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Entscheidung 1 Ws 125/24 (S)


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Strafsenat Entscheidungsdatum 15.01.2025
Aktenzeichen 1 Ws 125/24 (S) ECLI ECLI:DE:OLGBB:2025:0115.1WS125.24S.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Antrag des Anzeigenden auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts des Landes Brandenburg vom 21. Juni 2024 wird als unzulässig verworfen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Gründe

I.

Der Anzeigeerstatter hat mit dem an die Staatsanwaltschaft Potsdam gerichteten Anwaltsschriftsatz vom 11. Januar 2024 Strafanzeige gegen („Name 01“) als stellvertretende Amtsärztin des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamts der Stadt („Ort 01“) wegen des Vorwurfs des Diebstahls, der Unterschlagung u.a. erstattet. Hintergrund der Strafanzeige ist eine amtliche Kontrolle des Veterinäramts der Stadt („Ort 01“) am 25. Juli 2022 auf dem Grundstück nebst zugehöriger Räumlichkeiten in der („Adresse 01“), dem Sitz des („Firma 01“)., in deren Folge die Herausnahme zahlreicher Tiere erfolgte. Dabei sei die Beschuldigte nicht auf die Mitteilungen diverser Anwesender eingegangen, wonach die Tiere im Eigentum des („Firma 01“). stünden.

Mit Bescheid vom 12. Februar 2024 hat die Staatsanwaltschaft Potsdam das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da ein die Anklageerhebung rechtfertigender, hinreichender Tatverdacht gegen die Beschuldigte nicht zu erbringen sei.

Zur Begründung heißt es in dem Einstellungsbescheid:

„Aus dem Verfahren 4123 Js 1995/23 ist bekannt, dass es am 25.07.2022 zu einer amtlichen Kontrolle des Veterinäramts der Stadt („Ort 01“) in der Tierauffangstation gekommen ist. In der Folge ist - neben der Feststellung eines schlechten Zustandes von etwa 150 weiteren Tieren - in fünf Fällen wegen Verstoßes gegen § 17 TierschutzG gegen den Leiter („Name 02“) Anklage erhoben worden.

Es ist fernliegend, dass die Angezeigte bei der Herausnahme der Tiere diese sich oder einem Dritten rechtswidrig im Sinne der §§ 242, 246 StGB zueignen wollte bzw. zugeeignet hat. Im Gegenteil handelte sie ersichtlich in Wahrnehmung ihrer amtlichen Aufgaben. Ermächtigungsgrundlage für das Handeln des Veterinäramtes ist dabei § 16a Abs. 1 i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 1 TierschutzG. Einer Durchsuchungs- oder Beschlagnahmeanordnung bedarf es entgegen Ihrer Annahme - anders als etwa bei der Durchsuchung zwecks Beweissicherung im Bußgeldverfahren - insoweit nicht.

Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Verwaltungshandeln obliegt im Übrigen nicht den Strafverfolgungsbehörden.“

Die gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Potsdam mit Anwaltsschriftsatz vom 29. Februar 2024 angebrachte (Vorschalt-) Beschwerde des Antragstellers hat der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg mit Bescheid vom 21. Juni 2024, dem eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, mit weitergehender Begründung als unbegründet zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat mit Anwaltsschriftsatz vom 29. Juli 2024, eingegangen beim Brandenburgischen Oberlandesgericht am gleichen Tage, Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts gestellt.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat in ihrer Stellungnahme vom 02. August 2024 beantragt, das Ansinnen auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig zu verwerfen. Mit Anwaltsschriftsätzen vom 28. August 2024 und 20. September 2024 ist der Antragsteller dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft entgegengetreten.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 StPO ist bereits als unzulässig zu verwerfen.

1. Er entspricht nicht den nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO an den Inhalt eines Klageerzwingungsantrags zu stellenden formellen Anforderungen. Nach dieser Vorschrift muss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung den Senat in die Lage versetzen, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten oder andere Schriftstücke eine Schlüssigkeitsprüfung hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Antrags auf Erhebung der öffentlichen Klage in formeller und materieller Hinsicht vorzunehmen (OLG Celle, Beschluss vom 17. März 2008, Az. 1 Ws 105/08; hierzu und dem Folgenden: OLG Hamm, Beschluss vom 17. März 2010, Az. 2 Ws 42/10). Deshalb muss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eine aus sich heraus verständliche Schilderung desjenigen Sachverhaltes enthalten, der bei Unterstellung der Richtigkeit des hinreichenden Tatverdachtes die Erhebung der öffentlichen Klage sowohl in materieller als auch in formeller Hinsicht rechtfertigen würde (vgl. hierzu und dem Folgenden: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 172 Rdnr. 26 ff.). Dabei hat die Sachdarstellung zumindest in groben Zügen den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Entscheidungen und die Gründe für deren behauptete Unrichtigkeit mitzuteilen. Diesen skizzierten Vorgaben wird der vorliegende Klageerzwingungsantrag nicht gerecht.

Die Darstellung des Sachverhalts ist lückenhaft. Zu der gebotenen Darstellung des Verfahrensganges genügt es nicht, singulär auf die Erkenntnisse einzugehen, die das Antragsbegehren stützen (OLG Koblenz, Beschluss vom 21. Mai 2007, Az. 2 Ws 272/07; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 8. August 2024, Az. 2 Ws 88/24 (S)). Vielmehr ist das gesamte für die objektive und subjektive Tatseite bedeutsame Ermittlungsergebnis einschließlich der Tatsachen, die dem Antragsbegehren den Boden entziehen könnten, mitzuteilen (vgl. hierzu und dem Folgenden: OLG Koblenz, Beschluss vom 21. Mai 2007, Az. 2 Ws 272/07). Denn nur auf der Grundlage einer derart vollständigen Darstellung und damit bei Kenntnis auch der Umstände, die der Darstellung des Antragstellers möglicherweise entgegenstehen, lässt sich der Erfolg des Begehrens des Antragstellers, nämlich die angestrebte Verurteilung der Beanzeigten, zutreffend beurteilen (vgl. hierzu und dem Folgenden: OLG Hamm, Beschluss vom 17. März 2010, Az. 2 Ws 42/10; OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 2004, Az. 2 Ws 128/04). Eine selektive Auswahl der zugunsten des Strafantragstellers sprechenden Argumente unter Hintanstellung gegebenenfalls diese widerlegender Gesichtspunkte führt zur Unschlüssigkeit des Klageerzwingungsantrages und folglich zu seiner Unzulässigkeit (OLG Hamm, Beschluss vom 17. März 2010, Az. 2 Ws 42/10).

Hierzu führt die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 02. August 2024 wie folgt aus:

„Dem Antrag ist die aktenkundige Abschlussverfügung und Anklageschrift vom 6. Juli 2023 (BI. 57 ff. der Akte) in dem Verfahren 4123 Js 1995/23, auf die im Bescheid der Staatsanwaltschaft Potsdam Bezug genommen wird, nicht zu entnehmen. Hieraus ergibt sich, dass der Leiter der Tierauffangstation („Name 02“) im Nachgang zur behördlichen Maßnahme wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz angeklagt worden ist.“

Der Senat tritt diesen Ausführungen bei; sie entsprechen der Sachlage. Ist wegen desselben Sachverhaltes gegen den Antragssteller selbst Anklage erhoben worden, so muss er dies in seinem Antrag vortragen - verschweigt er eine solche Anklage, so ist der Klageerzwingungsantrag unzulässig (OLG Stuttgart, Beschluss vom 10. September 2001, Az. 1 Ws 184/01). Zwar richtet sich die Anklageschrift vom 06. Juli 2023 - die die vorgefundenen Begebenheiten anlässlich der Kontrolle und Inobhutnahme der Tiere am 25. Juli 2022 auf dem Grundstück („Adresse 01“) zum Gegenstand hat - nicht gegen den („Firma 01“) - was bereits dem Umstand geschuldet ist, dass das deutsche Strafrecht kein Unternehmensstrafrecht ist -, sondern gegen Herrn („Name 02“). Dieser ist indes dem Vorstand des („Firma 01“). zugehörig - damit für seine Handlungen als Unternehmensverantwortlicher persönlich strafrechtlich verantwortlich - und hat auch die Vollmacht des Verteidigers für den („Firma 01“) wie auch etliche Verwahrtier-Verfügungen und Fundtieranzeigen und Übergaben für selbigen unterzeichnet. Unerwähnt lässt der Antragsteller in diesem Zusammenhang auch, dass der Sitz des („Firma 01“). in der („Adresse 01“) zugleich die Wohnanschrift des Herrn („Name 02“) ist, und den Umstand, dass das mangelnde Vorhalten eines Bestandsbuches, mit welchem die Zuordnung als Abgabe-/ Verwahr-/ Zuchttier und privates Tier sowie zwingend die rechtliche Eigentumszugehörigkeit möglich wäre, Gegenstand der wiederholten Kontrollen und Auflagen des Veterinäramts betreffend den Tierbestand in der („Adresse 01“) war. Zudem wird mit keinem Wort erwähnt, aus welchem Grunde das Veterinäramt der Stadt („Ort 01“) den bei der Kontrolle am 25. Juli 2022 vorgefundenen Tierbestand in Obhut genommen hat, dass die Kontrolle am 25. Juli 2022 nicht die erste Begehung ihrer Art gewesen ist, und dass im Hinblick auf die dortige Tierhaltung vorab (nicht erfüllte) Auflagen erteilt wurden.

Auf dieser Grundlage ist dem Senat eine Beweiswürdigung nicht möglich. Diese Beweiswürdigung ist aber Gegenstand der Zulässigkeitsprüfung, da nur dann die Schlüssigkeit des Klageerzwingungsantrages geprüft werden kann.

Auch die Darstellungen des Antragstellers in den anwaltlichen Schriftsätzen vom 28. August 2024 und 20. September 2024 führen zu keinem anderen Ergebnis. Ungeachtet der Tatsache, dass der Senat die Anklageerhebung gegenüber dem Vorstandsmitglied („Name 02“), der unter derselben Anschrift wohnhaft wie das („Firma 01“) ortsansässig ist, - wie ausgeführt - als notwendig in ihrer Darstellung erachtet, würde auch eine Nachbegründung nach Ablauf der Monatsfrist des § 172 Abs. 2 S. 1 StPO dem Antrag nicht mehr zur Zulässigkeit verhelfen können (OLG Hamm, Beschluss vom 4. Juli 2002, Az. 2 Ws 213/02; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Dezember 1999, Az. 1 Ws 624 - 625/99 ; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 10. März 2008, Az. 1 Ws 17/08).

Der Antrag war nach alledem als unzulässig zu verwerfen.

2. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Klage- bzw. Ermittlungserzwingungsantrag im Falle seiner Zulässigkeit auch als unbegründet hätte zurückgewiesen werden müssen, da ein zur Erhebung der öffentlichen Klage erforderlicher hinreichender Tatverdacht nicht gegeben ist und daher die Einstellung des Verfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO zu Recht erfolgt ist. Denn Voraussetzung für eine Strafbarkeit gemäß § 242 StGB oder § 246 StGB ist die Rechtswidrigkeit der Zueignung als objektives Tatbestandsmerkmal, auf die sich auch der Vorsatz beziehen muss. Ob der tierschutzrechtlichen Ermächtigung, von der die Beanzeigte ganz offensichtlich ausging, wie sich auch in ihrer Verfügung gegenüber Herrn („Name 02“) vom 09. August 2022 zeigt, fehlt es der Beanzeigten jedenfalls am Vorsatz bezüglich einer etwaigen Rechtswidrigkeit der Zueignung an dem in der („Adresse 01“) vorgefundenen und als u.a. vernachlässigt eingestuften Tierbestand. Dabei ist es bereits irrelevant, in wessen tatsächlichem Eigentum die auf dem Grundstück („Adresse 01“) befindlichen Tiere standen, namentlich, ob die Tiere im Eigentum des („Firma 01“). oder aber des Herrn („Name 02“) standen, da die dort befindlichen Tiere aus tierschutzrechtlichen Gründen gemäß § 16a Abs. 1 TierschG ob ihres schlechten Zustandes von dem Grundstück verbracht wurden. Dass sich die Tiere nicht in einem - behördliches Einschreiten erforderlich machendem - Zustand befanden, wurde auch durch den Anzeigeerstatter im Übrigen nicht behauptet.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da im Fall der Unzulässigkeit des Klageerzwingungsantrags eine Gebühr nach KVGKG nicht anfällt und der Antragsteller seine notwendigen Auslagen ohnehin selbst zu tragen hat (vgl. Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 67. Aufl. § 177 Rn. 1).

4. Diese Entscheidung ergeht letztinstanzlich und ist nicht anfechtbar.