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Entscheidung 1 ORbs 289/24


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Bußgeldsachen Entscheidungsdatum 20.01.2025
Aktenzeichen 1 ORbs 289/24 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2025:0120.1ORBS289.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Zossen vom 26. Juli 2024 wird als unbegründet verworfen.

Der Betroffene trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Zentraldienst der Polizei des Landes Brandenburg – Zentrale Bußgeldstelle – verhängte mit Bescheid vom 02. Januar 2024 gegen den Betroffenen wegen am 29. November 2023 um 11:15 Uhr auf der Bundesautobahn A 10 auf Höhe des Kilometers … in Fahrtrichtung Polen mit dem Lkw, amtliches Kennzeichen: …, begangener vorschriftswidriger Benutzung eines Mobiltelefons, wegen mangelnder Benutzung eines Fahrtenschreibers als Beifahrer in der Zeit vom 27. November 2023, 23:24 Uhr, bis zum 28. November 2023, 03:26 Uhr, und wegen mangelnder Eingabe derjenigen Zeiten auf der Fahrerkarte in der Zeit vom 01. November 2023 bis zum 29. November 2023, in denen er sich nicht im Fahrzeug aufhielt, ein Bußgeld in Höhe von 600,00 €.

Auf den gegen diesen Bescheid gerichteten Einspruch des Betroffenen erkannte das Amtsgericht Zossen mit Urteil vom 26. Juli 2024 gegen den Betroffenen wegen Benutzens eines elektronischen Geräts als Fahrzeugführer, wobei das Mobiltelefon in der Hand gehalten wurde, wegen des Nichtaufzeichnens auf der Fahrerkarte und wegen des Nichtbenutzens des Fahrtenschreibers auf eine Geldbuße in Höhe von 600,00 € (Einzelgeldbußen 100,00 €, 250,00 €, 250,00 €). Den Feststellungen des Amtsgerichts zufolge hatte der Betroffene am 29. November 2023 mit seinem Lkw, amtliches Kennzeichen: …, die Bundesautobahn A 10 in Fahrtrichtung Polen befahren. Auf Höhe des Kilometers … hatte er sein Mobiltelefon in der rechten Hand vor sein Gesicht gehalten und seine Lippen bewegt. Bei der sodann erfolgten polizeilichen Kontrolle waren die Lenk- und Ruhezeiten ausgewertet worden, wobei festgestellt worden war, dass er im gesamten Kontrollzeitraum vom 01. November 2023 bis 29. November 2023 (01., 02., 07., 21., 22., 23., 28. und 29. November 2023) auf der Fahrerkarte nur Lenkzeiten verzeichnet hatte, nicht aber zwischenzeitliche Ruhezeiten. Auch eine Bescheinigung über die Ruhezeiten hatte der Betroffene nicht vorlegen können. Zudem hatte er als zweiter Fahrer (Beifahrer) in der Zeit vom 27. November 2023, 23:24 Uhr, bis zum 28. November 2023, 03:26 Uhr, nicht den Fahrtenschreiber genutzt, eine Fahrerkarte war nicht eingelegt gewesen, sodass eine Kontrolle nicht möglich war. Das Amtsgericht sprach den Betroffenen wegen tatmehrheitlich begangener Ordnungswidrigkeiten nach §§ 23 Abs. 1 a), 49 StVO, §§ 24 Abs. 1 und 3 Ziff. 5 StVG, §§ 23 Abs. 2 Ziff. 1, Ziff. 7 FPersV, § 8 Abs. 1 Ziff. 2 b) FpersG, Art. 3 Abs. 1, Art. 34 Abs. 3 VO (EU) 165/2014 schuldig und tenorierte eine Geldbuße in Höhe von 600,00 €.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner am 01. August 2024 bei dem Amtsgericht angebrachten und nach am 13. August 2024 erfolgter Zustellung an seinen Verteidiger unter dem 05. September 2024 begründeten Rechtsbeschwerde. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und macht mit näheren Ausführungen geltend, die Beweiswürdigung des Tatgerichts hinsichtlich des Handyverstoßes sei rechtsfehlerhaft. Zudem seien die festgestellten Ordnungswidrigkeiten tateinheitlich zu ahnden, die Dauerdelikte umklammerten den Handyverstoß.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg wertet das Rechtsmittel mit ihrer Stellungnahme vom 29. Oktober 2024 als Anträge auf Zulassung der Rechtsbeschwerde und beantragt, diese als unbegründet zu verwerfen. Der Betroffene hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

1. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg ist die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Zossen vom 26. Juli 2024 nach Auffassung des Senats nicht als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne von § 80 OWiG auszulegen. Die Rechtsbeschwerde ist vielmehr gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 OWiG statthaft.

Der Betroffene hat ein unbeschränktes Rechtsmittel eingelegt. Zwar wendet er sich mit seiner Beschwerdebegründung vorrangig gegen die Beweiswürdigung des Tatgerichts in Bezug auf den Handyverstoß. Gleichwohl ist die Rechtsbeschwerde nicht auf das insoweit erkannte Bußgeld, dessen Einzelhöhe das Amtsgericht ausweislich seiner Urteilsgründe zu Ziffer IV.3) auf 100,00 € festgesetzt hat, beschränkt. Das ergibt sich bereits daraus, dass der Betroffene sich auch gegen die Annahme des Tatgerichts wendet, die Verstöße stünden zueinander im Verhältnis von Tatmehrheit, § 20 OWiG.

Bei einer unbeschränkt eingelegten Rechtsbeschwerde sind für die Frage der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde die mehreren Geldbußen zusammenzurechnen, denn schon die Frage, ob im sachlich-rechtlichen Sinn Tateinheit oder Tatmehrheit vorliegt, kann von dem Rechtsmittelgericht anders beurteilt werden als von dem Tatgericht (BGHSt 24, 185; BayObLG NStZ-RR 1997, 248; KG wistra 1988, 322; OLG Koblenz VRS 75, 71; Bauer in: Göhler, OWiG, 19. Auflage, zu § 79, Rz. 23; Burhoff ZAP 2015, 549, zu Ziff. II.1; vgl. auch OLG Karlsruhe VRS 51, 76). Danach ist die Rechtsbeschwerde hier gegeben, denn die Summe der einzelnen Geldbußen übersteigt den Betrag von 250,00 €.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 3S.1 OWiG in Verbindung mit §§ 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht bei Gericht angebracht und begründet worden, sonach zulässig.

2. In der Sache hat das Rechtsmittel mit der allein erhobenen Sachrüge keinen Erfolg.

a) Erfolglos greift die Rechtsbeschwerde zunächst die Beweiswürdigung des Tatgerichts an. Im Bußgeldverfahren sind an die Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen. Dennoch kann für deren Inhalt grundsätzlich nichts anderes als im Strafverfahren gelten. Denn auch im Bußgeldverfahren sind die Urteilsgründe die alleinige Grundlage für die rechtliche Überprüfung des Urteils auf die Sachbeschwerde hin. Sie müssen daher so beschaffen sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung ermöglicht wird. Das gilt auch für die Beweiswürdigung, weil das Rechtsbeschwerdegericht nur so in die Lage versetzt wird, die Beweiswürdigung des Tatrichters auf Widersprüche, Unklarheiten, Lücken oder Verstöße gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze zu überprüfen (OLG Bamberg VRS 114, 456; OLG Jena VRS 114, 458; OLG Hamm NZV 2003, 295; OLG Karlsruhe NZV 2007, 256; Senat, Beschluss vom 27. Dezember 2019, (1 B) 53 Ss-OWi 675/19 (398/19)).

Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil. Insbesondere sind die Ausführungen der Tatrichterin im Rahmen der Beweiswürdigung nicht widersprüchlich oder lückenhaft. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers tragen sie – auch – den Schuldspruch wegen vorschriftswidriger Benutzung eines Mobiltelefons.

b) Rechtsfehlerfrei hat das Amtsgericht Tatmehrheit zwischen den Verkehrsverstößen angenommen. In Abgrenzung dazu ist eine natürliche Handlungseinheit gegeben, wenn mehrere Verhaltensweisen in einem solchen unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, dass das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise auch für einen Dritten objektiv als ein einheitlich zusammengefasstes Tun anzusehen ist (BGHSt 4, 219; 16, 397; 26, 284; KG BeckRS 2016, 11960; OLG Köln NZV 2004, 536; Thoma in: Göhler a. a. O., vor § 19, Rz. 3). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Weder existiert ein Handlungsteil, der gleichzeitig zur Verwirklichung der mehreren Bußgeldvorschriften beiträgt, noch vermag die mangelnde Nutzung des Fahrtenschreibers oder die mangelnde manuelle Eintragung der Ruhezeiten auf dem Fahrtenschreiber die Taten zu einer Handlungseinheit zu verbinden. Das ergibt sich bereits aus den verschiedenen Tatzeitpunkten (29. November 2023; 01., 02., 07., 21., 22., 23., 28. und 29. November 2023; 27. bis 28. November 2023). Stattdessen beruhten die Verstöße auf jeweils getrennten Willensbildungen des Betroffenen.

c) Die weitere auf die Sachrüge vorgenommene Überprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.