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Entscheidung VG 4 K 182/23


Metadaten

Gericht VG Cottbus 4. Kammer Entscheidungsdatum 29.10.2024
Aktenzeichen VG 4 K 182/23 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2024:1029.4K182.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Aufstiegsfortbildungsförderung für das 3. Semester ihrer Ausbildung.

Die Klägerin absolvierte seit August 2021 eine Ausbildung zur "Staatlich anerkannten Erzieherin“ an der Fachschule für Sozialpädagogik Campus Berufsbildung e. V. in B_____. Für das erste Ausbildungsjahr wurde ihr auf entsprechenden Antrag Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) für den Zeitraum von August 2021 bis Juli 2022 bewilligt.

Am 17. August 2022 beantragte die Klägerin eine entsprechende Förderung für das zweite Ausbildungsjahr (August 2022 bis Juli 2023). Dem von der Klägerin in diesem Zusammenhang eingereichten Turnusplan war zu entnehmen, dass sie in der Zeit ab dem 4. Oktober 2022 ein 11-wöchiges Pflichtpraktikum zu absolvieren hatte.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 2022 bewilligte der Beklagte der Klägerin einen monatlichen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 841,00 Euro für den Zeitraum von Februar 2023 bis Juli 2023 (4. Semester). Eine Förderung für den Zeitraum von August 2022 bis Januar 2023 (3. Semester) lehnte er mit der Begründung ab, durch das Pflichtpraktikum ab dem 4. Oktober 2022 werde in dem betreffenden 3. Semester die notwendige Vollzeitdichte gemäß § 2 Abs. 6 AFBG nicht mehr erreicht. Von insgesamt zu berücksichtigenden 19 Wochen im Semester finde lediglich in 8 Wochen Unterricht statt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 28. Oktober 2022 mit der Begründung Widerspruch, dass die geforderten 70 % an Unterrichtsstunden auf das Schuljahr gerechnet erfüllt würden. Auch während des Praktikums finde Unterricht statt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2023 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Das Schuljahr 2022/2023 umfasse 44 Wochen als Gesamtwochenzahl. Unter Berücksichtigung dessen, dass zusammenhängende Ferienwochen nach § 3 Abs. 4 AFBG außer Betracht blieben, ergäben sich 37 zu berücksichtigende Wochen. Nach Abzug des 11-wöchigen Praktikums und der Himmelfahrtswoche blieben nur 25 Wochen, in denen der erforderliche Unterricht stattfinde. Bei dieser Berechnung betrage die Fortbildungsdichte nur 67,57 %, so dass eine Förderung für das gesamte zweite Ausbildungsjahr (3. und 4. Semester) ausgeschlossen wäre.

Eine Maßnahme könne aber auch aus mehreren selbstständigen Abschnitten bestehen, für die die Vollzeit-Fortbildungsdichte nach § 2 Abs. 5 AFBG jeweils gesondert zu ermitteln sei. Vorliegend habe er mit dem 3. und 4. Semester entsprechende Maßnahmenabschnitte gebildet, um für die Klägerin zumindest eine Förderung für das 4. Semester zu ermöglich. Für dieses Semester habe sich bei einer Gesamtwochenzahl von 18 Wochen und 17 Unterrichtswochen eine Fortbildungsdichte von 94,44 % ergeben. Für das 3. Semester sei dagegen bei einer Gesamtwochenzahl von 19 Wochen wegen des nicht berücksichtigungsfähigen Praktikums im Umfang von 11 Wochen nur von 8 Unterrichtswochen auszugehen. Die Fortbildungsdichte in diesem Maßnahmenabschnitt habe danach bei lediglich 42,10 % gelegen, weshalb eine Förderung für das 3. Semester nicht in Betracht gekommen sei.

Mit der am 17. März 2023 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Entscheidend sei das komplette Schuljahr, in dem sie alle Voraussetzungen für den Erhalt der Ausbildungsförderung erfüllt habe. Das Praktikum gehöre zur schulischen Ausbildung. Dem Praktikumsvertrag lasse sich entnehmen, dass es als schulische Veranstaltung gelte. Außerdem werde in allen anderen Landkreisen Ausbildungsförderung auch für die Semester gewährt, in denen Praktika abzuleisten seien.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 18. Oktober 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2023 zu verpflichten, ihr auch für den Zeitraum von August 2022 bis Januar 2023 (3. Semester) einen monatlichen Unterhaltsbeitrag nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz in Höhe von 841,00 Euro zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den seitens des Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht durch die Einzelrichterin, nachdem die Kammer dieser den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen hat.

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid des Beklagten vom 18. Oktober 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2023 verletzt die Klägerin jedenfalls nicht in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsgesetz für das 3. Semester ihrer Ausbildung (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin begehrten Unterhaltsbeitrag ist § 10 Abs. 2 Satz 1 AFBG in der Fassung der Neubekanntmachung vom 12. August 2020. Danach wird bei förderfähigen Maßnahmen in Vollzeitform im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AFBG ein Betrag zur Deckung des Unterhaltsbedarfs (Unterhaltsbeitrag) geleistet.

Voraussetzung ist demnach zunächst die Förderfähigkeit der Maßnahme, die nach § 2 Abs. 3 Nr. 1c) AFBG u. a. voraussetzt, dass in der Regel in jeder Woche an vier Tagen mindestens 25 Unterrichtsstunden stattfinden (Vollzeit-Fortbildungsdichte). Besteht die förderungsfähige Maßnahme aus mehreren selbstständigen Abschnitten (Maßnahmenabschnitt), ist diese Fortbildungsdichte für jeden dieser Abschnitte gesondert zu bestimmen (§ 2 Abs. 5 Satz 1 AFBG). Vollzeitschulische Maßnahmen, die - wie die von der Klägerin gewählte Ausbildung - mindestens zwei Fachschuljahre umfassen, werden in Bezug auf Fortbildungsdichte zudem nach § 2 Abs. 6 Satz 1 AFBG privilegiert. Danach ist die Vollzeit-Fortbildungsdichte bei diesen Maßnahmen - abweichend von § 2 Abs. 3 Nr. 1c) AFBG - auch dann erreicht, wenn in 70 % der Wochen eines Maßnahmenabschnitts an vier Werktagen mindestens 25 Unterrichtsstunden stattfinden. Ferienwochen zusammenhängender Ferienabschnitte mit mindestens zwei Ferientagen bleiben dabei nach § 2 Abs. 6 Satz 2 AFBG außer Betracht.

Gemessen daran steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die von ihr absolvierte Ausbildung hat im 3. Semester die Voraussetzungen der Förderfähigkeit nicht erfüllt, weil die nach § 2 Abs. 6 Satz 1 AFBG erforderliche Vollzeit-Fortbildungsdichte nicht erreicht worden ist. Dies gilt unabhängig davon, ob man als Maßnahmenabschnitt auf das gesamte Schuljahr (August 2022 bis Juli 2023) oder - wie es der Beklagte zugunsten der Klägerin getan hat - auf die einzelnen Semester (August 2022 bis Januar 2023 und Februar 2023 bis Juli 2023) abstellt. Insofern kann dahinstehen, ob ein Semester bei der von der Klägerin gewählten Ausbildung tatsächlich als Maßnahmenabschnitt im Sinne des § 2 Abs. 5 Satz 2 AFBG anzusehen ist.

Betrachtet man das gesamte Schuljahr als einheitlichen Maßnahmenabschnitt, ist die Fortbildungsdichte insgesamt nicht erreicht, so dass der Klägerin auch die Fortbildung für das 4. Semester nicht hätte gewährt werden dürfen. Das Schuljahr 2022/2023 begann am 22. August 2022 und endete am 25. Juni 2023. Das Schuljahr umfasste mithin insgesamt 44 Kalenderwochen, von denen wegen der Regelung des § 2 Abs. 6 Satz 2 AFBG für die Berechnung der Vollzeit-Fortbildungsdichte 7 Wochen als Ferienwochen außer Betracht zu bleiben haben. Zu berücksichtigen sind danach 37 Wochen, von denen in 25 Wochen an vier Werktagen Unterricht stattgefunden hat. Zu Recht ist der Beklagte bei seinen Berechnungen davon ausgegangen, dass in den übrigen 12 Wochen des Schuljahres kein Unterricht an vier Werktagen stattgefunden hat, wobei dies neben den 11 Wochen des Praktikums (4. Oktober 2022 bis 12. Januar 2023 mit 3-wöchiger Unterbrechung durch die Weihnachtsferien) die Himmelfahrtswoche (15. Mai 2023 bis 19. Mai 2023) betraf, in der lediglich an drei Werktagen Unterricht stattgefunden hat. Dies zugrunde gelegt ergibt sich für das gesamte Schuljahr 2022/2023 eine Fortbildungsdichte von 67,57 %.

Wertet man das 3. und 4. Semester des Schuljahres 2022/2023 als eigenständige Maßnahmenabschnitte wird die Vollzeit-Fortbildungsdichte zwar im 4. Semester (6. Februar 2023 bis 25. Juni 2023) erreicht. Insoweit sind dann 18 Wochen zu berücksichtigen, von denen mit Ausnahme der Himmelfahrtswoche in jeder Woche Unterricht an mindestens vier Werktagen stattgefunden hat. Dies ergibt eine Fortbildungsdichte von 94,44 %. Im 3. Semester (22. August 2022 bis 5. Februar 2023) wird die Vollzeit-Fortbildungsdichte bei dieser Betrachtungsweise dagegen klar verfehlt. Berücksichtigungsfähig sind insoweit 19 Wochen, von denen nach Abzug des 11-wöchigen Praktikums in lediglich 8 Wochen der erforderliche Unterricht stattgefunden hat. Daraus ergibt sich eine Fortbildungsdichte von 42,10 %.

Entgegen der Annahme der Klägerin können die Zeiten des Praktikums nicht als Unterrichtswochen gewertet werden.

Nach § 2 Abs. 4 Satz 2 AFBG sind förderfähige Unterrichtsstunden physische und virtuelle Präsenzlehrveranstaltungen, deren Inhalte in der Prüfungsregelung verbindliche vorgegeben sind. In förderfähigen Unterrichtsstunden müssen nach Satz 3 der Vorschrift die nach den Fortbildungsregelungen und Lehrplänen vorgesehenen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten durch hierzu qualifizierte Lehrkräfte planmäßig geordnet vermittelt werden.

Dies zugrunde gelegt ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass reine Praktika auch dann nicht als Unterricht nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz anzuerkennen sind, wenn sie zur Erreichung des Fortbildungsziels zwingend vorgesehen sind (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 14. Dezember 2011 4 LB 19/11 -, juris Rn. 23 ff.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24. September 2013  12 ZB 13.1450 -, juris Rn. 15; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2023 12 A 1188/21 -, juris Rn. 42 ff.).

Etwas anderes gilt auch nicht vorliegend. Dass das Praktikum der Klägerin zumal in dem erforderlichen Umfang von Unterricht im Sinne der Sätze 2 und 3 des § 2 Abs. 4 AFBG begleitet worden wäre, lässt sich weder dem Turnusplan entnehmen noch erscheint dies vor dem Hintergrund realistisch, dass die tägliche Arbeitszeit der Klägerin während des Praktikums ausweislich des vorgelegten Praktikumsvertrages bei durchschnittlich 8h/Tag lag. Ungeachtet dessen genügt eine eventuelle Begleitung des Praktikums durch „fachpraktischen Unterricht“ seitens einer im Praktikumsbetrieb angestellten staatlich anerkannten Erzieherin den Anforderungen an eine Unterrichtsstunde im Sinne des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes ohnehin nicht, da es sich bei diesen Fachkräften nicht um Lehrkräfte im Sinne des § 2 Abs. 4 Satz 3 AFBG handelt. Die Begleitung des Praktikums durch eine Fachkraft ist nach der gesetzlichen Regelung selbst dann nicht berücksichtigungsfähig, wenn sie in Unterrichtsform stattfindet (vgl. BT-Drs. 18/7055, S. 30).

Hat danach während des Praktikums kein förderfähiger Unterricht stattgefunden, so kann dahinstehen, ob dies nach der gesetzlichen Konzeption des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes zur Folge hat, dass für die Zeiten des Praktikums selbst dann keine Förderung bewilligt werden kann, wenn - was hier nicht der Fall ist - die Vollzeit-Fortbildungsdichte in dem Maßnahmenabschnitt trotz Praktikums erreicht wird (so Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 14. Dezember 2011 4 LB 19/11 , juris Rn. 35 ff.; a. A. OVG für das Land Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. Juli 2014 4 L 139/13 , juris Rn. 31; Thüringer OVG, Urteil vom 11. Dezember 2017  1 KO 313/16 , juris Rn. 38).

Sobald unterrichtsfreie Praktika außerhalb zusammenhängender Ferienabschnitte stattfinden, senkt dies mit Blick auf den gesamten Maßnahmenabschnitt jedenfalls die Fortbildungsdichte, was - wie hier - dazu führen kann, dass die Förderfähigkeit des Abschnittes insgesamt, d. h. auch außerhalb der Zeiten des Praktikums nicht mehr gegeben ist. Anders als Ferienwochen zusammenhängender Ferienabschnitte können Praktikumszeiten bei der Ermittlung der Fortbildungsdichte nämlich nicht außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 5 C 5.10 , juris Rn. 26 ff.; OVG für das Land Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. Juli 2014 4 L 139/13 -, juris Rn. 29 ff.). Bereits aus der Hervorhebung der Ferienzeiten in § 2 Abs. 6 Satz 2 AFBG ergibt sich, dass andere Zeiten, in denen kein Unterricht stattfindet ohne dass eine Maßnahme gemäß § 7 Abs. 4 AFBG als unterbrochen gilt ausnahmslos zu berücksichtigen sind. Dieses Verständnis entspricht auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, der mit der Regelung des § 2 Abs. 6 Satz 2 AFBG gerade das Ziel verfolgt hat, die Verwaltungspraxis bezüglicher der Handhabung von Unterrichtsunterbrechungen durch eine pauschalierte Betrachtung zu vereinfachen und zu vereinheitlichen (vgl. BTDrs. 18/7055, S. 20 und S. 31; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2023 12 A 1188/21 -, juris Rn. 66 ff.).

2. Steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nach alledem nicht zu, kann dieses Ergebnis auch nicht durch eine erweiterte Auslegung der Vorschriften des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes etwa aufgrund von Härtefallerwägungen korrigiert werden (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2023  12 A 1188/21 -, juris Rn. 53 ff.).

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Anwendung des Gesetzes für Schülerinnen und Schüler, die eine Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher absolvieren, zur Folge hat, dass diese - je nachdem wie die zuständige Behörde die Maßnahmenabschnitte bildet - von einer Förderung in mehr oder weniger weiten Teilen ihrer Ausbildung ausgeschlossen bleiben. Denn die Erzieherausbildung findet sowohl in der von der Klägerin gewählten praxisintegrierten Variante als auch im sogenannten 2+1-Modell nur zu zwei Dritteln in der Schule und zu einem Drittel in Praxisbetrieben (etwa im Rahmen verpflichtender Praktika) statt, so dass die Fortbildungsdichte in dieser Ausbildung über den gesamten Zeitraum bei 66 % und damit stets knapp unter den Anforderungen des § 2 Abs. 6 Satz 1 AFBG liegt. Das wird angesichts dessen, dass die Erzieherausbildung die Auszubildenden (jedenfalls außerhalb der Ferienzeiten) Vollzeit in Anspruch nimmt und die Terminierung der zwingend abzuleistenden Praktika nicht in der Hand der Auszubildenden liegt, nicht nur von der Klägerin als ungerecht empfunden (vgl. zur Problematik BT-Drs. 19/15774).

Eine Befugnis zur Korrektur dieses Ergebnisses im Wege richterlicher Rechtsfortbildung steht dem Gericht aber nicht zu, da es insoweit an einer planwidrigen Regelungslücke mangelt. Jede Art der gesetzesimmanenten richterlichen Rechtsfortbildung setzt unabhängig von dem in Betracht kommenden methodischen Mittel eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Hat der Gesetzgeber demgegenüber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine gerichtliche Lösung ersetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2018  5 C 14/16 , juris Rn. 24 m. w. N.).

Genauso liegt es hier. Denn der Gesetzgeber hat die Problematik gesehen und sich trotz eines entsprechenden Antrages der Fraktion DIE LINKE (BT-Drs. 19/15774) und einer Empfehlung des Bundesrates (BR-Drs. 467/19)  noch im Jahr 2020 gegen eine Änderung des Gesetzes etwa durch eine Absenkung der erforderlichen Vollzeit-Fortbildungsdichte auf 60 % entschieden (vgl. BT Plenarprotokoll 19/147, S. 18390C -18403D). Dem lag u. a. die Einschätzung der Regierung zugrunde, dass ein weiteres Absenken der erforderlichen Vollzeit-Fortbildungsdichte dem Förderungsziel des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes widerspreche. Da die Ferienwochen bei der Berechnung der Vollzeit-Fortbildungsdichte bereits außer Betracht blieben, wäre eine Fortbildungsdichte etwa von 60 % auch dann erreicht, wenn der Anteil tatsächlicher Unterrichtswochen auf unter 50 % sinke. Fördergegenstand des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes sei aber eigentlich nur die Teilnahme an Unterricht, während Praxiszeiten durch die Betriebe und Unternehmen vergütet werden sollten. Vor diesem Hintergrund sei eine ganzjährige Förderung bei einem Unterrichtsanteil von weniger als 50 % nicht zu rechtfertigen (vgl. BT-Drs. 19/17158, S. 23). Dies zugrunde gelegt widerspräche eine erweiterte Auslegung der Vorschriften des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes im vorliegenden Fall ersichtlich dem Willen des Gesetzgebers.

3. Verfassungsrechtliche Erwägungen rechtfertigen ebenfalls kein anderes Ergebnis. Insbesondere verstößt die - hier für die Klägerin nachteilige - Festlegung der Fortbildungsdichte in § 2 Abs. 6 Satz 1 AFBG nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, stellt es aber dem Normgeber frei, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2018  5 C 14/16 , juris Rn. 33 m. w. N.). Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit kommt dem Gesetzgeber dabei grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu, zumal, wenn es sich  wie bei der Fortbildungsförderung - um freiwillige Leistungen handelt. Die Leistungen des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes sind nicht darauf gerichtet, das Grundrecht auf die Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu verwirklichen. Die Finanzierung beruflicher Fortbildung gehört insgesamt nicht zum sozialstaatsrechtlichen Minimum, sondern steht im Grunde zunächst in der Verantwortung des Einzelnen sowie gegebenenfalls des Arbeitgebers. Dem Gesetzgeber ist deshalb ein besonders weiter Gestaltungsspielraum einzuräumen, ob und unter welchen Voraussetzungen er Fortbildungsmaßnahmen fördert (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011  5 C 5.10 , juris Rn. 14 ff.).

Dieser Spielraum ist vorliegend nicht überschritten. Das Festlegen eines Schwellenwertes im Bereich der Fortbildungsdichte ist im Grundsatz vom sachlichen Anliegen des Gesetzgebers gerechtfertigt, die nur begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel auf solche Fortbildungsmaßnahmen zu konkretisieren, die wegen des Umfanges typischerweise nicht aus eigenen Kräften und Mitteln bestritten werden können (BTDrs. 13/3698, S. 15). Soweit hierbei im Verhältnis zu Maßnahmen, die den Schwellenwert nur knapp unterschreiten, „Härten“ entstehen, ist dies zum einen notwendig mit jeder klaren Grenzziehung verbunden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 5 C 5.10 -, juris Rn. 15 f.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. September 2023 12 A 1188/21 , juris Rn. 55). Zum anderen hat der Gesetzgeber gerade mit Blick auf die Erzieherausbildung weitere sachliche Gründe angeführt, warum er die erforderliche Vollzeit-Fortbildungsdichte wie geschehen festgelegt und von einer Ausweitung der Förderung abgesehen hat. Insoweit haben die Regierungsfraktionen während der Beratungen zum Vierten Gesetz zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes insbesondere darauf hingewiesen, dass es sich um ein nachrangiges Förderangebot handele und die vorrangige Pflicht zur Sicherung der Finanzierung der Erzieherausbildung bei den insoweit zuständigen Ländern gesehen werde. Diesbezüglich setze der Bund weiter darauf, dass die Länder Lösungen für eine vergütete Ausbildung erarbeiteten, die die Notwendigkeit einer Förderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz entfallen ließen (vgl. BT-DRs. 19/17158, S. 23 ff.). Solange dies nicht geschehen ist, haben es die Bildungsträger immerhin in der Hand, die erforderliche Fortbildungsdichte durch Verschiebung einzelner Praktika in die Ferien herzustellen (vgl. BTDrs. 19/17158, S. 28).

Schließlich dringt die Klägerin mit ihrem Einwand nicht durch, andere Landkreise hätten in vergleichbaren Fällen die in Streit stehenden Leistungen bewilligt. Diese Bewilligungen wären nach dem oben Gesagten rechtswidrig erfolgt. Die Klägerin kann auch unter Berufung auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verlangen, ebenfalls rechtswidrige Leistungen zu erhalten. Es gilt der Grundsatz: Keine Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. nur OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Januar 2014  OVG 6 B 7.13 -, juris Rn. 31).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr.11, 711 Zivilprozessordnung.