Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 09.10.2024 | |
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Aktenzeichen | VG 3 K 506/22 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2024:1009.3K506.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 S. 1 Nr. Freistellungsverordnung |
Der Bescheid des Beklagten vom 7. September 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2022 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages.
Der Kläger betreibt zwei Wohnstätten für Menschen mit Behinderung in D_____-K_____und C_____. Für die Bewohner dieser Einrichtungen erbringt er im Rahmen der Eingliederungshilfe Leistungen zur sozialen Teilhabe unter anderem Assistenzleistungen zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltags. Hierzu schloss er mit dem örtlichen Träger der Eingliederungshilfe eine Vereinbarung gemäß § 125 SGB IX. Im Rahmen der Leistungserbringung erfolgen Fahrten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wie etwa Ausflüge, Freizeitgestaltung, Urlaub, Einkäufe zur Selbstversorgung, Friseur, Therapien, Begleitung zu Behördenterminen wie auch Fahrten von der eigenen Wohnung zu dem therapeutischen Angebot. Der Kläger unterhält vier Fahrzeuge, die für diese Zwecke genutzt werden.
Nach Anhörung und Durchführung eines Termins vor Ort am 16. März 2021 (Blatt 152 BA I) untersagte der Beklagte mit Bescheid vom 7. September 2021 dem Kläger die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen. Zur Begründung führte er aus, durch diesen würde Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen ohne die notwendige Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz durchgeführt. Gemäß § 1 Abs. 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) würden entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderungen von Personen mit Kraftfahrzeugen den Vorschriften des Gesetzes unterliegen. Als Entgelt seien auch wirtschaftliche Vorteile anzusehen, die mittelbar für die Wirtschaftlichkeit einer auf dieser Weise geförderten Erwerbstätigkeit erstrebt werden. Die durchgeführten Beförderungen seien entgeltlich und geschäftsmäßig. Dies gelte auch dann, wenn kein gesondertes Entgelt für die Beförderung berechnet werde. Jedoch seien hier mit Blick auf die vorliegenden Verträge mittelbare Vorteile im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 PBefG gegeben. Auch sei der Auffassung, die Fahrten unterfielen der Freistellungs-Verordnung (FrStllgV) nicht zu folgen. Weder liege eine Beförderung mit Kraftfahrzeugen in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit vor noch greife die Regelung in § 1 Abs. 4 Nr. g) FrStllgV. Diese Freistellungsmöglichkeit erfasse nur Fahrten von zu Hause zur Betreuungseinrichtung und wieder zurück. Da hier die erforderliche Genehmigung zur Ausübung des Personenbeförderungsverkehrs nicht vorliege, sei die Maßnahme als Gefahrenabwehr und als geeignetes Mittel anzusehen, die Gefahr für Fahrgäste und andere Verkehrsteilnehmer abzuwenden, die durch die nicht genehmigten Personenbeförderungen mit Kraftfahrzeugen entstünden.
Den Widerspruch des Klägers vom 8. Oktober 2021 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid 10. Mai 2022 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Kläger sei nicht aufgrund der Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 PBefG von den Vorschriften dieses Gesetzes befreit. Vorliegend gäbe es mittelbare wirtschaftliche Vorteile. Solche seien in der Vergütung durch den örtlichen Träger der Eingliederungshilfe zu sehen. So betrage der Tagessatz je nach Leistungstyp und Hilfebedarfsgruppe an Anwesenheitstagen zwischen 79,41 € und 225,22 € (Leistungstyp 5) sowie zwischen 67,99 € und bis 154,49 € (Leistungstyp 6). Hinsichtlich der Wohnstätte in D_____ lägen die Werte zwischen 59,66 € und 179,54 €. Die Leistungen seien Bestandteil des Gesamtangebots. Das Durchführen von Fahrten im Rahmen der Eingliederungshilfe sei somit Voraussetzung um die Vereinbarung mit dem örtlichen Träger der Eingliederungshilfe abschließen und die entsprechenden Tagessätze abrechnen zu können. Der Fahrdienst wirke sich mithin positiv auf die Geschäftstätigkeit aus und fördere die Erwerbstätigkeit. Das Gesamtentgelt übersteige den in § 5 Abs. 1 S. 1 des Bundesreisekostengesetzes genannten Betrag von 0,30 € je Kilometer zurückgelegter Strecke. Die Personenbeförderung sei nicht nach der Feiststellungs-Verordnung von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes freigestellt. Es handele sich nicht um hoheitliche Aufgaben. Dem Kläger seien keine hoheitlichen Befugnisse durch oder aufgrund des Gesetzes übertragen worden. Eine solche Übertragung sei nicht in der Vereinbarung nach § 125 SGB IX zu sehen. Es handele sich auch nicht um eine Beförderung von körperlich, geistig oder seelisch behinderten Personen mit Kraftfahrzeugen zu und von Einrichtungen, die der Betreuung dieses Personenkreises dienten. Dieser Freistellungstatbestand beziehe sich seinem Wortlaut nach auf die Beförderung von einem Ort (zum Beispiel der Wohnung) zu einer Betreuungseinrichtung und wieder zurück. Eine Beförderung zu und von Einrichtungen, die der Betreuung dienten, finde nicht statt. Die Betreuung erfolge am selben Ort, an welchem die Menschen mit Behinderung leben würden. Fahrten zum Zwecke der Freizeitgestaltung beziehungsweise zum Einkauf und Ähnlichem würden dem Freistellungstatbestand nicht unterfallen. Unterfielen die von der Klägerin durchgeführten Fahrten mithin dem Personenbeförderungsgesetz seien sie genehmigungspflichtig. Über eine Genehmigung verfüge die Klägerin nicht. Deshalb sie ihr zurecht die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen untersagt worden.
Der Kläger hat am 8. Juni 2022 Klage erhoben. Er trägt vor, der Bescheid sei rechtswidrig. Die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. b) PBefG sei einschlägig. Das auf die Beförderung entfallene Entgelt überschreite den Betrag von 0,30 € nicht. Auch würden mehrere Ausnahmetatbestände der Freistellungsverordnung vorliegen. So erfolge die Beförderung mit Kraftfahrzeugen in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit. Hier sei die aus dem Sozialstaatsprinzip abgeleitete Pflicht, Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen, zu sehen. Dies sei Aufgabe des Staates und damit des Beklagten. Dieser habe jedoch die Aufgabe an sie - die Klägerin - übergeben. Auch läge der Freistellungstatbestand des § 1 S. 1 Nr. 4 lit. g) FrStllgV vor. Es würden körperlich, geistig oder seelisch behinderte Personen mit Kraftfahrzeugen befördert. Das Tatbestandsmerkmal zu und von Einrichtungen sei gleichermaßen erfüllt. Sofern der Beklagte davon ausgehe, dass es sich um Fahrten zwischen der Wohnung und der Betreuungseinrichtung handeln müsse, sei dies der Verordnung nicht zu entnehmen. Die Beförderungen seien nicht auf Fahrten zwischen Einrichtung und Wohnung beschränkt. Zu den Betreuungseinrichtungen zählten alle Angebote zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben von Menschen mit Behinderungen. Dieser Terminus sei dem Verordnungsgeber im Jahr 1962 und auch 1967 noch nicht bekannt, weshalb die Auslegung der Einrichtungen auf die Lebensumstände der Jetztzeit zu erfolgen habe. Damit würden alle Fahrten von Bewohnern der Wohnstätten unter die Fahrten von und zu Betreuungseinrichtungen fallen. Auch befördere - er der Kläger - solche Menschen von deren Wohnungen zu eigenen Häusern zum Zwecke der Betreuung. Nur weil eine Reihe von behinderten Menschen in Wohnstätten - hier des Klägers - wohne, andere beförderte Personen aber noch in eigener Wohnung, sei dies kein Grund, die Beförderungen künstlich aufzuspalten, um eine Freistellung für die Beförderungen im Zusammenhang mit den Wohnstätten zu versagen. Schließlich sei der Freistellungstatbestand des § 1 S. 1 Nr 4. lit. e) der FrStllgV erfüllt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 7. September 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2022 aufzuheben sowie die Kosten für die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er Bezug auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.
Die Klage hat Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 7. September 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2022 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Voraussetzungen für eine Untersagung der geschäftsmäßigen Beförderung von Personen durch den Kläger sind nicht erfüllt. Insbesondere bedarf dieser nicht der Genehmigung nach den Vorschriften des Personenbeförderungsrechtes. Die von ihm durchgeführten Beförderungen sind nach der Verordnung über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes (Freistellungs-Verordnung) – FrStllgV – von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes freigestellt.
Nach § 1 S.1 Nr. 4 g) FrStllgV sind Beförderungen von körperlich, geistig oder seelisch behinderten Personen mit Kraftfahrzeugen zu und von Einrichtungen, die der Betreuung dieser Personenkreise dienen, von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes freigestellt, es sei denn, dass von dem Beförderten ein Entgelt zu entrichten ist. Insoweit ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass seitens des Klägers der in der Regelung benannte Personenkreis mit Kraftfahrzeugen befördert wird. Es handelt sich unstreitig (nur) um körperlich, geistig oder seelisch behinderte Personen, für die die Leistungen erbracht werden. Auch betreibt der Kläger – gleichermaßen unstreitig – Einrichtungen zur Betreuung des genannten Personenkreises. In den Wohnstätten für erwachsene Menschen mit geistigen und mehrfacher Behinderung in D_____ bzw. in der Behindertenwohnstätte C_____wird diesen Personen nicht nur eine Wohnstätte zur Verfügung gestellt, sondern ausweislich des Inhalts der mit dem Träger der Eingliederungshilfe abgeschlossenen Vereinbarung gemäß § 125 SGB IX und der dazu gefassten Leistungsvereinbarung (Anlage 1) auch weitere Leistungen erbracht. Solche liegen etwa in der Gestaltung einer an der Lebensqualität und -realität nicht behinderter Menschen orientierten Alltags- und Wohnsituation, der Begleitung von Persönlichkeitsentwicklungen, Selbstbestimmung und der Entwicklung einer persönlichen Lebensperspektive, Erhaltung und Erweiterung persönlicher Handlungs- und Sozialkompetenzen; auch der Entwicklung sozialer Integration und weiterer Aspekte der Teilnahme an dem gemeinschaftlichen und sozialen Leben.
Ferner ist es nicht zweifelhaft, dass von dem Beförderten selbst ein Entgelt nicht entrichtet wird. Dem Kläger wird vielmehr ein Tagessatz vom Träger der Eingliederungshilfe entsprechend des Leistungstypes und der Hilfebedarfsgruppe zur Verfügung gestellt. Insoweit erfolgt weder eine gesonderte Ausweisung der Transportleistungen noch werden von ihm gesonderte Entgelte von den beförderten Personen erhoben bzw. von ihnen gezahlt.
Schließlich handelt es sich um Transporte mit Kraftfahrzeugen zu und von Einrichtungen. Sofern der Beklagte der Auffassung ist, vorliegend sei das Tatbestandsmerkmal nicht einschlägig, da der zu betreuende Personenkreis innerhalb der Einrichtung wohne und dort für diesen auch Betreuungsleistungen erbracht würden, Fahrten zum Zwecke der Freizeitgestaltung, zum Einkauf oder ähnliches nicht dem Freistellungstatbestand unterliegen würden, kann ihm nicht gefolgt werden. Zunächst ist festzuhalten, dass die Regelung im Wortlaut keine Begrenzung enthält. Insoweit geht es lediglich um Fahrten zu und von Einrichtungen, die der Betreuung des Personenkreises dienen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind insoweit erfüllt, dass Ausgangspunkt der Fahrten die vom Kläger betriebene Einrichtung zur Betreuung des Personenkreises ist und von diesem aus Fahrten erfolgen und letztlich nach Erfüllung des Zweckes zu diesen zurückgekehrt wird. Dabei ist mit Blick auf die sonstigen Regelungen der Freistellungsverordnung nicht entscheidend, dass Ausgangspunkt ein bestimmter Ort ist, sondern es geht lediglich darum, dass ein Verkehr von und zu den Einrichtungen, die der Betreuung dienen, stattfindet. Die Regelung ist schon nach dem Wortlaut nicht so zu verstehen, dass nur ein Bring- und Holdienst, also vom Wohnort zur Betreuungseinrichtung und zurück erfasst sein sollte. Insoweit ist bereits mit Blick auf die sonstigen Regelungen in der Freistellungsverordnung festzuhalten, dass anders als etwa in § 1 S.1 Nr. 4 i) eine Eingrenzung des Beförderungsweges (Wohnung und Einrichtung) nicht Gegenstand der hier maßgeblichen Vorschrift ist (vgl. insoweit auch Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, Kommentar, 5. Auflage, Rn. 12 zu § 1 FrStllgV). Auch kann dem Wortlaut nicht entnommen werden, dass nur ein Hol- und Bringdienst gemeint ist. Selbst wenn eine solche Auslegung aus der verwendeten Satzstellung „zu und von Einrichtungen“ ableitbar wäre, ist dieses nicht zwingend. Insoweit ist einzustellen, dass nach § 1 S.1 Nr. 4 f) FrStllgV der Verkehr von Berufstätigen mit Personenkraftwagen von und zu Arbeitsstellen freigestellt wurde, danach es nicht darauf ankommen kann, wo konkret der Ausgangspunkt des Verkehrs liegt, also auch solcher als Beginn des Verkehrs angesehen werden kann, der nicht der Wohnort ist. Ferner kann es nach dem Sinn und Zweck für die Anwendung der Vorschrift vorliegend nicht von Bedeutung sein, ob der Verkehr von Einrichtungen und zu Einrichtungen erfolgt oder umgekehrt, da es letztlich um den Verkehr als solchen geht. Angesichts dessen, dass der Verordnungsgeber vorliegend eine konkrete Richtung des Verkehrs oder aber einen bestimmten anderen Endpunkt als den des Beginns nicht definiert hat, ist es vorliegend auch ohne Bedeutung, dass der in Rede stehende Personenkreis nicht zu einem Wohnort oder zu einer Stelle gebracht wird, wo das Wohnen stattfindet, sondern die Transporte andere Bereiche betreffen, die etwa der Freizeitgestaltung dienen bzw. den persönlichen Lebensumständen geschuldet sind. Auch an einem Wohnort könnte Arbeitsleistungen oder Leistungen der Daseinsvorsorge erbracht oder aber soziale Bedürfnisse befriedigt werden.
Spricht danach schon der Wortlaut und die systematische Betrachtung für ein weites Verständnis der Vorschrift, kann der Beklagte auch nicht mit den von ihm herangesogenen Erwägungen des Verordnungsgebers (BR-DS 196/67 vom 6. April 1967) durchdringen. Ausgangspunkt der historischen Auslegung ist die Bedeutungsfindung anhand der Vorstellung, des Willens und der Motive des Gesetzgebers. Hierzu ist in der Begründung zur Verordnung angeführt, dass in den letzten Jahren im großen Umfange Einrichtungen für die Betreuung geistig und körperlich behinderter Personen geschaffen wurden und für diese Einrichtungen extra zu diesem Zweck gegründete Organisationen vorhanden sind. Ferner ist ein Gesichtspunkt, dass die Behinderten in der Regel nicht verkehrssicher sind und der Betreuung durch ein Begleitpersonal bedürfen; eine Benutzung der vorhandenen öffentlichen Verkehrsmittel ausscheidet.
Genau diese Aspekte sind vorliegend einschlägig, nämlich eine Einrichtung, die für behinderte Personen geschaffen worden ist und die von einem Träger geführt wird. Freilich ist nicht zu verkennen, dass die in dem Verordnungsentwurf weiter genannten Regelbeispiele sich insoweit unterscheiden, dass - anders als vorliegend - die Beförderung nicht zwischen Wohnung und den verschiedenen Einrichtungen erfolgt, sondern – wie bereits ausgeführt – von dem Betreuungsort ausgehend zu verschiedenen anderen Einrichtungen oder aber Orten der Freizeitgestaltung oder des sozialen Lebens vorgenommen werden.
Dies bedeutet aber nicht, dass die hier in Rede stehenden Verkehre erkennbar ausgeschlossen wären.
Die Auslegung einer Gesetzesnorm kann nicht immer auf die Dauer bei dem ihr zu ihrer Entstehungszeit beigelegten Sinn stehenbleiben. Es ist zu berücksichtigen, welche vernünftige Funktion sie im Zeitpunkt der Anwendung haben kann. Die Norm steht ständig im Kontext der sozialen Verhältnisse und der gesellschaftlich-politischen Anschauungen, auf die sie wirken soll; ihr Inhalt kann und muss sich unter Umständen mit ihnen wandeln. Das gilt besonders, wenn sich zwischen Entstehung und Anwendung eines Gesetzes die Lebensverhältnisse und Rechtsanschauungen geändert haben (vgl. BVerfGE, Beschluss vom 14. Februar 1973 – 1 BvR 112/65 – juris, Rn. 41). Freilich bildet der Wortlaut der Norm die Grenzen der Auslegung.
Mit Blick darauf stehen die in der Begründung nur als Beispiele genannte Verkehre der hier vertretenen Auslegung nicht entgegen.
Selbst im historischen Kontext ging es um den geschützten Personenkreis und die für ihn erforderlichen Verkehre zu den damals neu geschaffenen behindertengerechten Einrichtungen. Es liegt auf der Hand, dass es andere Formen von Einrichtungen gibt bzw. geschaffen werden, um den größtmöglichen Effekt einer Integration des von einer Behinderung betroffenen Personenkreises zu erreichen. Es ist nicht ersichtlich und kann auch dem historischen Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er genau diese Verkehre der Genehmigungspflicht unterstellen wollte, hingegen andere Verkehre desselben Personenkreises, die ebenfalls von einem Einrichtungsträger ohne Entgelt besorgt werden, nicht.
Insoweit weist der Kläger zurecht auch darauf hin, dass mit Blick auf den Freistellungstatbestand es nicht nachvollziehbar ist, dass etwa ein Transport des genannten Personenkreises von der Wohnung zu einer Betreuungseinrichtung freigestellt wäre, der seitens des Klägers gleichermaßen vorgenommen wird – hingegen der Transport von behinderten Personen von einer Betreuungseinrichtung zu einem Ort außerhalb dieser Einrichtung der Genehmigungspflicht unterliegen solle. Insoweit ist die Regelung auch für andere Betreuungsformen, wie sie sich gegenwärtig etablieren, offen und der hier vorgenommenen Auslegung der Norm zugänglich.
Anders für den Fall des § 1 S. 1 Nr. 4 e) FrStllgV, wonach teilstationäre Behandlungen nicht der hergebrachten Vorstellungen über ein Krankenhaus entsprochen haben und die Verkehre letztlich auch nicht aus Gründen der Beschäftigungstherapie realisiert werden, mithin es als Sache des Verordnungsgebers angesehen wurde, den Freistellungstatbestand zu erweitern (vgl. insoweit Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 8. Mai 2019 – 10 C 1/19 – juris, Rn. 29), kann der hier in Rede stehende Verkehr ohne weiteres unter §1 S. Nr. 4 g) FrStllgV subsumiert werden.
Auch steht die hier vorgenommene Auslegung nicht im Widerspruch zu § 57 Abs. 1 Nr. 8 PBefG. Mit Blick auf den eng begrenzten Personenkreis, den eigens benannten Verantwortlichen für den Verkehr und den Einschränkungen, den der genannte Personenkreis im Allgemeinen unterliegt, kann dieser Verkehr im Vergleich zum Gesamtverkehr nicht ein erhebliches Gewicht beigemessen werden.
Angesicht der obigen Erwägungen kann letztlich offenbleiben, ob der Verkehr auch nach § 1 Abs. 2 b PBefG freigestellt ist. Danach unterliegen dem Gesetz nicht Beförderungen, wenn das Gesamtentgelt je Kilometer zurückgelegter Strecke den in § 5 Abs. 2 Satz 1 des Bundesreisekostengesetzes genannten Betrag (0,30 Cent pro Kilometer) nicht übersteigt. Insoweit hat der Kläger zwar vorgetragen, angesichts des Umstandes, dass seitens des Beklagten unter dem Titel Sachkosten ihm ein Wirtschaftsbedarf in einer Höhe von 34.454,52 Euro für das Jahr 2024 zugebilligt worden sei und dieser neben den Kosten für die Fahrzeughaltung eine ganze Reihe anderer Positionen mit abdecke, sei die Unterschreitung des Wertes sicher – er benennt 0,20 Euro je gefahrener Kilometer als sachgerecht – handelt es sich gleichwohl nur um eine pauschale Angabe zu den Betriebskosten. Auch berücksichtigt der Vortrag nicht, dass nach der Vorschrift das Gesamtentgelt je Kilometer maßgeblich ist, wobei nach § 1 Abs. 1 Satz 2 PbefG als Entgelt auch die wirtschaftlichen Vorteile anzusehen sind, die mittelbar für die Wirtschaftlichkeit einer auf dieser Weise geförderten Erwerbstätigkeit erstrebt werden. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung den Tagessatz für die Rehabilitationsmaßnahme mit in die Betrachtung eingestellt und diese im Vergleich zu den unmittelbaren Betriebskosten gesetzt. Eine solche Betrachtung wurde seitens des Klägers nicht angestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 164 ff. i.V.m. §§ 7, 8 ff. ZPO.