Gericht | OLG Brandenburg 3. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 09.01.2025 | |
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Aktenzeichen | 3 W 55/24 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2025:0109.3W55.24.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I.
Der Testamentsvollstrecker beantragte am 07.06.2023 einen Erbschein, der den Beteiligten zu 2. als Alleinerben ausweisen soll. Er bezieht sich hierfür auf ein handgeschriebenes Testament vom 05.02.2019 mit Ergänzung vom 08.02.2019 und Änderung zu Ziffer 5. am 02.04.2019. Mit diesem Testament wurde der vorverstorbene Lebensgefährte der Erblasserin als Vorerbe und der Beteiligte zu 2 als Nacherbe eingesetzt. Nach Ziffer 4 des Testaments wurden Kinder, Enkel und Urenkel von der Erbfolge ausgeschlossen. Zuvor hatte die Erblasserin mit handschriftlichen Testament vom 13.11.2017 ihre Tochter und mit handschriftlichen Testament vom18.05.2013 die Urenkelin bedacht.
Der Beschwerdeführer, der Sohn der Erblasserin, beruft sich darauf, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Abfassung sämtlicher dieser Testamente wegen einer Demenz testierunfähig gewesen sei. Zudem seien die Testamente unwirksam, da sie nicht von der Erblasserin selbst geschrieben worden seien. Die Erblasserin sei Analphabetin gewesen, so dass sie die Testamente nicht selbst habe schreiben können. Sie sei auch nicht in der Lage gewesen zu lesen.
Das Nachlassgericht hat nach Anhörung der Beteiligten, der Einvernahme der Schwester der Erblasserin als Zeugin und der Einholung eines mündlich erstatteten Sachverständigengutachtens die Tatsachen, die zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlich sind, für festgestellt erachtet.
Zur Begründung hat es ausgeführt, es stehe nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 05.02.2019 testierunfähig gewesen sei. Dies gehe zu Lasten desjenigen, der sich auf die Testierunfähigkeit berufe. Die Gutachterin sei zu dem Ergebnis gekommen, dass zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass die sich aus dem Pflegegutachten vom 12.12.2019 ergebende Demenz bereits im Februar zur Testierunfähigkeit geführt habe, dies könne aber nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Die weiteren Angaben zum Zustand der Erblasserin im Februar 2019 seien nicht ergiebig gewesen. Die glaubhaften Angaben des Testamentsvollstreckers, der mit der Erblasserin anlässlich der Testamentserrichtung mehrfach Kontakt gehabt habe, sprächen vielmehr für die noch bestehende Testierfähigkeit der Erblasserin zu diesem Zeitpunkt.
Das Gericht sei auch davon überzeugt, dass die Erblasserin das Testament eigenhändig geschrieben habe. Zwar habe diese nur drei bis vier Jahre die Volksschule besucht. Dies bedeute aber nicht, dass sie das Testament nicht nach einer Vorlage habe abschreiben können. Die Erblasserin habe gewusst, dass sie das Testament eigenhändig habe schreiben und unterschreiben müssen. Im Übrigen passten auch die vorliegenden Unterschriften der Erblasserin zum Schriftbild des Testamentstextes.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde.
Die Erblasserin sei Analphabetin gewesen und habe weder lesen, schreiben noch rechnen können. Sie habe das Testament deshalb nicht eigenhändig schreiben können, das Testament sei von ihrem damaligen Lebensgefährten geschrieben worden.
Zudem sei sie bereits bei Errichtung des Testaments im Februar 2019 dement und nicht mehr testierfähig gewesen. Wie bereits erstinstanzlich geltend gemacht, hätte das Nachlassgericht zur weiteren Aufklärung die Krankenakte der Kliniken („Ort 01“) beiziehen müssen, da die Erblasserin dort im Jahr 2019 mehrfach stationär behandelt worden sei.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Im Beschwerdeverfahren hat der Senat die Krankenakten der Kliniken („Ort 01“) beigezogen und dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, diese auf der Geschäftsstelle des Senats einzusehen oder sich Kopien übersenden zu lassen.
II.
Die nach § 58 ff FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Beteiligte zu 2. ist aufgrund des Testaments vom 08.02.2019 Erbe der Erblasserin geworden.
Das Testament vom 08.02.209 ist wirksam.
1.
Die Erblasserin hat das Testament durch eine eigenhändig geschriebene Erklärung errichtet (§ 2247 Abs. 1 BGB).
a)
Nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung trägt derjenige, der sich auf Verfügungen eines eigenhändigen Testaments beruft, die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit (OLG Koblenz 18.12.2015 - 1 W 622/15, FamRZ 2016, 1487 Rn 8 m.w.N.). Er hat daher den Testierwillen des Erblassers, die Eigenhändigkeit des Textes und die Echtheit der Unterschrift (BayObLG FamRZ 1999, 331, 332) zu beweisen, sofern diese substantiiert bestritten werden (BayObLG FamRZ 1985, 837, 838; BayObLG NJW-RR 1988, 389, 390). Im Erbscheinerteilungsverfahren trägt die materielle Feststellungslast für die Eigenhändigkeit des Testaments derjenige, der Rechte aus dem Testament herleitet (OLG Hamm, Beschluss vom 2. Oktober 2012 – I-15 W 231/12 –, juris), also hier der Beteiligte zu 1.
b)
Der Senat ist wie das Nachlassgericht davon überzeugt, dass die Erblasserin den Text des Testaments selbst geschrieben hat.
Hierbei berücksichtigt der Senat insbesondere, dass die Erblasserin vom Beteiligten zu 1. ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass sie das Testament eigenhändig schreiben und unterschreiben müsse. Ihr war also bewusst, dass es für die Wirksamkeit des Testaments auf dessen Eigenhändigkeit ankommt. Insofern ist kein vernünftiger Grund dafür erkennbar, dass sie das Testament trotz dieses Wissens von einer anderen Person hat schreiben lassen. Der Senat geht auch davon aus, dass die Erblasserin den ihr vom Beteiligten zu 1. nach dessen Aussage vorformulierten Text selbst niederschreiben konnte, selbst wenn sie im Schreiben nicht geübt war. Allein der Umstand, dass die Erblasserin nur ca. vier Jahre die Schule besucht hat, ist kein hinreichendes Indiz dafür, dass sie die Grundlagen des Schreibens nicht beherrschte. Auch die Aussage ihrer Schwester und der Beteiligten zu 4. in der mündlichen Anhörung vor dem Nachlassgericht bieten keine Veranlassung daran zu zweifeln, dass die Erblasserin das Testament selbst geschrieben hat. Diese haben lediglich ausgesagt, dass die Erblasserin nur selten geschrieben habe, nicht aber, dass sie nicht schreiben konnte. Die Beteiligte zu 4. hat im Nachgang zur Anhörung nochmals ausdrücklich mitgeteilt, dass die Erblasserin keine Analphabetin gewesen sei und haben schreiben und lesen können.
Dass die Erblasserin schreiben konnte, ergibt sich auch aus dem vom Beteiligten zu 1. vorgelegten handschriftlichen Zettel (Anlage 12 zum Schriftsatz vom 27.03.2024), aus dem sich ergibt, dass die Erblasserin diesem ihre Bankdaten aufgeschrieben hat. Auch stimmt das Schriftbild des Textes des Testamentes mit dem der Unterschrift und weiteren Unterschriften der Erblasserin überein. Wie das Nachlassgericht zutreffend dargelegt hat, enthält der Text ebenso wie alle vorliegenden Unterschriften der Erblasserin gleich geschriebene Schrägstriche „i“. Der am Anfang des Testamentes geschriebene Name der Erblasserin entspricht der Unterschrift auf dem Personalausweis. Insgesamt sind keinerlei belastbare Anzeichen dafür erkennbar, dass der Text nicht von der Erblasserin geschrieben worden ist. Soweit der Beschwerdeführer dem entgegenstehend behauptet, die Erblasserin sei Analphabetin gewesen und habe weder lesen noch schreiben können, hält der Senat diese Aussage für nicht glaubhaft. Sie widerspricht den Ausführungen sowohl der Schwester der Erblasserin als auch der Aussage der Beteiligten zu 4. und ist auch mit den weiteren Feststellungen nicht in Einklang zu bringen.
c)
Zusätzliche Ermittlungen zur Frage der Eigenhändigkeit des Testaments müssen nicht erfolgen, die Ermittlungsmöglichkeiten sind ausgeschöpft. Weitere Personen, die etwas zur Schreibfähigkeit der Erblasserin aussagen könnten, sind nicht bekannt. Ein Schriftsachverständigengutachten war nicht einzuholen. Es gibt keinerlei Vergleichsmaterial, das einem Sachverständigen zur Verfügung gestellt werden könnte.
2.
Es lässt sich nicht feststellen, dass die Erblasserin zur Errichtung eines wirksamen Testaments deshalb nicht in der Lage war, weil sie nicht lesen konnte.
a)
Nach §§ 2247 Abs. 4 BGB kann derjenige, der Geschriebenes nicht zu lesen vermag, ein Testament nicht durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten.
Dabei trägt im Zivilprozess um das Erbrecht die Beweislast und im Erbscheinsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Feststellungslast für die Behauptung mangelnder Lesefähigkeit des Erblassers grundsätzlich derjenige, der sich auf diesen Einwand beruft (OLG Dresden, Beschluss vom 12. Januar 2015 – 17 W 1341/14 –, juris; vgl. OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 04.02.2000 - 7 U 23/96 Tz. 126 m.w.N., juris). Hat ein Erblasser sein Testament eigenhändig geschrieben, steht jedoch nicht sicher fest, ob er zu dieser Zeit noch "Geschriebenes zu lesen vermochte" und kann auch die Beweiserhebung darüber keine Klarheit bringen, ist vom Regelfall auszugehen, dass er lesen konnte (OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 4. Februar 2000 – 7 U 23/96 –, juris).
b)
Wie oben bereits ausgeführt, ist der Senat davon überzeugt, dass die Erblasserin das Testament selbst niedergeschrieben hat. Zwar lässt sich daraus nicht sicher der Schluss ziehen, dass sie das Geschriebene auch lesen konnte.
Dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments nicht lesen konnte, lässt sich nicht sicher feststellen. Dies geht zu Lasten des Beschwerdeführers.
Dieser hat sich zwar darauf berufen, dass die Erblasserin weder lesen noch schreiben konnte und dies in seiner Anhörung vor dem Nachlassgericht auch ausgesagt. Daraus lässt sich die Überzeugung, dass die Erblasserin Analphabetin war, aber nicht gewinnen. Wie dargelegt hält der Senat die Aussage nicht für glaubhaft. Darüber hinaus haben sowohl die Schwester der Erblasserin als auch die Beteiligte zu 4. in ihrer Anhörung vor dem Nachlassgericht geschildert, dass sie die Frage, ob die Erblasserin lesen konnte, nicht zu 100 % bestätigen könnten, nicht aber, dass sie dies sicher wüssten. Selbst wenn sie im weiteren Verlauf der Anhörung ausgesagt haben, dass dies eher nicht der Fall gewesen sei, weil die Erblasserin nur 4- 5 Jahre die Volksschule besucht habe, lässt sich aus diesen Aussagen nicht ableiten, dass die Erblasserin gar nicht lesen konnte. Die Beteiligte zu 4. hat im Nachgang zur Anhörung ihre Aussage dahingehend konkretisiert, dass die Erblasserin lesen und schreiben konnte. Der Beschwerdeführer selbst hat verschiedene Schreiben an die Erblasserin gerichtet und um Antwort gebeten, was ebenfalls dafür spricht, dass diese lesen konnte.
3.
Der Senat ist auch nicht davon überzeugt, dass das Testament deshalb unwirksam ist, weil die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments testierunfähig i.S.d. § 2229 BGB gewesen war.
a)
Von einer Testierunfähigkeit ist nach § 2229 Abs. 4 BGB auszugehen, wenn der Erblasser wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Da die Störung der Geistestätigkeit die Ausnahme bildet, ist ein Erblasser unabhängig vom Alter bis zum Beweis des Gegenteils als testierfähig anzusehen. Daher muss die Testierunfähigkeit zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Dezember 2023 – 21 W 91/23 –, juris:). Im Zivilprozess liegt die Beweislast, wenn die Testierunfähigkeit nicht nachgewiesen werden kann, als eine das Erbrecht vernichtende Tatsache bei demjenigen, der sich auf die Testierunfähigkeit beruft. Dasselbe gilt für die Feststellungslast im Erbscheinverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wenn dort trotz Ausschöpfung aller Aufklärungsmöglichkeiten eine sichere Feststellung zur Testierunfähigkeit nicht getroffen werden kann (OLG Hamm, Beschluss vom 28. Dezember 2021 – 10 W 125/19 –, juris).
b)
Für die Feststellung der Testierunfähigkeit ist nicht allein die Diagnose einer krankhaften Störung ausreichend, sondern es ist darüber hinaus erforderlich, dass aufgrund der krankhaften Störung eine Einsichtsfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Insbesondere begründet die Diagnose einer Demenz als solcher keinen Beweis für eine Testierunfähigkeit. Regelmäßig kommt auch bei einer gesicherten Diagnose einer Demenz die Annahme einer Testierunfähigkeit erst in Betracht, wenn der Erblasser konkrete Verhaltensauffälligkeiten aufweist, die den sicheren Schluss auf eine mangelnde Einsichtsfähigkeit zulassen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.01.2018 - 20 W 4/16, juris Rn. 42; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.04.2014, 3 Wx 115/12, juris Rn. 9). Zwar kann aus dokumentierten Befunden und Verhaltensbeobachtungen vor und nach der Testamentserrichtung das Vorliegen einer Testierunfähigkeit bei Demenzerkrankungen im Zeitpunkt der Testamentserrichtung abgeleitet werden. Erforderlich hierfür ist jedoch, dass mindestens für einen Zeitpunkt vor und mindestens einen Zeitpunkt nach der fraglichen Testamentserrichtung krankheitswertige Zustände belegt sein müssen, bei denen die Voraussetzungen für eine freie Willensbildung nicht mehr gegeben waren (OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Dezember 2023 – 21 W 91/23 –, juris; OLG Hamburg, Beschluss vom 20.02.2018 - 20 W 63/17, juris Rn. 38; Cording, Kriterien zur Feststellung der Testier(un)fähigkeit in: ZEV 2010, 115, 120).
c)
Von diesen Grundsätzen ausgehend kann der Senat nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass die Erblasserin bei der Errichtung des Testaments am 08.02.2019 nicht mehr fähig war, die Bedeutung ihrer letztwilligen Verfügung einzusehen oder dass krankhafte Empfindungen und Vorstellungen ihre freie Willensbestimmung aufgehoben haben. Es ist deshalb mit dem Amtsgericht von Testierfähigkeit auszugehen. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Einwände führen zu keinem anderen Ergebnis.
aa)
Zwar hat der Beschwerdeführer zu Recht darauf hingewiesen, dass das Nachlassgericht seiner Amtsermittlungspflicht nicht vollständig nachgekommen ist, indem es die Krankenunterlagen der … Kliniken zwar angefordert, deren Übersendung aber nicht abgewartet hat. Dies hat der Senat im Beschwerdeverfahren nachgeholt.
bb)
Es lässt sich aber auch unter Berücksichtigung dieser Unterlagen nicht feststellen, dass bei der Erblasserin am Tag der Testamentserrichtung eine die Willensbildung ausschließende geistige Störung in Form einer wesentlichen kognitiven Beeinträchtigung vorlag. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass die Erblasserin im Zeitpunkt der Testamentserrichtung an einer entsprechend schweren Demenz litt.
cc)
Dass die Erblasserin an einer Demenz litt, steht erst aufgrund des Pflegegutachtens des MDK sicher erst für den Zeitpunkt ab Erstellung des Gutachtens des MdK am 12.12.2019 fest.
Aus den Unterlagen der … Kliniken ergibt sich ein Hinweis auf eine Demenzerkrankung erstmals aus dem Entlassungsbericht vom 01.11.2019 nach dem stationären Aufenthalt der Erblasserin vom 24.10.2019 bis zum 25.10.2019. Hier ist als Diagnose eine „nicht näher bezeichnete Demenz“ angegeben. In dem Bericht der … Kliniken vom 17.08.2019, in dem über einen weiteren stationären Aufenthalt der Erblasserin vom 15.08 bis zum 17.08.2019 berichtet wird, findet sich diese Diagnose dagegen nicht. In dem Pflegebericht findet sich für den 15.08. der Eintrag „ Patientin sonst selbständig“, für den 16.08. allerdings der Eintrag „Patientin heute sehr verwirrt, lief umher, war im frischen Nachbarbett, war in anderen Patientenzimmern“.
Selbst wenn dies als Anzeichen dafür gesehen werden kann, dass die Erblasserin bereits im August 2019 unter einer Demenz litt, reichen auch diese Eintragungen nicht aus, um den Rückschluss darauf zu ziehen, dass die Erblasserin bei der Errichtung des Testaments an einer Demenz litt, aufgrund derer sie testierunfähig war.
dd)
Zum einen gibt es für diesen Zeitpunkt keine gesicherte Diagnose einer Demenzerkrankung, geschweige denn über deren Ausprägung.
Zum anderen ist regelmäßig ist ein Rückschluss von einem geistigen Zustand, der zu einem Zeitpunkt nach Testamentserrichtung vorlag, auf den Zustand im Zeitpunkt der Testamentserrichtung nur dann möglich, wenn ein krankhafter Zustand mit Ausschluss der freien Willensbestimmung auch für einen Zeitpunkt vor der Testamentserrichtung belegt ist. Dies ist dann im Sinne einer logischen Interpolation möglich (KG Berlin, Beschluss vom 8. Februar 2021 – 19 W 10/20 –, juris-; vgl. dazu ausführlich Cording, a.a.O).
ee)
Dies ist hier aber nicht der Fall. Für den Zeitpunkt der Testamentserrichtung ist kein Zustand belegt, der auf einen krankhaften Zustand mit Ausschluss der freien Willensbildung hinweist.
Der Beschwerdeführer selbst konnte keine Angaben zum geistigen Zustand der Erblasserin zu diesem Zeitpunkt machen. Er hat diese seit 2015 nicht mehr gesehen. Weder die weiteren Beteiligten noch die als Zeugin vernommene Schwester der Erblasserin haben berichtet, dass die Erblasserin sich in einem derartigen Zustand befand. Die Schwester hat angegeben, dass die Erblasserin zum Schluss vergesslich geworden sei und sich manchmal an Sachen nicht mehr habe erinnern können, ihr die Sachen aber wieder eingefallen seien, wenn man sie erinnert habe. Auch die Beteiligte zu 4. hat ausgeführt, dass die Erblasserin bereits vor dem Klinikaufenthalt in („Ort 01“) schon sehr vergesslich gewesen sei, die Dinge ihr aber bei Nachfrage wieder eingefallen seien. Aus diesen Angaben ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen Zustand mit Ausschluss der freien Willensbestimmung.
Auch aus den Ausführungen der Sachverständigen ergibt sich, dass gesicherte Feststellungen zu dem Zustand der Erblasserin bei der Errichtung des Testaments nicht möglich sind. Die Sachverständige hat in ihrem mündlichen Gutachten vor dem Nachlassgericht nachvollziehbar ausgeführt, dass der Verlauf einer Demenz höchst individuell sei, so dass man vom Zustand im Dezember keine sicheren Rückschlüsse auf die Zustände bei Errichtung des Testaments ziehen könne. Zu welchem Zeitpunkt von einer Testierfähigkeit auszugehen sei, könne nicht festgestellt werden. Dies gilt gleichermaßen dann, wenn man die in der Krankenakte der … Kliniken befindlichen Vermerke aus August 2019 berücksichtigt. Über den Zustand der Erblasserin im Februar 2019 geben diese keinen Aufschluss. Es liegen auch dann sechs Monate zwischen diesen Feststellungen und der Errichtung des Testaments, so dass kein gesicherter Rückschluss möglich ist.
ff)
Nur in ganz klaren Fällen eines später belegten langsam-stetig-progredienten Verlaufs (z. B. charakteristische Demenz vom Alzheimertyp) kann im Einzelfall mit hinreichender Sicherheit auf einen Zeitpunkt extrapoliert werden, der Tage bis allenfalls wenige Wochen vor dem Beginn des dokumentierten Krankheitsabschnitts liegt (Cording a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, so dass es auch keiner weiteren Begutachtung bedarf.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Festsetzung des Beschwerdewerts richtet sich nach dem Wert des Nachlasses.