Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Denn die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte musste in den streitgegenständlichen Honorarbescheiden keine höheren Punktzahlen für die Bemessung des sog. Laborbudgets zugrunde legen. Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, ohne der Klägerin eine Frist zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 3. Mai 2010 einzuräumen, weil er das Vorbringen der Beklagten in diesem Schriftsatz seiner Entscheidung nicht zu Grunde gelegt hat.
Die Bestimmungen der Nrn. 3450 und 3452 EBM und der Absätze 1 bis 5 der Präambeln zu den Abschnitten O I/II („Allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen“) und O III („Spezielle Laboratoriumsuntersuchungen“) des EBM sind Bestandteil einer umfassenden Neuregelung, die der Bewertungsausschuss hinsichtlich des Laborkapitels des EBM zum 1. Juli 1999 vorgenommen hat (Beschluss vom 9. Dezember 1998, DÄ 1999, S C-48 ff, mit späterer Änderung, DÄ 1999, S C-663 ff). Dabei sind für die analytischen Leistungen, d.h. die Laboruntersuchungen im technischen Sinne, bundesweit einheitliche Kostensätze festgelegt worden (vgl. die Anhänge zu den Abschnitten O I/II und O III EBM). Für die ärztlichen Leistungen, d.h. die Indikation, Veranlassung, Befundung und Interpretation, sind - neben den hier nicht relevanten Grundpauschalen für Auftragsleistungen (Nr. 3454 und 3456 EBM) - eine Laborgrundgebühr (Nr. 3450 EBM) und eine Gebühr für die wirtschaftliche Erbringung und/oder Veranlassung von Laborleistungen (Nr. 3452 EBM) eingeführt worden. Sowohl die Laborgrundgebühr nach Nr. 3450 EBM als auch der Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nr. 3452 EBM sind arztgruppenbezogen und fallzahlabhängig. Für den Wirtschaftlichkeitsbonus gilt eine Abschmelzungsregelung: Getrennt für die Abschnitte O I/II und O III EBM wird eine begrenzte Gesamtpunktzahl für die Kosten der eigenerbrachten, bezogenen oder sonst veranlassten Analyseleistungen gebildet, deren Höhe sich jeweils aus dem Produkt der praxisindividuellen Fallzahl und einer im EBM festgelegten arztgruppenspezifischen Punktzahl ergibt (jeweils Absatz 1 der Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM). Der so gebildeten Gesamtpunktzahl wird das Punktzahlvolumen gegenübergestellt, das sich aus der Umrechnung der Kosten der von der jeweiligen Praxis erbrachten, bezogenen oder sonst veranlassten Analyseleistungen ergibt (jeweils Absatz 2 und 3 a.a.O.). Überschreitet dieses Punktzahlvolumen die begrenzte Gesamtpunktzahl, so sind die überschreitenden Punkte von dem Punktzahlvolumen aus Nr. 3452 EBM abzuziehen (jeweils Absatz 4 a.a.O.). Unberücksichtigt bleiben bei der Abschmelzung jedoch bestimmte, im Einzelnen aufgelistete Krankheitsfälle (jeweils Absatz 5 a.a.O.).
Die Leistungslegenden für die o.g. EBM-Nrn. lauten u.a.:
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3450
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Laborgrundgebühr, je kurativ-ambulanten Behandlungsfall mit Ausnahme von Überweisungsfällen mit Auftragsleistungen
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…
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fachärztliche Internisten ohne Schwerpunkt (Teilgebiet)
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20
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fachärztliche Internisten mit Schwerpunkt (Teilgebiet)
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…
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Hämatologie und Onkologie
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110
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…
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3452
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Wirtschaftliche Erbringung und/oder Veranlassung von Leistungen des Kapitels O, je kurativ-ambulanten Behandlungsfall mit Ausnahme von Überweisungsfällen mit Auftragsleistungen
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…
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fachärztliche Internisten ohne Schwerpunkt (Teilgebiet)
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50
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fachärztliche Internisten mit Schwerpunkt (Teilgebiet)
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…
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Hämatologie und Onkologie
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240
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Bei der Anwendung dieser untergesetzlichen Regelungen ist die Klägerin nicht der für sie erheblich günstigeren Arztgruppe der fachärztlichen Internisten mit Schwerpunkt (Teilgebiet) Hämatologie und Onkologie zuzuordnen, sondern der Arztgruppe der fachärztlichen Internisten ohne Schwerpunkt (Teilgebiet). Maßgeblich ist insoweit das berufsrechtliche Verständnis des Begriffspaares „Hämatologie und Onkologie“.
Für die Auslegung des einschlägigen Berufsrechts ist - da im vorliegenden Fall eine Abrechnungsziffer des EBM und somit Bundesrecht maßgeblich ist – auf die vom Deutschen Ärztetag beschlossene (Muster-) Weiterbildungsordnung - MWBO - 1992 (Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, § 19 Rd. 18 m.w.N.) sowie die sie konkretisierenden Richtlinien (veröffentlicht u.a. im Internet unter www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=1.128, recherchiert am 30. April 2010). Nach § 2 Abs. 1 i.V.m. Abschnitt I Nr. 15.C.4. MWBO 1992 kann ein Arzt sich u.a. als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie weiterbilden. Bereits die übereinstimmende Verwendung des Begriffspaares „Hämatologie“ und „Onkologie“ in den o.g. EBM-Ziffern einerseits und in der im streitgegenständlichen Zeitraum gültigen MWBO andererseits ist ein Beleg dafür, dass die Leistungslegende der o.g. EBM-Ziffern zumindest in diesem Punkt berufsrechtlich zu verstehen sind. Demgegenüber betraf die Anerkennung als Schwerpunktpraxis - zumindest der Bezeichnung nach - „nur“ den onkologischen Bereich. Hinzukommt, dass diese Anerkennung nicht auf bundesrechtlicher Grundlage, sondern aufgrund von nur im Bereich der Beklagten geltenden Regelungen und somit als Landesrecht erfolgte. Im Jahre 1993 existierte auf Bundesebene eine Onkologie-Vereinbarung nur für den Ersatzkassenbereich (als Anlage 7 zum Arzt-Ersatzkassen-Vertrag - EKV). Diese Vereinbarung sah jedoch ebensowenig eine Anerkennung onkologischer Schwerpunktpraxen vor, wie die 1994 und 1995 in Kraft getretenen Fassungen. Die für die Erbringung ambulanter onkologischer Leistungen zentrale Qualifikation ist vielmehr die des onkologisch verantwortlichen Arztes (§ 2 Onkologie-Vereinbarung). Für den Primärkassenbereich wurde die ambulante onkologische Versorgung demgegenüber durch Verträge der Beklagten mit einzelnen Krankenkassen(-verbänden) sichergestellt, die (zumindest teilweise) eine solche Anerkennung vorsahen.
Hing somit die Anerkennung als onkologische Schwerpunktpraxis von den jeweiligen landesrechtlichen, spezifisch vertragsarztrechtlichen Voraussetzungen ab, spricht dies ebenfalls für ein berufsrechtliches, bundesrechtliche Vorgaben berücksichtigendes Verständnis. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bewertungsausschuss als Normgeber des EBM die Gewährung einer höheren Punktzahl i.R.d. o.g. EBM-Ziffern nicht an bundes-, sondern an landesrechtliche Vorgaben knüpfen wollte, zumal bei letzteren für ihn keinerlei Gewissheit bestanden hätte, dass auf der (Landes-)Ebene der Kassenärztlichen Vereinigungen auch nur annähernd vergleichbare Voraussetzungen für die Zuordnung zum Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie geschaffen worden wären.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Bewertungsausschuss bei der Schaffung der EBM-Ziffern 3450 und 3452 auf die tatsächlichen Gegebenheiten abstellen wollte. Dagegen spricht schon, dass für diesen Fall eine zusätzliche Regelung zu erwarten gewesen wäre und auch erforderlich sein dürfte, welche tatsächlichen Gegebenheiten – z.B. ein bestimmter Patientenanteil mit hämatologisch-onkologischen Erkrankungen oder ein bestimmter auf Leistungen dieses Bereichs entfallender Anteil des Gesamtleistungsbedarfs – zur Anwendung der höheren Punktzahl berechtigen sollen.
Soweit sich die Klägerseite auf die Rechtsprechung des BSG beruft, überzeugt dies nicht. In seinem o.g. Urteil vom 26. Juni 2002 (Az.: B 6 KA 6/01 R) hatte das BSG die Frage zu klären, wie die Formulierung „Arzt für Anästhesiologie“ in der Präambel zu Abschnitt B VII EBM (in der 1996 geltenden Fassung) auszulegen war. Es gelangte zum Ergebnis, dass der dortige Kläger, der berufsrechtlich die Bezeichnung „Facharzt für Anästhesiologie“ führen durfte, als solcher aber vertragsarztrechtlich nicht zugelassen war, aufgrund besonderer vertraglicher Regelungen – dem Vertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V über ambulantes Operieren im Krankenhaus und den nachgeordneten Qualifikationsanforderungen - den als Anästhesisten zugelassenen Ärzten gleichstand. Diese Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall jedoch aus mehreren Gründen nicht übertragbar. Zum einen fehlt es im Falle der Klägerin an einer für alle Kassenbereiche einheitlichen Regelung des Bundesrechts. Denn für den Primärkassenbereich ist – wie § 11 Abs. 2 der mit Wirkung zum 01. Juli 2009 als Anlage 7 zu den Bundesmantelverträgen geschlossenen Onkologie-Vereinbarung nahe legt („die bundesmantelvertragliche Regelung tritt an die Stelle ggf. bestehender Vereinbarungen auf Landesebene...“) – mit dieser Vereinbarung erstmals eine bundesweit einheitliche Regelung für diesen Versorgungsbereich geschlossen worden. Zum anderen existierte – abweichend vom vorliegenden Fall - mit § 115 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V („einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte“) eine gesetzliche Ermächtigung zur Schaffung von Vergütungsregelungen, die diejenigen der Gesamtvertragsparteien nach § 82 Abs. 2 SGB V ergänzen. Schließlich verfügte der dortige Kläger – anders als die hiesige Klägerin – tatsächlich über die weitere berufsrechtliche Qualifikation.
Auch aus dem Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 06. Juli 2006 (Az.: S 12 KA 701/05, veröffentlicht in Juris) ergeben sich keine für die Klägerin günstigeren Konsequenzen. Dieses Gericht hatte die Abrechnung der hämato-/onkologischen Leistungen nach Abschnitt 13.3.4 des ab dem Quartal II/05 geltenden EBM für zulässig gehalten, obwohl der dortige Kläger nicht – wie in der Präambel zu diesem Abschnitt gefordert – die Schwerpunktbezeichnung „Hämatologie und Internistische Onkologie“ führen durfte. Es hatte dies mit der zwischen den Parteien der Bundesmantelverträge geschlossenen „Ergänzenden Vereinbarung zur Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs“ vom 10. Januar 2005 und der darin enthaltenen Vertrauensschutzregelung für bislang schon schwerpunktmäßig hämatologisch-onkologisch tätige Vertragsärzte begründet. Im Falle der Klägerin fehlt es jedoch an einer solchen von den Parteien der Bundesmantelverträge einheitlich geschlossenen Ausnahmeregelung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.