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Fitnesstrainer, Sportbekleidung, Verkäufer, Werbungskosten


Metadaten

Gericht FG Cottbus 3. Senat Entscheidungsdatum 02.09.2024
Aktenzeichen 3 K 3139/23 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2024:0902.3K3139.23.00
Dokumententyp Gerichtsbescheid Verfahrensgang -
Normen § 12 Nr. 1 S. 2 EStG, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG

Leitsatz

Ein Abzug der Aufwendungen für Sportbekleidung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit scheidet auch bei einem Steuerpflichtigen aus, der als Verkäufer und Fitnesstrainer in einem Sportbekleidungsgeschäft mit integriertem Fitnessstudio arbeitet.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuer 2020 und 2021, inwieweit Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Aufwendungen für Sportbekleidung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden können.

Der Kläger arbeitet als Fitnesstrainer und Verkäufer im Sportbekleidungsgeschäft B… mit integriertem Fitnessstudio in C…, D…-straße (Innenstadt). Bei der Arbeit trägt er Sportbekleidung, was sein Arbeitgeber auch von ihm erwartet. Die vom Kläger bei der Arbeit getragene Sportbekleidung wird ihm allerdings nicht vom Arbeitgeber gestellt und ist nicht mit Firmenlogos des Arbeitgebers versehen. Er wohnte bis zum Jahr 2019 mit seiner damaligen Ehefrau zusammen in C…, E…-straße (Ortsteil F…). Die kürzeste Straßenverbindung zwischen der Wohnung in F… und dem Arbeitsplatz des Klägers beläuft sich laut google maps auf 5,7 km. Zum 01.10.2019 trennten sich die Eheleute. Zum 01.04.2020 meldete der Kläger seinen Hauptwohnsitz nach G…, H…-straße um (vgl. Melderegisterauszug Bl. 42 G-A). Die kürzeste Straßenverbindung zwischen der Wohnung in G… und dem Arbeitsplatz des Klägers beläuft sich auf 418 km. Der Kläger behielt seine Wohnung in C… bei, ohne dort nach dem 01.04.2020 noch gemeldet zu sein. Die Zahl der Arbeitstage, an denen der Kläger den Arbeitsplatz aufgesucht hat, belief sich ausweislich zweier Bestätigungen seines Arbeitgebers (Bl. 4 der Gerichtsakte -G-A-) auf 158 in 2020 und 182 in 2021.

In seiner am 11.08.2022 elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung 2020 (Bl. 12ff. der Einkommensteuerakte -ESt-A-) machte der Kläger als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben unstreitigen Aufwendungen i. H. v. 285,00 € (Arbeitsmittel (Abschreibung Laptop) und Kontoführung) mit einem eigenen oder zur Nutzung überlassenen Pkw zurückgelegte Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für 36 Tage von G… aus (418 km) und für 167 Tage von F… aus (6 km) geltend, außerdem Aufwendungen für Sportbekleidung i. H. v. 462,00 €. Am 18.08.2022 reichte der Kläger elektronisch seine Einkommensteuererklärung 2021 ein (Bl. 22ff. ESt-A). Hier machte der Kläger als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben unstreitigen Aufwendungen i. H. v. 285,00 € (Arbeitsmittel (Abschreibung Laptop) und Kontoführung) mit einem eigenen oder zur Nutzung überlassenen Pkw zurückgelegte Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für 33 Tage von G… aus (418 km) und für 174 Tage von F… aus (6 km) geltend, außerdem Aufwendungen für Sportbekleidung i. H. v. 385,00 €.

Mit Bescheid vom 13.06.2023 (Bl. 13 G-A) setzte der Beklagte (Finanzamt G…, in dessen Bezirk die Meldeadresse des Klägers liegt) die Einkommensteuer 2020 auf 4.939,00 € fest. Als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigte der Beklagte lediglich die Arbeitsmittel und Kontoführungsgebühren i. H. v. 285,00 €, sodass der Werbungskosten-Pauschbetrag i. H. v. 1.000,00 € (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) Einkommensteuergesetz -EStG- 2020) zum Ansatz kam. Auch im Einkommensteuerbescheid 2021 vom 19.06.2023 (Bl. 18 G-A), in dem der Beklagte die Einkommensteuer auf 5.232,00 € festsetzte, berücksichtigte der Beklagte nur die Arbeitsmittel und Kontoführungsgebühren i. H. v. 285,00 €, sodass der Werbungskosten-Pauschbetrag i. H. v. 1.000,00 € (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG 2021) zum Ansatz kam. Die Bescheide wurden jeweils am Bescheiddatum per einfachem Brief zur Post aufgegeben. Zur Begründung führte der Beklagte jeweils aus, die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte könnten ohne Nachweis nicht berücksichtigt werden. Die Aufwendungen für Bekleidung könnten nicht berücksichtigt werden, weil es sich nicht um typische Berufskleidung handele.

Am 17.07.2023 (Montag) legte der Kläger Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 ein (Bl. 38 ESt-A) und am 24.07.2023 (Montag) auch gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 (Bl. 45 ESt-A). Eine Begründung kündigte er jeweils an, reichte eine solche aber auch nach mehrfacher Aufforderung des Beklagten (Schreiben vom 18.07.2023, Bl. 39 ESt-A, vom 25.07.2023, Bl. 46 ESt-A, und vom 18.08.2023, Bl. 41 ESt-A) nicht ein.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 19.09.2023 (Bl. 5 und 9 G-A, jeweils an diesem Tag mit einfachem Brief zur Post aufgegeben) wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.

Am 23.10.2023 (Montag) hat der Kläger Klage erhoben.

Nunmehr macht er bei der Einkommensteuer 2020 Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für 25 Tage von G… aus (418 km) und für 133 Tage von F… aus (6 km) geltend, außerdem die Hälfte der Aufwendungen für Sportbekleidung i. H. v. 461,00 € * ½ = 231,00 € (Bl. 24 G-A). Für 2021 macht er Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für 29 Tage von G… aus (418 km) und für 153 Tage von F… aus (6 km) geltend, außerdem die Hälfte der Aufwendungen für Sportbekleidung i. H. v. 385,00 € * ½ = 193,00 € (Bl. 24 G-A) geltend.

Zur Begründung führt er aus, er habe am 01.04.2020 nach seiner Scheidung seinen Hauptwohnsitz von C… nach G… verlegt, weil dort sein kranker Vater und seine neue Lebensgefährtin lebten. Der Lebensmittelpunkt sei G…. Dementsprechend seien die Fahrten am Montagmorgen von G… nach C… als Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zu berücksichtigen. Arbeitsbeginn sei 10:00 Uhr. Für die restlichen Tage seien Fahrten vom alten beibehaltenen Zweitwohnsitz E…-straße zu berücksichtigen. Die Anzahl der Arbeitstage werde unter Berücksichtigung von Kurzarbeitstagen und der Arbeitgeberbescheinigungen korrigiert. Eine Arbeitgeberbescheinigung zu der Frage, von wo aus er seine Fahrten zur Arbeit angetreten habe, könne er nicht vorlegen, weil ein Arbeitgeber dies nicht bescheinigen könne.

Was die Arbeitskleidung angehe, so sei zu berücksichtigen, dass er in einem der größten familiengeführten Bekleidungsgeschäfte in C… in der Sportabteilung als Fitnesstrainer und Verkäufer arbeite. Er müsse dort auch mit der entsprechenden Sportbekleidung auftreten und diese präsentieren. Im gesamten Geschäft trage keiner der Mitarbeiter Berufskleidung mit Logo. Aus diesem Grund müssten mindestens 50% der Kosten berücksichtigt werden.

Mit Schreiben vom 04.03.2024 (Bl. 38 G-A, zugestellt am 07.03.2024, Bl. 39 G-A) hat das Gericht dem Kläger eine vierwöchige Präklusionsfrist nach § 79b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- zur Vorlagen von Nachweisen für die tatsächliche Durchführung der behaupteten montäglichen Fahrten von G… nach C… (z. B. Nachweis der Kilometerleistungen(en) des/der Pkw, Tankquittungen, Bahntickets o. ä.) gesetzt.

Darauf hat der Kläger nicht reagiert.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid 2020 vom 13.06.2023 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.09.2023 dahingehend zu ändern, dass Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. insgesamt 3.891,00 € berücksichtigt werden;

den Einkommensteuerbescheid 2021 vom 19.06.2023 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.09.2023 dahingehend zu ändern, dass Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i. H. v. insgesamt 4.968,00 € berücksichtigt werden;

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, die Aufwendungen für Bekleidung seien nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG als Ausgaben für die allgemeine Lebensführung nicht abzugsfähig.

Die erklärten Fahrten montags von G… aus erschienen angesichts der Entfernung von 418 km und einer Fahrtzeit von mindestens 4,5 Stunden nicht glaubhaft. Geeignete Unterlagen zum Nachweis habe der Kläger nicht vorgelegt.

Dem Gericht hat die Einkommensteuerakte zur St.-Nr. … vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I. Das Gericht entscheidet durch den Berichterstatter im Wege des Gerichtsbescheides (§§ 79a Abs. 2, Abs. 3, 90a FGO). Die Sache ist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach, und angesichts der fehlenden Reaktion der Klägerseite auf die gerichtliche Präklusionsfristsetzung ist von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine weitere entscheidungserhebliche Aufklärung zu erwarten.

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Der Einkommensteuerbescheid 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

a) Zu Recht hat der Beklagte die Aufwendungen für den Erwerb von Sportbekleidung nicht zum Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugelassen.

aa) Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind Aufwendungen als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) abzuziehen, wenn sie durch die Einkünfteerzielung veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ob Aufwendungen der beruflichen Sphäre oder der privaten Lebensführung i. S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, entscheidet sich unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG enthält kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot, so dass die Vorschrift einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen bzw. privaten Anteile trennbaren Aufwendungen nicht entgegensteht. Die Aufwendungen sind grundsätzlich anhand der privaten bzw. beruflichen Veranlassungsbeiträge aufzuteilen. Ist ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst, ist dieser als Werbungskosten abziehbar. Zwar ist auch eine Aufteilung von Aufwendungen für bürgerliche Kleidung bei feststehender Arbeitszeit möglich. Derartige Aufwendungen sind aber nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 9 EStG entzogen. Inwieweit gleichwohl ein beruflicher Mehraufwand zu berücksichtigen ist, bleibt in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen (Bundesfinanzhof -BFH-, Beschluss vom 13.11.2013 VI B 40/13, BFH/NV 2014, 335, Rn. 5 m. w. N.).

Zwar ließen sich theoretisch auch Aufwendungen etwa für bürgerliche Kleidung, für eine Brille oder für eine Armbanduhr bei feststehender Arbeitszeit aufteilen. Derartige Aufwendungen sind aber, wenn sie nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum als Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 und § 9 EStG entzogen, um eine doppelte Berücksichtigung zu vermeiden. Insoweit scheidet eine Aufteilung der Aufwendungen in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben einerseits und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung andererseits aus (BFH, Urteil vom 16.03.2022 VIII R 33/18, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2022, 614, II. 1. a) der Gründe).

Abzugsfähig sind Aufwendungen für bei der Arbeit getragene Kleidung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG vor diesem Hintergrund lediglich dann, wenn es sich um typische Berufskleidung handelt.

Welche Art von Kleidungsstücken unter den Tatbestand der "typischen Berufskleidung" i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG fallen, ist im Gesetz nicht näher definiert. Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "typische Berufskleidung" ist jedoch zu berücksichtigen, dass Aufwendungen für bürgerliche Kleidung grundsätzlich den nicht abziehbaren und nicht aufteilbaren unverzichtbaren Aufwendungen für die Lebensführung zuzurechnen sind, die nach Maßgabe des subjektiven Nettoprinzips durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten oder als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. Typische Berufskleidung umfasst daher nur Kleidungsstücke, die nach ihrer Beschaffenheit objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet und wegen der Eigenart des Berufs nötig sind bzw. bei denen die berufliche Verwendungsbestimmung bereits aus ihrer Beschaffenheit entweder durch ihre Unterscheidungsfunktion, wie z. B. bei Uniformen oder durch dauerhaft angebrachte Firmenembleme oder durch ihre Schutzfunktion - wie bei Schutzanzügen, Arbeitsschuhen o. Ä. – folgt. Danach scheidet die Qualifizierung eines Kleidungsstücks als typische Berufskleidung immer dann aus, wenn die Benutzung - objektiv - als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung führen selbst dann nicht zum Betriebsausgabenabzug, wenn diese Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung benutzt wird. Auch ein erhöhter, beruflich veranlasster Verschleiß von bürgerlicher Kleidung kann grundsätzlich nicht zu einem Betriebsausgabenabzug führen. Dies gilt ebenfalls, wenn die konkreten Kleidungsstücke ohne die beruflichen Gründe überhaupt nicht angeschafft worden wären bzw. die Aufwendungen infolge der beruflichen Gepflogenheiten besonders hoch sind bzw. Mehraufwendungen für Bekleidung entstehen, weil der Steuerpflichtige seine individuellen Bedürfnisse den Wünschen des Arbeitgebers oder den Gepflogenheiten bestimmter Wirtschaftskreise unterordnen muss (BFH, Urteil vom 16.03.2022 VIII R 33/18, BStBl II 2022, 614, II. 2. a), b) der Gründe m. w. N.).

bb) Nach diesen Maßstäben scheidet ein (auch anteiliger) Abzug der Aufwendungen für die vom Kläger bei der Arbeit getragene Sportbekleidung aus. Es handelt sich nicht um typische Berufskleidung. Die Kleidungsstücke sind nach ihrer Beschaffenheit objektiv auch für eine nicht berufliche Nutzung, nämlich zur in weiten Teilen der Bevölkerung üblichen Ausübung von Sport in der Freizeit, bestimmt und geeignet.

cc) Diese Würdigung des hiesigen Gerichts steht im Einklang mit der Würdigung des Finanzgerichts -FG- Rheinland-Pfalz, welches mit Urteil vom 18.07.2014 (1 K 1490/12, juris) einem Profifußballer den Abzug von Aufwendungen für Sportbekleidung als Werbungskosten versagt hat. Soweit der BFH (Urteil vom 23.02.1990 VI R 149/87, BFH/NV 1990, 765) und das FG Düsseldorf (Urteil vom 16.11.1995 8 K 1838/95 E, juris) in älteren Entscheidungen den Werbungskostenabzug von Sportbekleidung bei einem Sportlehrer für möglich gehalten hatten, ist dies durch die neuere BFH-Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 16.03.2022 VIII R 33/18, BStBl II 2022, 614, II. 2. b) der Gründe) überholt.

b) Da der Werbungskosten-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG 2020 i. H. v. 1.000,00 €, welcher bei der angefochtenen Festsetzung angesetzt worden ist, die bereits anerkannten und unstreitigen Werbungskosten (285,00 €) um 715,00 € übersteigt, wäre die Klage hinsichtlich der Einkommensteuer 2020 nur dann wenigstens teilweise begründet, wenn Aufwendungen des Klägers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i. H. v. mehr als 715,00 € anzuerkennen wären. Dies ist nicht der Fall.

aa) Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1, Satz 2 EStG ist zur Abgeltung der Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 € anzusetzen, höchstens jedoch 4.500,00 € im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4.500,00 € ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt. Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG). Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Wege von einer Wohnung, die nicht der ersten Tätigkeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 6 EStG).

Wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers befindet, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und ist anhand von Indizien zu ermitteln. Der BFH sieht den Mittelpunkt der Lebensinteressen bei verheirateten Steuerpflichtigen im Allgemeinen dort, wo seine Familie wohnt. Ein lediger Arbeitnehmer hat nach der BFH-Rechtsprechung den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in der Regel am Ort der Wohnung, von der aus er sich überwiegend zur Arbeitsstätte begibt, sofern nicht die Umstände des Einzelfalles den Schluss zulassen, dass der örtliche Mittelpunkt der Lebensinteressen und der Ort, von dem der Arbeitnehmer sich überwiegend zur Arbeitsstätte begibt, auseinanderfallen. Wo eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, wird bestimmt durch die persönlichen Beziehungen zu diesem Ort und die Art und Weise, wie die Beziehungen aufrechterhalten werden. Die persönlichen Beziehungen können ihren Ausdruck besonders in Bindungen an Personen (Eltern, Verlobte, Freundes- und Bekanntenkreis) ebenso finden wie z. B. in Vereinszugehörigkeiten oder anderen Aktivitäten; gerade hierdurch kann sich eine Person an einem Ort besonders verwurzelt fühlen. Der Ort, zu dem ein Arbeitnehmer besondere Beziehungen hat, kann aber nur dann als Mittelpunkt der Lebensinteressen angesehen werden, wenn sich der Arbeitnehmer nachhaltig dort aufhält. Nur dann ist der Schluss gerechtfertigt, dass der Arbeitnehmer die Bindungen nicht nur durch gelegentliche Besuchsfahrten, sondern dadurch aufrechterhält, dass er weitgehend hier lebt. Daher hat der BFH in einem Fall die weiter entfernt liegende Wohnung einer ledigen Arbeitnehmerin deshalb nicht als Mittelpunkt der Lebensinteressen angesehen, weil sich die Arbeitnehmerin in der Wohnung nur selten (12 mal im Jahr) aufgehalten hatte. Der BFH hat demgegenüber in einem anderen Fall den Mittelpunkt der Lebensinteressen in einer Wohnung bejaht, weil der ledige Arbeitnehmer, von den Abenden an den Wochenarbeitstagen abgesehen, seine gesamte Freizeit am Ort dieser Wohnung verbracht hatte (BFH, Urteil vom 02.08.1985 VI R 171/82, BFH/NV 1986, 89 m. w. N.). Die Frage, wo der Steuerpflichtige mit Haupt- und Nebenwohnsitz gemeldet ist, hat allenfalls indizielle Bedeutung.

Der Steuerpflichtige trägt hinsichtlich des Entstehens oder der Höhe von Werbungskosten die Feststellungslast (objektive Beweislast) tragen. Die Nichterweislichkeit dieser Umstände geht zu Lasten des Steuerpflichtigen (Straßburger in BeckOK EStG, 18. Ed. Stand 15.03.2024, § 9 EStG, Rn. 249 m. w. N.). Der Abzug von Werbungskosten für Fahrten von der weiter von der ersten Tätigkeitsstätte entfernten Wohnung eines Steuerpflichtigen, der zwei Wohnungen hat, kann also nur erfolgen, wenn das Gericht zu der Überzeugung kommt, dass der Steuerpflichtige in der weiter entfernten Wohnung den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte und diese nicht nur gelegentlich aufgesucht hat, und der Abzug kann auch nur in dem Umfang erfolgen, in dem das Gericht von der Zahl der angeblich durchgeführten Fahrten von der weiter entfernten Wohnung zur Arbeitsstätte überzeugt ist.

bb) Nach diesen Maßstäben lassen sich die Voraussetzungen für einen über einen Gesamtbetrag von 715,00 € hinausgehenden Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nicht feststellen.

(a) Angesichts der vorgelegten Arbeitgeberbescheinigung kann das Gericht zunächst feststellen, dass es insgesamt 158 Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte gab. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger über eine Wohnung verfügt haben könnte, die näher an der ersten Tätigkeitsstätte belegen ist als die Wohnung E…-straße in C…. Da nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur volle Kilometer zu berücksichtigen sind, ist die kürzeste Straßenverbindung (5,7 km) auf 5 km abzurunden. Von daher sind 158 Tage * 0,30 €/km * 5 km/Tag = 237,00 € berücksichtigungsfähig, was zusammen mit den bereits anerkannten Werbungskosten (285,00 €) allerdings den Werbungskostenpauschbetrag (1.000,00 €) nicht erreicht. Der Werbungskostenpauschbetrag wäre nur überschritten, wenn das Gericht überzeugt wäre, dass einige (rechnerisch mindestens 4, dann wären abzugsfähig: 4 Tage * 418 km/Tag * 0,30 €/km * + 154 Tage * 5 km/Tag * 0,30 €/km = 732,60 €) Fahrten von G… aus angetreten wurden und die besonderen Abzugsvoraussetzungen für Fahrten von einer weiter entfernt liegenden zweiten Wohnung vorliegen. Es fehlen aber jegliche Nachweise für die Behauptungen des Klägers, überhaupt Fahrten von G… aus zur Arbeit angetreten zu haben, obwohl der Kläger zur Vorlage entsprechender Nachweise ausdrücklich aufgefordert worden ist. Von daher kommt es nicht mehr streitentscheidend darauf an, dass dem Gericht auch keinerlei Nachweise für die Behauptung des Klägers vorliegen, in G… den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gehabt zu haben (was dann möglicherweise umgekehrt wiederum ein Indiz dafür hätte sein können, dass der Kläger mehr als dreimal von G… aus nach C… zur Arbeit gefahren sein könnte). Dahinstehen kann von daher, wie viele Fahrten für ein nicht nur gelegentliches Aufsuchen der G… Wohnung ausreichen würden. Sollte der Kläger seinen Lebensmittelpunkt tatsächlich nicht in G…, sondern weiter in C… gehabt haben, wäre der Beklagte zwar wohl nicht nach §§ 17, 19 Abgabenordnung -AO- örtlich zuständig; dies wäre dann aber nach § 127 AO unbeachtlich.

2. Der Einkommensteuerbescheid 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

a) Was die Bekleidungsaufwendungen angeht, kann auf die Ausführungen zur Einkommensteuer 2020 verwiesen werden.

b) Auch was die Fahrten angeht, kann auf die Ausführungen zur Einkommensteuer 2020 verwiesen werden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass zwar im Jahr 2021 nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 8 EStG eine erhöhte Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer i. H. v. 0,35 €/m² gilt. Auch mit dieser Maßgabe wären aber mindestens 4 nachgewiesene Fahrten (und der Nachweise eines Lebensmittelpunkts in G…) erforderlich, um wenigstens rechnerisch die Schwelle des Werbungskostenpauschbetrags zu überschreiten (4 Tage * 20 km/Tag * 0,30 €/km + 4 Tage * 398 km/Tag * 0,35 €/km + 178 Tage * 5 km/Tag * 0,30 €/km = 848,20 €). Es fehlen aber auch betreffend das Jahr 2021 jegliche Nachweise für die Behauptungen des Klägers, Fahrten von G… aus zur Arbeit angetreten zu haben und in G… den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gehabt zu haben.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ein Revisionszulassungsgrund liegt nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung geklärt, und hinsichtlich der Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte scheitert die Klage zudem auf Ebene der Feststellung der tatsächlichen Umstände.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten mündliche Verhandlung beantragen.

Der Antrag auf mündliche Verhandlung ist beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheides schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu stellen. Wird der Antrag auf mündliche Verhandlung rechtzeitig gestellt, so gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges Urteil.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat die Postanschrift: Postfach 10 04 65, 03004 Cottbus, und die Hausanschrift: Von-Schön-Str. 10, 03050 Cottbus, sowie den Telefax-Anschluss: 0355/ 48644 1000.

Der Antrag auf mündliche Verhandlung kann auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg gestellt werden. Die hierfür erforderliche Zugangs- und Übertragungssoftware kann über die Internetseite „www.egvp.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier finden Sie auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens.

Nach Maßgabe von § 52d FGO sind Rechtsanwälte, Behörden und die übrigen in dieser Vorschrift genannten Personen verpflichtet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln.