Gericht | OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 03.07.2024 | |
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Aktenzeichen | 9 UF 68/24 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0703.9UF68.24.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Es werden die nachfolgenden Hinweise erteilt und ein Vergleichsvorschlag unterbreitet.
2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von drei Wochen.
3. Die schriftliche Entscheidung bleibt angekündigt.
1.
Zur besseren Übersicht wird zunächst die vom Senat angesichts der im angefochtenen Beschluss dargestellten Zahlungen des Antragsgegners erstellte Tabelle (vgl. die Hinweisverfügung vom 29.05.2024) aktualisiert. Dabei ist berücksichtigt, dass die durch den Antragsgegner seit April 2023 geleisteten erhöhten Zahlungen spätestens innerhalb der Beschwerdeinstanz wie folgt unstreitig sind:
Unterhalt |
Zahlung |
Rest |
|
Feb 22 |
655,50 € |
- 436,50 € |
219,00 € |
Mrz 22 |
655,50 € |
- 436,50 € |
219,00 € |
Apr 22 |
655,50 € |
- 436,50 € |
219,00 € |
Mai 22 |
655,50 € |
- 436,50 € |
219,00 € |
Jun 22 |
655,50 € |
- 436,50 € |
219,00 € |
Jul 22 |
655,50 € |
- 436,50 € |
219,00 € |
Aug 22 |
655,50 € |
- 436,50 € |
219,00 € |
Sep 22 |
655,50 € |
- 436,50 € |
219,00 € |
Okt 22 |
655,50 € |
- 436,50 € |
219,00 € |
Nov 22 |
655,50 € |
- 436,50 € |
219,00 € |
Dez 22 |
655,50 € |
- 436,50 € |
219,00 € |
Jan 23 |
719,00 € |
- 478,00 € |
241,00 € |
Feb 23 |
719,00 € |
- 478,00 € |
241,00 € |
Mrz 23 |
719,00 € |
- 478,00 € |
241,00 € |
Apr 23 |
719,00 € |
- 759,00 € |
- 40,00 € |
Mai 23 |
719,00 € |
- 759,00 € |
- 40,00 € |
Jun 23 |
719,00 € |
- 759,00 € |
- 40,00 € |
Jul 23 |
719,00 € |
- 759,00 € |
- 40,00 € |
Aug 23 |
719,00 € |
- 759,00 € |
- 40,00 € |
Sep 23 |
719,00 € |
- 759,00 € |
- 40,00 € |
Okt 23 |
719,00 € |
- 679,00 € |
40,00 € |
Nov 23 |
719,00 € |
- 679,00 € |
40,00 € |
Dez 23 |
719,00 € |
- 679,00 € |
40,00 € |
Jan 24 |
757,00 € |
- 679,00 € |
78,00 € |
Feb 24 |
757,00 € |
- 679,00 € |
78,00 € |
Mrz 24 |
757,00 € |
- 679,00 € |
78,00 € |
3.246,00 € |
2.
Anknüpfend an die vorangestellte Tabelle ist zunächst zu beachten, dass in der Zeit von April 2023 bis einschließlich September 2023 Überzahlungen stattgefunden haben (40 € monatlich). Diese sind mit den bis dahin aufgelaufenen Unterhaltsrückstände zu verrechnen.
So hat der Antragsgegner nunmehr (sachlich zutreffend) sich auf die Gesamtberechnung von Februar 2022 bis einschließlich März 2024 bezogen und den korrekten Rückstandsbetrag von 3.246 € für diesen Zeitraum ermittelt (Schriftsatz vom 01.07.2024). Nur vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin im Rahmen der Berechnungen ihrer Beschwerdeerwiderung vom 07.06.2024 (dort S. 2 unten) übersehen hat, dass ihr ab Januar 2024 ein höherer Unterhaltsbetrag (als 719 €) zusteht.
3.
Soweit die Antragstellerin im Rahmen ihrer Beschwerdeerwiderung die Auffassung vertritt, der Einwand des Antragsgegners hätte im Rahmen der Zwangsvollstreckung ausreichend geltend gemacht werden können, und damit im Ergebnis möglicherweise ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragsgegners für die Einlegung der Beschwerde verneinen will, geht dies fehl.
Der Einwand der Erfüllung ist frühestmöglich geltend zu machen und hat (erhebliche) Auswirkungen im Erkenntnisverfahren (wie gerade auch die tabellarische Aufstellung zeigt). Zwar ist eine Geltendmachung im Vollstreckungsverfahren nicht generell ausgeschlossen, jedoch erheblich erschwert, weil (bezogen auf das Datum der erstinstanzlichen Entscheidung) insoweit an sich rechtskräftig ein (noch bestehender) Anspruch rückständigen Kindesunterhalts von 6.138 € am 28.03.2024 festgestellt wird. Gerade i.V.m. den die Erfüllung bis zu diesem Zeitpunkt berücksichtigenden Ausführungen innerhalb der angefochtenen Entscheidung (die zuletzt von monatlichen Zahlungen von 478 € ausgehen) wäre es zumindest problematisch, ob das Berufen des Antragsgegners auf eine darüber hinausgehende Erfüllung im Zwangsvollstreckungsverfahren noch ohne weiteres möglich wäre.
4.
Hinsichtlich der Kostenverteilung und Schadensersatzverpflichtung ist auf Folgendes hinzuweisen:
a.
Bei der Erfüllung nach § 362 BGB handelt es sich um eine Einwendung, die deshalb – gerade wenn sie wie im vorliegenden Fall unstreitig (geworden) ist – von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Zwar trägt die Darlegungs- und Beweislast für eine Erfüllung im Grundsatz der Schuldner. Dies bedeutet jedoch nicht, dass dieser stets zunächst die Erfüllung vorzutragen hat (dies wäre dann der Fall, wenn es sich nicht um eine Einwendung, vielmehr um eine Einrede handeln würde). Denn wenn die Erfüllung unstreitig ist, muss auch der Gläubiger diese sogleich bei der Festlegung des von ihm verlangten Zahlungsbetrages berücksichtigen (vgl. zum Ganzen auch Kerwer in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 362 BGB – Stand: 17.04.2024).
b.
Ausweislich des erstinstanzlichen Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2023 war unstreitig, dass der Antragsgegner für die Zeit von April 2023 bis Oktober 2023 monatlich 759 € Unterhalt an die Antragstellerin gezahlt hat.
Zwar hat dies das Amtsgericht bei seiner abschließenden Entscheidung übersehen (S. 5 unten enthält in der Rückstandsberechnung nur die alten Zahlungsbeträge).
Andererseits hat die Antragstellerin ihren Antrag auch nicht entsprechend angepasst, vielmehr an ihren ursprünglichen diese erhöhten Zahlungen nicht berücksichtigenden Anträgen festgehalten. Dies gilt insoweit erkennbar zulasten der Antragstellerin.
Umgekehrt muss aber auch berücksichtigt werden, dass der Antragsgegner zum einen (jedenfalls nach der Erklärung innerhalb der mündlichen Verhandlung erster Instanz) für Oktober 2023 einen Zahlbetrag von 759 € dargestellt hat, der tatsächlich nicht mehr vorlag (nunmehr ist unstreitig, dass lediglich bis September 2023 monatlich 759 € gezahlt wurden). Ebenso wenig hat er als primär Darlegungsbelasteter dem Amtsgericht Kenntnis davon gegeben, dass er ab Oktober 2023 lediglich noch 679 € gezahlt hat (auch in den der mündlichen Verhandlung nachfolgenden Schriftsätzen findet sich dazu nichts) – was allerdings auch die Antragstellerin ihrerseits versäumt hat.
Insoweit kann unter Berücksichtigung der Billigkeitsentscheidung (§ 243 FamFG) hinsichtlich der rückständigen Unterhaltsbeträge eine gegenseitige Kostenaufhebung als vertretbar erscheinen. Für den weiteren laufenden Unterhaltsanspruch des betroffenen Kindes ab April 2024 (der im Rahmen der Beschwerde auch nicht angefochten ist) ist kostenrechtlich dagegen zu berücksichtigen, dass insoweit die Antragstellerin vollends obsiegt.
c.
Berücksichtigt man dies in der Summe, erscheint eine Kostentragungslast in erster Instanz zu 25 % bei der Antragstellerin und zu 75 % bei dem Antragsgegner als billiges Ergebnis – mit daraus folgenden quotalen Konsequenzen auch für den geltend gemachten Schadensbetrag (75% = 790,58 €). In der zweiten Instanz kommt dagegen wegen der beschränkten Anfechtung der erstinstanzlichen Entscheidung eine wechselseitige Kostenaufhebung in Betracht.
5.
Den Beteiligten wird nachfolgender Vergleichsvorschlag unterbreitet.
a.
Dabei wird allein zwecks Erstellung eines einheitlichen Titels insoweit auch der laufende, d. h. nicht angefochtene und daher rechtskräftig festgestellte Unterhaltsanspruch einbezogen. Wegen des erfolgten Wechsels der Altersstufe der Tochter ... im Juni 2024 wird auf die (ohnehin für die Vollstreckbarkeit überflüssige) Nennung von sog. Derzeit-Werten (derzeitige Altersstufe, derzeitiges anzurechnendes Kindergeld, derzeitiger Zahlbetrag) verzichtet.
Weil der laufende Unterhalt ab April 2024 gilt, wird mit der Klarstellung in Ziff. 5 S. 2 des Vergleichs verdeutlicht, dass ab April 2024 geleistete Zahlungen des Antragsgegners angerechnet werden können.
b.
Der Berücksichtigung von Zinsen soll die jeweilige Erhöhung der Zahlbeträge in Ziff. 2. bzw. Ziff. 3 des Vergleichs dienen.
Vergleich
1.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für das Kind ..., geboren am ….2012, ab dem 01.04.2024 einen jeweils monatlich im Voraus fälligen Kindesunterhalt i.H.v. 160 % des jeweiligen Mindestunterhaltes gem. § 1612a Abs. 1 BGB der jeweiligen Altersstufe, gemindert um das hälftige Kindergeld für ein erstes Kind, zu zahlen.
2.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für das Kind ..., geboren am …2012, einen rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit bis einschließlich März 2024 in Höhe von insgesamt 3.400 € zu zahlen.
3.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin einen Betrag i.H.v. 800 € als Schadensersatz für die vorgerichtlichen anwaltlichen Kosten zu zahlen.
4.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen zu 25 % die Antragstellerin und zu 75 % der Antragsgegner. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
5.
Mit diesem Vergleich sind alle Ansprüche der Beteiligten angesichts dieses Rechtsstreites erledigt. Klargestellt wird, dass dieser Vergleich Zahlungen des Antragsgegners allein bis einschließlich März 2024 erfasst.