Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 13.05.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 S 104.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 80 Abs 2 Nr 4 VwGO, § 80 Abs 3 S 1 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 146 Abs 4 S 1 VwGO, § 146 Abs 4 S 6 VwGO, § 2 Abs 1 BauO BB, § 74 Abs 1 BauO BB, § 54 Abs 1 NatSchG BB, KönigsHavelLSchGebV BB |
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 6. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 500 EUR festgesetzt.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 14. Oktober 2010 abgelehnt hat, ist nicht aus den vom Antragsteller dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, zu beanstanden.
Zu Unrecht beanstandet der Antragsteller, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO dem in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO geregelten Begründungserfordernis nicht genüge. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, erschöpft sich die Begründung nicht in einer Wiederholung der Begründung der Anordnungen des Grundverwaltungsakts, sondern enthält darüber hinaus u.a. den Hinweis auf eine negative Vorbildwirkung. Weiterer Ausführungen hierzu bedurfte es nach Lage der Dinge nicht, da es sich angesichts der dem Senat aus einer Vielzahl von Verfahren bekannten Neigung auch anderer Grundstückseigentümer, im Uferbereich des Groß Glienicker Sees Absperrungen zu errichten, ohne weiteres aufdrängt, dass ohne die sofortige Beseitigung der vom Antragsteller angebrachten Stahlketten, vorgenommenen Anpflanzungen und abgelegten Baumstämme für andere Grundstückseigentümer ein Anreiz geschaffen würde, vergleichbare Maßnahmen ohne Genehmigung ins Werk zu setzen.
Die Beschwerdebegründung rechtfertigt auch keine Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung zu Recht von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ausgegangen ist. Die Annahme der Kammer, dass es sich bei den entlang der nördlichen und südlichen Grenze seines Grundstücks angebrachten Stahlketten, deren Beseitigung der Antragsgegner unter Nr. 1 der angefochtenen Ordnungsverfügung gemäß § 74 Abs. 1 BbgBO angeordnet hat, um eine bauliche Anlage nach § 2 Abs. 1 BbgBO handelt, ist nicht zu beanstanden. Entgegen dem Beschwerdevorbingen kommt es dabei nicht darauf an, ob der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt zutrifft, dass die Stahlketten „an in den Boden gerammten bzw. mit Zaunpfählen oder Bäumen verbundenen Holzpfosten verbunden“ sind. Denn selbst wenn keine Verbindung mit den Zäunen bestehen sollte, sondern die Ketten, wie in der Beschwerdebegründung angegeben, „von auf dem Grundstück aufstehenden Bäumen bzw. Sträuchern gehalten“ werden, würde dies an ihrer Qualifizierung als mit dem Erdboden verbundener, aus Bauprodukten hergestellter Anlagen im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BbgBO unter den Umständen des vorliegenden Falles nichts ändern. Anders als der Antragsteller meint, ist hierzu „weder ein Fundament oder eine Verankerung noch ein sonstiger Einbau in die Erdoberfläche“ erforderlich. Eine Verbindung mit dem Boden besteht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BbgBO bereits dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist, oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Letzteres ist hier der Fall; denn da die Ketten nicht nur vorübergehend angebracht, sondern nach den Angaben in der Beschwerdebegründung dazu bestimmt sind, es Dritten (dauerhaft) zu verwehren, ohne die Zustimmung des Antragstellers sein Grundstück zu betreten, besteht bei wertender Betrachtung eine hinreichend verfestigte Grundstücksbeziehung. Selbst wenn die Stahlketten an - ihrerseits ortsfesten - Bäumen und Sträuchern angebracht sein sollten, unterscheidet sich die Anlage damit, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, in nichts von einem Zaun. Ihre Funktion als Absperrung wird ersichtlich auch nicht etwa durch den Vortrag des Antragstellers in Frage gestellt, dass im Bereich der streitgegenständlichen Fläche kein Weg mehr vorhanden sei, der abgesperrt werden könnte. Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass entgegen der Behauptung des Antragstellers eine Verbindung der Ketten mit den Zaunanlagen nicht nur auf den in den Verwaltungsvorgängen vorhandenen Fotos vom (9.) März 2010 (vgl. Beiakte 3, Bl. 30 ff.), sondern auch auf den kurz vor dem Erlass des angefochtenen Bescheids gefertigten Fotos vom 1. Oktober 2010 (vgl. Beiakte 2, Bl. 10 ff.) deutlich erkennbar ist. Die angeblich erfolgte Entfernung der „Pfosten bzw. Haltevorrichtungen“ ändert hieran nichts.
Das Vorbringen des Antragstellers, dass sich die vom Antragsgegner beanstandeten „Einrichtungen“ nicht - wie vom Antragsgegner und vom Verwaltungsgericht angenommen - im Bereich der im Bebauungsplan Nr. 8 „Seepromenade/Dorfstraße“ festgesetzten öffentlichen Grünfläche, sondern im Bereich einer privaten Grünfläche befänden, ist unsubstantiiert. Da die genaue Lage der Absperrketten von einem Mitarbeiter der Bauaufsichtsbehörde im Rahmen einer Ortsbesichtigung am 1. Oktober 2010 festgestellt (vgl. Beiakte 2, Bl. 2 f.) und in den Verwaltungsvorgängen zeichnerisch sowie durch Fotos umfassend dokumentiert worden ist (a.a.O., Bl. 8 ff.), hätte der Antragsteller seine Behauptung, dass diese Feststellungen unzutreffend seien, belegen müssen. Der detaillierten und anhand eines Kartenausschnitts veranschaulichten Darstellung in der Beschwerdeerwiderung, dass der vom Antragsteller eingefriedete Bereich jedenfalls zu ca. 1/3 innerhalb der öffentlichen Grünfläche liege, ist der Antragsteller nicht entgegengetreten. Soweit er behauptet, dass sich im Bereich der im Bebauungsplan ausgewiesenen öffentlichen Grünfläche tatsächlich kein Weg befinde, ist dies für die Frage, ob der Antragsgegner die Anordnung der Beseitigung der Stahlketten zu Recht auf den Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans gestützt hat, ohne Bedeutung. Aus dem gleichen Grund kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht auf den weiteren Vortrag des Antragstellers an, dass § 3 Nr. 1 der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Königswald mit Havelseen und Seeburger Agrarlandschaft“ der Allgemeinheit keine uneingeschränkte Zugänglichkeit eröffne.
Soweit der Antragsteller geltend macht, dass der Allgemeinheit kein Betretungsrecht für sein Grundstück zustehe und er deshalb Maßnahmen treffen können müsse, um ein Betreten des Grundstücks durch Unbefugte zu verhindern, berührt dies die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsverfügung nicht. Insbesondere ist auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt. Der Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 8, die für diesen Bereich nach den vom Antragsteller nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts eine öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung Parkanlage vorsehen, kann offensichtlich nicht anders als durch die Beseitigung der illegalen baulichen Anlage beendet werden. Es ist dem Antragsteller ferner auch nicht unzumutbar, einem Betreten seines Grundstücks durch Unbefugte gegebenenfalls ohne die Errichtung von Anlagen zur Absperrung zu begegnen. Soweit er sich auf eine „exzessive“ Nutzung durch Passanten beruft, bei der es „immer wieder zu Pöbeleien, Beleidigungen und Tätlichkeiten“ gekommen sei, ist dies schon nicht ausreichend substantiiert, um die Unverhältnismäßigkeit der Beseitigungsanordnung darzulegen.
Ohne Erfolg bleibt das Beschwerdevorbringen auch, soweit es sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts richtet, dass die unter Nr. 4 der angefochtenen Ordnungsverfügung auf der Grundlage des § 54 Abs. 1 Satz 2 BbgNatSchG angeordnete Beseitigung der im Bereich des Uferweges ohne Genehmigung vorgenommenen Weißdorn-Anpflanzungen und quer über dem Weg abgelegten Baumstämme offensichtlich rechtmäßig sei. Entgegen der Behauptung des Antragstellers wird der Verstoß gegen den Schutzzweck der Landschaftsschutzverordnung in dem angefochtenen Bescheid und - diesem folgend - der erstinstanzlichen Entscheidung schlüssig begründet. Danach sei durch das Einbringen der Pflanzungen und der Baumstämme im Bereich des ehemaligen Uferweges und der damit verbundenen weitergehenden gärtnerischen Nutzung und Inanspruchnahme von ufernahen Flächen eine Entwertung der vorhandenen Lebensraumfunktionen des Gewässeruferbiotops zu erwarten, welche mit dem Schutzzweck der Erhaltung und Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts nicht vereinbar sei. Zudem würden das Landschaftsbild und der Uferbereich beeinträchtigt und damit der Gebietscharakter verändert. Hiermit setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander. Der Einwand des Antragstellers, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb planungsrechtlich vorgesehene Pflanzen dem Schutzzweck des § 3 Nr. 1 der Landschaftsschutzverordnung entgegenstehen sollen, berücksichtigt nicht, dass innerhalb des Geltungsbereichs der Landschaftsschutzverordnung deren Regelungen den Festsetzungen des Bebauungsplans vorgehen.
Soweit es die unter Nr. 7 der angefochtenen Ordnungsverfügung geregelte vorbeugende Unterlassungsverpflichtung betrifft, kann das Beschwerdevorbringen nicht berücksichtigt werden, da insoweit die Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht gewahrt ist. Diesbezügliche Ausführungen enthält erst der Schriftsatz vom 16. Februar 2011, obwohl der mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss des Verwaltungsgerichts dem Antragsteller bereits am 7. Dezember 2010 zugestellt worden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt insoweit der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).