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Verzugslohn, Leistungsfähigkeit, Wochenhöchstarbeitszeit


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 12. Kammer Entscheidungsdatum 13.09.2024
Aktenzeichen 12 Sa 321/24 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2024:0913.12SA321.24.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 615 S. 1 BGB, § 297 BGB, § 3 ArbZG

Leitsatz

Aus der insbesondere durch § 3 ArbZG verbürgten Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden folgt das Fehlen der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers im Sinne von § 297 BGB als Voraussetzung eines Anspruchs auf Vergütung bei Annahmeverzug für vertraglich geschuldete Arbeitszeiten, die über diese Wochenhöchstarbeitszeit hinausgehen. Der Arbeitnehmer ist rechtlich nicht in der Lage, Arbeitsleistungen unter Überschreitung der gesetzlich zulässigen Wochenhöchstarbeitszeit zu erbringen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Brandenburg vom 15. November 2023 - 3 Ca 451/23 - wird kostenpflichtig und ohne Zulassung der Revision zurückgewiesen. 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütung bei Annahmeverzug.

Durch schriftlichen Arbeitsvertrag vom 28. Oktober 2022 begründeten der klagende Arbeitnehmer und die beklagte Arbeitgeberin ein Arbeitsverhältnis über die Mitarbeit bei einem Pizza-Service beginnend zum 1. November 2022.

Im Arbeitsvertrag ist ein Stundenlohn von 12,00 EUR vereinbart. Weiter heißt es dort:

„§ 2 Arbeitszeit, Pausen

(1) Die maximal wöchentliche abzuleistende Arbeitszeit richtet sich nach den Arbeitszeithöchstgrenzen für Minijobs …

(2) Der Arbeitnehmer erbringt seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall (Arbeit auf Abruf). …. Die Arbeitsleistung ist auf Aufforderung des Arbeitgebers zu erbringen. … „

§ 3 Lohn / Steuern

(11) Der Arbeitnehmer erklärt, dass er folgende weitere nicht geringfügige Beschäftigungsverhältnisse hat. Firma: G. GmbH … wöchentliche Arbeitszeit: 38,33.“

Mit der am 27. April 2023 zugestellten Klage zum Arbeitsgericht hat der Kläger den vertraglichen Stundenlohn für 316,5 Arbeitsstunden geltend gemacht. Er hat die die Auffassung vertreten, mangels vertraglicher Festschreibung einer konkreten Arbeitszeit gölten in Anwendung von § 12 Absatz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) 20 Wochenstunden als vereinbart. Die Beklagte habe ihn aber nicht in einem entsprechenden Umfang eingesetzt, so dass sie für die fast 25 Kalenderwochen zwischen Arbeitsbeginn und Ende der 16. Kalenderwoche 2023 die Differenz zwischen 20 Arbeitsstunden und der Zahl der je Woche von ihm tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und damit insgesamt 316,6 Arbeitsstunden nachzuvergüten habe.

Er hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 3.793,80 EUR brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat ein Anerkenntnis wegen 799,20 EUR brutto erklärt und im Übrigen Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger hätte im Hinblick auf die Erklärung zu der anderweitigen Hauptbeschäftigung bei § 3 Ziffer 11 des Arbeitsvertrags nach den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes zusätzlich zu den zwischen dem 1. November 2022 bis einschließlich 23. April 2023 geleisteten und vergüteten 183,28 Arbeitsstunden insgesamt nur mit 249,88 Stunden beschäftigt werden dürfen. Abzüglich der abgerufen Arbeitszeit verblieben 66,6 Stunden, was die anerkannten 799,20 EUR ausmache.

Mit Schlussurteil, verkündet am 15. November 2023 und vollständig abgefasst an die Geschäftsstelle gegeben am 16. Mai 2024, hat das Arbeitsgericht die streitige Forderung als unbegründet abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt: Die gesetzliche Auffangregelung zum Umfang der Arbeitszeit bei Arbeit auf Abruf aus § 12 TzBfG und damit eine wöchentliche Mindestarbeitszeit von 20 Stunden seien nicht einschlägig. Die Parteien hätten mit der Regelung unter § 2 Absatz 1 Arbeitsvertrag eine Vereinbarung über die zulässig bestimmte Arbeitszeit getroffen. Unter Berücksichtigung der Verdienstgrenzen von Minijobbern in 2022 in Höhe von 520 EUR ergäbe sich eine monatliche Arbeitszeit von 43,33 Stunden. Des Weiteren seien die Regelungen nach § 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zu beachten. Danach dürfe die werktägliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers 8 Stunden nicht überschreiten. Dabei sei die in dem weiteren Arbeitsverhältnis erbrachte Arbeitszeit zu berücksichtigen und auf die Höchstgrenzen der gesetzlich zulässigen Arbeitszeit anzurechnen. Sofern man der Auffassung des Klägers folgen würde, hätte die Beklagte die Arbeitszeitgrenzen erheblich missachtet.

Am 11. April 2024 hat der Kläger Berufung gegen das Urteil eingelegt und am 6. Mai 2024 begründet. Er verfolgt die streitig gebliebene Klageforderung weiter und macht geltend: Da eine mit Gründen versehene Ausfertigung des Urteils noch nicht vorliege, liege ein absoluter Revisionsgrund vor und müsse die Auseinandersetzung mit Entscheidungsgründen unterbleiben.

Nach Zustellung des Urteils an ihn am 29. Mai 2024 hat der Kläger schriftsätzlich ausgeführt: Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die herangezogene gesetzliche Vorschrift zur Abrufarbeit einschlägig. Es gäbe keine Höchstgrenze für die Wochenarbeitszeit spezifisch für einen Minijob. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung regele die Arbeitszeit daher nicht. Hinsichtlich der Vorgaben durch das Arbeitszeitgesetz sei auf die tatsächliche Arbeitszeit pro Woche abzustellen, wie sie durch Freizeitausgleich erheblich variieren könne. Es sei daher durchaus möglich, dass er 20 Wochenstunden bei der Beklagten erbringe, ohne die zulässige Höchstarbeitszeit zu überschreiten. Außerdem widerspreche die vom dem Arbeitsgericht gegebene Auslegung dem auf die Gesundheit bezogenen Schutzzweck des Arbeitszeitgesetzes.

Er beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angegriffenen Urteils wie folgt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.994,60 € brutto zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In der Berufungsbeantwortung führt sie aus: Der Kläger sei nicht leistungsfähig gewesen. Hätte sie den Kläger über die höchstzulässige Wochenarbeitszeit hinaus abgerufen, hätte sie gegen § 3 ArbZG verstoßen und eine Ordnungswidrigkeit und gegebenenfalls sogar eine Straftat verwirklicht. Der vom Kläger hypothetisch herangezogene Freizeitausgleich sei unsubstantiiert und unerheblich, da er dann zu anderen Zeiten in einem größeren Umfang für den anderen Arbeitgeber tätig geworden wäre. Im Übrigen liege mit der Angabe einer anderweitigen Vollzeitbeschäftigung eine konkludente Vereinbarung zur Arbeitszeitdauer vor, so dass der Kläger sich nicht auf die Fiktion des § 12 Absatz 1 Satz 3 TzBfG berufen könne.

Entscheidungsgründe

Die Berufung, über die in Anwendung von § 128 Absatz 2 Zivilprozessordnung im Hinblick auf die mit Schriftsätzen vom 12. und 14. Juni 2024 beidseitig erklärte Zustimmung im schriftlichen Verfahren entschieden werden konnte, bleibt ohne Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Berufung ist zulässig.

Ihre Statthaftigkeit folgt aus § 64 Absatz 2 Buchstabe b Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600 EUR. Die am 11. April 2024 erfolgte Einlegung der Berufung wahrt die einmonatige Berufungsfrist aus § 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG. Mangels vorheriger Zustellung einer vollständig abfassten Urteilsausfertigung hat diese Frist in Anwendung von § 66 Absatz 1 Satz 2 2. Halbsatz ArbGG vorliegend fünf Monate nach Verkündung der Entscheidung und damit am 15. April 2024 abzulaufen begonnen. Die Berufungsbegründung vom 6. Mai 2024 ist innerhalb der einschlägigen Frist von zwei Monaten aus § 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG, die ebenfalls fünf Monate nach Verkündung abzulaufen begonnen hat, erfolgt. Sie genügt den inhaltlichen Anforderungen aus § 520 Absatz 3 Zivilprozessordnung (ZPO). Ausreichender Berufungsgrund ist die vom Kläger erhobene Rüge der Verletzung der Fünfmonatsfrist zur vollständigen Absetzung, denn vorliegend ist das mit Gründen versehene erstinstanzliche Urteil erst nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung vom Kammervorsitzenden der Geschäftsstelle übergeben worden (vgl. BAG, 13. Oktober 2021 - 5 AZR 291/20, juris Rn 17).

II.

Die Berufung ist unbegründet. Die streitig gebliebene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der mit der Berufung verfolgte Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Dabei kann zu seinen Gunsten davon ausgegangen werden, dass zwischen den Parteien eine Wochenarbeitszeit von zwanzig Stunden als vereinbart gilt. Dem mit der Nachvergütung nicht geleisteter Arbeitszeit geltend gemachten Verzugslohnanspruch aus § 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) stünde dann die fehlende Leistungsfähigkeit des Klägers entgegen, wie sie sich aus der insbesondere aus § 3 ArbZG folgenden gesetzlichen Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden folgt.

1. Der in das Berufungsverfahren gelangte Teil der Klage ist zulässig. Insbesondere ist er hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Absatz 2 Ziffer 2 ZPO. Mit der Klagebegründung hat der Kläger im Einzelnen dargetan, für welche von der Beklagten nicht angenommenen wöchentlichen Arbeitszeiten er Nachvergütung geltend macht. Im Hinblick auf das Abstellen auf die innerhalb der Grenzen des Arbeitszeitgesetzes von ihr annehmbaren wöchentlichen Arbeitszeiten können die von der Beklagten durch das von ihr erklärte Anerkenntnis als vergütungspflichtig anerkannten Arbeitsstunden hiervon bestimmt in Abzug gebracht werden.

2. Der in das Berufungsverfahren gelangte Teil der Klage ist unbegründet. Wegen des geltend gemachten Anspruchs auf Vergütung bei Annahmeverzug fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Leistungsfähigkeit des Klägers zur Erbringung der Arbeitsstunden, für die er Verzugslohn fordert.

a. Unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen gerät der Arbeitgeber gemäß § 297 BGB nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer unvermögend ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu bewirken. Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Arbeitnehmers sind vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen müssen (BAG, 10. August 2022 - 5 AZR 154/22, juris Rn 18). Leistungsfähigkeit setzt voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich und rechtlich zur geschuldeten Arbeitsleistung in der Lage ist (BAG, aaO. Rn 21). Darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande oder subjektiv nicht bereit war, ist der Arbeitgeber (BAG, aaO. Rn 18). Bei der Bestimmung der konkreten Anforderungen an die zu leistenden Darlegungen sind aber die Erkenntnismöglichkeiten des Arbeitgebers in Bezug auf Umstände in der Sphäre des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Dementsprechend kann es ausreichen, wenn der Arbeitgeber Indizien vorträgt, aus denen auf eine Leistungsunfähigkeit im Annahmeverzugszeitraum geschlossen werden kann. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung der behaupteten Tatsachen zu erschüttern (vgl. BAG, 21. Juli 2021 - 5 AZR 543/20, juris Rn 11).

b. Das Unvermögen des Arbeitnehmers zur Bewirkung der geschuldeten Arbeitsleistung kann aus den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes folgen. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass aus den in § 4 ArbZG verbürgten Mindestpausen die fehlende Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers während solcher Pausenzeiten folgen kann (BAG, 25. Februar 2015 - 5 AZR 886/12, juris Rn 39). Entsprechendes gilt für die aus den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, insbesondere § 3 ArbZG, folgende gesetzliche Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden. § 3 ArbZG ist ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB, das den Arbeitnehmer vor Überforderung durch übermäßige zeitliche Inanspruchnahme schützen soll. Die Vorschrift begründet ein gesetzliches Beschäftigungsverbot, aufgrund dessen es dem Arbeitgeber untersagt ist, Arbeitsleistungen in einem die gesetzlichen Höchstgrenzen übersteigenden Umfang anzuordnen oder entgegenzunehmen (BAG, 20. November 2018 - 9 AZR 327/18, juris Rn 15). Dementsprechend ist der Arbeitnehmer rechtlich nicht in der Lage, die der Wochenarbeitszeit gesetzten Höchstgrenzen übersteigende Arbeitszeiten zu erbringen. Aus der insbesondere durch § 3 ArbZG verbürgten Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden folgt daher das Fehlen der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers im Sinne von § 297 BGB als Voraussetzung eines Anspruchs auf Vergütung bei Annahmeverzug für vertraglich geschuldete Arbeitszeiten, die über diese Wochenhöchstarbeitszeit hinausgehen. Der Arbeitnehmer ist rechtlich nicht in der Lage, Arbeitsleistungen unter Überschreitung der gesetzlich zulässigen Wochenhöchstarbeitszeit zu erbringen.

c. Wie es das Bundesarbeitsgericht zur Arbeitszeitordnung als der Vorgängerregelung zum ArbZG entschieden hat, darf bei einer Beschäftigung bei mehreren Arbeitgebern die Summe der Beschäftigungszeiten die gesetzliche Höchstgrenze der Arbeitszeit nicht überschreiten (BAG, 14. Dezember 1967 - 5 AZR 74/67, juris Rn 18). Gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 2. Halbsatz ArbZG sind Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern zusammenzurechnen. Die Höchstarbeitszeiten dienen dem Gesundheitsschutz. Hieraus folgt, dass es gleichgültig ist, aus welchen oder wie vielen Arbeitsverhältnissen sich die Arbeitszeit zusammensetzt (ErfK/Roloff, 24. Auflage 2024, ArbZG § 2 Rn 25). Bei Doppelarbeitsverhältnissen sind daher beide Arbeitgeber für die Beachtung der Höchstgrenzen verantwortlich (Dau/Koberski, in: MHdB ArbR, 5. Auflage 2021, § 182 Rn 9).

d. In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend das Fehlen der Leistungsfähigkeit des Klägers hinsichtlich der zur Nachvergütung geltend gemachten Arbeitszeiten festzustellen.

aa. Aus § 3 ArbZG ergibt sich eine Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden. Diese folgt aus der in § 3 Satz 1 ArbZG verbürgten werktäglichen Höchstarbeitszeit von grundsätzlich acht Stunden in Verbindung mit der sich aus dem Begriff des Werktages ergebenden Sechs-Tage-Woche (Baeck/Deutsch/Winzer, 4. Aufl. 2020, ArbZG § 3 Rn. 22, beck-online; Reim/Paschke, in: Kohte/Faber/Busch, Gesamtes Arbeitsschutzrecht, 3. Auflage 2023, ArbZG § 3 Rn 18). Zusammen mit der Ausgleichspflicht für verlängerte werktägliche Arbeitszeiten, dem grundsätzlichen Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen, der entsprechenden Geltung der Tagesarbeitszeitgrenze bei ausnahmsweise zulässiger Sonn- bzw. Feiertagsarbeit und der Verpflichtung, bei einer solchen Beschäftigung einen Ersatzruhetag zu gewähren (§§ 3 Satz 2, 9 Absatz 1, 11 ArbZG), wird die von Artikel 6 Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) vorgegebene im Durchschnitt höchstens 48-stündige Wochenhöchstarbeitszeit sichergestellt (EuArbRK/Gallner, 5. Auflage 2024, RL 2003/88/EG Art. 6 Rn 4, beck-online). Die nach § 7 Absatz 1 Nummer 1 ArbZG nur ausnahmsweise zulässige tarifvertragliche Verlängerung der werktäglichen Höchstarbeitszeit ist vorliegend nicht einschlägig. Dementsprechend war die Beklagte vorliegend verpflichtet, keine Arbeitszeiten anzuordnen oder entgegenzunehmen, die zusammen mit Arbeitszeiten aus der anderweitigen Beschäftigung die Wochenhöchstarbeitszeit überschritten hätten.

bb. Mit dem Hinweis auf die von dem Kläger im schriftlichen Arbeitsvertrag mitgeteilte anderweitige Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,33 Stunden hat die Beklagte Indizien für eine fehlende Leistungsfähigkeit des Klägers wegen der Ableistung von mehr als 9,67 Arbeitsstunden je Woche vorgebracht. Dies ist die Anzahl wöchentlicher Arbeitsstunden die verbleibt, wenn man von Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden die 38,33 Stunden anderweitiger Beschäftigung abzieht. Multipliziert man diese 9,67 Arbeitsstunden mit den zur Nachvergütung geltend gemachten 24,85 Wochen, so ergibt sich eine Gesamtarbeitszeit, für die der Kläger leistungsfähig war, von gerundet 240,3 Stunden. Die unter Berücksichtigung des erklärten Anerkenntnisses von der Beklagten vergüteten bzw. zu vergütenden Stunden belaufen sich aber auf 249,8 Stunden. Weitere nachzuvergütende Arbeitsstunden, für die der Kläger leistungsfähig gewesen wäre, bestehen daher im Klagezeitraum nicht.

e. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren zur Möglichkeit eines Freizeitausgleichs oder zum Schutzzweck des Arbeitszeitgesetzes begründet kein abweichendes Ergebnis.

aa. Zwar ist es vorstellbar, dass infolge der tatsächlichen oder rechtlichen Gestaltung der Hauptbeschäftigung, etwa wegen eines tatsächliches Unterschreitens der mitgeteilten Wochenarbeitszeit zum Beispiel infolge eines Freizeitausgleichs, der Kläger in den in Rede stehenden Wochen bei der Beklagten weitere Arbeitsstunden hätte leisten können, ohne die gesetzlichen Beschränkungen zu überschreiten. Gemäß den dargestellten Grundsätzen zur Darlegungslast hätte aber der Kläger solche aus seiner Sphäre herrührenden Umstände konkret aufzeigen müssen. Dies ist nicht geschehen. Der Hinweis in der Berufungsbegründung auf die bloße Möglichkeit solcher besonderen Gestaltungen reicht nicht aus.

bb. Zutreffend weist die Berufung darauf hin, dass das Arbeitszeitgesetz vor übermäßiger und am Ende gesundheitsschädlicher Belastung schützen soll. Dementsprechend gebietet es der Schutzzweck des § 3 ArbZG nicht, dem Arbeitnehmer Vergütung für Arbeitsleistungen zu versagen, die der Arbeitgeber trotz des Beschäftigungsverbots in Anspruch genommen hat. Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes untersagen es dem Arbeitgeber nicht, die über die gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen hinaus erbrachten Arbeitsleistungen zu vergüten (BAG, 24. August 2016 - 5 AZR 129/16, juris Rn 48). Vorliegend ist aber nicht Vergütung für geleistete Arbeit eingeklagt, sondern unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs Vergütung für Arbeitsleistung, die die Beklagte, obwohl sie es hätte tun müssen, nicht angenommen hat. Da das gesetzliche Verbot von Arbeitsleistungen, die über die Höchstarbeitszeiten des ArbZG hinausgehen, insoweit die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers ausschließt, konnte die Beklagte aber vorliegend nicht verpflichtet sein, entsprechende Arbeitsleistungen anzunehmen oder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs nachzuvergüten. Der Schutzzweck des § 3 ArbZG gebietet keine Abweichung von diesem aus den allgemeinen Grundsätzen folgenden Ergebnis. Der Gesundheitsschutz verlangt nicht, dass die Nichterfüllung von vertraglichen Vereinbarungen über übermäßige Arbeitszeiten durch die Zahlung von Verzugslohn sanktioniert wird. Diesem Zweck ist vielmehr Genüge getan, wenn die übermäßige Beschäftigung unterbleibt.

III.

Von den Nebenentscheidungen folgt die Verpflichtung des Klägers, die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen, aus § 97 Absatz 1 ZPO.

Veranlassung, in Anwendung von § 72 Absatz 2 ArbGG die Revision zuzulassen, bestand nicht.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben.

Der Kläger wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen.