Gericht | FG Cottbus 8. Senat | Entscheidungsdatum | 19.09.2023 | |
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Aktenzeichen | 8 K 8171/21 | ECLI | ECLI:DE:FGBEBB:2023:0919.8K8171.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Der Bescheid für 2013 über Körperschaftsteuer vom 24. Januar 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2021 wird dahingehend geändert, dass vom Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 118.619 € und einer Verbindlichkeit für Kapitalertragsteuer in Höhe von 31.285,79 € abgesehen wird sowie die Anschaffungskosten für das Grundstück B…-straße in C… um 87.333,33 € erhöht und die Absetzungen für Abnutzung zeitanteilig für 6 Monate um 2,0% von 64.443,26 € erhöht werden.
2. Der Haftungsbescheid über Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag für das Jahr 2013 vom 23. Januar 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2021 wird aufgehoben.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten zu 65% und der Klägerin zu 35% auferlegt.
6. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
7. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig zu erklärt.
Die Klägerin wurde von der D… GmbH mit der Firma E… GmbH gegründet. Die D… GmbH veranlasste am 18.12.2012 die Umfirmierung der Klägerin in F… GmbH und veräußerte ihre Anteile an die G… Ltd. mit Sitz in Zypern. Alleinige Gesellschafterin der G… Ltd. war im Streitjahr die H… Limited, die ebenfalls in Zypern ansässig ist. Im Jahr 2015 wurde die Klägerin in A… GmbH umfirmiert.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 26.4.2013 erwarb die Klägerin das Grundstück B…-straße in C… zu einem Preis von 8.740.000 €.
Im Rahmen einer bei der Klägerin für die Jahre 2013 bis 2015 durchgeführten Betriebsprüfung wurde unter anderem festgestellt, dass die H… Limited, Zweigniederlassung Deutschland, am 28.6.2013 für Leistungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Immobilie im Zeitraum Februar bis April 2013 einen Betrag in Höhe von 87.333,33 € in Rechnung gestellt hatte. Als Leistungsgegenstand sind in der Rechnung die Prüfung und Beurteilung des Kaufvertrags, das Führen und Begleiten von Preisverhandlungen, die technische Due Diligence, die Überprüfung und Bestätigung der kaufpreisrelevanten Rent Roll und sonstige Leistungen genannt. Umsatzsteuer wurde im Hinblick auf die bestehende umsatzsteuerliche Organschaft nicht ausgewiesen. Die Klägerin aktivierte die Kosten als Anschaffungskosten für das Grundstück.
Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, die Zahlung an die H… Limited stelle eine verdeckte Gewinnausschüttung dar. Die Klägerin habe keinen eigenen Einfluss auf die Entscheidung, welches Grundstück sie anschaffe. Die mit der Anschaffung im Zusammenhang stehenden Aufwendungen für die Auswahlentscheidung sei daher durch den Gesellschafter veranlasst. Die BP stützte ihre Rechtsauffassung dabei auf die Ausführungen der I… GmbH im Verfahren 8 K 8131/17, die ebenfalls zum H… Limited Gruppe gehört. Die I… GmbH, die die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für das Jahr 2014 begehrte, führte aus, es hätten mehr als 100 einzelner Immobiliengesellschaften in der H… Limited Gruppe existiert, die über kein eigenes Personal verfügten. Für die überwiegende Anzahl dieser Gesellschaften sei derselbe Geschäftsführer tätig, der jedoch nicht bei diesen Gesellschaften angestellt sei. Den Grundstücksankauf übernähmen Mitarbeiter der Muttergesellschaft unter Anwendung standardisierter Geschäftsprozesse. Der Geschäftsführer selbst habe bei der Anbahnung und Vorbereitung des Grundstücksankaufs keine Aufgabe.
Die Betriebsprüfung verminderte daher die Anschaffungskosten für 2013 in Höhe von 87.333 € und änderte die Aufteilung der verbleibenden Anschaffungskosten, so dass sich eine Gewinnminderung in Höhe von 69.512,48 € ergab.
Für die Berechnung der Höhe der vGA ging die Betriebsprüfung weiter davon aus, dass die Klägerin die Kapitalertragsteuer selbst trage, sie berechnete daher eine Kapitalertragsteuer in Höhe von 29.654,87 € zuzüglich Solidaritätszuschlag in Höhe von 1.631,01 €. Den Gesamtbetrag von 31.285,79 € erfasste sie ebenfalls als Gewinnminderung.
Außerdem setzte die Betriebsprüfung eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 118.619 € (87.333 € + 31.285,79 €) einkommenserhöhend an.
Der Beklagte erließ am 24.4.2020 einen entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2013 und setzte die Körperschaftsteuer auf 0 € fest. Er erließ außerdem am 23.4.2020 einen Haftungsbescheid über Kapitalertragsteuer 2013 und Solidaritätszuschlag 2013 über insgesamt 31.285,79 €.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein und machte geltend, es liege bereits keine Vermögensminderung vor, da die von der H… Limited in Rechnung gestellten Kosten als Anschaffungsnebenkosten aktiviert worden seien. Selbst wenn es sich um sofort abzugsfähige Betriebsausgaben handele, seien diese durch die zukünftigen Einnahmen wirtschaftlich gerechtfertigt. Die Begleichung der Rechnungen stehe im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks. Es habe im unternehmerischen Ermessen der G… Ltd. gelegen, ob sie das Grundstück selbst erwerben wollte oder sich an einem Rechtsträger beteiligt, der das Grundstück erwirbt. Die H… Limited sei als konzerninternes Beratungsunternehmen tätig, das die Kaufprozesse bis zur Unterschriftsreife vorbereite. Auch bei Einschaltung eines Asset Managers würden Kosten durch die die Identifikation des Kaufobjektes und der Kaufvertragsvorbereitung entstehen, mit denen der Erwerber des Objektes belastet werde. Soweit der Betriebsprüfer meine, sie, die Klägerin, habe nicht selbst entscheiden können, welches Grundstück erworben werde, so beruhe dies auf dem Umstand, dass die G… Ltd. alleinige Gesellschafterin sei, die sich mangels eigenen Personals der Dienstleistungen konzerninterner Gesellschaften bedient habe. Aus der Tatsache, dass sie, die Klägerin, ihre Tätigkeit erst mit dem Nutzen-Lasten-Wechsel aufgenommen habe und bis zu diesem Zeitpunkt die Tätigkeiten von der H… Limited erbracht worden seien, ließen sich keine Rückschlüsse auf die gesellschaftsrechtliche Veranlassung ziehen. Zudem widerspreche die Feststellung, dass alle Objektgesellschaften der H… Limited - Gruppe ihre Tätigkeit erst nach dem Nutzen- und Lasten-Übergang begonnen hätten, den Ausführungen des Beklagten im Revisionsverfahren III R 7/19, das die I… GmbH betraf.
Einen Antrag der Klägerin, das Einspruchsverfahren im Hinblick auf das Verfahren 8 K 8207/20 ruhen zu lassen, lehnte der Beklagte wegen unterschiedlicher Sachverhaltskonstellationen ab.
Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, die Klägerin habe ihr Vermögen gemindert, weil sie an die H… Limited eine Rechnung gezahlt habe, ohne hierfür eine Gegenleistung erhalten zu haben. Die Klägerin habe trotz Aufforderung weder die einzelnen Leistungen dargelegt, noch habe sie nachgewiesen, wann diese durch die H… Limited erbracht worden seien. Unklar bleibe, aufgrund welcher Veranlassung die H… Limited überhaupt tätig geworden sei und ob diese möglicherweise zunächst aus eigenen Antrieb tätig geworden sei. Unklar sei auch, wie es anschließend zum Erwerb des Grundstücks gekommen sei und zwischen wem und in welcher Höhe dabei ein Entgelt vereinbart worden sei. Wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten sei davon auszugehen, dass die Klägerin weder die Leistungen der H… Limited beauftragt habe, noch die H… Limited etwaige Leistungen an die Klägerin erbracht habe. Die Zahlung eines solchen Betrags ohne rechtlichen Grund könne nur mit der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis erklärt werden. Hinzu komme, dass der Gründungsaufwand einer Gesellschaft vom Gesellschafter zu tragen sei. Übernehme die Gesellschaft diese Kosten, liege eine vGA vor. Wirtschaftsgüter seien nach der Rechtsprechung des BFH nur mit dem angemessenen Anschaffungskosten zu aktivieren, der Überpreis berechtige zum sofortigen Betriebsausgabenabzug und sei anschließend bei der Einkommensermittlung wieder hinzuzurechnen.
Der Betrag von 87.333,33 € sei im Jahr 2013 gezahlt worden und sei dadurch der H… Limited als nahestehende Person der G… Ltd. zugutegekommen. Die G… Ltd. unterliege nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 lit a) EStG mit den Einkünften aus Kapitalvermögen der beschränkten Steuerpflicht. Es habe der Klägerin oblegen, die auf die vGA entfallende Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag einzubehalten, anzumelden und abzuführen. Da sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, sei sie als Haftungsschuldnerin in Anspruch zu nehmen. Da die Klägerin die Dienstleistungen weder beauftragt habe, noch an sie erbracht worden sei, habe sie zumindest grob fahrlässig ihre Verpflichtung zur Anmeldung und Abführung der Kapitalertragsteuer verletzt. Da die Klägerin die Kapitalertragsteuer übernommen habe, liege hierin ein weiterer besonderer Vorteil, der ebenfalls zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehöre. Die Klägerin sei daher für den Bruttobetrag als Haftungsschuldnerin in Anspruch zu nehmen.
Die Klägerin macht mit ihrer Klage geltend, es liege schon keine Vermögensminderung vor, da sie als angemessene Gegenleistung ein bereits gebündeltes Leistungspaket mit dem Endprodukt eines unterzeichnungsfähigen Grundstückskaufvertrags erworben habe. Es handle sich um eine Leistung an sie, die Klägerin, weil sie und nicht ihre Gesellschafterin das Grundstück unter Verwendung des von der H… Limited vorbereiteten Grundstückskaufvertrags erworben habe. Sie, die Klägerin, sei dementsprechend auch Schuldnerin der H… Limited. Dem Ansatz einer vGA stehe zudem die Sperrwirkung des Art. 9 DBA Zypern entgegen. Im Übrigen liege dem auch eine klare und eindeutige Abrede zugrunde, an die sich die Parteien gehalten hätten, für die aber kein Schriftformerfordernis bestehe. Es liege auch der Höhe nach keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, da die von der Klägerin eingekaufte Leistung angemessen und fremdüblich gewesen sei. Es liege kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor. An ihrem weiteren Vortrag, sie sei keine indirekte Tochtergesellschaft der H… Limited, hält die Klägerin nicht mehr fest.
Die Klägerin führt weiterhin aus, dass sich die wesentlichen Rechtsfragen dieses Verfahrens und des Verfahrens 8 K 8207/20 überschneiden und aus diesem Grund ein Ruhen des Verfahrens zweckmäßig erscheine.
Die Klägerin beantragt,
1. den Bescheid für 2013 über Körperschaftsteuer vom 24. April 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2021 dahingehen zu ändern, dass die verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in Höhe von 118.619 € nicht angesetzt wird,
2. den Haftungsbescheid über Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag für das Jahr 2013 vom 23. April 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2021 aufzuheben,
3. hilfsweise die Revision zuzulassen und
4. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er meint, im Streitfall liege überhaupt keine Leistung zwischen der H… Limited und der Klägerin vor, so dass es um die Frage der Angemessenheit der Höhe der in Rechnung gestellten Beträge und nicht darum gehe, dass das Entgelt nicht rechtzeitig vereinbart worden sei. Insofern greife die Sperrwirkung des Art. 9 DBA – Zypern nicht, da sich die Gewinnkorrektur nur auf die Höhe des Vereinbarten erstrecke. Ein Ruhen des Verfahrens sei nicht sachgerecht, da sich die beiden Streitfälle unterschieden. Der mutmaßliche Leistungszeitraum falle im vorliegenden Streitfall anders als im Parallelfall vollständig auf die Zeit nach dem Erwerb der Anteile. Soweit die Klägerin die Minderung des Einkommens um 118.619 € beantrage, müsse sie konsequenter Weise auch die Erhöhung der Anschaffungskosten und die gewinnerhöhende Auflösung der Kapitalertragsteuerrückstellung beantragen.
I. Die Klage ist zulässig. Die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 ist zulässig, obwohl die Körperschaftsteuer auf 0 € festgesetzt wurde. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des BFH ist die Klage gegen einen Nullbescheid zulässig, wenn der Bescheid sich für den Kläger deshalb nachteilig auswirkt, weil in ihm angesetzte Besteuerungsgrundlagen im Rahmen anderer Verfahren verbindliche Entscheidungsvorgaben liefern (BFH, Urteil vom 07. Dezember 2016 – I R 76/14 –, BFHE 256, 314, BStBl II 2017, 704, Rn. 12). Diese Voraussetzung ist im Streitfall wegen der inhaltlichen Bindung des Verlustfeststellungsbescheides an die Besteuerungsgrundlagen des Körperschaftsteuerbescheides erfüllt.
II. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
1. Der Beklagte hat zu Unrecht im Körperschaftsteuerbescheid 2014 eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) angesetzt und dementsprechend die Klägerin als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen.
a) Unter einer vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist insbesondere anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (materieller Fremdvergleich, vgl. z.B. BFH, Urteil vom 08. Oktober 2008, I R 61/07, BFH/NV 2009, 504, mit weiteren Nachweisen).
Eine vGA kann auch dann in Betracht kommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahestehende Person bewirkt wird. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahe steht, nicht gewährt hätte.
Da das „Nahestehen“ lediglich ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zu dessen Begründung jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (vgl. BFH, Urteil vom 11. November 2015, I R 5/14, BStBl. II 2016, 491, mit weiteren Nachweisen für die ständige Rechtsprechung).
Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahestehende Person erbringt, für die es an einer klaren und eindeutigen, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (Sonderbedingungen bei beherrschenden Unternehmen oder sog. formeller Fremdvergleich). In diesen Fällen indiziert das vom Fremdvergleich abweichende Verhalten der Kapitalgesellschaft und ihres Gesellschafters oder der diesem nahestehenden Person die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 17.01.2018 - I R 74/15, BFH/NV 2018, 836, m.w.N.).
b) Die Voraussetzungen für die Annahme einer vGA sind erfüllt.
aa) Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass es sich bei der H… Limited um eine nahestehende Person im vorgenannten Sinne handelt, da die H… Limited an der Gesellschafterin der Klägerin selbst zu 100% beteiligt war.
bb) Der Beklagte geht auch zu Recht davon aus, dass durch die Leistungen der H… Limited an die Klägerin eine Vermögensverminderung eingetreten ist, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist.
aaa) Ob eine Vermögensminderung vorliegt, bestimmt sich grundsätzlich nach Maßgabe der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und der Steuerbilanz (Gosch KStG § 8 Rz. 247).
Nach der Definition des § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dazu gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB). Dieser handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten ist in Ermangelung einer abweichenden Definition im Körperschaft- oder Einkommensteuergesetz auch der steuerbilanziellen Beurteilung zugrunde zu legen (BFH, Urteil vom 3. August 2005 I R 36/04, BStBl II 2006, 369, m.w.N.).
Der Begriff der Anschaffungskosten ist wegen der Einbeziehung von Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten grundsätzlich umfassend (BFH, Urteil vom 20. April 2011 – I R 2/10 –, BFHE 233, 251, BStBl II 2011, 761 mwN). Er enthält alle mit dem Anschaffungsvorgang verbundenen Kosten mit Ausnahme der Gemeinkosten, so dass neben der Entrichtung des Kaufpreises alle sonstigen Aufwendungen des Erwerbers, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen, insbesondere zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfallen. Nicht entscheidend ist, ob diese Kosten bereits im Zeitpunkt des Erwerbs oder erst im Anschluss hieran als Folgekosten des Erwerbsvorgangs entstehen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620).
Allerdings können Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts nur solche Kosten sein, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten dessen Beschaffung tatsächlich zuzuordnen sind. Hierzu ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend. Vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen an (finaler Begriff der Anschaffungskosten). Dieser Zweck muss aus der Sicht des Bilanzierenden auf die beabsichtigte Funktion und Eigenschaft (BFH, Urteil vom 20. April 2011, I R 2/10, BFHE 233, 251, BStBl II 2011, 761).
Die von der H… Limited in Rechnung gestellten Aufwendungen sind hiernach als Anschaffungskosten zu beurteilen, da sie durch den Erwerb des Grundstücks veranlasst wurden und aus Sicht der Klägerin dem Erwerb des Grundstücks dienten. Ohne die von der H… Limited erbrachten Vorleistungen wäre die Klägerin nicht in der Lage gewesen, das Grundstück zu erwerben. Soweit der Beklagte meint, die Klägerin habe die Leistungen der H… Limited nicht nachgewiesen, so ist dieser Einwand nicht schlüssig, da der Beklagte andererseits unter Hinweis auf die Ausführungen im Verfahren 8 K 8131/17 geltend macht, den Grundstücksankauf übernähmen Mitarbeiter der Muttergesellschaft unter Anwendung standardisierter Geschäftsprozesse. Der Geschäftsführer selbst habe bei der Anbahnung und Vorbereitung des Grundstücksankaufs keine Aufgabe.
bbb) Obwohl hiernach den auch für die Steuerbilanz geltenden Grundsätzen die von der H… Limited erbrachten Leistungen als Anschaffungskosten zu aktivieren waren, ist eine Vermögensminderung in Höhe des Rechnungsbetrags anzunehmen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist für den Fall, dass eine Gesellschaft von ihrem Gesellschafter ein Wirtschaftsgut zu einem überhöhten Preis erwirbt, eine Vermögensminderung in der Höhe des Teils des Kaufpreises anzusetzen, den ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen nicht gewährt haben würde (BFH, Urteil vom 13. März 1985 – I R 9/81 –, Rn. 18, juris; ebenso FG Münster, Urteil vom 21. Februar 2018 10 K 2253/14 K, F EFG 2018, 976). Der Bilanzansatz ist demzufolge um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung zu mindern. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch dann, wenn es bei Leistungen eines beherrschenden Gesellschafters an einer klaren und eindeutigen, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. In diesen Fällen indiziert das vom Fremdvergleich abweichende Verhalten der Kapitalgesellschaft die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis, so dass diese Fallkonstellation nicht anders zu behandeln ist.
Der Auffassung, auch ein überhöhter Kaufpreis sei in der Handelsbilanz als Anschaffungskosten zu aktivieren, so dass lediglich die aufwandswirksamen Abschreibungen, die auf dem überhöhten Kaufpreis basieren, als vGA zu qualifizieren seien (so zB Kohlhepp DB 2018, 2521), ist wegen der erforderlichen Korrekturen in der Folgejahren, den Folgeproblemen beim Verkauf des Wirtschaftsguts und der Tatsache, dass eine vGA bei nicht abschreibbaren Wirtschaftsgütern dann nicht angesetzt werden könnte, nicht zu folgen.
ccc) Eine vgA kann nach Auffassung des Senats nicht bereits nach den Grundsätzen des materiellen Fremdvergleichs angenommen werden. Ein gewissenhafter Geschäftsleiter wäre bereit gewesen, für die Vermittlung einer Kaufgelegenheit, die technische und wirtschaftliche Prüfung des Kaufobjektes und Vorbereitung des Kaufvertrags ein Entgelt an einen fremden Dritten zu bezahlen. Der Rechnungsbetrag in Höhe von etwa 0,1% des Kaufpreises ist auch der Höhe nach angemessen.
Soweit der Beklagte meint, der Vorgang sei deshalb nicht fremdüblich, weil die von der H… Limited geltend gemachten Kosten mit Gründungskosten vergleichbar seien, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Übernahme von Gründungskosten ist nach Auffassung des BFH nicht fremdüblich, weil die Übernahme von Aufwand, der zivilrechtlich gesehen nicht von der Kapitalgesellschaft zu tragen ist, auch im Verhältnis zu Nichtgesellschaftern denkbar sei, weshalb der Vergleich mit dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters möglich ist (BFH, Urteil vom 11. Oktober 1989 – I R 12/87 –, BFHE 158, 390, BStBl II 1990, 89, Rn. 15). Anders als im Fall der Übernahme von Gründungskosten wäre jedoch ein ordentlicher Geschäftsleiter einer neu gegründeten Kapitalgesellschaft bereit, Aufwendungen für die Vermittlung und Prüfung eines Renditeobjektes in angemessener Höhe zu übernehmen, wenn er es zu kaufen beabsichtigt, und zwar auch dann, wenn er selbst den Auftrag für die Arbeiten nicht erteilt hat.
Eine Vermögensminderung ist aber nach den Grundsätzen des formellen Fremdvergleichs anzunehmen. Die Grundsätze des formellen Fremdvergleichs sind im Streitfall anwendbar. Die G… Ltd. ist als alleinige Gesellschafterin der Klägerin und damit beherrschende Gesellschafterin. Die H… Limited ist als Gesellschafterin der G… Ltd. eine der G… Ltd. nahestehende Person. Zwischen der Klägerin und der H… Limited existieren keine im Voraus getroffenen Vereinbarungen. Eine ausdrückliche Vereinbarung zur Übernahme der Kosten der von der H… Limited erbrachten Leistungen durch die Klägerin ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr ergibt aus den Ausführung im Verfahren 8 K 8131/17, dass es innerhalb des Konzerns üblich gewesen sei, dass für die Akquise des Grundstücke Konzerngesellschaften ohne besonderen Auftrag zentral zuständig gewesen seien. Der hiernach offensichtlich nur konkludent erteilte Auftrag wird dem Zweck der Sonderbedingungen bei beherrschenden Gesellschaftern, durch eine klare, eindeutige und im Voraus getroffene Vereinbarung Manipulationsmöglichkeiten auszuschließen, gerade nicht gerecht.
c) Dem Ansatz einer vGA steht jedoch die Sperrwirkung des Art. 9 Abs. 1 DBA-Zypern entgegen.
Nach Art 9 Abs. 1 DBA Zypern, der Art. 9 Abs.1 des OECD - Musterabkommens entspricht, dürfen für den Fall, dass ein Unternehmen eines Vertragsstaats unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens des anderes Vertragsstaates beteiligt ist und die beiden Unternehmen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Belangen an vereinbarte oder auferlegte Beziehungen gebunden sind, die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden.
Nach der Rechtsprechung des BFH (BFH, Urteil vom 11. Oktober 2012 – I R 75/11 –, BFHE 239, 242, BStBl II 2013, 1046; BFH, Urteil vom 17. Dezember 2014 – I R 23/13 –, BFHE 248, 170, BStBl II 2016, 261) regelt die Vorschrift den abkommensrechtlichen Grundsatz des "dealing at arm's length" und dient insoweit der Gewinnabgrenzung, nicht aber der Gewinnkorrektur. Die Vorschrift hat also keine so genannte „self executing-Wirkung“, sondern legt nur den Rahmen und die abkommensrechtlichen Bedingungen für die vorzunehmenden Gewinnkorrekturen fest. Gleichzeitig sperrt sie jedoch im Rahmen ihres Anwendungsbereichs weitergehende innerstaatliche zulässige Korrekturmöglichkeiten. Der abkommensrechtliche Grundsatz des "dealing at arm's length" bei verbundenen Unternehmen entfaltet nach der BFH-Rechtsprechung insbesondere eine Sperrwirkung gegenüber den sog. Sonderbedingungen, denen beherrschende Unternehmen im Rahmen der Einkommenskorrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung unterworfen sind. Tragende Erwägung dieser Rechtsprechung ist es, dass in den maßgeblichen Vergleichsmaßstab des Art. 9 Abs. 1 OECD-Musterabkommen nur diejenigen Umstände einzubeziehen sind, welche sich auf die "wirtschaftlichen oder finanziellen Bedingungen" auswirken, also die Angemessenheit (Höhe) des Vereinbarten berühren. Eine Korrektur des Gewinns wegen Unüblichkeit der Konditionen oder Ernsthaftigkeit der Vereinbarung ist nach dieser Rechtsprechung den Vergleichsmaßstäben des "dealing at arm's length" als Gegenstand der Angemessenheitsprüfung fremd (BFH, Urteil vom 17. Dezember 2014 – I R 23/13 –, BFHE 248, 170, BStBl II 2016, 261).
Hiernach ist der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Klägerin ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des Art 9 Abs. 1 DBA – Zypern sind erfüllt. Die G… Ltd. ist ein Unternehmen eines Vertragsstaates (hier: Zypern), das am Kapital der Klägerin, bei der sich um ein Unternehmen des anderen Vertragsstaates (hier: Deutschland) handelt, beteiligt ist. Da somit der Sachverhalt unter die Regelung des Art. 9 Abs. 1 DBA-Zypern fällt, ist die Anwendung der Sonderbedingungen bei beherrschenden Unternehmen bzw. deren nahestehenden Personen kein Raum.
Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Sperrwirkung des Art. 9 Abs. 1 DBA-Zypern greife im Streitfall nicht, weil die H… Limited eine Zweigniederlassung in Deutschland habe und die von der Zweigniederlassung erzielten Einnahmen nach dem DBA-Zypern dem deutschen Besteuerungsrecht unterlägen. Die vGA ist der G… Ltd. als Gesellschafterin und nicht unmittelbar der H… Limited als nahestehende Person zuzurechnen. Die vGA führt zum Ansatz höherer Beteiligungseinkünfte auf Ebene der G… Ltd. und einer fortgesetzten Gewinnausschüttung an die H… Limited. Damit ist der Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 1 DBA-Zypern eröffnet. Die Sperrwirkung wird gerade ausgelöst, weil Zypern als Ansässigkeitsstaat der G… Ltd. gerade keine Korrektur des Unternehmensgewinns der G… Ltd. vornimmt und insbesondere die fingierte Dividende nicht bei der G… Ltd. freistellt. Dem Beklagten wäre nur dann zu folgen, wenn zwischen Klägerin und H… Limited gerade keine ausländische Gesellschaft zwischengeschaltet wäre.
Der Beklagte hat folgerichtig auch die Klägerin für Steuerschulden der G… Ltd. in Anspruch genommen.
2. Soweit nach den vorstehenden Ausführungen keine vGA zu berücksichtigen, sind die bisher als sofort abziehbaren Betriebsausgaben behandelten Aufwendungen in Höhe von 87.333 € als Anschaffungskosten entsprechend dem von der Betriebsprüfung ermittelten Verhältnis auf Grund und Boden sowie Gebäude zu verteilen und – soweit sie auf das Gebäude entfallen – im Wege der Absetzung für Abnutzung gewinnmindernd zu berücksichtigen. Die von der BP wegen der vGA berücksichtigte Verbindlichkeit für Kapitalertragsteuer in Höhe von 31.285,79 € (Tz. 1.8 des BP-Berichts) ist nicht anzusetzen.
3. Da der G… Ltd. keine Einkünfte nach § 20 EStG zuzurechnen sind, war auch für den Erlass des Haftungsbescheides kein Raum.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war wegen der schwierigen Rechtslage notwendig.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Der Senat hält es für klärungsbedürftig, ob die der Klägerin von der Konzernmutter in Rechnung gestellten Leistungen mit Gründungskosten gleichzusetzen sind, deren Inrechnungstellung nach der Rechtsprechung des BFH zu einer vGA nach dem materiellen Fremdvergleich führt (BFH, Urteil vom 11. Oktober 1989 – I R 12/87 –, BFHE 158, 390, BStBl II 1990, 89). Ferner hält der Senat es im Hinblick auf den Sinn und Zweck der abkommensrechtlichen Sperrwirkung des Art. 9 DBA, Gewinnkorrekturen einheitlich zu gestalten, für klärungsbedürftig, ob die Anwendung des formellen Fremdvergleichs auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Leistungsbeziehung mit einer Zweigniederlassung in Deutschland bestand.