklärlich, begründet aber wiederum kein Fehlverhalten, dass die Verträge der einzelnen Geschäftsleitungsmitglieder in dieser Hinsicht unterschiedliche Formulierungen aufweisen.
Schließlich begründet auch der Hinweis auf die Streichung des Beihilfeanspruchs im DV 2018 einerseits aber kein vergleichbarer Hinweis auf die Aufnahme des Familienzuschlags andererseits keine Pflichtverletzung. Dass der Beihilfeanspruch entfällt, wird in der Beschlussvorlage an den Verwaltungsrat (Anlage B100) in der Begründung der Vertragsänderungen bei der Klägerin ausdrücklich erwähnt. Aus diesem Grund war ein Hinweis zu der Regelung, in der er sonst aufgenommen war, nämlich § 5 Absatz 2 DV 2017, bei der Übersendung des Entwurfs an den Streitverkündeten angezeigt. Warum die Klägerin wiederum den Familienzuschlag dann ausdrücklich in den Vertragstext aufnahm, aber nicht in den ausdrücklichen Hinweis, kann die Kammer nicht erklären. Ohne Verpflichtung, den Anspruch nicht mehr aufzunehmen, ist darin aber – wie aufgezeigt - kein Fehlverhalten zu erkennen.
bb.
Ein Anspruch auf Zahlung der … EUR ergibt sich zugunsten der Beklagten auch nicht aus § 812 Absatz 1 Satz 1 BGB.
Wie aufgezeigt, hat die Klägerin die Leistung nicht aus dem Vertrag streichen müssen; sie hat die Zahlung damit nicht ohne Rechtsgrund erlangt.
3.
Der Hilfsantrag zu 2. der Widerklage fiel nicht zur Entscheidung an. Die Kammer geht nicht davon aus, dass sich die Beklagte im Hinblick auf die gezahlte Lohnsteuer und Solidaritätsbeiträge den Betrag nicht ersetzen, sondern einen Steuererstattungsanspruch nur abtreten lassen könnte. Deshalb ist die Bedingung für den Hilfsantrag zu 2. nicht eingetreten.
4.
Auf den ausgeurteilten Betrag kann die Beklagte Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25. Mai 2023 beanspruchen. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Absatz 1 Satz 2, 288 Absatz 1 Satz 2 BGB. Soweit die Beklagte die Zahlung von Zinsen ab einem früheren Zeitpunkt begehrt, ist ein Anspruch nicht begründet; insoweit erweist sich die Widerklage als unbegründet.
B.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz richtet sich nach den Anteilen der Parteien am Obsiegen bzw. Unterliegen, § 92 Absatz 1 Satz 1 ZPO.
C.
Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 72 Absatz 2 ArbGG waren nicht ersichtlich. Die Kammer hat sich bezüglich sämtlicher relevanter Rechtsfragen an der Rechtsprechung der Obergerichte und der anderen Landesarbeitsgerichte orientiert. Auch ist keine bisher keiner obergerichtlichen Entscheidung zugeführte entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen gewesen.
Auf die Möglichkeit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen, § 72 a ArbGG.