Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 15 K 1216/19


Metadaten

Gericht FG Cottbus 15. Senat Entscheidungsdatum 23.08.2023
Aktenzeichen 15 K 1216/19 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2023:0823.15K1216.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Bescheid über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2014 vom 7. Februar 2017, geändert mit Bescheid vom 18. Juni 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2019, wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen des Bescheides über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2014 darum, ob dieser durch die zuständige Behörde erlassen wurde. Darüber hinaus ist die Zurechnung von Gewinnen aus [einem Gewerbe mit verschiedenen Tätigkeitsfeldern] streitig. Zudem ist die Höhe der Betriebseinnahmen und -ausgabe des Betriebs / der Betriebe im Streit.

Der Kläger war bis zu seiner Insolvenz … als Einzelunternehmer tätig. Im Jahr … wurde die B… Ltd. (nachfolgend Limited) in das britische Handelsregister eingetragen. Gesellschafter waren …. Dem Kläger wurde Generalvollmacht erteilt. Die Limited betrieb in der C…-Straße, Berlin [ein Gewerbe]. Steuerlich wurde die Limited nicht angemeldet. Im … wurde sie wieder gelöscht. Das Unternehmen wurde nach der Löschung der Limited unverändert fortgeführt. Im … gründeten … die E… GbR (nachfolgend GbR), bei der der Kläger wiederum als Handlungsbevollmächtigter auftrat und die das Unternehmen fortführte. In … erwarb die GbR zudem das Grundstück F…-straße in G… (Grundstück). Am … schloss der Kläger mit … einen Vertrag vor dem Notar H… zur Urkundenrollennummer … (Notarvertrag) zur Regelung der Vermögensnachfolge über den Erwerb der GbR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Notarvertrag Bezug genommen. Infolge des Erwerbs der GbR wurde der Kläger als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Er führte ab … das Unternehmen als Einzelunternehmer weiterhin in Berlin unverändert fort.

Die Veranlagung war zunächst insgesamt durch das Finanzamt I… erfolgt, welches den Kläger zusammen mit seiner damaligen Ehefrau zur Einkommensteuer und alleine zur Umsatz- und Gewerbesteuer veranlagte.

Seit dem 1. Januar 2015 ist der Kläger auf dem Grundstück in G… gemeldet. Zu einem Zuständigkeitswechsel kam es aufgrund der Zusammenveranlagung mit der weiterhin in I… wohnhaften Ehefrau und des Betriebssitzes in Berlin zunächst nicht.

2016 führte das Finanzamt I… beim Kläger eine Außenprüfung u.a. für den Veranlagungszeitraum 2014 durch. Anlass waren zwei vorangegangene Strafverfahren. Im ersten Strafverfahren war der Kläger mittels Strafbefehls u.a. wegen Hinterziehung der Gewerbesteuer für den Zeitraum … als Verantwortlicher der Limited und für … als Einzelunternehmer [des Gewerbes] verurteilt worden. Im zweiten Strafverfahren war der Kläger zunächst durch das Amtsgericht wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen verurteilt worden (Umsatzsteuer und Gewerbesteuer). Im Zuge der Berufung wurde das Verfahren wegen Gewerbesteuerhinterziehung … gemäß § 154 Strafprozessordnung und wegen Umsatzsteuerhinterziehung … wegen Verjährung durch das Landgericht eingestellt. Betreffend die Jahre … und … wurde der Kläger wegen Umsatzsteuerhinterziehung verurteilt. Im Rahmen der Außenprüfung legte der Kläger erstmalig eine für sämtliche Tätigkeiten einheitlich und für das gesamte Jahr 2014 geführte Einnahmenüberschussrechnung vor. Die Außenprüfung wurde mit Bericht vom 9. Dezember 2016 beendet, auf welchen samt dessen Anlagen hinsichtlich der Feststellungen im Einzelnen Bezug genommen wird. Im Wesentlichen kam die Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass Einnahmen aus dem [Gewerbe] dem Kläger für das gesamte Jahr 2014 und auch insoweit zuzurechnen seien, als Zahlungen von Kunden zu …% auf das Honorar [Dritter] entfielen. Ferner seien zahlreiche Betriebsausgaben, insbesondere auch Ausgaben für das Grundstück nicht anzuerkennen.

Mit Bescheid vom 7. Februar 2017 änderte das Finanzamt I… die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags entsprechend den Feststellungen der Außenprüfung. Auf den geänderten Bescheid wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Zur Begründung legte der Kläger eine geänderte Einnahmenüberschussrechnung vor. Ferner stützte sich der Kläger insbesondere darauf, dass er im Rahmen des [Gewerbes] allein als Vermittler tätig geworden sei, weshalb ihm nur die …%-ige Provision, nicht aber die auf die [Dritten] entfallenden …% zuzurechnen seien.

In 2017 meldete der Kläger auch sein Gewerbe auf das Grundstück nach G… um.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2018 setzte nunmehr der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag 2014 neu fest. Hierbei berücksichtigte er einen geminderten Gewinn aus Gewerbebetrieb, welcher darauf beruhte, dass der Beklagte weit überwiegend nur noch die …% ige Provision als Einnahmen aus dem [Gewerbe] ansetzte. Der geänderte Bescheid wurde zum Gegenstand des laufenden Einspruchsverfahrens.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2019 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag noch einmal herab. Die weitere Gewinnminderung beruhte darauf, dass der Beklagte, auch soweit er zu einem geringen Teil noch höhere Einnahmen angenommen hatte, nunmehr nur noch die …% ige Provision berücksichtigte. Daneben machte er einen Abschlag von 10 % für private Telefonnutzung rückgängig. Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Der Kläger hat fristgerecht Klage erhobenen.

Er trägt vor, der Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2014 sei von einer unzuständigen Behörde erlassen worden und bereits deshalb aufzuheben. Er – der Kläger – habe über keine Betriebsstätte im Zuständigkeitsbereich des Beklagten verfügt. Sitz der Firma sei in Berlin gewesen.

Im Übrigen seien ihm die Erträge aus dem [Gewerbe] erst ab April 2014 zuzurechnen, vorher entfielen diese auf die GbR …. Zudem sei ein geringerer Gewinn, entsprechend seiner Einnahmenüberschussrechnung anzusetzen, insbesondere seien Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Grundstück ungekürzt als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2014 vom 7. Februar 2017, geändert mit Bescheid vom 18. Juni 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2019, aufzuheben,

hilfsweise, bei der Besteuerung von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 48.305,46 € auszugehen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er – der Beklagte – sei für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages zuständig gewesen. Sachlich zuständig für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages seien gemäß § 16 Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 17 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) die Finanzämter. Auch sei die verbandsmäßige Zuständigkeit, als Sonderform der sachlichen Zuständigkeit nicht verletzt. Diese betreffe allein die Gewerbesteuer als „gebietsgebundene Steuer“. Durch die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages durch ihn – den Beklagten – werde die Gebietshoheit jedoch nicht verletzt, da dieser lediglich ein vorgelagertes Feststellungsverfahren betreffe und keine bindende Entscheidung über die gemeindebezogene Gewerbesteuer-Hebeberechtigung treffe.

Im Übrigen seien die Gewerbeerträge dem Kläger für das gesamte Jahr 2014 zuzurechnen und der Gewinn sei durch ihn – den Beklagten – sachgerecht geschätzt worden. Insbesondere könnten Aufwendungen für das Grundstück nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden, da eine betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen sei. Allenfalls sei eine teilweise Berücksichtigung durch schätzweise Aufteilung nach betrieblich genutzten und sonstigen Flächen möglich.

Mit Beschluss vom 16. Mai 2022 hat das Gericht das Verfahren hinsichtlich der zunächst ebenfalls geltend gemachten Amtshaftungsansprüchen abgetrennt und unter einem neuen Aktenzeichen (15 K 15060/22) an das Landgericht J… verwiesen. Zudem hat das Gericht mit Beschluss vom 17. August 2023 das Verfahren wegen der vor dem Senat ebenfalls geltend gemachten Umsatzsteuer 2014 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 7 K 7098/23 an den hierfür nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts zuständigen siebten Senat verwiesen. Ferner hat das Gericht mit Beschluss im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2023 das Verfahren wegen der Einkommensteuer 2014 zum neu vergebenen Aktenzeichen 15 K 15123/23 abgetrennt.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2014 ist rechtwidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO). Der Bescheid ist aufzuheben, da er durch die sachlich unzuständige Behörde erlassen wurde.

Die Zuständigkeit für den Erlass eines Gewerbesteuermessbetrages richtet sich grundsätzlich nach § 17 i.V.m. § 22 AO (örtliche Zuständigkeit, nachfolgend unter 1.) und § 16 AO i.V.m. den Regelungen des Gesetzes über die Finanzverwaltung (FVG – sachliche Zuständigkeit, nachfolgend unter 2.).

1.

Keine Bedenken bestehen vorliegend hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit.

Örtlich zuständiges Finanzamt für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages ist das Betriebsfinanzamt (§ 17 AO i. V. m. § 22 Abs. 1 Satz 1 AO). Zwar war dies 2014 nicht der Beklagte, da der Betriebssitz noch in Berlin war. Geht jedoch die örtliche Zuständigkeit durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände von einer Finanzbehörde auf eine andere Finanzbehörde über, so tritt der Wechsel der Zuständigkeit in dem Zeitpunkt ein, in dem eine der beiden Finanzbehörden hiervon erfährt (§ 26 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Kläger hat vorliegend 2017 und mithin vor Erlass des (geänderten) Gewerbesteuermessbetragsbescheides durch den Beklagten seinen Betriebssitz in dessen Zuständigkeitsbereich verlegt. Mithin ist der Beklagte örtlich zuständig geworden.

2.

Jedoch ist der Bescheid über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2014 vorliegend unter Verletzung der Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit zustande gekommen.

Die sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden richtet sich gemäß § 16 AO, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz über die Finanzverwaltung (FVG). Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. 17 Abs. 2 Satz 1 FVG sind die Finanzämter als örtliche Landesbehörden grundsätzlich für die Verwaltung der Steuern zuständig, soweit diese nicht gemäß Art. 108 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) den Bundesfinanzbehörden oder gemäß Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG den Gemeinden (Gemeindeverbänden) übertragen worden ist.

Insoweit ist dem Beklagten zwar zuzugeben, dass er als (grundsätzlich sachlich zuständiges) Finanzamt tätig geworden ist. Kommt es jedoch, wie im Streitfall zu einer Verlegung des Betriebssitzes über die Ländergrenzen hinweg, so tangiert die Anknüpfung des Gewerbesteuermessbetrages an den Betriebssitz nicht allein die örtliche sondern vielmehr auch die sachliche Zuständigkeit (vgl. hierzu auch Rätke in Klein, Abgabenordnung, 16. Auflage 2022, § 22 Rn. 3 mit Verweis auf Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 29. Juni 2015 III S 12/15, Sammlung der nicht amtlich veröffentlichten Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2015, 1421).

Die Gewerbesteuer knüpft an den stehenden Gewerbebetrieb an. Für diesen wird auch der Gewerbesteuermessbetrag festgestellt. Insoweit liegt eine Vergleichbarkeit mit der gesonderten Feststellung des Gewinns gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b AO vor. Die Regelung des § 22 AO zur örtlichen Zuständigkeit bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags knüpft an die Regelung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO zur örtlichen Zuständigkeit im Fall der gesonderten Feststellung an. Grundsätzlich ist dasselbe Finanzamt für die Festsetzung des Steuermessbetrages und die gesonderte Feststellung des Gewinns aus Gewerbebetrieb zuständig (vgl. Schmieszek in Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 176. Ergänzungslieferung, § 22 Rn. 9, 15). Dieser durch den Gesetzgeber beabsichtigte Gleichlauf des § 22 AO zur gesonderten Feststellung ergibt sich historisch bereits aus der Gesetzesbegründung. Dort heißt es: „für die Festsetzung der Steuermeßbeträge bei der Gewerbesteuer ist das Betriebsfinanzamt (vgl. § 20 Nr. 2) zuständig, das ggf. auch die gesonderte Feststellung des Gewinns vornimmt“ (vgl. BT/Drucksache VI/1982, Seite 107 Entwurf einer Abgabenordnung (AO 1974) zu § 24, welcher dem heutigen § 22 AO, soweit vorliegend relevant, entspricht). Hinter der Regelung verbirgt sich die Normzweckerwägung, dass das Betriebsfinanzamt für die gesonderte Feststellung und die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages zuständig sein soll, denn es verfügt aufgrund seiner Nähe zum Betrieb schlicht über die größere Sachnähe. Bei dieser Sachnähe handelt es sich um ein sachliches Kriterium und mithin einen Aspekt der sachlichen Zuständigkeit (vgl. bezüglich der Verknüpfung von Sachnähe und sachlicher Zuständigkeit im Zusammenhang mit der gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b AO: BFH, Urteil vom 21. Oktober 2014 I R 71/13, BFH/NV 2015, 468). Über diese durch den Gesetzgeber anvisierte Sachnähe verfügte im Streitjahr 2014 jedoch allein das Berliner Finanzamt, in dessen Zuständigkeitsbereich der Betriebssitz lag.

Zudem hat die Betriebsverlegung, wenn sie, wie hier, aus einem Stadtstaat in ein anderes Bundesland erfolgt auch eine verwaltungsorganisatorische Dimension inne, die über die bloße örtliche Zuständigkeit hinausgeht. Bei Berlin handelt es sich um einen Stadtstaat, bei dem keine Gemeinden bestehen, so dass das Aufkommen der Gewerbesteuer gemäß Art. 106 Abs. 6 Satz 3 GG dem Land zusteht. Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb aus einem Stadtstaat in ein anderes Bundesland, in dem das Aufkommen der Gewerbesteuer nicht dem Land, sondern vielmehr der dort zuständigen Gemeinde zustünde, so ändert sich, unabhängig von der Frage, ob es überhaupt eine verbandsmäßige Zuständigkeit gibt, jedenfalls die sachliche Zuständigkeit, da es sich bei der Gewerbesteuer um eine sog. gebietsgebundene Steuer handelt (vgl. BFH, Urteil vom 29. Juni 2015 III S 12/15, BFH/NV 2015, 1421). Insoweit stellt das Bundesgebiet zwar grundsätzlich einen einheitlichen Verwaltungsraum dar, in dem die Finanzbehörden im Hinblick auf den Vollzug der Steuern auch über Landesgrenzen hinweg agieren können. Dies gilt jedoch nicht bei gebietsgebundenen Steuern (vgl. hierzu auch Krumm in Tipke/Kruse, AO/FGO, 176 Lieferung, § 17 FVG Rn. 3). Im Ergebnis ergibt sich dies auch aus Ziff. 2 zu § 16 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung, nach dem die verbandsmäßige Zuständigkeit als Sonderfall der sachlichen Zuständigkeit nur dann unbeachtlich und die Verwaltungskompetenz der Finanzämter nicht auf das zuständige Bundesland beschränkt sei, wenn es sich um eine nicht gebietsgebundene Steuer handele (vgl. Anwendungserlass zur Abgabenordnung BStBl. I 1987, 664). Bei der Betriebsverlegung aus Berlin in den Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes …… handelte es sich mithin nicht allein um einen Vorgang, der die örtliche Zuständigkeit für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags tangiert. Auch wenn die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages, wie der Beklagte richtig anführt, noch keine bindende Feststellung zu der hebeberechtigten Gemeinde trifft, ist dieser dennoch auf eine gebietsgebundene Steuer ausgerichtet und ein Verlegen des Betriebssitzes über die Landesgrenzen hinweg tangiert mithin die sachliche Zuständigkeit.

Da das Gericht davon ausgeht, dass im Fall der Verlegung des Betriebssitzes in ein anderes Bundesland, jedenfalls bei einem Wechsel aus einem Stadtstaat in einen Flächenstaat und umgekehrt, für den Gewerbesteuermessbetrag, neben der örtlichen auch die sachliche Zuständigkeit betroffen ist, kommt ein Übergang der Zuständigkeit auf den Beklagten gemäß § 26 AO nicht in Betracht. Ein unter Verstoß gegen die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit zustande gekommener Verwaltungsakt ist auch nicht gemäß § 127 AO unbeachtlich. Beide Vorschriften beziehen sich ihrem eindeutigen Wortlaut nach allein auf die örtliche Zuständigkeit.

II.

Der Senat lässt die Revision zu, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Der Zulassungsgrund § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist gegeben, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dies ist hinsichtlich der Frage, ob die Verlegung eines Betriebs in ein anderes Bundesland im Hinblick auf die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages eine Frage der sachlichen Zuständigkeit darstellt, gegeben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).