Gericht | FG Cottbus 6. Senat | Entscheidungsdatum | 25.09.2023 | |
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Aktenzeichen | 6 K 6003/21 | ECLI | ECLI:DE:FGBEBB:2023:0925.6K6003.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Parteien streiten über die Anwendung des § 15b Einkommensteuergesetz – EStG – auf einen Veräußerungsverlust des Klägers im Veranlagungszeitraum 2009.
Der Kläger war Kommanditist der B… GmbH & Co. KG. Diese wurde am 2. Dezember 2005 unter der Firma C… GmbH & Co. KG gegründet und sollte als Öko-Tech-Fonds fungieren. Das Kommanditkapital der B… GmbH & Co. KG sollte durch die Neuaufnahme von Kommanditisten auf EUR 7,7 Mio. erhöht werden. Der Gesamtaufwand zur Errichtung der Öko-Tech-Anlage wurde auf ca. EUR 19,7 Mio. prognostiziert. Für das Jahr 2007 war lediglich die Bildung einer Rücklage gemäß § 7g EStG in Höhe von EUR 10.000,- geplant.
Am 19. Januar 2007 wurde ein Fondsprospekt für die B… GmbH & Co. KG aufgelegt. In dem Prospekt wurden die steuerlichen Ergebnisse der B… GmbH & Co. KG wie folgt prognostiziert (S. 32 des Fondsprospekts):
Jahr |
steuerliches Ergebnis |
in % vom Eigenkapital |
kumuliert |
2008 |
EUR ./. 2.728.374,- |
./. 35,43 % |
./. 35,43 % |
2009 |
EUR 911.367,- |
11,84 % |
./. 23,60 % |
2010 |
EUR 1.024.608,- |
13,31 % |
./. 10,29 % |
2011 |
EUR 977.948,- |
12,70 % |
2,41 % |
Die Herausgeber des Fondsprospekts gingen davon aus, dass hinsichtlich des geplanten Fonds die Voraussetzungen des § 15b EStG erfüllt seien, weil die Gesellschafter sich an einem vorgefertigten Fondskonzept beteiligten und die prognostizierten Anfangsverluste 10 % der Kommanditeinlagen überstiegen (S. 47 des Fondsprospekts). Dementsprechend wurde im Fondsprospekt unter "Risiken der Beteiligung" unter anderem mit
"Wir weisen an dieser Stelle darauf hin, dass durch die Änderung der Steuergesetzgebung (§ 15b EStG) die prognostizierten anfänglichen Verluste nur noch mit zukünftigen Gewinnanteilen aus derselben Beteiligung verrechenbar sind."
auf entsprechende steuerliche Risiken im Zusammenhang mit einer Beteiligung an der Gesellschaft hingewiesen (S. 13 des Fondsprospekts). Der Senat nimmt Bezug auf die zu den Akten genommene Kopie des Fondsprospekts (Blatt 16 bis 58 der Gerichtsakte).
Der Kläger trat der B… GmbH & Co. KG im Jahr 2007 bei und zeichnete zu diesem Zweck ein Kommanditkapital in Höhe von EUR 350.000,-.
Bedingt durch Verzögerungen des Bauvorhabens wurde das Geschäftsmodell der B… GmbH & Co. KG nicht wie geplant und entsprechend dem in dem Fondsprospekt beschriebenen Projektablauf umgesetzt.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2008 bot die D… GmbH dem Kläger an, seine Kommanditbeteiligung an der B… GmbH & Co. KG zu einem (Fest-)Kaufpreis in Höhe von EUR 52.500,- zu erwerben. Ebenso bot die D… GmbH an, die Beteiligung des Klägers an der E… GmbH & Co. KG, einem Schwesterprojekt der B… GmbH & Co. KG, zu erwerben. Alleingesellschafter der D… GmbH war – und ist – der Kläger; es handelt sich bei der Gesellschaft um eine persönliche Holding-Gesellschaft des Klägers. Geschäftsführer der D… GmbH waren neben dem Kläger Frau F…, Herr G… und Herr H….
In dem Angebot führte die D… GmbH aus, dass er, der Kläger, die Beteiligung aufgrund der aufgetretenen Probleme für nicht erfolgsversprechend halte. Nach Überzeugung von Frau F… und Herrn H…, den Unterzeichnern des Angebots, seien die Chancen zwar gering, jedoch noch vorhanden, und sollten nicht aufgegeben werden. Deswegen schlage man den Kauf der Beteiligung durch die D… GmbH vor. Erläuterungen, wie die D… GmbH den angebotenen Kaufpreis ermittelte, enthielt das Angebotsschreiben nicht. Der Senat nimmt Bezug auf die zu den Akten genommene Kopie des Angebotsschreibens vom 10. Dezember 2008 (Blatt 116 der Gerichtsakte).
Infolgedessen veräußerte der Kläger mit Übertragungsvertrag vom 15. Dezember 2008 seine Kommanditbeteiligung an der B… GmbH & Co. KG ebenso wie die Beteiligung an der E… GmbH & Co. KG zu dem angebotenen Festkaufpreis an die D… GmbH und schied unter Übertragung des Kapitalkontos I, des Kapitalkontos II und des Entnahmekontos entsprechend der schuldrechtlichen Vereinbarung der Parteien zum 1. Januar 2009 aus der Gesellschaft aus. Der Senat nimmt Bezug auf die zu den Akten genommene Kopie des Übertragungsvertrags vom 15. Dezember 2008 (Blatt 120 bis 122 der Gerichtsakte).
Die Eintragung der Sonderrechtsnachfolge der D… GmbH in das Handelsregister der B... GmbH & Co. KG erfolgte am 19. Oktober 2010.
Der Beklagte erließ am 27. April 2011 erstmals für die B… GmbH & Co. KG einen Bescheid über die gesonderte Feststellung und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG für 2009. Der Bescheid stellte für die B… GmbH & Co. KG Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR ./. 13.966,36 fest und wies dem Kläger einen Anteil in Höhe von EUR 0,- zu. Er war mit dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 der Abgabenordnung – AO – versehen.
Am 21. Juni 2011 erließ der Beklagte für 2009 einen Änderungsbescheid nach § 164 Abs. 2 AO, mit dem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der B… GmbH & Co. KG für 2009 auf EUR ./. 331.299,70 festgestellt und dem Kläger einAnteil in Höhe von EUR ./. 297.500,- (davon Veräußerungsgewinn EUR ./. 297.500,-) zugewiesen wurde, die der Beklagte zunächst als ausgleichsfähig behandelte.
Mit Verschmelzungsvertrag vom 6. Oktober 2011 und Zustimmungsbeschlüssen vom 2. Dezember 2011 wurde die B… GmbH & Co. KG durch Übertragung ihres Vermögens unter Auflösung ohne Abwicklung als Ganzes auf die B… GmbH & Co. KG verschmolzen. Die Verschmelzung wurde mit Eintragung in das Handelsregister der E… GmbH & Co. KG am 23. Februar 2012 wirksam.
Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 9. September 2010 fand bei der B… GmbH & Co. KG vom 2. November 2010 bis 17. Mai 2011 eine Betriebsprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 statt. Die Betriebsprüfung kam in dem Betriebsprüfungsbericht vom 10. Juni 2011 zu der Feststellung, dass die Veräußerungsverluste, die für im Jahr 2008 ausgeschiedene Kommanditisten ermittelt wurden, gemäß § 15b EStG lediglich als verrechenbare Verluste festzustellen seien.
Infolgedessen änderte der Beklagte auch die Festsetzung für 2009 und erließ am 31. Oktober 2012 einen weiteren Änderungsbescheid nach § 164 Abs. 2 AO. Der Beklagte berücksichtigte für den Kläger weiterhin einen Veräußerungsverlust in Höhe von EUR 297.500,-, dessen Ausgleichsfähigkeit mit anderen Einkünften des Klägers jedoch nunmehr nach Anwendung des § 15b EStG versagt wurde.
Der Kläger legte am 5. November 2012 fristgerecht Einspruch gegen den Feststellungsbescheid vom 31. Oktober 2012 ein und machte geltend, dass nicht geplante Veräußerungsverluste nicht unter das Abzugsverbot des § 15b EStG fielen. Zwar sei man bereits im Prospekt davon ausgegangen, dass die Gesellschaft in den Anwendungsbereich des § 15b EStG fiele. Die Verlustverrechnungsbeschränkung sei jedoch nur auf laufende Verluste, nicht aber auf Veräußerungsverluste anzuwenden. Ferner würde es sich bei dem realisierten Verlust um einen ungeplanten Verlust handeln, der nicht mehr mit dem Steuerstundungsmodell im Zusammenhang stehen würde. Die Gesellschaft habe seit ihrem Beginn mit Unregelmäßigkeiten zu kämpfen gehabt; bereits im ersten Jahr sei von der ursprünglich geplanten Vorgehensweise abgewichen worden. Man habe sich in den verschiedenen Gesellschaftersitzungen immer wieder an die aktuellen Entwicklungen angepasst und dabei Entscheidungen getroffen, die in dem Prospekt nicht vorgesehen waren. Spätestens ab dem Zeitpunkt der Veräußerung habe kein konzeptgemäßes Handeln mehr vorgelegen. Aufgrund der Veräußerung sei zudem ein Totalverlust eingetreten, durch den er auch wirtschaftlich belastet sei, da er nach dem Verkauf der Beteiligung keine weiteren Einkünfte aus dieser Einkunftsquelle mehr generieren könne. Die Versagung der Ausgleichsfähigkeit des Veräußerungsverlusts sei daher ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip.
Der Beklagte setzte mit Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2020 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der B… GmbH & Co. KG für 2009 auf EUR ./. 331.459,04 herab und dem Kläger einen Anteil in Höhe von EUR ./. 297.659,37 zuwies, dessen Ausgleichsfähigkeit mit anderen Einkünften nach Anwendung des § 15b EStG weiterhin versagt wurde. Im Übrigen wiest er den Einspruch als unbegründet zurück. Die Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 15b EStG sei auch auf eventuelle Veräußerungsgewinne im Sinne von § 16 EStG bei einem Ausscheiden aus der Gesellschaft anzuwenden, da die Vorschrift auf sämtliche Verluste im Zusammenhang mit dem Steuerstundungsmodell anzuwenden sei. Bei der B… GmbH & Co. KG handele es sich um ein solches Steuerstundungsmodell; daran würden auch Unregelmäßigkeiten und ungeplante Störungen bei der Umsetzung des Projekts nichts ändern. Die Vorschrift des § 15b EStG setze nicht voraus, dass der Steuerpflichtige das zugrundeliegende vorgefertigte Konzept kenne oder dass dieses Konzept der Auslöser für die Investitionsentscheidung gewesen sei. Ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip liege nicht vor, da die Norm grundsätzlich nur eine zeitliche Streckung der Ausgleichsfähigkeit der Verluste bewirke. Soweit ausnahmsweise Definitiveffekte durch die Verrechnungsbeschränkung eintreten könnten, sei dies zu Lenkungszwecken und zur Missbrauchsabwehr gerechtfertigt. Es sei ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, volkswirtschaftlich fragwürdige Investitionen unattraktiv zu machen. Dies rechtfertige es, auch endgültige Verluste vom Ausgleich auszuschließen, weil andernfalls die Verlustausgleichsbeschränkung umgangen werden könne.
Der Kläger hat hiergegen am 12. Januar 2021 fristgerecht Klage erhoben. In Vertiefung seines Vorbringens aus dem Einspruchsverfahren macht er geltend, dass er angesichts des Fondsprospekts davon habe ausgehen können, spätestens ab dem vierten Investitionsjahr einen Totalüberschuss zu erzielen. Hätte er nicht mit einem Totalüberschuss gerechnet, hätte er die Investition nicht getätigt, weil von vornherein festgestanden hätte, dass er die steuerlichen Effekte aus einer späteren Verrechnung der nach § 15b Abs. 4 EStG festgestellten Verluste nicht für sich nutzbar machen könne. Die von der erwarteten Leistungsfähigkeit des Unternehmens abweichende tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung insbesondere wegen der ungeplanten Verzögerungen des Bauvorhabens habe zur Folge, dass § 15b EStG nicht auf Verluste anzuwenden sei, die bei der Konzeption des Steuerstundungsmodells nicht abzusehen gewesen seien. Bei der Übertragung der Beteiligung habe es sich um eine Verlustsituation gehandelt, die von der Konzeption des Fonds nicht umfasst gewesen sei. Eine Veräußerung der Beteiligung und die Realisierung eines Veräußerungsverlusts sei nach dem Konzept nicht vorgesehen gewesen; zudem seien für das Jahr 2009 bereits Gewinne erwartet worden. Zwar erfasse der Wortlaut des § 15b EStG sämtliche Verluste unabhängig davon, ob es sich um temporäre oder endgültige Verluste handelt. Allerdings sei eine einschränkende Auslegung in Fällen geboten, in denen ein Steuerpflichtiger bei Ausscheiden aus der jeweiligen Einkunftsquelle einen Veräußerungsverlust tatsächlich wirtschaftlich erleide. Eine Abzugsbeschränkung definitiver Verluste sei systemwidrig und verstoße gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Dabei sei es nicht relevant, ob er seine Beteiligung an die D… GmbH oder einen fremden Dritten veräußert habe. Im Übrigen sei die Verrechnungsbeschränkung der streitgegenständlichen Verluste aus der Veräußerung der Beteiligung schon deswegen abzulehnen, weil § 15b EStG aufgrund seiner systematischen Stellung nicht auf Veräußerungsverluste im Sinne des § 16 EStG anzuwenden sei.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid für 2009 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG vom 31. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2020 hinsichtlich der Feststellung zu § 15b EStG aufzuheben,
2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
3. für den Fall der Klageabweisung die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagt verweist zur Begründung seines Antrags auf die Einspruchsentscheidung. Die Änderung der prognostizierten Ergebnisse der B… GmbH & Co. KG ändere nichts an deren Qualifikation als Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG. Auch unerwartete, nicht vorhersehbare Verluste seien vom Anwendungsbereich der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG erfasst.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Der Senat konnte davon absehen, die weiteren (ehemaligen) Gesellschafter der B… GmbH & Co. KG gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung FGO notwendig zum Verfahren beizuladen.
Wird die Feststellung des nach § 15b Abs. 4 EStG (nur) verrechenbaren Verlusts gemäß § 15b Abs. 4 Satz 5 EStG mit dem Gewinnfeststellungsbescheid verbunden, ist im Fall der Klage eines Gesellschafters gegen diese Feststellung nach § 60 Abs. 3 i. V. m. § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO die Gesellschaft notwendig beizuladen. Im vorliegenden Fall ist die Klagebefugnis der Gesellschaft durch deren liquidationslose Vollbeendigung infolge der Verschmelzung auf die E… GmbH & Co. KG erloschen. Infolgedessen sind grundsätzlich die früheren nicht klagenden Gesellschafter zum Klageverfahren beizuladen, da durch die Vollbeendigung der Gesellschaft ihre durch § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO überlagerte Klagebefugnis wieder auflebt (vgl. Levedag, in: Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 48 Rn. 48) .
Die Beiladung hat jedoch ausnahmsweise zu unterbleiben, wenn die nicht klagenden Gesellschafter unter keinem denkbaren Gesichtspunkt steuerrechtlich betroffen sind (vgl. BFH, Urteil vom 27. November 1990, VIII R 206/84, BFH/NV 1991, 692; BFH, Urteil vom 22.5.1990, VIII R 120/86, BStBl. II 1990, 780). Dies ist vorliegend der Fall, da die übrigen Gesellschafter von einer geänderten Feststellung der verrechenbaren Verluste des Klägers nicht betroffen sind (vgl. BFH, Urteil vom 6. Juni 2019 – IV R 7/16, BStBl. II 2019, 513, zur Beiladung im Fall des § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO).
II. Der angegriffene Feststellungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die bisher lediglich als verrechenbar festgestellten Verluste des Klägers als ausgleichsfähige Verluste festzustellen.
1. Gemäß § 15b Abs. 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt.
Ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b Abs. 1 EStG liegt nach § 15b Abs. 2 EStG vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. Gemäß § 15b Abs. 3 EStG ist § 15b Abs. 1 EStG jedoch nur anzuwenden, wenn innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten und nach dem Konzept auch aufzubringenden Kapitals 10 % übersteigt.
2. Bei der B… GmbH & Co. KG handelt es sich um ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG. Die Qualifizierung als Steuerstundungsmodell ergibt sich bereits aus dem Fondsprospekt der B… GmbH & Co. KG vom 19. Januar 2007 und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
3. Von der Nichtausgleichsfähigkeit sind grundsätzlich sämtliche Verluste des Klägers im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der B… GmbH & Co. KG erfasst. Die Vorschrift des § 15b Abs. EStG bezieht sich ausdrücklich auf „Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell“ ein, mithin auf sämtliche Verluste im Zusammenhang mit der jeweiligen Einkunftsquelle.
a) Entgegen der Ansicht des Klägers sind danach auch Veräußerungsverluste von der Verrechnungsbeschränkung des § 15b EStG erfasst.
Dem steht nicht entgegen, dass § 16 EStG nicht auf § 15b EStG verweist. § 16 EStG regelt die Schlussbesteuerung gewerblicher Gewinne im Zusammenhang mit der Veräußerung oder Aufgabe der in § 16 Abs. 1 EStG bezeichneten Einkunftsquellen; bereits die Formulierung „zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch“ macht deutlich, dass es sich bei den in § 16 EStG geregelten Veräußerungstatbeständen nicht um eine gesonderte Einkunftsart handelt, sondern die daraus erzielten Gewinne (und Verluste) solche aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG sind. Die Verrechnungsbeschränkung des § 15b EStG gilt aufgrund ihrer systematischen Stellung für alle Einkünfte aus Gewerbebetrieb, unabhängig von der zugrundeliegenden Einkunftsquelle, sodass es für eine Anwendung der Verrechnungsbeschränkung keines ausdrücklichen Verweises von § 16 EStG auf § 15b EStG bedarf.
Ferner bestimmt § 15b Abs. 2 Satz 3 EStG für die Definition eines Steuerstundungsmodells als modellhafte Gestaltung zur Erzielung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte im Sinne des § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG ausdrücklich, dass es ohne Belang ist, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. Ist es nach dem Willen des Gesetzgebers für die Annahme eines Steuerstundungsmodells jedoch unerheblich, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen, muss dies erst recht auf der Rechtsfolgenseite für die Anwendung der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b Abs. 1 EStG gelten.
b) Die Anwendung der Verrechnungsbeschränkung des § 15b EStG wird auch nicht ausgeschlossen, weil es sich bei dem Verkauf der Beteiligung an der B… GmbH & Co. KG um eine von der Konzeption nicht umfasste Verlustsituation gehandelt haben soll.
Von der Verrechnungsbeschränkung erfasst sind nicht nur die für die Entscheidung über das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells im Sinne des § 15b EStG maßgeblichen und erwarteten Verluste, sondern alle tatsächlich aus der betroffenen Einkunftsquelle erzielten Verluste. Hierzu gehören die modellhaften Verluste innerhalb der Anfangsphase und auch alle sonstigen Verluste „im Zusammenhang“ mit dem Steuerstundungsmodell. Aus diesem Grund ist es für die Anwendung der Verrechnungsbeschränkung nicht relevant, ob es sich bei den betreffenden Verlusten um ungeplante, d.h. nach der Modellkonzeption nicht vorhergesehene Verluste, handelt (Wacker, in Schmidt, EStG, 42. Aufl. 2023, § 15b Rn. 35; Kaeser, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand 337. Erg.-Lfg. August 2023, § 15b Rn. C7; Hallerbach, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 15b EStG Rn. 22; a.A. Seer, in: Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl. 2023, § 15b Rn. 53a). Für eine Einbeziehung auch ungeplanter Verluste spricht insbesondere der Wortlaut der Norm, da § 15b Abs. 3 EStG die Anwendbarkeit der Verrechnungsbeschränkung nach § 15b Abs. 1 EStG mit einem konditionalen „wenn“ und nicht lediglich mit der Konjunktion „soweit“ anordnet.
Ferner schließt sich der Senat nicht der Auffassung des Klägers an, dass es sich bei den streitgegenständlichen Veräußerungsverlusten um Verluste gehandelt habe, die von der Modellkonzeption nicht vorgesehen waren. Zwar ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass eine (vorzeitige) Veräußerung der Beteiligung an der B… GmbH & Co. KG bei der Konzeption des Steuerstundungsmodells nicht vorgesehen war. Allerdings wurde der Kläger bereits in dem Fondsprospekt vom 17. Januar 2007 darauf hingewiesen, dass es sich bei der prospektierten Investition um ein unternehmerisches Engagement handele, das „zu einer Wertminderung oder sogar zum totalen Verlust des eingesetzten Kapitals führen [könne]“ (S. 10 des Fondsprospekts). Weiterhin wurde der Kläger darauf hingewiesen, „dass eine Veräußerung [der Beteiligung] nicht oder nicht zu einem angemessenen Preis möglich sein kann“ (S. 12 des Fondsprospekts). Mithin war der Eintritt entsprechender (Veräußerungs-)Verluste danach sehr wohl jedenfalls im Sinne einer Vorhersehbarkeit von dem Konzept (mit-)umfasst.
4. Der Beklagte hat infolgedessen den Veräußerungsverlust des Klägers zu Recht als lediglich verrechenbar im Sinne des § 15b Abs. 1 EStG festgestellt.
a) Der Senat kann im vorliegenden Streitfall offen lassen, ob er an seiner Rechtsprechung festhält, wonach im Fall des Definitivwerdens von (Veräußerungs-)Verlusten bei Ausscheiden aus der Einkunftsquelle eine einschränkende Auslegung des § 15b EStG geboten sein kann (vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 2015 – 6 K 6215/12, EFG 2016, 385, aus anderen Gründen aufgehoben durch BFH, Urteil vom 20. Dezember 2018 – IV R 2/16, BStBl. II 2019, 526; a.A. FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 25. Januar 2022 – 3 K 348/17, EFG 2022, 1198; offenlassend für den Fall der Veräußerung FG Hamburg, Urteil vom 20. Februar 2020 – 2 K 293/15, EFG 2020, 713).
b) Im Hinblick auf die Ausgestaltung des § 15b EStG als Lenkungs- und Missbrauchsvermeidungsvorschriften kommt eine einschränkende Auslegung der Vorschrift allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht, in denen der Steuerpflichtige tatsächlich einen endgültigen Verlust erlitten hat.
Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens der Überzeugung, dass im Streitfall ein solcher Ausnahmefall, der eine einschränkende Auslegung des § 15b EStG erforderlich macht, nicht vorliegt.
Zum einen hat der Kläger durch die Veräußerung der Beteiligung an der B… GmbH & Co. KG bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise keinen tatsächlichen Verlust erlitten. Mit der Übertragung der streitgegenständlichen Beteiligung auf die D… GmbH, der persönlichen Holding-Gesellschaft des Klägers, trat keine Verschlechterung der Vermögensposition des Klägers ein. Der Wert der Beteiligung war dem Kläger auch nach der Übertragung weiterhin wirtschaftlich zuzurechnen, da er über seine 100 %ige Beteiligung an der D… GmbH mittelbar weiterhin unverändert an der B… GmbH & Co. KG beteiligt war. Damit wurde der Kläger durch die Übertragung der Beteiligung – ungeachtet der geänderten vermögensrechtlichen Zuordnung – nicht in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Im Ergebnis hat weiterhin ausschließlich der Kläger mittelbar über seine Stellung als Alleingesellschafter der D… GmbH die Chancen und Risiken aus dem Investment in die B… GmbH & Co. KG wirtschaftlich getragen.
Zum anderen hat der Kläger keinen wirtschaftlich nachvollziehbaren Zweck dargelegt, der ihn zu einer Veräußerung der Beteiligung an der B… GmbH & Co. KG an die D… GmbH veranlasst hat. Allein der Umstand, dass Frau F… und Herr H… im Gegensatz zum Kläger nach wie vor an „Projektchancen“ im Zusammenhang mit der Beteiligung geglaubt haben sollen, stellt noch keinen hinreichenden Grund für eine Veräußerung der Beteiligung dar. Den Ausführungen des Klägers und die vorgelegten Unterlagen lassen nicht erkennen, wie sich die angenommenen Chancen darstellten und worauf diese Einschätzung beruhte. Insoweit ist es widersprüchlich, dass der Kläger trotz seiner beherrschenden Stellung bei der D… GmbH als Geschäftsführer und Alleingesellschafter mit dem Erwerb der Beteiligung durch die Gesellschaft einverstanden war, obwohl er gleichzeitig von der fehlenden wirtschaftlichen Perspektive des Projekts überzeugt war.
Insoweit kann der von dem Kläger realisierte Verlust auch nicht als unvorhergesehener Totalverlust angesehen werden. So hatte der Kläger als Verkäufer der Beteiligung einerseits und als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der D… GmbH andererseits maßgeblichen Einfluss auf die Veräußerung und die ihr zugrundeliegenden Konditionen; allein er entschied über das „ob“ und „wie“ einer Veräußerung. Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass er einen Verkauf an die D… GmbH dem Verkauf an einen fremden Dritten vorgezogen habe, hat er nicht dargelegt, dass tatsächlich ein Kaufangebot eines fremden Dritten vorgelegen hat und dies (mit-)ursächlich für seine Veräußerungsabsicht war. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass schon die Höhe des geltend gemachten Verlustes nicht nachvollziehbar ist, da der Kläger nicht erläutert hat, wie der (Fest-)Kaufpreis für die Beteiligung ermittelt wurde.
Im Ergebnis diente die Veräußerung der Beteiligung an der B… GmbH & Co. KG nach Auffassung des Senats somit einzig dem Zweck, steuerliche Verluste aus der Beteiligung zu heben. In diesem Fall verbietet sich jedoch eine einschränkende Auslegung der Vorschrift des § 15b EStG, da andernfalls die vom Gesetzgeber beabsichtigte Missbrauchsvermeidung unterlaufen wird.
III. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, soweit die Ausgleichsfähigkeit von Veräußerungsverlusten begehrt wird, die dem Grunde und der Höhe nach alleine durch den Steuerpflichtigen veranlasst sind, indem er eine Kommanditbeteiligung an eine Kapitalgesellschaft veräußert, deren 100%iger Gesellschafter und (Mit-)Geschäftsführer der Steuerpflichtige ist. Weiterhin weicht der Senat mit seiner Entscheidung nicht von Entscheidungen anderer Gerichte oder des Bundesfinanzhofs ab.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.