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Sachgebiet: Bewertungsrecht Grundstücksbewertung Überschrift: Bedarfsbewertung: Gutachten zertifizierter Gutachter nur für Bewertungsstichtage nach dem 22.07.2021


Metadaten

Gericht FG Cottbus 16. Senat Entscheidungsdatum 24.04.2024
Aktenzeichen 16 K 3070/23 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2024:0424.16K3070.23.00
Dokumententyp Gerichtsbescheid Verfahrensgang -
Normen § 198, § 265 Abs. 12 BewG

Leitsatz

Leitsätze:

  1. Der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gemäß § 198 BewG ist trotz dessen Änderung durch das GrStRefUG für Bewertungsstichtage bis zum 22.07.2021 nur durch Gutachten öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger möglich; Gutachten von nur gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen reichen nur für spätere Bewertungsstichtage aus.

  2. Eine wirksame Zertifizierung eines Sachverständigen nach DIN EN ISO/IEC 17024 setzt voraus, dass die ihn zertifizierende Stelle ihrerseits von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle zertifiziert worden ist. Angewendete Rechtsvorschriften: BewG § 198, § 265 Abs. 12

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Grundbesitzbewertung, dort um die Anerkennung von Gutachten zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts (§ 198 Bewertungsgesetz – BewG –), wobei vorab die Qualifikation des Gutachters zu würdigen ist.

I.1.

§ 198 BewG bestand bis zu seiner Änderung durch das Gesetz zur erleichterten Umsetzung der Reform der Grundsteuer und Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz – GrStRefUG) vom 16.07.2021 nur aus dem Text, der seitdem zum Abs. 1 dieser Vorschrift geworden ist, und machte mithin zur Frage, wie der Nachweis erbracht werden kann, keine näheren Angaben. Der Bundesfinanzhof – BFH – hatte bereits zur Vorgängervorschrift (§ 146 Abs. 7 BewG a. F.) mit Urteil vom 11.09.2013 II R 61/11, BFH/NV 2014, 208, Juris, ausgesprochen, dass wenn der Nachweis durch Vorlagen eines Gutachtens erfolgt, dann der Nachweis nur durch ein Gutachten erbracht werden kann, das der örtlich zuständige Gutachterausschuss oder ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken erstellt hat. Zu § 198 BewG hat der BFH in einem Fall, in dem das Gutachten eines zwar zertifizierten, aber nicht öffentlich bestellten Sachverständigten vorgelegt worden war, mit Urteil vom 05.12.2019 II R 9/18, BFH/NV 2020, 949, Juris, den gleichen Grundsatz bekräftigt und dazu ausgeführt (Juris Rn. 19-22):

„Das Gutachten eines Sachverständigen ist nur zum Nachweis geeignet, wenn es sich um ein fachlich in besonderer Weise qualifiziertes Gutachten handelt. Nur damit kann der Bedeutung der Nachweislast im Unterschied zur Darlegungs- und Feststellungslast (s.o. unter II.1.b) genügt werden. Einerseits kann jedes von dem Beteiligten vorgelegte Gutachten prozessrechtlich lediglich Beteiligtenvorbringen sein. Der Beweis nach § 92 der Abgabenordnung bzw. §§ 81, 82 FGO (i. V. m. den jeweiligen Vorschriften der ZPO), den der Steuerpflichtige antritt und das Gericht erhebt, entspricht gerade nicht dem Nachweis in diesem Sinne. Andererseits ist häufig das Beteiligtenvorbringen nicht in dem Sinne nachweisgeeignet, dass ihm ohne weitere Beweiserhebung gefolgt werden könnte. Wenn über die Tragfähigkeit dieses Vorbringens wiederum Beweis erhoben werden müsste, bestünde kein Unterschied mehr zur Darlegungs- und Feststellungslast.

Nur das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen i.S. der §§ 36, 36a GewO bietet eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür, dass weitere Beweiserhebungen entbehrlich sind. Diese verfügen über eine Doppelqualifikation, nämlich in fachlicher und persönlicher Hinsicht. Die öffentliche Bestellung von Sachverständigen nach § 36 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GewO setzt einerseits u.a. den Nachweis besonderer Sachkunde und das Fehlen von Bedenken gegen die Eignung voraus. Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 GewO sind sie andererseits darauf zu vereidigen, dass sie ihre Sachverständigenaufgaben unabhängig, weisungsfrei, persönlich, gewissenhaft und unparteiisch erfüllen und ihre Gutachten entsprechend erstatten werden. Diese Sachverständigen vereinen damit eine über den Sachkundenachweis belegte Fachkompetenz mit einer über die Vereidigung bewirkten besonderen persönlichen Verpflichtung auf die Integrität ihrer gutachterlichen Arbeit. Demgegenüber ist die allgemeine Bezeichnung "Sachverständiger für …" nicht gesetzlich verankert und deshalb auch nicht besonders geschützt.

Der BFH verkennt nicht, dass im Einzelfall auch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen unzureichend sein kann, dass umgekehrt auch ein Gutachten eines nicht öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen fachlich beanstandungsfrei und integer sein kann. Er erachtet es jedoch für eine zulässige Typisierung, an die öffentliche Bestellung und Vereidigung eine entsprechende Vermutung zu knüpfen.

Das FG hat zu Recht ausgeführt, dass sich aus dem AkkStelleG und der Akk-StelleGBV nichts Abweichendes ergibt. Eine durch eine akkreditierte Stelle durchgeführte Zertifizierung ist nicht deckungsgleich mit dem durch § 36 GewO nachgewiesenen fachlichen und persönlichen Profil. Die Berücksichtigung der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erworbenen Qualifikationen wird durch § 36a GewO gewährleistet.“

2.

Mit dem GrStRefUG vom 16.07.2021 hat der Gesetzgeber § 198 Abs. 2 BewG eingefügt, welcher lautet:

„Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann regelmäßig ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses im Sinne der §§ 192 ff. des Baugesetzbuchs oder von Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind, dienen.“

Gemäß § 265 Abs. 12 BewG ist (u. a.) § 198 Abs. 2 in der Fassung des Gesetzes vom 16.07.2021 auf Bewertungsstichtage nach dem 22.07.2021 anzuwenden.

II.1.

Der Kläger hatte zusammen mit einer anderen Person in Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR –, an der beide hälftig beteiligt waren, im Jahr 2010 eine Sporthalle erworben.1 Mit Vertrag vom 01.07.20202 verkaufte und übertrug die andere Person ihren hälftigen Geschäftsanteil an der GbR mit Wirkung auf den 30.06.2020 24.00 Uhr an den Kläger. Der Kaufpreis betrug 2.500 €.

Mit Schreiben des beklagten Finanzamts – FA –, Grunderwerbsteuerstelle, an das beklagte FA, Bewertungsstelle, vom 12.03.2021 wurde eine Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 30.06.2020 für Zwecke der Grunderwerbsteuer angefordert. Der Kläger gab am 27.05.2021 eine Bedarfswertfeststellungserklärung ab. Mit Feststellungsbescheid vom 03.08.20213 stellte das beklagte FA den Grundbesitzwert auf den 30.06.2020 auf 456.568 € und den übertragenen Anteil auf 50 %, mithin 228.284 €, gegenüber dem Kläger fest. Dem lag eine Berechnung im Sachwertverfahren zugrunde.

2.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 26.08.2021 Einspruch ein und nachfolgend das Gutachten eines vom Bundesverband der Zertifizierten Sachverständigen e. V. zertifizierten Sachverständigen vom 23.12.20084 auf den Wertermittlungsstichtag 17.12.2008 vor, das einen Verkehrswert von 50.000 € ergab. Das Gutachten wurde vom FA wegen des Wertermittlungsstichtages nicht anerkannt. 

3.

Mit Einspruchsentscheidung vom 20.03.20235 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

III.

Am 20.04.2023 erhob der Kläger Klage und legte nachfolgend das nicht unterschriebene Gutachten des (nach dessen eigenen Angaben im Kopf des Gutachtens) nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen für die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke B… vom 23.05.20236 mit dem Wertermittlungsstichtag 13.05.2023 vor, das einen Verkehrswert von 42.000 € ergab, und beantragte dementsprechend die Herabsetzung des festgestellten Grundbesitzwerts auf diesen Betrag.

Das FA bemängelte nachfolgend formal die fehlende Unterschrift und den falschen Bewertungsstichtag, setzte sich gleichwohl inhaltlich mit dem Gutachten auseinander und sah auch zahlreiche Mängel in der Sache.

Mit Schriftsatz vom 14.12.2023 legte der Kläger ein anderes Gutachten desselben Gutachters B… vom 05.12.20237 zum Wertermittlungsstichtag 30.06.2020 vor, das einen Verkehrswert von 150.000 € ausweist, hält jedoch an seinem Antrag auf Herabsetzung des festgestellten Grundbesitzwerts auf 42.000 € fest, nunmehr hilfsweise auf 150.000 €.

Auf Hinweis des (damaligen) Berichterstatters, dass Bedenken hinsichtlich der Qualifikation des Sachverständigen im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH bestünden, führt der Kläger aus, dass sich aus § 198 Abs. 2 BewG n. F. die Gleichwertigkeit von zertifizierten und öffentlich bestellten Sachverständigen ergebe. Dass die Neuregelung nur für Bewertungsstichtage nach dem 22.07.2021 gelte, sei unerheblich, weil die alte gesetzliche Regelung keine genauen Anforderungen normiert habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Grundbesitzwertfeststellungsbescheid auf den 20.06.2020 vom 03.08.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.03.2023 dahingehend zu ändern, dass der Grundbesitzwert statt auf 456.568 € auf 42.000 €, hilfsweise auf 150.000 € festgestellt wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA schließt sich dem Hinweis des Berichterstatters auf den formellen Mangel an.

IV.1.

Ermittlungen des Senats im Internet zur Zertifizierungssituation ergaben Folgendes:

Der Sachverständige B… veröffentlicht auf seiner Internetseite einige seiner Zertifikate, darunter ein „Zertifikat nach DIN EN ISO/IEC 17024“ der „C… Akademie“ in D… (Träger: … AG & Co. KG, Geschäftsführung … AG) vom XX.XX.20198, wonach der Sachverständige vom XX.XX.2018 bis XX.XX.2019 [Hinweis Dokumentationsstelle: Zeitraum von 8 Monaten und 20 Tagen] dort einen Kurs besucht und erfolgreich die Prüfung als „Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken nach DIN EN ISO/IEC 17024“ bestanden hat, ferner ein „Zertifikat E… TÜV“ von der Personenzertifizierungsstelle E… TÜV in F… mit einem Logo des TÜV Rheinland vom XX.XX.20199, gültig bis XX.XX.2022, für die Qualifikation „Gutachter für die Bewertung von unbebauten und bebauten Grundstücken mit TÜV Rheinland geprüfter Qualifikation“, wonach der Sachverständige eine Fortbildung der C… Akademie besucht und am XX.XX.2019 in D… die Prüfung zum Gutachter für die Bewertung von unbebauten und bebauten Grundstücken mit TÜV Rheinland geprüfter Qualifikation erfolgreich absolviert hat und die Personenzertifizierungsstelle E… TÜV den gemäß Prüfungsordnung erfolgten Nachweis der unter der ID 4270610 auf www. … .com aufgelisteten Kompetenzen bestätigt. In diesem Zertifikat ist von DIN EN ISO/IEC 17024 nicht die Rede.

Die C… Akademie nimmt auf ihrer Website nicht für sich in Anspruch, ihrerseits nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifiziert zu sein. Sie führt dort11 vielmehr aus: „Aufgrund unserer qualitativ hochwertigen Weiterbildung schenkt uns der TÜV Rheinland sein Vertrauen und wird Sie nach bestandener Prüfung nach TÜV Rheinland E… zertifizieren. Im Bereich des Gutachterwesens können Sie sich durch uns auf die Zertifizierung nach der internationalen Norm nach DIN EN ISO/IEC 17024 vorbereiten. Diese Zertifizierung wird durch eine Zertifizierungsstelle durchgeführt. Unsere Kombination von Ausbildung und Zertifizierung ist einzigartig in den neuen Bundesländern.“

Der TÜV Rheinland wiederum teilt auf seiner Website unter „Akkreditierte Personenzertifizierung“ mit12, E… TÜV (Träger: … GmbH in F…) sei für die Bereiche Qualitätsmanagement-Fachpersonal, SGU-Personal und Fachpersonal Schienenverkehr durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditiert. Für Qualitätsmanagement Fachpersonal gibt es die Abschlüsse Qualitätsbeauftragter (TÜV), Qualitätsmanager (TÜV) und Qualitätsauditor (TÜV). SGU steht für „Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltschutzkoordination für Baustellen“. Weitere Akkreditierungen durch die DAkkS im Bereich „Zertifizierungsstelle für Personen“ nimmt der TÜV Rheinland nicht für sich in Anspruch.

2.

Folgende Akten lagen vor:

Einheitswertakten, Grundbesitzwertakten, Einspruchsvorgang

1 Notarieller Vertrag vom 29.01.2010 Einheitswert-A Bl. 15-18

2 Einspruchsvorgang Bl. 41, dort Kopie aus der Feststellungs-A der GbR = FG-A Bl. 38

3 Grundbesitzwert-A Bl. 23 = FG-A Bl. 6-8

4 Einspruchsvorgang Bl. 3-34 = FG-A Bl. 23-37

5 Einspruchsvorgang Bl. 42-44 = FG-A Bl. 9-13

6 FG-A Bl. 40-62

7 FG-A Bl. 84-180 (Ausdruck schwarz-weiß einseitig) = FG-A Bl. 208-256 (Ausdruck farbig beidseitig)

8 FG-A Bl. 193

9 FG-A Bl. 192R

10 FG-A Bl. 207

11 FG-A Bl. 196R

12 FG-A Bl. 199R

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der angefochtene Grundbesitzwertfeststellungsbescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

I.

Das Grundstück mit der aufstehenden Sporthalle, ein Geschäftsgrundstück gemäß § 181 Abs. 6 BewG, war gemäß § 182 Abs. 4 Nr. 2 BewG im Sachwertverfahren zu bewerten, weil sich auf dem örtlichen Grundstückmarkt der Kleinstadt für Sporthallen keine übliche Miete (vgl. § 182 Abs. 3 Nr. 2 BewG) ermitteln lässt. Methodische oder rechnerische Fehler des FA bei der Berechnung gemäß § 189 i. V. m. §§ 179, 190, 191 BewG sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

II.

Der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gemäß § 198 BewG ist dem Kläger nicht gelungen.

1.

Das erste Gutachten vom 23.12.2008 ist auf den Bewertungsstichtag 17.12.2008 statt auf den 30.06.2020 erstellt, wodurch dem Gutachten keinerlei Beweiswert zukommt.

2.

Für das zweite Gutachten vom 23.05.2023 mit dem Wertermittlungsstichtag 13.05.2023 gilt dasselbe, außerdem ist es nicht unterschrieben, was einen gravierenden formellen Mangel darstellt.

3.

Das dritte Gutachten vom 05.12.2023 ist jedenfalls schon deswegen zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nicht geeignet, weil der Sachverständige nicht die nach der ständigen Rechtsprechung des BFH dafür erforderliche Qualifikation besitzt. Für Bewertungsstichtage bis 22.07.2021, wie hier, sind nur öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige geeignet.

Zwar mutet es auf den ersten Blick merkwürdig an, in bestimmter Weise zertifizierten Sachverständigen, denen vom Gesetzgeber für spätere Bewertungsstichtage die fachliche und persönliche Kompetenz ausdrücklich zuerkannt worden ist, für frühere Bewertungsstichtage die Kompetenz abzusprechen. Denn die Kompetenz ist personenbezogen und kann eigentlich nicht vom Bewertungsstichtag abhängen.

Für die Anwendung der Stichtagsregelung spricht jedoch zum einen der Gesetzeswortlaut. Dem Gesetzgeber dürfte die langjährige Rechtsprechung des BFH wohl bekannt gewesen sein, denn § 198 Abs. 2 BewG n. F. stellt sich als weitgehende Bestätigung dieser Rechtsprechung dar, soweit dort auf den zuständigen Gutachterausschuss und von staatlichen Stellen bestellte Sachverständige Bezug genommen wird, und lediglich als teilweise Ergänzung im Hinblick auf in bestimmter Weise zertifizierte Sachverständige. Hätte der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BFH auch für die Vergangenheit ändern wollen, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, die Anwendungsregelung in § 265 Abs. 12 BewG anders zu fassen, namentlich die Neuregelung in § 198 Abs. 2 BewG für alle offenen Fälle für anwendbar zu erklären. Dies hat der Gesetzgeber jedoch gerade nicht getan.

Für die Anwendung der Stichtagsregelung sprechen auch Gesichtspunkte der Rechtsklarheit und Eindeutigkeit. Denn sonst müssten in anhängigen, ggf. schon weit fortgeschrittenen Verfahren bisher möglicherweise zu Recht abgelehnte Gutachten plötzlich doch berücksichtigt und inhaltlich geprüft werden.

III.

Da aufgrund des Stichtags nur zertifizierte, nicht öffentlich bestellte Sachverständige nicht geeignet sind, braucht der Senat nicht zu prüfen und zu entscheiden,

1.

ob der Sachverständige B… überhaupt wirksam nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifiziert worden ist, denn dazu müsste er, schon nach dem Wortlaut von § 198 Abs. 2 BewG, aber auch nach der Systematik der DIN EN ISO/IEC 17024, von einer ihrerseits nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle zertifiziert worden sein, und eine solche Zertifizierung ist derzeit weder für die „C… Akademie“ in D… noch für E… TÜV ersichtlich, wobei die bisherigen Internetrecherchen hierzu möglicherweise aber noch keine ausreichende Sachverhaltsermittlung darstellen, es sei denn, es würde zur formellen Ordnungsgemäßheit von Gutachten von zertifizierten Sachverständigen im Sinne von § 198 Abs. 2 BewG gehören, dass in den Gutachten selbst bzw. in einer der Anlagen die Zertifizierung dargelegt und glaubhaft gemacht wird, z. B. durch Kopien der relevanten Zertifikate als Anlagen zum Gutachten,

2.

ob das Zertifikat des Sachverständigen, so es im Sinne von § 198 Abs. 2 BewG hinreichend gewesen sein sollte, am XX.XX.2022 abgelaufen ist und daher für ein am 05.12.2023 erstelltes Gutachten nicht mehr geeignet war,

3.

ob das Gutachten vom 05.12.2023 unterschrieben ist, wobei der leicht bläuliche Hintergrund der Unterschrift13 im farbigen Ausdruck der im elektronischen Rechtsverkehr übermittelten pdf-Datei, der sich kaum durch das notwendige Einscannen für den elektronischen Rechtsverkehr erklären lässt, auf eine einkopierte Unterschrift hinweisen könnte, ggf. weiter, ob und inwieweit trotz §§ 52a, 52d FGO die Vorlage von Unterlagen im Original verlangt werden kann bzw. wie Verfahrensbevollmächtigte i. S. v. § 52d FGO die Authentizität von Unterschriften Dritter in notwendigerweise im pdf-Format zu übermittelnden Dokumenten nachweisen können,

4.

ob eine Zertifizierung gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 als Sachverständiger für die Wertermittlung von Grundstücken überhaupt denkbar ist, weil dies eine Zertifizierung der die Zertifizierung des Sachverständigen vornehmenden Stelle durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) voraussetzt (sozusagen die Zertifizierung des Zertifizierers), die DAkksS gemäß § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Gesetz über die Akkreditierungsstelle (Akkreditierungsstellengesetz - AkkStelleG) in Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Anforderungen an Akkreditierung und Marktüberwachung bei der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30) tätig wird, es in dieser jedoch (nur) um Produkte und den freien Warenverkehr geht, so dass der DAkkS möglicherweise eine Rechtsgrundlage für die Zertifizierung von Dienstleistungen, die nichts mit dem Europäischen Binnenmarkt zu tun haben, fehlen könnte (vgl. hierzu bereits Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.01.2018 3 K 3178/17, EFG 2018, 825, DStRE 2019, 285, Juris Rn. 31-33), und es dann niemanden gäbe, der die Zertifizierer zertifiziert, so dass die Neufassung des § 198 Abs. 2 BewG bezüglich akkreditierter Sachverständiger für die Wertermittlung von Grundstücken leerliefe.

IV.1.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt.1 FGO zugelassen. Es erscheint klärungswürdig und klärungsbedürftig, ob auch nach Inkrafttreten des GrStRefUG für Bewertungsstichtage bis 22.07.2021 nur mit Gutachten öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts geführt werden kann. Dies wird noch immer in vielen Fällen von Bedeutung sein.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

3.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 90a Abs. 1 FGO, da von einer mündlichen Verhandlung keine weitere Erhellung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage zu erwarten ist.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten mündliche Verhandlung beantragen oder Revision einlegen.

1. Der Antrag auf mündliche Verhandlung ist beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheides schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu stellen.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat die Postanschrift: Postfach 10 04 65, 03004 Cottbus, und die Hausanschrift: Von-Schön-Str. 10, 03050 Cottbus, sowie den Telefax-Anschluss: 0355/ 48644 1000.

Der Antrag auf mündliche Verhandlung kann auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Finanzgerichts Berlin - Brandenburg gestellt werden. Die hierfür erforderliche Zugangs- und Übertragungssoftware kann über die Internetseite „www.egvp.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier finden Sie auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens.

2. Die Revision ist bei dem Bundesfinanzhof innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheides schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. Ihr soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Gerichtsbescheides beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheides zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Gerichtsbescheid angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Sie muss ferner die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich eine Rechtsverletzung durch den Gerichtsbescheid ergibt; soweit Verfahrensmängel gerügt werden, muss sie auch die Tatsachen angeben, aus denen sich der Mangel ergibt.

Bei der Einlegung und Begründung der Revision vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst oder durch entsprechend befähigte Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.

Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.egvp.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier finden Sie auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens.

3. Nach Maßgabe von § 52d FGO sind Rechtsanwälte, Behörden und die übrigen in dieser Vorschrift genannten Personen verpflichtet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln.

13 FG-A Bl. 227R