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Sachgebiet: Finanzgerichtsordnung Überschrift: Angabe der Vertretungsberechtigten einer GbR als Zulässigkeitsvoraussetzung


Metadaten

Gericht FG Cottbus 16. Senat Entscheidungsdatum 06.05.2024
Aktenzeichen 16 K 3081/22 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2024:0506.16K3081.22.00
Dokumententyp Gerichtsbescheid Verfahrensgang -
Normen § 183 AO, § 61 EGBGB, § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO, Art. 137 MoPeG

Leitsatz

Leitsätze: 1. Zur Bezeichnung des Klägers i. S. v. § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO gehört bei einer GbR auch die Angabe der vertretungsberechtigten Gesellschafter; die bloße Angabe aller Gesellschafter ohne Bezeichnung, wer vertretungsberechtigt ist, genügt nicht. 2. Ein Grundstückswertfeststellungsbescheid, der nicht alle Feststellungsbeteiligten (z. B. außer dem Schenkungsempfänger auch den Schenker) benennt, ist zumindest rechtswidrig und auf rechtzeitige Anfechtung hin aufzuheben; offen bleiben konnte, ob er nichtig ist. Angewendete Vorschriften: FGO § 65 Abs. 1 Satz 1 BGB § 705 Abs. 2 BGB, § 707 Abs. 1, § 708, § 720 Abs. 1, § 740 Abs. 1 EGBGB § 61 MoPeG Art. 137 Gesellschaftsregisterverordnung (GesRV) § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ErbStG § 20 Abs. 1 Satz 1 BewG § 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 155 Satz 1 AO § 183

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägervertreterin B… GmbH, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Grundstücksbewertung für die Schenkungsteuer. Vorab sind formale Fragen zu klären, wie die hinreichende Bezeichnung der klägerischen Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR – und die Rechtsfolgen der unvollständigen Aufzählung der Feststellungsbeteiligten im angefochtenen Bescheid.

I.1.

Der am 21.08.2023, nach dem Bewertungsstichtag, verstorbene C… – der Schenker – war mit einem Anteil von 1/3, die D… GmbH mit einem Anteil von 2/3 Gesellschafter an der „A… GbR“, der Klägerin. Die Bilanzen erstellende1 GbR betreibt auf gepachteten Flächen (Grünland und Weiden) einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rindern, ohne Eigentümerin von Grundstücken zu sein.

Mit Stiftungsgeschäft vom … gründete der Schenker die (nicht gemeinnützige) E… Stiftung, die Beigeladene zu 5., und brachte in diese auch den 1/3-Anteil an der Klägerin ein. Die Stiftung wurde vom Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg am [Bewertungsstichtag] genehmigt.

2.

Die Beigeladenen zu 1. bis 4. sind die Kinder und Erben des Schenkers2, die Beigeladenen zu 3. und 4. sind zugleich die derzeitigen Mitglieder des Vorstands der E… Stifung3, zuvor waren bis zu ihrem Ableben der Schenker und dessen am 05.04.2019 vorverstorbene Ehefrau Stiftungsvorstandsmitglieder4.

3.

Alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der D… GmbH sind aktuell F… (seit September 2022) und G… (der Beigeladene zu 3., seit 2006). Bis 2017 war auch C…, der Schenker, Geschäftsführer.

II.1.

Das für die Schenkungsteuer zuständige Finanzamt – FA – H…, das von der E… Stiftung eine Schenkungsteuererklärung anforderte, erbat mit Schreiben vom 14.04.2021 vom beklagten Lage-FA eine Grundbesitzwertfeststellung auf den [Bewertungsstichtag] für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen des Betriebes „A… GbR“, bezeichnete darin den Schenker als Geber sowie die E… Stiftung als Erwerber und den Anteil des Gebers mit 1/3. Das beklagte FA forderte von der Klägerin am 31.08.20215.

eine Feststellungserklärung. Am 12.11.2021 reichte die Klägervertreterin mit Unterschrift ihres Geschäftsführers, eines Steuerberaters, die Bedarfswertfeststellungserklärung beim FA ein und gab dabei als Erklärungspflichtigen den Schenker an. Mit Schreiben vom 15.11.2021 teilte das FA der Klägervertreterin mit, dass es die Erklärung nicht bearbeiten könne, weil die Unterschrift „des vertretungsberechtigten Gesellschafters“ der A… GbR fehle. Mit Schreiben vom 22.11.20216. reichte die Klägervertreterin die Erklärung erneut ein. In dem Schreiben ist ausgeführt, die Erklärung sei „vom Geschäftsführer der A… GbR“ unterzeichnet. Die Erklärung trug nunmehr die Unterschrift von G…7., zusammen mit einem Firmenstempel der A… GbR.

2.

Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den [Bewertungsstichtag] für Zwecke der Schenkungsteuer vom 14.12.20218.

an die Klägerin wurde ein Grundbesitzwert für die wirtschaftliche Einheit des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 873.229 € und ein Anteil in Höhe von 1/1 festgestellt. Eingangs des Bescheids ist angegeben, dass der Bescheid mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten ergeht. Im Bescheid ist oben beim festsetzenden Teil unter „Grundstückseigentümerin/Beteiligte am Feststellungsverfahren“ die klägerische GbR und als „weitere Beteiligte am Feststellungsverfahren“ die E… Stiftung benannt, jeweils mit Anschrift. Am Schluss, unter Erläuterungen, ist ausgeführt, dass die Feststellung sich auf die Anteilsübertragung an der klägerischen GbR im Wegen der Schenkung vom mit Namen, ohne Anschrift genannten Schenker auf die E… Stiftung beziehe.

3.

Mit Schreiben vom 10.01.2022 legte die Klägervertreterin Einspruch ein. Im Betreff des Schreibens ist die Klägerin genannt. Der Einspruch wurde nachfolgend trotz mehrfacher Aufforderung des FA nicht begründet und von diesem mit Einspruchsentscheidung an die Klägerin vom 30.03.2022, einem Mittwoch, als unbegründet zurückgewiesen.

III.

Am 04.05.2022 erhob die Klägerin Klage. Darin ist die Klägerin als „A… GbR“ mit Anschrift bezeichnet. Mit der Eingangsverfügung forderte das Gericht die Klägerin (u. a.) auf, die Gesellschafter der Klägerin zu benennen. Mit Schriftsatz vom 10.06.2022 teilte die Klägerin mit, zwei Gesellschafter zu haben, die D… GmbH zu 2/3 und die E… Stiftung zu 1/3.

Nachdem die angekündigte Klagebegründung ausblieb, forderte der Berichterstatter am 25.07.2022 unter Ausschlussfristsetzung bis 26.08.2022 zur Bezeichnung des Klagebegehrens auf. Mit Schriftsatz vom 26.08.2022 beantragte die Klägerin die Feststellung des Grundbesitzwerts auf 254.255 €. Dieser Wert ergebe sich aus dem gemittelten Gewinn der drei Geschäftsjahre 2017, 2018 und 2019 in Höhe von 13.669 €, multipliziert mit dem Kapitalisierungsfaktor von 18,6. Zur Erläuterung ist ausgeführt, die Pachtverträge würden bald auslaufen, wodurch der Grundbesitzwert sich bald auf 0 € reduzieren werde, so dass Abschläge bzw. ein niedrigerer Kapitalisierungsfaktor zu berücksichtigen seien. Außerdem könne rund die Hälfte der Flächen aufgrund natürlicher bzw. durch den Naturschutz vorgegebener Gegebenheiten nur extensiv, nicht intensiv bewirtschaftet werden.

Das FA wies dazu klageerwidernd auf die aus dem Bewertungsgesetz für landwirtschaftliche Flächen sich ergebende Bewertungsmethodik und die Möglichkeit eines Verkehrswertgutachtens zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts hin.

Mit Beschluss vom 06.02.20239.

übertrug der Senat die Entscheidung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter.

Mit Schriftsatz vom 24.02.2023 (von der Klägervertreterin per Fax und schriftlich per Post eingereicht) kündigte die Klägerin an, ein Gutachten erstellen zu lassen, und bat um eine Frist von drei Monaten.

Eine Nachfrage des Einzelrichters vom 05.06.2023, wann mit dem Gutachten zu rechnen sei, blieb unbeantwortet. Mit gerichtlichem Schreiben vom 26.07.2023, zugestellt am 27.07.2023, wurde gemäß § 79b Abs. 2 FGO eine Frist bis 29.09.2023 gesetzt zur Vorlage des angekündigten Gutachtens. Mit Schriftsatz vom 29.09.2023 (von der Klägervertreterin per Fax und schriftlich per Post eingereicht) wurde für die Klägerin mitgeteilt, die I… GmbH in J… sei mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt worden. Das Gutachten sei noch in der Erstellung. Die Klägerin beantragte Fristverlängerung bis 29.11.2023. Mit Schreiben vom 06.10.2023, an die Klägervertreterin per EGVP versandt, wurde seitens des Gerichts auf die Formunwirksamkeit des klägerseitigen Schriftsatzes gemäß § 52d FGO hingewiesen.

Hierzu erfolgte bis heute keine Stellungnahme, auch wurde bis heute kein Gutachten vorgelegt.

Zum 01.01.2024 wechselte die Senatszuständigkeit und damit auch die Person des Einzelrichters.

Mit Schreiben des Einzelrichters vom 19.01.2024, der Klägervertreterin zugestellt am selben Tage, wurde um Mitteilung gebeten, wer aktuell die Gesellschafter der klägerischen GbR sind und wie dort die Vertretungsbefugnis geregelt ist. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass die Klage unzulässig sein könnte, wenn nicht angegeben werde, wer vertretungsberechtigt sei. Es wurde der Klägerseite eine einfache Frist gemäß § 65 Abs. 2 FGO von 10 Tagen gesetzt. Zugleich wurde das FA darauf hingewiesen, dass auch der Schenker die Schenkungsteuer schulde und durch die fehlende Angabe des Schenkers im Bescheid als weiterer Feststellungsbeteiligter dieser nichtig sein könnte.

Das FA nahm dahingehend Stellung, dass die Bekanntgabe des Bescheids an den Schenker bzw. dessen Erben nachgeholt werden könne, der Bescheid jedoch nicht nichtig sei. Gesellschafter der klägerischen GbR seien nach Aktenlage des FA zu 1/3 die E… Stiftung und zu 2/3 die D… GmbH.

Von der Klägerseite erfolgte kein Eingang.

Mit Schreiben des Einzelrichters, versehentlich als Berichterstatter bezeichnet, an die Klägervertreterin vom 14.02.202410.

, zugestellt am 16.02.2024, wurde die Klägerin aufgefordert, binnen einer Ausschlussfrist von vier Wochen ab Zustellung die Klägerin insofern zu bezeichnen, als dass Namen und Anschriften der vertretungsberechtigten Personen angegeben werden. Die Aufforderung wurde dahingehend erläutert, dass zum Namen bei nicht natürlichen Personen auch die Vertretungsberechtigten gehörten. Es wurde um Mitteilung gebeten, ob und ggf. welche Bestimmungen der Gesellschaftsvertrag zur Vertretung enthalte (Hinweis auf §§ 708, 715, 720 BGB). Mangels abweichender Bestimmung seien alle derzeitigen Gesellschafter zu benennen. Bei abweichender Bestimmung seien die sich daraus ergebenden Vertretungsberechtigen zu benennen. Die vom FA mitgeteilte Vermutung über den Gesellschafterbestand ersetze nicht die Angabe der Vertretungsberechtigten.

Zugleich wurde die Klägervertreterin aufgefordert, gemäß § 62 Abs. 6 Satz 1 FGO binnen vier Wochen ihre Vollmacht schriftlich vorzulegen.

Von der Klägerseite erfolgte weiterhin kein Eingang.

Die Klägerin beantragt sinngemäß11.

den Grundbesitzwertfeststellungsbescheid auf den [Bewertungsstichtag] vom 14.12.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.03.2022 dahingehend zu ändern, dass der Grundbesitzwert statt auf 873.229 € nur auf 254.255 € festgestellt wird.

Der Beklagte beantragt12.

die Klage abzuweisen.

IV.1.

Mit Beschluss vom 28.02.202413.

lud der Einzelrichter die Erben des Schenkers und die E… Stiftung notwendig bei. [13: FG-A Bl. 109]

2.

Die Grundbesitzwertakte des beklagten FA lag vor.

 

1 Grundbesitzwertakten Bl. 2-3

2 FG-A Bl. 103-107

3 FG-A Bl. 117

4 vgl. die Stiftungssatzung FG-A Bl. 124 oben; so wohl auch schon der Vortrag des FA FG-A Bl. 89

5 Grundbesitzwertakten Bl. 4

6 Grundbesitzwertakten Bl. 18

7 Grundbesitzwertakten Bl. 19 im Vergleich zu FG-A Bl. 122

8 Grundbesitzwertakten Bl. 21 = FG-A Bl. 17 = FG-A Bl. 29

9 FG-A Bl. 57

10 FG-A Bl. 92

11 FG-A Bl. 41

12 FG-A Bl. 46

13 FG-A Bl. 109

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist unzulässig, weil die Klägerin nicht in der gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO notwendigen Weise bezeichnet ist. Die Klägerin, eine GbR, hat zwar angegeben, wer ihre beiden Gesellschafter sind, jedoch nicht, welche bzw. welcher Gesellschafter vertretungsbefugt ist bzw. sind. Die Angabe des bzw. der Vertretungsberechtigten gehört jedoch zur notwendigen Bezeichnung des Klägers i. S. v. § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO.

1.

Die Bezeichnung des Klägers in der Klage hat mehrere Funktionen. Zum einen soll sie den Kläger unverwechselbar identifizieren.

Weiter ist die Bezeichnung notwendig, damit das Gericht, falls es das persönliche Erscheinen des Klägers anordnen möchte (vgl. § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, § 80 FGO), weiß, wen es zu laden hat. Wie sich aus § 80 Abs. 2 FGO ergibt, hat sich schon die Anordnung des persönlichen Erscheinens an die vertretungsberechtigten natürlichen Personen zu richten, diese sind persönlich zu laden, und wenn sie nicht erscheinen, ergeht gegen diese der Ordnungsgeldbeschluss (vgl. Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 80 Rn. 3, 7, 14). Personen, die nicht gesetzliche Vertreter sind, sind hingegen, wenn sie gehört werden sollen, als Zeugen zu vernehmen (Herbert a. a. O. § 82 Rn. 17).

Hinzu kommt das justizfiskalische Interesse, einen Kostenschuldner für die Gerichtskosten bei Unterliegen des Klägers zu haben. Auch die Justizkasse muss wissen, an wen sie sich mit ihrer Gerichtskostenrechnung und ggf. bei Vollstreckungsversuchen zu wenden hat, was bei nicht natürlichen Personen die Kenntnis der Vertretungsberechtigten voraussetzt.

Schließlich ist die Kenntnis der Vertretungsberechtigten erforderlich, um eine Prozessvollmacht gemäß § 62 Abs. 6 FGO beurteilen zu können. Denn diese können nur die vertretungsberechtigten Personen (oder von diesen ihrerseits bevollmächtigte Personen) erteilen. Insoweit ist es auch notwendig zu wissen, ob Einzel- oder Gesamtvertretung vorliegt, wenn nicht alle Vertretungsberechtigten die Vollmacht unterzeichnet haben. Im selben Zusammenhang ist zu bedenken, dass bei Gesamtvertretung die Gesellschafter nur einheitlich Prozesshandlungen vornehmen können. Die Klage einer GbR mit Gesamtvertretung ist unzulässig, wenn nicht alle Gesellschafter der Prozessführung zustimmen.14

Aus diesen Zwecken folgt, dass wenn nicht natürliche Personen Klage erheben, deren vertretungsberechtigte Personen angegeben werden müssen (vgl. Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand 271. Lieferung 11/2022, § 65 Rn. 43 m. w. N.; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 163. Lieferung 10/2020, § 65 Rn. 7 m. w. N.).

2.

Auf die klägerische GbR ist gemäß § 61 EGBGB i. V. m. Art. 137 Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG) seit dem 01.01.2024 das BGB in der Fassung des MoPeG (im Folgenden: BGB n. F.) anzuwenden.

Gemäß § 705 Abs. 2 BGB n. F. ist die Klägerin eine rechtsfähige GbR. Denn ausweislich ihrer Bilanz ist sie (zwar nicht Eigentümerin von Grundstücken, aber) Eigentümerin von Maschinen, Zuchtbullen, Ammen- und Mutterkühen sowie Inhaberin von Forderungen und Bankguthaben. Wie sich auch aus dem Umkehrschluss aus § 740 Abs. 1 BGB n. F. ergibt, schließt dies eine nichtrechtsfähige GbR aus.

Als rechtsfähige GbR hätten ihre Gesellschafter die Klägerin ins Gesellschaftsregister eintragen lassen können (§ 707 Abs. 1 BGB n. F.). Dann wären die Vertretungsverhältnisse der Klägerin einfach, nämlich durch für jedermann kostenlos und grundsätzlich jederzeit mögliche Online-Abfrage des Handelsregisters und der damit verbundenen Register, zu ermitteln. Davon hat die Klägerin jedoch keinen Gebrauch gemacht, jedenfalls ist aus dem Gesellschaftsregister kein Eintrag für die Klägerin ersichtlich.

Gemäß § 720 Abs. 1 BGB n. F. sind alle Gesellschafter gemeinsam zur Vertretung befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Danach ist grundsätzlich denkbar, dass beide Gesellschafter die GbR nur gemeinschaftlich vertreten können, dass beide sie einzeln vertreten können oder dass nur die eine oder nur die andere Gesellschafterin zur Vertretung berechtigt ist.

Das Entsprechende hätte die Klägerin für eine zulässige Klage angeben müssen.

3.a)

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist § 720 Abs. 1 BGB n. F. nicht im Sinne einer tatsächlichen Vermutung dahingehend zu verstehen, dass im Gesellschaftsvertrag zur Vertretungsbefugnis nichts bzw. nichts Anderslautendes geregelt ist, sondern nur im Sinne einer Auffangnorm, falls im Gesellschaftsvertrag nichts Anderes bestimmt ist. Dies folgt auch aus § 708 BGB n. F., wonach die Gesellschafter einer GbR praktisch vollständige Gestaltungsfreiheit haben und die Regelungen des BGB grundsätzlich nachgiebiges, nicht zwingendes Recht sind. Es ist auch rechtstatsächlich, z. B. bei Publikumsgesellschaften, aber auch bei kleineren GbRs, nicht selten, dass nur einzelne oder nur ein Gesellschafter vertretungsbefugt ist und die übrigen von der Vertretungsbefugnis ausgeschlossen sind.

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass im Falle einer Eintragung in das Gesellschaftsregister die für die einzutragende GbR geltende Vertretungsregelung auch dann gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Gesellschaftsregisterverordnung (GesRV) i. V. m. Anlage 1 in die Spalte 3a) des Gesellschaftsregisters eingetragen werden muss, wenn die Gesamtvertretung gemäß § 720 Abs. 1 BGB von den Gesellschaftern nicht abbedungen wird15. Auch dies zeigt, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgeht, dass eine Gesamtvertretung wegen eines vermeintlichen Regel-Ausnahme-Prinzips nicht angabebedürftig wäre.

b)

Hinzu kommt hier, dass im Verwaltungsverfahren durch das Schreiben der Klägervertreterin vom 22.11.202116 bezüglich der nur von einem der Geschäftsführer der D… GmbH und damit nur von einem der beiden Gesellschafterinnen der klägerischen GbR (der Mehrheitsgesellschafterin) unterzeichneten Bedarfswertfeststellungserklärung mitgeteilt wurde, diese sei „vom Geschäftsführer der GbR“ unterzeichnet (nicht: von einem der Geschäftsführer). Dies deutet darauf hin, dass gemäß § 710 BGB a. F. die andere Gesellschafterin, die E… Stiftung, bzw. deren Rechtsvorgänger, der Schenker, von der Geschäftsführung ausgeschlossen war, wonach gemäß § 714 BGB a. F. auch nur der geschäftsführende Gesellschafter zur Vertretung berechtigt war. Dies nähert daher die Annahme, dass es im Gesellschaftsvertrag Regelungen gab, die von §§ 709 Abs. 1, 714 BGB a. F. bzw. § 720 BGB n. F. abweichen.

c)

Das Gericht ist der Auffassung, dass wenn die Vertretungsverhältnisse einer Klägerin aus einem im Internet einsehbaren Register mit geringstem Aufwand sozusagen vom Platz aus ermittelbar sind, wie z. B. bei GmbH, AG, KG, PartG, e.V., nunmehr eben auch bei der eGbR, eine Anfrage oder gar Ausschlussfristsetzung an die Klägerin unangemessen wäre. Dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor.

d)

Vielmehr wäre es für die Klägerin, wenn sie sich schon nicht in das Gesellschaftsregister eintragen lassen wollte, ein Leichtes gewesen, sollte bei ihr Gesamtvertretung bestehen, dem Gericht kurz mitzuteilen, dass ihr Gesellschaftsvertrag keine Regelungen zur Vertretung enthält oder dass alle Gesellschafter gemeinschaftlich vertretungsbefugt sind. Nach Auffassung des Gerichts verlangt eine solche Angabe einer klägerischen GbR nichts Unmögliches oder Unzumutbares ab. Sollten nur einzelne Gesellschafter vertretungsbefugt sein, wäre es erst recht notwendig und zumutbar, dies anzugeben.

4.

Sollte man insoweit anderer Meinung sein, wäre die Klage gleichwohl unzulässig, weil bei dann zu unterstellender Gesamtvertretung die Gesellschafter nur einheitlich Prozesshandlungen vornehmen können. Die Klage einer GbR mit Gesamtvertretung ist unzulässig, wenn nicht alle Gesellschafter der Prozessführung zustimmen.17 Eine solche Zustimmung hat die Klägerin aber bisher nicht dargetan.

II.

Aufgrund der Unzulässigkeit der Klage hat das Gericht die Begründetheit zwar eigentlich nicht zu prüfen, merkt aber für den Fall eines Revisionsverfahrens im Hinblick auf § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 FGO, zur Begründetheit an:

1.

Wäre die Klage zulässig, dann wäre ihr dahingehend stattzugeben, dass der angefochtene Bescheid insgesamt aufgehoben wird, weil in ihm nicht alle Feststellungsbeteiligten angegeben sind, was ihn zumindest anfechtbar macht; offenbleiben kann, ob er schon nichtig ist.

a)

Zwar begehrt die Klägerin nur eine Herabsetzung der Festsetzung. Stellt das Gericht jedoch einen Fehler fest, der zur Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des Bescheids insgesamt führt, muss es trotz der Bindung an das Klagebegehren den Bescheid insgesamt aufheben (Rauda in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, § 96 Rn. 187; BFH, Urteil vom 16.01.2008 II R 10/06, Juris Rn. 26; BFH, Urteil vom 08.06.2017 IV R 6/14, Juris Rn. 24; im Schrifttum bisweilen, wohl etwas zu pathetisch, „Entscheidungsnotstand“ genannt).

b)

Es fehlt im Bescheid die Angabe des Schenkers als Feststellungsbeteiligter. Schenker und Schenkungsempfänger sind gleichrangig Schuldner der Schenkungsteuer (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Daran ändert nichts, dass sich die Finanzämter praktisch in der Regel zunächst an den Beschenkten halten, wenn nicht im Schenkungsvertrag die Tragung der Schenkungsteuer durch den Schenker ausdrücklich vereinbart ist. (Auch) der Schenker ist daher gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG Verfahrensbeteiligter des Feststellungsverfahrens und daher gemäß § 155 Satz 1 BewG rechtsbehelfsbefugt.

c)

Der BFH hat mit Urteil vom 02.07.2004 II R 73/01, BFH/NV 2005, 214, Juris Rn. 15, 18 ausgesprochen, dass ein Bescheid nichtig ist, wenn nicht alle Inhaltsadressaten angegeben sind, an die sich der Bescheid richtigerweise richten müsste.

Dem sind die Finanzgerichte gefolgt (vgl. zuletzt FG Münster, Urteil vom 12.09.2019 3 K 22/17, EFG 2019, 1965, DStRE 2020, 156, Juris m. w. N.).

Jedoch hat der BFH mit Urteil vom 06.05.2021 II R 34/18, BFH/NV 2021, 1223, Juris Rn. 32, 37 – nach Einschätzung des erkennenden Gerichts in Abweichung vom Urteil vom 02.07.2004 II R 73/01, jedoch ohne die Änderung der Rechtsprechung offenzulegen bzw. als solche zu benennen – ausgesprochen, dass lediglich ersichtlich sein muss, an wen das FA den Bescheid richten wollte. Ist dies ersichtlich, ist der Bescheid nicht nichtig, sondern „allenfalls“ anfechtbar, wenn nicht alle Feststellungsbeteiligten aufgeführt sind, an die sich der Bescheid richtigerweise hätte richten müssen. Ob bei rechtzeitigem Einspruch und rechtzeitiger Klage diese fehlende Angabe allein schon zur Aufhebung führt, hat der BFH hier nicht ausgeführt, weil es darauf nicht ankam.

d)

Das Gericht ist der Auffassung, dass ein Bescheid, der nicht alle Feststellungsbeteiligten benennt, zumindest rechtswidrig und anfechtbar ist.

Dies ergibt sich auch aus Folgendem:

Der Bescheid ist überschrieben mit „gesonderte und einheitliche Feststellung“, nicht mit „gesonderte Feststellung“, außerdem heißt es, er ergehe gegen die Klägerin „mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten“ (nicht: mit Wirkung für und gegen alle im Bescheid genannten Feststellungsbeteiligten). Die Klägerin war damit im Verhältnis zu allen anderen Feststellungsbeteiligen verpflichtet18, ihnen vom dem Bescheid Nachricht zu geben, damit diese prüfen können, ob sie Rechtsbehelfe dagegen ergreifen wollen. Sind aber nicht alle Feststellungsbeteiligten im Bescheid aufgeführt, kann der empfangsbevollmächtigte Bescheidaddressat nicht ersehen, welchen anderen Bescheidaddressaten er Mitteilung zu machen hat.

e)

Der Hinweis des FA, eine fehlende Bekanntgabe könne nachgeholt werden, geht in diesem Zusammenhang fehl. Diese Aussage ist zwar an und für sich richtig. Die Frage, ob der Bescheid allen in ihm genannten Feststellungsbeteiligten wirksam bekannt gegeben worden ist, ist aber eine andere als die, ob alle Feststellungsbeteiligten im Bescheid aufgeführt worden sind und welche Rechtsfolge das Fehlen einzelner oder mehrerer Feststellungsbeteiligter hat.

Der BFH hat mit Urteil vom 06.07.2011 II R 44/10, BFH/NV 2011, 1964, Juris Rn. 29, ausgesprochen, dass in keiner Vorschrift vorgesehen sei, dass ein dem Bedachten einer freigebigen Zuwendung wirksam bekannt gegebener Feststellungsbescheid etwa aufgrund einer gesetzlichen Empfangsvollmacht auch gegenüber dem Schenker verbindliche Wirkung entfalte. Dies könnte Zweifel wecken, ob die Bekanntgabe „für und gegen alle Feststellungsbeteiligten“ möglich war. Hier ist jedoch auf § 183 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 AO („ein zur Verwaltung des Gegenstands der Feststellung Berechtigter“) hinzuweisen. Die klägerische GbR verwaltet ihren landwirtschaftlichen Betrieb, der Gegenstand der Feststellung ist.

Die vom FA angesprochene Bekanntgabefrage19 kann hier jedoch offen bleiben, weil sie von der Frage der vollständigen Angabe aller Feststellungsbeteiligten im Bescheid verschieden ist und schon allein das Fehlen der Angabe eines (weiteren) Feststellungsbeteiligten, des Schenkers, nach Auffassung des Gerichts (bei zulässiger Klage) zur Bescheidaufhebung führen würde. [19: Soweit das FA mehrfach vorgetragen hat, der Bescheid sei auch der E… Stiftung bekanntgegeben worden (FG-A Bl. 51R, FG-A Bl. 88 unten, FG-A Bl. 89 unten), lässt sich dies anhand der Grundbesitzwertakte nicht nachvollziehen, ist aber irrelevant.]

2.

Wäre der Klage nicht aus dem vorgenannten Grund stattzugeben, wäre sie als unbegründet abzuweisen. Denn die Berechnung des FA entspricht des BewG. Methodische oder rechnerische Fehler des FA bei der Berechnung gemäß §§ 158-170 BewG sind nicht ersichtlich. Die Einwände der Klägerin (demnächst auslaufende Pachtverträge, teilweise nur extensive statt intensive Bewirtschaftung möglich) fließen in diese standardisierte Berechnung nicht ein.

Den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gemäß § 165 Abs. 3 BewG hat die Klägerin zwar angekündigt, aber nicht erbracht. Ob die von ihr genannte Gutachterin, deren Beauftragung die Klägerin behauptet, aber bisher nicht nachgewiesen hat, nach der Rechtsprechung des BFH überhaupt geeignet wäre – sie ist im IHK-Sachverständigenverzeichnis, das auch das Verzeichnis des Verbands der Landwirtschaftskammern umfasst, nicht zu finden und daher wohl keine öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige –, würde dahinstehen können.

III.1.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Es erscheint aufgrund der großen Breitenwirkung klärungsbedürftig und klärungswürdig, ob, wenn im finanzgerichtlichen Verfahren eine nicht im Gesellschaftsregister eingetragene GbR klagt, diese im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO – Bezeichnung des Klägers – verpflichtet ist anzugeben, welche Gesellschafter vertretungsbefugt sind, oder ob die Angabe aller Gesellschafter ohne nähere Angabe zu den Vertretungsverhältnissen ausreicht, dies nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Änderungen durch das MoPeG.

Sollte der BFH diese Rechtsfrage anders beantworten als das erkennende Gericht, erscheint weiter klärungswürdig und klärungsbedürftig, welche Rechtsfolgen es hat, wenn ein Bedarfswertfeststellungsbescheid nicht alle Feststellungsbeteiligten benennt, da der BFH diese Frage im Urteil vom 06.05.2021 II R 34/18, BFH/NV 2021, 1223, Juris Rn. 32, 37 mit der Formulierung „allenfalls anfechtbar“ offengelassen hat, außerdem hat er dabei nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht klargestellt, ob er damit seine frühere anderslautende Rechtsprechung im Urteil vom 02.07.2004 II R 73/01, BFH/NV 2005, 214, Juris Rn. 15, 18 aufgegeben hat oder wie sonst sich beide Entscheidungen zueinander verhalten. Diese Frage ist ebenfalls von häufiger praktischer Relevanz, da viele Finanzämter meinen, der Schenker müsse im Grundbesitzwertfeststellungsbescheid gegen den Schenkungsempfänger nicht als Feststellungsbeteiligter benannt sein.

2.

Die Kosten des Verfahrens trägt, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die Klägervertreterin, nicht die unterlegene Klägerin. Denn die Klägervertreterin hat trotz Fristsetzung bisher keine Vollmacht beigebracht, so dass die Klage derzeit auch aus diesem Grund unzulässig ist (Stapperfend in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 62 Rn. 80, 95 m. w. N.) mit der Folge, dass die Verfahrenskosten dem vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen sind (a. a. O. Rn. 96 m. w. N.).

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen diese selbst, weil sie keine Anträge gestellt haben und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen sind, so dass es nicht der Billigkeit entspricht, ihre Kosten der unterliegenden Partei aufzuerlegen (§ 135 Abs. 3, § 139 Abs. 4 FGO).

3.

Der Einzelrichter entscheidet aufgrund Übertragung gemäß § 6 FGO und durch Gerichtsbescheid gemäß § 90a Abs. 1 FGO, weil zur entscheidungserheblichen Rechtsfrage der Bezeichnungspflicht einer GbR i. S. v. § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO von einer mündlichen Verhandlung keine weitere Erhellung zu erwarten ist und aufgrund der abgelaufenen Ausschlussfrist auch keine Nachreichung der Angaben möglich ist, es sei denn, die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen vor.

 

14 Noack, Die GbR als Prozesspartei im Erkenntnis-, Vollstreckungs- und Schiedsverfahren – Kontinuitäten und Diskontinuitäten nach dem MoPeG – Teil I, GmbHR 2024, 11, Tz. 19

15 Wertenbruch, Die Vertretung der Personengesellschaft nach dem MoPeG, GmbHR 2024, 1, Tz. 8; Lieder in Erman, BGB, 17. Auflage 2023, § 707 Rn. 22; Begründung zum Gesetzentwurf MoPeG, BT-Drs 19/27635, S. 131 unter „zu Nummer 3“ 

16 Grundbesitzwertakte Bl. 18

17 Noack, Die GbR als Prozesspartei im Erkenntnis-, Vollstreckungs- und Schiedsverfahren – Kontinuitäten und Diskontinuitäten nach dem MoPeG – Teil I, GmbHR 2024, 11, Tz. 19; BGH, Urteil vom 23.10.2003 IX ZR 324/01, DStR 2004, 191, Juris Rn. 14-16; OLG Stuttgart, Urteil vom 12.07.2010 5 U 33/10, Juris

18 Ratschow in Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 183 Rn. 13

19 Soweit das FA mehrfach vorgetragen hat, der Bescheid sei auch der E… Stiftung bekanntgegeben worden (FG-A Bl. 51R, FG-A Bl. 88 unten, FG-A Bl. 89 unten), lässt sich dies anhand der Grundbesitzwertakte nicht nachvollziehen, ist aber irrelevant.