Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 14.11.2024 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 B 8/20 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2024:1114.OVG11B8.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 62 Abs 1 Satz 1 BWG, § 62 Abs 2 Satz 1 und 2 BWG, § 62 Abs 4 Satz 3 BWG, § 62 Abs 5 Satz 3 BWG, § 62a Abs 1 Satz 1 bis 3 BWG |
An der Erforderlichkeit im Sinne des § 62 Abs. 4 Satz 3 BWG fehlt es, wenn der beantragte Bootssteg für den vorgesehenen Zweck überdimensioniert ist. § 62 Abs 4 Satz 3 BWG ist nicht so zu verstehen, dass die Inanspruchnahme einer Gewässerfläche darüber hinaus nur dann unbedingt erforderlich ist, wenn es keine mögliche und zumutbare Alternative zur Erreichung des mit der beantragten Anlage beabsichtigten Zweckes gibt. Dies ergibt die Auslegung der Vorschrift.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. September 2016 geändert.
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamtes T______ von Berlin vom 15. März 2016 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 26. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt die wasserrechtliche Genehmigung von vier Festmacherpfählen (Dalben) für ein Ruderboot. Er ist (Mit-)Eigentümer des Grundstücks X_____ in Berlin (Gemarkung X_____). Zu seinen Gunsten besteht ein als Grunddienstbarkeit ins Grundbuch eingetragenes Geh- und Fahrrecht an dem angrenzenden Grundstück X_____ (L_____). Dieses Grundstück grenzt seinerseits an die südlich der Halbinsel R_____ gelegene Bucht B__ im ___ See, so dass vom Grundstück des Klägers aus über das Grundstück X_____ ein direkter Zugang zur Bucht B___ besteht.
Mit Schreiben vom 26. April 2012 beantragte der Kläger beim Bezirksamt T_____ von Berlin die Genehmigung von vier Festmacherpfählen zum Anbinden eines Angelkahns ohne Motorbetrieb vor dem Grundstück X_____. Zwei Pfähle sollen ausweislich der mit dem Antrag eingereichten Projektunterlagen im Abstand von 20 cm von der Uferlinie und zwei Pfähle im Abstand von 5 m von der Uferlinie vor dem K_____ gestellt werden (vgl. Bl. 3-5 der Beiakte zu Bl. 10 der GA) und zwar in der Höhe der Grundstücksgrenze zum K_____ (X_____). Mit Schreiben vom 13. Juni 2013 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Klage auf die Neuerrichtung einer Sammelsteganlage vor dem oben genannten Grundstück mittlerweile durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Dezember 2012 – VG 10 K 124.10 – rechtskräftig abgewiesen sei. Aus den in der Urteilsbegründung angeführten Feststellungen, u.a. zu den Naturschutzaspekten, hätten ähnliche Antragsvorhaben vor dem gleichen Grundstück keine Aussicht auf Erfolg. Auf Grund dessen werde das Genehmigungsverfahren eingestellt.
Am 13. Juni 2014 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung der Klage machte der Kläger geltend, die Situation für den von ihm beantragten Steg stelle sich anders dar als für die Sammelsteganlage, die Gegenstand des früheren Verfahrens gewesen sei. Die Anlage, von der aus er mit dem Ruderboot fahren wolle, berühre nicht den weiter entfernten Röhrichtbereich, der für das frühere Urteil entscheidungsrelevant gewesen sei. Ungeachtet dessen seien in der Nachbarschaft zahlreiche Einzelstege genehmigt worden, die die Umwelt stärker beeinträchtigten als die Einbringung der von ihm beantragten vier Pfähle. Dem Rechtsstreit um die Sammelsteganlage sei vorausgegangen, dass der Beklagte – anstatt seiner eigenen Steganlagenkonzeption zu folgen – überraschend fünf Einzelstege an der zuvor unbebauten Uferlinie genehmigt, den zuvor beantragten Gemeinschaftssteg indes schleppend bearbeitet und nach mehr als drei Jahren Bearbeitungszeit abgelehnt habe. Obgleich das Verwaltungsgericht im Urteil zur Sammelsteganlage auch die Einzelstege für rechtswidrig erklärt habe, seien die Genehmigungen hierfür bisher nicht widerrufen worden. Insofern sei auch keine Prüfung vorhandener freier Liegeplätze im Rahmen des Genehmigungsverfahrens erfolgt, was zeige, dass der Beklagte sein Ermessen nicht gleichmäßig, d.h. verfassungswidrig ausübe. Auf die Frage, ob er in der Nähe einen Liegeplatz für sein Ruderboot bekommen könne, komme es schon nicht an. Zudem stehe kein Liegeplatz zur Verfügung. Mit Blick auf sein dinglich abgesichertes Geh- und Fahrrecht sei er nicht als Hinter-, sondern als Anlieger zu behandeln.
Der Beklagte hat zunächst geltend gemacht, das Urteil zur Sammelsteganlage entfalte auch gegenüber dem Kläger Rechtskraft, weil er als Vereinsmitglied bei der Verfolgung der Vereinsziele aktiv gewesen sei. Der Klage fehle daher das Rechtsschutzbedürfnis. Auch liege keine Untätigkeit der Behörde vor. Vielmehr habe der Kläger sein Recht auf Bescheidung verwirkt. Er habe erst ein Jahr nach dem behördlichen Schreiben vom 13. Juni 2013 Klage erhoben, ohne vorab mitzuteilen, dass er trotz des Urteils zur Sammelsteganlage eine formale Bescheidung wünsche. Die vom Kläger angesprochenen Einzelstege in der Bucht B__ genössen Vertrauensschutz. Sobald der zeitliche Geltungsbereich dieser Genehmigungen abgelaufen sei, werde er den Rückbau dieser Anlagen veranlassen.
In der mündlichen Verhandlung am 15. März 2016 hat der Beklagte den Antrag des Klägers vom 26. April 2012 unter Verweis auf das Urteil vom 11. Dezember 2012 – VG 10 K 124.10 – zurückgewiesen.
Mit Urteil vom 30. September 2016 – VG 10 K 306.14 – hat das Verwaltungsgericht die hiesige Klage als zulässig, aber unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe schon tatbestandlich keinen Anspruch auf die begehrte Genehmigung. Diese dürfe nur erteilt werden, wenn von dem beabsichtigten Unternehmen keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten sei. Bezogen auf die Sammelsteganlage vor dem Grundstück X_____ habe die Kammer indes im Urteil vom 11. Dezember 2012 – VG 10 K 124.10 – entschieden, dass eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten sei. Bei Errichtung der Sammelsteganlage sei eine nachhaltige Beeinträchtigung des natürlichen Bereichs des Binnengewässers Bucht B___ zu erwarten. Gleichermaßen würden dort durch die Errichtung der Sammelsteganlage noch vorhandenes Röhricht sowie Lebensstätten wildlebender Tierarten beeinträchtigt. Dies ergebe sich aus dem Abschlussbericht des Institutes für Ökologie der technischen Universität Berlin vom September 2009 und einer Stellungnahme des Berliner Fischereiamtes vom Oktober 2009. Die in dem vorgenannten Urteil hierzu dargelegten Gründe seien im Wesentlichen auch auf den vom Kläger beantragten Bootssteg übertragbar. Auch von diesem Bootssteg sei eine Beeinträchtigung des natürlichen Bereichs des Binnengewässers Bucht B__ zu erwarten, die durch Anmietung eines anderen Liegeplatzes für das Boot des Klägers vermeidbar wäre. Zwar sei ein einzelner Bootssteg weniger beeinträchtigend als eine Sammelsteganlage. Gleichwohl hätten die Gutachten und Stellungnahmen, auf die die Kammer ihre damalige Entscheidung zum selben Standort gestützt habe, nicht nach der Größe der Steganlage und der Zahl der Liegeplätze differenziert. Der Kläger müsse sich darauf verweisen lassen, in der Nähe einen bereits vorhandenen Bootssteg anzumieten. Dies ergebe sich aus § 62 Abs. 4 Satz 3 BWG, wonach Gewässerflächen nur in Anspruch genommen werden dürften, soweit dies unbedingt erforderlich sei. Auch wenn die Frage der Verfügbarkeit von Liegeplätzen in der Nähe zwischen den Beteiligten streitig sei, habe der Kläger bislang nicht ausreichend dargelegt, dass es keinen anderen geeigneten Liegeplatz gebe. Die Ablehnung der Genehmigung sei auch deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger Hinterlieger sei. Würden Hinterlieger generell in den Kreis derjenigen einbezogen, die ggf. einen Anspruch auf Genehmigung von Bootsstegen haben, so würde sich die ohnehin zu hohe Zahl von Bootsstegen nochmals vervielfachen. Zwar berufe sich der Kläger auf ein Wegerecht über das Ufergrundstück. Der Kläger könne jedoch aus dem zu seinen Gunsten bestehenden Geh- und Fahrrecht kein Recht zur Errichtung eines Bootsstegs herleiten.
Mit seiner dagegen gerichteten, vom Senat wegen eines Verfahrensmangels und wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor: Eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit sei durch die Errichtung bzw. den Betrieb der beantragten Anlage nicht zu befürchten. Auf das Vorliegen eines zumutbaren Alternativliegeplatz komme es für die Genehmigungsfähigkeit der Anlage nicht an. Ein solcher Platz stehe aber auch nicht zur Verfügung. Der Beklagte könne keine Vorgaben zur Nutzung bestimmter Bootstypen machen und ihn daher nicht auf sein Segelboot verweisen. Im Übrigen sei sein Segelverein an seinen Vereinszweck gebunden, der allein in der Förderung des Segelsports bestehe. Ruder- oder Motorboote würden daher dort nicht zugelassen. Auch eine Beeinträchtigung der Rechte bzw. Interessen Dritter durch die beantragten Pfähle sei nicht zu befürchten. Der Beklagte selbst erachte eine doppelte Liegeplatzbreite als Abstand für ausreichend. Die Liegeplatzbreite des Ruderbootes betrage indes nur ca. zwei Meter, wobei das Anlegen der Boote durchgehend längsseits der Stege vorgesehen sei. Schon ausgehend hiervon lägen ausreichende Abstände zu den benachbarten Liegeplätzen vor. Der Beklagte könne die Genehmigung auch nicht versagen, weil er nur Hinterlieger sei. Die Grunddienstbarkeit zu seinen Gunsten sei nach wie vor im Grundbuch eingetragen. Ein ihn betreffender Rechtsstreit werde hierüber nicht geführt.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. September 2016 und unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung des Beklagten vom 15. März 2016 den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger entsprechend seinem Antrag vom 26. April 2012 einen Bootsanlegesteg zu genehmigen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt der Beklagte vor: Die vom Kläger geplante Anlage sei nicht genehmigungsfähig. An dem Einwand entgegenstehender naturschutzrechtlicher Belange halte er zwar nicht länger fest. Bei Errichtung der Anlage seien jedoch erhebliche Nachteile für Rechte und Befugnisse Dritter zu erwarten. Wie er bei dem im April 2024 durchgeführten Ortstermin festgestellt habe, müssten die Haltetaue für die Fixierung des klägerischen Bootes über die Steganlage vor dem Grundstück X_____ gespannt werden. Diese Steganlage könne dann von ihrem Eigentümer nicht mehr genutzt werden. Ein an der Südseite dieser Steganlage befestigtes Boot wäre durch die Haltetaue fixiert und könne nicht mehr ablegen. Auch in Bezug auf Boote am Steg vor dem X_____ bestünde eine Kollisionsgefahr. Unabhängig davon beeinträchtige die Anlage des Klägers das Wohl der Allgemeinheit, weil bei stürmischem Wind und hohem Wellengang das gefahrlose Ein- und Aussteigen aus dem Ruderboot nicht garantiert, diese mithin auch für den Kläger gefährlich sei. Der Kläger verfüge auch über eine zumutbare Alternative. Er könne sein Segelboot nutzen, um die verfolgten Zwecke zu erreichen. Auch das Ruderboot könne er in seinem Segelverein unterbringen, zumal er dort Sportwart sei.
Im Jahr 2017 hat der Beklagte dem Eigentümer des Grundstücks X_____ die Beibehaltung seiner Steganlagen genehmigt. Weiter hat er im Jahr 2021 dem Eigentümer des Grundstücks X_____ die Genehmigung zur Erweiterung seiner Steganlage erteilt. Der Senat hat die Verwaltungsvorgänge des Beklagten zu den vorgenannten Genehmigungsverfahren beigezogen und aktuelle Grundbuchauszüge zu den Grundstücken X_____ eingeholt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zur Darlegung eines vorhandenen Alternativliegeplatzes eine E-Mail des Herrn Y_____, vorgelegt. Darin heißt es: „Sehr geehrter M_____, wir haben in unserem Verein noch freie Liegeplätze. Die freien Plätze sind in der Breite, Länge und Tiefe beschränkt. Wir möchten darauf hinweisen, dass der X_____ ein eingetragener Verein ist und keine Marina. Daher können Liegeplätze nur an Vereinsmitglieder vergeben werden. Sollten Sie noch weitere Informationen benötigen, so können Sie mich gerne kontaktieren. Mit freundlichen Grüßen. Y_____.“ Der Kläger hat daraufhin einen Antrag auf Schriftsatznachlass gestellt.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung schließlich erklärt, er möchte „zum Ermessen klarstellen, dass die Frage der Hinterliegerproblematik und auch die Gründe der unbedingten Erforderlichkeit der beantragten Steganlage Teil der ermessensleitenden Erwägungen der ablehnenden Entscheidung war“.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie die Gerichtsakten des Verfahren VG 10 K 124.10 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet. Die zulässige Klage ist hinsichtlich der beantragten Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der wasserrechtlichen Genehmigung mangels Spruchreife unbegründet, hinsichtlich des in der Sache konkludent hilfsweise gestellten Bescheidungsantrags aber begründet. Insoweit war das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu ändern, der ablehnende Bescheid des Beklagten aufzuheben und der Beklagte zur Neubescheidung des Antrags des Klägers vom 26. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung, - VwGO -).
I. Die Klage ist zulässig, was auch der Beklagte zuletzt nicht mehr bestreitet.
Dem Kläger fehlt infolge des rechtskräftigen Urteils zur Sammelsteganlage vom 11. Dezember 2012 – VG 10 K 124.10 - weder das Rechtsschutzbedürfnis noch liegt insofern eine Rechtskrafterstreckung vor. In diesem Verfahren hat nicht der Kläger, sondern der R_____ geklagt. Die Sache betraf eine Sammelsteganlage, während es hier um vier Anbindepfähle geht.
Die Klage wurde zulässig als Untätigkeitsklage i.S.d. § 75 Satz 1 und 2 VwGO erhoben. Der Beklagte hatte bei Klageerhebung über den Antrag des Klägers seit mehr als drei Monaten ohne sachlichen Grund nicht entschieden. Der Kläger hat sein Recht zur Erhebung einer Untätigkeitsklage auch nicht durch Zeitablauf verwirkt. Seit dem Wegfall des § 76 VwGO sind Klagen gemäß § 75 VwGO ohne feste zeitliche Grenze zulässig (Kopp/Schenke, VwGO 28. Aufl. 2022, § 76 Rn. 1). Die Klageerhebung verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. Für eine prozessuale Verwirkung ist es erforderlich, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechtsmittels längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (st. Rspr., vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 8. September 2020 – 1 B 31/20 – juris, Rn 10 m.w.N.). Das Schreiben des Beklagten vom 13. Juni 2013 lag bei Klageerhebung nur ein Jahr zurück. Zudem ist weder vom Beklagten dargelegt noch sonst ersichtlich, dass er infolge eines bestimmten Verhaltens des Klägers darauf vertrauen durfte und auch vertraut hat, dass der Kläger seinen Antrag nicht beschieden haben wollte und der Beklagte sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen könnte. Allein die Tatsache, dass der Kläger sich vor Erhebung der Klage nicht mehr an die Behörde gewandt hat, reicht dafür nicht aus.
Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es vorliegend nicht. Hat das Gericht – wie hier – dem Beklagten weder eine Frist gesetzt noch das Verfahren nach § 75 Satz 3 VwGO ausgesetzt, bleibt eine nach § 75 Satz 1 VwGO erhobene Untätigkeitsklage zulässig und erfordert die Durchführung des Vorverfahrens selbst dann nicht, wenn die Behörde den Kläger – wie hier – während des Rechtsstreits ablehnend bescheidet (vgl. Schoch/Schneider/Porsch, 45. EL Januar 2024, VwGO § 75 Rn. 26, beck-online m.w.N.).
II. Die Klage ist (nur) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der ablehnende Bescheid des Bezirksamtes T____ von Berlin vom 15. März 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. zu § 76 WasG BW: VGH Mannheim, Urteil vom 8. November 2005 – 3 S 538/05 – juris, Rn. 24) einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, nicht jedoch auf Erteilung der begehrten Genehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
1. Formell begegnet der angegriffene Bescheid des Bezirksamtes keinen Bedenken. Für die Genehmigung für Anlagen u.a. in und an Gewässern ist grundsätzlich die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt als die gemäß § 62 Abs. 1 und 2 des Berliner Wassergesetzes (BWG) in der Fassung vom 17. Juni 2005, zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. September 2019) i.V.m. § 2 Abs. 4 Satz 1 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG – in der Fassung vom 11. Oktober 2006) i.V.m. Nr. 10 Abs. 7 Zuständigkeitskatalog Ordnungsaufgaben (ZustKatOrd) für Umweltschutz zuständige Senatsverwaltung sachlich zuständig, während die sachliche Zuständigkeit gemäß Nr. 18 Abs. 10 ZustKatOrd hinsichtlich der Genehmigung von „Sportbootstegen“ den Bezirksämtern zugewiesen ist.
Die beantragte Anlage – vier Anbindepfähle für ein Ruderboot – stellt einen Sportbootsteg im vorgenannten Sinne dar. Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 BWG sind Sportbootsstege „Einrichtungen zum Befestigen von Sportbooten, die von Einzelpersonen, Vereinen oder gewerblichen Unternehmen genutzt werden; hierunter fallen sowohl Einzel- als auch Sammelsteganlagen.“ Sportboote sind auch muskelbetriebene Boote wie Ruderboote, denn auf die Geschwindigkeit kommt es nicht entscheidend an. Vielmehr genügt ein Sport- und Freizeitzweck. Hier soll das Ruderboot an den vier Pfählen befestigt werden. Auch sonst kommt die beantragte Anlage von ihrer Funktion her einer Steganlage im engeren Wortsinn gleich, denn die vorderen Pfähle sollen nur 20 cm vom Ufer entfernt errichtet werden. Baulich betrachtet ist die beantragte Anlage mithin ein Weniger, denn Dalben stellen eine Art unvollständig gebliebene Steganlage dar. Aber auch ausgehend vom Schutzzweck der Genehmigungsvorschrift besteht nur ein gradueller Unterschied, denn wie eine Steganlage im engeren Sinne ist auch die Anlage von vier Anbindepfählen geeignet, sich negativ auf den sensiblen und besonders schützenswerten Bereich der Flachwasserzone des Seeufers für das Ökosystem auszuwirken. So stellen auch Anbindepfähle hinsichtlich des lokalen Strömungs- und Sedimentgeschehens einen Fremdkörper in der Flachwasserzone dar. Im Zusammenhang mit der beabsichtigten Nutzung als Liegeplatz für ein Boot treten auch hier wie bei einem sonstigen Sportbootssteg Wellenschlag und Verschattung auf (vgl. hierzu VGH Mannheim, Urteil vom 20. Mai 2010 – 3 S 1253/08 – juris, Rn. 26). Dass die hiesige Anlage – im Vergleich zu anderen Sportsbootstegen – von übergeordneter Bedeutung wäre und deshalb anders als diese der Zuständigkeit der Senatsverwaltung unterfiele, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Unterfallen Sportbootsstege im engeren Sinne wegen fehlender übergeordneter Bedeutung der Zuständigkeit des Bezirksamtes, muss dies angesichts des Vorgesagten erst recht für bloße Dalben gelten. Schließlich geht auch die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt bezogen auf Dalben von einer Zuständigkeit des Bezirksamtes aus (vgl. ihr im Internet veröffentlichtes Hinweisblatt 3 zur Antragstellung bei Anlagen in/an Gewässern).
2. Der angegriffene Bescheid des Beklagten ist jedoch materiell rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die Erteilung der vom Kläger begehrten wasserrechtlichen Genehmigung sind die §§ 62, 62a BWG.
a. An der Genehmigungsbedürftigkeit der Anlage besteht kein Zweifel.
Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 BWG bedarf die Errichtung und der Betrieb von Anlagen in und an oberirdischen Gewässern der wasserbehördlichen Genehmigung, bei Sportbootsstegen der Genehmigung des örtlich zuständigen Bezirksamtes. Die vier Anbindepfähle sind eine Anlage in Gewässern i.S.d. § 62 Abs. 1 Satz 1 BWG, d.h. eine Anlage, die sich ganz oder teilweise in, unter oder über dem Gewässer befindet (vgl. zum weiten Anlagenbegriff des § 36 Abs. 1 WGH: Czychowski/Reinhardt, WHG, 13. Aufl. 2023, § 36 Rn. 4 m.w.N.; vgl. explizit zur Errichtung von Dalben: VGH Mannheim, Urteil vom 20. Mai 2010 – 3 S 1253/08 – juris, Rn. 26). Die Erforderlichkeit einer wasserbehördlichen Genehmigung entfällt auch nicht wegen § 26 Wasserhaushaltsgesetz (WHG), § 26 Abs. 2 BWG. Ungeachtet dessen, dass an Bundeswasserstraßen und sonstigen Gewässern, die der Schifffahrt dienen, ein Gebrauch nach Absatz 2 des § 26 WHG nicht stattfindet (vgl. § 26 Abs. 3 WHG, vgl. hierzu auch: VGH Mannheim, Urteil vom 20. Mai 2010 – 3 S 1253/08 – juris, Rn. 30), betrifft der dort geregelte Anliegergebrauch die Benutzung von oberirdischen Gewässern im Sinne von §§ 9, 10 WHG, also insbesondere die Entnahme von Wasser. Hier dagegen geht es dem Kläger um den Gemeingebrauch im Sinne von § 25 WGH und § 25 BWG. Danach darf jeder oberirdische Gewässer unter anderem zum Baden und zum Befahren mit kleinen Fahrzeugen ohne Antriebsmaschine benutzen, soweit ebenfalls unter anderem andere Rechtsvorschriften oder Rechte anderer nicht entgegenstehen. Der Gemeingebrauch umfasst indes weder die Errichtung von Steganlagen (vgl. hierzu: VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2024 – VG 10 K 33/22 – UA S. 11) noch das Herstellen von Einrichtungen (z.B. Ankerbojen), die das Befahren ermöglichen sollen oder damit im Zusammenhang stehen (vgl. Czychowski/Reinhard, WHG, 13. Aufl. 2023, § 25 Rn. 28 m.w.N.; VGH Mannheim, Urteil vom 20. Mai 2010 – 3 S 1253/08 – juris, Rn. 29).
b. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung der begehrten wasserrechtlichen Genehmigung liegen – entgegen der Auffassung des Beklagten - vor.
aa. Nach § 62a Abs. 1 Satz 2 BWG ist die Genehmigung außer bei wasserwirtschaftlichen Maßnahmen des Bundes und des Landes Berlin zu versagen, wenn die Erhaltung oder Schaffung zusammenhängender, unbebauter Uferwasserflächen durch das Vorhaben gefährdet oder unmöglich gemacht wird. Dies ist unstreitig nicht der Fall. Eine zusammenhängende, unbebaute Uferwasserfläche liegt – wie sich aus den in der Gerichtsakte befindlichen Fotos eindeutig ergibt - angesichts bereits vorhandener Stege in der Bucht B__ nicht vor.
bb. Gemäß § 62a Abs. 1 Satz 1 BWG darf die wasserbehördliche Genehmigung von Anlagen in Gewässern nur erteilt werden, wenn von dem beabsichtigten Unternehmen weder eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, noch erhebliche Nachteile für Rechte oder Befugnisse anderer zu erwarten sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt:
(1) Von dem beabsichtigten Unternehmen ist keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu erwarten, wobei die öffentliche Sicherheit die Unverletztheit der gesamten geschriebenen Rechtsordnung umfasst.
(a) Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, dass die naturschutzfachlichen und naturschutzrechtlichen Bedenken gegen die Errichtung der Steganlage nicht weiter aufrechterhalten würden. Dies hat auch die ebenfalls in der mündlichen Verhandlung anwesende Mitarbeiterin der unteren Naturschutzbehörde bestätigt. Aktuelle Anhaltspunkte dafür, dass mit der Errichtung der vier Anbindepfähle gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen wird, diese insbesondere zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung des natürlichen Bereichs des Binnengewässers Bucht B____ führen könnten, sind auch im Übrigen für den Senat nicht ersichtlich. Das Gutachten aus 2009, auf das sich das erstinstanzliche Urteil entscheidungserheblich gestützt hat, ist circa 15 Jahre alt und gibt mithin, wie sich aus den dem Senat vorliegenden Fotos und Stellungnahmen der unteren Naturschutzbehörde ergibt, keinen aktuellen Sachstand wieder. Schon gegen die Genehmigung der Beibehaltung der Steganlage vor dem Grundstück X_____ (L_____) im Jahr 2017 hat die untere Naturschutzbehörde in ihrer Stellungnahme vom 8. September 2016 keine naturschutzfachlichen Bedenken geltend gemacht. Vielmehr hat diese angegeben, geschützte Röhrichtarten habe man nicht erkennen können, die Steganlage liege nicht in einem Naturschutzgebiet nach Naturschutzrecht, ein Eingriff in das Landschaftsbild liege nicht vor. Gegen die Genehmigung der Erweiterung der Sportsteganlage vor dem Grundstück X_____ im Jahr 2021 hat die beteiligte untere Naturschutzbehörde in ihrer Stellungnahme vom 4. April 2021 ebenfalls keine naturschutzfachlichen Bedenken erhoben. Auch das Fischereiamt hatte jeweils keine durchgreifenden Bedenken.
(b) Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend macht hat, bei starkem Wind und hohem Wellengang sei die Benutzung der Anlage für den Kläger gefährlich, bleibt sein Vorbringen unsubstantiiert. Unabhängig von der Frage, ob den Kläger tatsächlich ein höheres Risiko trifft als die Nutzer anderer Steganlagen, ergibt sich für den Senat daraus kein Verstoß gegen das Wohl der Allgemeinheit. Eine Rechtsvorschrift oder beachtliche technische Anforderungen, gegen die in diesem Zusammenhang durch die Errichtung und Nutzung der vier Dalben verstoßen oder deren Voraussetzungen nicht eingehalten würden, werden weder vom Beklagten genannt noch sind sie sonst ersichtlich.
(2) Auch erhebliche Nachteile für Rechte oder Befugnisse anderer durch die Errichtung bzw. den Betrieb der beantragten Anlage sind nicht zu erwarten.
(a) Die Rechte des Eigentümers des Grundstücks X_____ werden nicht verletzt. Für die erforderliche Querung des Grundstückes X_____ durch Gehen bzw. Fahren an der südlichen Grundstücksgrenze kann sich der Kläger ausweislich der am 23. September 2024 gezogenen Auszüge auf die zu seinen Gunsten im Grundbuch von Berlin-Köpenick eingetragene Grunddienstbarkeit (Geh-, Fahr- und Leitungsrecht) berufen (vgl. Amtsgericht Köpenick, Blatt 8_____). Gemäß § 892 Abs. 1 BGB gilt der Inhalt des Grundbuchs zugunsten desjenigen, welcher ein Recht an einem Grundstück erwirbt, als richtig, es sei denn – wofür hier nichts geltend gemacht oder sonst ersichtlich ist –, dass ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist (sog. Öffentlicher Glaube des Grundbuchs). Über dieses Geh- und Fahrrecht hinaus will der Kläger das Grundstück X_____ nicht in Anspruch nehmen. Anders als im Fall des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. Juli 2016 – VG 10 K 318.14 – Urteilsabdruck Seite 7, auf das die erstinstanzliche Entscheidung verweist, will der Kläger gerade keinen Steg auf diesem Grundstück bauen.
(b) Soweit der Beklagte geltend gemacht hat, die Rechte bzw. Interessen des Eigentümers des Grundstücks X_____ würden beeinträchtigt, weil dieser bei Genehmigung der vom Kläger beantragten Anlage seinen eigenen Steg bzw. Liegeplatz nicht mehr (gefahrenfrei) benutzen könne, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar.
Zwar gehört der Eigentümer des Nachbargrundstücks zu dem von § 62a Abs. 1 Satz 1 BWG als „andere“ geschützten Personenkreis, denn dies sind – wie § 62a Abs. 1 Satz 3 BWG zu entnehmen ist – jedenfalls die potentiell von dem Vorhaben betroffenen Nachbarn (vgl. VG Berlin, Urteil vom 7. September 2012 – VG 10 K 46.10 –, Rn. 45, juris m.w.N). Es ist jedoch nicht erkennbar, dass es bei Errichtung der klägerischen Anlage tatsächlich zu den behaupteten Nachteilen käme. Zwar verlangt das entscheidende Tatbestandsmerkmal, nach dem erforderlich ist, dass das Vorhaben erhebliche Nachteile für diese Rechte und Befugnisse erwarten lässt, nur eine Prognoseentscheidung. Es kommt demnach nicht darauf an, dass die Realisierung von Nachteilen als sicher gilt, vielmehr genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. hierzu VG Berlin, Urteil vom 7. September 2012 – VG 10 K 46.10 – juris, Rn. 45 m.w.N.). Auch nur prognostisch betrachtet ist jedoch nicht erkennbar, warum es zu der vom Beklagten behaupteten Beeinträchtigung kommen sollte. Der Kläger hat nicht beantragt, Halteseile über den Steg des Nachbarn zu spannen. Er will sein Boot auch nicht an der Steganlage des Nachbarn befestigen, vielmehr an den beantragten vier Anbindepfählen. Ausweislich der dem Antrag beigefügten Projektunterlagen (Bl. 3-5 der Beiakte zu Bl. 10 der GA) sollen die vier Dalben vor dem K_____) auf Höhe der Grundstücksgrenze zum K_____) errichtet werden. Der bestehende Bootssteg vor dem K_____ befindet sich hingegen auf der anderen Seite des Flurstücks, unweit der Grenze zum K_____. Ausweislich der dem klägerischen Antrag beigefügten Planungsunterlage (Bl. 4) sollte der Abstand zur damals vorhandenen Steganlage 18 m betragen. Nach einer neueren Messung des Klägers auf einem Satellitenbild auf google maps beträgt die Entfernung zur jetzigen, erweiterten Anlage immer noch 14,24 m (Bl. 276 GA). Diesen Angaben ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Der Beklagte selbst hält bei nebeneinanderliegenden Steganlagen eine doppelte Liegeplatzbreite für ausreichend. Der Angelkahn des Klägers ist aber nur 1,6 m breit, die Pfähle werden ausweislich des klägerischen Antrags im Abstand von maximal 1,8 m gesetzt. Nach den Angaben im Lageplan, der Bestandteil der Genehmigung vom 30. Juli 2021 zur Erweiterung der Sportbootsteganlage vor dem Grundstück X_____ ist, wurde auf der Stegseite, die der geplanten Anlage des Klägers zugewandt ist, ein Liegeplatz für ein Sportboot in den Abmaßen 5 m x 2,5 m genehmigt. Ausgehend von alledem ist ausreichend Platz zwischen den Booten vorhanden, so dass auch die Gefahr einer Kollision nicht erkennbar ist. Auch der Beklagte hat dies in der mündlichen Verhandlung schließlich eingeräumt.
(c) Auch die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend gemachte Beeinträchtigung der Rechte bzw. Interessen des Eigentümers des Grundstücks X_____ durch die klägerische Anlage ist nicht erkennbar. Der Beklagte trägt insofern nur pauschal vor, die erforderlichen Abstände seien nicht gewahrt, weshalb es zu Kollisionen bzw. Schäden kommen könne. Angesichts der aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlichen Abstände der Anlagen bleibt sein Vortrag indes zu unpräzise, um diese Behauptung zu belegen. Der Antrag des Klägers weist einen Abstand der beantragten Anlage zur Steganlage K__ im Umfang von 9 Metern aus (Bl. 4 der Beiakte), womit die vom Beklagten als ausreichend erachteten 8 Meter (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 6. Juni 2024) nicht unterschritten sind. Die Richtigkeit der klägerischen Abstandsangaben hat der Beklagte nicht substantiiert bestritten.
cc. Die Vorschrift des § 62 Abs. 4 Satz 3 BWG steht der Erteilung der Genehmigung ebenfalls nicht entgegen. Danach dürfen Gewässerflächen nur in Anspruch genommen werden, „soweit dies unbedingt erforderlich ist“.
An der Erforderlichkeit im vorgenannten Sinne fehlt es, wenn der beantragte Bootssteg für den vorgesehenen Zweck überdimensioniert ist. Soweit das Verwaltungsgericht § 62 Abs 4 Satz 3 BWG so versteht, dass die Inanspruchnahme einer Gewässerfläche darüber hinaus auch dann nicht unbedingt erforderlich sei, wenn es eine mögliche und zumutbare Alternative zur Erreichung des mit der beantragten Anlage beabsichtigten Zweckes gebe, folgt der Senat dem nicht. Dies ergibt die Auslegung der Vorschrift. Ziel der Auslegung einer Vorschrift ist die Feststellung des Inhalts der Norm. Dabei braucht der Richter am Wortlaut der Norm nicht haltzumachen. Vielmehr ist die Norm gleichzeitig systematisch und teleologisch auszulegen. Gerade die systematische Stellung einer Vorschrift, d.h. ihr sachlich-logischer Zusammenhang mit anderen Vorschriften, kann ihre wahre Bedeutung freilegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 1973 – 1 BvL 39/69 – juris, Rn. 47 - 49).
Schon der Wortlaut der Norm deutet darauf hin, dass es in § 62 Abs. 4 Satz 3 BWG nur um den Umfang der Gewässernutzung, d.h. das Ausmaß der beantragten Steganlage geht. Gemäß § 62 Abs. 4 Satz 1 BWG sind dem Antrag auf Erteilung der Genehmigung die zur Beurteilung der Maßnahme erforderlichen Pläne (Zeichnungen, Nachweise und Beschreibungen) beizufügen, die eine solche Überprüfung erlauben. Für eine Prüfung der Erforderlichkeit auch dem Grunde nach, d.h. ob die Nutzung der Anlage überhaupt erforderlich ist, z.B. ob die Nutzung eines erforderlichen anderen Bootsliegeplatzes einen unverhältnismäßig hohen finanziellen Aufwand erfordert bzw. sich dieser in unverhältnismäßig weiter Entfernung befindet (hierauf abstellend z.B. VG Berlin, Urteil vom 6. April 2022 – VG 10 K 66/20 – UA S. 7), lässt sich dem Wortlaut des § 62 Abs. 4 BWG nichts entnehmen. Angaben des Klägers zu solchen Alternativen, zu damit verbundenen Entfernungen oder finanziellen Belastungen, oder zu anderen, eine Erforderlichkeit der geplanten Anlage begründenden Angaben verlangt die Vorschrift nicht. Dies wäre jedoch erforderlich. Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe – wie hier der Begriff „erforderlich“ - sind nämlich dann nicht zu beanstanden, wenn die Norm mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für ihre Auslegung und Anwendung bietet (vgl. zur verfassungsrechtlichen Bestimmtheit von Normen z.B. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 617/14 – juris, Rn. 14; BVerwG, Beschluss vom 1. Dezember 2009 – 4 B 37.09 – juris, Rn. 5). Bei einer der erstinstanzlichen Entscheidung zu Grunde liegenden Auslegung der Norm im vorgenannten Sinne bliebe indes gerade unklar und damit unbestimmt, anhand welcher Kriterien zu bestimmen ist, ob eine Anlage „unbedingt erforderlich“ ist. Der Regelung ist weder zu entnehmen, ob es insoweit auf den finanziellen oder organisatorischen Aufwand für eine anderweitige Erreichung des angestrebten Zwecks für den Antragsteller ankommen kann, noch wann etwa ein finanzieller Aufwand für die Nutzung eines anderen Bootsplatzes „unverhältnismäßig“ hoch oder eine Entfernung zu einem anderen Bootsplatz „unverhältnismäßig“ weit wäre. Bezogen auf den Zweck der Anlage und anhand der gemäß § 62 Abs. 4 Satz 1 BWG vorzulegenden Pläne lässt sich demgegenüber zuverlässig bestimmen, ob die vorgesehenen Ausmaße der Anlage unbedingt erforderlich sind, um ihren Zweck zu erfüllen.
Auch die Gesetzesmaterialien und der darin zum Ausdruck kommende Zweck der Vorschrift lassen nicht erkennen, dass es nach dem Willen des Gesetzgebers um eine über die Frage des Umfangs der Anlage hinausgehende Prüfung der Erforderlichkeit bei § 62 Abs. 4 Satz 3 BWG geht. Die in Rede stehende Regelung wurde mit dem Neunten Gesetz zur Änderung des Berliner Wassergesetzes neu gefasst und in § 62 Abs. 4 Satz 2 BWG verankert. Erklärtes Ziel der Neufassung war es, „höhere Anforderungen an den Nachweis der Erforderlichkeit sicher(zu)stellen“ (vgl. Drs. des Abgeordnetenhauses Berlin 15/1653, Seite 30). Ist indes – wie zuvor dargelegt – nicht geregelt, wovon die Erforderlichkeit der Anlage an und für sich abhängen soll und wozu das mit der Anlage verfolgte Ziel oder etwaige Alternativen in Bezug zu setzen sind, kann sich dieser Sinn und Zweck der Vorschrift gerade nicht erfüllen.
Für die Annahme, dass § 62 Abs. 4 Satz 3 BWG nur verhindern will, dass überdimensionierte Anlagen genehmigt werden, spricht auch die Systematik des Gesetzes. Denn die Voraussetzungen der Genehmigung von Anlagen in Gewässern als solche sind – gebündelt – in § 62a Abs. 1 Berliner Wassergesetz konkretisiert.
Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, so lasse sich das „Problem der Zuvielnutzung“ nicht verhindern, was zweckwidrig sei, erschüttert dies die vorgenannte Auslegung nicht. Dass die Behörde die Genehmigung davon abhängig machen kann, das eine gemeinverträgliche Nutzungsdichte des jeweiligen Gewässers nicht überschritten wird, folgt bereits aus § 62a Abs. 1 Satz 3 BWG, weshalb es insofern einer entsprechenden Regelung in § 62 Abs. 4 Satz 3 BWG – zumal in dieser unbestimmten Form – gerade nicht bedarf. Das gleiche gilt, soweit der Beklagte zu § 62 Abs. 4 Satz 3 BWG auf Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit verweist. Diese werden bereits durch § 62a Abs. 1 Satz 1 BWG verhindert, weshalb ein Bedürfnis für eine weitere Regelung auch insofern gerade nicht ersichtlich ist. Schließlich ist dem Beklagten der Einwand, dem Kläger stünde schon anderswo ein zumutbarer Alternativliegeplatz zu dem verfolgten Zweck zur Verfügung, bei der vorstehenden Auslegung nicht abgeschnitten. Denn dieser kann gegebenenfalls bei der Ausübung des Ermessens im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung Berücksichtigung finden.
Hiervon ausgehend ist die geplante Anlage - vier Anbindepfähle für ein Ruderboot - erforderlich im Sinne des § 62 Abs. 4 Satz 3 BWG. Dafür, dass die vom Kläger geplante Anlage – vier Anbindepfähle für einen Angelkahn – überdimensioniert sein könnte, besteht kein Anhalt. Auch der Beklagte macht dies nicht geltend.
dd. Der Kläger ist auch tauglicher Adressat der Genehmigung, da er – was § 62 Abs. 5 Satz 3 BWG voraussetzt – Eigentümer der Anlage ist.
Zwar ist der ____ See, zu dem die Bucht B___ gehört, gemäß § 2 Nr. 1 BWG (Gewässer erster Ordnung) i.V.m. Anlage 1 Nr. 2 sowie auch gemäß Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 7 und § 2 Abs. 2 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) eine Bundeswasserstraße und steht daher im Eigentum des Bundes und werden die Dalben bei Errichtung der Anlage mit dem Grund des Bodens fest verbunden. Gleichwohl verliert der Kläger sein Eigentum an den Dalben mit der Errichtung der beantragten Anlage nicht nach § 946 BGB. Denn die Anlage wird mit ihrer Errichtung nicht wesentlicher Bestandteil des Seegrundstücks i.Sd. § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern stellt nur einen sog. Scheinbestandteil dieses Grundstückes dar. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB gehören zu den Bestandteilen eines Grundstückes solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. So liegt der Fall hier. Eine Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn ihre spätere Aufhebung von Anfang an beabsichtigt ist. Maßgeblich ist dabei der innere Wille des Einfügenden im Zeitpunkt der Verbindung der Sache, wobei er mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen sein muss (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2019 – V ZB 75/19 – juris, Rn. 6 m.w.N.). Hier hat der Kläger – was auch der Beklagte zuletzt eingeräumt hat – nur eine befristete Genehmigung zum Setzen der Pfähle beantragt. Für den Fall des Erlöschens der Genehmigung hat er sich ausdrücklich verpflichtet, die Pfähle auf eigene Kosten zu entsorgen. Anhaltspunkte für seinen Willen, die Anlage gleichwohl dauerhaft in der Bucht B__ zu belassen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Die Anlage wird mit ihrer Errichtung auch nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks X_____. Zwar ist eine Anlage bei fester Verbindung mit dem Ufergrundstück wesentlicher Bestandteil (§ 94 BGB) des Ufergrundstücks und ist sie bei fehlender fester Verbindung mit dem Ufergrundstück Zubehör (§ 97 BGB) dieses Ufergrundstückes, wenn sie unzweifelhaft nur den Interessen des Uferanliegers dient und aufgrund ihrer Lage vor dem Grundstück auch in einem entsprechenden räumlichen Verhältnis steht (vgl. hierzu: Senatsbeschluss vom 25. August 2020 – OVG 11 N 68.18 – juris, Rn. 12 bis 17 m.w.N., vgl. auch Senatsbeschluss vom 25. Januar 2019 – OVG 11 S 77.18 – juris, Rn. 15 m.w.N. zur Rspr. des BGH). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Eine feste Verbindung der errichteten Anlage mit dem Ufergrundstück besteht nicht. Vielmehr werden die Pfähle mindestens 20 cm vom Ufer entfernt eingesetzt. Auch will nicht der Nachbar __, sondern allein der Kläger die Anlage nutzen. Ob die errichtete Anlage Zubehör i.S.d. § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Grundstück des Klägers ist, kann ausgehend hiervon dahinstehen, zumal auch der Beklagte das Eigentum des Klägers nicht bestreitet.
c. In der Rechtsfolge steht dem Kläger kein Rechtsanspruch auf die Erteilung der begehrten Genehmigung zu, weil der Behörde insofern Ermessen eingeräumt ist und daher keine Spruchreife besteht (dazu unter aa.) Der Beklagte hat sein Ermessen jedoch fehlerhaft ausgeübt, weshalb er gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zur Neubescheidung des klägerischen Antrages unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten war, wobei das Gericht auf der Grundlage von § 125 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO den Antrag des Klägers dahingehend auslegt, dass dieser als Minus einen Bescheidungsantrag enthält (vgl. Schoch/Schneider/Riese VwGO, § 113 Rn. 210; dazu unter bb.).
aa. Die Vorschrift des § 62a Abs. 1 Satz 1 BWG eröffnet auf Rechtsfolgeseite grundsätzlich Ermessen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift (nicht: „Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn…“, sondern „Die …Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn…“), aber auch aus den Gesetzesmaterialien zu § 62a BWG (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 12/1876, Seite 5 - zum 7. Gesetz zur Änderung des Berliner Wassergesetzes und Drs. Nr. 1653 vom 28. Oktober 1996, Seite 7 - zum Gesetz zur Änderung des Berliner Wassergesetzes).
Die Rechtssache ist auch nicht mit Blick auf eine Ermessensreduzierung auf Null spruchreif i.S.d. von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Etwas anderes folgt nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. der Steganlagenkonzeption für Sportboote des Bezirks T____ von Berlin (Stand: 13. Dezember 2019) und der Verwaltungspraxis des Beklagten (sog. Selbstbindung der Verwaltung). Denn auch mit Blick hierauf verbleibt der Behörde ein Entscheidungsspielraum. Gemäß § 62a Abs. 1 Satz 3 BWG kann die Behörde die Genehmigung davon abhängig machen, dass eine gemeinverträgliche Nutzung des jeweiligen Gewässers nicht überschritten wird. Der einschlägige Abschnittssteckbrief (Zeuthener See, Abschnitt ZS_04) in der Steganlagenkonzeption für Sportboote im Bezirk T____ von 2019 (veröffentlicht unter: https://www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/politik-und-verwaltung/aemter/umwelt-und-naturschutzamt/artikel.733729.php, abgerufen am 14. November 2024) besagt für die Bucht B___ jedoch gerade nicht, dass die gemeinverträgliche Nutzungsdichte (nahezu) erreicht ist. Vielmehr ergibt sich daraus als Handlungsempfehlung eine Steg-Genehmigung nach BWG (nur) unter Auflagen (gelb), wobei deren Auswahl im Ermessen der Behörde steht. Angesichts der baulichen Unterschiede besteht insofern keine Vergleichbarkeit mit den Steganlagen vor den Grundstücken X_____. Ungeachtet dessen bedarf jede Bescheidung eines Antrags auf Genehmigung eines Sportbootstegs einer nochmaligen Einzelfallprüfung, was sich schon daraus ergibt, dass die übergeordnete Steganlagenkonzeption nicht die Betrachtungs-Detailschärfe einer konkreten Einzelfallprüfung hat (vgl. hierzu auch Steganlagenkonzeption des Bezirks T_____ von 2019, Seite 29).
bb. Der Beklagte hat jedoch im Bescheid vom 15. März 2016 kein Ermessen ausgeübt, weshalb dieser ermessensfehlerhaft i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO ist. Vielmehr hat er den Antrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2016 unter Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zur Sammelsteganlage (VG 10 K 124/10), mithin schon auf Tatbestandsebene, abgelehnt. An dem daraus folgenden Ermessensausfall ändert auch das Vorbringen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nichts. Denn dort hat der Beklagte nur mitgeteilt, er möchte „zum Ermessen klarstellen, dass die Frage der Hinterliegerproblematik und auch die Gründe der unbedingten Erforderlichkeit der beantragten Steganlage Teil der ermessensleitenden Erwägungen der ablehnenden Entscheidung war“. Ob dieser Vortrag mit Blick auf den Ermessensausfall hier überhaupt nach § 114 Satz 2 VwGO berücksichtigungsfähig ist, kann dahinstehen. Denn auch bei seiner Berücksichtigung läge keine ermessensfehlerfreie Entscheidung vor. Der vorgenannte Vortrag enthält nur die Behauptung, es sei Ermessen ausgeübt worden, ohne dass die Begründung tatsächlich dargelegt worden ist. Weder sind damit alle wesentlichen Gesichtspunkte des Falles in die Entscheidung eingestellt noch ist damit eine Abwägung der in der Rede stehenden Belange vorgenommen worden.
Kommt es nach alledem im vorliegenden Verfahren auf die Frage, ob dem Kläger die Anmietung eines anderen Bootsplatzes zumutbar ist, rechtlich nicht an, ist diese auch tatsächlich nicht relevant. Die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgelegte E-Mail des Y_____ vom q_____ ist daher nicht entscheidungserheblich, weshalb dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Schriftsatznachlass (§ 283 ZPO i.V.m. § 173 VwGO) nicht zu entsprechen war.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.