Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Erlass einer Zwischenverfügung durch das Verwaltungsgericht, Statthaftigkeit...

Erlass einer Zwischenverfügung durch das Verwaltungsgericht, Statthaftigkeit der Beschwerde, gebotene Widerlegung der Annnahme, das Eilrechtsschutzbegehren sei nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos, die Zwischenverfügung zur effektiven Rechtsschutzgewähr erforderlich und das Interesse des Antragstellers überwiege, keine Klärung streitiger Tatsachen und divergenter fachlicher und rechtlicher Bewertungen im Zwischenverfügungsverfahren, zur möglichen Entkräftung der Plausibilität eines Gutachtens durch Darlegung handwerklicher Fehler, zur Schutzwürdigkeit widerstreitender Interesse des Beigeladenen, deren Durchsetzung gegen den Antragsteller ihm zivilrechtlich einstweilen untersagt ist, Zurückweisung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 20.01.2025
Aktenzeichen OVG 10 S 3/25 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2025:0120.OVG10S3.25.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 123 VwGO , § 146 Abs 1 VwGO , § 146 Abs 2 VwGO , Art 19 Abs 4 GG , § 12 Abs 1 Satz 1 und 2 BbgBO , § 58 Abs 2 Satz 2 BbgBO , § 79 Abs 1 BbgBO

Tenor

Die Beschwerde des Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 11. Dezember 2024 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Beigeladene.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Zwischenverfügung, mit der das Verwaltungsgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, gegenüber dem Beigeladenen zu verfügen, die Baumaßnahmen auf dem Grundstück W_____ auf einem 5 m breiten Streifen gemessen von der Grundstücksgrenze M_____ vorläufig bis zu einer abschließenden erstinstanzlichen Entscheidung im Eilverfahren VG 3 L 740/24 einzustellen, hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist mit dem Rechtsmittel der Beschwerde anfechtbar. Der Ausschluss der Beschwerdefähigkeit prozessleitender Verfügungen durch § 146 Abs. 2 VwGO greift vorliegend nicht. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts beinhaltet keine prozessleitende Verfügung, deren Gegenstand allein eine Anordnung zum förmlichen Fortgang des Verfahrens sein könnte. Vielmehr wird mit dem Beschluss ungeachtet seiner zeitlichen Befristung eine sich materiell-rechtlich auswirkende Regelung getroffen, deren Beschwerdefähigkeit nicht ausgeschlossen ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. April 2007 - 3 S 33.07 -, juris Rn. 2; Beschluss vom 10. März 2010 – OVG 11 S 11.10 –, juris Rn. 6; Beschluss vom 17. Dezember 2012 – Beschluss OVG 6 S 50.12 –, juris Rn. 2 und Beschluss vom 17. Februar 2014 – OVG 4 S 79.13 – juris Rn. 2; jeweils m.w.N; a. A. OVG Berlin, Beschluss vom 3. Februar 1998 - 8 S 184.97 -, juris Ls. 1).

II. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die von dem Beigeladenen vorgebrachten Gründe rechtfertigen eine Änderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO, der auch auf Beschwerden gegen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergehende Zwischenverfügungen Anwendung findet (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Juli 2021 – 6 S 2237/21 –, juris Rn. 13), muss die Beschwerdebegründung die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe. Gemessen an dem hiernach durch den Beschwerdevortrag begrenzten Prüfungsstoff hat das Verwaltungsgericht in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren die vorläufige Sicherungsmaßnahme zu Recht von Amts wegen erlassen.

1. Entgegen der Annahme des Beigeladenen erweist sich die Zwischenverfügung nicht bereits deshalb als unrichtig, weil das Verwaltungsgericht ihn unzureichend angehört hätte. Aus der Gerichtsakte geht hervor, dass der Beigeladenenvertreter, nachdem er mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2024 eine kurzfristige Stellungnahme unter Vorlage eines Prüfberichts angekündigt hatte, am 6. Dezember 2024, einem Freitag, auf der Geschäftsstelle die telefonische Bitte hinterließ, nicht vor Beginn der nächsten Woche zu entscheiden, um sich noch äußern zu können. Dem hat das Verwaltungsgericht sowohl dadurch entsprochen, dass es seine Entscheidung erst nach Ablauf der erbetenen Frist am darauffolgenden Mittwoch, dem 11. Dezember 2024, erließ, als auch dadurch, dass es den Umstand, dass der Beigeladene eine Stellungnahme angekündigt hatte, zum Anlass nahm, lediglich eine sichernde Zwischenverfügung zu erlassen und noch nicht abschließend über das Eilrechtsschutzbegehren zu entscheiden. Welcher Anlass angesichts dessen für eine gerichtliche Nachfrage nach dem Verbleib der angekündigten Äußerung oder ein längeres Zuwarten bestanden haben könnte, ist weder dargetan noch sonst ansatzweise ersichtlich.

2. Ob im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen eine Zwischenverfügung (sog. Hängebeschluss) erforderlich ist, ist im Wege einer Interessenabwägung zu ermitteln. Der Erlass einer Zwischenverfügung ist geboten, wenn der Eilantrag nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos ist, ohne die befristete Zwischenverfügung die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) gefährdet wäre, weil vollendete (irreversible) Tatsachen geschaffen werden oder schwere und unabwendbare Nachteile einzutreten drohen und keine anderen überwiegenden Interessen entgegenstehen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. März 2010 – OVG 11 S 11.10 –, juris Rn. 10; Beschluss vom 17. Dezember 2012 – OVG 6 S 50.12 –, juris Rn. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Juli 2021 – 6 S 2237/21 –, juris Rn. 14, jeweils m.w.N.).

Diesen Maßstab, dem die Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten ist, hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung in der Sache zugrunde gelegt. Dass das Verwaltungsgericht dabei zu Unrecht vom Vorliegen der genannten Voraussetzungen ausgegangen wäre, zeigt der Beigeladene aus den nachfolgenden Gründen nicht auf.

3. Erfolglos wendet sich der Beigeladene gegen die Annahmen des Verwaltungsgerichts, dass das Eilrechtsschutzbegehren der Antragstellerin nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos sei und dass es zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes einer Zwischenverfügung bedürfe.

a. Einen Anordnungsgrund hat das Verwaltungsgericht jedenfalls darin erkannt, dass der Beigeladene der ordnungsgeldbewehrten einstweiligen Verfügung des Landgerichts Cottbus vom 4. November 2024 – 6 O 312/24 – zuwider bauliche Aktivitäten im Grenzbereich zur Antragstellerin entfaltet habe. Hierzu verhält sich die Beschwerde nicht.

b. Einen nicht auszuschließenden Anordnungsgrund für das begehrte behördliche Einschreiten sowie dessen ohne eine Zwischenverfügung drohende Vereitelung hat das Verwaltungsgericht aus den folgenden Umständen abgeleitet: Der Antragsgegner verfüge mit § 79 Abs. 1 BbgBO oder mit § 58 Abs. 2 Satz 2 BbgBO über eine Ermächtigungsgrundlage, und sein Ermessen sei wahrscheinlich zugunsten der Antragstellerin reduziert. Diese könne sich auf nachbarschützende Vorschriften u.a. zur Standsicherheit (§ 12 Abs. 1 S. 2, § 13 Satz 1 BbgBO) berufen, für die der Beigeladene als Bauherr verantwortlich sei. Die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass die Antragstellerin eine vom Beigeladenen zu verantwortende Standsicherheitsgefährdung ihres Nachbargebäudes dargelegt habe, und die hieraus resultierende Erforderlichkeit umgehenden behördlichen Einschreitens ergebe sich aus der mit dem Antrag in Bezug genommenen Entscheidung des Landgerichtes Cottbus vom 4. November 2024 und den dieser zugrunde liegenden Fachstellungnahmen des Dipl.-Ing. F_____ vom 8. und 18. Oktober 2024 und der J_____,x_____Dipl.-Ing.x_____ vom 30. Oktober 2024. Damit sei hinreichend untersetzt, dass es infolge der Bauarbeiten zu einer Vergrößerung der Rissbilder gekommen, die Giebelwand massiv dauerhaft geschädigt und deren Standsicherheit nicht mehr gegeben sei sowie zumindest ein Teileinsturz jederzeit drohe; diese Schäden müssten im Einzelnen fachkundig aufgenommen und bewertet werden, um zu klären, inwieweit die Bestandswand sanierungsfähig sei; diese Sanierung müsse ggf. durch Unterfangung mittels Hochdruckinjektion erfolgen, die sich nur solange realisieren lasse, wie im Baufeld des Neubaukörpers noch keine Gründungselemente eingebaut seien.

aa. Weder das potentielle Bestehen eines Anordnungsgrundes noch die Erforderlichkeit der Zwischenverfügung werden dadurch in Frage gestellt, dass die Beschwerde den Feststellungen im Urteil des Landgerichts und den Fachstellungnahmen der Dipl.-Ing.x_____ und M_____ in verschiedenen Punkten widerspricht und auf andere Fachstellungnahmen (Anlagen D1 bis D7) verweist, die zu gegenteiligen Ergebnissen kommen. Denn die Entscheidung, welcher der divergenten Bewertungen der von den Beteiligten jeweils herangezogenen Fachleute plausibler ist, kann nicht bereits im Rahmen des Zwischenverfügungsverfahrens, sondern erst im Rahmen der vom Verwaltungsgericht noch zu treffenden abschließenden Eilentscheidung vorgenommen werden.

Dementgegen soll der Erlass der Zwischenverfügung lediglich verhindern, dass in dem kurzen Zeitraum, bis das Eilverfahren abgeschlossen ist, vollendete Tatsachen geschaffen werden, die zu einer Vereitelung der dem Antragsteller von Verfassungs wegen zu gewährenden Rechtsschutzmöglichkeit führen. Dies verkennt der Beigeladene, wenn er vorträgt, das Verwaltungsgericht „eröffne[t] der Antragstellerin alle Möglichkeiten, die … Arbeiten am Neubau des Beigeladenen auf lange Sicht verhindern zu können“.

bb. Davon, dass das Eilrechtsschutzbegehren von vornherein offensichtlich aussichtslos ist bzw. dass der Antragstellerin ohne die Zwischenverfügung keine Rechtsschutzvereitelung droht, wäre indes auszugehen, wenn dargelegt wäre, dass die erstinstanzlich herangezogenen Fachstellungnahmen der Dipl.-Ing.x_____ und M_____ handwerkliche Fehler aufweisen, aufgrund derer die einzelnen aus ihnen abgeleiteten Schlussfolgerungen sich als nicht plausibel erweisen. Daran fehlt es hier jedoch, denn soweit das Beschwerdevorbringen und die von ihm zitierten Fachstellungnahmen überhaupt über die Frage der Ergebnisrichtigkeit hinaus die Einhaltung gutachterlicher Standards durch die Dipl.-Ing.x_____ und M_____ thematisieren, greifen die erhobenen Einwendungen nicht durch; dazu im Einzelnen:

(1) Die vom Beigeladenen angeführte „Fachliche Erklärung – Gründungsarbeiten im Bereich der Nachbarbebauung …“ der W_____ (Anlage D1, von der Beschwerde der F_____ zugeschrieben) stellt eine um Beschriftungen und stichpunktartige Anmerkungen ergänzte Fotodokumentation dar. Diese stellt der ebenfalls durch eine Fotodokumentation unterlegten Bewertung des Dipl.-Ing.x_____ – wonach der Gründungshorizont der Nachbarwand höher als die Baugrubensohle liege und der Betonkeil der unterfahrenden Sicherung der Fundamentsohle diene – lediglich eine abweichende eigene Bewertung gegenüber – wonach die Unterkante des Nachbarfundaments tiefer als die Baugrubensohle liege und der Betonkeil das teils lose Fundamentgestein binde –, sie benennt dabei jedoch keine handwerklichen Fehler, die das Gutachten des Dipl.-Ing.x_____ unplausibel machen würden. Die weiter in Bezug genommene „Fachliche Erklärung – Schürfen … am 16.06.2023“ (Anlage D2) und die „Fachliche Erklärung + Fotodokumentation Einbringung … Unterfangung (07.-15.10.2024)“ (Anlage D3) befassen sich schon nicht mit den Fachstellungnahmen der Dipl.-Ing.x_____ und M_____.

(2) Dass der Beigeladene selbst dem Dipl.-Ing.x_____ eine oberflächliche Arbeitsweise vorwirft, weil dieser weder eine Handschachtung vor Ort vorgenommen noch die bereits zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Fotos richtig gewürdigt habe (S. 4 der Beschwerdebegründung), verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Ausweislich der gutachterlichen Stellungnahme vom 18. Oktober 2024 hat dieser bei seiner Ortsbesichtigung am 8. Oktober 2024 den Gründungshorizont der Bestandswand nur auf den ersten zwei Metern von der Hauptstraße aus einsehen können, das Freistehen und den Grundbruch dieses Bereichs hat er daraus geschlussfolgert, dass die Gebäudeecke auf zwei in Sandlehmgemisch verlegten Gründungsfeldsteinen in einem 23 cm hohen gewachsenen Sandgründungspolster stehe, der Baugrund keinen Überstand besitze, und ihm beim losen Berühren Sand entgegengerieselt sei (S. 6 und Foto S. 16). Für den übrigen Bereich hat er dagegen ausgeführt, es sei nicht einsehbar, ob die Gründung weiter in derselben Höhe verlaufe oder es Gründungsversprünge nach unten gebe, wobei das Rissbild der Wand indes für ein Gründungsproblem und eine massive Grundbruchgefahr mit nachfolgendem Einbruch der Bestandswand spreche, weil der Baugrund sich setze und seitlich ausweiche, die Wand sich ungleichmäßig senke und der Mauerwerksverband auseinanderreiße (S. 7 f.). Dipl.-Ing.x_____ geht mithin davon aus, es lasse sich bereits mit bloßem Auge und durch Berührung ein Freistand auf den ersten zwei Metern der Bestandswand feststellen, der im Wege einer Kettenreaktion – und damit unabhängig von der Frage, ob auch die restliche Bestandswand freistehe – deren Gesamteinsturz herbeizuführen drohe. Dies ist eine in sich plausible Schlussfolgerung. Welche darüber hinausgehende Erkenntnismöglichkeit sich aus einer Handschachtung vor Ort oder Sichtung von Fotos hätten ergeben können, aufgrund derer es der gutachterlichen Sorgfalt entsprochen hätte, die vorgenannte Tatsachenfeststellung für die ersten zwei Meter oder die Schlussfolgerung für die übrige Bestandswand nicht ohne deren Durchführung vorzunehmen, legt die Beschwerde nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.

(3) Auch der Geotechnische Bericht der N_____,x_____Dipl.-Ing.x_____, vom 6. November 2024 (Anlage D4) und der Prüfbericht des Dipl.-Ing Bucher vom 22. November 2024 (Anlage D 5) kommen zu ihren von den Dipl.-Ing.x_____ und M_____ abweichenden Ergebnissen, ohne sich mit der handwerklichen Sorgfalt von deren Fachstellungnahmen zu befassen.

(4) Soweit die gutachterliche Stellungnahme der U_____, Prof. Dr.-Ing.x_____ vom 10 Januar 2025 (Anlage D6), eine „Analyse und Bewertung des Gutachtens F_____“ vornimmt und sich zur Frage der Schadensbehebung anders als Dipl.-Ing.x_____ positioniert, greifen die erhobenen Einwendungen nicht durch.

Entgegen der Annahme von Prof. Dr.-Ing.x_____ ist mit den vorstehend unter (2) wiedergegebenen Beobachtungen des Dipl.-Ing.x_____ nachvollziehbar begründet, wir dieser auf S. 6 seiner Stellungnahme – d.h. lediglich auf die ersten zwei Meter der Bestandswand bezogen – zu der Aussage kommt, dass – dort – der Zustand des Grundbruchs bestehe.

Auch lässt der Umstand, dass Prof. Dr.-Ing.x_____ bei der Ortsbesichtigung am 17. Dezember 2024 „ein derartiges Versagenszenario visuell nicht festzustellen“ vermochte, keinen Schluss darauf zu, dass die von Dipl.-Ing.x_____ aus seinen visuellen bzw. taktilen Wahrnehmungen vom 8. Oktober 2024 gezogenen Schlussfolgerungen handwerkliche Fehler aufweisen. Dies gilt schon deshalb, weil ein Vergleich der vorliegenden Fotoaufnahmen vom 8. Oktober und 2. November 2024 ergibt, dass die Bauarbeiten in der Zwischenzeit näher an die Bestandswand herangerückt waren.

Soweit Prof. Dr.-Ing.x_____ meint, Dipl.-Ing.x_____ habe es unterlassen, die Frage der ursprünglichen Standsicherheit der Bestandswand zu thematisieren, verkennt er, dass dies tatsächlich erfolgt ist. Mit der einleitenden Charakterisierung „Das Mischmauerwerk, in unterschiedlicher Bauweise errichtet, besitzt nur einen unregelmäßigen Verband. Es ist sehr empfindlich gegen Setzungen und Lastumlagerungen“ und der nachfolgenden Bewertung „Das ohnehin durch seine Bestandsstruktur von jeglichen Systemvorgaben abweichende Mauerwerk ist durch die jetzt zerstörerischen Gründungsarbeiten so massiv gerissen, dass der bestehende Verband dauerhaft zerstört ist und ich die Bestandsicherheit als nicht mehr gegeben bewerte“ (Stellungnahme vom 18. Oktober 2024, S. 13, Hervorhebung durch den Senat) hat der Gutachter diesen Umstand thematisiert und sich dahingehend positioniert, dass die Bestandswand vor dem Eingriff des Beigeladenen zwar vulnerabel, aber noch standsicher gewesen sei.

Soweit Prof. Dr.-Ing.x_____ weiter meint, Dipl.-Ing.x_____ habe verkannt, „dass die Wände schon im ursprünglichen Zustand als nicht standsicher eingeschätzt werden müssen“, benennt er keine Anhaltspunkte, die bei Beachtung gutachterlicher Sorgfalt diese Bewertung hätten nahelegen müssen. Vielmehr stützt er sich für seine Annahme ausschließlich auf solche Quellen – eine Äußerung des Dipl.-Ing.x_____ vom 18. Oktober 2024 sowie eine (unzutreffend zitierte) Passage des Landgerichtsurteils vom 4. November 2024, welche ihrerseits eine Äußerung des Dipl.-Ing.x_____ vom 8. Oktober 2024 wiedergibt –, die sich gerade nicht zur Standsicherheit der Bestandswand in ihrem ursprünglichen Zustand vor Einwirkung des Beigeladenen verhalten. Der Satz: „Das Giebelmauerwerk … ist ein Konglomerat aus …“ (Dipl.-Ing.x_____, gutachterliche Stellungnahme vom 18. Oktober 2024, S. 5) thematisiert die Frage der Standsicherheit nicht. Die beiden Sätze: „Das freigelegte Fundament ist ein Mischmauerwerk aus … Das Mischmauerwerk ist instabil, marode und nicht standsicher“ (Dipl.-Ing.x_____, Schreiben vom 8. Oktober 2024, S. 1) bewerten zwar die Standsicherheit, beziehen sich aber auf den Zustand nach Einwirkung des Beigeladenen. Dies erhellt auch deren Vorspann: „Der Nachbar legte … Ihre Fundamente … bis unter den Gründungshorizont frei“. Diese beiden Sätze gibt das Landgericht im Urteil vom 4. November 2024 (S. 6) lediglich in indirekter Rede wieder, und es bezieht sie ebenfalls allein auf den Zustand nach Einwirkung des Beigeladenen. Dies erweist deren Vorspann: „Die Verfügungsklägerin hat… glaubhaft gemacht, dass der Verfügungsbeklagte sein Grundstück in der Weise vertieft hat, dass der Boden ihres Grundstücks die erforderliche Stütze verloren hat … Dies folgt aus den … Ausführungen des Sachverständigen … F_____ vom 8.10.2024“. Auch an anderer Stelle des Urteils findet sich eine Äußerung zur fehlenden ursprünglichen Standsicherheit, wie sie Prof. Dr.-Ing.x_____ dem Landgericht zugeschrieben hat, nicht.

Soweit Prof. Dr.-Ing.x_____ schließlich meint, der bestehenden Gefahr eines Grundbruchs und Einsturzes der Bestandswand müsse durch ein vollständiges und sofortiges Betonieren der Bodenplatte des Beigeladenengrundstücks und die Errichtung einer Stahlbetonwand entlang der gesamten Nachbarbebauung im Tiefgaragengeschoss begegnet werden, verhält er sich nicht dazu, dass und warum die anderslautende Bewertung von Dipl.-Ing.x_____, die Schadensbehebung der Bestandswand müsse durch eine Unterfangung mittels Hochdruckinjektion erfolgen (Stellungnahme vom 30. Oktober 2024, S. 11), unter Verstoß gegen die Grundsätze gutachterlicher Sorgfalt zustandegekommen sein könnte.

(5) Schließlich zählt der Prüfstatiker der unteren Bauaufsichtsbehörde des Antragsgegners U_____ in seiner „Aktennotiz zur Sichtung des Aktenlage Stand 06.01.2025“ (Anlage D7) die Fachstellungnahmen der Dipl.-Ing.x_____ und M_____ zwar als gesichtete Unterlagen (Nr. 1 bis 4 und 16) auf. Soweit er in der Folge zu teilweise abweichenden Bewertungen kommt, tut er dies aber, ohne sich mit der handwerklichen Sorgfalt von deren Fachstellungnahmen zu befassen.

cc. Ausgeschlossen wäre ein Anordnungsgrund ferner dann, wenn außer Frage stünde, dass für die (aus den Gründen zu bb. möglich erscheinende) Standsicherheitsgefährdung der Bestandswand nicht der Beigeladene, sondern allein die Antragstellerin Verantwortung trägt. Der Beigeladene würde indes die Regelungssystematik des § 12 Abs. 1 BbgBO verkennen, sollte sein diesbezügliches Beschwerdevorbringen dahin zu verstehen sein, dass er selbst vorliegend nicht gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BbgBO für die Gefährdung der Standsicherheit fremder Anlagen einstehen müsse, weil die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BbgBO für die Standsicherheit eigener Anlagen verantwortliche Antragstellerin die Standsicherheit ihrer Bestandswand durch unterlassene Instandhaltung vermindert habe. Zwar dürfte es in der Verantwortung der Antragstellerin gelegen haben, den Witterungsschutz ihrer Bestandwand wiederherzustellen, nachdem der Beigeladene die angrenzenden Altgebäude abgerissen hatte (hierzu vgl. BGH, Urteil v. 18.Oktober 2015 - V ZR 55/15 – juris Rn. 9 bzw. 11 ff.). Da jedoch nach den Fachstellungnahmen der Dipl.-Ing.x_____ und M_____ auch ein dem Beigeladenen zuzurechnendes Handeln – im Jahr 2021 unter Verstoß gegen die DIN 4123 für den Rückbau im Bereich bestehender Gebäude durchgeführte Abrissarbeiten und die im Jahr 2024 erfolgten Bauvorbereitungsmaßnahmen – als alleinige oder kumulative Ursache für die Standsicherheitsverschlechterung der Bestandswand in Betracht kommen, ist die Möglichkeit seiner Heranziehung anstelle der Antragstellerin oder parallel zu ihr jedoch nicht mit Sicherheit auszuschließen. Allein eine solche Gewissheit würde jedoch den Erlass der Zwischenverfügung hindern.

4. Ebenfalls erfolglos wendet sich der Beigeladene gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass ohne die befristete Zwischenverfügung die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gefährdet wäre. Das Verwaltungsgericht hat insoweit angenommen, dass die Rechte der Antragstellerin möglicherweise dauerhaft verkürzt werden könnten, weil nur eine bestimmte Art der Sanierung erfolgen könne, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen müsse. Es hat dies der Fachstellungnahme von Dipl.-Ing. M_____ entnommen, dass zur Schadensbehebung eine Unterfangung der Bestandswand mittels Hochdruckinjektion erforderlich sei, die sich nur realisieren lasse, solange im Baufeld des Neubaukörpers noch keine Gründungselemente eingebaut seien.

Dass der Beigeladene dem entgegenhält, ausweislich der Fachstellungnahme von Prof. Dr.-Ing.x_____ könne die Kompensation eines ggf. drohenden Versagens der Wand „kurzfristig und effektiv durch das Stellen der Stahlbetonwand entlang der Nachbarbebauung in ausreichendem Maße erfolgen“, verhilft dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg, weil es für die erforderliche Darlegung eines Abänderungsgrundes nicht genügt, eine abweichende Auffassung zu bekunden, ohne sich mit der Argumentation des Ausgangsgerichts auseinanderzusetzen.

Nichts anderes folgt aus dem Beschwerdevorbringen, es erschließe sich nicht, warum nunmehr Eile geboten sei, nachdem die Antragstellerin in den drei Jahren seit Abriss der Altbebauung nichts unternommen habe, die vermeintlichen Schäden aufzunehmen und die Bestandswand zu ertüchtigen, obwohl er sie im Januar 2024 auf die anstehenden Baumaßnahmen hingewiesen habe. Denn ersichtlich erwächst der Eilbedarf vorliegend daraus, dass sich durch das Fortschreiten der Bauarbeiten des Beigeladenen die Rahmenbedingungen in Kürze in einer Art und Weise ändern werden, die nach der Fachstellungnahme von Dipl.-Ing. M_____ zu einem Verlust der Schadensbeseitigungsmöglichkeit führt.

5. Schließlich wendet sich der Beigeladene erfolglos gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass dem Erlass der Zwischenverfügung keine anderen überwiegenden Interessen entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass auf Seiten der Antragstellerin ein dauerhafter Rechtsverlust drohe, wohingegen weder vorgetragen noch ersichtlich sei, dass der Beigeladene nicht eine gewisse Zeit mit der Fortführung seiner Baumaßnahmen zuwarten könne, zumal er – soweit erkennbar – auch die vollziehbare Entscheidung des Landgerichtes Cottbus missachte.

Soweit der Beigeladene das Gewicht seiner eigenen Belange damit zu begründen sucht, dass „durch den Baustopp die langfristig durchgeplante Baumaßnahme ins Stocken kommt und Schäden entstehen könnten“, die „um ein Vielfaches höher lieg[en], als die Ertüchtigung der Giebelwand der Antragstellerin“, entbehrt sein Vortrag zum einen jeglicher Substantiierung der in den nächsten Wochen konkret anstehenden Maßnahmen und des drohenden Schadensvolumens und setzt er sich zum anderen nicht mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinander, dass sein Bestreben, im grenznahen 5-Meter-Bereich weiterzubauen, nicht schutzwürdig sei, solange die einstweilige Verfügung des Landgerichts Cottbus ihm eben dies in ordnungsgeldbewehrter Form untersage.

Fehl geht der Beigeladene auch in seiner Annahme, die Belange der Antragstellerin hätten ein geringeres Gewicht, weil die vermeintliche Beeinträchtigung der Giebelwand dadurch hinfällig werde, dass im Zuge seiner Bauarbeiten ohnehin eine zweite Grenzwand entstehe, die als Stütze und Schutz vor natürlichen äußeren Einflüssen fungiere, und weil diese Form der Ertüchtigung der Giebelwand um ein Vielfaches unter dem ihm drohenden Schaden liege. Denn insoweit verkennt er, dass sich die Antragstellerin auch im Kontext der vorzunehmenden Güterabwägung nicht auf eine Form der Schadensbehebung verweisen lassen muss, bei der zwischen den Verfahrensbeteiligten strittig ist, ob sie sich zu einer effizienten Beseitigung oder vielmehr nur zur Verdeckung des potentiell eingetretenen Schadens eignet. Solange dies nicht geklärt ist, ist das Interesse der Antragstellerin am Erlass einer Zwischenverfügung auch nicht deshalb geringer zu bewerten, weil sich nach Ansicht des Beigeladenen die Standsicherheit der Bestandswand durch ein weiteres Zuwarten witterungsbedingt weiter zu verschlechtern droht.

Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Belange der Antragstellerin ein geringeres Gewicht hätten, weil diese in den drei Jahren seit dem Abriss nichts zum Schutz ihrer Bestandswand unternommen hat und der Beigeladene vorträgt, sie im Januar 2024 auf die anstehenden Baumaßnahmen hingewiesen zu haben. Denn ein Verzichtswille der Antragstellerin lässt sich einem solchen Zuwarten nicht entnehmen, das auch auf fehlende Kenntnis des aus der Rissbildung erwachsenden Gefahrenpotentials bzw. fehlende Mittel zur Ermittlung und eigenen Behebung der Schäden oder zur Rechtsdurchsetzung gegen den Beigeladenen geschuldet sein kann.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Der Senat folgt der Empfehlung in Ziff. 9.7.1 des Streitwertkataloges, für Klagen drittbetroffener Nachbarn einen Streitwert von 7.500,-- € bis 15.000,-- € anzusetzen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Da die Höhe des der Antragstellerin ohne bauaufsichtliches Einschreiten potentiell drohenden Einsturz-Schadens nicht feststeht, aber jedenfalls bei 15.000,-- € liegen dürfte, ist es sachgerecht, diesen Wert für ein Klageverfahren bzw. ein die Hauptsache vorwegnehmendes Eilverfahren zugrundezulegen und den Wert der Zwischenverfügung mit einem Zehntel des in der Hauptsache festzusetzenden Wertes zu bemessen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).