Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 13 WF 153/24


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 06.11.2024
Aktenzeichen 13 WF 153/24 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:1106.13WF153.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer/in zu 2., 3. und 5. wird der Beschluss des Amtsgerichts Schwedt (Oder) vom 02.09.2024 in Ziffer 1 der Beschlussformel abgeändert.

Rechtsanwalt … in … hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 4. wird verworfen.

Die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts … wird verworfen.

Rechtsanwalt … hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Wertstufe bis 6.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Rechtsanwalt … hat für die Antragstellerin am 11.11.2020 einen Scheidungsantrag eingereicht. Zugleich hat er die beglaubigte Abschrift einer auf den 24.8.2018 datierten allgemeinen Vollmacht in Sachen "F… ./. F…" vorgelegt (Bl. 8), die nach ihrem Wortlaut neben der gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung in verschiedenen Angelegenheiten auch die Antragstellung in Scheidungs- und Scheidungsfolgesachen umfasst.

Der Antragsgegner hat das Fehlen der Vollmacht gerügt, weil die vorgelegte Vollmachtsurkunde nicht den Anforderungen der Regelung in § 114 Abs. 5 FamFG genüge. Tatsächlich habe die Antragstellerin im Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages bereits seit etwa drei Wochen im Koma gelegen und nicht den Willen gehabt, eine Scheidung durchzuführen.

Rechtsanwalt … hat hierauf die beglaubigte Abschrift einer Vollmacht der Mutter der Antragstellerin vom 19.04.2021 in Sachen "F… ./. F… wegen Ehescheidung Amtsgericht Schwedt 4 F 274/20" vorgelegt. Die Mutter der Antragstellerin war seit dem 1.12.2020 (vgl. Bl. 30 ff. d. A.) gerichtlich bestellte Betreuerin für die Antragstellerin mit dem Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge einschließlich hiermit verbundener Aufenthaltsbestimmung". Am 11.05.2021 ist die Antragstellerin verstorben.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Rechtsnachfolgern der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde hat Rechtsanwalt … beantragt, die Kosten des Scheidungsverfahrens gegeneinander aufzuheben (Bl. 104).

Der Antragsgegner sowie die Beteiligten zu 2 bis 4 haben den Beschluss mit dem Ziel angefochten, die Kosten des Ehescheidungsverfahren Rechtsanwalt … als vollmachtlosem Vertreter der Antragstellerin aufzuerlegen.

Der Senat hat Rechtsanwalt … durch Verfügung vom 02.10.2024 um Mitteilung gebeten, für welchen Beteiligten er die Beschwerde eingelegt habe. Mit Schriftsatz vom 21.10.2024 kündigte er eine "in Kürze" erfolgende Antwort an (Bl. 18 der elektronischen Akte).

II.

Der Senat legt die Beschwerde des Rechtsanwalts … als im eigenen Namen eingelegtes Rechtsmittel aus. Die Frage des Senats vom 02.10.2024 (Bl. 3 der elektronischen Akte), für welchen Beteiligten er das Rechtsmittel eingelegt hat, hat er unbeantwortet gelassen. Entgegen seiner Ankündigung vom 21.10.2024, die Frage des Senats "in Kürze" zu beantworten (Bl. 18 der elektronischen Akte), hat er bis zur mehr als zwei Wochen später ergehenden Beschwerdeentscheidung keinen der Beteiligten benannt und keine weiteren Ausführungen zur Akte gereicht. Es ist nicht ersichtlich, dass eine/r der Beteiligten Rechtsanwalt … mit der Einlegung des Rechtsmittels beauftragt hätte. Damit kommt nur die Einlegung im eigenen Namen in Betracht.

Die Beschwerde ist zu verwerfen. Sie ist unzulässig, da Rechtsanwalt … die Beschwerdebefugnis fehlt, denn er ist durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert. Die angefochtene Entscheidung belastet die Verfahrensbeteiligten mit Kosten. Rechte des Rechtsanwalts … sind hiervon nicht berührt.

III.

Das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin zu 4. ist zu verwerfen, weil es zu spät eingelegt worden ist. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 569 Abs. 1 ZPO (vgl. Schneider, NZFam 2016, 112, 115) innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Der angefochtene Beschluss ist dem gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin zu 4. am 11.09.2024 zugestellt worden (Bl. 99R). Die Zweiwochenfrist ist danach mit dem 25.9.2024 abgelaufen. Die Beschwerdeführerin zu 4. hat ihr Rechtsmittel erst am 26.9.2024 eingelegt und damit nach Fristablauf.

Gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 572 Abs. 2 S. 2 ZPO ist diese Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

IV.

Die Beschwerden der Beschwerdeführer zu 2., 3. und 5. sind entsprechend §§ 113 Abs. 1 FamFG, 91a Abs. 2 ZPO, statthaft und zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt. Der angefochtene Beschluss ist den Beschwerdeführern zu 2., 4 und 5. am 16.09.2024 zugestellt worden (Bl. 97R, 98R, 102). Die Beschwerden sind am 26. und 27.9.2024 rechtzeitig eingelegt worden.

Die Beschwerden sind auch begründet. Die Kosten des Verfahrens sind Rechtsanwalt … als vollmachtlosem Vertreter der Antragstellerin aufzuerlegen.

Nach Erledigung eines Ehescheidungsverfahrens durch den Tod eines Beteiligten wären an sich die Kosten des Verfahrens gemäß § 150 Abs. 2 S. 2 FamFG gegeneinander aufzuheben. Vorliegend gilt aufgrund des Mangels der Vollmacht des Antragstellervertreters aber etwas anderes, weil die Beteiligten die Kosten des Verfahrens nicht veranlasst haben. Ergeht gegen die wegen eines Vollmachtmangels nicht wirksam vertretene Partei eine Endentscheidung, gegebenenfalls auch - wie hier - eine bloße Kostenentscheidung, (vgl. OLG Frankfurt 8.4.2016 - 2 W 2/16, NJW-RR 2016, 1270, 1271 Tz 14, 16; Zöller/Althammer, ZPO, 35. A., § 88 ZPO Rn. 11), so sind die Kosten des Rechtsstreits abweichend vom Wortlaut der §§ 91 ff. ZPO, aber in Übereinstimmung mit dem sogenannten Veranlassungsprinzip - demjenigen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, der das Auftreten des falschen Vertreters veranlasst hat, also gegebenenfalls auch dem (vollmachtlosen) Vertreter selbst (vgl. BGH 27.10.2008 - II ZR 255/07, NJW-RR 2009, 333 Tz 16; OLG Koblenz 7.7.2015 - 7 UF 263/15, MDR 2015, 1155; OLG Frankfurt 8.4.2016 - 2 W 2/16, NJW-RR 2016, 1270, 1271 Tz 14, 16, 24; OLG Frankfurt 28.9.2015 - 16 W 52/15, MDR 2016, 115 Tz 10, 11; OLG München 19.12.2019 - 9 U 4679/19). Die formelle Parteistellung wird somit bei der Kostenverteilung durch das Veranlassungsprinzip überlagert (Zöller/Althammer a. a. O. Rn. 11).

Rechtsanwalt … ist im vorliegenden Verfahren ohne die erforderliche Vollmacht für die Antragstellerin aufgetreten.

Die Antragstellerin hatte Rechtsanwalt … für das Ehescheidungsverfahren nicht wirksam bevollmächtigt. Der Bevollmächtigte in Ehesachen bedarf einer besonderen, auf das Verfahren gerichteten Vollmacht, § 114 Abs. 5 S. 1 FamFG. Inhaltlich muss die Vollmacht in Ehesachen neben dem Namen des vertretenen Beteiligten auch die konkrete Ehesache genau bezeichnen, auf die sie sich bezieht (BeckOK FamFG/Weber § 114 FamFG Rn. 25a; MüKoFamFG/Fischer Rn. 18; Haußleiter/Eickelmann Rn. 26). Darüber hinaus muss das Verfahrensziel der konkret betriebenen Ehesache spezifisch angegeben werden (vgl. OLG Brandenburg 09.08.2022, 3 W 17/22, BeckRS 2022, 22066; Sternal/Weber, FamFG, 21. A., § 114 Rn. 28; Prütting/Helms, FamFG, 6. A., § 114 Rn. 38; Musielak/Borth/Frank, FamFG, 7. A., § 114 Rn. 13; Schulte-Bunert/Weinreich/Roßmann, FamFG, § 114 FamFG Rn. 25). In keinem Fall ausreichend ist die Erteilung einer nicht näher spezifizierten generellen „Prozessvollmacht“ (MüKoFamFG/C. Fischer, § 114 FamFG Rn. 18; Prütting/Helms/Helms Rn. 37; BeckOK FamFG/Weber, 51. Ed. 1.8.2024, FamFG § 114 Rn. 25a).

An einer solchen Vollmacht fehlt es hier. Die im Jahr 20218 ausgestellte Vollmacht bezeichnet allgemein ein Verfahren "F… ./. F…", ohne erkennen zu lassen, ob sie sich auf eine Ehesache bezieht und welches Ziel das Verfahren verfolgt.

Der Antragstellervertreter ist auch nicht durch die Vollmacht der Betreuerin der Antragstellerin wirksam bevollmächtigt worden und die Antragstellung ist auch nicht durch die Betreuerin wirksam genehmigt worden. Auf den ersten Blick fehlte es bereits an der gemäß § 125 Abs. 2 FamFG erforderlichen gerichtlichen Genehmigung für einen Scheidungsantrag. Die Betreuerin konnte die Antragstellerin überdies nur im Rahmen der ihr übertragenen Aufgabenkreise gerichtlich und außergerichtlich vertreten, § 1902 BGB a. F. Ausweislich des im vorliegenden Verfahren allein vorgelegten Beschlusses des Amtsgerichts Schwedt/Oder vom 01.12.2020, Az. 15 XVII 173/20 (Bl. 30 f.) ist sie für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge einschließlich hiermit verbundener Aufenthaltsbestimmung zur Betreuerin bestellt gewesen. Dieser Aufgabenkreis hat keinen Bezug zu einer Vertretung in einem Ehescheidungsverfahren. Die Betreuerin war dementsprechend nicht mit der Rechtsmacht ausgestattet, wirksam eine Vollmacht für die Stellung eines Scheidungsantrags für die Antragstellerin zu erteilen oder entsprechende Prozesshandlungen des Antragstellervertreters wirksam zu genehmigen (vgl. auch OLG Brandenburg 09.08.2022, 3 W 17/22, BeckRS 2022, 22066).

Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 113 Abs. 1, 97, 91 Abs. 1 ZPO. Der Antragstellervertreter ist mit seinem unzulässigen Rechtsmittel voll unterlegen. Die Beschwerden der Beschwerdeführer zu 2., 4. und 5. sind in vollem Umfang erfolgreich. Die Verwerfung der Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 3. fällt daneben unter Kostengesichtspunkten nicht ins Gewicht.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40 FamGKG. Er bemisst sich nach dem Kosteninteresse der Beschwerdeführer, vorliegend nach den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die sich aus gerichtlichen Kosten und den außergerichtlichen Kosten der Antragstellerseite und des Antragsgegners zusammen setzt.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.