Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 09.01.2025 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 B 6/23 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2025:0109.OVG2B6.23.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 6 BbgBO, § 80 Abs 1 Satz 1 BbgBO, § 12 BauNVO |
Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das dem Kläger am 16. September 2021, dem Beklagten am 21. September 2021 und den Beigeladenen am 15. September 2021 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der in der zweiten Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Im Übrigen tragen die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. die Beigeladenen vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet bzw. leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegen die Beigeladenen.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks , (Flurstück der Flur der Gemarkung I_____). Die Beigeladenen sind Eigentümer des nördlich des Grundstücks des Klägers gelegenen Nachbargrundstücks , (Flurstück der Flur der Gemarkung I_____). Sie erhielten im Jahr 2011 eine Baugenehmigung für ein Wohnhaus und stellten das Bauvorhaben noch in demselben Jahr fertig.
In den Folgejahren wandte sich der Kläger mehrfach an die Bauaufsichtsbehörde des Beklagten und bat um Überprüfung der in der Nähe der Grundstücksgrenze errichteten Anlagen auf dem Grundstück der Beigeladenen. Hierbei handelt es sich um eine gepflasterte Aufschüttung, die seitlich durch ein Verbundmauerwerk gestützt und in zwei Kraftfahrzeugstellplätze übergeführt wird. Dort bildet die Aufschüttung zugleich die Rückwand für einen sich daran anschließenden Unterstand. Mit Schreiben vom 28. Mai 2017 beantragte der Kläger in diesem Zusammenhang „den Rückbau der gesamten Baulichkeiten im Grenzbereich" zu seinem Grundstück. Mit Schreiben vom 5. September 2018 und vom 20. September 2018, zwischenzeitlich anwaltlich vertreten, vertiefte er dieses Anliegen und verwies hierbei auf die Errichtung einer nicht genehmigten baulichen Anlage „im unmittelbaren Bereich der Grundstücksgrenze", die dort mit Mauerwerk ausgeführt worden sei.
Mit Bescheid vom 2. November 2018 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2019 zurück.
Mit der am 20. Februar 2019 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. November 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2019 zu verpflichten, bauaufsichtlich gegen die Beigeladenen einzuschreiten, hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung der vorgenannten Bescheide zu verpflichten, die den Beigeladenden erteilte Baugenehmigung unter Beachtung seiner subjektiven Rechte zu widerrufen, zumindest abzuändern.
Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11. August 2021 ergangenem, dem Kläger am 16. September 2021, dem Beklagten am 21. September 2021 und den Beigeladenen am 15. September 2021 zugestelltem Urteil hat das Verwaltungsgericht dem Hauptantrag des Klägers entsprochen und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. November 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2019 verpflichtet, den Beigeladenen die Beseitigung der seitlich mit Mauerwerk befestigten Grenzbebauung aufzuerlegen, soweit sich diese innerhalb von drei Metern zur Grundstücksgrenze des Klägers befinde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klageantrag des Klägers sei unter Heranziehung des Vorbringens im Verwaltungsverfahren dahin auszulegen, dass es ihm darum gehe, die nicht genehmigten baulichen Anlagen im Bereich der Abstandsflächen beseitigen zu lassen. Der von ihm „hilfsweise" formulierte Antrag auf „Widerruf“ der Baugenehmigung sei „offenkundig für den Fall“ gestellt, „dass die Aufschüttung von der Genehmigung erfasst sei“. Der Kläger habe einen Anspruch gegen den Beklagten auf bauaufsichtliches Einschreiten aus § 80 Abs. 1 Satz 1 BbgBO. Die gepflasterte Aufschüttung, die seitlich durch ein Verbundmauerwerk gestützt und in zwei Kraftfahrzeugstellplätze überführt werde, stelle mitsamt Rückwand für einen sich daran anschließenden Unterstand, der teilweise als Aufenthaltsraum genutzt werde, eine einheitliche bauliche Anlage dar. Diese sei trotz Genehmigungsbedürftigkeit nicht durch eine Baugenehmigung legalisiert und auch materiell baurechtswidrig, da die nach § 6 BbgBO einzuhaltenden Abstandsflächen nicht eingehalten seien. Soweit der Beklagte darauf verweise, dass sich der Kläger auf die Verletzung von Abstandsflächen nicht berufen könne, weil er diese selbst verletze, treffe dies zwar soweit zu, wie dieser Verstoß qualitativ gleichwertig sei. Vergleichbar „und sogar die Abstandsflächenüberschreitung der Beigeladenen qualitativ überschreitend“ sei „die Abstandsflächenüberschreitung aber vorliegend nur(,) soweit … der Kläger seinerseits die Abstandsflächen durch ein Gebäude“ überbaue. Verwirkung sei nicht eingetreten. Selbst wenn der „Hilfsantrag" des Klägers als Eventualantrag nach § 44 VwGO auszulegen sei, führe dies nicht zu einem weitergehenden Erfolg der Klage. Die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung sei weder ersichtlich noch sei Substantielles dafür seitens des Klägers vorgetragen worden.
Mit Beschluss vom 5. September 2023 hat der Senat auf Antrag des Beklagten und der Beigeladenen die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen.
Der Beklagte macht mit am 5. Oktober 2023 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz geltend, der angefochtene Bescheid vom 2. November 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2019 über die Ablehnung eines bauaufsichtlichen Einschreitens sei rechtmäßig. Es sei nicht davon auszugehen, dass es sich bei den in Rede stehenden baulichen Anlagen - die gepflasterte Aufschüttung, seitlich gestützt durch ein Verbundmauerwerk, mitsamt Rückwand für einen sich daran anschließenden Unterstand - um eine einheitliche bauliche Gesamtanlage handele. Die Baulichkeiten gehörten nach objektiven Kriterien baulich und funktional nicht zusammen. Die Stützmauer, das „Nebengebäude ohne Aufenthaltsraum“ und die Aufschüttung mit Stellplätzen seien, soweit sie nicht durch die Baugenehmigung abgedeckt seien, „baugenehmigungsfrei“. Im Übrigen sei ein gleichwertiger Abstandsflächenverstoß des Klägers gegeben. Sein Wohnhaus und der Anbau ans Wohnhaus hielten die Abstandsflächen zum Grundstück der Beigeladenen nicht ein. Die Länge des Wohnhauses des Klägers betrage ca. 6,05 m. Es befinde sich „an der geringsten Stelle ca. 1,10 m und an der größten Stelle ca. 1,97 m von der Grundstücksgrenze“ zu den Beigeladenen entfernt. Der Anbau habe eine Länge von ca. 3,05 m. Er sei sogar teilweise über die Grundstücksgrenze gebaut. Außerdem sei der Anspruch des Klägers auf ein Einschreiten verwirkt. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht gegeben.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 11. August 2021 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 11. August 2021 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Sie tragen mit am 4. Oktober 2023 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vor, der Kläger habe keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 BbgBO. Der an der Grundstücksgrenze errichtete Raum sei kein Aufenthaltsraum. Der Kläger verletze selbst „ganz massiv die Abstandsflächen“. Sein Wohnhaus und der Anbau befänden sich „im 3-Meter-Grenzbereich“. Ihre eigene „streitgegenständliche Grenzbebauung“ sei rechtmäßig errichtet worden. Ein etwaiges Abwehrrecht des Klägers sei zudem verwirkt.
Der Kläger beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er ist der Meinung, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerfrei einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten in Bezug auf die grenznahen baulichen Anlagen der Beigeladenen angenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Streitakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die zulässigen Berufungen sind begründet. Der Kläger kann vom Beklagten weder verlangen, dass dieser bauaufsichtlich gegen die Beigeladenen im Wege einer Beseitigungsanordnung vorgeht, noch, dass die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung widerrufen bzw. abgeändert wird.
1. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erlass einer an die Beigeladenen gerichteten Beseitigungsanordnung (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 2. November 2018 ist in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2019 erhalten hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
a. Rechtsgrundlage für die vom Kläger erstrebte Beseitigungsanordnung ist § 80 Abs. 1 Satz 1 BbgBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von baulichen Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert worden sind, sofern nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Ein Anspruch eines Nachbarn gegen die Bauaufsichtsbehörde auf ein derartiges bauaufsichtliches Einschreiten setzt voraus, dass eine Norm mit nachbarschützenden Charakter verletzt worden ist (vgl. z.B. VGH München, Beschluss vom 5. Februar 2024 - 2 CE 24.32 - juris Rn. 9). Daran fehlt es.
b. Der vom Verwaltungsgericht angenommene Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht begründet keinen Anspruch des Klägers auf Erlass einer Beseitigungsanordnung.
aa. Nach der nachbarschützenden Norm des § 6 Abs. 1 BbgBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Von anderen Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen, sind Abstandsflächen gegenüber Gebäuden und Grundstücksgrenzen freizuhalten. Die Abstandsflächen müssen nach § 6 Abs. 2 BbgBO grundsätzlich auf dem Grundstück selbst liegen. Die Tiefe der Abstandsfläche, die sich nach der Wandhöhe bemisst (vgl. § 6 Abs. 4 BbgBO), beträgt in der Regel 0,4 H, mindestens drei Meter (vgl. § 6 Abs. 5 BbgBO). Stützmauern bis zu einer Höhe von zwei Metern sind dabei in Baugebieten, bei denen es sich nicht um Gewerbe- und Industriegebiete handelt, in den Abstandsflächen eines Gebäudes sowie ohne eigene Abstandsflächen zulässig, auch wenn sie nicht an die Grundstücksgrenze oder an das Gebäude angebaut werden.
bb. Es kann offenbleiben, ob die in Rede stehenden Baulichkeiten der Beigeladenen vollen Umfangs mit diesen Bestimmungen im Einklang stehen. Denn nach der Rechtsprechung des Senats kann sich ein Nachbar nach Treu und Glauben in der Regel nicht auf die Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften berufen, wenn die Bebauung auf seinem Grundstück die erforderlichen Abstandsflächen mindestens in vergleichbarem Umfang selbst nicht einhält. Dabei ist eine quantitativ und qualitativ wertende Betrachtung der mit der Verletzung der Abstandflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen vorzunehmen. Anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn der Abstandsflächenverstoß gemessen am Schutzzweck der verletzten Vorschrift zu schlechthin untragbaren, als Missstand zu qualifizierenden Beeinträchtigungen führt. Diesen Grundsätzen liegt die Erwägung zugrunde, dass der baurechtliche Nachbarschutz seine Grundlage in dem auf gegenseitiger Rücksichtnahme beruhenden nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis findet, in dessen Rahmen jeder Eigentümer zugunsten seines Nachbarn bestimmten Beschränkungen unterworfen ist und im Austausch dafür verlangen kann, dass der Nachbar diese Beschränkungen gleichfalls beachtet. Der Abwehranspruch des Nachbarn ergibt sich insoweit erst aus der Störung des nachbarlichen Gleichgewichts und nicht schon daraus, dass das angegriffene Vorhaben von öffentlich-rechtlichen Normen abweicht. Dabei ist unerheblich, ob die Bebauung auf dem Grundstück des Nachbarn, der ein Abwehrrecht geltend macht, in Übereinstimmung mit den baurechtlichen Bestimmungen errichtet wurde, ob es aufgrund einer Baugenehmigung Bestandsschutz genießt, und ob die eigene Abstandsflächenunterschreitung ihm subjektiv vorwerfbar ist, denn die Grundsätze zur wechselseitigen Abstandsflächenunterschreitung beziehen sich nicht auf ein Verhalten in der Vergangenheit, sondern auf die gegenwärtige Geltendmachung eines Abwehrrechts und knüpfen allein an die Störung des durch die objektiven Grundstücksverhältnisse geprägten wechselseitigen Austauschverhältnisses an (vgl. zu allem Senatsurteil vom 4. April 2017 - OVG 2 B 4.16 - juris Rn. 27 f.).
cc. Hiervon ausgehend kann sich der Kläger nicht auf eine Verletzung des Abstandsflächenrechts berufen, weil die Bebauung seines Grundstücks die gebotenen Abstände zu den Beigeladenen in qualitativer und quantitativer Hinsicht mindestens in vergleichbarem Umfang selbst nicht einhält. Nach dem Vorbringen des Beklagten, dem der Kläger nicht entgegengetreten ist und das mit den Erkenntnissen aus Lichtbildern, die sich im Verwaltungsvorgang befinden, sowie dem in der mündlichen Verhandlung verteilten aktuellen Auszug aus dem BrandenburgViewer (https://bb-viewer.geobasis-bb.de/) übereinstimmt, beträgt die Länge des Wohnhauses des Klägers ca. 6,05 m, wobei dieses „an der geringsten Stelle ca. 1,10 m und an der größten Stelle ca. 1,97 m“ von der Grundstücksgrenze der Beigeladenen entfernt liegt. Es schließt sich hieran ein Anbau mit einer Länge von ca. 3,05 m an, der teilweise über die Grundstücksgrenze gebaut ist. Danach verletzt der Kläger die Vorschriften des Abstandsflächenrechts qualitativ und quantitativ in mindestens vergleichbarem Umfang wie die Beigeladenen. Denn zum einen wird eine Verletzung der Abstandsflächen auf seinem Grundstück im Wesentlichen durch das Wohnhaus begründet, wobei dieser Verstoß dem abstandsrechtlichen Schutzzweck einer Wahrung des Sozialabstandes bzw. des Wohnfriedens (vgl. Senatsurteil vom 4. April 2017, a.a.O., Rn. 39; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. April 2023 - OVG 10 N 56/20 - juris Rn. 7; Beschluss vom 14. März 2006 - OVG 10 S 7.05 - juris Rn. 26) in einem erheblich größeren Umfang zuwiderläuft als die baulichen Anlagen der Beigeladenen, selbst wenn es sich bei dem auf dem Grundstück der Beigeladenen errichteten Unterstand um einen Aufenthaltsraum handeln sollte, was zwischen den Beteiligten umstritten ist und offenbleiben kann. Zum anderen liegen die baulichen Anlagen des Klägers südlich bzw. südöstlich des Hauses der Beigeladenen mit der Folge, dass sie mit Blick auf den Lauf der Sonne den abstandsrechtlichen Zwecken einer ausreichenden Belichtung und Besonnung in größerem Umfang entgegenstehen, als die auf dem Grundstück der Beigeladenen errichteten Bauten. Aus welchem Grund der Abstandsflächenverstoß vor diesem Hintergrund nicht mindestens „qualitativ gleichwertig“ (vgl. S. 10 der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts) sein soll, erschließt sich nicht.
c. Gründe, die die Annahme rechtfertigen, die vom Kläger beanstandeten Baulichkeiten verstießen gegen das in jedem Baugebiet geltende drittschützende baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme, liegen nicht vor. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalles wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 - IV C 22.75 - juris Rn. 22).
aa. Danach ergibt sich aus der Errichtung der Zufahrt und der Stellplätze kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot. Stellplätze für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf, wie sie hier in Rede stehen, sind grundsätzlich in allen Baugebieten zulässig (vgl. § 12 Abs. 1, Abs. 2 BauNVO). Gründe, die die Annahme rechtfertigen, die vorliegend errichteten Stellplätze seien ausnahmsweise unzulässig, wurden nicht vorgetragen und sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Es ist auch nicht zu erkennen, dass die konkrete Anordnung der Stellplätze mit ihrer Zufahrt gegenüber dem Kläger rücksichtslos wäre. Dies wäre nur der Fall, wenn von ihr Belästigungen oder Störungen ausgingen, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar wären. Bei der insoweit vorzunehmenden einzelfallbezogenen Prüfung, ob die Nutzung der Stellplätze zu unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft führen, ist der in § 12 Abs. 2 BauNVO enthaltenen Grundsatzentscheidung Rechnung zu tragen. Danach haben Nachbarn die etwa von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall hinzunehmen. Zwar können besondere örtliche Verhältnisse zu dem Ergebnis führen, dass die Errichtung von Stellplätzen auf dem Baugrundstück nicht oder nur mit Einschränkungen genehmigt werden kann. Dafür ist jedoch vorliegend nichts ersichtlich. Denn nach der hierfür in den Blick zu nehmenden konkreten Situation (Lage und Nähe zu den Nachbargrundstücken, die Art und die Empfindlichkeit der dort stattfindenden Nutzungen, etwaige Vorbelastungen sowie der Umfang der zu erwartenden Belästigungen, vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2000 - 4 C 3.00 - juris Rn. 19; Beschluss vom 20. März 2003 - 4 B 59/02 - juris Rn. 6 ff.), ist festzustellen, dass der Kläger etwaigen Belästigungen durch die Zufahrt, die nur durch die Bewohner des mit einem Einfamilienhaus bebauten Nachbargrundstücks genutzt wird - Gegenteiliges trägt der Kläger nicht vor und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich - nur deshalb in größerem Umfang ausgesetzt ist, weil sein Wohnhaus seinerseits die Abstandsflächen nicht einhält. Die Stellplätze selbst befinden sich bereits in einem etwas größeren Abstand zum Wohnhaus. Gründe, die die Annahme rechtfertigen, ihre Lage beeinträchtige den Kläger unzumutbar, sind nicht zu erkennen.
bb. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich durch die Baulichkeiten der Beigeladenen besondere Einsichtsmöglichkeiten ergeben würden, die nicht von vornherein im Rahmen der grundsätzlich zulässigen Bebauung des Vorhabengrundstücks mit Wohnbebauung zu erwarten waren und damit grundsätzlich hinzunehmen sind. In Anbetracht der Lage der Bauten auf seinem Grundstück und die Größe seines Grundstücks verbleiben dem Kläger hinreichende Rückzugsmöglichkeiten, so dass sich die Errichtung einer Aufschüttung, die die Einsichtsmöglichkeiten auf sein Grundstück erhöht, nicht als unzumutbar erweist.
2. Auch der in erster Instanz gestellte Hilfsantrag des Klägers rechtfertigt keine andere Entscheidung.
In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass ein Hilfsantrag, über den die Vorinstanz nicht zu entscheiden brauchte, weil sie dem Hauptantrag entsprochen hat, durch das Rechtsmittel des Beklagten gegen seine Verurteilung nach dem Hauptantrag ebenfalls in der Rechtsmittelinstanz anfällt (z.B. BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 1998 - 9 B 469/98 - juris Rn. 20). Gleichwohl vermag der Kläger mit seinem in erster Instanz formulierten Hilfsantrag auch im Berufungsverfahren nicht durchzudringen. Dabei kann offenbleiben, ob es sich hierbei um einen echten Eventualantrag handelt oder der Antrag nur für den Fall gestellt sein sollte, dass die Aufschüttung von der Genehmigung erfasst sei. Denn jedenfalls hat der Kläger aus den oben genannten Gründen schon mangels subjektiver Rechtsverletzung keinen Anspruch gegen den Beklagten auf (teilweise) Aufhebung der Baugenehmigung bzw. ermessenfehlerfreie Entscheidung hierüber.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Dabei sind dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus der Berufungsinstanz aufzuerlegen, weil die Beigeladenen im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt und sich insoweit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.