Gericht | OLG Brandenburg 1. Strafsenat | Entscheidungsdatum | 29.01.2025 | |
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Aktenzeichen | 1 OAus 1/25 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2025:0129.1OAUS1.25.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Gegen den Verfolgten wird gemäß §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 Ziff. 1, 17 IRG die Auslieferungshaft angeordnet.
I.
Mit einer Interpol-Fahndung (Red Notice) ersuchen die ukrainischen Behörden unter Bezugnahme auf den nationalen Haftbefehl des Bezirksgerichts von Mykolaiv vom 04. Dezember 2023 (Az.: 487/8603/23-1-ks/487/4871/23) um die Festnahme des Verfolgten mit dem Ziel seiner Auslieferung zum Zweck der Strafverfolgung wegen des Vorwurfs illegaler Inbesitznahme von Eigentum eines Unternehmens, einer Institution oder einer Organisation einschließlich der Anteile, Aktien und Wertpapiere ihrer Gründer, Anteilseigner, Aktionäre und Mitglieder, durch Vornahme von Transaktionen unter Verwendung von gefälschten oder entwendeten Dokumenten, Siegeln und/oder Stempeln des Unternehmens, der Institution oder der Organisation, begangen durch einen Beamten, der sein Amt missbrauchte, wodurch ein beträchtlicher Schaden verursacht oder schwerwiegende Folgen herbeigeführt wurden (Teil 3 § 206 2 des ukrainischen Strafgesetzbuchs).
Nach der deutschen Übersetzung des nationalen Haftbefehls (BI. 202 ff. d. A.) wird dem Verfolgten Folgendes vorgeworfen:
Im Herbst 2020 soll er mit seinen Mittätern O.V.T., V.A.K., D.O.P. und I.H. übereingekommen sein, in krimineller Absicht Unternehmensrechte sowie bewegliches und nicht bewegliches Eigentum der im Bezirk C... in der Ukraine ansässigen Produktionsgenossenschaft „D… … …“ zu erlangen. Dazu hätten die Mittäter entsprechende Beitrittsanträge erstellt und ein angebliches Protokoll einer Hauptversammlung vom 03. November 2020 gefälscht, aus dem insbesondere hervorgegangen sei, dass sie die notwendigen Beitrittsbeiträge entrichtet hätten und der Produktionsgenossenschaft beigetreten seien, ohne dass dies tatsächlich der Fall gewesen sei. Der Mittäter des Verfolgten V.A.K. soll am 19. November 2020 dem Privatnotar O.M.Y. in C... das gefälschte Protokoll, welches unter anderem die Unterschrift des Verfolgten als angeblich gewähltem Sekretär der Hauptversammlung getragen habe, übergeben haben, woraufhin der Notar im guten Glauben die Echtheit der Unterschriften bestätigt habe. Am 25. November 2020 soll der Verfolgte gemäß dem Tatplan in Absprache mit seinen Mittätern der Abteilung für staatliche Registrierung von juristischen Personen und Einzelunternehmen des Stadtrats von C... das notariell beglaubigte Protokoll der Hauptversammlung der Produktionsgenossenschaft zur Registrierung vorgelegt haben. Am 26. November 2020 habe der staatliche Kanzler des Stadtrates von C... auf der Grundlage des Protokolls, aus dem sich neben einer Kapitalerhöhung von 496.480 UAH auf 4.679.480 UAH ergeben habe, dass der Mittäter des Verfolgten V.A.K. nunmehr einen Stimmrechtsanteil von 90,45 % halte, dass als weitere Gründer der Verfolgte und die Mittäter hinzugetreten seien und, dass der Verfolgte ab dem 18. November 2020 zum Manager ernannt worden sei, die Eintragungen im Register entsprechend geändert. Dem gemeinsamen Tatplan entsprechend soll der Verfolgte dann als angeblicher „Direktor“ am 01. Dezember 2020 gegen 7:00 Uhr mit seinen Mittätern D.O.P., V.A.K. und O.V.T. das Gelände der Produktionsgenossenschaft in D., Z… Straße in der Region C..., betreten haben. Dabei sollen sie die Sicherheitskräfte und Mitarbeiter der Produktionsgenossenschaft über den Eigentümer- und Leitungswechsel informiert haben und widerrechtlich zahlreiche Fahrzeuge wie Lastwagen, Anhänger, Kipper, Lieferwagen, Mobilkräne, Tankwagen, Mobilbagger, eine Limousine und ein Bohrgerät im Gesamtwert von UAH 3.150.085 in Besitz genommen haben.
Infolge der Fahndungsausschreibung wurde der Verfolgte am 26. Dezember 2024 anlässlich einer Grenzkontrolle im Zug nach W… in F… vorläufig festgenommen. Am 27. Dezember 2024 wurde er durch die Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) im Beisein seines Beistands und eines Dolmetschers für die ukrainische Sprache vernommen. Dabei hat er sich zu den Tatvorwürfen nicht eingelassen; zu seinen persönlichen Verhältnissen hat er angegeben, bis zum 07. März 2023 mit seiner Ehefrau in S…/E… gelebt zu haben und seither „hin und her zu reisen“. Er habe zwei Kinder; sein festes Arbeitsverhältnis sei ihm gekündigt worden, er könne die Arbeitsstelle aber jederzeit wieder antreten. Mit seiner Auslieferung im vereinfachten Verfahren erklärte sich der Verfolgte im Rahmen seiner Anhörung nicht einverstanden und verzichtete auch nicht auf die Beachtung des Grundsatzes der Spezialität.
Das Amtsgericht Frankfurt (Oder) erließ im Zuge der richterlichen Anhörung am 27. Dezember 2024 eine Festhalteanordnung, der Senat unter dem 06. Januar 2025 einen vorläufigen Auslieferungshaftbefehl, aufgrund dessen sich der Verfolgte gegenwärtig in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen befindet.
Mit Schriftsatz seines Beistands vom 30. Dezember 2024 an die Generalstaatsanwaltschaft hat der Verfolgte beantragt, die Festhalteanordnung des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) aufzuheben und keinen Auslieferungshaftbefehl gegen ihn zu erlassen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, es bestehe keine Fluchtgefahr; er sei im Jahr 2022 gemeinsam mit seiner Frau, den Kindern und seinem Bruder vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland geflohen. Im Fall seiner Auslieferung würde er unter menschenrechtskonventionswidrigen Bedingungen inhaftiert werden. Der Gerichtsbezirk Mykolajiw befinde sich in unmittelbarer Nähe zu den Städten C... und O…, die unter besonderem Beschuss der russischen Streitkräfte stünden. Deshalb bestünde für ihn im Fall seiner Auslieferung ein konkretes Risiko russischer Kriegsgefangenschaft. Offizielle Berichte gingen davon aus, dass den Gefangenen in der Ukraine lediglich 2,5 m² Haftraum zur Verfügung stünden.
Mit E-Mail vom 17. Januar 2025 übersandten die ukrainischen Behörden ergänzend zu ihrem Ersuchen die gemäß Art. 12 EuAlÜbk erforderlichen Unterlagen, namentlich den nationalen Haftbefehl des Zarodskyi-Bezirksgerichts der Stadt Mykolaiv vom 04. Dezember 2023, die Urkunden zur Identitätsfeststellung des Verfolgten sowie die rechtlichen Vorschriften mit Angaben zur Verjährungsfrist.
Außerdem sicherten die ukrainischen Behörden zu, dass das Auslieferungsersuchen nicht auf eine Verfolgung aus politischen Gründen oder wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse, Religion oder Nationalität ziele, sowie, dass die den Verfolgten erwartenden Haftbedingungen den Bestimmungen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 und den Europäischen Strafvollzugsgrundätzen nach dem Anhang zur vom Ministerkomitee des Europarates am 11. Januar 2006 verabschiedeten Empfehlung entsprechen würden. Ihm werde angemessene ärztliche Hilfe gewährt werden, Amtspersonen der diplomatischen und konsularischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland erhielten die Möglichkeit nicht überwachter Besuche. Der Verfolgte werde in einer der Justizvollzugsanstalten im Westen der Ukraine untergebracht werden. Zudem werde garantiert, dass die vorgerichtliche Untersuchung und die Gerichtsverhandlung an einem Ort durchgeführt würden, der von den Kriegsgebieten weit entfernt sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg beantragt unter dem 21. Januar 2025, bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen am 27. Januar 2025, gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft anzuordnen. Dem Verfolgten wurde dieser Antrag über seinen Rechtsbeistand bekannt gegeben.
II.
Der Senat folgt dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg. Die Voraussetzungen für die Anordnung der Auslieferungshaft nach §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1, 15 Abs. 1, 17 IRG liegen nunmehr sämtlich vor.
1. Der Auslieferungsverkehr mit der Ukraine findet nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EuAlÜbk, BGBl. II 1964 S. 1369, 1371; II 1976 S. 1778; II 1998 S. 2749, 2750) in Verbindung mit dem Zweiten Zusatzprotokoll vom 17. März 1978 (BGBl. II 1990 S. 118, 119; II 1991, S. 874) und dem Dritten Zusatzprotokoll vom 10. November 2010 (BGBl. II 2014 S. 1062, 1063; II 2019, S. 2) statt, wobei die Auslieferungsersuchen zwischen dem Bundesamt für Justiz einerseits und dem Justizministerium oder der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine andererseits zu übermitteln sind (Anlage II Länderteil zur RiVASt).
Die Auslieferung des Verfolgten zum Zweck der Strafverfolgung ist nach dem genannten Europäischen Auslieferungsabkommen in Verbindung mit dem Zweiten und dem Dritten Zusatzprotokoll und gemäß den nachrangigen Bestimmungen des IRG nicht von vornherein unzulässig (§ 15 Abs. 2 IRG).
a) Die Auslieferungsfähigkeit nach Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuAlÜbk sowie nach §§ 3, 81 IRG ist angesichts der Androhung von Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren nach dem einschlägigen Straftatbestand des Teils 3 § 206 2 des ukrainischen Strafgesetzbuchs und Erfüllung des Erfordernisses beiderseitiger Strafbarkeit der dem Verfolgten vorgeworfenen Tat gegeben. Die Tat wäre auch nach deutschem Recht jedenfalls als Betrug im Sinne des § 263 StGB, Urkundenfälschung (§ 267 StGB) und mittelbare Falschbeurkundung (§ 271 StGB) strafbar und im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht. Das Ersuchen betrifft keine politische, militärische oder fiskalische Straftat (Art. 3 ff. EuAlÜbk). Die dem Verfolgten vorgeworfene Tat soll in der Ukraine begangen worden sein und hat damit ausschließlich Auslandsbezug (Art. 7 EuAlÜbk). Zudem soll sie im Jahr 2020 begangen worden sein und weder nach ukrainischem noch nach deutschem Recht verjährt (Art. 10 EuAlÜbk). Ausweislich der Fahndungsausschreibung tritt Verjährung nach ukrainischem Recht frühestens am 01. Dezember 2035 ein.
b) Der Zulässigkeit der Auslieferung steht nach derzeitigem Kenntnisstand auch kein Auslieferungshindernis nach § 73 IRG in Verbindung mit Art. 3 EMRK entgegen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben die deutschen Gerichte im Auslieferungsverfahren zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zugrundeliegenden Akte mit dem nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard und mit den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen ihrer öffentlichen Ordnung vereinbar sind (vgl. BVerfGE 63, 332; 75, 1; BVerfG, 1. Kammer des 2. Senats, Beschluss vom 8. April 2004, StV 2004, 440). Grenzen werden einer Auslieferung hiernach sowohl hinsichtlich der Ausgestaltung des Strafverfahrens als auch hinsichtlich des Vollstreckungsverfahrens gesetzt. Die deutschen Gerichte sind gehindert, an der Auslieferung eines Verfolgten mitzuwirken, dem im ersuchenden Staat eine grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Strafe droht (BVerfG, a. a. O.; OLG Köln, Beschluss vom 18. September 2014, AuslA 39/14-31, juris Rn. 22).
Nicht nur im Rechtshilfeverkehr unter Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern auch im allgemeinen völkerrechtlichen Auslieferungsverkehr gilt der Grundsatz, dass dem ersuchenden Staat im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtshilfe in Strafsachen sowie des Völkerrechts Vertrauen entgegenzubringen ist. Auch im allgemeinen Auslieferungsverkehr hat der ersuchende Staat ein erhebliches Interesse an der Aufrechterhaltung und Funktionsfähigkeit der gegenseitigen Rechtshilfe. Von der Begehung von Rechtsverletzungen, die die zukünftige Funktionsfähigkeit des Auslieferungsverkehrs zwangsläufig beeinträchtigen würden, wird ein ersuchender Staat schon deshalb regelmäßig Abstand nehmen. Dieser Grundsatz gegenseitigen Vertrauens kann so lange Geltung beanspruchen, wie er nicht durch entgegenstehende Tatsachen erschüttert wird. Dies ist der Fall, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass im Fall einer Auslieferung die unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze beziehungsweise das unabdingbare Maß an Grundrechtsschutz oder der verbindliche völkerrechtliche Mindeststandard gemäß Art. 25 GG nicht eingehalten werden, etwa, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine politische Verfolgung im Zielstaat droht oder im Zielstaat erhebliche systemische Defizite im Strafvollzug herrschen. Dafür müssen stichhaltige Gründe gegeben sein, nach denen gerade im konkreten Fall eine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass in dem ersuchenden Staat die völkerrechtlichen Mindeststandards nicht beachtet werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebene völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird. Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht jedoch nicht von der Pflicht, eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, etwa im Hinblick auf Anhaltspunkte für die Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat. Dabei muss das Gericht den auf die Gefahr politischer Verfolgung bezogenen Vortrag des Beschwerdeführers nachvollziehbar und willkürfrei würdigen (vgl. BVerfG, stattgebende Kammerbeschlüsse vom 04. Dezember 2019, 2 BvR 1832/19, juris Rn. 42 ff.; vom 22. November 2019, 2 BvR 517/19, juris Rn. 35 ff.; vom 30. Oktober 2019, 2 BvR 828/19, juris Rn. 42 ff.; vom 22. Oktober 2019, 2 BvR 1661/19, juris Rn. 48; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13. Oktober 2020, Ausl 301 AR 37/20, juris Rn. 17 ff.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist vorliegend eine Gefahr, dass der ersuchende Staat die völkerrechtlichen Mindeststandards nicht einhalten werde, zu verneinen. Auch eine Gefahr, dass der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung in der Ukraine unter grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Bedingungen in Haft gehalten werden wird, besteht nicht.
Zwar ergibt sich aus dem den Akten lose beigefügten Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) vom 26. April 2024 über den Besuch ukrainischer Haftanstalten im Oktober 2023, dass trotz der Anstrengungen, die die ukrainischen Behörden zur Reduzierung der Anzahl der Häftlinge in den Gefängnissen unternommen haben, viele Untersuchungshäftlinge weiterhin für längere Zeit in überfüllten Zellen festgehalten würden. Der Besuch offenbarte weiterhin, dass das Phänomen der informellen Gefangenenhierarchie noch verbreitet sei. Indes habe die Delegation keine Beschwerden über Misshandlungen durch Gefängnismitarbeiter in jüngster Zeit erhalten. Allerdings stellte das Komitee fest, dass die meisten Haftanstalten in alten Gebäuden untergebracht seien, die seit langer Zeit keiner größeren Modernisierung unterzogen wurden. Als Resultat zeigten sich die Unterkünfte für die Gefangenen in einem schlechten Zustand (feuchte und bröckelnde Wände, beschädigte Böden, verrostete Sanitäranlagen, wanzenverseuchtes Bettzeug, eingeschränkter Zugang zu Tageslicht und Belüftung usw.). Für die erwachsenen Untersuchungshäftlinge seien kaum Möglichkeiten für Aktivitäten außerhalb der Zelle verfügbar.
Mit Rundschreiben vom 18. Oktober 2024 hat das Bundesamt für Justiz jedoch inzwischen darüber informiert, dass die Renovierungen der im Schreiben aufgeführten Haftanstalten inzwischen überwiegend abgeschlossen seien. Im Wege der Auslieferung überstellte Verfolgte würden in Haftanstalten untergebracht, die weit entfernt von Kampfhandlungen lägen. Das Auswärtige Amt sieht die von der Ukraine mitgeteilten Informationen und Zusicherungen als belastbar und Auslieferungen an die Ukraine grundsätzlich als bewilligungsfähig an. Das Bundesamt für Justiz hat sich dieser Bewertung angeschlossen.
Vor diesem Hintergrund ist die von Seiten der Ukraine mit Übersendung der Auslieferungsunterlagen abgegebene Zusicherung, dass der Verfolgte im Falle der Verhängung einer Freiheitsstrafe entsprechend den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention untergebracht werde, dass er keiner Behandlung unterzogen werde, die seine physische oder psychische Integrität gefährden könnte, und dass seine Haftbedingungen nicht unmenschlich bzw. erniedrigend sein werden, als belastbar anzusehen (vgl. dazu auch OLG Brandenburg, 2. Strafsenat, Beschluss vom 14. August 2024, 2 OAus 29/24).
2. Der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 15 Abs. 1 Ziff. 1 IRG) besteht unverändert fort. Der Verfolgte hat im Fall seiner Auslieferung mit der Verhängung einer mehrjährigen Freiheitsstrafe zur rechnen, dies bietet einen erheblichen Fluchtanreiz. Nach Darstellung der ukrainischen Behörden in dem nationalen Haftbefehl hat er sich dem Verfahren bislang durch Flucht entzogen. In Deutschland war er zuletzt ohne festen Wohnsitz, die Gültigkeit seiner Papiere war abgelaufen. Über hinreichende soziale Bindungen, die dem Fluchtanreiz ausreichend entgegenwirken könnten, verfügt der Verfolgte in Deutschland nicht. Nach seinen eigenen Angaben lebt er seit einigen Monaten von seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern getrennt und hält sich auch nicht mehr in der Wohnung seines Bruders in O… auf. Einen festen Arbeitsplatz hat er nicht. Bei seiner Festnahme befand er sich im Zug nach P....
Weniger einschneidende Maßnahmen bieten nicht die nach § 25 Abs. 1 IRG erforderliche Gewähr, dass der Zweck der vorläufigen Auslieferungshaft auch durch sie erreicht werden könnte.
3. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht bei der gegebenen Sachlage der Anordnung und dem Vollzug der vorläufigen Auslieferungshaft gegen den Verfolgten nicht entgegen.