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Anforderung an die Beleuchtung und Lichtverbindung; Definition/Auslegung des Merkmals des "kurzzeitigen" Aufenthalts, isolierte Anfechtbarkeit, Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung, Vorliegen eines Arbeitsraumes i.S.d. § 2 Abs. 3 ArbStättV


Metadaten

Gericht VG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 25.07.2024
Aktenzeichen VG 3 K 462/22 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2024:0725.3K462.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 2 Abs. 3 und 4 ArbStättV, § 36 Abs. 1 VwVfG, § 42 Abs. 1 VwGO, Nr. 3.4 Abs. 1 des Anhanges zur ArbStättV

Tenor

Die Nebenbestimmung 5.4 der Baugenehmigung vom 26. Juli 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2022 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin beantragte unter dem 17. Februar 2021 die Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau des in der O_____31 in 0_____(F_____, 5_____) befindlichen N___-Marktes einschließlich der Werbeanlagen. Dem Antrag wurde ein Grundriss beigefügt, nach welchem unter anderem ein Leergutlager und ein Raum zur Backvorbereitung errichtet werden sollen, wobei diese Räume nicht über Fenster oder Türen nach außen verfügen.

Mit Schreiben vom 28. April 2021 teilte das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit dem Beklagten mit, dass der Erteilung der Baugenehmigung hinsichtlich der Belange der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit nichts entgegenstehe, wenn in den Genehmigungsbescheid u.a. eine Nebenbestimmung aufgenommen wird, wonach durch bauliche Maßnahmen, bspw. dem Einrichten von Oberlichtern oder Fenstern, sicher zu stellen ist, dass der Backvorbereitungsraum und das Leergutlager ausreichend Tageslicht erhalten. Dabei verwies das Landesamt auf § 3a Abs. 1 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) in Verbindung mit Nr. 3.4 Abs. 1 des Anhangs zur ArbStättV und führte zur Begründung aus, im Backvorbereitungsraum und im Leergutlager seien täglich Arbeitnehmer mit Tätigkeiten u.a. mit dem Wechseln der gefüllten Leergutbehältnisse, dem Lagern des Leergutes, dem Befüllen der Backautomaten und bei Bedarf mit der Beseitigung von Verschmutzungen beschäftigt. Die betreffenden Räume seien nach dem Arbeitsstättenrecht als Arbeitsräume, in denen sich Bereiche mit Arbeitsplätzen befinden, zu betrachten.

Der Klägerin wurde zunächst mit Teilbaugenehmigung vom 24. Juni 2021 gestattet, mit bestimmten Bauarbeiten zu beginnen. Sodann wurde ihr mit Bescheid vom 26. Juli 2021 die Baugenehmigung für das Vorhaben erteilt. Die Baugenehmigung enthält unter Ziffer 5.4 die vom Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit geforderte Nebenbestimmung und wird dort als Auflage - „(A)“ - bezeichnet. Die in dem Bescheid enthaltene deckt sich mit der vom Landesamt abgegebenen Begründung.

Am 25. August 2021 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die erteilte Baugenehmigung vom 26. Juli 2021. Sodann reichte sie bei dem Beklagten mit Schreiben vom 17. September 2021 zwei Dokumentationen zur arbeitsschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung bezogen auf die Errichtung und bauliche Gestaltung des Leergutraumes und des Backvorbereitungsraumes vom 25. August 2021 ein und stellte zugleich klar, dass sich der Widerspruch nur gegen die Auflage unter Ziffer 5.4 des Bescheides richtet. Diese Auflage sei rechtswidrig. Dies ergebe sich aus Nr. 3.4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Anhanges zur ArbStättV. Danach gelte der Grundsatz, dass nur solche Räume als Arbeitsräume betrieben werden dürfen, die möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und die eine Sichtverbindung nach außen haben, nicht für Räume, in denen sich Beschäftigte zur Verrichtung ihrer Tätigkeit regelmäßig nicht über einen längeren Zeitraum oder im Verlauf der täglichen Arbeitszeit nur kurzzeitig aufhalten müssen, insbesondere Lager- und Nebenräume. Bei dem Leergutlager handle es sich bereits begrifflich um einen solchen Lagerraum. Hier müsse ein Beschäftigter circa 12- bis 15-mal täglich das Flaschenpfand abräumen, was jeweils circa 5 Minuten dauere und - auch aufgrund des Schichtsystems - von unterschiedlichen Beschäftigten ausgeführt werde. Gleiches gelte für das gelegentlich erforderliche Wechseln der Leergutbehältnisse, was circa 3- bis 5-mal täglich erforderlich sei und jeweils circa 10 Minuten dauere. Für die tägliche Reinigung - durch andere Personen - seien circa 15 Minuten anzusetzen. Außerdem bestehe durch die geöffnete Tür Einblick in den Verkaufsraum. Vergleichbares gelte für den Backvorbereitungsraum. In diesem seien circa 8- bis 10-mal täglich verteilt über die gesamte Geschäftszeit Arbeiten zu verrichten, für die jeweils etwa 5 Minuten benötigt würden, wobei auch die Erledigung dieser Arbeiten aufgrund des Schichtsystems durch unterschiedliche Beschäftigte erfolge. Die tägliche Reinigung - ebenfalls durch andere beschäftigte Personen - nehme etwa 10 Minuten in Anspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2022 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Das Leergutlager sei ein Arbeitsraum im Sinne der ArbStättV. Unter Berücksichtigung der von der Klägerin insoweit angegebenen Zeiten ergebe sich eine tägliche Arbeitszeit im Bereich des Leergutlagers von circa 105 bis 140 Minuten. Daher handle es sich bei dem Leergutraum nicht nur um ein bloßes Lager, sondern um einen Arbeitsplatz. Für die Beurteilung eines dauerhaft eingerichteten Arbeitsplatzes gehe es nicht darum, wie oft und wie lange Tätigkeiten verrichtet werden, sondern nur darum, dass regelmäßig - im vorliegenden Fall: täglich - Arbeiten in dem betreffenden Bereich ausgeführt werden müssen. Abgestellt werde dabei allein auf die Tätigkeit des Beschäftigten. Eine zeitliche Begrenzung für die zu verrichtende Tätigkeit bzw. eine zeitliche Untergrenze sehe die ArbStättV nicht vor. Damit seien dauerhafte Arbeitsplätze auch Orte, an denen Beschäftigte nur kurzfristig tätig werden müssen. Das Leergutlager sei daher als ständiger Arbeitsplatz anzusehen, der nicht unter die Ausnahmeregelung der Nr. 3.4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Anhanges zur ArbStättV falle. Gleiches gelte für den Backvorbereitungsraum. Auch dieser sei ein Arbeitsraum im Sinne der ArbStättV, da auch hier den Angaben der Klägerin zufolge täglich Arbeiten verrichtet werden müssen. Er sei ebenfalls als ständiger Arbeitsplatz anzusehen, welcher nicht unter die genannte Ausnahmeregelung falle.

Die Klägerin hat am 20. Mai 2022 Klage erhoben. Sie vertieft und ergänzt ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren. Zwar komme es für die Definition eines Arbeitsplatzes in der Tat nicht auf die konkrete Dauer der Tätigkeit an. Jedoch sei aufgrund des Schutzzweckes der Verordnung ein Arbeitsplatz objektiv-individuell zu bestimmen. Es gehe nicht um den Schutz von Arbeitsplätzen per se, sondern um den Schutz der konkret individuell Beschäftigten. Hieran müsse sich die Ermittlung von Arbeitsplätzen ausrichten. Eine Gesamtbetrachtung und / oder Zusammenrechnung der Tätigkeiten von individuell unterschiedlich Beschäftigten verbiete sich. Vorliegend seien individuell unterschiedliche Arbeitnehmer jeweils nur kurzfristig in den streitgegenständlichen Räumlichkeiten beschäftigt. Demzufolge halte sich kein einziger Beschäftigter regelmäßig über einen längeren Zeitraum in diesen Räumen auf. Damit befänden sich dort bereits keine Arbeitsplätze, so dass es sich bei den betreffenden Räumlichkeiten auch nicht um Arbeitsräume im Sinne von § 2 Abs. 3 ArbStättV, Nr. 3.4 Abs. 1 Satz 1 des Anhanges zur ArbStättV handle. Selbst wenn dies anders zu sehen, also das Vorliegen von Arbeitsplätzen und in der Folge von Arbeitsräumen zu bejahen sein sollte, greife hier jedenfalls die Ausnahme nach Nr. 3.4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Anhanges zur ArbStättV.

Sie beantragt,

die Nebenbestimmung Nummer 5.4 der Baugenehmigung vom 26. Juli 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2022 aufzuheben,

sowie die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt nochmals vor, in der Backvorbereitung und dem Leergutlager seien dauerhaft eingerichtete Arbeitsplätze im Sinne der Definition der ArbStättV vorhanden, da dort regelmäßig Arbeit verrichtet werde. Eine zeitliche Begrenzung habe der Gesetzgeber insoweit nicht vorgesehen. Daher handle es sich um Arbeitsräume im Sinne von § 2 Abs. 3 ArbStättV, Nr. 3.4 Abs. 1 Satz 1 des Anhanges zur ArbStättV. Die Ausnahmeregelung der Nr. 3.4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Anhanges zur ArbStättV greife nicht, da es sich bei den im Verlauf der täglichen Arbeitszeit zu verrichtenden Tätigkeiten in Anbetracht der insgesamt angegebenen Abläufe, Zeiten und Häufigkeiten nicht mehr nur um als kurzzeitige bzw. kurzfristig anzusehende Aufenthalte handle.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Trotz der mit Beschluss vom 9. August 2023 erfolgten Übertragung des Rechtsstreits zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter ist das Gericht verpflichtet, über die Klage in der aus § 5 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) folgenden Besetzung als Kammer (§ 5 Abs. 2 VwGO) zu entscheiden. Denn die Streitsache ist durch Kammerbeschluss vom 29. November 2023 über die 2. Änderung des Geschäftsverteilungsplanes der 3. Kammer für das Geschäftsjahr 2023 (§ 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG -) mit Wirkung vom 16. Dezember 2023 auf den am 29. November 2023 mit Wirkung vom 16. Dezember 2023 ernannten und durch Beschluss des Präsidiums des Gerichts (§ 21e GVG) der 3. Kammer zugewiesenen Richter auf Probe S_____als Berichterstatter übergegangen. Dieser war im Zeitpunkt der anberaumten mündlichen Verhandlung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht befugt, auf der Grundlage des nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergangenen Beschlusses der Kammer vom 9. August 2023 über den Rechtsstreit als Einzelrichter zu entscheiden. In einem solchen Fall ist eine zuvor beschlossene Einzelrichterübertragung von Gesetzes wegen für die Zeit der Hinderung des Berichterstatters, als Einzelrichter zu entscheiden, schwebend unwirksam mit der Folge, dass die Kammer zur Entscheidung über den Rechtsstreit berufen ist. Hiervon Abweichendes ist auch nicht in der Geschäftsverteilung der Kammer beschlossen worden (vgl. hierzu: VG Münster, Urteil vom 14. Oktober 2015 - 9 K 399/15 -, juris Rn. 11; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Januar 2011 - A 9 S 2774/10 -, juris Rn. 3 ff.).

II.

Die Klage hat Erfolg.

1.

Sie ist zulässig, insbesondere als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO) statthaft. Streitgegenständlich ist eine „echte“ Nebenbestimmung i.S.d. § 1 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) i.V.m. § 36 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), bezüglich derer eine isolierte Anfechtungsklage gerichtet auf Aufhebung der Nebenbestimmung statthaft ist, sofern nicht - was vorliegend nicht der Fall ist - eine isolierte Aufhebbarkeit der Nebenbestimmung offenkundig von vornherein ausscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2019 - 8 C 14/18 -, juris Rn. 13 ff.; Urteil vom 22. November 2000 - 11 C 2/00 -, juris Rn. 25) - und keine Inhaltsbestimmung (bzw. modifizierende Auflage), bei welcher ein Anspruch auf die Erteilung der Genehmigung mit dem beantragten Inhalt im Wege der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO) durchzusetzen wäre (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1999 - 3 C 20/98 -, juris Rn. 22 ff.). Dafür spricht die von dem Beklagten gewählte Bezeichnung als „Auflage“ und der Umstand, dass der Beklagte (im Rahmen des Widerspruchsbescheides) als Rechtsgrundlage für deren Beifügung ausdrücklich § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 36 VwVfG herangezogen hat. Darüber hinaus ist die Nr. 2.3 der ‚Zusammenarbeit zwischen den Bauaufsichtsbehörden und der Arbeitsschutzbehörde beim Vollzug der Brandenburgischen Bauordnung‘ vom 1. Juni 2004 zu berücksichtigen, wonach „erforderliche Nebenbestimmungen“ durch die Arbeitsschutzbehörde mit Rechtsbezug beziehungsweise Begründung zu versehen sind und durch die Bauaufsichtsbehörde in den Baugenehmigungsbescheid eingearbeitet werden. Die Auflage betrifft zudem nur einen geringen Teil des zur Genehmigung gestellten Vorhabens und enthält hinsichtlich der insoweit zu ergreifenden baulichen Maßnahmen keine konkreten Vorgaben, so dass mit ihr der Gegenstand des Vorhabens nicht (wesentlich) verändert wird und sie nicht zur Genehmigung eines „aliud“ führt.

2.

Die auf die isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung 5.4 der Baugenehmigung vom 26. Juli 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2022 gerichtete Klage ist auch begründet.

Der Beklagte war nicht befugt, der Baugenehmigung diese Nebenbestimmung beizufügen, da die insoweit maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Vielmehr entspricht die ersatzlose Aufhebung der Nebenstimmung der Rechtslage.

a.

Die über § 1 Abs. 1 VwVfGBbg geltende Vorschrift des § 36 VwVfG regelt in ihrem Absatz 1 die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten, auf die ein Anspruch besteht, und in ihrem Absatz 2 die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen zu Ermessens-Verwaltungsakten. Dabei darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.

Die Erteilung der Baugenehmigung vom 26. Juli 2021 stellt eine gebundene Entscheidung dar (vgl. § 72 Abs. 1 Satz 1 der Brandenburgischen Bauordnung -BbgBO-: „…ist zu erteilen, wenn…“). Um Abweichungen (§ 67 BgbBO) oder Ausnahmen und Befreiungen (§ 31 des Baugesetzbuches -BauGB-), die mit einer Ermessensentscheidung des Beklagten verbunden wären, geht es vorliegend nicht. Die Brandenburgische Bauordnung enthält indes keine Rechtsvorschrift i.S.d. § 36 Abs. 1 VwVfG, nach derer die Anordnung einer Nebenbestimmung zugelassen ist, sondern insoweit nur eine das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht ergänzende Ermächtigung bzw. Befugnis mit Blick auf eine Sicherheitsleistung (vgl. § 72 Abs. 2 Satz 1 BgbBO; siehe zum Ganzen: Reimus/Semtner/Langer, Die neue Brandenburgische Bauordnung, 4. Auflage 2017, § 72 Rn. 23; vgl. auch Otto, Brandenburgische Bauordnung, 5. Auflage 2021, § 72 Rn. 36, welcher davon spricht, dass § 72 Abs. 2 Satz 1 BbgBO lediglich der Klarstellung dient).

Die streitgegenständliche Nebenbestimmung ist zudem im vorliegenden Fall nicht erforderlich, um die Genehmigungsfähigkeit des klägerischen Vorhabens im Hinblick auf die Einhaltung der Anforderungen der ArbStättV sicherzustellen (siehe sogleich unter b.)

b.

Nach Nr. 3.4 Abs. 1 Satz 1 des Anhanges zur ArbStättV darf der Arbeitgeber als Arbeitsräume nur solche Räume betreiben, die möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und die eine Sichtverbindung nach außen haben.

Arbeitsräume sind nach § 2 Abs. 3 ArbStättV Räume, in denen Arbeitsplätze innerhalb von Gebäuden dauerhaft eingerichtet sind.

Arbeitsplätze sind dabei nach § 2 Abs. 4 ArbStättV Bereiche, in denen Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit tätig sind. Mit der zum 3. Dezember 2016 in Kraft getretenen Verordnung zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen vom 30. November 2016 (BGBl. I 2016, Nr. 56 vom 2. Dezember 2016, S. 2681) wurde die zuvor in der Definition des Arbeitsplatzes enthaltene Einschränkung „…regelmäßig über einen längeren Zeitraum oder im Verlauf der täglichen Arbeitszeit nicht nur kurzfristig…“ mit Blick auf die einschlägigen EG-Richtlinien und die Regelungen anderer Arbeitsschutzverordnungen aufgehoben und eine zeitliche Eingrenzung damit beseitigt (vgl. BR-Drs. 506/16, S. 24 f.). Somit gibt es im Rahmen des Arbeitsplatzbegriffes eine zeitliche Untergrenze nicht mehr. Arbeitsplätze sind daher auch Orte, an denen Beschäftigte nur kurzfristig tätig werden (vgl. Wiebauer in: Kollmer/Wiebauer/Schucht, Arbeitsstättenverordnung, 4. Auflage 2019, § 2 Rn. 53).

Das für das Vorliegen eines Arbeitsraumes i.S.d. § 2 Abs. 3 ArbStättV erforderliche Merkmal der „dauerhaften Einrichtung“ des Arbeitsplatzes zeigt, dass der Begriff des Arbeitsraumes hingegen eine zeitliche Komponente besitzt. Eine allgemein anerkannte Definition der „Dauerhaftigkeit“ existiert jedoch nicht. Überwiegend wird verlangt, dass an dem Arbeitsplatz mindestens ein Beschäftigter regelmäßig über einen längeren Zeitraum - insofern mindestens 30 Arbeitstage im Jahr - oder nicht nur kurzfristig - insofern mindestens zwei Stunden pro Tag - beschäftigt ist (vgl. Lorenz in: Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 3. Auflage 2016, ArbStättV § 2 Rn. 6, 7; Kollmer/Wiebauer in: Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 4. Auflage 2021, ArbStättV § 2 Rn. 10; so wohl auch LASI - Leitlinien zur Arbeitsstättenverordnung - LV 40, 2. überarbeitete Auflage, S. 13), wobei zum Teil aber auch gefordert wird, dass beide Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen (vgl. Wiebauer in: Kollmer/Wiebauer/Schucht, a.a.O., § 2 Rn. 41, 42). Einigkeit besteht aber jedenfalls dahingehend, dass es insofern unerheblich ist, ob die genannten Mindestzeiten durch einen oder insgesamt durch mehrere Beschäftigte zusammenkommen. Für die zeitliche Komponente im Rahmen der Bestimmung eines Arbeitsraumes ist allein auf den Arbeitsplatz und nicht auf die dort tätigen Beschäftigten abzustellen (vgl. Wiebauer in: Kollmer/Wiebauer/Schucht, a.a.O., § 2 Rn. 40, 43; Lorenz in: Kollmer/Klindt/Schucht, a.a.O., ArbStättV § 2 Rn. 6, 7).

Nach den von der Klägerin getätigten und in den vorgelegten Gefährdungsbeurteilungen vom 25. August 2021 auch entsprechend enthaltenen Angaben sind in den betreffenden Räumen werktäglich Arbeiten im Umfang von (maximal) 140 Minuten (Leergutlager) bzw. 60 Minuten (Backvorbereitungsraum) zu erbringen, wobei dies - auch aufgrund des Schichtsystems - durch unterschiedliche Beschäftigte erfolgt. Zumindest das Leergutlager erfüllt somit die Voraussetzungen eines Arbeitsraumes i.S.d. § 2 Abs. 3 ArbStättV und fällt damit zugleich unter die (Grundsatz-) Regelung der Nr. 3.4 Abs. 1 Satz 1 des Anhanges zur ArbStättV. Gleiches gilt für den Backvorbereitungsraum, sofern man der Auffassung folgt, dass die o.g. Kriterien nicht kumulativ vorliegen müssen.

Jedenfalls greift hier aber bezüglich beider Räume die Ausnahmeregelung der Nr. 3.4 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 des Anhanges zur ArbStättV ein. Danach darf der Arbeitgeber Räume, in denen sich Beschäftigte zur Verrichtung ihrer Tätigkeit regelmäßig nicht über einen längeren Zeitraum oder im Verlauf der täglichen Arbeitszeit nur kurzzeitig aufhalten müssen, als Arbeitsräume betreiben, ohne dass diese Räume möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und eine Sichtverbindung nach außen haben müssen. In den vom Ausschuss für Arbeitsstätten (§ 7 Abs. 1 und 2 ArbStättV) ermittelten ‚Technischen Regeln für Arbeitsstätten, Beleuchtung und Sichtverbindung, ASR A3.4, Ausgabe: Mai 2023‘ - die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemäß § 7 Abs. 4 ArbStättV im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gemacht wurden (GMBl 2023, S. 679) und daher als normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften mit Außenwirkung als solche auch von den Gerichten zu beachten sind (vgl. hierzu § 3a Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 3 ArbStättV; VG Dresden, Urteil vom 3. Februar 2016 - 4 K 802/12 -, juris Rn. 54) - ist das Merkmal „nicht über einen längeren Zeitraum“ definiert mit: „an weniger als 30 Arbeitstagen im Jahr“, und das Merkmal „nur kurzzeitig“ wie folgt: „wenn sich Beschäftigte zur Verrichtung ihrer Tätigkeit in Räumen ohne Sichtverbindung in der Regel nicht mehr als zwei Stunden an einem Arbeitstag aufhalten“ (siehe Anhang 1 der ASR A3.4, dort unter b) zu Nummer 3.4 Absatz 1 Nummer 2 des Anhangs der ArbStättV).

Dabei ist im Rahmen dieser Ausnahmeregelung auf die konkreten, individuell Beschäftigten bzw. auf deren „persönliche“ Arbeitszeiten und nicht auf den Arbeitsplatz als solchen abzustellen. Sofern man der Auffassung folgt, dass ein Arbeitsraum i.S. des § 2 Abs. 3 ArbStättV und der Nr. 3.4 Abs. 1 Satz 1 des Anhanges zur ArbStättV ohnehin nur dann vorliegt, wenn die Kriterien für einen dauerhaft eingerichteten Arbeitsplatz (mindestens 30 Arbeitstage im Jahr; mindestens zwei Stunden pro Tag) kumulativ erfüllt sind, ist dies letztlich zwingend, da andernfalls die Ausnahmeregelung der Nr. 3.4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Anhanges zur ArbStättV nie zum Tragen kommen könnte und damit sinnlos wäre. Unabhängig davon streitet für dieses Verständnis aber auch der Sinn und Zweck der entsprechenden Vorschriften. Die Regelungen für Arbeitsräume sollen den Schutz der Beschäftigten in Räumen gewährleisten, in denen diese einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit tätig sind (vgl. Wiebauer in: Kollmer/Wiebauer/Schucht, a.a.O., § 2 Rn. 45). Dementsprechend stellt auch die ASR A3.4 bei der Definition von „kurzzeitig“ ausdrücklich darauf ab, dass sich Beschäftigte zur Verrichtung ihrer Tätigkeit in Räumen ohne Sichtverbindung nicht mehr als zwei Stunden an einem Arbeitstag aufhalten. Die Regelungen unter Nr. 3.4 Abs. 1 des Anhanges zur ArbStättV dienen der physischen und psychischen Gesundheit der Beschäftigten, auf die sich natürliches Tageslicht in Verbindung mit einer ungehinderten Sichtverbindung nach außen positiv auswirkt (vgl. BR-Drs. 506/16, S. 32). Speziell die Verbindung zur Außenwelt durch eine Sicht in die Umgebung ermöglicht das Erleben des Tagesablaufs und der Witterung und vermindert das Gefühl, im Raum eingeschlossen zu sein (vgl. hierzu Nr. 4.1 Abs. 1 der ASR A3.4). Dieses Schutzes bedarf es erkennbar dann nicht, wenn sich keiner der in einem Arbeitsraum Beschäftigten dort mehr als 30 Arbeitstage im Jahr oder aber länger als zwei Stunden pro Tag aufhalten muss.

So liegt der Fall auch hier. In dem Backvorbereitungsraum fallen täglich ohnehin nur Arbeiten im Umfang von maximal 60 Minuten an. Aber auch in dem Leergutlager - in welchem täglich Arbeiten im Umfang von maximal 140 Minuten anfallen - muss bei praxisnaher Betrachtung sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die entsprechenden Arbeiten nach den Angaben und vorgelegten Unterlagen der Klägerin durch unterschiedliche Beschäftigte erledigt werden, erkennbar keiner der Beschäftigten länger als zwei Stunden pro Tag tätig werden. Auch wenn man die Räume nicht getrennt voneinander beurteilt und insofern einen kumulierten täglichen Arbeitsanfall im Umfang von maximal 200 Minuten in die Betrachtung einstellt, ergibt sich nichts Anderes. Nach der - mit einem Grünstempel versehenen - Betriebsbeschreibung der Klägerin sind an jedem Werktag während der Betriebszeit von 6.00 bis 22.00 Uhr insgesamt vier Beschäftigte im Rahmen eines 2-Schicht-Systems in dem Markt tätig (vgl. Bl. 27 der Verwaltungsvorgänge). Ausweislich der Gefährdungsbeurteilungen vom 25. August 2021 (vgl. dort jeweils S. 4) fallen die Arbeiten in dem Leergutlager und dem Backvorbereitungsraum über die gesamte Geschäftszeit (und damit über die Schichten) verteilt an. Da sich die in der jeweiligen Schicht anwesenden Beschäftigten die Arbeiten zudem untereinander aufteilen, muss sich damit jeder der Beschäftigten - bei einer pauschalisierenden Betrachtungsweise - maximal 50 Minuten bzw. jedenfalls - bei lebensnaher Betrachtung - erkennbar nicht mehr als 120 Minuten seiner täglichen Arbeitszeit in beiden Räumen aufhalten.

c.

Da nach alledem sowohl das Leergutlager als auch der Backvorbereitungsraum nicht möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und über eine Sichtverbindung nach außen verfügen müssen, kann der Hauptverwaltungsakt, die Baugenehmigung vom 26. Juli 2021, sinnvoller- und auch rechtmäßigerweise ohne die angegriffene Nebenbestimmung 5.4 bestehen bleiben (vgl. zu dieser Voraussetzung nochmals: BVerwG, Urteil vom 6. November 2019 - 8 C 14/18 -, juris Rn. 13; Urteil vom 22. November 2000 - 11 C 2/00 -, juris Rn. 25). Dies führt zur (isolierten) Aufhebung dieser Nebenbestimmung.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).