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Bekanntgabe, Bevollmächtigung


Metadaten

Gericht FG Cottbus 6. Senat Entscheidungsdatum 18.06.2024
Aktenzeichen 6 K 5129/23 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2024:0618.6K5129.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 122 Abs. 1 Satz 3 AO

Leitsatz

Die Auswahlentscheidung, welchem Bevollmächtigten ein Verwaltungsakt gegenüber bekanntgegeben wird ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. In einem gesonderten Verwaltungsverfahren ist es aber ermessensfehlerhaft ablehnende Verwaltungsakte einem Bevollmächtigten gegenüber bekanntzugeben, wenn eine jüngere und thematisch eingegrenzte Vollmacht vorliegt. Die ermessensfehlerhafte Übersendung an "den falschen" Bevollmächtigten führt erst zur Bekanntgabe, wenn der Verwaltungsakt "dem richtigen" Bevollmächtigten tatsächlich zugeht.

Tenor

Die Einspruchsentscheidung vom 30.8.2023 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in einer isolierten Anfechtungsklage über die Zulässigkeit eines Einspruchs sowie die Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Erlassantrags nach § 227 AO wegen Umsatzsteuer 2010 bis 2015.

Die Klägerin – eine im Handelsregister beim Amtsgericht C… zur Nummer HRB … registrierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand im weiteren Sinne …dienstleistungen umfasste – wurde früher steuerlich beim Finanzamt B… geführt. Am 12.4.2011 übermittelte die D… GmbH dem Finanzamt B… per Telefax eine am 15.6.2010 unterschriebene Vollmacht zur Vertretung der Klägerin, die auszugsweise ausdrücklich wie folgt lautete:

Hiermit bevollmächtige(n) ich/wir: […]

mich/uns in meinen Steuerangelegenheiten vor allen Finanzämtern, Steuer- und sonstigen Behörden sowie Finanzgerichten zu vertreten, Rechtsbehelfe/Rechtsmittel einzulegen und zurückzunehmen, Vergleiche abzuschließen und sonstige verbindliche Erklärungen abzugeben sowie zur Erteilung von Untervollmacht.

Im Festsetzungsverfahren sollen Steuerbescheide und alle sonstigen Verwaltungsakte einschließlich förmlicher Zustellungen sowie Urteile und gerichtliche Verfügungen ausschließlich dem Bevollmächtigten bekanntgegeben werden.

Die Empfangsvollmacht gilt auch für alle Schriftstücke im Erhebungsverfahren.

Der Senat nimmt auf die Kopie der Vollmacht auf Bl. 23 der beigezogenen Rechtsbehelfsakte des Beklagten ausdrücklich Bezug.

Am 12.7.2012 ging beim Finanzamt B… per Telefax eine weitere Vollmacht vom 25.6.2012 zur unbeschränkten steuerlichen Vertretung der Klägerin, ausgestellt auf die E… PartG, ein. Auf Nachfrage des Finanzamts B… teilte die Klägerin diesem telefonisch mit, die Vollmacht betreffe nur das „Agio“. Für die restlichen Verfahren bleibe der allgemeine Steuerberater, also die D… GmbH nach allgemeiner Vollmacht, zuständig.

Für die Besteuerung der Klägerin wurde sodann der Beklagte zuständig.

Zwischen den Beteiligten entstand anschließend Streit im Festsetzungsverfahren zur Umsatzsteuer 2010 bis 2015 sowie steuerlichen Nebenleistungen zur Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2015, in dessen Ergebnis Umsatzsteuer sowie Zinsen zur Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt EUR 3.337.327,28 festgesetzt wurden. Diese Steuer- und Nebenleistungsschulden beglich die Klägerin.

Ein erster zum Erlass der Umsatzsteuer sowie dazugehöriger Zinsen für die Jahre 2010 bis 2012 gestellter Antrag der Klägerin beim Beklagten blieb ebenso wie der dagegen gerichtete Einspruch, das anschließende Klageverfahren beim hiesigen Finanzgericht (7 K 7208/19) und die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH, Beschluss vom 9.11.2022, Az. V B 27/21) ohne Erfolg. In diesem ersten Erlassantragsverfahren wurde die Klägerin von der Rechtsanwaltskanzlei F… vertreten, die zusammen mit diesem ersten Erlassantrag die nachfolgende Vollmacht vom 16.7.2019 beim Beklagten einreichte:

„Hiermit erteilt“ [die Klägerin]

„wegen USt 2010, 2011 und 2012

Vollmacht in allen angehenden, anhängigen und anhängig werdenden Steuerangelegenheiten in dem unter „wegen“ genannten Mandat

- zur Wahrnehmung der steuerlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen;

- zur Vertretung und Verteidigung vor allen Steuer- und anderen Behörden, Berufskammern und –verbänden und Teilnahme an Betriebsprüfungen, Steuerfahndungen durch die Finanzverwaltung mit der Berechtigung, rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben und Verhandlungsergebnisse anerkennen zu dürfen;

- zur Prozessführung einschließlich der Befugnis zur Einlegung und Rücknahme von Rechtsbehelfen, Rechtsmitteln und Klagen, sowie Verzicht auf solche, Beseitigung eines Rechtsstreits durch Anerkennung, Vergleich oder Verzicht sowie die Einlegung von Beschwerden;

- zur Entgegen- und Inempfangnahme von Geld, Wertsachen, Urkunden, Zustellungen, Anfertigung von Abschriften und Fotokopien und Kauf von Arbeitsmaterial zu meinen Lasten sowie Akteneinsichten;

Zur Erteilung und Widerruf von Untervollmachten.

Die Vollmacht gilt für alle Instanzen und erstreckt sich auch auf Neben- und Folgeverfahren aller Art, solange ihr Widerruf den Verfahrensbeteiligten nicht schriftlich angezeigt worden ist.“

Diese Vollmacht enthielt zudem rechts oben den eingerahmten Hinweis:

„Zustellungen werden nur an den/die Bevollmächtigte(n) erbeten!“

Diesen ersten Erlassantrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 21.8.2019 ab. Den Bescheid gab er ebenso wie die spätere Einspruchsentscheidung in dem ersten Erlassantragsverfahren an die Kanzlei F… als Adressat für die Klägerin bekannt.

In einem weiteren Klageverfahren beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg zum Aktenzeichen 7 K 6140/21 reichte die Klägerin für das Gericht eine Vertretungsvollmacht für die D… GmbH vom 30.8.2021 ein, deren Inhalt identisch mit dem Inhalt der Vollmacht aus dem Jahr 2010 war. Der Senat nimmt auf die Kopie der Vollmacht auf Bl. 24 der beigezogenen Rechtsbehelfsakte des Beklagten ausdrücklich Bezug.

Am 2.1.2023 stellte die hier rubrizierten Bevollmächtigte (nachfolgend: hier Bevollmächtigte oder G…), namentlich Rechtsanwalt H… für die G…, für die Klägerin einen zweiten Antrag auf Billigkeitserlass nach § 227 AO bezüglich der Umsatzsteuer nebst steuerlichen Nebenleistungen, diesmal für die Besteuerungszeiträume 2010 bis 2015. Zusammen mit ihrem Antrag reichte die hier Bevollmächtigte eine vom Geschäftsführer der Klägerin am 29.12.2022 unterschriebene gegenständlich begrenzte Vollmacht für die G… mit folgendem Inhalt ein:

VOLLMACHT

zur Vertretung von A… GmbH in allen gerichtlichen und außergerichtlichen Angelegenheiten, die mit der Erhebung von Umsatzsteuer auf die in den Jahren ab 2010 erfolgte entgeltliche Abgabe sog. „…" einerseits durch A… GmbH an Dritte, andererseits an A… GmbH durch Dritte, zusammenhängen („Gegenstand").

Ziel von A… GmbH ist es, die erfolgte Belastung mit Umsatzsteuer aus den vorgenannten Geschäften möglichst weitgehend zu verringern, sei es durch Aufhebung der Umsatzsteuerfestsetzung, Abzug von Vorsteuer (gleichviel für welchen Besteuerungszeitraum), Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen oder auf sonstige Weise („Ziel").

Die Vollmacht berechtigt in dem weiten Rahmen des vorgenannten Gegenstandes und Zieles zur Vertretung vor allen Gerichten und gegenüber allen Behörden und Dritten, zur Abgabe sämtlicher Erklärungen und Abschluss sämtlicher Verträge einschließlich von Vergleichen, Vornahme sämtlicher Verfahrenshandlungen, zur Erhebung von Klagen, Stellung von Anträgen und Einlegung sämtlicher Rechtsbehelfe, auch in Neben- und Folgeverfahren aller Art. Sie umfasst die Befugnis Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die Vollmacht ganz oder teilweise auf andere zu übertragen (Untervollmacht), Klagen und Rechtsmittel einzulegen, zurückzunehmen oder auf sie zu verzichten, Verfahren für erledigt zu erklären, Geld, Wertsachen und Urkunden, insbesondere auch den Streitgegenstand und die vom Gegner, von der Justizkasse oder von sonstigen Stellen zu erstattenden Beträge entgegenzunehmen sowie Akteneinsicht zu nehmen.“

Zur Begründung des per ELSTER eingereichten Erlassantrages verwies die G… lediglich auf eine taggleich eingereichte zivilrechtliche Klageschrift, mit der die Klägerin vor dem Landgericht C… Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland sowie gegen das Land C… erhoben hatte. In jenem Zivilprozess machte die Klägerin Schadensersatzansprüche auf Ersatz eines Schadens aus bestandskräftiger Festsetzung der Umsatzsteuern für 2010 bis 2012 nebst Zinsen und Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 2.781.179,47 und aus Rechtsverfolgungskosten in Höhe von mindestens EUR 192.073,87 geltend.

Mit Bescheid vom 22.3.2023 lehnte der Beklagte auch diesen zweiten Erlassantrag ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass sich aus der eingereichten zivilrechtlichen Klageschrift kein Erlassgrund ergebe. Diesen Ablehnungsbescheid vom 22.3.2023 adressierte der Beklagte an die D… GmbH und übersandte ihn per einfacher Post.

Die D… GmbH leitete den Bescheid erst am 17.4.2023 per Fax an die hier Bevollmächtigte weiter, die sodann erst mit Schreiben vom 11.5.2023 gegen diesen Ablehnungsbescheid Einspruch beim Beklagten einlegte und „vorsorglich“ auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist stellte.

Zur Begründung trug die Klägerin vor, die Einspruchsfrist habe wegen unwirksamer Bekanntgabe erst am 17.5.2023, einen Monat nach tatsächlicher Kenntniserlangung der G… vom Ablehnungsbescheid, geendet. Entgegen der zusammen mit dem Erlassantrag beim Finanzamt eingereichten gegenständlich begrenzten Vollmacht der Kanzlei G… sei der Ablehnungsbescheid nicht an die G…, sondern an die D… GmbH adressiert worden. Diese habe mit dem Billigkeitsantrag nichts zu tun gehabt. Das Verfahren sei ihr auch nicht bekannt gewesen. Der G… sei der Bescheid erst am 17.4.2023 als Scan übermittelt und bekannt geworden. Die Bekanntgabe gegenüber der D… GmbH sei mangels Bekanntgabe gegenüber dem Bevollmächtigten mit Empfangsvollmacht nach § 122 Abs. 1 Satz 4 Abgabenordnung – AO – unwirksam. Die G… sei für das mit dem Billigkeitsantrag eingeleitete Verwaltungsverfahren als Empfangsbevollmächtigte benannt, und zwar als alleinige Empfangsbevollmächtigte. Sei ein besonderer alleiniger Empfangsbevollmächtigter benannt, verstoße es gegen § 122 Abs. 1 Satz 4 AO, den entsprechenden Verwaltungsakt ausschließlich einem allgemein zur Entgegennahme von Verwaltungsakten ermächtigtem Steuerberater bekanntzugeben. Die Bekanntgabe dem allgemeinen Steuerberater, hier der D… GmbH, gegenüber sei deswegen unwirksam und werde für Zwecke des Fristlaufs erst bei Weiterleitung an den besonders Bevollmächtigten bewirkt. Der Beklagte habe mit der Bekanntgabe an die D… GmbH sein Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt.

Die vorsorglich beantragte Wiedereinsetzung begründete die G… im Wesentlichen damit, ein Verschulden an dem vermeintlichen Fristversäumnis falle ihr und damit auch der Klägerin nicht zur Last, weil attestierte gesundheitliche Probleme des Rechtsanwalts H… (kognitive Störungen infolge Überlastung), außerdem die nichtsteuerrechtliche, sondern kartellrechtliche Fachkunde des als Partner bei G… agierenden Rechtsanwalts I… sowie schließlich das Fehlen jeglicher Assistenzmitarbeiter bei der G… im streitgegenständlichen Zeitraum solche Einzelfallumstände darstellten, bei denen ein Verschulden an dem Fristversäumnis keinem der Beteiligten vorgeworfen werden könne.

Rechtsanwalt H… übermittelte im Einspruchsverfahren am 13.7.2023 per ELSTER unter Angabe der Steuernummer der Klägerin drei weitere Schriftsätze aus dem Zivilprozess am Landgericht C…, die der Begründung des Einspruchs im Verfahren über den Billigkeitserlass in der Sache dienen sollten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30.8.2023, zugestellt gegen Empfangsbekenntnis am 9.10.2023, an die G…, verwarf der Beklagte den Einspruch als unzulässig, nämlich als verfristet ab und lehnte den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist ab. Zur Begründung trug er vor, ihm sei bei zwei vorliegenden Empfangsvollmachten kein Fehler bei der pflichtgemäßen Ermessensausübung zur Entscheidung der Frage, an wen der Ablehnungsbescheid zu adressieren gewesen sei, unterlaufen. Der Beklagte habe sich für die D… GmbH entschieden, da diese nicht nur für die laufende steuerliche Beratung der Klägerin zuständig gewesen sei, sondern weil in der auf die D… GmbH ausgestellten Vollmacht aus dem Jahr 2010 bestimmt worden sei, dass im Festsetzungsverfahren Steuerbescheide und alle sonstigen Verwaltungsakte „ausschließlich“ dem Bevollmächtigten, also der D… GmbH, bekanntgegeben werden sollen und diese Empfangsvollmacht auch für alle Schriftstücke im Erhebungsverfahren gelten sollte. Entgegen der Auffassung der G… im Einspruchsverfahren sei der auf sie ausgestellten, verfahrensspezifischen Vollmacht weder zu entnehmen gewesen, dass durch die auf sie lautende Vollmacht eine Einschränkung der von der Klägerin auf die D… GmbH erteilte Vollmacht erfolgen sollte, noch sei der Vollmacht für die hier Bevollmächtigte zu entnehmen gewesen, dass in der vollmachtsgegenständlichen Angelegenheit Bekanntgaben oder Zustellungen ausschließlich gegenüber der hier Bevollmächtigten bewirkt werden sollten. Unter Einbeziehung der 3-Tages-Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO sei die Einspruchsfrist deswegen am 27.4.2023 abgelaufen. Der am 11.5.2023 eingegangene Einspruch sei also zu spät eingelegt worden.

Einer Wiedereinsetzung stehe das Verschulden der Vertreter der Klägerin entgegen; denn zumindest die D… GmbH hätte sicherheitshalber unter Wahrung ihrer Sorgfaltspflichten Einspruch innerhalb der Frist einlegen müssen. Zudem sei trotz der gesundheitlichen Probleme nicht nachvollziehbar, warum die hier Bevollmächtigte in den zehn Tagen zwischen 17.4.2023 und 27.4.2023 nicht in der Lage gewesen sein soll, den Einspruch zumindest fristwahrend ohne Begründung bis zum 27.4.2023 einzulegen. Eine hohe Arbeitsbelastung sei jedenfalls ebenso wenig als Wiedereinsetzungsgrund tauglich wie der Vortrag zu punktuellen Gesundheitsbelastungen, zumal der Partner des erkrankten Rechtsanwalts H…, also der Rechtsanwalt I…, für die Etablierung eines fristenwahrenden Systems verantwortlich gewesen sei, weil er spätestens seit Ende 2022 gewusst habe, welche Unsicherheiten der Gesundheitszustand von Rechtanwalt H… für die Fristenwahrung verursacht habe. Schließlich sei auf der Netzwerkwebsite „…“ ersichtlich, dass für die Kanzlei der Bevollmächtigten seit 2021 ein Herr J… gearbeitet habe, der aus Sicht des Beklagten auch in der Lage gewesen sein sollte, den Einspruch fristwahrend einzulegen.

Hiergegen hat die Klägerin am 8.11.2023 Klage beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg unter Beifügung der Einspruchsentscheidung erhoben, wobei in der Klageschrift das Finanzamt K… als Beklagter angegeben worden ist. In der Klageschrift hat die Bevollmächtigte einen isolierten Aufhebungsantrag gegen die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 30.8.2023 angekündigt.

In der Sache begründet sie die Klage damit, dass Herr J… bereits seit dem 31.12.2021 nicht mehr bei der Bevollmächtigten arbeite, und hat zum Nachweis die Kündigung sowie sozialversicherungsrechtliche Abmeldung vorgelegt. Zudem sei bereits in der zum umsatzsteuerlichen „Agio“ 2012 an E… PartG ein konkludenter Teilwiderruf der allgemeinen Vollmacht für die D… GmbH zu erkennen, so dass die Vollmacht für die D… GmbH insofern nicht mehr bestanden habe. Zudem sei selbst bei fortbestehender allgemeiner Vollmacht für die D… GmbH die Bekanntgabe an diese in Kenntnis der verfahrensspezifischen Vollmacht für die hier Bevollmächtigte ermessensfehlerhaft; denn eine Behörde müsse die Entscheidung des Steuerpflichtigen, spezifischen rechtsanwaltlichen Sachverstand in einem bestimmten Verfahrensabschnitt hinzuzuziehen, bei mehreren vorliegenden Vollmachten auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht bei der Auswahl des Bekanntgabeadressaten willkürfrei reflektieren.

Schließlich sei der Ablehnungsbescheid vom 22.3.2023 auch nicht hinreichend bestimmt, so dass er nichtig sei. An Bestimmtheit mangele es dem Bescheid, wo er im Verfügungsteil „Ihren Antrag“ ablehne, wobei die D… GmbH gar keinen Antrag für die Klägerin gestellt habe. Diesen habe ausschließlich die hier Bevollmächtigte für die Klägerin gestellt.

Eine weitere Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ist angekündigt, aber nicht eingereicht worden.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 30.8.2023 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er darauf, dass es nicht ermessensfehlerhaft sei, wenn ein Finanzamt der ausdrücklichen und nicht widerrufenen allgemeinen Empfangsvollmacht für eine Steuerberatungsgesellschaft mehr Gewicht beimesse als einer verfahrensspezifischen Vollmacht an eine Rechtsanwaltskanzlei. Der Einwand gegen die Bestimmtheit des Ablehnungsbescheides verfange nicht, weil es sich weder um einen Antrag der D… GmbH noch um einen Antrag der Bevollmächtigten gehandelt habe, sondern um einen Antrag der von beiden einzeln und getrennt voneinander vertretenen Klägerin.

Für weitere Einzelheiten verweist der Senat auf die Gerichtskate sowie die beigezogene Steuerakte (1 Bd. Rb.-Akte, 1 Heftung von Kopien aus der Akte zum ersten Erlassantrag Umsatzsteuer 2010 bis 2012).

Entscheidungsgründe

I. Der Senat legt die Klage als Klage gegen den hier rubrizierten Beklagten aus; denn trotz der ersichtlichen Falschbezeichnung des beklagten Finanzamts im Rubrum der Klageschrift ist durch den angekündigten Antrag sowie die beigefügte Einspruchsentscheidung unter Beachtung des Gebots rechtsschutzmaximierender Auslegung hinreichend erkennbar gewesen, dass Klage gegen das hier rubrizierte Finanzamt L… erhoben werden sollte.

II. Die so verstandene Klage hat Erfolg.

1. Sie ist als isolierte Anfechtungsklage gegen die Einspruchsentscheidung zulässig. Die isolierte Anfechtung der Einspruchsentscheidung ist ausnahmsweise zulässig, wenn der Einspruch als unzulässig verworfen wurde (BFH, Beschluss vom 20.2.2018 – XI B 129/17 –, Rn. 23 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, weil die Klägerin durch das Begehren der isolierten Aufhebung der den Einspruch als unzulässig verwerfenden Einspruchsentscheidung den Wiedereintritt in die Sach- und Rechtsprüfung des Einspruchsverfahrens zu erreichen versucht.

2. Die Klage ist auch begründet; denn die Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Einspruch vom 11.5.2023 ist zur Überzeugung des Senats innerhalb der Einspruchsfrist eingelegt worden. Der Einspruch war deswegen – unabhängig vom hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag – zulässig. Die demgegenüber den Einspruch als unzulässig verwerfende Einspruchsentscheidung ist deswegen aufzuheben.

Die Frist zur Einlegung eines Einspruchs beträgt einen Monat (§ 355 Abs. 1 Satz 1 AO). Diese Monatsfrist beginnt mit der wirksamen Bekanntgabe (§§ 122, 124 Abs. 1 Satz 1 AO) des angefochtenen Verwaltungsakts (§ 355 Abs. 1 Satz 1 AO), die zur Überzeugung des Senats hier erst am 17.4.2023 mittels Heilung bei tatsächlicher Kenntnisnahme durch die hier bevollmächtigte G… eintrat.

a) Ein Verwaltungsakt wird gemäß § 124 Abs. 1 AO gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, indem er ihm bekannt gegeben wird.

Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt grundsätzlich demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist. Gemäß § 122 Abs. 1 Satz 3 AO kann der Verwaltungsakt auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll sogar nach § 122 Abs. 1 Satz 4 AO dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Abs. 7 AO bekannt gegeben worden ist. Gibt das Finanzamt einen Verwaltungsakt dem Steuerpflichtigen bekannt, obwohl es ihn nach der in Satz 4 vorgesehenen Ermessensreduktion dem Bevollmächtigten hätte bekannt geben müssen, ist die Bekanntgabe nach ständiger Rechtsprechung zunächst mit der Folge unwirksam, dass die Einspruchsfrist nicht zu laufen beginnt. Der Bekanntgabemangel wird erst analog § 8 VwZG durch Weiterleitung an den Empfangsbevollmächtigten geheilt (vgl. Klein, AO, 17. Aufl., 2023, § 122, Rz. 48 m.w.N.).

b) Der Fall, dass mehrere Bevollmächtigte schriftlich zum Empfang von Verwaltungsakten legitimiert sind, ist in § 122 Abs. 1 Satz 3 oder 4 AO über die Grundregel hinaus, dass auch in diesem Fall ein Verwaltungsakt zumindest einem der beiden schriftlich Bevollmächtigten und nicht etwa dem Steuerpflichtigen selbst bekannt zu geben ist, nicht ausdrücklich geregelt.

Aus Sicht des erkennenden Senats hatte der Beklagte deswegen bei der Frage, welchem Bevollmächtigten die Ablehnungsentscheidung bekanntzugeben war, nach allgemeinen Grundsätzen eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung zu treffen, die im finanzgerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt, nämlich auf Ermessensfehler, überprüfbar ist (§ 102 Satz 1 FGO).

Im streitgegenständlichen Sachverhalt ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass der Beklagte mit der Entscheidung, den Ablehnungsbescheid über den Erlassantrag vom 2.1.2023, den die G… für die Klägerin unter Vorlage einer gegenständlich begrenzten Vollmacht vom 29.12.2022 gestellt hatte, an die D… GmbH bekanntzugeben, von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermessensemächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Der Zweck der Ermessensermächtigung in § 122 Abs. 1 Satz 3 AO zur Auswahl zwischen Steuerpflichtigem und Bevollmächtigten als Bekanntgabeadressat besteht ebenso wie der Zweck der hier maßgeblichen Auswahlermessensermächtigung, welchem von mehreren schriftlich Empfangsbevollmächtigten ein Verwaltungsakt bekannt zu geben ist, darin, dass der Finanzbehörde die Möglichkeit gegeben werden soll, den vielfältigen Erscheinungen der Steuerverwaltung als Massenverwaltung im konkreten Fall dadurch Rechnung tragen zu können, dass eine unnötige Aufwandsbindung der Finanzbehörde über das notwendige Maß hinaus bei der Auswahl in Frage kommender Verwaltungsaktsbekanntgabeadressaten vermieden werden soll. Der Regelfall der Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten soll dadurch nicht übermäßig mit dem Risiko verbunden sein, sich einen Mangel der Vertretungsmacht des ausgewählten Empfangsbevollmächtigten entgegenhalten lassen zu müssen.

c) Dieses Auswahlermessen und der genannte dahinterstehende Zweck der Ermessensermächtigung des Beklagten bei der Entscheidung darüber, welchem von zwei Empfangsbevollmächtigten ein Verwaltungsakt bekannt zu geben ist, wird jedoch begrenzt durch die allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen an gesetzmäßiges Verwaltungshandeln, konkret z.B. also durch das Willkürverbot, das Gebot der Kontinuität staatlichen Handelns sowie das Verbot widersprüchlichen Verhaltens.

d) Diese Grenzen hat der Beklagte hier durch die Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides an die D… GmbH aus Sicht des Senats überschritten; denn im Lichte der sich gegenständlich auch auf das hiesige Erlassverfahren beziehenden Empfangsvollmacht für die G… (dazu [1]) und des vorangegangenen, von der Kanzlei F… geführten Erlassverfahrens (dazu [2]) war die Bekanntgabe der Ablehnung im Bescheid vom 22.3.2023 an die D… GmbH hier aus Sicht der Klägerin nicht vorhersehbar (willkürlich) und entsprach auch nicht mehr dem Gebot der Kontinuität staatlichen Handelns.

(1) Nach der am 29.12.2022 erteilten schriftlichen Vollmacht an die auch hier im Klageverfahren bevollmächtigte G… konnten aus Sicht des Senats zum einen keine vernünftigen Zweifel verbleiben, dass die Klägerin im Zusammenhang mit dem spezifischen Themenkreis der Reduzierung der Umsatzsteuer samt Nebenleistungen für die Jahre 2010 bis 2015 die behördliche Entscheidung an die aus ihrer Sicht sachnächste bevollmächtigte G… bekanntgegeben wissen wollte. Die dem Beklagten gegenüber erklärte Bestellung von Empfangsbevollmächtigten als verfahrensrechtliche Willenserklärungen bedürfen der Auslegung. Dabei ist der wirkliche Willen der Vollmachtgeber – hier der Klägerin – bei der pflichtgemäßen Ermessensausübung, an wen ein Verwaltungsakt seitens der Behörde bekannt gegeben wird, ausreichend zu beachten. Im Streitfall erteilte die Klägerin im Jahr 2010 der D… GmbH eine allgemeine steuerliche Vertretungs- und Empfangsvollmacht, die auch für das Erhebungsverfahren gelten sollte. Erkennbar wurde damit der Wille der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt der Vollmachtserteilung, dass Verwaltungsakte und Mitteilungen allgemein nicht ihr bekanntgegeben werden sollen, sondern der D… GmbH. Die Klägerin erteilte jedoch nach Erteilung dieser allgemeinen Empfangsvollmacht am 29.12.2022 zusätzlich eine gegenständlich begrenzte Vollmacht an die G…, die diese dann mit Stellung des klagegegenständlichen Erlassantrags vom 2.1.2023 beim Beklagten einreichte. Die gegenständlich auf die gerichtliche und außergerichtliche Tätigkeit zur Reduzierung der – hier zwischen den Beteiligten unstreitig betroffenen – Umsatzsteuerschuld ab den Jahren 2010 begrenzte Vollmacht umfasste im Rahmen dieses Gegenstands ausdrücklich auch die Befugnis zu sämtlichen Verfahrenshandlungen, u.a. „Zustellungen für die Klägerin zu bewirken und entgegenzunehmen“.

Wenn so dem Beklagten durch die Klägerin als Vollmachtausstellerin und Steuerpflichtige angezeigt wurde, dass die hier im Jahr 2022 wenige Tage vor Stellung des Erlassantrags bevollmächtigte G… zur Reduzierung der Umsatzsteuerschuld umfassend gegenüber Behörden und Gerichten tätig werden soll, ohne dass die Klägerin zur Frage der Auswirkungen auf die allgemeine, bereits im Jahr 2010 – d.h. 13 Jahre zuvor – der D… GmbH erteilten Empfangsvollmacht weiter Stellung genommen hat, konnte dies vom Beklagten nur so verstanden werden, dass für diesen eingegrenzten steuerlichen Gegenstand die jüngere, spezifisch bevollmächtigte Kanzlei – hier die G… – der vorrangige und einzige Ansprechpartner in dieser eingrenzten Sachmaterie für den Beklagten sein sollte.

Der Beklagte durfte deswegen den Klägerwillen auch nur so verstehen, dass auch die behördliche Entscheidung über den von der G… selbst gestellten Erlassantrag, in dessen Vorfeld die jüngere, thematisch eingegrenzte Vollmacht ausgestellt worden war, unmittelbar der hierfür spezifisch Bevollmächtigten – der G… – bekanntzugeben war; denn gerade diese Bevollmächtigte war es, die sich nach dem erkennbaren Willen der Klägerin materiell mit dem Beklagten zu dieser fachspezifisch eingegrenzten Materie auseinandersetzen sollte und mittels Stellung des Erlassantrags mit dieser Auseinandersetzung auch bereits begonnen hatte.

Diese Vorgehensweise entspricht auch dem erkennbaren Willen und mutmaßlichen Interesse der Klägerin; denn die Entscheidung des Beklagten über den gestellten Erlassantrag erhält bei dieser Auslegung unmittelbar derjenige fachkundige Vertreter, der sich mit der steuerrechtlichen Problematik – dem Wunsch und Auftrag der Klägerin entsprechend – auseinandergesetzt hat, und der dadurch auch die Sachnähe hat, die Erfolgsaussichten eines etwaigen Rechtsbehelfs gegen eine womöglich ablehnende Entscheidung abzuschätzen.

(2) Der Beklagte hatte diesen Schluss aus der erteilten Spezialvollmacht zudem erst recht deswegen zu ziehen, weil die Klägerin nicht zum ersten Mal Spezialbevollmächtigte zu ihrer Vertretung beauftragt und bevollmächtigt hatte. So wurde ausweislich der Einspruchsentscheidung auch bereits die am 12.7.2012 für E… PartG ausgestellte Vollmacht zum „Agio“ auf proaktive Nachfrage durch den Beklagten so verstanden, dass in dieser Angelegenheit ausschließlich diese Kanzlei bevollmächtigt sein sollte, die allgemeine Vollmacht darüber hinaus nur für restliche Verfahren Gültigkeit behalten sollte.

Schließlich vermittelte der Beklagte auch im inhaltlich verwandten Erlassverfahren, das zum Klageverfahren 7 K 7208/19 an hiesigem Finanzgericht führte und die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH, Beschluss vom 9.11.2022, Az. V B 27/21) nach sich zog, den Eindruck, dass die Einreichung einer gegenständlich begrenzten Vollmacht durch eine Rechtsanwaltskanzlei zusammen mit einem Erlassantrag dazu führt, dass auch die in einem solchen Erlassverfahren erlassenen Bescheide an diese Rechtsanwaltskanzlei bekanntgegeben werden. In jenem, in den Jahren zuvor geführten Verfahren hatte der Beklagte nämlich trotz vorliegender Allgemeinvollmacht für die D… GmbH nicht an diese, sondern an die Kanzlei F… bekanntgegeben. Einen Sachgrund zur abweichenden Bekanntgabe dort im ersten Erlassverfahren im Vergleich zum späteren, hier nun gegenständlichen Erlassverfahren, in dem die Klägerin von G… vertreten wurde, erkennt das Gericht nicht. Ein hinreichend eindeutiger Sachgrund liegt insbesondere nicht in dem rechts oben auf der Vollmacht für die Kanzlei „F…“ aufgedruckten Stempel zur ausschließlichen Zustellung; denn der Senat ist zur Überzeugung durch Auslegung gelangt, dass dieser stempelartige Zusatz auch das Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen der Zustellung an den Steuerpflichtigen selbst und einer Zustellung an einen Bevollmächtigten an sich meinen kann.

Aus Sicht der Klägerin, die kontinuierliches Verwaltungshandeln und Rücksicht auf vertrauensbildendes Vorverhalten erwarten kann, war deswegen nicht absehbar, dass bei einem kurz nach rechtskräftigem Abschluss dieses älteren Erlassverfahrens fachkundig begleiteten neuen Erlassantrag im Hinblick auf die Bekanntgabe der Entscheidung über den neuen Erlassantrag anders verfahren würde, in dem der Ablehnungsbescheid nun der allgemein bevollmächtigten Steuerkanzlei bekanntgegeben wird, während die fachnähere und fachspezifisch beauftragte Rechtsanwaltskanzlei kein Bekanntgabeadressat mehr sein sollte.

Der Senat hat im Übrigen auch erwogen, ob sich aus der im Jahr 2021 für Zwecke des Klageverfahrens 7 K 6140/21 beim Finanzgericht für die D… GmbH eingereichten Vollmacht aus dem Jahr 2021, die dem Wortlaut der Vollmacht von 2010 entsprach, etwas an seiner gefundenen Überzeugung ändert. Er ist jedoch trotz des ausdrücklichen Hinweises des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vom 18.6.2024 nicht der Ansicht, dass diese Vollmacht eine entscheidungserheblich abweichende Wertung rechtfertigt; denn zum einen wiederholt sie nur den Wortlaut der Vollmacht von 2010, und zum anderen wurde sie zeitlich vor der hier klagegegenständlichen Vollmacht aus dem Dezember 2022 erteilt.

Abschließend weist der erkennende Senat darauf hin, dass es aus seiner Sicht in Fällen, in denen die Wortlautauslegungen der Vollmachten an verschiedene Bevollmächtigte mehrere potentielle Empfangsbevollmächtigte ergeben, in den meisten denkbaren Konstellationen an pflichtgemäßem Ermessen ausgerichtetes Verwaltungshandeln sein dürfte, demjenigen Bevollmächtigten Bescheide über Anträge oder über Einsprüche bekannt zu geben, der selbst auch den Antrag gestellt oder Einspruch eingelegt hatte, ohne dass in der Vollmacht oder dem Antrag selbst der ausdrückliche Hinweis auf den fortbestehenden Willen zur Bekanntgabe an einen anderen Bevollmächtigten aufgenommen wurde.

e) Der Beklagte hat damit nicht durch Absendung der Erlassablehnung vom 22.3.2023 an die D… GmbH die wirksame Bekanntgabe derselben bewirkt; diese ist vielmehr erst in analoger Anwendung von § 8 Verwaltungszustellungsgesetz mit tatsächlicher Kenntnisnahme durch die hier Bevollmächtigte am 17.4.2023 eingetreten, so dass die einmonatige Einspruchsfrist erst am 17.5.2023, und somit zeitlich nach der hier unstreitig erfolgten Einlegung des Einspruchs am 11.5.2023, abgelaufen ist.

f) Die Frage zur Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist oder die Frage nach der Bestimmtheit des Ablehnungsbescheides hat der Senat deswegen mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zu entscheiden.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –. Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO sind vorliegend nicht einschlägig.