Gericht | LG Cottbus 6. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 14.09.2023 | |
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Aktenzeichen | 6 O 142/20 | ECLI | ECLI:DE:LGCOTTB:2023:0914.6O142.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 17.261,47 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 31.03.2020 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin begehrt von den Beklagten Restwerklohn aus einem Verbraucherbauvertrag.
Die Klägerin als Bauunternehmen schloss mit den Beklagten am …………………… einen Verbraucherbauvertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses des Typs Bungalow 110 STD zu einem Pauschalpreis von 163.260,00 € brutto. Durch Nachträge erhöhte sich der Pauschalpreis auf 172.614,80 € brutto.
Am …………………… war die Abnahme und Übergabe des Hauses geplant. Die Beklagten verweigerten die Abnahme und übergaben der Klägerin eine Mängelliste. Als neuen Abnahmetermin fassten die Parteien den …………………… ins Auge. Die Klägerin sollte bis zu diesem Termin die Mängel beseitigen.
Mit E-Mail vom …………………… rügten die Beklagten einen weiteren Mangel an der Verglasung der Hauseingangstür und sagten den Abnahmetermin am …………………… ab, da noch zu viele Mängel vorlägen. Der Klägerin wurde eine Frist zur Beseitigung der Mängel bis zum …………………… gesetzt.
Mit E-Mail vom …………………… forderte die Klägerin die Beklagten auf, den Abnahmetermin am …………………… wahrzunehmen. Die Klägerin wies darauf hin, dass wegen unwesentlicher Mängel die Abnahme nicht verweigert werden dürfe.
Mit Schreiben vom …………………… forderte die Klägerin die Beklagten zur Abnahme auf. Das Haus sei fertiggestellt. Den Beklagten wurden zwei Termine zur Abnahme vorgeschlagen. Die Beklagten wurden ferner aufgefordert, jedenfalls bis spätestens zum …………………… das Werk abzunehmen. Im Schreiben verwies die Klägerin auf § 640 Abs. 2 BGB und § 650g BGB sowie darauf, dass die Klägerin am …………………… eine, notfalls einseitige, Zustandsfeststellung durchführen werde. Wegen des genauen Wortlauts wird auf die Anlage K5 zur Klageschrift (Blätter 65/66 der Gerichtsakte) verwiesen.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom …………………… teilten die Beklagten der Klägerin mit, dass das Bauvorhaben noch nicht fertiggestellt sei.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom …………………… teilte die Klägerin den Beklagten mit, dass am Abnahmetermin (……………………) festgehalten werde.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom …………………… schlugen die Beklagten als Abnahmetermin den …………………… vor. Am …………………… könne ein Abnahmetermin nicht realisiert werden.
Die Klägerin führte am …………………… eine einseitige Zustandsfeststellung am Bauvorhaben durch. Dabei wurden folgende Mängel festgestellt:
1. schwarzer Strich auf dem Glas der Innenseite der Haustür und
2. Rostspuren an den Putzschienen des Gäste-Wcs.
Die Beseitigungskosten für den Mangel zu 1. betragen 191,00 € und für den Mangel zu 2.30,00 €. Der Mangel zu 2. wurde am …………………… behoben.
Das Protokoll über die Zustandsfeststellung übersandte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom …………………… unter Hinweis darauf, dass sie am …………………… zum vorgeschlagenen Abnahmetermin erscheinen werde.
Die Klägerin legte am …………………… ihre Schlussrechnung über 172.614,80 € brutto. Unter Berücksichtigung der Abschlagszahlungen der Beklagten weist die Schlussrechnung einen offen Betrag in Höhe von 17.261,47 € aus.
Die Schlussrechnung übersandte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom ……………….
Zum Termin am ………………… verweigerten die Beklagten die Abnahme, mit der Begründung, dass man nicht wissen könne, wie die Mängel beseitigt wurden.
Am ………………… ließ die Klägerin die Schlüssel des Bauvorhabens in den Briefkasten der Beklagten einwerfen. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom …………… übersandte die Klägerin an die Beklagtenvertreter nochmals die Schlussrechnung und setzte eine Zahlungsfrist bis zum …………………….
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom …………………… wurde den Beklagten nochmals eine Zahlungsfrist bis zum …………………… gesetzt. Für den Fall der Nichtzahlung wurde die Erhebung einer Klage in Aussicht gestellt.
Die Klägerin ist der Ansicht, das Werk sei bereits am ……………………, spätestens aber am …………………… abnahmereif gewesen. Die Abnahmeverweigerung am …………………… sei unberechtigt gewesen. Es lägen die Voraussetzungen einer Abnahmefiktion vor. Spätestens seit dem …………………… seien die Beklagten in Verzug. Die Rechtsanwaltskosten seien notwendige Kosten, weil die Abnahmeverweigerung der Beklagten unberechtigt gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 17.261,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus jährlich seit dem 31.03.2020 zu zahlen und
2. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie weitere 472,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, der Werklohn sei noch nicht fällig mangels Abnahme. Das Werk sei nicht abnahmereif. Insbesondere seien die Abnahmeverweigerungen am …………………… und …………………… berechtigt gewesen, weil das Werk noch Mängel aufgewiesen habe. Die Fälligkeit sei auch nicht aufgrund der Zustandsfeststellung eingetreten. Die Zustandsfeststellung sei ohne rechtmäßige Fristsetzung erfolgt.
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 17.261,47 € nebst Zinsen hieraus seit dem 31.03.2020 aus dem Verbraucherbauvertrag gemäß §§ 631 Abs. 1, 650i Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Werklohn ist fällig.
Nach § 631 Abs. 1 BGB ist der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
1. Die Klägerin als Bauunternehmen hat mit den Beklagten als Bestellern und Verbrauchern einen Bauvertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses abgeschlossen, § 650i BGB.
2. Die vereinbarte Vergütung beträgt 172.614,80 € brutto. Unter Berücksichtigung der Abschlagszahlungen der Beklagten ist hiervon noch ein Betrag in Höhe von 17.261,47 € offen. Dies ist zwischen den Parteien nicht im Streit.
3. Die Werklohnforderung ist auch fällig. Nach § 650g Abs. 4 BGB wird die Vergütung bei einem Bauvertrag fällig, wenn der Besteller das Werk abgenommen und der Unternehmer dem Besteller eine prüffähige Schlussrechnung erteilt hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
a. Eine ausdrückliche oder konkludente Abnahme der Werkleistung der Klägerin durch die Beklagte liegt zwar nicht vor.
Nach § 640 Abs. 2 BGB gilt ein Werk aber auch als abgenommen (sogenannte fiktive Abnahme), wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat. Der Hinweis muss in Textform erfolgen.
Das Schreiben der Klägerin vom …………………… erfüllt diese Voraussetzungen.
(1) Das Haus war fertiggestellt. Hiervon ist die Klägerin jedenfalls subjektiv ausgegangen. Das Werk war im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt, insbesondere lagen keine wesentlichen Mängel vor.
(2) Die Klägerin hat die Beklagten binnen angemessener Frist zur Abnahme aufgefordert. Bei Bauwerken beträgt die angemessene Frist in der Regel ca. 12 Tage. Es kann dahinstehen, ob die vorgeschlagenen Abnahmetermine (…………………… und ……………………) insoweit noch innerhalb einer angemessenen Frist lagen. Jedenfalls sind die Beklagten auch zur Abnahme bis spätestens …………………… aufgefordert worden, mithin binnen 16 Tagen. Die Frist war insofern angemessen.
(3) Die Beklagten haben die Abnahme binnen dieser Frist nicht qualifiziert, d.h. unter Benennung wenigstens eines Mangels, verweigert. Die pauschale Behauptung mit anwaltlichen Schreiben vom ……………………, das Einfamilienhaus sei nicht fertiggestellt, genügt den Anforderungen des § 640 Abs. 2 S. 1 BGB nicht. Gemäß § 640 Abs. 2 S. 1 BGB muss mindestens ein Mangel ausdrücklich benannt werden.
Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagten zuvor ausdrücklich Mängel benannt haben. Gemäß § 640 Abs. 2 S. 1 BGB müssen diese Mängel nach der Abnahmeaufforderung gegebenenfalls wiederholt werden. Sinn und Zweck des § 640 Abs. 2 BGB ist es, Rechtsklarheit über die Abnahmewirkung zu schaffen. Um diesen Zweck zu erreichen, ist es dem Besteller zuzumuten, die Mängelrüge zu wiederholen (OLG Schleswig, Urteil vom 10.12.2021, Az. 1 U 64/20). Dies entspricht auch dem Wortlaut des § 640 Abs. 2 BGB. Hier kommt hinzu, dass die Klägerin zwischenzeitlich gerügte Mängel beseitigt hatte.
(4) Die Beklagten sind durch die Klägerin zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme schriftlich hingewiesen worden. Insofern wird auf den 5. und 6. Absatz des Schreibens der Klägerin vom …………………… Bezug genommen.
Auf die von der Klägerin einseitig durchgeführte Zustandsfeststellung kommt es nicht mehr an.
Jedenfalls liegt jetzt Abnahmereife im Prozess vor. Die Beklagten haben keine Mängel geltend gemacht. Demnach liegt nur ein Mangel des Bauwerkes vor (schwarzer Strich auf dem Glas der Innenseite der Haustür). Dabei handelt es sich jedoch um einen unwesentlichen Mangel, der zu einer Abnahmeverweigerung nicht berechtigt. Die Kosten zur Beseitigung dieses allein optischen Mangels betragen ca. 200,00 €.
b. Die Schlussrechnung ist prüffähig. Eine Schlussrechnung ist prüffähig, wenn sie eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen enthält und für den Besteller nachvollziehbar ist. Sie gilt als prüffähig, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung begründete Einwendungen gegen ihre Prüffähigkeit erhoben hat, § 650g Abs. 4 Sätze 2 und 3.
(1) Die Parteien haben einen Pauschalpreisvertrag geschlossen. Die Klägerin hat in die Schlussrechnung den vereinbarten Werklohn eingestellt abzüglich der geleisteten Abschlagszahlungen. Die Schlussrechnung ist daher prüffähig.
(2) Die Beklagten haben zudem nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung Einwendungen gegen die Prüffähigkeit erhoben.
Einwendungen gegen die Höhe der Forderung haben die Beklagten nicht erhoben.
Die Zinsforderung beruht auf §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB.
Die Beklagten befinden sich mit der Zahlung des Restwerklohnes jedenfalls seit dem 31.03.2020 in Verzug, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Zahlung des Restwerklohnes war nach fiktiver Abnahme (……………) und Übersendung der Schlussrechnung mit Schreiben vom …………… fällig. Das Schreiben der Klägervertreter vom …………………… mit Zahlungsaufforderung zum …………………… stellt eine Mahnung dar, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB.
II.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 472,40 €.
1. Zum Zeitpunkt der Beauftragung der Klägervertreter befanden sich die Beklagten noch nicht im Verzug mit der Zahlung der Schlussrechnung. Das Schreiben der Klägervertreter hat den Verzug erst begründet.
2. Ein Anspruch folgt auch nicht aus § 280 Abs. 1 BGB. Es mag sein, dass die Beklagten die Abnahme zu Unrecht verweigert haben. Die Rechtsanwaltskosten stellen sich dennoch nicht als notwendige Kosten dar.
Das Schreiben der Klägerin vom …………… (Anlage K 5) zeigt deutlich auf, dass die Klägerin als erfahrenes Bauunternehmen sich selbst hinreichend auskennt und insofern erfolgreich bereits selbst die notwendigen Schritte eingeleitet hatte (siehe oben), um die Wirkungen der Abnahmefiktion zu erreichen. Der Einschaltung der Klägervertreter bedurfte es dazu nicht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Die Zuvielforderung war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten veranlasst.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S.1 und 2 ZPO.
Der Gebührenstreitwert wird auf 17.261,47 € festgesetzt.