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Rücknahme der Ernennung einer Beamtin, arglistige Täuschung, Verschweigen von Tatsachen, freiberufliche Tätigkeit einer Rektorin einer Schule, Untersuchungsgrundsatz, Beiziehung von Akten, Schriftliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts, Rücknahmefrist, kein Erschließungsermessen bei Rücknahme der Ernennung im Falle einer arglistigen Täuschung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg Der 4. Senat Entscheidungsdatum 10.12.2024
Aktenzeichen 4 S 31/24 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:1210.4S31.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG , 15 Abs. 1 Satz 1 LBG Bln, 86 Abs. 1; 80 Abs. 5 Satz 1; 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Oktober 2024 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 40.144,86 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

Die Antragstellerin, die nach einer Tätigkeit im Angestelltenverhältnis am 19. Dezember 2023 mit Wirkung vom 1. Januar 2024 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Rektorin einer Grundschule ernannt wurde, wendet sich gegen die unter Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolgte Rücknahme ihrer Ernennung als Beamtin auf Lebenszeit, im Kern weil ihre Ernennung durch arglistige Täuschung herbeigeführt worden sei, und ein Verbot der weiteren Führung der Dienstgeschäfte. Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 15. Oktober 2024 (– 5 L 433/24 – juris) ihren Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückgewiesen.

Die von der Antragstellerin mit der Beschwerde innerhalb der Frist von einem Monat gegen die Entscheidung dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 1 und 3 VwGO), auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Gemessen an dem durch das Beschwerdevorbringen begrenzten Prüfungsstoff hat das Verwaltungsgericht das Begehren der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 5. Juni 2024 wiederherzustellen, zurecht zurückgewiesen.

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ist es erforderlich, dass die Beschwerde die Gründe darlegt, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt. Die Beschwerde muss daher auf die entscheidungstragenden Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses eingehen. Dabei hat sie sich an der Begründungsstruktur der angegriffenen Entscheidung zu orientieren (u.a. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. März 2023 – OVG 4 S 8/23 – juris Rn. 2). Das Darlegungserfordernis hat den Zweck, das Oberverwaltungsgericht durch ein strukturiertes, an der Begründungsstruktur der angegriffenen Entscheidung orientiertes und daran anknüpfendes Beschwerdevorbringen zu entlasten und so zu einer beschleunigten Prüfung und Entscheidung des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens innerhalb angemessener Zeit beizutragen (vgl. Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auf. 2018, § 146 Rn. 73).

Gemessen an diesen Anforderungen greifen die von der Beschwerde dargelegten Gründe, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben sein soll, nicht durch.

1. Soweit die Antragstellerin rügt, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt anhand der Verwaltungsvorgänge „herauskristallisiert“ und insoweit verkürzend dargestellt, weil ihre zwischen den Jahren 2015 und 2023 erbrachten Leistungen als Schulleiterin nicht erwähnt würden, legt sie nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechend da, auf welche rechtlich tragenden Gründe zur Rücknahme ihrer Ernennung sie sich insoweit bezieht.

2. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Antragstellerin, das Verwaltungsgericht habe mit der Beiziehung der Akte mit dem Aktenzeichen „Disz.-Nr.-7_____ des Antragsgegners, von Akten der Kultusministerkonferenz und Unterlagen des Pädagogischen Austauschdienst die Grenzen des Amtsermittlungsgrundsatzes überschritten.

Die Antragstellerin trägt dazu vor, die Aufgabe des Verwaltungsgerichts bestehe nicht darin, einen Sachverhalt, der vom Antragsgegner nicht ermittelt worden sei, zu ermitteln. Es habe sich darauf zu beschränken, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zu prüfen. Eine „Disziplinarakte“ in einem Verfahren gegen die Antragstellerin habe nicht geführt werden dürfen, da die Nichtangabe der Nebentätigkeit im Fragebogen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis während der Tätigkeit als Tarifbeschäftigte erfolgt sei. Zudem habe das Verwaltungsgericht die Akten des Pädagogischen Austauschdienstes herangezogen und ausgewertet, obgleich der Antragsgegner dies zur Klärung des Sachverhalts weder veranlasst noch für erforderlich gehalten habe.

Die Antragstellerin hat mit diesem Vorbringen nicht hinreichend dargelegt, dass das Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Verfahren die Grenzen der gerichtlichen Aufklärungspflicht überschritten hat.

Nach § 86 Abs. 1 VwGO, der grundsätzlich auch im erstinstanzlichen vorläufigen Rechtsschutzverfahren gilt, erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. In dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess ist es Aufgabe des Gerichts, von sich aus dem maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln, dazu von Amts wegen die erforderlichen Sachverhaltsaufklärungen zu betreiben und sich seine eigene Überzeugung zu bilden. Dabei kann sich das Gericht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf eine summarische Prüfung der Sachlage beschränken. Das Verwaltungsgericht als Gericht der Tatsacheninstanz bestimmt den Umfang der Beweisaufnahme und die Art der Beweismittel nach seinem Ermessen. Es hat die freie Wahl, welcher Beweismittel es sich zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bedienen will. Hiernach kann es grundsätzlich Akten aller Art beiziehen und zur Grundlage seiner Entscheidung machen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 2009 – BVerwG 8 B 60.09 – juris Rn. 14). Es ist allerdings geklärt, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht dort ihre Grenze findet, wo das Vorbringen der Beteiligten keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 – BVerwG 9 C 11.11 – juris Rn. 28).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht sein pflichtgemäßes Ermessen zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes überschritten hat. Es ist nicht zu beanstanden, dass das erstinstanzliche Gericht Unterlagen der Kultusministerkonferenz und des Pädagogischen Austauschdienstes zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes zur Rücknahme der Ernennung beigezogen hat. Das Verwaltungsgericht hat sein pflichtgemäßes Ermessen auch insoweit nicht überschritten, als es zur Aufklärung des für die Rücknahme der Ernennung der Antragstellerin entscheidungserheblichen Sachverhalts die Akten des Antragsgegners mit dem Aktenzeichen: „Disz.-Nr.-7_____“ beigezogen hat. Diese Akten enthalten zulässige Vorermittlungen vor einer Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Es ist zwar richtig, dass vom persönlichen Geltungsbereich (§ 1 DiszG) das Disziplinargesetz für Angestellte des öffentlichen Dienstes nicht gilt, zum Zeitpunkt der Anlegung der vorgenannten Akten am 11. Januar 2024 war die Antragstellerin aber mit Wirkung vom 1. Januar 2024 zur Beamtin ernannt. Aber selbst wenn die Vorermittlungen vor einer denkbaren Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen eines vorigen Fehlverhaltens im Zuge der Beamtenernennung hier unzulässig gewesen sein sollten, führte dies nicht dazu, dass die Beiziehung der Akten einer solchen formlosen Verwaltungsermittlung zur Beurteilung und Bewertung der Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 5. Juni 2024 erfolgten Rücknahme der Ernennung der Antragstellerin hierzu unzulässig wäre. Im Übrigen hatte die Antragstellerin Einsicht in diese Akten und ihr wurde rechtliches Gehör gewährt.

3. Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vorbringt, die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem streitgegenständlichen Bescheid sei entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts rechtswidrig, da die Begründung der Anordnung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO nicht genüge, weil eine in sich schlüssige und nachvollziehbare Begründung der Anordnung nicht gegeben sei und sie formelhaft ohne hinreichenden Bezug sei, greift dies nicht durch.

Das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO soll neben der Information des Betroffenen vor allem die Behörde selbst mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG dazu anhalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage der sofortigen Vollziehung besonders sorgfältig zu prüfen. Die Anforderungen an den erforderlichen Inhalt einer solchen Begründung dürfen hierbei aber nicht überspannt werden. Diese muss allein einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen. Dazu gehört es insbesondere, dass sie sich – in aller Regel – nicht lediglich auf eine Wiederholung der den Verwaltungsakt tragenden Gründe, auf eine bloße Wiedergabe des Textes des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO oder auf lediglich formelhafte, abstrakte und letztlich inhaltsleere Wendungen, namentlich solche ohne erkennbaren Bezug zu dem konkreten Fall, beschränken darf. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist. Demgegenüber verlangt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, dass die für das besondere Vollziehungsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen, also auch inhaltlich die getroffene Maßnahme zu rechtfertigen vermögen. Für das formelle Begründungserfordernis kommt es also nicht auf eine inhaltliche Richtigkeit der behördlichen Begründung an (stRsp., OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. April 2023 – OVG 4 S 15/23 – EA S. 3; Beschluss vom 1. September 2021 – OVG 4 S 20/21 – juris Rn. 19).

Der Sache nach unter Zugrundelegung dieser Anforderungen hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass die Begründung des Antragsgegners im Bescheid vom 5. Juni 2024 dem Erfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspricht. Es handelt sich nicht um eine lediglich formelhafte Wendung ohne erkennbaren Bezug zum konkreten Fall. Vielmehr wird dort insbesondere ausgeführt, dass es im Interesse der Allgemeinheit liege, dass die Wahrung öffentlicher Aufgaben, insbesondere die einer Schulleiterin, nur durch Beamte erfolge, die sich den Zugang zu ihrem Amt nicht durch unlautere Mittel erschlichen hätten. Einer Ansehensschädigung der Schule durch die weitere Dienstausübung der Antragstellerin müsse entgegengewirkt werden. Es sei für die Allgemeinheit und für die Antragstellerin nicht vertretbar, dass sie nach der Einlegung eines Rechtsbehelfes im Status einer Beamtin auf Lebenszeit mit entsprechenden Rechten und Pflichten verbleibe und die Tätigkeit als Schulleiterin ausübe. Soweit die Antragstellerin mit der Beschwerde Einwendungen gegen die inhaltliche Richtigkeit der behördlichen Begründung vorbringt, insbesondere, dass hier keine Ansehensschädigung der Schule vorliege, weil für diese und die Öffentlichkeit die Funktion als Schulleiterin maßgebend sei und nicht die Frage, ob sie Tarifbeschäftigte oder Beamtin sei sowie es der Allgemeinheit in der Regel nicht bekannt sei, in welcher Form eines Beschäftigungsverhältnisses die Aufgabe der Schulleiterin wahrgenommen werde, ist dies für das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unerheblich. Denn wie ausgeführt, verlangt die vorgenannte Norm nicht, dass die für das besondere Vollziehungsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen oder inhaltlich richtig sind.

4. Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde gegen die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Antragsgegner im Verfahren zur Rücknahme der Ernennung die sechsmonatige Frist des § 15 Abs. 1 Satz 1 LBG gewahrt habe. Der Bescheid über die Rücknahme der Ernennung vom 5. Juni 2024 ist dem damaligen Bevollmächtigten der Antragstellerin am 11. Juni 2024 zugegangen.

Die Antragstellerin trägt mit der Beschwerde vor, dass die sechsmonatige Frist nicht gewahrt sei, weil ausweislich der Akten des Disziplinarreferates N_____ der Senatsverwaltung der Leiter des Disziplinarreferates bereits am 29. November 2023 mit dem Vorgang befasst gewesen sei und diesem Anfang Dezember 2023 bekannt gewesen sei, dass die Übernahme der Antragstellerin in das Beamtenverhältnis angestanden habe.

In den Fällen des § 12 BeamtStG muss die Rücknahme nach der landesrechtlichen Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 LBG innerhalb einer Frist von sechs Monaten erfolgen, nachdem die Dienstbehörde von dem Grund der Rücknahme Kenntnis erlangt hat. Kenntnis von dem Grund der Rücknahme nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG, nämlich der arglistigen Täuschung, hat die Dienstbehörde, wenn sie alle objektiven und subjektiven Tatumstände der arglistigen Täuschung kennt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 1979 – 2 B 61.79 – Ls. u. Rn. 4; Urteil vom 18. September 1985 – 2 C 30.84 – juris Rn. 21). Das Verwaltungsgericht stellt, ohne dass die Antragstellerin dies im Beschwerdeverfahren angreift, unter Berufung auf eine Rechtsprechung zum Soldatenrecht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1996 – 2 C 23.96 – juris Rn. 27) auf die Kenntnis der zur Rücknahme befugten Person ab, also der Leiterin oder des Leiters der Dienstbehörde oder der sonstigen Beschäftigten, die innerhalb der Dienstbehörde die Rücknahmeentscheidung zu treffen haben, ab (so auch Thomsen, in: Brinktrine/Schollendorf, BBG, § 14 Rn. 28).

Gemessen an diesem Maßstab legt die Beschwerde nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügend dar, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtes der Leiter der Dienstbehörde oder sonstige Beschäftigte, welche die Entscheidung über die Rücknahme der Ernennung zu treffen hatten, vor dem 11. Dezember 2023 (sechs Monate vor Zugang des Bescheides vom 5. Juni 2024 am 11. Juni 2024) von allen objektiven und subjektiven Tatumständen der arglistigen Täuschung der Antragstellerin bei ihrer Ernennung zur Beamtin Kenntnis hatten. Das Verwaltungsgericht führt dazu aus, dass aus der in der beigezogenen Akte „Disz-Nr. 7_____“ enthaltenen E-Mail-Korrespondenz zwar folge, dass diverse Referate innerhalb der Senatsverwaltung des Antragsgegners schon im Jahr 2023 mit dem Vorgang befasst gewesen seien, nicht aber die Personalstelle. Diese sei erkennbar erst am 4. Januar 2024 eingeschaltet worden, als der für die Grundschule, in der die Antragstellerin als Rektorin tätig war, zuständige Schulrat per E-Mail zwei Mitarbeiter der Personalstelle bat, die Personalakten der Antragstellerin daraufhin zu überprüfen, ob eine Anzeige einer Nebentätigkeit vorliege. Soweit die Antragstellerin vorbringt, dass der Leiter des Justiziariats bereits Anfang Dezember in die Korrespondenz einbezogen gewesen sei, legt sie bereits nicht dar, dass dieser schon zu diesem Zeitpunkt von allen objektiven und subjektiven Tatumständen der arglistigen Täuschung der Antragstellerin Kenntnis hatte. Vielmehr ergibt sich aus der im beigezogenen Verwaltungsvorgang befindlichen E-Mail des Leiters des Justiziariats vom 6. Dezember 2023, dass dieser damals erst einen Vermerk, insbesondere mit einer Sachverhaltsdarstellung, zur Prüfung der Angelegenheit erbeten hatte. Auch soweit die Antragstellerin behauptet, das Justiziariat sei bereits im November 2023 mit dem Vorgang befasst gewesen, ergibt sich aus der E-Mail des Leiters des Justiziariats vom 29. November 2023, dass er die Leiterin der Disziplinarstelle bat, die Beratung in diesen Angelegenheiten zu übernehmen. Die Einzelheiten hierzu hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 27. November 2024 nachvollziehbar dargelegt, zu dem die Antragstellerin Gelegenheit zur Äußerung hatte.

5. Auch soweit die Antragstellerin sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, der Bescheid vom 5. Juni 2024 sei materiell rechtmäßig, weil die Voraussetzungen für die Rücknahme der Ernennung der Antragstellerin zur Beamtin auf Lebenszeit nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG vorlägen, überzeugen ihre Darlegungen nicht und rechtfertigen bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage im Beschwerdeverfahren keine Abänderung der angegriffenen Entscheidung.

Die Ernennung ist mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG zurückzunehmen, wenn sie durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt wurde. § 12 BeamtStG schützt die Entschließungsfreiheit des Dienstherrn – vor allem darüber zu entscheiden, wem gegenüber er eine Ernennung vornehmen will und zu welchem Zeitpunkt die Ernennung erfolgen soll – und ermöglicht, diese Entschließungsfreiheit in bestimmten, besonders wichtigen Punkten wiederherzustellen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. September 2024 – OVG 4 S 23/24 – EA S. 3; von Roetteken, in: von Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Stand Oktober 2021, § 12 Rn. 40). Die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung sind nach der Rechtsprechung erfüllt, wenn der zu Ernennende durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, oder durch Verschweigen wahrer Tatsachen bei einem an der Ernennung maßgeblich beteiligten Mitarbeiter der Ernennungsbehörde einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorrief, diesen durch Täuschung zu einer günstigen Entschließung zu bestimmen. Unrichtige Angaben sind danach stets eine Täuschung, unabhängig davon, ob die Ernennungsbehörde hiernach gefragt hat oder nicht. Das Verschweigen von Tatsachen ist eine Täuschung, wenn die Ernennungsbehörde nach Tatsachen gefragt hat oder der Ernannte auch ohne Befragung weiß oder in Kauf nimmt, dass die verschwiegenen Tatsachen für die Entscheidung erheblich sind oder sein können (BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1996 – 2 C 23.96 – juris Rn. 14; vgl. u.a. Urteil vom 18. September 1985 – 2 C 30.84 – juris Rn. 24). Die Täuschung kann damit auch in einer unberechtigten Nichtoffenbarung des wahren Sachverhalts liegen (vgl. von Roetteken in: von Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Stand Oktober 2021, § 12 Rn. 81). Rechtlich zulässig sind Fragen nach dem bisherigen beruflichen Werdegang (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. September 2024 – OVG 4 S 23/24 – EA S. 4; von Roetteken, in: von Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Stand Oktober 2021, § 12 Rn. 98a) und damit auch die hier im Personalfragebogen gestellte Frage zu Zeiten freiberuflicher Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes. Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt, dass die unrichtigen Umstände nicht der Wahrheit entsprechen oder durch die Nichtoffenbarung von Tatsachen irrige Vorstellungen bei der Ernennungsbehörde entstehen oder aufrechterhalten werden. Insoweit genügt für die subjektiven Voraussetzungen der bedingte Vorsatz (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. September 2024 – OVG 4 S 23/24 – EA S 4; von Roetteken, in: von Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Stand Oktober 2021, § 12 Rn. 186).

Der Sache nach unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist das Verwaltungsgericht zu der eingehend begründeten Würdigung und Bewertung gelangt, dass die Antragstellerin es vor ihrer Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit arglistig unterlassen habe, dem Antragsgegner mitzuteilen, dass sie neben ihrer Tätigkeit als Schulleiterin die Unternehmung (Firma F_____) gegründet habe, um Fortbildungen unter anderem für Lehrkräfte ihrer eigenen Schule anzubieten. Die Antragstellerin sei verpflichtet gewesen, die unter Punkt 15 des von ihr am 13. September 2023 ausgefüllten Personalfragebogens abgefragten Angaben wahrheitsgemäß zu machen. Unter Punkt 15 sei die Antragstellerin aufgefordert worden, sämtliche Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes anzugeben, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass hierunter auch Zeiten freiberuflicher Tätigkeit fielen. Die von der Antragstellerin jedenfalls seit dem Jahr 2021 ausgeübte Tätigkeit stelle eine derartige "freiberufliche Tätigkeit" dar und wäre somit anzugeben gewesen. Damit habe sie gegen ihre Verpflichtung zur Aufklärung über diese Tatsache verstoßen. Die Antragstellerin habe die Pflicht, der für ihre Verbeamtung zuständigen Stelle ungefragt die Umstände ihrer Unternehmung sowie den daraus resultierenden Interessenkonflikt zu offenbaren. Diese Mitteilung hätte der Antragsgegner zum Anlass nehmen können, Art, Umfang und Hintergründe der Nebentätigkeit zu ermitteln. Die Anzeigepflicht solle dem Antragsgegner unter anderem die Prüfung ermöglichen, ob die angezeigte Nebentätigkeit zu Interessenkonflikten führen könne. Die Antragstellerin habe auch mit Vorsatz betreffend die Bedeutung der verschwiegenen Tatsache für die Berufungsentscheidung des Dienstherrn gehandelt und dadurch eine Fehlvorstellung des Dienstherrn aufrechterhalten, die für die Berufungsentscheidung ursächlich geworden sei. Die Antragstellerin habe billigend in Kauf genommen, dass es für die Entscheidung des Antragsgegners, sie in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu berufen, erheblich gewesen sei oder sein könnte, dass sie als Schulleiterin im Namen der Grundschule EU-Fördermittel für Bildungsveranstaltungen und Lehrkräfte der Schule als Teilnehmer erwarb, während sie unerkannt als Organisatorin ein finanzielles Interesse an der Durchführung der Bildungsveranstaltungen gehabt habe. Die Täuschung sei auch kausal für die Verbeamtung. Bei wahrheitsgemäßer Angabe im Personalfragebogen unter Punkt 15 wäre eine Überprüfung der Arbeitszeit und Einnahmehöhe durchgeführt worden und eine Kenntniserlangung von dem Interessenkonflikt hätte eine noch tiefergehende Überprüfung nach sich gezogen und der Verbeamtung – jedenfalls zeitlich zu dem vorgenannten Zeitpunkt – gegebenenfalls entgegengestanden (vgl. im Einzelnen VG Berlin, Beschluss vom 15. Oktober 2024 – 5 L 433/24 – juris Rn. 29 ff.).

Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin legt nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechend dar, dass die vorgenannte Würdigung und Bewertung des Verwaltungsgerichts unrichtig oder aufzuheben oder abzuändern ist. Soweit die Antragstellerin vorbringt, es könne hier nicht von einer Täuschung durch Verschweigen ausgegangen werden, weil dem Antragsgegner die unternehmerische Tätigkeit bekannt gewesen sei, da sie mit dem zuständigen Schulaufsichtsbeamten gesprochen habe, legt sie bereits nicht dar, dass sie diesem mitgeteilt hat, dass sie neben ihrer Tätigkeit als Schulleiterin freiberuflich ein Unternehmen gegründet hat, um Fortbildungen (auch auf Inseln im Indischen Ozean und der Karibik) unter anderem für Lehrkräfte ihrer eigenen Schule anzubieten. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Schulrat der Darstellung der Antragstellerin mit dienstlicher Stellungnahme vom 25. Juli 2024 widersprochen habe. Zwar habe es ein sogenanntes Personalgespräch mit der Antragstellerin gegeben; daran sei es aber um die Personalplanung und die Ressourcenzumessung für das nächste Schuljahr gegangen. Er habe zwar gewusst, dass die Grundschule am Erasmus+ und Erasmus-Programm teilgenommen habe, sei aber darüber nicht in Kenntnis gewesen, inwieweit die Antragstellerin hier in einer freiberuflichen Tätigkeit oder in ihrer organisatorischen, koordinierenden oder lehrenden Funktion eingebunden gewesen sei. Die Antragstellerin stellt mit ihrem Vorbringen lediglich ihre eigene Würdigung der des Verwaltungsgerichts gegenüber, ohne die Würdigung des Verwaltungsgerichts substantiiert in Zweifel zu ziehen.

Auch das Vorbringen der Antragstellerin, sie sei über 15 Jahre im öffentlichen Dienst als Lehrkraft und später als Rektorin tätig und habe mit der Frage 15 des Personalbogens, insbesondere zur freiberuflichen Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes „nichts anzufangen“ gewusst, habe diese Frage missverstanden und angenommen, dass es sich um einen Personalfragebogen handele, welcher in der Regel von Berufsanfängern ausgefüllt werde, also Lehrkräften, die erstmals in das Beamtenverhältnis übernommen würden, legt sie nicht dar, dass hier keine Täuschung im Sinne eines nicht Offenbarens des wahren Sachverhaltes zu ihrer freiberuflichen Tätigkeit in der von ihr gegründeten Unternehmung zur Fortbildung von Lehrkräften vorliegt. Die Antragstellerin, die nach ihrer Tätigkeit im Angestelltenverhältnis mit Wirkung vom 1. Januar 2024 offenbar auf Grundlage des Gesetzes zur Verbeamtung von angestellten Lehrkräften im Berliner Schuldienst (vom 10. Februar 2023) erstmalig in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen wurde, musste wissen, dass der von ihr ausgefüllte Fragebogen für Beamte vom 13. September 2023 und der Frage zu ihrem beruflichen Werdegang, insbesondere zu ihrer freiberuflichen Tätigkeit auszufüllen ist und das Verschweigen bzw. nicht Offenbaren ihrer freiberuflichen unternehmerischen Tätigkeit für ihre Verbeamtung hinderlich sein könnte. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass, wenn sie angenommen hätte, man habe ihr einen falschen Fragebogen zum Ausfüllen vorgelegt, es bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nahe gelegen hätte, sich bei etwaigen Zweifeln an die Dienstbehörde zu wenden und gegebenenfalls den richtigen Fragebogen anzufordern.

Die Rechtmäßigkeit der Rücknahme ihrer Ernennung wegen arglistiger Täuschung wird auch durch das Vorbringen der Antragstellerin nicht in Frage gestellt, dass der Ernennungsbehörde hätte auffallen können, dass die Frage (Nr. 15) nicht beantwortet worden sei. Die Antragstellerin meint, die Ernennungsbehörde hätte bei ihr nachfragen können und müssen, wenn diese Frage für sie von Bedeutung sei. Für die Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Ernennung kommt es nicht darauf an, ob der Irrtum oder die Unkenntnis durch eventuelle Nachforschungen der Bediensteten des Antragsgegners hätten aufgedeckt werden können (von Roetteken, in: von Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Stand Oktober 2021, § 12 Rn. 50 m.w.N.)

6. Ohne Erfolg hält die Beschwerde in der Annahme eines Entschließungsermessens des Antragsgegners dem Verwaltungsgericht entgegen, dieses habe sich nicht auf die Überprüfung der Ermessensentscheidung des Antragsgegners beschränkt, sondern selbst Ermittlungen angestellt und sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Antragsgegners gestellt. Dieses Vorbringen geht an den Gründen der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vorbei. § 12 Abs. 1 BeamtStG, führt die Fallgestaltungen auf, in denen die Rücknahme zwingend ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2001 – 2 C 43.99 – juris Rn. 24). Wie sich auch aus dem Wortlaut („ist mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen“) ergibt, steht dem Dienstherrn insoweit kein Entschließungsermessen zu, sondern die Rücknahme der Ernennung ist auszusprechen (von Roetteken, in: von Roetteken/Rothländer, BeamtStG, Stand Oktober 2021, § 12 Rn. 49 m.w.N.).

7. Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, soweit darin über die weitere Führung der Dienstgeschäfte (§ 15 Abs. 1 Satz 3 LBG) entschieden worden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Anlehnung an § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).