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Entscheidung 8 KO 8028/23


Metadaten

Gericht FG Cottbus 8. Senat Entscheidungsdatum 08.08.2023
Aktenzeichen 8 KO 8028/23 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2023:0808.8KO8028.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Erinnerung wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31. Januar 2023 dahingehend geändert, dass weitere 127,87 € zu erstatten sind.

Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Erinnerungsführerin auferlegt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Erstattungsfähigkeit von Gebühren und Auslagen.

Die Erinnerungsführerin führte das Klageverfahren 8 K …. Streitgegenstand war ein Feststellungsbescheid vom 07. Juni 2016, gegen den die Erinnerungsführerin – vertreten durch die B… Partnerschaft von Steuerberatern mbB – Einspruch einlegte. Der Bevollmächtigte zeigte am 24. Juli 2019 seine Bevollmächtigung für das laufende Einspruchsverfahren an. Am 23. Dezember 2020 erhob die Erinnerungsführerin Untätigkeitsklage. Mit Zwischenurteil vom … entschied der Senat aufgrund mündlicher Verhandlung vom gleichen Tag, dass die Klage zulässig war. In der mündlichen Verhandlung war für die Erinnerungsführerin der Bevollmächtigte persönlich anwesend. Sodann wurde Herr C… zum Klageverfahren der Erinnerungsführerin mit Beschluss vom 09. September 2021 beigeladen. Er wurde in dieser Stellung auch vom Bevollmächtigten vertreten. Aufgrund weiterer mündlicher Verhandlung vom 03. Mai 2022 – in der für die Erinnerungsführerin und den Beigeladenen der Bevollmächtigte zugegen war – gab der Senat durch Endurteil der Klage im Ergebnis statt und legte dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auf. Im Urteil wurde unter den Gründen zu III. ausgeführt, dass dem Beigeladenen keine Kosten aufzuerlegen waren und es auch nicht der Billigkeit entsprach, dem Beklagten dessen außergerichtliche Kosten aufzuerlegen.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 09. Mai 2022 hat die Erinnerungsführerin die Erstattung der Kosten nach Maßgabe eines Gegenstandswerts i.H.v. 4.832.864 € wie folgt beantragt:

Außergerichtliches Vorverfahren   
Geschäftsgebühr 2,5 44.735,00 €
Auslagen   20,00 €
Mehrwertsteuer   8.499,65 €
Summe  

53.234,65 €

Gerichtsverfahren    
Verfahrensgebühr 1,6 28.630,40 €
Zusatzgebühr für Vertretung des Beigeladenen 5.368,20 €
Termingebühr 1,2     21.472,80 €
Pauschale D…   20,00 €
Reisekosten Bahn 1. Klasse   447,60 €
Zwischensumme   55.921,00 €
Mehrwertsteuer   10.624,99 €
Summe   66.545,99 €
Gesamt   119.780,64 €

Im Übrigen verwies der Bevollmächtigte darauf, dass die Erinnerungsführerin zu 90 % nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei (Blatt 264 der Gerichtsakte 8 K 8258/20).

Mit Beschluss vom 24. Mai 2022 hat das Gericht erklärt, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren notwendig war.

Im Festsetzungsverfahren hat der Bevollmächtigte erklärt, dass eine Anrechnung nach § 40 Abs. 2 Steuerberatervergütungsverordnung -StBVV- ausscheide, weil ein anderer Steuerberater im Vorverfahren tätig gewesen sei. Die Zusatzgebühr sei angemessen, denn er habe den Beigeladenen vertreten. Hätte dieser einen weiteren Bevollmächtigten beauftragt, wäre es um ein Vielfaches teurer geworden. Die Anrechnung der Vorverfahrensgebühr widerspreche dem Wesen der Untätigkeitsklage. Reisekosten vom Kanzleisitz in E… nach COTTBUS (412 km x 2) seien auch ohne Vorlage des Bahntickets glaubhaft. Im Übrigen war der Kläger zuvor im Ausland und hatte am Folgetag einen Termin in G…. Die Reisekosten seien durch Flugtickets (von H… nach I… und von I… nach G…) belegbar und überstiegen die Kosten der Geltendmachung um ein Deutliches.

Der Erinnerungsgegner hat ausgeführt, dass der Streitwert nur 1.489.885,70 € betrage. Die Hebegebühr von 2,5 sei nicht angebracht, weil der Vortrag zur Bewertung bzw. zur Verjährung nicht das für Rechtsfragen übliche Maß überstieg. Es sei nur eine Geschäftsgebühr von 1,0 statt 2,5 anzusetzen, da sich die Gebühr auf 3/10 bis 20/10 einer vollen Gebühr ermäßige, wenn der Steuerberater im Verwaltungsverfahren Gebühren nach § 28 StBVV erhalte. Der Schwellenwert von 13/10 bezogen auf einen Rahmen von 5/10 bis 25/10 entspreche im Rahmenbereich von 3/10 bis 20/10 in etwa einer Gebühr. Eine Zusatzgebühr scheide aus, weil der Bevollmächtigte nur durch die Erinnerungsführerin beauftragt gewesen sei. Soweit wegen desselben Geschäftsgegenstands eine Geschäftsgebühr für außergerichtliche Tätigkeiten entstehe, werde diese Gebühr zur Hälfte, bei Wertgebühren höchstens zu 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die Anrechnung des § 40 Abs. 2 StBVV sei zu berücksichtigen. Die Gebühr für das Vorverfahren entstehe bereits mit Einspruchseinlegung. Die Gebühr erhalte, wer den Bescheid erhalten und geprüft habe und deshalb Einspruch einlege. Die Überlegung zur Untätigkeitsklage sei nicht nachvollziehbar. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Werttabellen unzutreffend angewandt worden seien, denn die Erinnerungsführerin habe die 2021er Tabelle angesetzt, obgleich Einspruch (2016) und Klage (2020) vorher anhängig gemacht worden seien. Reisekosten wären nachzuweisen.

Mit Beschluss vom 17. Januar 2023 hat das Gericht den Streitwert auf 2.428.720 € festgesetzt. Auf eine Anhörungsrüge gegen den Streitwertbeschluss hat der Senat mit Beschluss vom 15. März 2023 die Anhörungsrüge zurückgewiesen.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31. Januar 2023 hat die Urkundsbeamtin die zu erstattenden Kosten auf 43.515,06 € wie folgt festgesetzt:

Außergerichtliches Vorverfahren            
Geschäftsgebühr     20/10 18.616,00 €
Auslagen   20,00 €
Gerichtsverfahren    
Verfahrensgebühr 1,6 14.500,80 €
Anrechnung Geschäftsgebühr zu 0,75   -6.981,00 €
Termingebühr 1,2 10.875,60 €
Pauschale D…   20,00 €
Fahrtkosten 130 km x 2 x 0,42 €   109,20 €
Zwischensumme   37.160,60 €
Mehrwertsteuer 19 %, davon 90 %   6.354,46 €
Summe   43.515,06 €

Dies hat die Urkundsbeamtin wie folgt begründet:

Die beantragte 25/10 Geschäftsgebühr sei nicht erstattungsfähig. Der Gebührenrahmen von 5/10 bis 25/10 einer vollen Gebühr (Rahmengebühr) ermäßige sich auf 3/10 bis 20/10, wenn der Steuerberater in dem Verwaltungsverfahren, welches dem Rechtsbehelfsverfahren vorausgeht, Gebühren nach § 28 StBVV für die Prüfung des Steuerbescheids erhält (§ 40 Abs. 2 StBVV). Unerheblich ist die Prüfung durch eine frühere Bevollmächtigte, weil die Geschäftsgebühr bereits mit Einlegung des Einspruchs entstanden sei. Aufwendungen für mehrere Bevollmächtigte seien auch nur insoweit zu erstatten, als sie die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten nicht übersteigen würden. Im Übrigen sei der Ansatz von 20/10 erstattungsfähig, da es sich um eine bedeutsame, umfangreiche und schwierige Angelegenheit gehandelt habe. Die im Vorverfahren entstandene Geschäftsgebühr sei nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz -RVG- auf die im Klageverfahren angefallene Verfahrensgebühr anzurechnen. Die Erhöhungsgebühr sei nicht erstattungsfähig, weil es auf die Personengesellschaft ankomme und nicht auf die einzelnen Gesellschafter. Kosten des Beigeladenen seien insgesamt nicht berücksichtigungsfähig, da insoweit abschlägig über einen Erstattungsanspruch entschieden worden sei. Reisekosten seien nur für eine gedachte Fahrt vom Sitz der Klägerin nach Cottbus und zurück zu berücksichtigen, denn es handele sich nicht um eine Spezialmaterie, so dass die Reisekosten eines auswärtigen Bevollmächtigten erstattungsfähig seien. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen (Blatt 341 ff. der Gerichtsakte 8 K …). Der Beschluss ist dem Bevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis vom 07. Februar 2023 zugestellt worden.

Hiergegen richtet sich die Erinnerung vom 18. Februar 2023.

Die Anrechnung der Geschäftsgebühr sei rechtsirrig. Insoweit werde in der Literatur und in der Rechtsprechung auch die gegenteilige Auffassung vertreten. Zudem sei die Anrechnung ausdrücklich auf die Geschäftsgebühr nach Teil 2 beschränkt. Im Fall einer Vergütungsvereinbarung, jedenfalls wie im vorliegenden Fall einer Stundensatzvereinbarung, entstehe aber keine Geschäftsgebühr nach Teil 2. Zudem dürfte ein berechtigter Beraterwechsel vorgelegen haben, denn die vormalige Bevollmächtigte habe die Verjährungsfrage vollständig übersehen und eine unzulässige Außenprüfung geduldet. Bei den Reisekosten sei bisher unberücksichtigt geblieben, dass es zwei mündliche Verhandlungen gegeben habe. Zudem sei der Geschäftsführer der Klägerin in J… ansässig und zu berücksichtigen seien deshalb auch Reisekosten von 782,88 € für eine Erörterung in I… (932 km x 2 x 0,42 €).

Die Urkundsbeamtin hat am 22. Februar 2022 zur Erinnerung Stellung genommen und erklärt, dass die zweite mündliche Verhandlung übersehen worden sei, insoweit komme eine Nachliquidation in Betracht. Reisekosten des Geschäftsführers nach Cottbus seien nicht erstattungsfähig, da er ausweislich der Protokolle nicht in den Verhandlungen zugegen gewesen sei.

Die Erinnerungsführerin hat sodann mit Schriftsatz vom 20. April 2023 (Eingangsdatum; Datum des Schriftsatzes vom 18. Februar 2023) weitere Unterlagen vorgelegt:

  • E-Mail des Herrn C… zu Reisen nach I… vom 25.-27. Januar 2021 (Blatt 17 der Akte),
  • Mandatsvereinbarung für die Untätigkeitsklage, gezeichnet am 27. Januar 2021 in I… (Blatt 18 ff. der Akte),
  • Honorarvereinbarung mit Stundensatz des Bevollmächtigten von … € (Blatt 24 f. der Akte),
  • Kreditkartenabrechnungen für die Karte „C… L…- GmbH & Co. KG“ … jeweils mit Buchungsbetreff „Kempinski …“ (Blatt 26, 28, 30 ff. der Akte),
  • Online-Tickets für Fahrten DB E… – I… – E… am 27./28. Januar 2021 für … € inkl. 7 % Umsatzsteuer (Blatt 27 der Akte) und am 2./3. März 2021 für … € inkl. 7 % Umsatzsteuer (Blatt 29 der Akte),
  • Rechnung Hotel K… I… für Übernachtung 25./27. Januar 2021 über 1.098,10 €, ausgestellt auf die L… GmbH & Co. KG, die als Gast Herrn C… ausweist (Blatt 43 f. der Akte),
  • Flugrechnung Charterflug M… – I… – M… 25./27. Januar 2021 über 15.450 € für Herrn C… (Blatt 45 f. der Akte),

Die Erinnerungsführerin hat zu den Aufwendungen ergänzend vorgetragen, dass die Aufwendungen bei der L… GmbH & Co. KG unmittelbar als Darlehen an Gesellschafter verbucht worden seien; dies entspreche der Übung bei nicht eindeutig mit dem Geschäftsbetrieb verbundenen Aufwendungen. Im Januar 2021 sei die Flugsituation in Deutschland durch die COVID19-Pandemie geprägt gewesen, weshalb sich der seinerzeit 64 Jahre alte Herr C… für einen Privatflug entschieden habe. Dies sei in Anbetracht der gesundheitlichen Risiken und der Klagesumme auch nicht zu beanstanden. Die Unterzeichnung der Mandatsvereinbarung belege das Treffen von Herrn C… mit dem Bevollmächtigten.

Zu berücksichtigen sei das Transparenzprinzip bei der Erinnerungsführerin. Aufwendungen der Geschäftsführer seien Sonderwerbungskosten oder -betriebsausgaben. So liege es bei den Reisekosten des Herrn C…. Eine unternehmerisch notwendige Qualifikation bestehe auch dann, wenn der Gesellschafter die Aufwendungen aus seinem privaten Vermögen finanziere. Zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten habe Herr C… nunmehr die Aufwendungen an die Erinnerungsführerin belastet und Kosten seien erstattet worden. Die Erinnerungsführerin hat insoweit eine Belastungsrechnung des Herrn C… an die Erinnerungsführerin vom 17. Juli 2023 über 15.450 € Flugkosten sowie 1.098,10 € Hotelkosten nebst Überweisungsnachweis vorgelegt (Blatt 56 ff. der Akte).

Die Erinnerungsführerin beantragt – nachdem die Anhörungsrüge gegen den Streitwertbeschluss mit Beschluss vom 15. März 2023 zurückgewiesen wurde – sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss insoweit zu ändern, dass die Anrechnung einer Geschäftsgebühr mit einem Gebührensatz von 0,75 unterbleibt und

die Kosten einer Informationsreise des Geschäftsführers der Klägerin, Herrn C…, von J… zum Brandenburger Cottbus erstattet werden.

Der Erinnerungsgegner beantragt – soweit die Erinnerungsführerin beantragt, mehr als die Reisekosten für den zweiten Termin zu erlangen –,

die Erinnerung zurückzuweisen.

Der Erinnerungsgegner hält die Erinnerung für begründet, soweit auch die Reisekosten für den zweiten stattgefundenen Verhandlungstermin beantragt werden.

Hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Reisekosten sei nicht die Erinnerungsführerin, sondern die L… GmbH & Co. KG betroffen. Selbst die Erinnerungsführerin trage vor, dass die Aufwendungen an den Gesellschafter der L… GmbH & Co. KG belastet worden seien, mithin nicht der Erinnerungsführerin. Die Untätigkeitsklage sei auch bereits vorher, nämlich am 22. Dezember 2020 erhoben worden. Mangels Vorlage der entsprechenden Vergütungsvereinbarung könne nicht festgestellt werden, dass der Anrechnungseinwand zutreffe. Erstattungsfähig seien zudem nur die Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung; Vergütungsvereinbarungen seien daher nicht entscheidungsrelevant. Es sei zudem bereits im Verlauf des Vorverfahrens zum Beraterwechsel gekommen und nicht erst zwischen Vorverfahren und Klageverfahren, so dass auch kein „berechtigter Wechsel“ des steuerlichen Beraters vorliege.

II.

1. Für die Entscheidung über die Erinnerung ist der Senat zuständig. § 79a Abs. 1 Nr. 5 Finanzgerichtsordnung -FGO- gilt nicht für Kostenerinnerungen im Sinne von § 149 Abs. 2 FGO, denn die Entscheidung ergeht nicht – wie von § 79a Abs. 1 FGO gefordert – in einem vorbereitenden Verfahren, sondern beendet das selbständige Erinnerungsverfahren (vgl. Finanzgericht -FG- Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05. April 2011, 13 KO 13326/10, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2011, 1551; Stapperfend in Gräber, 9. Aufl. 2019, § 149 FGO Rn. 18).

2. Die gemäß § 149 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FGO zulässige Erinnerung ist nur zum aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31. Januar 2023 ist rechtswidrig und verletzt die Erinnerungsführerin in ihren Rechten, soweit nur Reisekosten des Bevollmächtigten zu einer mündlichen Verhandlung berücksichtigt wurden. Im Übrigen ist der Ansatz der Urkundsbeamtin rechtmäßig und die Erinnerung zurückzuweisen.

a) Zu den Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens zählen neben den Gerichtskosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens (§ 139 Abs. 1 FGO). Gemäß § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO sind die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, stets erstattungsfähig.

b) Reisekosten waren nur i.H.v. 218,40 € zu berücksichtigen.

aa) Die mit einer Geschäftsreise verbundenen Fahrtkosten gehören grundsätzlich zu den gesetzlich vorgesehenen Aufwendungen eines Rechtsanwalts, die nach § 139 Abs. 1 FGO zu erstatten sind, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Als zweckentsprechend sind solche Maßnahmen anzusehen, die eine verständige Prozesspartei bei der Führung des Rechtsstreits in dieser Lage als sachdienlich ansehen durfte. Eine Erstattung von Reisekosten eines Bevollmächtigten, der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, kommt aufgrund des prozessrechtlichen Kostenminderungsgebots nur beschränkt in dem Maße in Betracht, als seine Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Dies ist der Fall, wenn hierfür besondere sachliche Gründe vorliegen. Solche Gründe können beispielsweise in besonderen Fachkenntnissen liegen, die ein ortsansässiger Bevollmächtigter nicht hat (vgl. Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 139 FGO, Rn. 367a).

Damit waren Reisekosten des Bevollmächtigten nicht ab E… erstattungsfähig, sondern nur begrenzt auf eine Anreise ab I…. Zunächst hatte die Erinnerungsführerin eine Bevollmächtigte in I… und letztlich dürften auch weitere Rechtsanwälte und Steuerberater aus I… für die Vertretung geeignet gewesen sein. Die Erinnerungsführerin hat auch nicht dargelegt, dass nur der Bevollmächtigte für eine Vertretung in Betracht kam. Dem Ansatz (der Höhe nach) von 109,20 € (130km x 2 x 0,42 €) je Verhandlungstag sind die Beteiligten nicht entgegengetreten, weshalb bei zwei Verhandlungen 218,40 € anzusetzen sind. Damit sind weitere 109,20 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer (davon 90 %; mithin 18,67 €) zu berücksichtigen.

bb) Reisekosten des Herrn C… nach I… sind nicht berücksichtigungsfähig.

Zu den notwendigen Aufwendungen der Beteiligten gem. § 139 Abs. 1 FGO gehören auch die Aufwendungen des Klägers für notwendige Reisen. Die Aufwendungen für eine Reise zur Unterrichtung des auswärtigen Bevollmächtigten wird nach § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 2 Zivilprozessordnung -ZPO- im Allgemeinen anerkannt (Herget in Zöller, ZPO, 34. Auflage 2022, § 91 ZPO Rn. 13.79).

Im Streitfall begehrt die Erinnerungsführerin gleichwohl die Berücksichtigung von Reisekosten des Geschäftsführers an den Sitz der Erinnerungsführerin selbst. Der Begriff der „Reise“ setzt aber voraus, dass der Reisende die Grenzen der politischen Gemeinde überschreitet, in der er wohnt. Soweit die Erinnerungsführerin zuletzt auch die Berücksichtigung der Anreise (Flugkosten) nebst Übernachtungskosten des Herrn C… in I… begehrt hat, liegen keine erstattungsfähigen Reisekosten vor. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass allein auf die Erinnerungsführerin (A… GmbH & Co. KG) abzustellen ist, die von der Komplementärin (N… GmbH) vertreten wurde. Diese hat aber bereits ununterbrochen seit dem Jahr 2012 ihre Geschäftsanschrift in I…, O…-straße, wie dem Handelsregister (HRB … des Amtsgerichts I…) zu entnehmen ist. Entsprechend ist die Geschäftsanschrift der Erinnerungsführerin seither wie im Rubrum angegeben in I…. Unerheblich ist, dass der Geschäftsführer in J… wohnt, denn insoweit liegt gerade keine notwendige Reise vor. Dies ergibt sich letztlich daraus, dass für die Zuständigkeit des Erinnerungsgegners (Betriebs- oder Lagefinanzamt nach § 13 AO) und damit des Gerichts (§ 38 Abs. 1 FGO) nur auf den Sitz der Erinnerungsführerin abgestellt wird. Es ist allein Sache der Erinnerungsführerin, wenn die Gesellschafter eine Vertretung durch die Komplementärin zulassen, obgleich der Geschäftsführer im Ausland wohnt.

c) Die Geschäftsgebühr war zu 0,75 auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

aa) Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG wird – soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 entsteht – diese Gebühr zur Hälfte, bei Wertgebühren jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Zweck der Vorschrift ist es, zu verhindern, dass die gleiche Tätigkeit zweimal honoriert wird, wenn sie hinsichtlich unterschiedlicher Angelegenheiten anfällt. Eine Anrechnung findet grundsätzlich nur statt, wenn die Geschäfts- und die Verfahrensgebühr bei demselben Rechtsanwalt bzw. derselben Sozietät oder derselben Partnerschaft entstanden sind, also nicht, wenn die Geschäftsgebühr bei dem einen und die Verfahrensgebühr wegen Anwaltswechsels bei einem anderen Rechtsanwalt angefallen ist. Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind aber die Mehrkosten für einen zweiten Prozessbevollmächtigten nur dann erstattungsfähig, wenn in der Person des Prozessbevollmächtigten ein Wechsel eintreten musste. Das Gesetz geht insoweit grundsätzlich davon aus, dass nur die Kosten eines Prozessbevollmächtigten als erstattungsfähig anzuerkennen sind. Von einem solchen notwendigen Wechsel des Prozessbevollmächtigten wird ausgegangen, wenn der bisherige Bevollmächtigte während des Verfahrens verstirbt oder wenn ein Prozessbevollmächtigter seine Zulassung zurückgibt und dies bei Übernahme des Mandats noch nicht absehbar war (vgl. Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 139 FGO, Rn. 368).

Der Streitfall ist dadurch gekennzeichnet, dass das Einspruchsverfahren noch von der vorherigen Bevollmächtigten (B... Partnerschaft von Steuerberatern mbB) eingeleitet wurde, indem diese den Einspruch eingelegt hatte. Diese firmiert nunmehr als P… GmbH in I…. Die seinerzeit unterzeichnende Steuerberaterin Q… ist dort ebenfalls noch tätig. Die vormals Bevollmächtigte ist damit nicht „weggefallen“ und nicht allein deshalb durch einen neuen Bevollmächtigten zu ersetzen. Es wird auch nicht ersichtlich, warum es nach den o.g. Maßstäben zu einem notwendigen Wechsel des Bevollmächtigten gekommen sein soll. Soweit sich der nunmehr Bevollmächtigte darauf beruft, dass die vormalige Bevollmächtigte unzureichend vertreten habe (Verjährungsproblematik nicht erkannt), genügt dies nicht. Die Schwierigkeit der Angelegenheit wird bereits bei der Bemessung der Gebühr (hier 20/10) berücksichtigt, wie die Urkundsbeamtin zutreffend ausgeführt hat (bedeutsam, umfangreiche und schwierige Angelegenheit). Eine mittelbar doppelte Berücksichtigung durch einen notwendigen Wechsel kommt insoweit nicht in Betracht.

bb) Soweit sich der Bevollmächtigte darauf beruft, dass eine Vergütungsvereinbarung einer Anrechnung entgegenstehe, folgt das Gericht dem nicht.

Zu unterscheiden ist zwischen den Ansprüchen des Anwalts/Steuerberaters gegenüber seinen Mandanten und der Erstattungsfähigkeit von Gebühren im Prozess durch den unterliegenden Gegner. Angerechnet wird nach dem eindeutigen Wortlaut von VV Vorb. 3 Abs. 4 RVG eine „Geschäftsgebühr“. Eine vereinbarte Vergütung ist keine Geschäftsgebühr, auch wenn sie an deren Stelle tritt; es handelt sich insoweit um disponibles Recht. Es kann also vereinbart werden, dass die Geschäftsgebühr nicht anzurechnen ist (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, Vorb. 3 zum VV Rn. 286). Auch der Bundesgerichtshofs -BGH- ist der Auffassung, dass eine Anrechnung der Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr ausgeschlossen ist, wenn zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten keine Geschäftsgebühr i.S.v. Nr. 2300 RVG-VV entstanden ist, sondern vielmehr eine zulässige Honorarvereinbarung getroffen wurde (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2014, III ZB 13/14, Anwaltsblatt -AnwBl- 2015, 274).

Nach Auffassung des Gerichts sind aber nur die notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erwachsenen Kosten zu erstatten (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dies betrifft die gesetzlichen Gebühren (§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Damit wird für das Gericht hinreichend deutlich, dass die dispositive Vereinbarung einer Vergütungsvereinbarung zwischen der Erinnerungsführerin und einem Bevollmächtigten nicht zu Lasten des Gegners (hier des Erinnerungsgegners) gehen kann. Anderenfalls würde sich eine Vergütungsvereinbarung im Kostenfestsetzungsverfahren mit Blick auf den Verfahrensgegner als unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter auswirken. Ohne Vergütungsvereinbarung wäre die Geschäftsgebühr nämlich auch nach der Auffassung der Erinnerungsführerin nach Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 VV RVG anrechenbar, wegen der Vergütungsvereinbarung soll dies nicht gelten (vgl. statt vieler Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Mai 2021, OVG 6 K 29/21, NJW-Spezial 2022, 61; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 27. Juni 2013, 6 E 600/13, DÖV 2013, 912; Verwaltungsgericht Leipzig, Beschluss vom 05. Januar 2023, 6 K 741/18, NJW-Spezial 2023, 189).

Letztlich kann das Gericht nicht erkennen, dass das vom Bevollmächtigten vorgetragene Wesen der Untätigkeitsklage einer Anrechnung entgegensteht. Die Untätigkeitsklage ist keine besondere Klageart, sondern ersetzt nur die Zulässigkeitsvoraussetzung eines abgeschlossenen Vorverfahrens. Hinsichtlich der Entstehung der betroffenen Gebühren ändert sich insoweit nichts.

Damit kann das Gericht offenlassen, ob die vormalige Bevollmächtigte überhaupt eine Stundensatzvereinbarung mit der Erinnerungsführerin getroffen hatte, denn insoweit kommt es nur auf eine Vereinbarung hinsichtlich des Einspruchsverfahrens an. Der Bevollmächtigte hat bisher nur dargelegt, dass er mit der Erinnerungsführerin eine Honorarvereinbarung getroffen hatte. Allerdings hat die Urkundsbeamtin zutreffend darauf hingewiesen, dass die Geschäftsgebühr bereits mit Einlegung des Einspruchs durch die vorherige Bevollmächtigte entstanden war (vgl. bspw. Lotz in Eckert, StBVV, 7. Aufl. 2023, § 12 StBVV Rn. 10). Weder kommt es auf die Fälligkeit des Anspruchs der vormaligen Bevollmächtigten an, noch auf den Erfolg der Tätigkeit, denn ein Steuerberater schuldet keinen Erfolg. Anhaltspunkte für eine Stundensatzvereinbarung zwischen der Erinnerungsführerin und der vormaligen Bevollmächtigten liegen nicht vor und wurden auch nicht behauptet, vielmehr hat der Bevollmächtigte selbst für das Vorverfahren eine Geschäftsgebühr nach Maßgabe der StBVV in Ansatz gebracht.

d) Der Ansatz von 20/10 bei der Geschäftsgebühr ist nicht zu beanstanden. Insoweit liegt eine Minderung nach § 40 Abs. 2 StBVV in der anwendbaren Fassung vor, wenn der Steuerberater eine Gebühr für die Prüfung des Steuerbescheids (§ 28 StBVV) erhält. Es kommt nur darauf an, dass diese Prüfungsgebühr rechtlich entstanden ist, es ist unerheblich, ob diese Gebühr dem Steuerberater auch zugeflossen ist (vgl. auch FG Köln, Beschluss vom 15. Oktober 2001, 10 Ko 3092/01, EFG 2002, 115 m.w.N.).

e) Eine Zusatzgebühr für Vertretung des Beigeladenen ist nicht erstattungsfähig, da die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach dem Urteil nicht als erstattungsfähig behandelt werden. Eine Billigkeitsentscheidung nach § 139 Abs. 4 FGO ist ausdrücklich nicht getroffen worden.

f) Im Übrigen sind die Berechnungen der Urkundsbeamtin nicht zu beanstanden. Die Berechnung der Einzelwerte entspricht den Tabellen bei einem Streitwert von 2.428.720 €, nämlich nach § 40 StBVV i.V.m. Tabelle E für die ersten 500.000 € einem Satz von 3.146 € und für 39 angefangene 50.000 € weitere 39 x 158 € = 9.308 € für eine 10/10-tel Gebühr. Entsprechend zutreffend ist der Ansatz nach § 13 RVG, nämlich für die ersten 500.000 € einem Satz von 3.213 € und für 39 angefangene 50.000 € weitere 39 x 150 € = 9.063 € für eine 10/10-tel Gebühr.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ergeht gerichtsgebührenfrei, weil das Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz) eine Gebühr für diesen Beschluss nicht vorsieht. Die Pflicht zur Kostentragung beschränkt sich demgemäß auf die Auslagen des Gerichts und die außergerichtlichen Kosten.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 128 Abs. 4 FGO).