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presserechtlicher Auskunftsanspruch, Investigativjournalist, Interessenabwägung, presserechtliches Informationsinteresse, informationelles Selbstbestimmungsrecht, Referatsleiter, mobiles Arbeiten, Arbeit in der Parteizentrale, Arbeitszeiterfassung, Arbeitszeitkorrekturen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 15.11.2024
Aktenzeichen OVG 10 S 32/24 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:1115.OVG10S32.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 111 Abs 2 Satz 1 Nr 2 BBG, Art 1 Abs 1 Satz 1 GG , Art 2 Abs 1 GG , Art 5 Abs 1 Satz 2 GG , § 123 Abs 1 VwGO, § 146 Abs 4 VwGO

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 9. September 2024 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten der Beschwerde.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Daran gemessen hat das Verwaltungsgericht zu Recht der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller als Journalisten einer Tageszeitung Auskunft zu folgenden Fragen betreffend den Referatsleiter E. zu erteilen:

1. Hat Herr B. für den ________2024 eine Zeitkorrektur für mobiles Arbeiten beantragt?

2. Wer hat die Zeitkorrektur genehmigt?

3. Hat Herr B. für den ________2024 eine Zeitkorrektur für mobiles Arbeiten beantragt?

4. Wer hat die Zeitkorrektur genehmigt?

5. Hat Herr B. für den ________2024 eine Zeitkorrektur für mobiles Arbeiten beantragt?

6. Wer hat die Zeitkorrektur genehmigt?

Die Antragsgegnerin meint, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht einen Anordnungsanspruch bejaht. Dabei wendet sie sich nicht gegen dessen rechtlichen Ansatz, Anspruchsgrundlage für die von dem Antragsteller geforderten Auskünfte sei § 111 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BBG. Sie ist jedoch der Auffassung, die Voraussetzungen dieser Norm lägen nicht vor.

Die Antragsgegnerin macht vor allem geltend, die von dem Antragsteller erfragten Informationen seien bei ihr nicht (mehr) vorhanden. Mögliche Arbeitszeitkorrekturen ihrer Mitarbeiter im elektronischen Arbeitszeiterfassungssystem D. seien für den Monat _____2024 am ________2024 routinemäßig aus datenschutzrechtlichen Gründen gelöscht worden. Eine Wiederherstellung dieser Daten sei nicht möglich. Es gebe auch keine anderweitige Veraktung der Informationen. Der betroffene Beamte habe auf Nachfrage erklärt, sich nicht erinnern zu können, ob er für die genannten drei Tage Arbeitszeitkorrekturen beantragt habe. Sein Vorgesetzter habe ebenfalls keine Angaben machen können.

Mit diesem Vorbringen stellt die Antragsgegnerin die Richtigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses nicht in Frage. Da sie mit ihren Ausführungen den Anspruch des Antragstellers zu Fall bringen möchte, hätte sie die vorgetragenen Tatsachen glaubhaft machen müssen (vgl. hierzu Kuhla, in: Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, Stand 1. Juli 2024, § 123 Rn. 67 m.w.N.). Das ist nicht ausreichend geschehen. Die Antragsgegnerin hat zwar durch Vorlage einer E-Mail der für das elektronische Datenerfassungssystem zuständigen Firma D. vom ________2024 hinreichend glaubhaft gemacht, dass die angefragten Daten im Arbeitszeiterfassungssystem endgültig gelöscht sind. Ihre Behauptung, eine Nachfrage bei dem Referatsleiter A. und seinem Vorgesetzten habe nicht weitergeführt, hat sie hingegen nicht – etwa durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen dieser Personen – glaubhaft gemacht. Dies hat sie auch auf einen entsprechenden Hinweis des Antragstellers nicht nachgeholt. Ebenso wenig hat sie dargelegt und glaubhaft gemacht, dass nur der Referatsleiter F. und sein Vorgesetzter Kenntnis über etwaige Arbeitszeitkorrekturen haben könnten. Der Antragsteller hat vorgetragen, die Antragsgegnerin prüfe die Anwesenheit ihrer Mitarbeiter durch einen sogenannten Mitzeichnungsbriefkasten, der über den elektronischen Dienstweg durch die Behörde gehe. Es handele sich dabei um eine standardisierte Vorlage, die unter anderem von Vorgesetzten abgezeichnet werde. Diese Vorgänge würden im Referatspostfach abgelegt und veraktet. Daneben gebe es ein fortgeführtes Zeitkonto für jeden Beamten. Zu alledem äußert sich die Antragsgegnerin nicht.

Die Antragsgegnerin rügt ferner die Abwägung des Verwaltungsgerichts zwischen dem pressespezifischen Informationsinteresse des Antragstellers und dem Recht des betroffenen Beamten auf informationelle Selbstbestimmung.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, das Verwaltungsgericht sei von den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Oktober 2020 – 2 C 41.18 – abgewichen bzw. habe diese unzutreffend gewürdigt. Es habe bei seiner Interessenabwägung verkannt, dass der Gesetzgeber im Spannungsverhältnis zwischen dem Informationsinteresse des Dritten und dem Vertraulichkeitsinteresse des Beamten dem Personalaktendatenschutz einen relativen Vorrang eingeräumt habe. Danach müsse das Informationsinteresse überwiegen, was vorliegend nicht der Fall sei. Der fehlerhafte Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichts werde auf Seite 8 des angefochtenen Beschlusses deutlich. Dort heiße es, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung von Herrn B. überwiege nicht das erhebliche presserechtliche Informationsinteresse. Diese Kritik ist nicht berechtigt. Das Verwaltungsgericht hat die Grundsätze der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Oktober 2020 – 2 C 41.18 – (juris Rn. 12 ff.) dargestellt und seine Subsumtion unter diese mit dem Obersatz begonnen, vorliegend überwiege das pressespezifische Informationsinteresse des Antragstellers das Recht des betroffenen Beamten auf informationelle Selbstbestimmung. Anschließend hat es seine Annahme erläutert, es bestehe ein erhebliches pressespezifisches Informationsinteresse des Antragstellers. Die von der Antragsgegnerin beanstandete Formulierung auf Seite 8 des Beschlusses leitet zu der nachfolgenden Feststellung über, dass und weshalb mit den begehrten Auskünften keine erhebliche Beeinträchtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des betroffenen Beamten verbunden sei. Dieser Prüfungsaufbau entspricht jenem des Bundesverwaltungsgerichts in dem zitierten Urteil 13. Oktober 2020 – 2 C 41.18 – (juris Rn. 38 ff.).

Die Antragsgegnerin hält zudem die Interessenabwägung als solche für fehlerhaft. Das Verwaltungsgericht habe dem pressespezifischen Informationsinteresse des Antragstellers ein zu hohes Gewicht beigemessen und das informationelle Selbstbestimmungsrecht des betroffenen Beamten zu gering gewichtet.

Das Verwaltungsgericht hat das besonders große Gewicht des pressespezifischen Informationsinteresses damit begründet, dass es sich bei den Arbeitszeiten des betroffenen Beamten und dem Zusammenspiel von Ministeriums- und Parteitätigkeit um ein Thema von erheblichem Interesse für die Allgemeinheit handele. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse daran, darüber informiert zu werden, inwiefern leitende Beamte in einem Ministerium ihre Tätigkeit dort wahrnähmen, weil deren Besoldung aus öffentlichen Geldern erfolge. Überdies sei die im Blickfeld der Allgemeinheit stehende Trennung von Regierungs- und Parteiarbeit für die politische Meinungsbildung von besonderer Relevanz. Die Antragsgegnerin stellt diese Argumentation als solche nicht in Abrede, meint aber, sie träfe auf den vorliegenden Fall nicht zu. Herr B. habe nach ihren Erkenntnissen seine Dienstzeit ordnungsgemäß erfüllt. Anhaltspunkte für eine unsachgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten lägen nicht vor; dies gelte insbesondere für eine unzulässige Vermengung von Ministeriums- und Parteitätigkeit.

Dieses Vorbringen überzeugt nicht. Die Antragsgegnerin behauptet, keine Angaben mehr zu der Arbeitszeiterfassung des Referatsleiters für den Monat ____2024 machen zu können. Dann erschließt sich nicht, wie sie die ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstpflichten für diesen Monat verlässlich beurteilen und eine unzulässige Vermengung von Ministeriums- und Parteitätigkeit verneinen kann. Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, es lägen Anzeichen dafür vor, dass Herr B. seinen dienstlichen Verpflichtungen nicht in vollem Umfang nachkomme. Da sich dieser für drei Tage am Ort seiner Nebentätigkeit aufgehalten habe, die für acht Wochenstunden genehmigt sei, bestehe ein Anhaltspunkt dafür, dass er Dienstzeit und Nebentätigkeit nicht getrennt habe. Diese Würdigung wird nicht durch den Einwand der Antragsgegnerin erschüttert, mobiles Arbeiten im Rahmen der Dienstvereinbarung sei erlaubt und dies auch am Ort der Nebentätigkeit. Denn ungeachtet der Zulässigkeit mobilen Arbeitens im Umfang von 60 % der wöchentlichen Arbeitszeit begründet gerade der Umstand, dass der Referatsleiter C. an dem Ort seiner Nebentätigkeit arbeitete, Zweifel an einer Trennung von Dienstzeit und Nebentätigkeit. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht angenommen, diese Zweifel könnten mit einer Auskunft über die Zeiterfassung ausgeräumt werden. Hiermit gibt es zu erkennen, dass es die Zulässigkeit mobilen Arbeitens als solches nicht in Frage stellt. Deshalb greift auch nicht der Vorwurf der Antragsgegnerin, es „dürfte“ eine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) vorliegen, weil das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss nicht auf die Zulässigkeit mobilen Arbeitens und die Dienstvereinbarung eingehe.

Die Antragsgegnerin moniert weiter, das Verwaltungsgericht meine ohne jede Grundlage, die Anwesenheit am Ort seiner Nebentätigkeit sowie Auskünfte aus dem Ministerium, es gebe keine Arbeitsnachweise des betroffenen Beamten und er sei im internen System des Ministeriums nicht aufgelistet, genügten, um ein weiteres Rechercheverlangen des Antragstellers zu rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht gehe von unzutreffenden Tatsachen aus. Die genannten Auskünfte aus dem Ministerium entbehrten einer tatsächlichen Grundlage. Sie ergäben sich nicht aus dem Verwaltungsvorgang. Danach habe sie, die Antragsgegnerin, den Antragsteller stets auf die Erfassung und vollständige Erbringung der Dienstzeit von Herrn G. hingewiesen.

Diese Ausführungen greifen ebenfalls nicht durch. Es ist unstreitig, dass sich der Referatsleiter Q. im ____ dieses Jahres für drei Tage am Ort seiner Nebentätigkeit aufhielt, die für acht Wochenstunden genehmigt ist. Diesen Umstand hat das Verwaltungsgericht als entscheidenden Anhaltspunkt dafür gewertet, dass eine strikte Trennung von Dienstzeit und Nebentätigkeit nicht gewahrt worden sei. Der Senat teilt diese Einschätzung. Die pauschale Auskunft der Antragsgegnerin, der betroffene Beamte habe seine Dienstpflicht erfüllt, und ihre weiteren ausweichenden Äußerungen bestärken die Zweifel. Sie erklärt, der entsprechende Vortrag des Antragstellers sei „nach (ihrem) Kenntnisstand“ unzutreffend. Worauf sie ihren Kenntnisstand stützt, lässt sie offen.

Die Antragsgegnerin bemängelt außerdem die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Recht des betroffenen Beamten auf informationelle Selbstbestimmung sei gegenüber dem pressespezifischen Informationsinteresse des Antragstellers nachrangig. Es begründe dies im Wesentlichen damit, das (vorprozessuale) Rechercheverhalten des Antragstellers stelle zwar eine erhebliche Beeinträchtigung der Privatsphäre des Referatsleiters T. dar. Dies sei indes unbeachtlich, da Streitgegenstand nur die Auskunft über die erbrachte Arbeitstätigkeit sei. Wann die Arbeitstätigkeit von Herrn H. im Ministerium notiert sei, erscheine als marginaler Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Eine darüber erfolgende Berichterstattung über mögliche Verstöße gegen Dienstpflichten von Herrn O. sei ein nachgelagertes Problem einer möglichen Berichterstattung. Die Antragsgegnerin wendet hiergegen ein, das Verwaltungsgericht verkürze mit dieser Sichtweise das Gewicht des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung von Herrn R.. Seine These von der Trennung von bloßer Auskunft und den Folgen einer Veröffentlichung entbehre jeglicher Grundlage und sei fernliegend.

Auch diese Rüge verfängt nicht. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bei der Gewichtung des Informationsinteresses in den Blick zu nehmen, dass erteilte Auskünfte nicht automatisch veröffentlicht werden. Insoweit ist zwischen der Auskunftserteilung und einer etwaigen anschließenden öffentlichen Berichterstattung auf der Grundlage der erteilten Auskunft zu unterscheiden. Die auch im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht Betroffener ordnungsgemäße journalistische Verwendung und Verarbeitung erteilter Auskünfte fällt grundsätzlich in den Verantwortungsbereich der Medien. Die hierbei zu beachtenden Sorgfaltspflichten können wegen der Eigenverantwortlichkeit der Medien nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen von Informationen gemacht werden. Allein die Möglichkeit einer Persönlichkeitsrechte verletzenden Berichterstattung reicht nicht aus, um den presse- bzw. medienrechtlichen Auskunftsanspruch zu verneinen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. September 2015 – 1 BvR 857/15 – juris Rn. 22; BVerwG, Urteil vom 26. April 2021 – 10 C 1.20 – juris Rn. 33 m.w.N.).

Die von der Antragsgegnerin geäußerten Bedenken wegen einer möglichen Berichterstattung aufgrund der begehrten Auskünfte führen nicht weiter. Sie verweist darauf, dass der Antragsteller mit den ihm bekannten Tatsachen bereits eine Veröffentlichung vorgenommen habe, die den Maßstäben einer Verdachtsberichterstattung kaum gerecht werden dürfte. Es sei zu erwarten, dass er mit den geforderten Auskünften die Grundlage für eine weitergehende Berichterstattung schaffen wolle, die dann in entsprechende Veröffentlichungen münden werde. Die Antragsgegnerin erläutert jedoch nicht, dass diese rechtswidrig wäre. Zwar trifft es zu, dass die Ermöglichung oder Unterstützung einer voraussichtlich rechtswidrigen Berichterstattung kein legitimes Ziel staatlichen Handelns sein kann. Dass die einer Auskunftserteilung entgegenstehende hohe Wahrscheinlichkeit einer Persönlichkeitsrechte verletzenden Berichterstattung vorliegend besteht (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26. April 2021 – 10 C 1.20 – juris Rn. 33; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Juli 2023 – OVG 6 S 26/23 – juris Rn. 15, jeweils m.w.N.), legt die Antragsgegnerin allerdings nicht dar. Wenn Veröffentlichungen – wie hier – die berufliche Tätigkeit einer Person zum Gegenstand haben, betreffen sie die Sozialsphäre. Wahre Tatsachenbehauptungen, die lediglich Vorgänge aus diesem Bereich benennen, müssen grundsätzlich hingenommen werden. Denn das Persönlichkeitsrecht verleiht seinem Träger keinen Anspruch darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist. Die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung wird bei der Mitteilung wahrer Tatsachen über die Sozialsphäre des Betroffenen regelmäßig erst überschritten, wo sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten lässt, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 – 1 BvR 1745/06 – juris Rn. 21; VGH Mannheim, Urteil vom 11. September 2013 – 1 S 509/13 – juris Rn. 48; OVG Münster, Beschluss vom 3. Mai 2017 – 15 B 457/17 – juris Rn. 42, 46 f., jeweils m.w.N.). Entsprechendes zeigt die Antragsgegnerin nicht auf.

Die Antragsgegnerin erschüttert auch nicht die Ansicht des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller habe das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht und die Vorwegnahme der Hauptsache stehe dem Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht entgegen.

Die Antragsgegnerin trägt insoweit vor, es fehle an einer besonderen, die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Dringlichkeit. Das Verwaltungsgericht lege nicht näher dar, woraus sich das gesteigerte öffentliche Interesse an der Auskunftserteilung ergeben soll. In der breiten Öffentlichkeit sei bisher nicht weiter thematisiert worden, ob Herr M. seinen Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen und vollständigen Erfüllung seiner Dienstzeiten nachgekommen sei. Die von dem Antragsteller vorgelegten Nachweise bezögen sich ausschließlich auf eigene Presseartikel und belegten keinen öffentlichen Diskurs. Andere Presseorgane hätten seine Verdachtsberichterstattung nicht aufgegriffen.

Mit dieser Kritik dringt die Antragsgegnerin nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat bereits im Zusammenhang mit der Interessenabwägung bei der Prüfung des Anordnungsanspruchs das gesteigerte öffentliche Interesse an der Auskunftserteilung dargelegt. Dort hat es festgestellt, dass es sich bei den Arbeitszeiten des betroffenen Beamten und dem Zusammenspiel von Ministeriums- und Parteitätigkeit um ein Thema von erheblichem Interesse für die Allgemeinheit handele. Wie bereits ausgeführt, hat die Antragsgegnerin diese Beurteilung als solche und die weiteren Erwägungen hierzu nicht angezweifelt, sondern nur (erfolglos) geltend gemacht, sie träfen auf den konkreten Fall nicht zu, weil der Referatsleiter L. seine Dienstpflichten ordnungsgemäß erfüllt habe. Im Übrigen entspricht es der höchstrichterlichen Rechtsprechung, bei Fragen nach der Verwendung von Steuermitteln ein gesteigertes öffentliches Interesse anzunehmen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. September 2018 – 7 C 5.17 – juris Rn. 35 und vom 26. April 2021 – 10 C 1.20 – juris Rn. 34; siehe auch BGH, Urteil vom 16. März 2017 – I ZR 13/16 – juris Rn. 54 m.w.N.).

Das Verwaltungsgericht hat ferner ausgeführt, ein Interesse an einer Berichterstattung hänge nicht notwendigerweise davon ab, dass es mehrere Medien aufgegriffen hätten. Eine Prüfung, ob die Berichterstattung in mehreren Medien erfolgt sei, liefe auf eine Relevanzprüfung durch das Gericht hinaus, die dem Inhalt der Pressefreiheit widerspräche. Hierzu merkt die Antragsgegnerin lediglich an, diese Auffassung gehe fehl, ein gesteigertes öffentliches Interesse könne sich (nur) in einem Diskurs in der Öffentlichkeit oder einer hinreichend vielfältigen Presseberichterstattung niederschlagen. Eine Begründung oder einen Beleg hierfür liefert sie jedoch nicht. Sie kann sich insoweit nicht auf den von ihr zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. September 2014 – 1 BvR 23/14 – (juris Rn. 30) berufen. Diese Entscheidung enthält keine entsprechende Aussage. Das Gleiche gilt für den von der Antragsgegnerin angeführten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Mai 2018 – OVG 6 S 13.18 – (juris Rn. 8). Dort findet sich zwar die von ihr verwandte Formulierung „in der Öffentlichkeit geführten Diskurs“, aber auch nur diese. Sie bezieht sich auf den dortigen Fall, der mit dem vorliegenden nicht vergleichbar ist. Letztlich handelt es sich bei dem in der Öffentlichkeit geführten Diskurs um eine Fallgruppe, die auf ein gesteigertes öffentliches Interesse schließen lässt. Das Verwaltungsgericht hat hingegen maßgeblich darauf abgestellt, es könne gerade Sinn und Zweck des Investigativjournalismus sein, über Themen zu recherchieren und diese aufzudecken, die (noch) nicht im absoluten Fokus der Öffentlichkeit stehen. Zu diesem Argument verhält sich die Antragsgegnerin nicht. Abgesehen davon griff eine andere Tageszeitung die Berichterstattung des Antragstellers auf, wie der von ihm vorgelegte Artikel der F. vom ________2024: „X. erneut unter Druck“ zeigt.

Ungeachtet dessen ist in presserechtlichen Auskunftsverfahren ein Anordnungsgrund unter anderem dann gegeben, wenn ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren dazu führen würde, dass eine begehrte Auskunft mit starkem Aktualitätsbezug ihren Nachrichtenwert verliert und allenfalls von historischem Interesse ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. September 2024 – 10 VR 1.24 – juris Rn. 15; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. November 2019 – OVG 6 S 47.19 – juris Rn. 16 f., jeweils m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dem Antragsteller sei ohne eine Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eine weitere notwendige Recherche zu einer möglichen Arbeitszeitverletzung des Referatsleiters und damit einer etwaigen fehlenden Trennung zwischen Ministeriums- und Parteiarbeit sowie Vereinnahmung von Steuergeldern ohne erbrachte Dienstleistung unmöglich. Die Aufgabe der Presse, die Gesellschaft über mögliche Missstände in Staat und Regierung zu unterrichten und solche möglicherweise aufzudecken, wäre dabei maßgeblich beeinträchtigt. Insbesondere wären das öffentliche Interesse und der Nachrichtenbezug bei weiterem Zeitablauf und einem Abwarten der Hauptsache angesichts der im nächsten Jahr anstehenden Neuwahlen zum Deutschen Bundestag dahingehend gemindert, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich die politische Besetzung des Ministeriums dann anders darstelle. Die Antragsgegnerin tritt dieser Begründung nicht entgegen. Damit greift auch nicht ihr Einwand, der Antragsteller habe bereits auf der Grundlage der bekannten Fakten und ihrer Auskünfte Presseartikel veröffentlicht. Er werde daher in seiner Pressearbeit durch das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung nicht unzumutbar behindert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).