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Rechtsbehelfsbelehrung; Einspruchsentscheidung; elektronisches Dokument; Klagefrist; Klageerhebung; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


Metadaten

Gericht FG Cottbus 9. Senat Entscheidungsdatum 15.02.2024
Aktenzeichen 9 K 9191/23 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2024:0215.9K9191.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen 52d FGO, § 55 FGO, § 52a FGO §

Leitsatz

Fehlt in einer Rechtsbehelfsbelehrung zur Einspruchsentscheidung der Hinweis auf § 52d FGO, führt dies allein nicht zu einer Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne des § 55 FGO.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Klage.

Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2018 bis 2021 eine Shisha-Bar in C…, B…-straße. Im Zeitraum 1. August bis 8. Dezember 2022 führte der Beklagte in dem Betrieb eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch. Aufgrund der Ergebnisse der Außenprüfung erließ der Beklagte am 26. Mai 2023 einen u. a. auf § 42d Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG - gestützten Lohnsteuer-Haftungs- und Nachforderungsbescheid über insgesamt 46 446,40 EUR.

Gegen den vorgenannten Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein, der jedoch erfolglos blieb und vom Beklagten mittels Einspruchsentscheidung vom 9. November 2023 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die Einspruchsentscheidung wurde an den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers als dessen Verfahrensbevollmächtigten adressiert und am 9. November 2023 als einfacher Brief zur Post gegeben. Die Rechtsbehelfsbelehrung am Ende der Einspruchsentscheidung hat folgenden Wortlaut:

„Gegen diese Entscheidung kann Klage beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Von-Schön-Str. 10 in 03050 Cottbus, erhoben werden. Die Klage ist schriftlich zu erheben oder zur Niederschrift beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Finanzgerichts zu erklären und ist gegen das auf Seite 1 bezeichnete Finanzamt zu richten.

Die Frist für die Erhebung der Klage beträgt einen Monat. Sie beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die Entscheidung bekannt gegeben worden ist. Bei Zusendung durch einfachen Brief oder Zustellung durch eingeschriebenen Brief gilt die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, dass die Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Bei Zustellung mit Postzustellungsurkunde oder gegen Empfangsbekenntnis ist der Tag der Bekanntgabe der Tag der Zustellung.

Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage bei dem auf Seite 1 bezeichneten Finanzamt innerhalb der Frist angebracht oder zur Niederschrift gegeben wird. Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, den angefochtenen Verwaltungsakt und die Einspruchsentscheidung bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Ihr sollen Urschrift oder eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsaktes und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden.

Die Klageschrift soll in zweifacher Ausfertigung eingereicht werden; dies gilt nicht, wenn die Klage als elektronisches Dokument eingereicht wird. Die Voraussetzungen zur elektronischen Einreichung regelt § 52 a der Finanzgerichtsordnung. Nähere Informationen hierzu sind im Internet unter http://ww.erv.brandenburg.de erhältlich“.

Die Einspruchsentscheidung ging am 11. November 2023 im Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers ein (vgl. Eingangsstempel auf der Einspruchsentscheidung, Bl. 3 d. A.).

Der Kläger erhob daraufhin per Schriftsatz seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 11. Dezember 2023 Klage. Der Schriftsatz wurde per Telefax versendet und ging am 11. Dezember 2023 beim Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg ein. Über der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten findet sich der Zusatz „(nur per beA bzw. vorab per Telefax)“. Weiter heißt es in dem Schriftsatz: „Die Begründung der Klage reiche ich unverzüglich nach Einsichtnahme in den Finanzamtsvorgang nach.“

Daraufhin versandte das FG am 18. Dezember 2023 eine entsprechende Eingangsbestätigung. In diesem Schreiben heißt es u.a.: „Bis einschließlich 13. Dezember 2023 liegt Ihre Klage dem Gericht nicht in der Form der §§ 52a, 52d FGO vor, sondern lediglich per Fax. Bitte nehmen Sie unverzüglich zur Zulässigkeit Ihrer Klage Stellung“.

Am 15. Januar 2024 ging ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Datum „10.01.2024“ beim FG ein. Darin wird u. a. ausgeführt, dass die Rechtsbehelfsbelehrung am Ende der streitgegenständlichen Einspruchsentscheidung vom 9. November 2023 unrichtig sei, weil sie keinen Hinweis auf § 52d FGO enthalte, sondern nur einen auf § 52a FGO. Aus diesem Grunde sei die Klage trotz der Nichteinhaltung der Form des § 52d FGO zulässig.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers ergänzend ausgeführt, ihm sei im Zeitpunkt der Klageerhebung bewusst gewesen, dass Klageschriften bei den Zivil- und bei den Strafgerichten von Rechtsanwälten wie ihm im Streitjahr 2023 nur noch auf elektronischem Wege hätten erhoben werden können. Ihm sei aber nicht bekannt gewesen, dass diese gesetzliche Vorgabe im Jahr 2023 auch schon für Klageerhebungen bei den Finanzgerichten gegolten habe.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass die Klage zulässig ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Klage unzulässig sei. Gemäß dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 6. Juli 2022 – 9 K 9009/22, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2022,1665 m. Anm. Wackerbeck (Az. des Revisionsverfahrens beim BFH: VII R 34/22) sei die Klage eines Rechtsanwaltes bei Nichteinhaltung der Form des § 52d FGO auch dann unzulässig, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung in der betreffenden Einspruchsentscheidung keinen Hinweis auf § 52d FGO enthalte.

Dem erkennenden Senat haben bei seiner Entscheidung zwei Bände Steuerakten des Beklagten betr. den Kläger (StNr.: …) sowie ein Band Arbeitsbogen der Lohnsteuer-Außenprüferin vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I. Der vom Kläger sinngemäß gestellte Antrag auf Erlass eines Zwischenurteils im Sinne von § 97 FGO über die Zulässigkeit der Anfechtungsklage (vgl. dazu allgemein BFH-Urteil vom 18. März 2014 – VIII R 9/10, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2014, 748 sowie die Rechtsprechungsnachweise bei Stapperfend, in: Gräber, FGO, 9. Aufl. (2019), § 97 Rz. 5 ff.) ist zulässig, aber unbegründet. Das vorliegende Urteil ist deshalb ein sog. Endurteil (vgl. dazu Stapperfend, a.a.O., § 97 Rz. 6 m. w. N.).

II. Die Anfechtungsklage vom 11. Dezember 2023 ist unzulässig. Sie ist nicht innerhalb der Klagefrist in der gesetzlich vorgeschriebenen Form gemäß § 52d in Verbindung mit § 52a FGO erhoben worden. Wiedereinsetzungsgründe bestehen nicht.

1. Die Frist für die Erhebung einer Anfechtungsklage beträgt gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO einen Monat und hat im Streitfall mit dem Zugang der Einspruchsentscheidung beim Prozessbevollmächtigten des Klägers am Samstag, den 11. November 2023 zu laufen begonnen (vgl. dazu allgemein: Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 54 FGO Rz. 13 m. w. N.). Die „normale“ Klagefrist ist damit am Montag, den 11. Dezember 2023 abgelaufen.

2. An die Stelle der einmonatigen Klageerhebungsfrist ist vorliegend nicht gemäß § 55 Abs. 2 FGO eine Klageerhebungsfrist von einem Jahr seit Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung getreten. Diese Ausschlussfrist tritt dann an die Stelle der einmonatigen Frist im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO, wenn keine oder eine unrichtige schriftliche oder elektronische Belehrung über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz oder die einzuhaltende Frist erteilt worden ist (s. § 55 Abs. 1 FGO).

Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist nach zutreffender Auffassung des BFH, der der erkennende Senat folgt, dann unrichtig erteilt, wenn sie in einer der gemäß § 55 Abs. 1 FGO wesentlichen Aussagen unzutreffend bzw. derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch – bei objektiver Betrachtung – die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint (vgl. BFH, Beschluss vom 28. April 2015 – VI R 65/13, BFH/NV 2015, 1074 sowie BFH-Urteil vom 28. April 2020 – VI R 41/17, BStBl II 2020, 531, jeweils m.w. N.). Ob das der Fall ist, bestimmt sich danach, wie der Erklärungsempfänger die Rechtsbehelfsbelehrung oder ergänzende Angaben nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände verstehen musste (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Februar 2021 – VIII B 70/20, BFH/NV 2021, 642).

Im Streitfall war die Rechtsbehelfsbelehrung unter der streitgegenständlichen Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 9. November 2023 nach diesen Maßstäben vollständig, zutreffend und auch nicht missverständlich. Insbesondere zählt ein Hinweis auf die für bestimmte Vertretungsberechtigte geltende Verpflichtung, eine Klage und ihre Begründung an das Finanzgericht ausschließlich als elektronisches Dokument zu übermitteln (§ 52 d FGO), nicht zu den nach § 55 Abs. 1 FGO zwingend vorgeschriebenen Angaben einer Rechtsbehelfsbelehrung (so ausdrücklich nunmehr BFH-Beschluss vom 2. Februar 2024 – VI B 13/23, juris m. w. N.; s. a. Brandis, a.a.O., § 55 FGO Rz. 8).

Enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung darüber hinaus auch Angaben, die nicht zwingend vorgeschrieben sind, muss sie diese allerdings richtig, vollständig und unmissverständlich darstellen (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Mai 2021 – II S 5/21 (PKH), BFH/NV 2021, 1204 m. w. N.).

Im Streitfall enthielt die Rechtsbehelfsbelehrung des Beklagten unter anderem die Angabe, dass eine Klage zum Finanzgericht ggf. auch als elektronisches Dokument eingereicht werden könne und dass die Voraussetzungen zu einer elektronischen Einreichung der Klageschrift in § 52 a FGO geregelt seien. Anders als der Kläger meint, lassen diese (ergänzenden) Angaben die Rechtsbehelfsbelehrung jedoch nicht missverständlich erscheinen. Diese Ergänzungen konnte der (fachkundige) Verfahrensbevollmächtigte des Klägers nach zutreffender Ansicht des BFH, der der erkennende Senat folgt, nach Treu und Glauben nicht dahin verstehen, dass er den Klageschriftsatz abweichend von den gesetzlichen Anforderungen des § 52 d FGO auch postalisch oder per Telefax beim FG einreichen durfte. Vor dem Hintergrund, dass inhaltsgleiche Regelungen wie in § 52 d FGO für Rechtsanwälte bereits seit dem 1. Januar 2022 auch bei allen anderen Gerichtsbarkeiten gelten (s. dazu im Einzelnen Schallmoser, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 52 d FGO Rz. 7 m. w. N.), ist ein vom Kläger behauptetes (Miss-)Verständnis der in der Rechtsbehelfsbelehrung gewählten Formulierungen in dem Sinne, dass es den Verfahrensbevollmächtigten freistehe, ob sie eine Klage beim FG oder deren Begründung beim FG auf elektronischem Wege oder schriftlich auf dem Postwege einreiche, ausgeschlossen (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Februar 2024, a.a.O.).

Das anderslautende rechtskräftige Urteil des FG München vom 25. Januar 2023 – 4 K 347/22, EFG 2023,639 mit Anm. Welzel hat einen an bedeutsamer Stelle anders gelagerten Sachverhalt zum Gegenstand: im dortigen Fall wurde in der Rechtsbehelfsbelehrung – anders als vorliegend gegeben - ein dreifacher Weg zum FG aufgezeigt (schriftliche Klageerhebung, Klageerhebung via elektronischem Dokument oder Klageerhebung durch mündliche Erklärung zu Protokoll des Urkundsbeamten des FG), der so nach der FGO nicht gegeben ist (die Klageerhebung via elektronischem Dokument ist ein Unterfall der schriftlichen Klageerhebung für Angehörige der steuerberatenden Berufe).

3. Innerhalb der danach maßgebenden einmonatigen Klagefrist ist die Anfechtungsklage nicht wirksam erhoben worden. Sie ist auch nicht bis zum maßgeblichen Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachträglich formwirksam erhoben worden.

a) Gemäß § 52d Satz 1 FGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln.

b) Der Klägerbevollmächtigte war als Rechtsanwalt zum Zeitpunkt der Klageerhebung verpflichtet, die Klage als elektronisches Dokument im Sinne des § 52a FGO zu übermitteln. Er unterlag dem persönlichen Anwendungsbereich des § 52d Satz 1 FGO.

c) Der Klageschriftsatz fällt auch unter den sachlichen Anwendungsbereich des § 52d FGO. Die Norm erfasst über den Wortlaut hinaus auch bestimmende Schriftsätze und somit die Klageschrift, da zumindest über § 155 Satz 1 FGO in Verbindung mit § 253 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden sind (Schallmoser, a.a.O., § 52d FGO [Nutzungspflicht für Rechtsanwälte, Behörden und vertretungsberechtigte Personen], Rz. 26 ff.; Brandis, a.a.O., § 52d FGO Nutzungspflicht für Rechtsanwälte, Behörden und vertretungsberechtigte Personen, Rz. 2). Dafür, dass § 52d FGO die Klageschrift erfasst, spricht zudem die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten, welche im Falle einer nicht in elektronischer Form übermittelten Klage deren Unwirksamkeit und deren Abweisung durch Prozessurteil vorsieht (Bundestagsdrucksache 17/12634, Seite 38, 27).

d) Das vor Ablauf der Klagefrist bei Gericht eingegangenen Schriftstück – der am 11. Dezember 2023 mittels Telefax übersandte Klageschriftsatz – erfüllt die Formvorschriften der §§ 52d Satz 2, 52a FGO nicht.

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob ein Telefax ein elektronisches Dokument ist (ablehnend vgl. FG Münster, Beschluss vom 22. Februar 2022 – 8 V 2/22 –, EFG 2022, 592), da die Klage in Form des eingereichten Telefaxes zumindest nicht die Voraussetzungen des § 52a Abs. 3 FGO erfüllt.

Gemäß § 52a Abs. 3 FGO muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.

Die Klage in Form des eingereichten Telefaxes hat keine qualifizierte elektronische Signatur.

Zudem wurde die Klage auch nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht. Der Übermittlungsweg eines Telefaxes stellt keinen sicheren Übermittlungsweg im Sinne des § 52a Abs. 4 FGO dar.

Es liegt auch kein Fall einer Ersatzeinreichung nach § 52d Satz 3 und 4 FGO vor.

Dass es sich bei dem am 11. Dezember 2023 eingegangenen Telefax um eine Ersatzeinreichung handelt, ist weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden und auch nicht aus sonstigen Umständen ersichtlich.

Auch die mittels besonderem elektronischen Anwaltspostfach am 15. Januar 2024 übermittelte Klagebegründung stellt keine wirksame Klageschrift dar, da diese nicht innerhalb der Klagefrist eingereicht wurde.

e) Die unwirksame Klageerhebung durch den Klägervertreter ist dem Kläger zuzurechnen. Gemäß § 155 FGO in Verbindung mit § 85 ZPO wirken die vom Klägervertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht vorgenommenen Prozesshandlungen unmittelbar für und gegen den Kläger. Das Verschulden des Klägervertreters steht dem Verschulden des Klägers gleich.

f) Der Formverstoß führt damit zur Unwirksamkeit der Klage (BFH, Beschluss vom 28. April 2023 – XI B 101/22 –, a.a.O.). Die Prozesserklärung ist nicht wirksam (vgl. FG Nürnberg, rkr. Urteil vom 11. Juli 2023 – 6 K 177/23, EFG 2023, 1318 sowie FG Münster, Beschluss vom 22. Februar 2022 – 8 V 2/22 –, Rn. 17, juris; Bundestagsdrucksache 17/12634, Seite 38, 27; Schmieszek in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 165. Lieferung, § 52d, Rn. 8; krit. Finster in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 3, 2. Aufl., § 52d FGO [Stand: 15.12.2022], Rn. 35 ff.).

4. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Nichteinhaltung der Klagefrist war der Klägerseite nicht zu gewähren.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist ihm gemäß § 56 Abs. 1 FGO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. In formeller Hinsicht setzt die Gewährung der Wiedereinsetzung voraus, dass innerhalb einer Frist von einem Monat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FGO) nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen und im Verfahren über den Antrag glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll. Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, sind innerhalb dieser Frist vollständig, substantiiert und in sich schlüssig darzulegen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 13.09.2012 - XI R 40/11, BFH/NV 2013, 213, Rz 14; vom 04.08.2020 - XI R 15/18, BFH/NV 2021, 29, Rz 18; BFH, Beschluss vom 28. April 2023 – XI B 101/22, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt. Es fehlt zum einen an der notwendigen Nachholung der versäumten Rechtshandlung durch Einreichung einer auf elektronischem Wege übermittelten Klageschrift. Zum anderen war das Verhalten des Prozessbevollmächtigten des Klägers auch nicht schuldlos (vgl. dazu allgemein: BFH-Beschluss vom 2. Februar 2024, a.a.O.). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte sich durch einen Telefonanruf beim FG oder bei seiner Rechtsanwaltskammer darüber informieren können, ob die Pflicht zur Einreichung von Klageschriften per elektronischem Postfach durch Rechtsanwälte auch bei den Finanzgerichten im Jahr 2023 galt oder nicht.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

IV. Die Revision gegen das vorstehende Urteil wurde vom Senat nicht zugelassen, weil kein Revisionszulassungsgrund im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO gegeben ist.

Rechtsmittelbelehrung

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.

Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst oder durch entsprechend befähigte Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.

Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.egvp.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier finden Sie auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens.

Nach Maßgabe von § 52d FGO sind Rechtsanwälte, Behörden und die übrigen in dieser Vorschrift genannten Personen verpflichtet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln.