Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 28.08.2024 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | OVG 4 B 27/22 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0828.OVG4B27.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 Abs 2 Nr 3 GebGBbg , JKGBbg, § 4 BbgKostO, § 3 Nr 2 VwVGBbg , § 287 Abs 2 ZPO |
Wer um Kopien aus Verwaltungsvorgängen bittet, hat in Ermangelung einer speziellen gesetzlichen Regelung die Kosten für deren Fertigung zu tragen.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 7. August 2019 geändert.
Der Kostenbescheid vom 20. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 14. November 2017 wird aufgehoben, soweit eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10,00 Euro erhoben wird.
Der Widerspruchsbescheid vom 19. März 2019 wird aufgehoben, soweit eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10,00 Euro erhoben wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beteiligten streiten um die Kostentragung für die Fertigung von Kopien aus Verwaltungsvorgängen des Beklagten.
Der Kläger nahm am 14. September 2016 Einsicht in Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die die Nutzung des Zeiterfassungssystems ZEUS bei Urlaubs- und Abwesenheitsanträgen der Richter des Verwaltungsgerichts U_____ betrafen. Für die Erstellung der vom Kläger erbetenen 32 Kopien aus den eingesehenen Akten stellte das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Beklagten (im Folgenden: Justizministerium) dem Kläger mit Kostenbescheid vom 20. September 2016 unter Heranziehung von § 9 Satz 2 Nr. 2 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebGBbg) 16,00 Euro (32 X 0,50 Euro) als Auslagen in Rechnung und bat um Überweisung bis zum 17. Oktober 2016. Das Justizministerium übersandte die 32 Kopien zusammen mit dem Kostenbescheid. Mit Mahnschreiben vom 28. November 2016 erhob die Landeshauptkasse des Beklagten eine Mahngebühr in Höhe von 5 Euro.
Der Kläger legte am 12. Dezember 2016 Widerspruch gegen den Kostenbescheid ein und hat am 30. August 2017 Untätigkeitsklage bei dem Verwaltungsgericht Potsdam erhoben. Daraufhin wies das Justizministerium den Widerspruch mit dem Kläger am 17. November 2017 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 14. November 2017 unter Auferlegung der Kosten und Erhebung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 10 Euro zurück. Der Kläger hat den Widerspruchsbescheid mit am 18. Dezember 2017 (einem Montag) bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz in das Klageverfahren einbezogen.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 16. November 2018 an das Justizministerium „vorsorglich“ Widerspruch gegen den Gebührenausspruch (10 Euro) im Widerspruchsbescheid vom 14. November 2017 ein, den das Ministerium mit dem Kläger am 26. März 2019 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 19. März 2019 unter Auferlegung der Kosten und Erhebung einer (weiteren) Verwaltungsgebühr in Höhe von 10 Euro als unzulässig zurückwies. Der Kläger hat auch diesen Widerspruchsbescheid mit noch am selben Tag beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schreiben vom 26. April 2019 in das Klageverfahren einbezogen.
Das Verwaltungsgericht Potsdam hat mit Urteil vom 7. August 2019 der Klage vollumfänglich stattgegeben und die Kostenforderung vom 20. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2017 und den Widerspruchsbescheid vom 19. März 2019 aufgehoben. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, das Gebührengesetz für das Land Brandenburg finde für die Justizverwaltung keine Anwendung. Der eindeutige Wortlaut der Exemtionsklausel des § 1 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 GebGBbg, der durch die Gesetzesbegründung nicht erschüttert werde, stehe einer Einschränkung auf Tätigkeiten, die der Justizverwaltung typischerweise obliegen, entgegen. Es erscheine nach der Gesetzesbegründung naheliegend, dass die Exemtionsklausel mit Blick auf die bestehenden sondergesetzlichen Regelungen für die Erhebung von Kosten im Zuständigkeitsbereich der Behörden der Justizverwaltung umfassend sei und bezüglich der Tätigkeit von Behörden der Justizverwaltung insbesondere auf das JVKostG und das JKGBbg abgestellt werden solle. Nach dem JVKostG komme eine Erstattung der Auslagen nicht in Betracht, da die Angelegenheiten der Personalverwaltung nicht zu den in § 1 Abs. 2 JVKostG enumerativ aufgezählten Justizverwaltungsangelegenheiten zählten. Dies seien nur besondere justizspezifische Verwaltungsaufgaben, die sich von allgemeinen Verwaltungsaufgaben unterschieden. Mangels bestehender rechtmäßiger Forderung sei auch die Mahngebühr nicht festzusetzen gewesen. Die auf § 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO, § 18 Abs. 3 GebGBbg gestützte Kostenforderung in dem gegen die Auslagenerstattung gerichteten Widerspruchsverfahren sei bereits wegen § 14 Abs. 3 GebGBbg nicht zu erheben gewesen. Soweit sich der Kläger gegen den weiteren Widerspruchsbescheid vom 19. März 2019 wende, sei die Klage ebenfalls zulässig und begründet. Der Widerspruch sei nicht wegen § 25 Abs. 1 Halbs. 2 GebGBbg ausgeschlossen.
Der Senat hat die Berufung auf Antrag des Beklagten mit Beschluss vom 3. August 2022, der dem Beklagten am 15. August zugestellt wurde, zugelassen. Der Beklagte hat die Berufung innerhalb der antragsgemäß bis zum 4. Oktober 2022 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am letzten Tag der Frist elektronisch eingegangenem Schriftsatz vom 29. September 2022 nebst Antragstellung begründet.
Der Beklagte ist der Auffassung, Gebühren und Auslagen von Justizbehörden im Sinne der Exemtionsregelung des § 1 Abs. 2 Nr. 3 GebGBbg lägen nur vor, wenn eine Behörde Leistungen erbringe, die Gebührentatbestände nach dem Justizverwaltungskostengesetz des Bundes in Verbindung mit dem Brandenburgischen Justizkostengesetz auslösten. Sofern dieselbe Behörde auch noch andere Leistungen erbringe, finde das GebGBbg für die Erhebung der entsprechenden Gebühren Anwendung, wie sich aus § 1 Abs. 3 GebGBbg ergebe. Der Justizbehördenbegriff sei funktional zu verstehen. § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 GebGBbg dienten der Abgrenzung von spezifischen Kostenregelungen im Justizbereich. Dies lasse sich den Gesetzesmaterialien entnehmen. Der Beklagte sieht sich in seiner Auffassung auch durch die Regelung zur sachlichen Gebührenfreiheit in § 7 Abs. 1 Nr. 3 GebGBbg bestätigt, die nicht die Erstattung von Auslagen betreffe. Für eine unterschiedliche Behandlung von Bediensteten in Gerichten und Behörden der Justiz- und Gerichtsverwaltung gegenüber den Bediensteten aller übrigen Behörden, sei kein Grund ersichtlich.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 7. August 2019 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der auch nach Hinweis des Senats auf § 67 Abs. 4 VwGO nicht anwaltlich vertretene Kläger stellt im Berufungsverfahren keinen Antrag.
Die dem Oberverwaltungsgericht übermittelten Verwaltungsvorgänge sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Die zulässige Anfechtungsklage, mit der der Kläger sich gegen den Kostenbescheid vom 20. September 2016 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 14. November 2017 erlangt hat, und gegen den Widerspruchsbescheid vom 19. März 2019 wendet, ist nur insoweit begründet, als der Beklagte von dem Kläger mit den Widerspruchsbescheiden jeweils eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10 Euro erhebt (unten 4.). Im Übrigen ist die Klage nicht begründet.
1. Der Kostenbescheid vom 20. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. November 2017 ist rechtmäßig, soweit der Beklagte vom Kläger die Erstattung von Auslagen in Höhe von 16,00 Euro für die Anfertigung von Ablichtungen verlangt, und verletzt den Kläger insoweit nicht in seinen Rechten.
Zwar hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht weder im Gebührengesetz des Landes Brandenburg noch im Justizkostengesetz für das Land Brandenburg eine Rechtsgrundlage für die Kostenforderung erkannt. Der Kläger hat die ihm vom Beklagten in Rechnung gestellten Kopierkosten aber auch ohne spezielle Verwaltungskostenregelung zu tragen.
a) Das Gebührengesetz für das Land Brandenburg vom 7. Juli 2009 (GVBl. I S. 246, mit späteren hier nicht maßgeblichen Änderungen) gilt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes nicht für Gebühren und Auslagen der Behörden der Justiz- und der Gerichtsverwaltung. Das Justizministerium ist bei der Fertigung der Ablichtungen für den Kläger als Behörde der Gerichtsverwaltung tätig geworden.
Gerichtsverwaltung ist nach neuerer, nahezu einhelliger Terminologie (Wittreck, Die Verwaltung der Dritten Gewalt, 2006, S. 16 m.w.N.) die Gesamtheit der Aufgaben, die bei der Bereitstellung der persönlichen und sachlichen Mittel für die Tätigkeit der Gerichte in Rechtsprechung und Justizverwaltung zu erfüllen sind. Umfasst ist die gesamte verwaltende Tätigkeit, mit der nicht unmittelbar die dem Gericht zugewiesenen Aufgaben der Rechtsprechung oder der Verwaltung nach außen hin erfüllt werden, sondern die der Bereitstellung der hierfür unerlässlichen materiellen und personellen Voraussetzungen dient. Sie wirkt nur innerhalb des Gerichtsaufbaus. Zur Gerichtsverwaltung gehören u.a. die gesamte Personalverwaltung (Ernennung, Einstellung, Entlassung, Beförderung, Disziplinargewalt, Dienstaufsicht) und die Organisation des Dienstbetriebs (Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 12 Rn. 86). Das für Justiz zuständige Mitglied der Landesregierung ist nach § 5 des Brandenburgischen Verwaltungsgerichtsgesetzes (BbgVwGG) oberste Dienstaufsichtsbehörde für die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Land Brandenburg. Diese ist damit dem Geschäftsbereich des Justizministeriums zugeordnet (Stelkens/Schenk, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Januar 2024, VwGO § 38 Rn. 7). Der Justizminister bzw. die Justizministerin steht an der Spitze der Gerichtsverwaltung. Er bzw. sie hat, soweit nicht ausdrückliche Rechtsvorschriften bestehen, das Recht, alle Aufgaben selbst wahrzunehmen oder sie zu delegieren und die Verwaltungsorganisation zu bestimmen. Die in der Gerichtsverwaltung tätigen Richter sind nicht nach § 1 GVG unabhängig, sondern weisungsgebunden. Das gilt auch für den Gerichtspräsidenten (vgl. Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 12 Rn. 89 f.). Die Verwaltungsvorgänge, aus denen die Ablichtungen für den Kläger gefertigt worden sind, betrafen hier die Nutzung des Zeiterfassungssystems ZEUS bei Urlaubs- und Abwesenheitsanträgen der Richter des Verwaltungsgerichts U_____, mithin die Organisation des Dienstbetriebs und die Personalverwaltung.
Der unmissverständliche Wortlaut von § 1 Abs. 2 Nr. 3 GebGBbg bietet keinen Anknüpfungspunkt für eine einschränkende Auslegung. Mag § 1 Abs. 2 Nr. 3 GebGBbg vor der Neufassung im Jahr 2009 mit dem Wortlaut: „Dieses Gesetz gilt nicht für die Kosten der Behörden der Justizverwaltung und der Gerichtsverwaltung“, gelesen als „Kosten der Gerichtsverwaltung und Kosten der Behörden der Justizverwaltung“, noch Raum geboten haben für ein enges Verständnis des Begriffs „Gerichtsverwaltung“ in einem organisatorischen, auf die Verwaltung innerhalb der Gerichte beschränkten Sinn, lässt der 2009 neugefasste Wortlaut keinen Zweifel, dass alle Behörden der Gerichtsverwaltung im dargestellten Begriffsverständnis von der Ausschlussklausel erfasst sind. Denn die jetzige Fassung handelt – sprachlich eindeutig – von Gebühren und Auslagen der Behörden der Justizverwaltung und der Behörden der Gerichtsverwaltung. Auf das vom Beklagten und dem Verwaltungsgericht als entscheidend in den Blick genommene Verständnis des Begriffs der „Justizverwaltung“ im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 GebGBbg kommt es somit für die Bestimmung der Reichweite dieser Klausel hier nicht an.
Die Gesetzesmaterialien oder gesetzessystematische Erwägungen führen nicht auf ein anderes Normverständnis. Für die Auslegung einer Norm kommt es auf den darin zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers an, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder. Der Entstehungsgeschichte kommt für die Auslegung regelmäßig nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den allgemeinen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die ansonsten nicht ausgeräumt werden können. Die in den Gesetzesmaterialien dokumentierten Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen können nicht mit dem objektiven Gesetzesinhalt gleichgesetzt werden. Für die Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers sind vielmehr alle anerkannten Auslegungsmethoden heranzuziehen, die sich gegenseitig ergänzen und nicht in einem Rangverhältnis zueinander stehen (Urteil des Senats vom 17. Oktober 2019 – OVG 4 B 22.17 – juris Rn. 18 mit Verweis auf BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 – BVerfGE 144, 20 Rn. 555).
Der Gesetzgeber wollte mit der Neufassung des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg im Jahr 2009 unter anderem Auslegungsschwierigkeiten begegnen und Bestimmungen des seit 1991 geltenden Gebührengesetzes ersetzen, die „die gewünschte Eindeutigkeit vermissen“ lassen (vgl. LT-Drs. 4/6974 S.1). So hat er § 1 Abs. 2 Nr. 1 GebGBbg a.F., wonach das Gesetz nicht galt, „soweit Kosten Gegenstand besonderer Regelung durch Gesetz, aufgrund eines Gesetzes oder durch öffentlich-rechtlichen Vertrag“ waren, gestrichen und in einem eigenen Absatz 3 „deutlicher als bisher die subsidiäre Geltung des Gesetzes“ hervorgehoben (LT-Drs. 4/6974, Einzelbegründung zu § 1). Der Gesetzgeber hat erkannt, dass eine Subsidiaritätsklausel etwas anderes ist als eine Ausschlussregelung zur (eindeutigen) Bestimmung des Anwendungsbereichs des Gesetzes. Mit der Neufassung des Gesetzes ist durch § 1 Abs. 3 GebGBbg klargestellt, dass das Gebührengesetz innerhalb seines Anwendungsbereichs entsprechende Anwendung finden soll, wenn nach anderen Rechtsvorschriften Gebühren und Auslagen erhoben werden und nichts Abweichendes bestimmt ist, und nicht etwa der Anwendungsbereich des Gesetzes über den Anwendungsbereich anderer, nicht einmal konkret benannter Gesetze bestimmt werden soll. Ist ein Rechtsbereich nach § 1 Abs. 2 GebGBbg vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen, gilt auch § 1 Abs. 3 GebGBbg in diesem Bereich nicht. Absatz 3 hebt nicht Absatz 2 in Teilbereichen wieder auf. Wie etwa auch der Bundesgesetzgeber in der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BGebG ausdrücklich klargestellt hat, bedeutet die Ausnahme eines Rechtsgebiets vom Anwendungsbereich des Gesetzes, dass dieses auch dann nicht angewendet werden darf, wenn in dem ausgenommenen Bereich lückenhafte oder gar keine Regelungen vorhanden sind (BT-Drs. 17/10422 S. 91).
Auch gesetzessystematische Erwägungen stellen die dem Wortlaut folgende Auslegung nicht durchgreifend in Frage. Die vom Senat im Zulassungsbeschluss mit Blick auf § 7 Abs. 1 Nr. 3 GebGBbg zu bedenken gegebene Frage, ob der Gesetzgeber eine Ungleichbehandlung der Bediensteten in „Behörden der Justiz- und Gerichtsverwaltung“ einerseits, in allen übrigen Behörden andererseits bezwecke und wie diese verfassungsrechtlich zu rechtfertigen wäre, kann für sich genommen nicht maßgeblich die Auslegung von § 1 Abs. 2 Nr. 3 GebGBbg bestimmen. Im Übrigen führt die hier gefundene Auslegung mit dem tenorierten Ergebnis im Hinblick auf die Erstattung von Auslagen für gefertigte Ablichtungen nicht zu einer wesentlichen Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber anderen Bediensteten in der öffentlichen Verwaltung.
b) Das Brandenburgische Justizkostengesetz (JKGBbg) ist für im Rahmen der Gerichtsverwaltung angefallene Auslagen nicht einschlägig. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 JKGBbg erheben die Justizbehörden des Landes Kosten nach dem Justizverwaltungskostengesetz (des Bundes) in Justizverwaltungsangelegenheiten. Hierbei handelt es sich um der Justiz zugewiesene besondere justizspezifische Verwaltungsaufgaben, die neben den allgemeinen Verwaltungsaufgaben stehen (vgl. LT-Drs. 5/8958 Begründung S. 1; LT-Drs.1/2926 S. 9). Dem Justizkostengesetz liegt das neuere Begriffsverständnis zugrunde, wonach der Terminus Justizverwaltung, im materiellen Sinn verstanden, nur noch solche Verwaltungsaufgaben bezeichnet, die von Gerichten und anderen Justizbehörden außerhalb anhängiger Verfahren mit Außenwirkung gegenüber den Bürgern erfüllt werden. So verstanden ist Justizverwaltung der Gegenbegriff zu Gerichtsverwaltung (vgl. Wittreck, Die Verwaltung der Dritten Gewalt, 2006, S. 13 f. m.w.N.).
c) Der Kläger – und nicht die Allgemeinheit – hat die Kosten für die auf seine Bitte für ihn gefertigten Kopien aber auch ohne spezielle Verwaltungskostenregelung zu tragen, da es sich um Aufwendungen für die seiner Sphäre zuzuordnende Rechtsverfolgung handelt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2013 – 3 C 20.12 – juris Rn. 7; Grünewald, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 6. Aufl. 2020, § 29 Rn. 53; Kugele, VwVfG, 2014, § 29 Rn. 9; ohne nähere Begründung ebenso im Ergebnis: Herrmann, in: BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 64. Ed., Stand 1. Juli 2024, § 29 Rn. 35; Schneider, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Juli 2024, VwVfG § 29 Rn. 61; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 29 Rn. 41a; Ritgen, in: Knack/Hennecke, VwVfG, 11. Aufl. 2020, § 29 Rn. 88). Dies entspricht dem Rechtsgedanken des Veranlassungsprinzips im Kostenrecht, das keine Besonderheit des gerichtlichen Kostenrechts ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Juni 2006 – 2 BvR 1596/01 – juris Rn. 40). Die Auslagenhaftung ist danach Ausdruck der Antragstellerhaftung als Veranlasser (vgl. zu § 28 GKG Semmelbeck, in: BeckOK Kostenrecht, Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn, 46. Ed. Stand 1. Juli 2024, GKG § 28 vor Rn. 1; Toussaint, in: Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl. 2023, GKG § 28 Rn. 4).
Aus dem Dienstverhältnis des Klägers folgt nichts anderes. Mit dem personalaktenrechtlichen Einsichtsrecht des Klägers (§ 10 BbgRiG i.V.m. § 97 Abs. 3 LBG in der hier maßgeblichen, bis zum 24. Mai 2018 geltenden Fassung) ging nicht ein Anspruch auf die Fertigung von Ablichtungen durch den Dienstherrn einher. § 97 Abs. 3 Satz 2 LBG a.F. erlaubte, soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstanden, die Fertigung von Auszügen, Abschriften, Ablichtungen oder Ausdrucken. Mit der Gewährung der Möglichkeit zur Fertigung von Kopien ist nicht die Verpflichtung des Dienstherrn verbunden, die Kopien auf eigene Kosten durch eigenes Personal bereitzustellen (vgl. Hoffmann, in: GKÖD, BBG, Stand Oktober 2019, § 110 Rn. 25; Kathke, in: Schütz/Maiwald, BeamtR, Teil C, Stand Juli 2011, § 87 Rn. 71 und 75; Hebeler, in: Battis, BBG, 6. Aufl. 2022, § 110 Rn. 4; BT-Drs. 12/544 S. 19 zum im Wesentlichen gleichlautenden Bundesrecht). Ob nach der aktuellen Fassung von § 97 Abs. 3 LBG anderes gilt, bedarf hier keiner Entscheidung.
Der Senat bemisst die Höhe der von dem Kläger zu erstattenden Auslagen für die Fertigung von 32 Ablichtungen in entsprechender Anwendung (§ 173 VwGO) von § 287 Abs. 2 ZPO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2023 – 2 B 20.22 – juris Rn. 10) in Anlehnung an die gesetzliche Festlegung in anderen Kostengesetzen mit 16 Euro (32 X 0,50 Euro). Sowohl der Brandenburger Gesetzgeber (vgl. § 9 Satz 2 Nr. 2 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg vom 7. Juli 2009; Tarifstelle 3.1 der Anlage zur Akteneinsichts- und Informationsgebührenordnung vom 2. April 2001) als auch der Bundesgesetzgeber (vgl. Nr. 9000 Ziffer 1 der Anlage 1 zum GKG; Nr. 2000 der Anlage zum Justizverwaltungskostengesetz vom 23. Juli 2013) veranschlagen die Auslagen für die Herstellung von Kopien für die ersten 50 Seiten je Seite mit 0,50 Euro und für jede weitere Seite mit 0,15 Euro. Es ist kein Grund für eine von der gesetzgeberischen Einschätzung abweichende Bemessung ersichtlich.
2. Die Erhebung einer Mahngebühr in Höhe von 5 Euro mit Mahnschreiben vom 28. November 2016 begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen des § 4 der Brandenburgischen Kostenordnung vom 2. September 2013 (BbgKostO - GVBl. II/13, [Nr.64]) i.V.m. § 3 Nr. 2 und § 19 Abs. 2 Nr. 4 VwVGBbg lagen vor. Der dem Kläger gemeinsam mit den erbetenen Kopien im September 2016 übersandte Kostenbescheid war gemäß § 3 Nr. 2 VwVGBbg vollstreckbar, da nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage bei der Anforderung von öffentlichen Kosten entfällt. Die Forderung war jedenfalls mit Ablauf der im Bescheid gesetzten Zahlungsfrist bis zum 17. Oktober 2016 fällig.
3. Der Widerspruchsbescheid vom 19. März 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit der Beklagte den gegen den Widerspruchsbescheid vom 14. November 2017 gerichteten Widerspruch des Klägers als unzulässig zurückgewiesen hat. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass ein Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid oder auch nur die darin getroffene Kostenentscheidung nicht statthaft ist (BVerwG, Urteil vom 12. August 2014 – 1 C 2.14 – juris Rn. 12 ff.). Der vom Beklagten und dem Verwaltungsgericht mit divergierendem Normverständnis herangezogene § 25 Abs. 1 GebGBbg ist aus den genannten Gründen nicht einschlägig.
4. Die Klage ist begründet, soweit sich der Kläger gegen die Erhebung einer Verwaltungsgebühr in den streitgegenständlichen Widerspruchsbescheiden wendet. Es besteht keine Rechtsgrundlage für die Erhebung dieser Gebühr. Da das Gebührengesetz, wie bereits dargelegt, gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 GebGBbg hier keine Anwendung findet, kann der Beklagte seine Forderung nicht auf § 18 Abs. 3 GebGBbg stützen. Es findet sich auch keine Rechtsgrundlage in anderen Gesetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO und § 127 Nr. 1 BRRG genannten Gründe vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht schriftlich oder in der bezeichneten elektronischen Form einzureichen.
Rechtsanwälte, Behörden, juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Vertretungsberechtigte, die über ein elektronisches Postfach nach § 55a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 VwGO verfügen, sind zur Übermittlung elektronischer Dokumente nach Maßgabe des § 55d VwGO verpflichtet.
Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. In Angelegenheiten, die ein gegenwärtiges oder früheres Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen, und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind auch die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 VwGO bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO als Bevollmächtigte zugelassen; sie müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen als Bevollmächtigte nicht vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören.