Gericht | FG Cottbus 12. Senat | Entscheidungsdatum | 02.11.2023 | |
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Aktenzeichen | 12 K 12052/21 | ECLI | ECLI:DE:FGBEBB:2023:1102.12K12052.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | 9 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG, § 8 Abs. 1 GrEStG § |
Von § 9 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG werden nur solche Leistungen erfasst, die dafür gewährt werden, dass der Dritte selbst auf den Erwerb des Grundstücks verzichtet und durch diesen eigenen Verzicht dem Erwerber den Grundstückserwerb (positiv) ermöglicht. Die Regelung des § 9 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG setzt voraus, dass der Dritte tatsächlich in der Lage und willens ist, das Eigentum am Grundstück anstelle des Erwerbers zu erlangen und der Erwerber seinerseits an den Dritten in Kenntnis dieser Verhältnisse mit dem Ziel eine Leistung erbringt, diesen zu einem Verzicht auf den Grundstückserwerb zu bewegen. Kann der Dritte das Eigentum am Grundstück nicht selbst erlangen, sondern den Grundstückserwerb durch den Erwerber lediglich rechtlich oder wirtschaftlich verhindern oder erschweren, reicht dies nicht aus. Kann nicht festgestellt werden, dass der Dritte tatsächlich in der Lage gewesen wäre, das Eigentum an dem Grundstück anstelle des Erwerbers zu erlangen, ist zugunsten des Erwerbers, da es sich um eine steuererhöhende Tatsache handelt, davon auszugehen, dass der Dritte nur den Grundstückserwerb des Erwerbers hätten erschweren können.
Abweichend von dem Bescheid vom … und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom … in der Fassung des Änderungsbescheides vom … wird die Grunderwerbsteuer auf … € festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluss:
Die Zuziehung der Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft, wendet sich gegen die Einbeziehung einer sogenannten Kompensationszahlung in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Die zugunsten der X-Gesellschaften vereinbarte Kompensationszahlung, die zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten und zur Übernahme des Projekts geleistet werden sollte, stand im unmittelbaren Zusammenhang mit dem besteuerten Grundstückserwerb vom L (Gebietskörperschaft).
I. Vorgeschichte
Die sogenannten X-Gesellschaften erwarben mit notariellen Grundstückskaufverträgen vom … – Notar C…, D… – ca. … ha des Geländes E…; hinsichtlich weiterer ca. … ha wurden Vorverträge geschlossen. [Zum Zweck der Anonymisierung wurde Sachverhalt entfernt.] Erwerber waren im Einzelnen:
1. X-H… Ltd. […]
2. X-I… Ltd. […]
3. X-J... Ltd. […]
4. X-K… Ltd. […]
Der Kaufpreis für den abzuschließenden Grundstückskaufvertrag hinsichtlich der Flächen laut Vorvertrag sollte … € betragen.
5. X-L … GmbH […]
Das nur … m² große Flurstück wurde zusätzlich zum Gesamtkaufgegenstand erworben. Veräußerer war nicht das L (Gebietskörperschaft), sondern die B… GmbH M…, die insoweit nicht als Geschäftsbesorger des L (Gebietskörperschaft) handelte.
Die X-L… GmbH war die Muttergesellschaft der vier anderen Gesellschaften (alle fünf Gesellschaften: Die X-Gesellschaften). Sie unterwarf sich jeweils in § 4 der Verträge zu den URNrn. … bis … – neben der jeweiligen Käuferin – der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in ihr gesamtes Vermögen.
In dem insoweit übereinstimmenden § 8 der Verträge zu den URNrn. … bis … sagte der Käufer zu, [Zum Zweck der Anonymisierung wurde Sachverhalt entfernt.] zu errichten. Das Gesamtvolumen der Investitionen solle voraussichtlich – ohne Übernahme einer entsprechenden Verpflichtung durch den Käufer – … € betragen. Sollte das Bebauungsplanverfahren, das nach dem Baugesetzbuch für die Landeshauptstadt N… in Umsetzung ihrer Planungshoheit durchzuführen sei, auf Teilen des Grundstücks andere Nutzungen festsetzen, die die Zustimmung des Käufers finden, so werde die oben genannte Nutzung durch die neu festgesetzte ersetzt. In Abs. 2 wurde dem Verkäufer ein Wiederkaufsrecht eingeräumt, unter anderem falls der Käufer das Kaufgrundstück oder Teile davon nicht innerhalb der Frist vertragsgemäß verwende bzw. nutze (1. Alt.) oder seinen sonstigen in diesem Vertrag übernommenen Verpflichtungen nicht nachkomme (2. Alt.).
In einem 1. Änderungsvertrag vom … – URNr. … – wurde den fünf Erwerbern ein auf den … befristetes freies Rücktrittsrecht bezüglich der geschlossenen Kaufverträge eingeräumt, das in einem 2. Änderungsvertrag vom … – URNr. … – bis zum … verlängert wurde.
In einem 3. Änderungsvertrag vom … – URNr. … – hoben die Vertragsparteien einverständlich die in den Verträgen URNrn. … bis … enthaltene Klausel, dass ein Rücktritt nur für sämtliche Verträge gemeinsam erklärt werden könne, auf und sie verlängerten das Rücktrittsrecht zu den Kaufverträgen URNrn. … und … bis zum ….
Hinsichtlich der Verträge zu den URNrn. …, … und … vereinbarten die Vertragsparteien "die Aufhebung der Verträge unter gleichzeitiger Vereinbarung eines Ankaufsrechtes für den bisherigen Käufer im Umfange der aufgehobenen Grundstückskaufverträge zu den URNrn. …, … und … bis zum …. Die bei Ausübung des Ankaufsrechtes zu schließenden Grundstückskaufverträge sollen den Grundstückskaufverträgen zu den URNrn. …, … und … entsprechen". Die zugunsten der Käufer jeweils eingetragene Auflassungsvormerkung sollte nunmehr den durch die Ausübung des Ankaufsrechts bedingten Eigentumsübertragungsanspruch sichern.
II. Zivilrechtsstreitigkeiten
1. Landgericht N… – … –
Mit Schreiben vom … erklärte das L (Gebietskörperschaft) als Verkäufer hinsichtlich der Verträge URNrn. … und … die Ausübung des in § 8 Abs. 2 der Verträge eingeräumten Wiederkaufsrechtes, weil der Käufer das ursprüngliche Nutzungsvorhaben aufgegeben habe und darüber hinaus weiteren vertraglichen Pflichten nicht nachgekommen sei.
Am … erhoben die X-H… Ltd. und die X-J… Ltd. Zivilklage beim Landgericht N… – … – auf Feststellung, dass die Ausübung der Wiederkaufsrechte aus den Kaufverträgen URNrn. … und … unwirksam sei.
a) Das L (Gebietskörperschaft) berief sich darauf, […].
b) Die klagenden Gesellschaften verwiesen darauf, […].
Das Landgericht N… wies die Klage mit Urteil vom … – … – mit der Begründung ab, die Käufer hätten die vereinbarte Investitionszusage aufgegeben und das Grundstück nicht entsprechend der Investitionszusage verwendet. Das L (Gebietskörperschaft) sei mangels anderweitiger Regelung im Vertrag bereits im Jahr … berechtigt gewesen das Wiederkaufsrecht auszuüben und habe dies formgerecht getan.
Am … legten die X-H… Ltd. und die X-J… Ltd. Berufung gegen das Urteil zum […] OLG ein – … –.
a) In einem Hinweisbeschluss vom … führte das OLG aus, es erscheine fraglich, ob die Voraussetzungen des Wiederkaufsrechts (Alt. 1 und/oder 2) im Zeitpunkt seiner Ausübung vorgelegen hätten. […]
b) In einer mündlichen Verhandlung vom … erklärte die Klägerseite, […].
c) Auf die Ergebnisse in der mündlichen Verhandlung trug die Klägerseite vor, […].
d) Mit Beschluss vom … ordnete das OLG eine Zeugenvernehmung […] an, […]. Hingewiesen wurde, es bestünden weiterhin Bedenken, ob das L (Gebietskörperschaft) zur Ausübung des Wiederkaufsrechts am … berechtigt gewesen sei. […]
2. Landgericht N… – … –
Mit an die X-L… GmbH, die X-H… Ltd. und die X-I… Ltd. adressiertem Schreiben vom … erklärte das L (Gebietskörperschaft) im Hinblick auf den Hinweisbeschluss des OLG vom … – … – vorsorglich die erneute Ausübung des Wiederkaufsrechts hinsichtlich der URNrn. … und … (X-H… Ltd. und X-J… Ltd.).
Am … erhoben die X-H… Ltd., die X-J… Ltd., die X-I… Ltd. und die X-L… GmbH Zivilklage beim Landgericht N… – … – auf Feststellung, dass die Ausübung der Wiederkaufsrechte aus den Kaufverträgen URNrn. … und … unwirksam sei.
Mit zwei Schreiben vom … berichtigte das L (Gebietskörperschaft) die Ausübung des Wiederkaufsrechts dahingehend, dass es gegenüber der X-J… Ltd. – anstatt X-I… Ltd. – ausgeübt werde.
Das Landgericht hat in einem Hinweis vom … die Auffassung vertreten, Gegenstand der Klage sei das Nichtbestehen von Wiederkaufschuldverhältnissen – nicht die Wirksamkeit der Ausübung eines Wiederkaufsrechts vom … –, wie schon bereits im Verfahren … (…). Es greife deshalb wohl der Einwand der doppelten Rechtshängigkeit.
3. Landgericht N… – … –
Bereits am … hatten die X-I… Ltd. und die X-K… Ltd. zur URNr. … die Ausübung eines Ankaufsrechtes beurkunden lassen:
Die X-I… Ltd. "übt hiermit ihr Ankaufsrecht für den Grundstückskaufvertrag – Nr. … der Urkundenrolle des amtierenden Notars aus."
Die X-K… Ltd. "übt hiermit ihr Ankaufsrecht für die Grundstückskaufverträge – Nr. … und … der Urkundenrolle des amtierenden Notars aus."
Die Urkunde wurde dem L (Gebietskörperschaft) mit Schreiben vom … zugestellt.
Das L (Gebietskörperschaft) ließ mit Schreiben vom … entgegnen, die Ausübung des Ankaufsrechtes sei nicht fristgerecht erfolgt, weil dies neben der entsprechenden Erklärung auch eine innerhalb der Frist abzugebende Erklärung zum Inhalt des Ankaufsrechtes voraussetze, die nicht vorliege. Die Urkunde URNr. … betreffe im Übrigen nicht das L (Gebietskörperschaft). Dahingestellt könne bleiben, ob darüber hinaus auch der Vertragsschluss selbst innerhalb der Frist hätte erfolgen müssen und ob die X-L… GmbH wegen der Haftungsübernahmeregelung in den ursprünglichen Kaufverträgen nicht ebenfalls hätte mitwirken müssen.
Am … erhoben die X-K… Ltd., die X-I… Ltd. und die X-L… GmbH beim Landgericht N… – … – Zivilklage gegen das L (Gebietskörperschaft) mit dem Ziel, dieses dazu zu verpflichten, den Abschluss der Grundstückskaufverträge über den in den URNrn. …, … und … bezeichneten Grundbesitz zu den dort genannten Bedingungen mit der Maßnahme verschiedener aufgeführter Änderungen anzubieten, die Auflassung zu erklären und die Umschreibung im Grundbuch zu bewilligen. […] L (Gebietskörperschaft)L (Gebietskörperschaft)
III. Vorlauf für die Streitsache
Bereits in den Jahren … und … hatten die X-Gesellschaften Verträge zur Weiterveräußerung von Teilen der Liegenschaft geschlossen, die zu einer Übertragung der Rechte aus den Kaufverträgen auf die P… GmbH & Co. KG führen und im Gegenzug die Finanzierung des Erwerbs der Grundstücke und der Folgekosten sichern sollte.
Mit weiterem Vertrag (…) übernahm die … Q… AG die Rechtsposition der P… GmbH & Co. KG, um eine Veräußerung an Dritte zu verhindern.
Bereits im Jahr … hatte die U… GmbH und Co. KG, an der die Q… AG zu 80 % beteiligt war, 90 % der Geschäftsanteile an der Alleingesellschafterin der X-Gesellschaften, der X-L… GmbH, erworben.
Schließlich fanden die Stadt N… bzw. deren Entwicklungsgesellschaft, die W… GmbH, mit der A… GmbH (vormals: R… GmbH) – der Klägerin – ein anderes Unternehmen, das die Entwicklungsmaßnahmen für das Areal "… Gelände E …" umsetzen sollte. Zur Umsetzung wurden am … vor dem Notar S… in T… vier notarielle Verträge geschlossen, in deren Folge die Zivilrechtsstreitigkeiten in den Verfahren OLG … (…), … und … übereinstimmend für erledigt erklärt wurden; mangels Stellung von Kostenanträgen wurden die Kosten der Rechtsstreitigkeiten jeweils gegeneinander aufgehoben.
IV. Die vier streitgegenständlichen Verträge:
Mit notarieller Urkunde vom … – URNr. … – schloss die Klägerin (noch unter der Firma R… GmbH) eine als "Projektübernahmevereinbarung … E…" bezeichnete Vereinbarung, an der die Q… AG, die U… GmbH und Co. KG und die X-Gesellschaften einschließlich der X-L… GmbH beteiligt waren.
Laut den Vorbemerkungen hatte die Q… AG über die U… GmbH und Co. KG und die X-L… GmbH die X-Gesellschaften unter anderem durch Gewährung von Darlehen finanziert, wobei eine Weiterberechnung an die X-Gesellschaften teilweise noch nicht erfolgt war; Inhaberin einer daraus resultierenden Darlehensforderung in Höhe von rund … € war mittlerweile die Klägerin. Weiter wurde ausgeführt, das L (Gebietskörperschaft) sei nicht bereit, den Rechtsstreit 1 (die Zivilrechtsstreitigkeiten) dadurch zu beenden, dass die Liegenschaft auf die X-Gesellschaften übertragen werde, sondern wolle die Verträge aufheben bzw. teilweise rückabwickeln, damit das L (Gebietskörperschaft) bzw. die B (Gebietskörperschaft) Eigentümer blieben und die Liegenschaft an die Stadt N… übertragen könnten. Die Stadt N… sei hingegen bereit, einen Teil der Liegenschaft, die Kauffläche, an ein Unternehmen des V… Konzerns, die Klägerin, zu veräußern. Die Klägerin sei bereit, "den X-Gesellschaften für die Aufgabe ihrer möglichen Rechte an der Liegenschaft, deren Bestehen und Durchsetzbarkeit Gegenstand des Rechtsstreits 1 ist und deren Bebauungsmöglichkeit Gegenstand des Rechtsstreits 2 ist, eine Kompensation in Höhe von EUR … (einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer) zu zahlen (der Kompensationsbetrag)."
Unter Ziffer 3. verpflichteten sich die X-Gesellschaften einschließlich der X-L… GmbH, die Rechtsstreitigkeiten mit dem L (Gebietskörperschaft) durch Abschluss einer 4. Änderungsvereinbarung zu den X-Verträgen – Anl. 3.3 – zu bewirken; die Q… AG und die U… GmbH und Co. KG verpflichteten sich mitzuwirken.
Unter Ziffer 4. wurden Ansprüche der Q… AG, P… GmbH & Co. KG und X-Gesellschaften untereinander geregelt. Die Klägerin stimmte wegen der ihr zustehenden (Darlehens-) Forderungen einer befreienden Schuldübernahme durch die X-Gesellschaften zu.
Unter Ziffer 5. wurde die Fälligkeit der Kompensationszahlung durch die Klägerin abzüglich des Betrages der bestehenden Darlehensverbindlichkeiten binnen 15 Bankarbeitstagen nach Unterzeichnung geregelt. In Höhe der Darlehensverbindlichkeiten wurde die Verrechnung erklärt.
Unter Ziffer 6. wurden aufschiebenden Bedingungen 1 und 2 formuliert, die sicherstellen sollten, dass alle Teile der Vereinbarungen umgesetzt würden und die Klägerin im Ergebnis die Kauffläche zu Eigentum erwirbt.
Die Anl. 3.3 zum Notarvertrag enthielt den Entwurf der 4. Änderungsvereinbarung zu den X-Verträgen zwischen dem L (Gebietskörperschaft) und der B (Gebietskörperschaft) (Verkäufer) auf der einen Seite und den X-Gesellschaften (Käufer) und der X-L… GmbH auf der anderen Seite. Unter II. erklärten die ursprünglichen Kaufvertragsparteien die Kaufverträge aufzuheben bzw. – soweit vollzogen – rückabzuwickeln. Der Notar wurde beauftragt, die Vereinbarung unter anderem erst dann zum Vollzug einzureichen, wenn die Verkäufer mit der Stadt N… einen Kaufvertrag über die Investitionsfläche geschlossen und die Stadt N… ihrerseits einen Grundstückskauf- und Investitionsverträge mit der Klägerin geschlossen habe.
Durch notarielle Urkunde vom … – URNr. … – wurden die Kaufverträge aus … zu den URNrn. … bis … aufgehoben und rückabgewickelt. Die Regelung entspricht der Anl. 3.3 der URNr. ….
Mit notarieller Urkunde vom … – URNr. … – erwarb nunmehr die W… GmbH als Treuhänderin der Stadt N… Teile der … Gelände E… vom L (Gebietskörperschaft) und der B (Gebietskörperschaft).
Mit notarieller Urkunde vom … – URNr. … – wurde von der Klägerin (noch unter der Firma R… GmbH) der im Streitfall besteuerte Grundstückskaufvertrag mit Investitionsverfahren und städtebaulicher Ablösevereinbarungen geschlossen. Veräußerer waren die W… GmbH als Treuhänderin der Stadt N… sowie das L (Gebietskörperschaft). Kaufgegenstand war eine … m² große Teilfläche des Gesamtgebietes zu einem Kaufpreis von … €. In § 3 Abs. 3 und 4 wurde auf die Rechtsstreitigkeiten sowie darauf verwiesen, dass der Verkäufer noch nicht Eigentümer des Grundstücks sei und der Käufer nicht auf unsicherer Rechtsgrundlage, sondern von dem Entwicklungsträger erwerben wolle; die dafür geschlossenen Verträge (siehe vorstehend) einschließlich der vereinbarten Vollzugsbedingungen wurden dargestellt. In §§ 6 bis 10 des Vertrages wurden die Investitionsverfahren der Klägerin einschließlich deren Sicherung geregelt. §§ 15 f. enthielten die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung eines städtebaulichen Ausgleichsbetrages von … €, der in Höhe von …. € mit Fälligkeit des Kaufpreises (zusammen … €) und in weiteren jährlichen Raten zu … € zu zahlen war. Gegenstand der Urkunde waren die Flurstücke Gemarkung E…, Flur 1, FlSt. … und … sowie Gemarkung G…, Flur 5, FlSt. … sowie … und Flur 6, FlSt. … sowie ….
Nur ein Teil der genannten Flurstücke war Gegenstand der Kaufverträge URNrn. … bis … mit den X-Gesellschaften: Gemarkung G…, Flur 5, FlSt. … und Flur 6, FlSt. … sowie … und (nur Vorvertrag) Flur 6, FlSt. … sowie ….
Die Flurstücke Gemarkung E…, Flur 1, FlSt. … und Gemarkung G…, Flur 5, FlSt. … sowie … aus den Kaufverträgen mit den X-Gesellschaften waren nicht Teil des Kaufvertrages mit der Klägerin.
V. Verwaltungsverfahren beim Beklagten und Finanzgerichtsverfahren
Der beurkundende Notar erstattete unter dem Datum vom … gegenüber dem Beklagten über die Urkunde – URNr. … – eine grunderwerbsteuerrechtliche Veräußerungsanzeige und teilte am … den Eintritt der Rechtswirksamkeit des Vertrages mit.
Bereits am … hatte die Klägerin dem Beklagten eine ergänzende Mitteilung zum Grundstückserwerb vom … übersandt. Darin zeigte sie in Wahrnehmung einer möglicherweise bestehenden Verpflichtung gemäß § 19 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) vorsorglich an, dass sie sich im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb – URNr. … – zu einer Zahlung gegenüber einem Dritten verpflichtet habe. Diese resultiere in Höhe von … € aus der Projektübernahmevereinbarung – URNr. … – und stelle nach eigener Auffassung keine Gegenleistung im Sinne von § 9 GrEStG dar, weil die Zahlungsverpflichtung weder gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gegenüber der Verkäuferin bestehe noch eine Leistung für einen Erwerbsverzicht durch die X-Gesellschaften im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG darstelle; Letztere seien weder willens noch in der Lage, die betreffenden Grundstücke zu erwerben, sondern könnten den Erwerb allenfalls verzögern.
Durch Bescheid vom … setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für den Erwerbsvorgang – URNr. … – Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG in Höhe von … € fest. Als Bemessungsgrundlage wurde ein steuerpflichtiger Teil der Gegenleistung in Höhe von … € zugrunde gelegt. Diese setzte sich zusammen aus dem sofort fälligen Kaufpreis von (… € Grundstück + … € Ausgleichsbetrag 1. Rate =) … €, aus dem in zinslosen Raten (5x … €) zu zahlenden Ausgleichsbetrag/2.-6. Rate, abgezinst auf … € sowie aus der Kompensationszahlung in Höhe von … €.
Den hiergegen am … erhobenen Einspruch begründete die Klägerin damit, die Bemessungsgrundlage sei allein dem Kaufpreis für das Grundstück in Höhe von … € zu entnehmen, so dass sich eine Grunderwerbsteuer von … € ergebe. Die städtebauliche Ausgleichszahlung sowie die Kompensationszahlung seien nicht Bestandteil der Gegenleistung. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG sei Teil der Gegenleistung auch das, was der Erwerber anderen Personen als dem Veräußerer im Austausch dafür gewähre, dass dieser auf den Erwerb des Grundstücks verzichte. Dies setze allerdings voraus, dass der verzichtende Dritte – hier die X-Gesellschaften – tatsächlich in der Lage und willens sei, das Eigentum am Grundstück anstelle des Erwerbers zu erlangen und der Erwerber seinerseits an den Dritten in Kenntnis dieser Verhältnisse mit dem Ziel eine Leistung erbringe, diesen zu einem Verzicht auf den Grundstückserwerb zu bewegen. Nicht ausreichend sei, wenn der Dritte den Erwerb der Liegenschaft durch seine Rechtsposition nur erschweren oder verzögern könne (Verweis auf BFH – II R 39/01 –). Verwiesen werde auf die Anzeige der Klägerin vom ….
Mit Schreiben vom … hörte der Beklagte die Klägerin dazu an, der Einspruch sei unbegründet. Neben dem städtebaulichen Ausgleichsbetrag sei auch die Kompensationszahlung in die Gegenleistung einzubeziehen. Die X-Gesellschaften seien willens und auch tatsächlich in der Lage gewesen, das Eigentum an den Grundstücken zu erhalten. Denn zu deren Gunsten seien bereits Auflassungsvormerkungen eingetragen worden. Dadurch hätten sie ein Anwartschaftsrecht auf das Grundstückseigentum erlangt, das vom Veräußerer nicht mehr einseitig beseitigt bzw. aufgehoben werden könne. Zwar habe aufgrund der Zivilrechtsstreitigkeiten nicht mit Gewissheit festgestanden, dass die X-Gesellschaften das Eigentum an den Grundstücken würden erwerben können. § 9 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG erfordere aber nicht, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehe, dass der Dritte das Eigentum erwerben könne. Darüber hinaus komme in Betracht, die Kompensationszahlung gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG mit in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Diese Regelung erfordere lediglich einen rechtlichen Zusammenhang zwischen dem Erwerbsvorgang und dem die zusätzliche Leistung gewährenden Rechtsgeschäft. Im Streitfall bilde der Abschluss der Projektübernahmevereinbarung die Grundlage für den Grundstückskaufvertrag, so dass ein ausreichender rechtlicher Zusammenhang bestehe.
Durch Einspruchsentscheidung vom … wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin habe sich mit den Argumenten des Beklagten nicht auseinandergesetzt und lediglich den Einspruch aufrechterhalten. Eine erneute rechtliche Prüfung habe keine Feststellungen ergeben, die eine Änderung des Verwaltungsaktes rechtfertigten.
Mit der am … erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ergänzend trägt sie vor, über die Wirksamkeit der Ausübung von Wiederkaufsrechten durch das L (Gebietskörperschaft) bzw. die B (Gebietskörperschaft) und über die Wirksamkeit der Ausübung von Ankaufsrechten durch die X-Gesellschaften aus den X-Verträgen seien vor dem Landgericht N… und vor dem xxx OLG insgesamt drei Rechtsstreitigkeiten zwischen den X-Gesellschaften einschließlich der X-L… GmbH auf der einen Seite und dem L (Gebietskörperschaft) auf der anderen Seite rechtshängig gewesen. Bemühungen um eine vergleichsweise Einigung seien erfolglos geblieben. […]L (Gebietskörperschaft)Das OVG xxx habe zulasten der X-Gesellschaften entschieden; im Anschluss hätten diese eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erhoben (…). Wegen schwindender Aussichten auf eine einvernehmliche Lösung und steigender Kosten hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten habe die Q… AG mit der V… Gruppe, zu der die Klägerin gehöre, nach einer Lösung gesucht. […]Die Kompensationszahlung habe dazu gedient, die Rechtsstreitigkeiten zügig zu beenden, damit der Erwerb durch die Klägerin nicht weiter verzögert werde. Soweit der Beklagte auf die eingetragenen Auflassungsvormerkungen abstelle, bezögen sich diese auf die ursprünglich im Jahr … abgeschlossenen Kaufverträge. Im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Verträge seien die X-Gesellschaften dagegen weder willens noch in der Lage gewesen, die Grundstücke zu erwerben, […]L (Gebietskörperschaft). Entgegen der Auffassung des Beklagten komme auch eine Anwendung von § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nicht in Betracht. Denn eine Leistung an einen Dritten falle nur dann hierunter, wenn damit eine Verpflichtung gegenüber dem Veräußerer erfüllt werde.
Die Klägerin beantragt,
abweichend von dem Bescheid vom … in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom … und des Änderungsbescheides vom … die Grunderwerbsteuer auf … € festzusetzen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen, und
die Zuziehung der Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er verweist auf die ergangenen Bescheide sowie das Anhörungsschreiben vom ….
Durch Änderungsbescheid vom … hat der Beklagte der Klage insoweit abgeholfen, als dass er den städtebaulichen Ausgleichsbetrag nicht mehr in die Bemessungsgrundlage einbezogen hat. Er hat die Grunderwerbsteuer auf … € festgesetzt und dabei eine Bemessungsgrundlage von (… € Grundstück + … € Kompensationszahlung =) … € zugrunde gelegt.
Der Senat hat die Steuerakte des Beklagten sowie die Akten des Landgerichts N… zu den Az. … (…), … und … beigezogen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid vom … in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom … sowie des Änderungsbescheides vom … ist rechtswidrig soweit Grunderwerbsteuer von mehr als … € festgesetzt worden ist und verletzt insoweit die Rechte der Klägerin, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Zu Unrecht hat der Beklagte die Kompensationszahlung in Höhe von … € in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen.
I. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG liegen nicht vor.
1. Danach gehören zur Gegenleistung im Sinne des § 8 Abs. 1 GrEStG auch Leistungen, die der Erwerber des Grundstücks anderen Personen als dem Veräußerer als Gegenleistung dafür gewährt, dass sie auf den Erwerb des Grundstücks verzichten, sofern sich der Erwerber zu dieser Leistung nicht (auch) gegenüber dem Veräußerer verpflichtet hat. Letzterenfalls liegt bereits eine sonstige Leistung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG vor (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 11.06.2008 – II R 57/06 –, Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2008, 2059; s.a. Loose, in Viskorf {ehemals Boruttau}, GrEStG, 20. Aufl. 2021, § 9 Rn. 571).
a) Die Regelung bezweckt auch solche Leistungen der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen, die der Erwerber anderen Personen als dem Veräußerer gegenüber bewirkt, um das Eigentum am Grundstück zu erlangen. Unter "Verzicht" im Sinne der Vorschrift ist nicht das Unterlassen eines Vermögenserwerbs im Sinne des § 517 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu verstehen, sondern das bloße "Absehen von einem Erwerb" des Grundstücks (BFH, Urteil vom 11.06.2008 – II R 57/06 –, a.a.O.; Loose, a.a.O.).
b) Erfasst werden nur solche Leistungen, die dafür gewährt werden, dass der Dritte selbst auf den Erwerb des Grundstücks verzichtet und durch diesen eigenen Verzicht dem Erwerber den Grundstückserwerb (positiv) ermöglicht. Die Regelung setzt deshalb voraus, dass der Dritte tatsächlich in der Lage und willens ist, das Eigentum am Grundstück anstelle des Erwerbers zu erlangen und der Erwerber seinerseits an den Dritten in Kenntnis dieser Verhältnisse mit dem Ziel eine Leistung erbringt, diesen zu einem Verzicht auf den Grundstückserwerb zu bewegen. Kann der Dritte das Eigentum am Grundstück nicht selbst erlangen, sondern den Grundstückserwerb durch den Erwerber lediglich rechtlich oder wirtschaftlich verhindern oder erschweren, reicht dies nicht aus (BFH, Urteil vom 11.06.2008 – II R 57/06 –, a.a.O.; BFH, Urteil vom 25.06.2003 – II R 39/01 –, Bundessteuerblatt II [BStBl II] 2004, 246).
2. Im Streitfall kann zur Überzeugung des Senates nicht festgestellt werden, dass die X-Gesellschaften im Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge vom … noch tatsächlich in der Lage und willens gewesen sind, die streitgegenständlichen Grundstücke zu erwerben.
a) Soweit der Beklagte im Wesentlichen auf die eingetragenen Auflassungsvormerkungen zugunsten der X-Gesellschaften sowie das daraus abgeleitete Anwartschaftsrecht abstellt, vermag der Senat daraus für den Streitfall nichts herzuleiten. Die Auflassungsvormerkung ist ein akzessorisches Sicherungsrecht, das unter faktischer Durchbrechung des Abstraktionsprinzips die Erfüllung bestimmter – auch bedingter – schuldrechtlicher Anspruche sichert. Die Vormerkung ist also stets an einen (künftigen oder bedingten) schuldrechtlichen Anspruch – insbesondere auf Übertragung des Grundstückseigentums – geknüpft. Dementsprechend erlischt die Auflassungsvormerkung nachträglich etwa mit dem Erlöschen des gesicherten Anspruchs, bei endgültigem Nichteintritt einer die gesicherte Forderung betreffenden aufschiebenden Bedingung, bei endgültigem Nichtentstehen eines zunächst als künftig vorgemerkten Anspruchs, bei Anfechtung der Vertragserklärung und im Falle des Rücktritts vom Vertrag. Eine auch ohne Löschung im Grundbuch nicht (mehr) bestehende Vormerkung ist mit dem Berichtigungsanspruch aus § 894 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu beseitigen. Gerichtet ist er auf Abgabe einer Löschungsbewilligung. Soweit sich die Bewilligung der Löschung hier nicht schon ausdrücklich aus den geschlossenen notariellen Kaufverträgen oder dem 3. Änderungsvertrag – URNr. … – ergibt oder Streit über die Voraussetzungen besteht, ist sie gemäß § 894 Zivilprozessordnung (ZPO) durch rechtskräftiges Urteil ersetzbar. Allein aufgrund der eingetragenen Auflassungsvormerkungen haben die X-Gesellschaften daher die streitgegenständlichen Grundstücke nicht erwerben, sondern lediglich eine anderweitige Veräußerung behindern oder erschweren können.
b) Im Streitfall kann nicht festgestellt werden, dass die X-Gesellschaften tatsächlich in der Lage gewesen wären, das Eigentum an dem Grundstück anstelle der Klägerin zu erlangen, und sie nicht nur den Grundstückserwerb der Klägerin hätten erschweren können.
aa) Hinsichtlich der Kaufverträge zu den URNrn. … und … ist von dem zuletzt bis zum … eingeräumten Rücktrittsrecht seitens der X-H… Ltd. bzw. die X-J… Ltd. nicht Gebrauch gemacht worden. Die Verkäuferseite in Gestalt des L (Gebietskörperschaft) hat allerdings mit Schreiben vom … und … das in den Verträgen für den Fall vereinbarte Wiederkaufsrecht ausgeübt, dass der Käufer das Kaufgrundstück oder Teile davon nicht innerhalb der Frist vertragsgemäß verwende bzw. nutze (1. Alt.) oder seinen sonstigen in diesem Vertrag übernommenen Verpflichtungen nicht nachkomme (2. Alt). Gemäß § 456 Abs. 1 BGB kommt, wenn sich der Verkäufer in dem Kaufvertrag das Recht des Wiederkaufs vorbehalten hat, der Wiederkauf mit der Erklärung des Verkäufers gegenüber dem Käufer, dass er das Wiederkaufsrecht ausübe, zustande; die Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form.
Inwieweit die formellen Anforderungen und vertraglich geregelten Voraussetzungen, unter denen der Verkäufer zum Wiederkauf berechtigt gewesen ist, eingehalten worden sind oder nicht, ist Gegenstand der beiden Zivilrechtsstreitigkeiten vor dem Landgericht N… bzw. dem xxx OLG – … (…) und … - gewesen. Der Ausgang dieser Verfahren ist als offen zu kennzeichnen. […] Auch in dem Hinweisbeschluss vom … hat das OLG Bedenken hinsichtlich der Berechtigung des L (Gebietskörperschaft) zur Ausübung des Wiederkaufsrechts formuliert, zugleich aber eine Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung für erforderlich gehalten,[…].
bb) Die Kaufverträge zu den URNrn. …, … und … sind dagegen durch den Änderungsvertrag vom … – URNr. … – ausdrücklich aufgehoben und durch Ankaufsrechte für den bisherigen Käufer im Umfange der aufgehobenen Grundstückskaufverträge ersetzt worden. Ein Ankaufsrecht gibt dem Begünstigten das Recht, einen Gegenstand unter bestimmten Bedingungen zu einem bestimmten Preis erwerben zu können. Es ist im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht ausdrücklich geregelt.
(I.) Mit notarieller Urkunde vom … – URNr. … – und Zustellung an die Verkäuferseite haben die X-I… Ltd. und die X-K… Ltd. das eingeräumte Ankaufsrecht für die Kaufverträge zu den URNrn. …, … und … ausgeübt, wobei allerdings schon fraglich ist, ob hinsichtlich der URNr. … die Ausübung nicht durch die Käuferin laut diesem Vertrag, die X-L… GmbH, hätte erfolgen müssen.
(II.) Auch hinsichtlich der wirksamen und fristgerechten Ausübung der Ankaufsrechte ist vor dem Landgericht N… Zivilklage geführt worden – … -, wobei der Ausgang des Verfahrens auch hier als offen anzusehen ist. Dies folgt schon daraus, dass die bei Ausübung des Ankaufsrechtes zu schließenden Grundstücksverträge den ursprünglichen Kaufverträgen entsprechen sollten, was eine Verwendung des Grundstücks für … einschließt. Denn der Käufer sollte auch aufgrund des 3. Änderungsvertrages nicht völlig frei über Nutzung und Bebauung des Grundstücks entscheiden können sollen, sondern dieses vertragsgemäß entsprechend der Investitionszusage gemäß § 8 des Vertrages verwenden. Sofern also die Käufer frühzeitig bereits das ursprüngliche Konzept … nicht aufrechterhalten hätten, kann eine anschließende Ausübung des Ankaufsrechts dem Verwendungszweck jedoch nicht mehr entsprechen. Insofern kann daher auf die vorstehenden Ausführungen zu aa) (II.) Bezug genommen werden. Im Übrigen besteht ein enger wirtschaftlicher und rechtlicher Zusammenhang zwischen den fünf Kaufvorgängen, der durch den "Gesamtkaufgegenstand" laut § 1 Abs. 6 der Verträge URNrn. … bis … zum Ausdruck gekommen ist. Denn die Umsetzung der vorausgesetzten vertragsgemäßen Nutzung ist nur bei Zustandekommen aller Verträge in Gesamtheit möglich gewesen. Ohne die in den URNrn. … und … genannten Flächen konnten Kaufverträge entsprechend den URNrn. … und … den Verwendungszweck und damit die vereinbarten Voraussetzungen des Ankaufsrechtes schon nicht erfüllen. Im Übrigen ist schließlich das Argument der Verkäuferseite, das Ankaufsrecht hätte zu seiner Wirksamkeit auch hinsichtlich der Kaufverträge mit der X-H… Ltd. bzw. der X-J… Ltd. unter Mitwirkung der X-L… GmbH ausgeübt werden müssen, nicht von der Hand zu weisen. Richtig ist zwar, dass nach dem Wortlaut des 3. Änderungsvertrages das Ankaufsrecht "für den bisherigen Käufer" eingeräumt worden ist. Es kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich neben dem jeweiligen Käufer auch die X-L… GmbH in § 4 der Kaufverträge aus … dem Verkäufer gegenüber der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Kaufurkunde in ihr gesamtes Vermögen unterworfen hat. Denn ausgehend von der Rechtsauffassung der Käuferseite wäre der Verkäufer bei Ausübung des Ankaufsrechts durch die Käuferseite verpflichtet gewesen, dieser ein – annahmefähiges – Vertragsangebot zum Erwerb des Grundbesitzes zu unterbreiten. Aus Sicht bzw. im vernünftigen Interesse des Verkäufers hätte dies zur Absicherung der Kaufpreiszahlung erneut die Vollstreckungsunterwerfung der X-L… GmbH einschließen müssen. Die X-H… Ltd. bzw. der X-J… Ltd. als Käufer wären jedoch – rechtlich – nicht dazu in der Lage gewesen, eine verbindliche Erklärung zulasten der X-L… GmbH abzugeben, was einer Vertragsannahme entgegengestanden hätte. Es erscheint deshalb durchaus zweifelhaft, ob das Ankaufsrecht ohne Mitwirkung der X-L… GmbH wirksam ausgeübt worden ist. Schließlich hätte das Zustandekommen der Kaufverträge mit der X-H… Ltd. bzw. der X-J… Ltd. nunmehr zusätzlich davon abgehangen, dass bzw. ob ein Dritter - die X-L… GmbH – nach Ablauf der Frist zur Ausübung des Ankaufsrechts die diesbezügliche rechtlich bindende Erklärung abgegeben hätte. Dass die Klägerinnen in dem Zivilprozess erklärt haben, die X-L… GmbH wäre "natürlich" willens und bereit, erneut die Haftung für den Kaufpreis zu übernehmen, ändert daran nichts, weil eine entsprechende verbindliche Erklärung der X-L… GmbH weiterhin nicht vorgelegen hat und ohnehin auf den Zeitpunkt der fristgerechten Ausübung des Ankaufsrechtes abzustellen ist.
cc) Im Ergebnis kann somit nicht festgestellt werden, dass die X-Gesellschaften tatsächlich in der Lage gewesen wären, das Eigentum an dem Grundstück anstelle der Klägerin zu erlangen und die Klägerin ihrerseits in Kenntnis dieser Verhältnisse die Kompensationszahlung in Höhe von … € an die X-Gesellschaften mit dem Ziel geleistet hat, diese zu einem Verzicht auf den Grundstückserwerb zu bewegen. Da es sich um eine steuererhöhende Tatsache handelt, ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die X-Gesellschaften den Erwerb der Klägerin lediglich hätten verzögern oder erschweren können. Damit ist jedoch der Tatbestand des § 9 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG nicht erfüllt.
II. Der angegriffene Grunderwerbsteuerbescheid kann entgegen der Auffassung des Beklagten hinsichtlich der Kompensationszahlung auch nicht auf § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG gestützt werden.
Nach dieser Regelung gehören zur Gegenleistung auch Leistungen, die der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt. Als zusätzliche Leistung im Sinne dieser Vorschrift wird man jede Leistung ansehen können, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt und die nicht bereits von § 9 Abs. 1 GrEStG erfasst ist.
1. Hauptanwendungsfall der Regelung ist die nachträglich vereinbarte Leistung. Diese muss im Grundsatz alle Kriterien erfüllen, die allgemein an das Vorliegen einer Gegenleistung gestellt werden. Die nachträgliche Gegenleistung kann allerdings mit dem Grundstückserwerb nicht mehr kausal verknüpft sein; zwischen ihr und dem Grundstückserwerb muss jedoch ein rechtlicher Zusammenhang bestehen (vgl. BFH, Urteil vom 26.04.2006 – II R 3/05 -, BStBl II 2006, 604). Im Streitfall liegt allerdings keine nachträgliche Leistung vor.
2. § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG gilt uneingeschränkt auch für alle (nachträglichen) Leistungen des Erwerbers an Dritte, vorausgesetzt allerdings, dass diese nach allgemeinen Kriterien als Gegenleistung anzusehen sind (BFH, Urteil vom 22.11.1995 – II R 26/92 –, BStBl II 1996, 162; Loose, in Viskorf, a.a.O., § 9 Rn. 556). Der aus der Gesamtregelung des § 9 abgeleitete Begriff der grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung umfasst jede Leistung, die der Erwerber einem Dritten gewährt, um damit vom Veräußerer das Grundstück zu erhalten. Insofern müssen Erwerb des Grundstücks und Gegenleistung für den Erwerb kausal verknüpft sein. Es ist aber nicht erforderlich, dass die Gegenleistung zwischen Grundstücksveräußerer und Grundstückserwerber ausgetauscht wird (Loose, in Viskorf, a.a.O.). Im Streitfall erfüllt die Kompensationszahlung schon nicht die Kriterien einer Gegenleistung. Denn sie ist nicht dem Veräußerer gegenüber oder auf dessen Verlangen oder Veranlassung zum Erwerb des Grundstücks geleistet worden. Es fehlt mithin an der kausalen Verknüpfung zwischen der – gerade nicht nachträglich vereinbarten – Kompensationszahlung an die X-Gesellschaften und dem Grundstückserwerb vom L (Gebietskörperschaft).
III. Eine Rechtsgrundlage für die Einbeziehung der Kompensationszahlung in die Bemessungsgrundlage des angegriffenen Bescheides ergibt sich ebenso wenig aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.
1. Als sonstige Leistungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sind alle Verpflichtungen des Käufers anzusehen, die zwar nicht unmittelbar Kaufpreis für das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, aber gleichwohl Entgelt für den Erwerb des Grundstücks sind (BFH, Urteil vom 06.12.2017 – II R 55/15 –, BStBl II 2018, 406; BFH, Urteil vom 10.05.2017 - II R 16/14 -, BStBl II 2017, 964). Der Erwerb des Grundstücks und die Gegenleistung müssen kausal verknüpft sein. Dabei ist nicht ausschlaggebend, was die Vertragschließenden als Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich verpflichtet haben. Danach gehören alle Leistungen des Käufers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage), die dieser als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks gewährt (BFH, Urteil vom 06.12.2017 – II R 55/15 –, a.a.O.; BFH, Urteil vom 18.06.2014 - II R 12/13 -, BStBl II 2014, 857, m.w.N.). Verpflichtet sich der Erwerber gegenüber dem Veräußerer eine Leistung an einen Dritten zu erbringen (Vertrag zugunsten Dritter, §§ 328 ff BGB), um von diesem das Grundstück zu erhalten, liegt darin eine Gegenleistung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Dagegen gehören Leistungen des Erwerbers an Dritte, ohne dass eine Verpflichtung gegenüber dem Veräußerer vorliegt, nur unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG zur Gegenleistung (Loose, in Viskorf, a.a.O., § 9 Rn. 571; Pahlke, GrEStG, 7. Aufl. 2023, § 9 Rn. 218).
2. Im Streitfall hat sich die Klägerin nicht zum Erwerb des Grundstücks gegenüber dem Veräußerer verpflichtet, an die X-Gesellschaften eine Kompensationszahlung zu leisten. Es fehlt an der notwendigen kausalen Verknüpfung mit dem Grundstückskaufvertrag, so dass die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt sind.
IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, als der Grad der Gewissheit für die Feststellung zu klären ist, ob der Dritte im Sinne von § 9 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG tatsächlich in der Lage und willens ist, das Eigentum am Grundstück anstelle des Erwerbers zu erlangen.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Sach- und Rechtslage war nicht so einfach, dass die Klägerin sich selbst vertreten konnte.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung
1) Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Sie muss ferner die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich eine Rechtsverletzung durch das Urteil ergibt; soweit Verfahrensmängel gerügt werden, muss sie auch die Tatsachen angeben, aus denen sich der Mangel ergibt.
Bei der Einlegung und Begründung der Revision vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst oder durch entsprechend befähigte Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.egvp.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier finden Sie auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens.
Nach Maßgabe von § 52d FGO sind Rechtsanwälte, Behörden und die übrigen in dieser Vorschrift genannten Personen verpflichtet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln.
2) Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 128 Abs. 4 FGO).