Gericht | FG Cottbus 7. Senat | Entscheidungsdatum | 18.10.2023 | |
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Aktenzeichen | 7 K 7031/18 | ECLI | ECLI:DE:FGBEBB:2023:1018.7K7031.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG §, 11 MwStSystRL Art. |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die erstattungsfähig sind, werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird zugelassen, soweit das Verfahren die Umsatzsteuer August 2016 betrifft.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die B… GmbH & Co. KG als Organgesellschaft und der Beigeladene als Organträger (für die Monate August bis Oktober 2016) Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft waren mit der Folge, dass gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter der B… GmbH & Co. KG keine Umsatzsteuer für diesen Zeitraum festgestellt werden kann.
Die B… GmbH & Co. KG ist eine Kommanditgesellschaft, die im Handelsregister des Amtsgerichts C… unter HRA … eingetragen ist. Ihre Komplementärin ist die D… GmbH, deren Anteile der Beigeladene vollständig hält. Dieser ist auch der alleinige Kommanditist der B… GmbH & Co. KG.
Seit August 2015 standen die Grundstücke E…-Straße 10-12, 16 und 18 im Eigentum des Beigeladenen. Die Grundstücke waren zunächst an die B… GmbH & Co. KG vermietet gewesen. Im Jahr 2016 war die B… GmbH & Co. KG noch Mieterin der Nr. 16 (Büro- und Wohnflächen, 1223 m² sowie fünf PKW-Stellplätze, Miete 7.488,00 €/Monat kalt) und der Nr. 18 (zwei Lagerhallen mit 405 m² und 756 m², zusammen 1161 m², und Freifläche 2566 m², Miete 4.464,49 €/Monat kalt).
Für August und September 2016 hatte die Insolvenzschuldnerin Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht, die jeweils Umsatzsteuervergütungen auswiesen, für Oktober 2016 nicht.
Am 29.08.2016 ging beim Amtsgericht C… ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B… GmbH & Co. KG wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ein.
Dieses ordnete mit Beschluss vom 01.09.2016 die vorläufige Verwaltung des Vermögens der B… GmbH & Co. KG an und bestellte den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Nach dem Beschluss waren Verfügungen der Schuldnerin über alle Vermögensgegenstände einschließlich Vermögenswerten oder Rechten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland belegen sind, nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Insolvenzordnung - InsO -). Den Schuldnern der Schuldnerin (Drittschuldnern) wurde verboten, an die Schuldnerin zu zahlen. Weiter ermächtigte das Amtsgericht C… den vorläufigen Insolvenzverwalter, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen. Die Drittschuldner wurden aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten (§ 23 Abs. 1 Satz 3 InsO).
Am 27.10.2016 erließ der Beklagte Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für August und September 2016.
Das Amtsgericht C… eröffnete mit Beschluss vom 01.11.2016 zum Aktenzeichen …/16 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B… GmbH & Co. KG und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.
Dieser teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 25.04.2017 mit, dass er eine Organschaft zwischen der B… GmbH & Co. KG als Organgesellschaft und dem Beigeladenen als Organträger festgestellt habe und widerrief alle im Zeitraum 01.01.2016 bis 31.10.2016 für die Gemeinschuldnerin abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen.
Der Beklagte meldete die Forderungen betreffend Umsatzsteuer August 2016, September 2016 und Oktober 2016 zur Insolvenztabelle an (laufende Nummern 4 bis 6 der Tabelle). Der Kläger erhob gegen diese Forderungen im Prüfungstermin Widerspruch und bestritt die Forderungen in voller Höhe. Der Beklagte erläuterte dazu, dass bei der Berechnung September 2016 die Vorsteuer nicht berücksichtigt sei, weil wegen des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ende August 2016 nicht mehr mit einer Bezahlung der Eingangsrechnungen habe gerechnet werden können. Dies sei in der Steuerberechnung mitgeteilt worden. Die Umsatzsteuervorauszahlung Oktober 2016 sei geschätzt worden, weil die Insolvenzschuldnerin keine Voranmeldung mehr eingereicht habe.
Der Beklagte stellte mit Feststellungsbescheid vom 02.06.2017 diese Forderungen gemäß § 251 Abs. 3 Abgabenordnung - AO - in Verbindung mit § 179 Abs. 1 InsO fest und fügte eine Aufstellung der Forderungen zur Umsatzsteuer 8/16 bis 10/16 (laufende Nummern 4 bis 6 der Tabelle) als Anlage bei.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Diesen begründete er damit, dass zwischen dem Beigeladenen als Organträger und der B… GmbH & Co. KG als Organgesellschaft eine Organschaft bestehe. Er widerrufe alle für die Insolvenzschuldnerin abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen im Zeitraum 01.01.2016 bis 31.10.2016. Eine festgestellte Organschaft sei auch nachträglich noch umzusetzen. Er hielt dabei eine Zustimmung des Organträgers nicht für erforderlich.
Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 18.01.2017, die am 24.01.2018 bei den Bevollmächtigten einging, wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, dass für den Streitzeitraum nicht von einer Organschaft ausgegangen werden könne. Die finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung müsse im Zeitpunkt der Berufung auf die neue Rechtsprechung nach den Urteilen des Bundesfinanzhofes - BFH - und des Gerichtshofes der Europäischen Union - EuGH - zur steuerrechtlichen Organschaft noch gegeben sein. Dies sei nicht der Fall, weil im Jahr 2017 die mögliche Organschaft jedenfalls wegen der Insolvenzeröffnung am 01.11.2016 bereits beendet gewesen sei. Die Anwendung der neuen Rechtsprechung komme darüber hinaus nicht in Betracht, weil es an der nach des Bundesministeriums der Finanzen -BMF-Schreiben vom 26.05.2017 (III C 2-S 7105/15/10002, 2017/0439168, Bundessteuerblatt - BStBl. - I 2017, 790) erforderlichen Zustimmung des Organträgers, des Beigeladenen, fehle. Aus der neuen Rechtsprechung des BFH und des EuGH (BFH, Urteile vom 02.12.2015 - V R 25/13, BStBl. II 2017, 547 und vom 19.01.2016 - XI R 38/12, BStBl. II 2017, 567; EuGH, Urteil vom 16.07.2015 - C-108/14 und C-109/14 - Larentia + Minerva, Marenave, BStBl. II 2017, 604) ergebe sich, dass auch eine Personengesellschaft ausnahmsweise wie eine juristische Person als eingegliedert im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz - UStG - sein könne. Dementsprechend sei der Umsatzsteueranwendungserlass mit BMF-Schreiben vom 26.05.2017, a.a.O., geändert worden. Diese Änderungen (Nr. 5) seien auf alle Umsätze nach dem 31.12.2018 anzuwenden (und nicht - wie andere Änderungen - in allen offenen Fällen). Eine frühere Anwendung sei nicht zu beanstanden, wenn sich die im Organkreis Beteiligten bei der Beurteilung des Umfangs der umsatzsteuerlichen Organschaft übereinstimmend auf die entsprechenden Regelungen des BMF-Schreibens bezögen. Weiter müssten sämtliche betroffenen Steuerfestsetzungen noch änderbar sein. Daneben sei eine Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers erforderlich, die auch im Zeitpunkt der Berufung auf die Rechtsprechung noch andauern müsse.
Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben.
Es liege für den Zeitraum 01.01.2016 bis 31.10.2016 eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft vor. Die Insolvenzschuldnerin sei finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Beigeladenen eingegliedert. Die steuerlichen Folgen einer umsatzsteuerlichen Organschaft seien grundsätzlich auch für die Vergangenheit zu ziehen, wenn die Organschaft zunächst nicht erkannt worden sei. Bei einer vorliegenden Organschaft komme es weder nach dem Umsatzsteuergesetz noch nach dem Unionsrecht auf die Zustimmung des Organträgers an. Ein Wahlrecht bestehe nicht. Auch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sei die Berufung auf eine Organschaft möglich und zwingend geboten.
Die Komplementärin der B… GmbH & Co. KG sei die D… GmbH, deren Anteile der Beigeladene vollständig halte. Der Beigeladene sei auch der alleinige Kommanditist der B… GmbH & Co. KG (finanzielle Eingliederung).
Die Betriebsgrundstücke der B… GmbH & Co. KG stünden im (Allein-)Eigentum des Beigeladenen, die dieser an die B… GmbH & Co. KG vermiete. Dabei handele es sich um den einzigen Betriebsstandort der B… GmbH & Co. KG und bestehe aus Bürogebäude, Lagerräumen und Montagehallen (wirtschaftliche Eingliederung). Dies reiche auch dann für eine wirtschaftliche Eingliederung aus, wenn es sich nicht um besonders angepasste Grundstücke handele. Die Grundstücke seien für die Erfüllung des Unternehmensgegenstandes der Insolvenzschuldnerin von wesentlicher Bedeutung. An diesem einzigen Betriebsstandort hätten sich erhebliche Vermögenswerte befunden (bei Insolvenzeröffnung bewegliches Anlagevermögen im Wert von rund 196.000,00 €, Warenvorräte im Wert von 200.000,00 €). Die Mietverbindlichkeiten hätten sich auf 42.670,38 € zum 01.10.2016 belaufen. Die wirtschaftliche Betätigung der Grundstücksvermietung stehe in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit der Insolvenzschuldnerin. Die Beteiligung an ihr diene auch dem unternehmerischen Bereich des Beigeladenen als Anteilseigners.
Auch die organisatorische Eingliederung sei gegeben. Die B… GmbH & Co. KG werde durch den Beigeladenen als Geschäftsführer der Komplementärin vertreten. Er habe auch als Alleineigentümer der Betriebsgrundstücke ein absolutes Entscheidungsrecht.
Die umsatzsteuerliche Organschaft habe mit der Übertragung der Grundstücke von Frau F…, der vormaligen Ehefrau des Beigeladenen, an den Beigeladenen am 01.08.2015 begonnen und mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.11.2016 geendet. Damit habe für den Zeitraum 01.01.2016 bis 31.10.2016 eine Organschaft bestanden.
Daher treffe den Organträger die Pflicht zur Abführung der Umsatzsteuer. Gegenüber der Insolvenzschuldnerin dürfe keine Umsatzsteuer festgesetzt werden. Weil diese bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens eigenständig Umsatzsteuervoranmeldungen beim Beklagten eingereicht habe, müsste dies rückgängig gemacht werden. Es bestehe ein Rückforderungsanspruch gegenüber dem Beklagten für den Zeitraum 01.01.2016 bis 31.10.2016 in Höhe von 76.229,22 €. Forderungen zur Tabelle seien für diesen Zeitraum nicht anzumelden oder festzustellen.
Der Beigeladene könne sich nicht auf Vertrauensschutz gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO berufen. Denn die maßgebliche Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 16.07.2015 - C-108/17, C 109/14) und des BFH (Urteil vom 02.12.2015 - V R 25/13, BStBl. II 2017) sei bereits im Jahr 2015, und damit vor Beginn des Streitjahres, ergangen. Daher gebe es auch kein Antragserfordernis, wie dies im Urteil des BFH vom 16.03.2023 (V R 14/21 [V R 45/19]) gefordert werde.
Mit Schriftsatz vom 24.02.2020 hat der Kläger darauf verwiesen, dass Klagegegenstand die Umsatzsteuer für den gesamten Zeitraum 01.01.2016 bis 31.10.2016 sein soll. Auf das Schreiben des Klägers vom 25.04.2017 (Widerruf aller Voranmeldungen für 2016) habe der Beklagte dies mit Schreiben vom 09.08.2017 (Blatt 106 Gerichtsakte) abgelehnt und über alle Streitpunkte eine Einspruchsentscheidung erlassen. Einen diesbezüglichen Antrag stelle er aber nicht.
Der Kläger beantragt,
den Feststellungsbescheid über Umsatzsteuer August bis Oktober 2016 vom 02.06.2017 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 18.01.2017 (eingegangen bei den Bevollmächtigten des Klägers am 24.01.2018) aufzuheben
und die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die in der Einspruchsentscheidung niedergelegten Gründe und schließt sich der Argumentation des Beigeladenen an.
Darüber hinaus habe die Organschaft mit der Bestellung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt geendet, spätestens also zum 01.09.2016.
Er halte an dem Zustimmungserfordernis des potenziellen Organträgers fest.
Zu den Voranmeldungen für die Monate Januar 2016 bis Juli 2016 sei bislang keine Antragsablehnung in Bezug auf die beantragte Organschaft ergangen. Dem zur Folge habe es auch kein Einspruchsverfahren mit einer Einspruchsentscheidung gegeben. Das vom Kläger genannte Schreiben vom 09.08.2017 sei nur eine Anhörung und keine Entscheidung gewesen. Die Einspruchsentscheidung vom 18.01.2017, eingegangen beim Bevollmächtigten des Klägers am 24.01.2018, betreffe nur den Feststellungsbescheid vom 02.06.2017 und damit den Zeitraum August bis Oktober 2016.
Intern habe er, der Beklagte, eine Umsatzsteuerveranlagung für das Jahr 2016 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfasst, aufgrund der strittigen Frage der umsatzsteuerlichen Organschaft im hiesigen Klageverfahren.
Er halte eine Klageerweiterung für nicht möglich.
Der Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung beruft er sich darauf, dass er einer Organschaft nie zugestimmt habe.
Die Voraussetzungen für das Bestehen einer Organschaft hätten im Streitzeitraum nicht bestanden. Es handele sich bei der Insolvenzschuldnerin nicht um eine juristische Person im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, sondern um eine nicht rechtsfähige Personengesellschaft. Die Überleitungsvorschrift besage, dass erst bei Umsätzen nach dem 31.12.2018 eine Personengesellschaft - unter weiteren Voraussetzungen - als Organgesellschaft behandelt werde. Für den davor liegenden Zeitraum gelte dies nur dann, wenn sich alle am Organkreis Beteiligten bei der Beurteilung des Umfangs der umsatzsteuerlichen Organschaft übereinstimmend auf die entsprechenden Regelungen des BMF-Schreibens berufen würden. Dies sei vorliegend nicht der Fall.
Er werde sich gegenüber einem Steuerbescheid, mit dem er als Organträger in Anspruch genommen werden sollte, auf die Billigkeitsregelung im BMF-Schreiben vom 26.05.2017 (BStBl. I 2017, 790) berufen.
Der Kläger sei nicht am Organkreis beteiligt. Denn er habe seine Stellung erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt. Damit sei aber eine Organschaft jedenfalls beendet worden.
Es fehle auch an der wirtschaftlichen Eingliederung der Insolvenzschuldnerin in das Unternehmen des Beigeladenen. Die Rechtsbeziehungen hätten sich in der Vermietung der Grundstücke E…-Straße 10 - 12, 16 und 18 in G… erschöpft. Weitere Gegenstände seien nicht vermietet worden. Diese Grundstücke seien gewöhnliche Gewerbegrundstücke, die mit Standardbürogebäuden und -lagerhallen bebaut worden seien. Diese hätten sich schon bei Erwerb der Grundstücke durch Frau F… in den Jahren 2005, 2006 und 2008 dort befunden. Sie seien nicht besonders für den Betrieb der Insolvenzschuldnerin hergerichtet oder angepasst (nicht für die Umsatztätigkeit der Schuldnerin besonders gestaltet, nicht ihrem Betriebsablauf angepasst und nicht dafür nach Lage, Größe, Bauart und Gliederung besonders zugeschnitten). Die Schuldnerin habe sich mit der Errichtung von Photovoltaikanlagen in größeren Parks beschäftigt und daneben einen Handel mit Materialien und Zubehörteilen betrieben, welche für den Bereich Photovoltaik bei der Errichtung solcher Anlagen benötigt würden. Die von ihr errichteten Anlagen habe sie nicht mehr in Deutschland, sondern europaweit und teilweise auch in Asien und Mittelamerika errichtet. Sie habe zeitweise bis zu 80 Mitarbeiter beschäftigt und Umsätze von bis zu 50 Millionen € jährlich erzielt. Die Grundstücke seien nicht nur an die Insolvenzschuldnerin vermietet worden und würden auch heute an verschiedene Mieter vermietet, wie sich aus den Mietübersichten 2015 bis 2019 ergeben würden.
Das Gericht hat den Beigeladenen mit Beschluss vom 10.04.2019 gemäß § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung - FGO - zum Verfahren beigeladen.
Dem Gericht haben bei der Entscheidung sechs Bände Akten (Vertragsakte, Umsatzsteuer Band 3, Feststellung Band III, Gewerbesteuer Band 3, Betriebsprüfung Veranlagungsstelle Band II, Bilanzakte Band IV des Beklagten zur Steuernummer … sowie drei Heftungen des Beklagten (Heftung 2016, Antrag ustl. Organschaft, Feststellungsbescheid - Einspruch - EE) vorgelegen, die dieser für die B… GmbH & Co. KG und den Kläger führt.
I.
1. Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsbescheides vom 02.06.2017 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 18.01.2017 (eingegangen am 24.01.2018) erhoben. Sie betrifft den Zeitraum August bis Oktober 2016. Nur so ist sie mit der Klageschrift vom 21.02.2018 erhoben worden. Der mit der Klageschrift gestellten Antrag, diesen Bescheid aufzuheben, ist insoweit eindeutig.
2. Der Kläger hat diese Klage auch nicht im Wege der Klageerweiterung auf die Monate Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 erstreckt. Er hat an einer Begehr, auch für diesen Zeitraum eine Entscheidung zu bekommen, nicht festgehalten.
Eine solche Klageerweiterung auf die Monate Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 wäre auch nicht gemäß § 67 FGO statthaft. Zum einen hat sich der Beklagte dagegen ausgesprochen, sodass eine Einwilligung aller Beteiligten zu einer solchen Klageänderung nicht gemäß § 67 Abs. 1 FGO vorliegt.
Sie ist darüber hinaus auch nicht sachdienlich. Denn die erweiterte Klage wäre unzulässig. Zwar ist der Antrag beim Beklagten gestellt. Dieser ist allerdings bis heute nicht abgelehnt worden. Das Schreiben vom 09.08.2017 (Blatt 106 Gerichtsakte), auf das der Kläger Bezug nimmt, ist keine Ablehnung der Aufhebung, sondern lediglich eine Anhörung ohne Regelungsinhalt. Dass diesem Schreiben keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, ist ein Indiz für den fehlenden Regelungsgehalt. Das Schreiben fordert die Zustimmung des potenziellen Organträgers an und gibt damit zu erkennen, dass der Beklagte mit ihm die Ermittlungen eingeleitet und gerade keine Entscheidung über den Antrag des Klägers getroffen hat.
Einen Untätigkeitseinspruch hat der Kläger nicht erhoben, sodass eine Klage (ggf. als Untätigkeitsklage) nicht nach § 46 FGO zulässig sein kann.
II. Die gegen den Feststellungsbescheid vom 02.06.2017 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 18.01.2017 (eingegangen am 24.01.2018) für den Zeitraum August bis Oktober 2016 gerichtete Klage ist zulässig aber unbegründet.
Der Feststellungsbescheid vom 02.06.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. Für den Zeitraum September und Oktober 2016 macht der Beklagte die Umsatzsteuervorauszahlungen zu Recht gegenüber dem Kläger geltend. Denn für diesen Zeitraum ist der Beigeladene aufgrund der durch Beschluss angeordneten vorläufigen Insolvenzverwaltung nicht Organträger zur B… GmbH & Co. KG als Organgesellschaft.
Auch wenn eine Organschaft vorgelegen habe sollte, hätte diese jedenfalls mit dem Beschluss des Amtsgerichts C… vom 01.09.2016 geendet. Denn in diesem ist die vorläufige Verwaltung des Vermögens der B… GmbH & Co. KG angeordnet. Verfügungen der Schuldnerin über alle Vermögensgegenstände einschließlich Vermögenswerten oder Rechten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland belegen sind, waren nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Den Schuldnern der Schuldnerin (Drittschuldnern) wurde verboten, an die Schuldnerin zu zahlen. Weiter ermächtigte das Amtsgericht C… den vorläufigen Insolvenzverwalter, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen. Die Drittschuldner wurden aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten (§ 23 Abs. 1 Satz 3 InsO).
Mit diesem Beschluss hätte die organisatorische Eingliederung - so sie denn bestanden hätte - geendet.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 11 Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - Mehrwertsteuersystemrichtlinie - MwStSystRL - (Amtsblatt 2006 L 347, Seite 1), führt die Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu einer "Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen", für die nach ständiger BFH-Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ein Verhältnis der Über- und Unterordnung zwischen einer Organgesellschaft als "untergeordneter Person" und dem sogenannten Organträger vorliegen muss. Die "Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen" aufgrund der Organschaft hat zur Folge, dass der Organträger als Steuerpflichtiger für alle Organgesellschaften "öffentliche Gelder" als "Steuereinnehmer für Rechnung des Staates" zu vereinnahmen hat, wie der EuGH ausdrücklich entschieden hat (EuGH, Urteile vom 20.10.1993 - C-10/92 - Balocchi, Der Betrieb -DB- 1994, 26, Rn. 25, und vom 21.02.2008 - C-271/06 - Netto Supermarkt, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2008, 508 Rn. 21; BFH, Urteil vom 08.08.2013 - V R 18/13, BStBl. II 2017, 543, Rn. 22, 28 mit weiteren Nachweisen).
Die Eingliederungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG dienen der Feststellung, ob das für die Organschaft erforderliche Über- und Unterordnungsverhältnis besteht. Dabei kommt es insbesondere auf die finanzielle und die organisatorische Eingliederung an.
Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass der Organträger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wahrnimmt, wobei er die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrschen muss. Dies erfordert, dass zwischen Organträger und Organgesellschaft ein Über- und Unterordnungsverhältnis besteht, durch das der Organträger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung auch rechtlich wahrnehmen kann. Nicht ausreichend ist, dass der Organträger bei der Organgesellschaft lediglich eine von seinem Willen abweichende Willensbildung ausschließen kann, da ein derartiges Vetorecht es dem Organträger nicht ermöglicht, die Aufgabe des "Steuereinnehmers" für die Organgesellschaft zu erfüllen. Auch der Grundsatz, dass nicht jede Eingliederungsvoraussetzung gleichermaßen stark ausgeprägt sein muss, rechtfertigt nicht den Verzicht auf das Erfordernis einer Willensdurchsetzung. Daher entfällt, selbst wenn der bisherige Organträger einziger Geschäftsführer der Organgesellschaft bleibt, die organisatorische Eingliederung nach der neueren Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, wenn für die Organgesellschaft ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit allgemeinen Zustimmungsvorbehalt bestellt wird. Da der vorläufige Insolvenzverwalter nicht nur befugt, sondern insolvenzrechtlich sogar verpflichtet ist, Zahlungen der Organgesellschaft an den bisherigen Organträger zu verhindern, entfällt für den Organträger die Möglichkeit, die Organgesellschaft zu beherrschen und die Steuer für die Umsätze aus der Tätigkeit der bisherigen Organgesellschaft als Steuerschuldner und damit als "Steuereinnehmer" zu entrichten (BFH, Urteil vom 08.08.2013 - V R 18/13, BStBl. II 2017, 543, Rn. 28 ff. mit weiteren Nachweisen).
2. Für den Zeitraum August 2016 macht der Beklagte die Umsatzsteuervorauszahlung ebenfalls zu Recht gegenüber dem Kläger geltend. Für diesen Zeitraum kommt es trotz bestehender Organschaft zu einer abweichenden Zuordnung der Umsatzsteuer zur Organgesellschaft.
a) Zwischen dem Beigeladenen als Organträger und der B… GmbH & Co. KG als Organgesellschaft liegt eine umsatzsteuerliche Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG vor. Nach dieser Vorschrift wird eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines Organträgers eingegliedert ist (Organschaft).
b) Die B… GmbH & Co. KG als GmbH & Co. KG ist eine taugliche „juristische Person“ im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG.
Nach Art. 11 MwStSystRL müssen Organgesellschaften Personen sein. Die Eingrenzung auf juristische Personen wie in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG ist dort nicht enthalten. Ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH, nach der der Ausschluss von Unternehmern ohne Rechtspersönlichkeit grundsätzlich richtlinienwidrig ist, es sei denn, dieser diene der Missbrauchsbekämpfung im Sinne des Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL (EuGH, Urteil vom 16.07.2015 - C-108/14 - Larentia + Minerva, C-109/14 - Marenave, BStBl. II 2017, 604 = Deutsches Steuerrecht - DStR - 2015, 1673), ist § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG richtlinienkonform auszulegen und - jedenfalls - Personengesellschaften mit kapitalistischer Struktur wie die GmbH & Co. KG, als „juristische Personen“ in den Anwendungsbereich einzubeziehen (siehe im Einzelnen zur Rechtsprechungsentwicklung des V. und des XI. Senats des BFH: Bunjes/Korn, UStG, 22. Auflage München 2023, § 2 Rn. 173 mit weiteren Nachweisen).
c) Die B… GmbH & Co. KG ist auch gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG in das Unternehmen des Beigeladenen eingegliedert.
Dagegen sprechen keine durchgreifenden Gesichtspunkte des Unionsrechts (vergleiche zum Beispiel BFH, Urteil vom 03.12.2015 - V R 36/13, BStBl. II 2017, 553). Alle drei Merkmale müssen vorliegen, allerdings können sie unterschiedlich ausgeprägt sein, so dass es ausreichen kann, wenn eines der Merkmale weniger in Erscheinung tritt als die anderen (BFH, Urteile vom 03.04.2008 - V R 76/05, BStBl. II 2008, 905; vom 29.10.2008 - XI R 74/07, BStBl. II 2009, 256; vom 12.10.2016 - XI R 30/14, BStBl. II 2017, 597).
Im Streitfall war die B… GmbH & Co. KG im August 2016 finanziell und organisatorisch in das Unternehmen des Beigeladenen eingegliedert. Dieser war Alleingesellschafter ihrer Komplementärin und ihr alleiniger Kommanditist. Zusätzlich war er der Geschäftsführer der Komplementärin und damit auch die zur Geschäftsführung bei der B… GmbH & Co. KG berufene Person. Damit konnte der Beigeladene sowohl auf Gesellschafterebene als auch bei der Geschäftsführung direkt seinen Willen unmittelbar durchsetzen und war zudem insgesamt der finanziell an der Organgesellschaft Beteiligte.
Eine stärkere finanzielle und organisatorische Eingliederung ist nicht möglich, so dass es für die wirtschaftliche Eingliederung ausreicht, wenn zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung vorhanden ist. Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen lediglich aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fördern und ergänzen, so dass das Bestehen von mehr als nur unerheblichen Beziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft ausreicht und die Organgesellschaft nicht wirtschaftlich vom Organträger abhängig sein muss. Auf ein bestimmtes Mindestumsatzverhältnis kommt es nicht an (BFH, Urteile vom 03.04.2003 - V R 63/01, BStBl. II 2004, 434; vom 29.10.2008 - XI R 74/07, BStBl. II 2009, 256; Beschluss vom 18.03.2010 - V B 57/08, BFH/NV 2010, 1312 jeweils mit weiteren Nachweisen). Die wirtschaftliche Eingliederung ist jedenfalls bei einer ausgeprägten finanziellen und organisatorischen Eingliederung zu bejahen, wenn überlassene Wirtschaftsgüter für die Organgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung sind, was nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu entscheiden ist (BFH, Beschluss vom 13.05.2008 - XI B 195/07, BFH/NV 2008, 1543; Finanzgericht - FG - Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.11.2018 - 7 K 7123/16, juris; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.05.2021 - 1 K 1803/19, Mehrwertsteuerrecht - MwStR - 2022, 718 mit weiteren Nachweisen). Andererseits fehlt es an der wirtschaftlichen Eingliederung, wenn den entgeltlichen Leistungen des potenziellen Organträgers für die Unternehmenstätigkeit des abhängigen Unternehmens nur unwesentliche Bedeutung zukommt und die Leistungen nicht ein gewisses wirtschaftliches Gewicht haben (BFH, Urteil vom 20.08.2009 - V R 30/06, BStBl. II 2010, 863, wobei der BFH insoweit auch auf die Höhe der Umsätze abstellt; Urteil vom 07.07.2011 - V R 53/10, BStBl. II 2013, 218). Unerheblich ist, ob die Organgesellschaft die Leistungen des Organträgers ohne weiteres auch von einem anderen Anbieter beziehen könnte (Bunjes/Korn, UStG, 22. Auflage München 2023, § 2 Rn 210 mit weiteren Nachweisen).
Die hier vom Beigeladenen an die B… GmbH & Co. KG vermieteten Grundstücke reichen für die Annahme einer wirtschaftlichen Eingliederung aus. Zwar handelt es sich nicht um besonders auf den Betriebsablauf der B… GmbH & Co. KG zugeschnittene oder angepasste Grundstücke. Allerdings dienen diese Grundstücke der B… GmbH & Co. KG als Betriebsgrundstücke. Für die Büro- und Lagertätigkeiten ist diese auch auf entsprechende Grundstücke angewiesen. Zudem handelt es sich angesichts der monatlichen Mietforderungen auch nicht um unbedeutende Grundstücke. Bei der B… GmbH & Co. KG fielen monatliche Verbindlichkeiten aus Mieten gegenüber dem Beigeladenen in Höhe von mehr als 14.000,00 € an (5.312,74 € + 8.910,72 €, siehe Blatt 68 Gerichtsakte).
d) Dennoch kommt eine Aufhebung der Umsatzsteuerfestsetzung (Anmeldung zur Tabelle) gegenüber dem Kläger in Bezug auf die B… GmbH & Co. KG für August 2016 nicht in Betracht.
Zwar kann sich der Beigeladene insoweit nicht auf § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO berufen, weil für das Streitjahr 2016 in Bezug auf die Anwendung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG auf Personengesellschaften keine Rechtsprechungsänderung vorliegt. Das maßgebliche Urteil des EuGH ist bereits aus dem Jahr 2015 und war auch schon im Jahr 2015 veröffentlicht, wenn auch nicht im Bundessteuerblatt (EuGH, Urteil vom 16.07.2015 - C-108/14 - Larentia + Minerva, C-109/14 - Marenave, BStBl. II 2017, 604 = DStR 2015, 1673). Auch die Folgeurteile des BFH sind vor dem streitigen Zeitraum August 2016 ergangen (BFH, Urteile vom 19.01.2016 - XI R 38/12, BStBl. II 2017, 567 = BFH/NV 2016, 706 u.a., und vom 01.06.2016 - XI R 17/11, BStBl. II 2017, 581 = BFH/NV 2016, 1410 u.a.). Insoweit liegt eine Änderung der Rechtsprechung für den maßgeblichen Zeitraum nicht vor.
Die Berufung auf die neue Rechtsprechung ist aber für die Organgesellschaft nur möglich, wenn dies entweder auch vom Organträger gewollt wird oder wenn dieser dazu gezwungen werden kann. Dies ist allerdings nicht der Fall.
Denn eine Organschaft, die als ein Steuerpflichtiger behandelt wird, ist nach dem Grundsatz des "venire contra factum proprium", einem Ausfluss von Treu und Glauben, gehindert, mit einem Teil (Organträger) nach der bisherigen Rechtsprechung - keine Organschaft mit einer Personengesellschaft als Organgesellschaft - und mit dem anderen Teil (Organgesellschaft) nach der neuen Rechtsprechung - Personengesellschaft als taugliche Organgesellschaft - besteuert zu werden. Die neue Rechtsprechung kann nur für die gesamte Organschaft angewandt werden. Die Aufhebung der gegenüber der Organgesellschaft ergangenen Bescheide setzt daher den Antrag des Organträgers auf Änderung der gegenüber ihm erfolgten Festsetzung voraus (BFH, Urteile vom 26.08.2021 - V R 13/20, BFH/NV 2021, 1537 und vom 16.03.2023 - V R 14/21 (V R 45/19), DStR 2023, 766; anderer Ansicht FG Münster, Urteil vom 02.11.2021 - 15 K 2736/18 U, Entscheidungen der FG - EFG - 2022, 193, Revision XI R 34/21 als unzulässig verworfen) oder zumindest dessen Zustimmung mit diesem Verfahren.
Die Entscheidung darüber, ob für die Organschaft eines Organträgers mit einer Personengesellschaft die neue Rechtsprechung (Personengesellschaft geeignete Organgesellschaft) oder die alte Rechtsprechung (nur juristische Personen sind geeignete Organgesellschaften) als Beurteilung herangezogen werden soll, obliegt nach der Struktur einer Organschaft dem Organträger. Denn dieser ist der Unternehmer, in dessen Unternehmen die Eingliederung der Personengesellschaft erfolgt. Darüber hinaus kann eine Organschaft nur vorliegen, wenn jemand, der potenzielle Organträger, seinen Willen auch bei der potenziellen Organgesellschaft durchsetzen kann (Ausfluss der organisatorischen Eingliederung).
Der Organträger kann diese Entscheidung, nach der alten Rechtsprechung zur Tauglichkeit einer Personengesellschaft als Organgesellschaft behandelt zu werden, auch für seine eigene Umsatzsteuerfestsetzung für bis zum 31.12.2018 erzielte Umsätze durchsetzen. Denn nach dem BMF-Schreiben vom 26.05.2017 (BStBl. I 2017, 790), an das die Finanzverwaltung gebunden ist, ist die Eingliederung einer Personengesellschaft in das Unternehmen des Organträgers erst für Umsätze verbindlich, die nach dem 31.12.2018 erzielt worden sind (Anwendungsregelung unter III. Rn. 3 des BMF-Schreibens vom 26.05.2017, a.a.O.). Eine frühere Anwendung ist danach nicht zu beanstanden, wenn sich alle am Organkreis Beteiligten bei der Beurteilung des Umfangs der umsatzsteuerlichen Organschaft übereinstimmend auf die entsprechenden Regelungen dieses Schreibens berufen und soweit sämtliche betroffenen Steuerfestsetzungen der Beteiligten noch änderbar sind.
Der Beigeladene als potenzieller Organträger hat weder seiner Behandlung als Organträger zugestimmt noch einen entsprechenden Antrag gestellt. Er hat stattdessen ausdrücklich mitgeteilt, dass er sich auch gegen eine entsprechende Änderung seiner Umsatzsteuerfestsetzung für 2016 zur Wehr setzen werde. Unter diesen Umständen ist die Finanzverwaltung dem Beigeladenen gegenüber daran gebunden, ihn nicht in Bezug auf die B… GmbH & Co. KG für Umsätze vor dem 01.01.2019 als Organträger zu behandeln. Denn die im BMF-Schreiben vom 26.05.2017, a.a.O., enthaltene Anweisung, die Änderung der Rechtsprechung zur Behandlung einer Personengesellschaft als Organgesellschaft erst für Umsätze nach dem 31.12.2018 zwingend anzuwenden, stellt die Anweisung einer Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO gegenüber dem potenziellen Organträger dar (BFH, Urteil vom 12.02.2020 - XI R 24/18, BStBl. II 2022, 191, Rn. 26 ff.). Das Ermessen zur Anwendung dieser Billigkeitsmaßnahme seitens der Finanzverwaltung ist angesichts der unbedingten Anweisung im BMF-Schreiben, so zu handeln, auf Null reduziert, so dass der Beigeladene die Anwendung ggf. auch gerichtlich durchsetzen könnte.
Dies sperrt, dass sich der Kläger für die B… GmbH & Co. KG auf eine Organträgerschaft des Beigeladenen berufen kann, weil eine Organgesellschaft nicht einseitig als solche behandelt werden kann, ohne dass dies für den potenziellen Organträger ebenfalls gilt. Denn für eine Organschaft ist einheitlich zu beurteilen, wer welche Rolle innerhalb der Organschaft einnimmt. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Organschaft wie ein Steuerpflichtiger behandelt wird und eine Aufteilung der Besteuerung zwischen Organgesellschaft und Organträger nicht möglich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 4 FGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden dem Kläger aus Billigkeit auferlegt. Denn der Beigeladene hat einen Antrag gestellt und den obsiegenden Beteiligten (den Beklagten) durch eine umfassende Begründung unterstützt.
Die Revision wird für August 2016 nach § 115 Abs. 2 FGO zugelassen und im Übrigen nicht zugelassen. Es ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden, ob in Fällen, in denen ein Vertrauensschutz gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO nicht eingreift, die Beurteilung der Zugehörigkeit der Organgesellschaft zur Organschaft dieser gegenüber und dem Organträger gegenüber einheitlich erfolgen muss.
Rechtsmittelbelehrung
I. Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu, soweit diese zugelassen ist.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Sie muss ferner die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich eine Rechtsverletzung durch das Urteil ergibt; soweit Verfahrensmängel gerügt werden, muss sie auch die Tatsachen angeben, aus denen sich der Mangel ergibt.
Bei der Einlegung und Begründung der Revision vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst oder durch entsprechend befähigte Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.egvp.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier finden Sie auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens.
Nach Maßgabe von § 52d FGO sind Rechtsanwälte, Behörden und die übrigen in dieser Vorschrift genannten Personen verpflichtet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln.
II. Die Revision ist teilweise nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.
Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst oder durch entsprechend befähigte Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
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