Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 28.01.2025 | |
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Aktenzeichen | OVG 4 S 22/24 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2025:0128.OVG4S22.24.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 80 Abs 5 VwGO, § 86 Abs 1 VwGO, § 146 Abs 4 VwGO |
Die in der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) gebotene Dichte der geforderten Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung hat sich grundsätzlich an deren inhaltlicher Dichte zu orientieren.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. Juni 2024 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerde.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 4.077,98 Euro festgesetzt.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Gemessen daran hat das Verwaltungsgericht den Bescheid über die Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zutreffend in summarischer Prüfung als formell und materiell rechtmäßig angesehen.
Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO muss ein Beschwerdeführer eine Begründung einreichen. Diese muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Die Gründe der angefochtenen Entscheidung geben damit den Beschwerdegründen den Inhalt vor. Die Dichte der geforderten Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung orientiert sich an deren inhaltlicher Dichte (Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 146 Rn. 22a)
Der zweitinstanzlich gestellte Antrag, den erstinstanzlichen Beschluss aufzuheben, wird vom Antragsteller mit der Behauptung begründet, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung angenommen. Insbesondere habe das Gericht dem Beschluss unzutreffend zugrunde gelegt, er hätte aktiv den Kontakt zu dem Inhaftierten R_____ gesucht. Hier wäre im Zweifel im Verfahren des Eilrechtsschutzes eine mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen, um die besonders relevanten Umstände aufzuklären. Die lediglich summarisch vorgenommene Prüfung entbinde das Gericht nicht völlig von Aufklärungsmaßnahmen, die vorliegend möglich und praktikabel gewesen seien. Nicht der Antragsteller hätte dem Vorwurf, die Gruppenbetreuerin bedroht zu haben, substantiiert entgegentreten müssen. Es hätte stattdessen dem Antragsgegner oblegen, den Vorwurf zu substantiieren. Weder Antragsgegner noch Gericht hätten die positiven Aspekte der Beurteilung und die Entwicklungstauglichkeit hinreichend berücksichtigt. Es lägen Beurteilungsfehler vor, da die positiven Aspekte unter- und jegliche Irritationen überbewertet worden seien. Der Antragsteller schließt die Begründung mit der Rüge, es sei eine unvollständige Tatsachengrundlage als Beurteilungsfehler zu verzeichnen.
Diese hier gegenüber der vollständigen Begründung kaum zusammengefasste Argumentation des Antragstellers steht in keinem Verhältnis zur Dichte der Begründung des Verwaltungsgerichts. Das Gericht hat auf den Seiten 2, 3 des 14-seitigen Beschlusses minutiös die Vorwürfe des Antragsgegners zusammengetragen (mit Belegstellen aus den Akten) mit einem Schwerpunkt auf dem Umgang mit dem Inhaftierten R_____. Darauf geht der Antragsteller in der Beschwerdebegründung lediglich mit der Behauptung ein, es sei falsch, dass er aktiv den Kontakt zu dem Inhaftierten gesucht hätte. Die Erwiderung ist nicht substantiiert. Auf den vom Gericht wiedergegebenen Vorfall mit der Gruppenbetreuerin trägt der Antragsteller noch nicht einmal seine Version des Geschehenen vor, sondern zieht sich auf das Formalargument zurück, nicht er, sondern der Antragsgegner müsse das Geschehene substantiieren.
Was die vom Antragsteller beanstandete Überprüfung des Sachverhalts angeht, ist zwar in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren eine förmliche Beweisaufnahme, etwa eine Zeugenvernehmung, zur richterlichen Überzeugungsbildung geboten, wenn Beschuldigungen relevant bestritten werden (BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2022 – 2 B 41.21 – juris Rn. 28). Das gilt aber nicht für ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Dort reicht es grundsätzlich aus, für die vorläufige Entscheidung eine hinreichend sichere Tatsachengrundlage zu schaffen. Die Rechtsordnung überlässt es dem Verwaltungsgericht, ob es auf der Grundlage einer (offenen) Interessenabwägung entscheidet oder unter Inkaufnahme einer zeitlichen Verzögerung nach Maßstab einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage (Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 960, siehe auch Rn. 914 ff., 958 ff.).
Hier hat das Verwaltungsgericht den Bescheid in summarischer Prüfung, wie es mitgeteilt hat, als rechtmäßig angesehen. Es hat in Auswertung der in den Akten dokumentierten Belege angenommen, hinreichend Material für die Entscheidung aufgrund summarischer Prüfung zu finden, dass der Antragsgegner begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers hegen dürfe. Es hat mithin die Tatsachengrundlage für hinreichend sicher gehalten.
In einem solchen Fall braucht das Verwaltungsgericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes weder eine mündliche Verhandlung anzuberaumen noch den Sachverhalt weiter aufzuklären. Wenn der Antragsteller meint, es fehle – trotz der ausführlichen und detaillierten Begründung des Verwaltungsgerichts – an einer hinreichend sicheren Tatsachengrundlage, dann hätte er sich mit den Einzelheiten der gerichtlichen Begründung auseinandersetzen müssen. Eine pauschale Behauptung des Gegenteils und die schlichte Forderung, mehr zu ermitteln, reicht nicht aus. Denn sollten im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO die Tatsachen und Beweismittel nicht ausreichen, um weitere Ermittlungen des Gerichts entbehrlich zu machen, verlangt die Mitwirkungsobliegenheit des § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO vom Antragsteller, seinen Antrag mit hinreichendem Tatsachenvortrag und Beweismittelbenennung zu stützen (Rixen, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 86 Rn. 58).
Das unterlässt der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung. Er legt auch nicht detailliert dar, was genau zu negativ beurteilt worden sei. Die Beurteilung eines Beamten obliegt nicht der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Diese könnte lediglich konkrete Beurteilungsfehler beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2024 – 2 A 1.23 – juris Rn. 15). Diese werden jedoch vom Antragsteller nicht aufgezeigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).