Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 10 U 136/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 10. Zivilsenat Entscheidungsdatum 19.12.2024
Aktenzeichen 10 U 136/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:1219.10U136.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Neuruppin vom 12. Oktober 2023 – 1 O 328/21 - nebst dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht Neuruppin zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz unter anderem wegen der behaupteten mangelhaften Verlegung eines Holzdielenfußbodens im Erd- und Obergeschoss ihres Hauses in Anspruch. Sie beauftragten die Beklagte im Jahr 2018 auf der Grundlage der Angebote vom 11. September 2018 (Fußboden) und 16. Oktober 2018 (Treppenstufen und Fensterbretter) mit der Verlegung eines Dielenfußbodens im Erd- und Obergeschoss ihres damals in der Errichtung befindlichen Wohnhauses in der („Adresse 01“).

Die Beklagte führte die beauftragten Arbeiten in der Zeit von August bis Oktober 2018 aus. Nachdem die Kläger Verformungen und Ablösungen der Dielen im Erd- und Obergeschoss wahrgenommen hatten, beauftragten sie den Privatgutachter („Name 01“) mit der Begutachtung der Mängel. Dieser erstellte nach Öffnung des Estrichs im Beisein der Beklagten am 30. November 2018 ein Gutachten vom 22. Januar 2019 (62 ff. OH).

Die Kläger setzten eine Frist zur Mangelbeseitigung mit Schreiben vom 12. November 2018 (K 11) bis zum 12. Dezember 2018. Nachdem die Beklagte eine Mangelbeseitigung mit Schreiben vom 12. November 2018 (K 12) abgelehnt hatte, haben die Kläger eine Begutachtung im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens bei dem Landgericht Neuruppin zum Az. 1 OH 19/19 beantragt. Der gerichtlich bestellte Sachverständige („Name 02“) hat sein Gutachten unter dem 14. Februar 2020 (AB) mit Ergänzung vom 7. Januar 2021 (Bl. 476 ff. OH) erstattet.

Die Kläger haben unter Bezugnahme auf das im selbstständigen Beweisverfahren erstellte Gutachten geltend gemacht, die Beklagte habe die Arbeiten mangelhaft ausgeführt, insbesondere seien die Dielen nur unzureichend mit dem Untergrund verbunden, was an der fehlerhaften Verlegung unter Verwendung eines ungeeigneten Grundierungsmittels sowie einer zu geringen Klebstoffmenge und einem fehlerhaft ausgewählten Klebstoff liege.

Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe fachgerecht gearbeitet. Sie habe ordnungsgemäß durch eine CM-Messung die Belegreife des Estrichs festgestellt, auf den die Dielen aufgebracht worden seien. Sie sei jedoch nicht darüber aufgeklärt worden, dass in den Heizestrich der Zuschlagstoff Retanol eingebracht worden sei, auch seien die klimatischen Bedingungen in dem Haus nicht vertragsgemäß gewesen. Der Estrich habe zudem Mehrstärken aufgewiesen, was zu einer höheren Feuchtigkeit geführt habe. Bei Beginn der Arbeiten habe ein Aufheizprotokoll nicht vorgelegen. Maßgeblich sei die Verformung der Dielen darauf zurückzuführen, dass Feuchtigkeit aus der Betonplatte ausgetreten sei und es u.a. aufgrund der verwendeten Trocknungsgeräte zu einem Nachfeuchten gekommen sei, das eine Verbindung des Klebers mit dem Untergrund verhindert bzw. eine bestehende Verbindung wieder gelöst habe.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und erstinstanzlichen Anträge wird ergänzend auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 I Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat durch Grundurteil entschieden, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet sei, den Klägern die Ersatzvornahmekosten für die durchgeführten Mangelbeseitigungsarbeiten am von der Beklagten hergestellten Werk im Erdgeschoss des Hauses („Adresse 01“) zu erstatten und Schadensersatz zu leisten für die Auslagerung der Küche, Sachverständigenkosten und Malerarbeiten. Ferner hat es festgestellt, dass den Klägern dem Grunde nach ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte auf Vorschuss für noch durchzuführende Mangelbeseitigungsarbeiten am von der Beklagten hergestellten Werk im Obergeschoss des Hauses („Adresse 01“) zustehe. Schließlich hat es festgestellt, dass die Beklagte den Klägern zum Ersatz sämtlicher weiterer Schäden verpflichtet sei, die ihnen für die Behebung der unzureichend verlegten Dielen im Obergeschoss, der zum Teil gebrochenen und nicht geschnittenen Korkstreifen im Obergeschoss, der durch teilweise zwischen Estrich und Wand gelaufene Spachtelmasse geschaffenen Schallbrücke im Estrich des Obergeschosses, sowie von scharfkantigen Ecken der Konvektoren im Obergeschoss entstehen würden. Die Sache sei allein dem Grunde nach zur Entscheidung reif, hinsichtlich der Höhe der Ansprüche der Kläger seien noch weitere Feststellungen zu treffen.

Das Landgericht hat weiter ausgeführt, dass von der Beklagten hergestellte Werk leide unter den von den Klägern behaupteten Mängeln, was sich aus den im selbstständigen Beweisverfahren 1 OH 19/19 (9 / 19) eingeholten Gutachten ergebe, welche der Sachverständige („Name 02“) in der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2023 erläutert habe. Die Einwände der Beklagten würden allesamt nicht durchgreifen. Insbesondere sei eine etwaige Restfeuchte der Bodenplatte für die Entstehung des Mangels unerheblich. Insoweit gebe das Gutachten („Name 03“) keinen Anlass, die Beweisaufnahme weiter zu ergänzen. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Abdichtung des Baus gegen Bodenfeuchte seien nicht erkennbar. Punktuelle Mehrstärken des Estrichs seien im Lichte des großflächigen Schadens ohne Bedeutung.

Die Kläger hätten Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten hinsichtlich der bereits beseitigten Mängel im Erdgeschoss und der damit verbundenen weiteren Schäden dem Grunde nach aus §§ 631, 637 Abs. 1, 634 Nr. 2 BGB (Kosten Sachverständiger („Name 01“), Kosten für die Auslagerung der Küche, Malerarbeiten). Der weitergehende Schaden sei dem Grunde nach gemäß §§ 631, 280, 281 BGB zu ersetzen.

Der Anspruch der Kläger auf Vorschuss für die Mangelbeseitigungskosten im Obergeschoss ergebe sich dem Grunde nach aus §§ 631, 637 Abs. 1, 634 Nr. 2 BGB.

Die Rechtfertigung des Feststellungsantrages ergebe sich für das Obergeschoss aus dem Anspruch auf Mangelbeseitigung im Hinblick darauf, dass der Vorschussanspruch grundsätzlich netto zu berechnen sei. Dagegen sei hinsichtlich der Mängel im Erdgeschoss nach der durchgeführten Mangelbeseitigung nicht ersichtlich, dass weitere Schäden entstehen könnten; die Klage sei insoweit unbegründet.

Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie hat den Erlass eines Grundurteils schon für unzulässig gehalten. Ein solches sei auch nicht deshalb zulässig, weil das Grundurteil dahingehend auszulegen sei, dass es sich nur auf den Leistungsantrag und nicht auf den Feststellungsantrag beziehe und insoweit ein Teilurteil sei, und ein solches Teilurteil die Gefahr widersprechender Entscheidungen berge und deshalb unzulässig wäre.

Zudem sei der Erlass eines Grundurteils nur dann zulässig, wenn sämtliche Fragen zum Grund des Anspruchs erledigt würden. Vorliegend seien jedoch Zweifel gegeben, dass die Beklagte die alleinige Verantwortlichkeit für die Mangel trage.

Der Sachverständige („Name 02“) habe nicht untersucht, woher die Feuchtigkeit gerührt habe, die zum Auffeuchten des Holzes auf der Unterseite geführt habe. Die Verwendung von Retanol sei sowohl der Beklagten als auch den Mitarbeitern vor Ort komplett verschwiegen worden. Durch die Verwendung des Mittels könne eine verzögerte Restfeuchtebildung eintreten, die ebenfalls schadensursächlich sei.

Bereits erstinstanzlich sei eine DIN-gerechte Planung bzw. Ausführung der Bodenplatte und Feuchtigkeitsperre in Abrede gestellt worden. Der Bauherr habe trotz Aufforderung Unterlagen zum Aufbau der Bodenplatte nicht herausgegeben.

Bereits erstinstanzlich sei gerügt worden, dass der Sachverständige („Name 02“) keine eigenen Feststellungen getroffen habe. Er habe lediglich minimalste Teilbereiche geöffnet (im sog. Büroraum), dort lediglich wenige Bohlen in Augenschein genommen, keine weitere Bauteilöffnung vorgenommen und sei zu dem Schluss gekommen, dass sich diese Mangelerscheinungen auf insgesamt zwei Etagen hochrechnen ließen. Der Sachverständige habe auch ein fehlerhaftes Verständnis der DIN 18356, denn er habe diese Vorschrift für nicht anwendbar bzw. als inhaltlich fehlerhaft angesehen.

Zudem hätte das Landgericht sich mit dem Privatgutachten des Ingenieurs („Name 03“) sowie des Privatgutachters der Kläger, („Name 01“), auseinandersetzen müssen. Das landgerichtliche Urteil lasse eine Prüfung darauf vermissen, ob die aufgeworfenen Fragen durch gerichtlichen Sachverständigen vollständig und widerspruchsfrei beantwortet worden seien. Insoweit hätte unter Beachtung der Ausführungen des Zeugen („Name 04“) als auch der Angaben des Sachverständigen („Name 02“) sowie des Gutachters („Name 03“) im Rahmen der mündlichen Anhörung die Beweisaufnahme wieder eröffnet werden müssen.

Die Mängel der Werkleistungen beruhten deshalb auf mehreren Ursachen, die teils in den Verantwortungsbereich des Bestellers, teils in den Verantwortungsbereich des Unternehmers fielen. Zudem sei ein Mitverschulden der Bauherren zu berücksichtigen gewesen, weil diese sich keines bauüberwachenden Architekten bedient hätten. Der Bauherr habe zudem Sorge für eine ausreichende Beheizung und Raumbelüftung zu tragen. Im Rahmen der Beweisaufnahme sei offenbar geworden, dass hier lediglich zwei Ölradiatoren vor Ort gewesen seien. Welchen Einfluss diese auf die nicht ausreichende Beheizbarkeit gehabt hätten, habe der Gutachter ebenfalls nicht klären können.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 20. Oktober 2023 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin – 1 O 328/21 - die Klage abzuweisen,

hilfsweise, das Verfahren an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil vom 20. Oktober 2023 sowie die von den Parteien gewechselten Schriftsätze.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache - vorläufigen - Erfolg und führt zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Neuruppin. Das Landgericht hat die Voraussetzungen eines Grundurteils rechtsfehlerhaft als gegeben erachtet und zudem fehlerhaft ein Teilurteil erlassen.

1. Das Landgericht hat durch Grundurteil entschieden, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet sei, den Klägern die Ersatzvornahmekosten für die im Erdgeschoss durchgeführten Mangelbeseitigungsarbeiten zu erstatten und Schadensersatz zu leisten für die Auslagerung der Küche, Sachverständigenkosten und Malerarbeiten. Ferner hat es festgestellt, dass den Klägern dem Grunde nach ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte auf Vorschuss für noch durchzuführende Mangelbeseitigungsarbeiten im Obergeschoss zustehe (Ziff. 1+ 2 Tenor). Schließlich hat es festgestellt, dass die Beklagte den Klägern zum Ersatz sämtlicher weiterer Schäden verpflichtet sei, die ihnen für die Behebung der unzureichend verlegten Dielen im Obergeschoss, der zum Teil gebrochenen und nicht geschnittenen Korkstreifen im Obergeschoss, der durch teilweise zwischen Estrich und Wand gelaufene Spachtelmasse geschaffenen Schallbrücke im Estrich des Obergeschosses, sowie von scharfkantigen Ecken der Konvektoren im Obergeschoss entstehen würden (Ziff. 3 Tenor). Die weitergehende Klage hat es abgewiesen (Ziff. 4 Tenor).

Dabei hat das Landgericht sowohl die Voraussetzungen eines Grundurteils gemäß § 304 ZPO als auch die Voraussetzungen eines Teilurteils gemäß § 301 ZPO rechtsfehlerhaft als gegeben erachtet (vgl. 1 und 2). Durch die Klageabweisung im Übrigen ist zudem der Umfang der Rechtskraft nicht hinreichend sicher festgestellt (vgl. 3).

(1) Gemäß § 304 ZPO darf ein Zwischenurteil über den Grund nur ergehen, wenn der bezifferte Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, grundsätzlich alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (st. Rspr.¸vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 - VII ZR 103/16 - ).

a) Die Beklagte kann sich allerdings nicht mit Erfolg darauf berufen, dass über einen Feststellungsantrag (hier Antrag zu 3) nicht im Wege des Grundurteils entschieden werden dürfe. Dies ist zwar grundsätzlich zutreffend (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06 - Beck online, Tz 10), hier aber nicht der Fall. Das Landgericht hat ersichtlich den Feststellungsantrag nicht dem Grunde nach entschieden, sondern endgültig im Wege eines (Teil-)Endurteils.

b) Es fehlt jedoch an den vom Gericht in allen Instanzen von Amts wegen zu prüfenden (vgl. Zöller-Feskorn, ZPO 35. Aufl., § 304, Rn. 28) Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils.

aa) Zwar haben die Kläger bezifferte Zahlungsanträge gestellt, einmal über 121.398,86 € (Antrag zu 1, Vergütung des vorgerichtlichen Gutachters 6.656,26 €, Auslagerung der Küche 7.373,62 €, Neuverlegung Fußboden 47.517,62 €, Malerarbeiten 3.601,36 € und verspätete Bezugsfertigkeit 56.250 €) sowie einen Antrag über 50.729,48 €, (Antrag zu 2, Kostenvorschuss OG), die dem Grunde und der Höhe nach streitig sind.

bb) Das Grundurteil ist jedoch aus anderen Gründen nicht zulässig. Hinsichtlich eines Gesamtanspruchs, der sich aus mehreren selbstständigen Einzelpositionen zusammensetzt, kann ein Grundurteil nur ergehen, wenn der geltend gemachte Gesamtanspruch auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund beruht und das Gericht diesen festgestellt hat (BGH, NJW 1961, 1465; Urteil vom 9. November 2006 - VII ZR 151/05 - Beck online, II Z. 2a). Ein einheitlicher Grund in diesem Sinne kann gegeben sein, wenn sich die einzelnen in eine Gesamtforderung eingestellten Rechnungspositionen auf dieselben Anspruchsvoraussetzungen gründen lassen, deren Vorliegen sich aus demselben Lebenssachverhalt ergibt, und sie daher lediglich Einzelposten eines einheitlichen Schuldverhältnisses sind.

Dies ist vorliegend jedoch im Hinblick auf die im Antrag zu 1) geltend gemachten Positionen „Kosten der Ersatzvornahme“ und „Schadensersatz“ nicht der Fall. Zwar wurzeln beide Positionen in demselben Schuldverhältnis, haben jedoch andere Anspruchsvoraussetzungen (§§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB und §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB), da für den Schadensersatz ein Verschulden erforderlich ist. Bei dieser Sachlage darf ein Grundurteil nur erlassen werden, wenn das Gericht für jede der Einzelpositionen nach der für diese festzustellenden Tatsachengrundlage sowie Anspruchsgrundlage einen Anspruch dem Grunde nach bejaht und für wahrscheinlich erachtet, dass er in irgendeiner Höhe besteht. Denn nur dann ist für das weitere Verfahren der jeweilige Grund des Anspruchs dem Streit der Parteien abschließend entzogen und kann das Grundurteil seine Funktion sinnvoll erfüllen, eine wesentliche Vorentscheidung des Rechtsstreits zu sichern.

Das Landgericht hat hinsichtlich des Antrags zu 1) der Kläger, mit dem diese Kosten der Neuverlegung des Fußbodens, Kosten des vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens, der Auslagerung der Küche, der Malerarbeiten sowie der verspäteten Bezugsfertigkeit i.H.v. 56.250 € zusammengefasst haben, ein einheitliches Teil-Grundurteil dahingehend erlassen, dass es feststellt, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, dem Klägern die Ersatzvornahmekosten für die durchgeführte Mangelbeseitigung […] zu erstatten und Schadensersatz zu leisten für die Auslagerung der Küche, Sachverständigenkosten und Malerarbeiten. Die Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich der Ersatzvornahmekosten werden im landgerichtlichen Urteil - zumindest - erwähnt, die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs werden vom Landgericht allerdings überhaupt nicht geprüft, obwohl die Parteien hierzu streitig vortragen.

Bei den Kosten für die Neuverlegung des Fußbodens, die Auslagerung der Küche und die Malerarbeiten handelt es sich um Ersatzvornahmekosten. Zu erstatten sind alle tatsächlichen Aufwendungen im Rahmen der Selbstvornahme, wenn sie objektiv erforderlich waren. Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer, die der Besteller zur Beseitigung des Mangels erbringt (Grüneberg-Retzlaff, BGB, 83. Aufl. § 637 Rn. 6). Dazu gehören die Kosten aller mit der Mängelbehebung in Zusammenhang stehenden Arbeiten und Maßnahmen, wie vorliegend die Auslagerung der Küche sowie die Malerarbeiten.

Die Kosten für Sachverständigengutachten sind dagegen nur dann ersatzfähiger Schaden, wenn die Beauftragung des vorgerichtlichen Gutachters erforderlich war. Es handelt sich um einen Schadensersatz neben der Leistung gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB, weil er nicht der Nachbesserung zugänglich ist (Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher-Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., 14. Teil Rn. 15). Ebenso fällt der durch die verspätete Bezugsfertigkeit entstandene Schaden nicht unter die Ersatzvornahmekosten. Er wurzelt zwar, genau wie der Ersatzvornahmeanspruch, in demselben rechtlichen Verhältnis, dem Bauvertrag, es handelt sich aber um einen rechtlich selbstständigen Anspruch, der andere Tatbestandsvoraussetzungen hat als der Anspruch auf Ersatzvornahme, denn er setzt Verschulden des Unternehmers voraus, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Dazu hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen. Zwar wird das Verschulden grundsätzlich vermutet, vorliegend hat die Beklagte jedoch umfangreiche Ausführungen dazu gemacht, dass sie den Mangel nicht zu vertreten hatte, weil sie die Belegungsreife des Estrichs mangels Kenntnis von der Beimengung von Retanol und Mehrstärken des Estrichs nicht ordnungsgemäß habe prüfen können. Hiermit hat sich das Landgericht nicht auseinander gesetzt.

cc) Das Landgericht hat auch im Übrigen nicht alle Fragen erledigt, die zum Grund des Anspruchs gehören. Dazu gehören auch die haftungsbegründende Kausalität sowie Mitverursachung und mitwirkendes Verschulden gemäß § 254 BGB (Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher-Sacher a. a.O. 20. Teil Rn. 72), denn ein Grundurteil ist nicht möglich über einzelne Elemente der Begründetheit des Klageanspruchs (BGH, NJW 1989, 2745). Zwar können im Einzelfall Fragen der Vorteilsausgleichung, Mitverursachung und des Mitverschuldens dem Betragsverfahren überlassen bleiben, wenn eine Restforderung sicher ist. Ein Grundurteil kann also auch dann ergehen, wenn zum Beispiel die Sowiesokosten noch nicht feststehen. Das Gericht muss sich jedoch mit diesen Einwänden in der Form auseinandersetzen, dass es eine Restforderung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch bei Vorliegen einer Vorteilsausgleichung oder Mitverursachung bejaht (Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher-Sacher, a.a.O. Rn. 73), weil ansonsten die Reichweite der Bindung des Grundurteils nicht feststellbar ist.

An einer solchen Auseinandersetzung fehlt es vorliegend. Schon die Begründung des Anspruchs auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten fällt sehr knapp aus. Diese für den Schadensersatz beschränkt sich auf die Sätze: „Der weitergehende Schaden ist dem Grunde nach gemäß § 631, 280, 281 BGB zu ersetzen. Die für den Sachverständigen aufgewendeten Kosten sind, soweit sie nicht erkennbar überhöht waren, zu ersetzen; ebenso die Kosten für die Auslagerung der Küche und die verspätete Bezugsfertigkeit des Hauses.“

Bezüglich des Schadens im Hinblick auf die verspätete Bezugsfertigkeit des Hauses fehlt es schon an einer Darlegung der Kausalität. Weder geht das Landgericht darauf ein, welches die Pflichtverletzung ist, noch warum diese einen Schadensersatzanspruch für 15 Monate zur Folge hat. Hier ist insbesondere unklar, wann die Kläger tatsächlich einziehen wollten, wann sie auch berechtigterweise von einer Bezugsfertigkeit ausgegangen sind und welche Gründe einem früheren Einzug entgegengestanden haben.

Auch die Erörterung eines etwaigen Mitverschuldens fehlt, obwohl die Beklagte vorliegend umfangreiche Ausführungen dazu macht, dass sich die Kläger ein erhebliches Mitverschulden, § 645, 254 BGB, zurechnen lassen müssten, entweder für das eigene Versäumnis, einen bauleitenden Architekten zu bestellen und selbst die Bauleitung zu übernehmen, nicht ausreichende Heizung während der Trocknungsphase und die fehlerhafte Abdichtung der Bodenplatte gegen Bodenfeuchte, oder für fremdes Verschulden, vorliegend die Versäumnisse des Estrichlegers. Mitverursachung und mitwirkendes Verschulden gemäß § 254 BGB sind grundsätzlich im Grundurteil festzustellen, sie können nur insoweit dem Betragsverfahren überlassen werden, als das Mitverschulden im Grundurteil in der Weise berücksichtigt wird, dass der Grund des Anspruchs nur zu einer bestimmten Quote zugesprochen wird (BGH NJW 1980, 1579; Zöller-Feskorn ZPO 35. Aufl. § 304 Rn.17).

2. Das erlassene Teil-Urteil ist unzulässig.

(a) Eine Mitverursachungsquote muss dann aufgeklärt werden, wenn der mit der Leistungsklage - um eine solche handelt es sich vorliegend, auch wenn das Grundurteil feststellende Elemente enthält (vgl. OLG Brandenburg, BeckRS 2021, 38464 Rn. 28) - eine Feststellungsklage aus demselben tatsächlichen Geschehen verbunden ist. Zwar kann grundsätzlich das (Teil-)Grundurteil mit einem (Teil-)Endurteil über den Feststellungsantrag verbunden werden, dies setzt jedoch voraus, dass die Mitverursachungsquote in dem Feststellungsurteil festgeschrieben wird, weil die Festschreibung für das Leistungs- und das Feststellungsurteil nur einheitlich erfolgen kann (Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher-Sacher a.a.O. Rn. 73). Vorliegend hat das Landgericht weder für das Grundurteil noch für das Teilurteil Feststellungen dahingehend getroffen, ob sich die Kläger ein Mitverschulden anrechnen lassen müssen. Insoweit handelt es sich bei dem Teil-Endurteil über den Feststellungsantrag um ein unzulässiges Teilurteil gemäß § 301 ZPO, das die Gefahr widersprechender Entscheidungen birgt. Das Grundurteil und das Teilurteil können deshalb keinen Bestand haben.

(b) Zudem ist der Umfang der Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils nicht hinreichend sicher, weil unklar bleibt, in welchem Umfang das Landgericht die Klage - teilweise - abgewiesen hat. Im Tenor führt das Landgericht an, dass die Beklagte „verpflichtet ist, den Klägern die Ersatzvornahmekosten für die durchgeführte Mangelbeseitigung […] zu erstatten und Schadensersatz zu leisten für die Auslagerung der Küche, Sachverständigenkosten und Malerarbeiten“.

Dadurch, dass das Landgericht im Tenor zu 1 nur die Auslagerung der Küche, die Sachverständigenkosten und die Malerarbeiten erwähnt, ist unklar, ob der Schadensersatz wegen der verspäteten Bezugsfertigkeit möglicherweise unter die Klageabweisung im Übrigen fällt, denn der Tenor zu 2 und zu 3 betreffen lediglich die Mangelbeseitigung im Obergeschoss des Hauses. Bei der Geltendmachung eines einheitlich aus einer Mehrheit von Einzelposten zusammengesetzten Anspruchs muss hinsichtlich jedes Einzelpostens zweifelsfrei feststehen, ob er abschließend beschieden (§ 301 ZPO) oder der Zwischenentscheidung über den Grund zugeordnet ist (BGH, NJW 89, 2746). Die Erwähnung der „verspäteten Bezugsfertigkeit“ in den Entscheidungsgründen lässt eher vermuten, dass das Landgericht den Schadensersatzanspruch hinsichtlich der verspäteten Bezugsfertigkeit nicht abweisen wollte, eindeutig ist das im Hinblick auf die fehlende Begründung aber nicht.

3. Die Verfahrensfehler, mit denen das angefochtene Urteil behaftet ist, rechtfertigen die Aufhebung der Entscheidung einschließlich des Verfahrens und die Zurückverweisung an das Landgericht. Die Voraussetzungen für die Aufhebung gemäß § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und Nr. 7 ZPO liegen vor. Der erforderliche Antrag ist gestellt. Die aufgezeigten Fehler des Grund-Teil-Urteils sowie der Umstand, dass der Umfang der Rechtskraft des Urteils nicht hinreichend bestimmt ist, stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel i. S. v. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO dar. Dieser Mangel betrifft alle vom Landgericht tenorierten Feststellungen und macht eine umfangreiche ggf. 2stufige Beweisaufnahme erforderlich. Neben der Prüfung der Voraussetzungen von Ersatzvornahmekosten und Schadensersatz unter Beachtung der aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gegebenen Hinweise wird die Zurückverweisung dem Landgericht Gelegenheit geben, den Umfang der Klageabweisung klarzustellen.

Vor diesem Hintergrund hält der Senat eine eigene Sachentscheidung nach § 538 Abs. 1 ZPO nicht sachgerecht, sondern eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz für geboten.

Die Kostenentscheidung ist dem Erstgericht vorbehalten, da der endgültige Erfolg der Berufung erst nach der abschließenden Entscheidung beurteilt werden kann. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist hier nicht angezeigt. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Das Urteil ist trotz fehlendem vollstreckungsfähigen Inhalt gemäß § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Bei Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils ist ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erforderlich, weil das zuständige Vollstreckungsorgan die Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil laut § 775 Nr. 1 und § 776 Satz 1 ZPO erst einstellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln aufheben darf, wenn ihm eine vollstreckbare Ausfertigung vorgelegt wird (OLG Brandenburg, Urteil vom 27. Oktober 2021 - 11 U 12/21, BeckRS 2021, 42269, Rn. 15; OLG München, Urteil vom 18. September 2002 - 27 U 1011/01, Rn. 75, juris; Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage, § 538 Zurückverweisung, Rn. 59). Für Schutzanordnungen i. S. d. § 711 ZPO ist allerdings kein Raum, weil es an einem vollstreckbaren Leistungsausspruch im Berufungsurteil fehlt.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz ist gemäß § 47 Abs. 1 S. 1, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO auf 177.128,34 € (121.398,86 € Antrag zu Z. 1 + 50.729,48 € Antrag zu Z. 2 + 5.000 € Antrag zu Z. 3.) festzusetzen. Der Senat schätzt den Streitwert hinsichtlich des Feststellungsantrags bezüglich Ersatzes sämtlicher weiteren Schäden im Obergeschoss auf 5.000 €. Soweit der Feststellungsantrag das Erdgeschoss betroffen hat, ist er nicht in die Berufung gelangt und deshalb rechtskräftig abgewiesen; ein höherer Streitwert ist nicht im Hinblick darauf anzusetzen, dass erst nach Ersatzvornahme die Umsatzsteuer berechnet werden kann, weil Ersatzvornahmekosten mit dem Bruttobetrag berechnet werden können (Grüneberg-Retzlaff, BGB 83. Aufl. § 637 Rn. 9).