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Altersversorgung der technischen Intelligenz; AAÜG; Produktionsbetrieb; Herstellung auch von Konsumgütern; Hauptzweck des Betriebes


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 30. Senat Entscheidungsdatum 24.02.2010
Aktenzeichen L 30 R 938/07 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 8. Mai 2007 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1982 bis zum 26. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.

Der 19.. geborene Kläger besuchte bis 1971 die polytechnische Oberschule in K. Anschließend wurde er im VEB G- und R-W T Zentraler Anlagenbau der BMSR- Technik (im Folgenden: VEB G T) zum Facharbeiter für BMSR-Technik bis Februar 1974 ausgebildet. Nach einem anschließenden Wehrdienst (von Mai 1974 bis April 1977) absolvierte der Kläger an der Technischen Hochschule L ein Studium in der Fachrichtung „Technische Kybernetik und Automatisierungstechnik“, welches er ausweislich der Urkunde vom 31. August 1982 mit dem akademischen Grad „Diplom-Ingenieur“ erfolgreich abschloss. Ab dem 1. September 1982 war er dann wiederum beim VEB G T als Ingenieur beschäftigt. Ausweislich des Zwischenzeugnisses der G- R- W T GmbH (im Folgenden: G T GmbH) vom 6. Dezember 1990 wurde der Kläger nach Abschluss seines Studiums als Mitarbeiter in der Forschung und Entwicklung eingesetzt. Von 1989 bis Mai 1990 war er an einem Softwareentwurf beteiligt gewesen. Aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen und Neuorientierungen wurde er anschließend für die Betreuung der Prozessleitanlagen bei Kunden eingesetzt und zum 1. Dezember 1990 der Kundendienstabteilung zugeordnet.

Bei dem VEB G T handelte es sich ausweislich der anlässlich seines vierzigjährigen Bestehens verfassten Festschrift von 1988 um einen Betrieb, der vorrangig Automatisierungsanlagen projektierte; fast die Hälfte aller in der DDR realisierten Anlagen für die Automatisierung technologischer Prozesse wurden von ihm projektiert, gefertigt und schließlich am Bestimmungsort montiert und in Betrieb genommen. Daneben produzierte er ausweislich dieser Festschrift im geringen Umfang Konsumgüter (1948 bis 1961 beispielsweise im Umfang von 2% der Gesamtproduktion, vgl. Seite 6 der Festschrift – Blatt 66 der Gerichtsakte). Nach einem vom Kläger eingereichten Diagramm (Blatt 135 der Gerichtsakte) zur Produktionsstruktur des VEB G T von 1989 lag die gesamte Warenproduktion in diesen Jahr bei 790 Millionen Mark; hiervon entfielen allein 53% auf den Anlagenbau und lediglich 3% auf Konsumgüter. In einem ebenfalls vom Kläger vorgelegten Diagramm zur Arbeitskräftestruktur von 1989 (Blatt 136 der Gerichtsakte) ist die Konsumgüterproduktion nicht erwähnt. Nach der Zeugenaussage des ehemaligen Betriebsdirektors des VEB G T, Herrn L S, vom 28. März 2006 vor der 26. Kammer des Sozialgerichts Berlin (Aktenzeichen: S 26 R 5545/06) lag der Anteil der Konsumgüterproduktionen insgesamt bei etwa 10%.

Ausweislich eines Gesellschaftsvertrages vom 25. Mai 1990 wurde als Nachfolgergesellschaft des VEB G T die G T GmbH gegründet. Nach § 3 des Gesellschaftervertrages betrug das Stammkapital der Gesellschaft 122 Millionen Mark der DDR und wurde aus dem Vermögen des umgewandelten Betriebes gebildet, wobei die Treuhandanstalt die Stammeinlage komplett übernahm. Ausweislich der Registerauszüge des Handelsregisters des Amtsgerichts Potsdam (Register-Nr. HRB P) wurde die GT GmbH am 26. Juni 1990 in das Handelsregister eingetragen. Ausweislich der Auszüge aus dem Register der Volkseigenen Wirtschaft des Bezirkes Potsdam (Register-Nr. ) endete die Rechtsfähigkeit des dort eingetragenen VEB G T ebenfalls am 26. Juni 1990 und der VEB wurde umgewandelt und aufgespalten in drei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (G T GmbH, G B GmbH und G T GmbH).

Der Kläger beantragte am 29. März 2004 bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und die Feststellung der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem für den Zeitraum von September 1982 bis Juni 1990.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 6. Januar 2005 die Feststellung ab, weil der Kläger weder eine Versorgungszusage zu Zeiten der DDR erhalten noch einen Anspruch auf Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 (zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) habe; er habe keine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einen gleichgestellten Betrieb ausgeübt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 18. Januar 2005 mit der Begründung Widerspruch, er sei als Diplom-Ingenieur in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, der Kläger habe keinen Anspruch auf Einbeziehung in die Zusatzversorgung, weil er am Stichtag (30. Juni 1990) nicht mehr in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) beschäftigt gewesen sei. Die Rechtsfähigkeit des VEB G T sei ausweislich der Eintragung im Register der volkseigenen Wirtschaft bereits am 26. Juni 1990 erloschen.

Am 18. April 2005 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Potsdam erhoben.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 6. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2005 zu verurteilen, die Beschäftigungszeit des Klägers vom 1. September 1982 bis zum 26. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht Potsdam hat insbesondere die Festschrift zum vierzigjährigen Bestehen (1948 bis 1988) des VEB G- R-W „W P“ T in das Verfahren eingeführt. Außerdem hat es das Protokoll der öffentlichen Sitzung der 26. Kammer des Sozialgerichts Berlin (Aktenzeichen: S 26 R 5545/05) vom 28. März 2006 mit der darin enthaltenen Zeugenaussage des ehemaligen Betriebsdirektors des VEB G T, Herrn L S, in das Verfahren eingeführt.

Das Sozialgericht Potsdam hat schließlich mit Urteil vom 8. Mai 2007 die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide antragsgemäß verurteilt. Es könne dahinstehen, ob der VEB bereits vor dem Stichtag 30. Juni 1990 in eine GmbH umgewandelt worden sei. Der Kläger sei Angehöriger des Sonderversorgungssystems der NVA und damit sei der Geltungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) nach § 1 Abs. 1 AAÜG eröffnet. Für den streitigen Zeitraum habe er nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts einen Anspruch auf Feststellung zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz und der tatsächlichen Arbeitsentgelte. Er sei in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen.

Gegen das der Beklagten am 27. Juni 2007 zugestellte Urteil hat diese am 4. Juli 2007 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts erfülle der Kläger die so genannten betrieblichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung nach § 5 AAÜG nicht. Er sei nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 8. Mai 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Bei dem VEB G T habe es sich um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Neben den Automatisierungsanlagen, Geräten für Messtechnik und Schaltschränken sei auch eine Konsumgütermassenproduktion erfolgt. Der Umfang dieser Konsumgüterproduktion sei zu groß gewesen, um unberücksichtigt zu bleiben. So seien beispielsweise vom Radio „...“ jährlich 25.000 Stück und vom Kontaktgrill ... allein 1987 130.000 Stück gefertigt worden. Außerdem seien noch ein Benzinrasenmäher „...“ und die Warmhalteplatte „...“ produziert worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Versicherungsnummer:), die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis zu dieser Verfahrensweise erteilt haben (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht Potsdam hat zu Unrecht mit Urteil vom 8. Mai 2007 die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 6. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2005 ist zulässig, jedoch unbegründet. Die genannten Bescheide sind rechtmäßig.

Der Kläger hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage durchsetzbaren Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech im streitgegenständlichen Zeitraum sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 und 2 i.V.m. § 5 AAÜG).

Nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG gilt das Gesetz für Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems einen Verlust bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als nicht eingetreten. Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung (§ 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG).

Gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (VO-AVItech GBl. der DDR S. 844) wurde für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt. Nach § 1 der auf Grundlage von § 5 VO-AVItech erlassenen Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (2. DB- GBl. der DDR S. 487) gehörten zum Kreis der Versorgungsberechtigten insbesondere Ingenieure. Den volkseigenen Produktionsbetrieben wurden nach § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellt wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademien und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie das Post- und Fernmeldewesens; Maschinen- Ausleih- Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltung und Ministerien. Zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehörte ferner, wer aufgrund eines Einzelvertrages Anspruch auf eine Altersversorgung hatte (§ 1 Abs. 3 der 2. DB).

Vorliegend sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt.

Der Kläger war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm zum 1. August 1991 eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden ist, ist weder durch eine positive Statusentscheidung der Beklagten noch einen nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages bindend gebliebenen Verwaltungsakt oder durch einzelvertragliche Einbeziehung erfolgt.

Der Kläger hatte nach dem am 1. August 1991 gültigen Bundesrecht und aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen tatsächlichen Umstände aus bundesrechtlicher Sicht auch keinen Anspruch auf Erteilung einer fiktiven Versorgungszusage im Sinne der vom ehemals zuständigen 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) erfolgten Rechtsprechung zu § 1 Abs. 1 AAÜG.

Auch wenn dieser Rechtsprechung (vgl. insbesondere Urteil vom 23. August 2007, B 4 RS 3/06 R, unter anderem in SozR 4-8570 § 1 Nr. 16 m.w.N.) des ehemals zuständigen 4. Senats des BSG gefolgt würde, sind die vom ehemaligen 4. Senat des BSG normierten Voraussetzungen nicht erfüllt.

Der 4. Senat des BSG hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die fiktive Einbeziehung in die AVItech aufgrund der verfassungskonformen Auslegung des AAÜG an drei Voraussetzungen zu knüpfen ist (BSG, a. a. O., m. w. N.).

In seiner Entscheidung vom 29. Juli 2004 (Aktenzeichen: B 4 RA 4/04 R, u. a. in SozR 4-8570 § 1 Nr. 4, m. w. N.) hat er hierzu Folgendes ausgeführt:

„Bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht einbezogen waren und auch nicht nachfolgend auf Grund originären Bundesrechts (Art 17 EV) einbezogen wurden, ist allerdings auf Grund einer vom Senat vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu prüfen, ob die Nichteinbezogenen aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S 12 f; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S 20; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 4 S 26 f; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 5 S 32; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S 39; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 S. 59 f; BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 8 S 73). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage hängt von der Ausgestaltung der zu Bundesrecht gewordenen leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme ab.

Im Blick auf die AVItech ergeben sich diese Regelungen aus der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. S 844) und der dazu ergangenen 2. DB. Ein derartiger - fiktiver - bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Zusage hängt gemäß § 1 der VO-AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der 2. DB von folgenden drei Voraussetzungen ab (vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S 14, Nr. 5 S 33, Nr. 6 S 40 f, Nr. 7 S 60, Nr. 8 S 74), nämlich von

(1) der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und

(2) der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar

(3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Dabei kommt es für die Anwendbarkeit des AAÜG (§ 1 Abs. 1 AAÜG) nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die am 1. August 1991 gegebene bundesrechtliche Rechtslage an.“

Zumindest an dem Fehlen der letzten (betrieblichen) Voraussetzung scheitert der vom Kläger geltend gemachte Anspruch. Denn der Kläger war im streitigen Zeitraum weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch in einem der in § 1 Abs. 2 der 2. DB aufgeführten gleichgestellten Betrieben beschäftigt.

Zur Frage, wann ein Produktionsbetrieb vorliegt, hat der 4. Senat des Bundessozialgerichts (Urteil vom 23. August 2007, B 4 RS 3/06 R, u. a. in SozR 4-8570 § 1 Nr. 16, m. w. N.) Folgendes ausgeführt:

„Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers war kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens i. S. des § 1 Abs. 1 2. DB. Nach seinem Hauptzweck verfolgte der Beschäftigungsbetrieb des Klägers nach den Feststellungen des LSG nicht die Herstellung von Industrieanlagen oder -bauwerken in Massenproduktion.

Insoweit hat der Senat bereits in anderem Zusammenhang entschieden, dass der Betriebszweck der "Rationalisierung" keine betriebliche Tätigkeit ist, die auf die Massenproduktion von Bauwerken oder Gütern gerichtet ist (vgl BSG, Urteil vom 27.7.2004 - B 4 RA 8/04 R) . Ein Betrieb mit einem solchen Betriebszweck verfolgt vielmehr eine Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Vorschläge zur Effizienzsteigerung in (anderen) Produktionsbetrieben zu unterbreiten. Die Tätigkeit der Rationalisierung ist dagegen nicht dem Bereich der industriellen Fertigung, Fabrikation, Herstellung oder Produktion von Sachgütern zuzuordnen (BSG a. a. O.).

Auch soweit der Beschäftigungsbetrieb des Klägers daneben den Betriebszweck der Projektierung von Bauinvestitionen verfolgte, handelte es sich nicht um eine Tätigkeit, deren Schwerpunkt auf der industriellen Fertigung, Fabrikation, Herstellung oder Produktion von Sachgütern liegt (vgl zum Projektierungsbüro: BSG SozR 4-8570 § 1 Nr. 11) . Im Hinblick auf die in der Präambel zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.8.1950 (GBl 844) zum Ausdruck gekommene Zielsetzung des Versorgungssystems war allein die Beschäftigung in einem Betrieb, der die Massenproduktion im Bereich des Bauwesens zum Gegenstand hatte, von Bedeutung für die Einbeziehung in die Versorgung. Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, das auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen basierte. Der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (vgl. auch BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S 46 f ). Nur eine derartige Massenproduktion im Bereich des Bauwesens und nicht das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art war für die Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech von maßgeblicher Bedeutung.

Dieses Ergebnis wird auch durch den Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen vom 14.6.1963 ( GBl II 437 ) gestützt, denn danach wurde u. a. zwischen der von Bau- und Montagekombinaten durchzuführenden Erstellung von Bauwerken in Massenproduktion und anderen Baubetrieben unterschieden (vgl. BSG SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 RdNr. 20) .“

Klarstellend hat zudem der 21. Senat des Landessozialgericht Berlin- Brandenburg in seinem Urteil vom 14. September 2006 (Aktenzeichen: L 21 R 9/04) zutreffend Folgendes ausgeführt:

„Der Begriff der Produktion in der Versorgungsordnung ist dabei vor dem Hintergrund des Sinns und Zwecks der Versorgungsordnung, nämlich durch versorgungsrechtliche Privilegierung bestimmter Personengruppen in bestimmten Bereichen der DDR-Volkswirtschaft diese abgegrenzten Teile der Wirtschaft, nämlich die industrielle Produktion, zu fördern, auszulegen. Erfasst wurden von der Versorgungsordnung nicht sämtliche volkseigenen Betriebe, sondern nur ausgewählte Betriebe im Bereich des Wirtschaftslebens der ehemaligen DDR. Es sollte nur ein bestimmter Bereich der DDR-Wirtschaft durch versorgungsrechtliche Privilegien gefördert werden und die darin tätigen Personengruppen - auch nicht alle, sondern nur die in der 2. DB genannten Personengruppen - privilegiert werden. Daher ist auch nicht ein weiter Produktionsbegriff, … zugrunde zu legen, sondern nur die engere industrielle Produktion, deren besondere Bedeutung für die Volkswirtschaft der ehemaligen DDR durch die Versorgungsordnung gefördert werden sollte. Unter Produktion wurde in der DDR die Herstellung standardisierter Massenprodukte verstanden. Dies folgt aus § 22 Abs. 1 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Produktionsbetriebe vom 09. Februar 1967 (GBl. II, S. 129). Danach hatte ein Produktionsbetrieb im Rahmen der Festlegungen des übergeordneten Organs seine Produktionsstruktur so zu gestalten, dass eine rationelle Produktion, besonders der Haupterzeugnisse, mit hoher Qualität, in großer Serie und nach modernen Fertigungsprinzipien erfolgte. Auch in der VO 1973 wird von Finalerzeugnissen gesprochen. In der VO 1979 wird die Verantwortung der Kombinate für die Sicherung der bedarfsgerechten Produktion der in den staatlichen Plänen festgelegten „Enderzeugnisse“ bestimmt. Das Finalerzeugnis war nach dem Sprachgebrauch der ehemaligen DDR ein „materielles Produkt eines Kombinates oder Betriebes, das als Investitionsgut oder Konsumgut unmittelbar für den Bedarf der Bevölkerung, der Wirtschaft sowie den Export bestimmt ist und nicht wieder als Arbeitsgegenstand in die Produktion eingeht.“ (Wörterbuch der Ökonomie Sozialismus, Hg. Ehlert, Joswig, Luchterhand u.a., Dietz Verlag Berlin, 5. Aufl. 1983 - Wörterbuch -).

Nach dem in der Versorgungsordnung zum Ausdruck gekommenen Sprachgebrauch der DDR war unter einem volkseigenen Produktionsbetrieb vielmehr nur ein Betrieb zur serienmäßigen Herstellung von erstmalig für den Gebrauch bestimmter Endprodukte verstanden worden (so auch: LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19. Februar 2003, L 4 RA 48/02, E-LSG RA-135; veröffentlicht in juris)…“

Nach dieser Rechtsprechung ist der VEB G T nicht als volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens zu qualifizieren. Sein betrieblicher Hauptzweck war nicht auf die industrielle Massenproduktion von Bauwerken oder Gütern gerichtet, sondern er projektierte, fertigte und montierte in erster Linie Automatisierungsanlagen.

Dies ergibt sich außer aus seiner Bezeichnung schon im Namen („Zentraler Anlagenbau der BMSR-Technik“, vgl. Eintragung im Register der Volkseigenen Wirtschaft des Bezirkes Potsdam) insbesondere aus der vorgelegten Festschrift von 1988 zum vierzigjährigen Bestehen des VEB, aus der Zeugenaussage des Betriebsdirektors vom 28. März 2006 und aus den vorgelegten Diagrammen von 1989 zur Produktions- und zur Arbeitskräftestruktur. Danach war die Produktion von Massengütern für den VEW G T nicht prägend, so dass nicht von einem Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des ehemaligen 4. Senats des Bundessozialgerichts ausgegangen werden kann.

Insofern ist nicht entscheidend darauf abzustellen, ob auch die Produktionsanlagen (für den Anlagenbau) oder Konsumgüter von dem VEB G T hergestellt worden sind. Denn hinsichtlich der Produktionsanlagen handelte es sich zumindest nicht um die serienmäßige Herstellung von für den Gebrauch bestimmter Endprodukte. In Gegenteil, wurden diese Produktionsanlagen zuvor individuell projektiert und allenfalls erst zur Herstellung der besagten Endprodukte errichtet. Die Herstellung der Konsumgüter schließlich war angesichts ihres prozentualen Anteils an der Gesamtproduktion selbst dann nicht Hauptzweck des Betriebes, wenn zu Gunsten des Klägers nicht von den in den Diagrammen und der Festschrift genannten Zahlen (2 bis 3% der Gesamtproduktion), sondern von den Angaben des ehemaligen Betriebsdirektors (10% der Gesamtproduktion) ausgegangen würde. Insoweit ist die zahlenmäßige Produktion (nach den Angaben des Klägers beispielsweise 130.000 Kontaktgrills im Jahre 1987) unerheblich. Es sollte ohne weiteres einleuchten, dass die Produktion von solchen Gütern selbst bei relativ großen Stückzahlen den Hauptzweck des Betriebes als Automatisierungsanlagenbauer, der nach der Festschrift fast die Hälfte aller in der DDR realisierten Anlagen für die Automatisierung technologischer Prozesse erstellt hat, nicht infrage stellen kann.

Nach alledem bleibt festzustellen, dass der Kläger auch dann keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung der streitigen Zeiträume als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und der insoweit erzielten Arbeitsentgelte hat, wenn der Rechtsprechung des ehemals zuständigen 4. Senats des BSG gefolgt würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.