Gericht | OLG Brandenburg 3. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 23.01.2025 | |
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Aktenzeichen | 3 W 113/24 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2025:0123.3W113.24.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Zwangsgeldbeschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.07.2024 wird zurückgewiesen.
2. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO zulässige Beschwerde ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses unbegründet. Ergänzend ist hier noch Folgendes auszuführen:
1.
Der Erfüllungseinwand greift nicht durch.
a)
Entgegen der Ansicht der Schuldnerin stützt die Gläubigerin ihre wiederholten Zwangsgeldanträge nicht auf wechselnde Begründungen. Den Beschlüssen des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21.02.2023 und vom 19.12.2023 lässt sich entnehmen, dass die Schuldnerin ihre titulierte Pflicht nicht erfüllt hat, weil sie die Gläubigerin nicht hinzugezogen hat und weil sie zudem auch keine ausreichenden Nachlassverzeichnisse vorgelegt hat. Letzteres hat das Landgericht insbesondere damit begründet, dass der Hausrat nicht im Einzelnen gelistet ist. Das Landgericht hat dabei die von der Schuldnerin vorgelegte Anlage B 2 sowie den Schriftsatz vom 14.06.2023 gewürdigt. Auch die weiteren Ausführungen der Schuldnerin in ihrer Beschwerde vom 19.09.2023 gegen den Zwangsmittelbeschluss des Landgerichts vom 29.08.2023 haben hier keine Abhilfe geschaffen, weshalb die sofortige Beschwerde der Schuldnerin durch Beschluss des 7. Senat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 17.01.2024 - 7 W 125/23 - zurückgewiesen wurde. Soweit sich die Schuldnerin mit der vorliegenden Beschwerde erneut allein auf ihre Schriftsätze vom 24.04.2023, 14.06.2023 und vom 19.09.2023 beruft, ohne die Nachlassverzeichnisse ordnungsgemäß unter Hinzuziehung der Gläubigerin zu erstellen, kann sie damit keinen Erfolg haben.
b)
Es mangelt nach wie vor an ausreichenden Angaben zum Hausrat. Allerdings ist Hausinventar, soweit dies auf den ersten Blick wertlos oder geringwertig erscheint, was etwa für Massenware wie Besteck, Geschirr und Telefone sowie unverkäufliche Gegenstände gilt, nicht aufzuführen. Die werthaltigen Gegenstände sind aber in einer Weise zu konkretisieren, die es der Gläubigerin auf ihrer Grundlage ermöglicht, ihren genauen Wert zu ermitteln oder zumindest zu schätzen (Senat, Urteil vom 14.07.2020 – 3 U 38/19, BeckRS 2020, 17755 Rn. 21). Dass es solche zu den Stichtagen gab, lässt sich jedenfalls dem Schreiben der Schuldnerin vom 25.11.2021 entnehmen, mit dem sie der Gläubigerin freistellt, Möbel, Waschmaschine und Geschirrspüler abzuholen (Anlage B 2). Funktionsfähige Waschmaschinen und Geschirrspüler haben in der Regel noch einen Verkaufswert. Um diesen bemessen zu können, ist die Angabe des Herstellers und Fabrikats sowie des genauen Alters erforderlich (Senat, a. a. O.). Selbst wenn die Schuldnerin die Geräte entsorgt haben sollte, so müsste sie jedenfalls die Angaben anhand der Kaufbelege bzw. Bedienungsanleitungen machen können, die üblicherweise aufbewahrt werden. Jedenfalls genügt es nicht, allein auf die Fotos in dem Wertermittlungsgutachten Bezug zu nehmen oder die Gläubigerin auf eine stattgefundene Inaugenscheinnahme zu verweisen, wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat.
c)
Die Angaben zum fiktiven Nachlass sind hingegen ausreichend.
aa)
Zwar ist es für diesen Auskunftsanspruch aufgrund Sinn und Zweck des § 2314 Abs. 1 BGB nicht erforderlich, dass der Pflichtteilsberechtigte Anhaltspunkte für konkrete Schenkungen darlegt oder gar nachweist (OLG Karlsruhe, BeckRS 2020, 47749, Rn. 22; OLG Schleswig, ZEV 2015, 109; OLG Frankfurt, ZEV 2011, 379; Palandt/Weidlich, BGB, 84. Aufl., § 2314 Rn. 9; Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, Scherer/Horn, 6. Aufl., § 29 Rn. 352). Vielmehr ist der Erbe ohne durch den Pflichtteilsberechtigten mitgeteilte Anhaltspunkte verpflichtet, die Konto- und ggf. Depotauszüge, auch von vor dem Erbfall geschlossenen Konten bzw. Depots auf mögliche Schenkungen durchzusehen und dem Pflichtteilsberechtigten die Ergebnisse (ohne Belege) mitzuteilen (Burandt/Rojahn/Horn, 4. Aufl. 2022, BGB § 2314 Rn. 33), dies allerdings nur auf ein entsprechendes Verlangen (BGH, ZEV 2024, 378 Rn. 59; Grüneberg/Weidlich, a. a. O., § 2314 Rn. 9). Der Erbe muss sich ggf. die Kenntnisse verschaffen, indem er sich Kontoauszüge aus den letzten zehn Jahren hinsichtlich sämtlicher Konten des Erblassers zukommen lässt, falls diese sich nicht im Nachlass finden lassen. Dann kann er überprüfen, ob es Schenkungen durch Überweisungen gab. Er ist aber nicht verpflichtet, diese Kontoauszüge dem Pflichtteilsberechtigten zukommen zu lassen (Senat, Urteil vom 14.07.2020 – 3 U 38/19, BeckRS 2020, 17755 Rn. 19; OLG Düsseldorf, ZEV 2019, 90 Rn. 14 m. w. N.; Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, a. a. O., § 29 Rn. 354).
Aus dem Hinzuziehungsrecht gemäß § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt sich nichts anderes. Denn als bloßes Anwesenheitsrecht umfasst das Recht auf Hinzuziehung nicht das Recht auf Mitwirkung bei der Aufnahme. Der Pflichtteilsberechtigte kann nicht verlangen, dass der Erbe ihm die Kontoauszüge der letzten zehn Jahre aushändigt, damit er diese selbst auf Schenkungen überprüfen kann. Denn eine derartige Verpflichtung wäre eine Rechenschaftslegung nach § 259 BGB, die wegen des Verweises auf § 260 BGB in § 2314 BGB gerade nicht geschuldet ist (Eichner, ZEV 2021, 422).
Den vorstehenden Anforderungen hat die Schuldnerin hinsichtlich des zweiten Erbfalls Genüge getan. Denn sie hat die Kontounterlagen der ihr bekannten Konten des im Jahr 2021 verstorbenen Erblassers für einen Zehnjahreszeitraum vor dem Todesfall besorgt. Für die im Jahr 2014 verstorbene Erblasserin hat sie allerdings lediglich Kontoauszüge für den Zeitraum ab 2013 erlangt. Zwar hat die Gläubigerin schon im Jahr 2022 auch Angaben zum fiktiven Nachlass für den ersten Erbfall gefordert, so dass es der Schuldnerin möglich gewesen wäre, Kontoauszüge ab 2012 bei der kontoführenden Bank abzufordern. Dies lässt sich jetzt aber nicht mehr nachholen, so dass der Schuldnerin eine weitergehende Erfüllung unmöglich geworden ist.
Denn dass die Schuldnerin für vorhergehende Zeiträume nunmehr keine Kontounterlagen mehr erhalten kann, ist plausibel. Für Bankunterlagen wie Kontoauszüge und Überweisungsbelege gelten die §§ 257 und § 239 HGB, weil Bank- und Kreditinstitute Kaufleute i. S. v. §§ 1, 6 HGB iVm § 1 KWG sind. Daher müssen diese Unterlagen spätestens nach Ablauf von zehn Jahren gelöscht bzw. vernichtet werden, da danach eine Datenverarbeitung nach Art. 5 DSGVO nicht mehr rechtmäßig wäre. Somit können Kontoauszüge regelmäßig nur innerhalb dieser Zehnjahresfrist von Kunden der Bank angefordert werden (Eichner, ZEV 2021, 422).
bb)
Soweit die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 08.08.2024 geltend macht, die Schuldnerin habe keine Belege dafür vorgelegt, welche weiteren vergeblichen Nachforschungen sie unternommen habe (etwa Auskunftsabfrage bei der Schufa, Finanzämtern etc.), besteht eine solche Verpflichtung der Schuldnerin nicht. Denn ohne nähere konkrete Anhaltspunkte sind keine Ermittlungen anzustellen, um mögliche weitere Konten des Erblassers ausfindig zu machen (BGH, ZEV 2024, 378 Rn. 39).
2.
Demzufolge hat die Schuldnerin die Nachlassverzeichnisse unter Ergänzung der erforderlichen Angaben zum Hausrat zu erstellen und die Gläubigerin dabei hinzuzuziehen. Zur Durchführung des Termins sei noch auf Folgendes hingewiesen:
Die Verzeichnisse kann die Schuldnerin schon vor dem Termin - wie in der Praxis üblich - vorbereiten (Burandt/Rojahn/Horn, a. a. O., § 2314 Rn. 64 b). Ob der Pflichtteilsberechtigte infolge seines Zuziehungsrechts Anspruch auf Einblick in die Belege hat, ist umstritten (siehe hierzu näher Burandt/Rojahn/Horn, a. a. O. § 2314 Rn. 64 f.), muss hier aber nicht entschieden werden, da die Schuldnerin der Gläubigerin die Einsichtnahme bereits angeboten hat. Diese hat aber nicht vorab zu erfolgen, sondern erst in dem Termin.
Nachdem ein Wertgutachten bezüglich der Immobilie für beide Stichtage vorliegt und die Gläubigerin die Wohnung kurz nach dem zweiten Erbfall bereits besichtigt hat, hat sie keinen Anspruch darauf, dass das Nachlassverzeichnis in der Wohnung der Erbin aufgenommen wird (vgl. BeckOGK/Blum/Heuser, BGB, Stand: 01.07.2024, § 2314 Rn. 73). Die Aufnahme kann somit auch im Büro eines der beiden Prozessbevollmächtigten erfolgen.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Im Hinblick auf die Festgebühr in KV Nr. 2121 GKG ist die Festsetzung eines Beschwerdewerts entbehrlich.
Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht.