Gericht | OLG Brandenburg 1. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 09.12.2024 | |
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Aktenzeichen | 1 W 71/24 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:1209.1W71.24.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 15.08.2024, Az. 4 O 169/23, abgeändert und der Streitwert auf 13.100 Euro festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wendet sich gegen die Streitwertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz durch das Landgericht.
In der Sache nahm der Kläger die Beklagte als Betreiberin eines sozialen Netzwerks wegen eines Datenschutzvorfalls im Jahr 2019 in Anspruch. Er stellte folgende Anträge:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei immateriellen Schadensersatz in angemessener Höhe zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 5000 €, nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,
Die Beklagte wird verurteilt, für jeden einzelnen Fall der der zukünftigen, schuldhaften Zuwiderhandlung gegen vorstehendes Versprechen an die Klagepartei eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,00 € zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klagepartei Auskunft über die Klagepartei betreffenden personenbezogenen Daten, welche die Beklagte verarbeitet, zu erteilen, namentlich welche Daten durch welche Empfänger zu welchem Zeitpunkt bei der Beklagten durch Anwendung des Kontaktimporttools erlangt werden konnten.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerseite alle zukünftigen Schäden zu ersetzen, die der Klägerseite durch den unbefugten Zugriff Dritter auf das Datenarchiv der Beklagten, der nach Aussage der Beklagten im Jahre 2019 erfolgte, entstanden sind und/oder noch entstehen.
Den Streitwert hat das Landgericht im Urteil vom 21.10.2024 auf die Wertstufe bis 5.000 Euro festgesetzt. Der hiergegen eingelegten Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers, mit der er die Heraufsetzung auf 20.000 Euro begehrt, hat das Landgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß §§ 68 Abs.1 Satz1 GKG, 32 Abs. 2 RVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Streitwertbeschwerde hat teilweise Erfolg, denn der Streitwert beträgt 13.100 Euro.
Dieser Betrag setzt sich aus den folgenden Einzelwerten der Klageanträge zusammen:
1. Der Streitwert für den Klageantrag zu 1. ergibt sich aus dem vom Kläger benannten (Mindest-)Schadenersatzbetrag in Höhe von 5.000 Euro.
2. Der Streitwert für die Unterlassungsanträge und den damit verbundenen Antrag auf Vertragsstrafenzahlung beträgt insgesamt 5.100 Euro.
a) Die Summe der Einzelwerte beträgt zwar 6.100 Euro.
So ergibt sich der Streitwert für den Vertragsstrafenanspruch aus dem vom Kläger bezifferten Zahlbetrag von 5.100 Euro.
Der Wert der Unterlassungsanträge beträgt unter Berücksichtigung der nach § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG für die Wertfestsetzung bei nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen maßgebenden Umstände des Einzelfalls jeweils 500 Euro. Maßgeblich ist insoweit zum einen, dass sich die Anträge im Wesentlichen auf eine Wiederholungsgefahr bezüglich nur eines Teils der von ihm angenommenen Datenschutzverstöße der Beklagten stützen, weshalb sie wertmäßig geringer als die vermeintlich bereits erlittene Beeinträchtigung zu bemessen sind. Da mit diesen Anträgen zum anderen letztlich auch nur nicht vollstreckbare gesetzliche Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung aufgegriffen werden und die Daten des Klägers bereits ohnehin abgegriffen und veröffentlicht worden sind, erachtet der Senat einen Gesamtstreitwert der Unterlassungsanträge von 1.000 Euro - d.h. von jeweils 500 Euro - für ausreichend, aber auch erforderlich, um das Klagebegehren des Klägers insoweit zu bemessen (siehe Senat, Beschluss vom 06.11.2024 - 1 U 65/24 -; wie auch OLG Hamm, Urteil vom 15.08.2023 – I-7 U 19/23 – Rn. 274ff. m.w.N; OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.07.2024 – 6 W 36/24 –, Rn. 24ff., OLG Saarbrücken, Urteil vom 03.05.2024 – 5 U 72/23 –, Rn. 51, jeweils juris).
b) Diese Einzelwerte sind indes nicht zusammenzurechnen. Wenn nämlich mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden ist, so ist nach § 48 Abs. 3 GKG nur der höhere Anspruch - hier also der Anspruch auf Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 Euro - maßgebend. Diese Voraussetzungen sind etwa bei einem Anspruch auf Unterlassung ehrenrühriger Behauptungen und einem daraus hergeleiteten Schmerzensgeldanspruch gegeben. Genauso liegt der Fall auch hier, wo Unterlassungsanspruch und Vertragsstrafe aus demselben Sachverhalt abgeleitet werden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.04.2009 – 14 W 53/08 –, Rn. 7 m.w.N, juris).
3. Der Wert des geltend gemachten Auskunftsanspruchs ist mit 500 Euro zu bemessen. Der Wert des Auskunftsanspruchs ist nicht identisch mit dem Leistungsanspruch, sondern in der Regel nur mit einem Teilwert des Anspruchs zu bemessen, dessen Durchsetzung die verlangte Information dienen soll. Dabei werden üblicherweise 1/4 bis 1/10 angesetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 28.01.2021 - III ZR 162/20 - juris). Angesichts des Umstandes, dass der Auskunftsanspruch nach der Datenschutzgrundverordnung nicht zwingend der Vorbereitung eines anderen Anspruches dient, erscheint dieser Wert hier mit nicht mehr als 500 Euro angemessen eingeordnet (so auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.07.2023 – 10 W 5/23 –, Rn. 17, OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.07.2024 – 6 W 36/24 –, Rn. 28, OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.07.2024 – 8 U 21/24 –, Rn. 11, OLG Dresden, Beschluss vom 03.09.2024 – 4 W 497/24 –, Rn. 26, jeweils juris).
4. Soweit der Kläger schließlich die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm auch zum Ersatz aller zukünftigen aus dem streitgegenständlichen Scraping-Vorfall entstehenden Schäden verpflichtet ist, ist diesem Antrag ein eigener wirtschaftlicher Wert beizumessen. Dieser orientiert sich grundsätzlich an den Vorstellungen der Klägerin zum - mit dem Klageantrag zu 1 - geltend gemachten Schadensersatzanspruch, ist aber nur mit einem Bruchteil zu bemessen, wobei 50 % und damit ein Betrag in Höhe von 2.500 Euro angemessen erscheint (zum Bruchteil so auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.01.2023 – 4 AR 4/22 –, Rn. 23, juris).
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da gemäß § 68 Abs. 3 GKG das Verfahren gebührenfrei ist und (außergerichtliche) Kosten nicht erstattet werden.