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Entscheidung 9 WF 12/25


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 04.02.2025
Aktenzeichen 9 WF 12/25 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2025:0204.9WF12.25.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die Wertfestsetzung in dem Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 12. Dezember 2024 - Az. 6 F 205/23 - wird zurückgewiesen.

2. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die mit dem Ziel der Erhöhung des Verfahrenswerts aus eigenem Recht gemäß § 32 Abs. 2 RVG statthafte Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die mit Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 12. Dezember 2024 ergangene Streitwertfestsetzung ist gemäß § 59 Abs. 1 Sätze 1 und 3 FamGKG zulässig. Insbesondere ist mit dem Ziel der Festsetzung des Gegenstandswertes für das zugrunde liegende Scheidungsverbundverfahren auf mindestens 40.230 EUR (oder möglicherweise sogar auf 44.230 EUR - jedenfalls auf bis 45.000 EUR) statt der festgesetzten 35.204 EUR (= bis 40.000 EUR) der erforderliche Beschwerdewert von mehr als 200 EUR erreicht.

In der Sache selbst bleibt die Beschwerde im Ergebnis jedoch ohne Erfolg. Der Verfahrenswert bewegt sich jedenfalls in dem Bereich bis 40.000 EUR und übersteigt damit den vom Amtsgericht in seiner Wertfestsetzung zugrunde gelegten Rahmen nicht. Das Gesamtvermögen der beteiligten Ehegatten bzw. im Streitfall das allein in der Person des Antragsgegners vorhandene (um Verbindlichkeiten bereinigte) Vermögen ist nur in der Höhe zu berücksichtigen, in der es einen Freibetrag von 60.000 EUR jedenfalls für den vermögenden Ehegatten und 10.000 EUR für jedes minderjährige Kind übersteigt.

Mit der ganz überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung und der Kommentarliteratur teilt der erkennende Senat die vom 2. Familiensenat in der zitierten Entscheidung vom 11. Februar 2016 (Az. 10 WF 71/15) vertretene Auffassung, das um Verbindlichkeiten bereinigte Vermögen sei ungekürzt mit einem Satz von 5 Prozent bei der Festsetzung für den Wert der Scheidung in Ansatz zu bringen, ausdrücklich nicht (vgl. statt aller die zusammenfassenden Darstellungen bei Schneider/Volpert/Fölsch, Familiengerichtskostengesetz, 4. Aufl., 2023, § 43 Rdnr. 45 und T. Schmidt in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., Kostenrechtl. Hinw. in Familiensachen (Teil 2) (Stand: 15.11.2022), Rdnr. 71). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wurden bereits zum Zeitpunkt der Normierung des nunmehr maßgeblichen § 43 Abs. 1 Satz 1 FamGKG entsprechende Freibeträge in Ansatz gebracht, wobei zugrunde gelegt werden darf, dass dem Gesetzgeber diese ständige obergerichtliche Rechtsprechung bekannt und auch bewusst war. Gleichwohl hält der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz-FGG-RG; BT-Drucksache 16/6308) zur Begründung des § 43 FamGKG und dessen Wortlautes nur fest, dass „die geltende Streitwertregelung des § 48 Abs. 2, 3 Satz 1 und 2 GKG für Ehesachen inhaltlich unverändert übernommen werden“ solle (vgl. BT-Drucksache 16/9733). Dem lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber keine Veranlassung gesehen hat, die jahrzehntelange obergerichtliche Rechtsprechung mit dem Ansatz von Freibeträgen bei der Bemessung des Verfahrenswerts für Ehesachen zu ändern. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Anwendbarkeit des VStG hat ihre Grundlage auch nicht in den in § 6 VStG geregelten Freibeträgen, sondern in der unterschiedlichen Bewertung und damit Besteuerung verschiedener Vermögensarten. Im Rahmen der nach § 43 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zu treffenden Ermessensentscheidung für den Einzelfall hält es auch der erkennende Senat daher für angemessen, einen bestimmten Grundstock des Vermögens belastungsfrei zu halten und Freibeträge in der genannten Höhe anzusetzen (vgl. dazu auch Brandenburgisches Oberlandesgericht - 4. Familiensenat, Beschluss vom 16. Februar 2022, Az. 13 WF 3/22).

Hat die Beschwerde also mit dem Angriff gegen die grundsätzliche Berücksichtigungsfähigkeit von Freibeträgen keinen Erfolg, kommt es auf die in das Zentrum der Beschwerdebegründung gerückte Frage nach der (allerdings nicht zu Unrecht in Zweifel gezogenen, weil in der - soweit ersichtlich vereinzelt gebliebenen und nicht weiter geteilten - Entscheidung des OLG Bamberg auch nicht überzeugend argumentierten) Rechtmäßigkeit der Absetzung eines Freibetrages auch für die tatsächlich nicht vermögende Antragstellerin im Ergebnis nicht an, weil der Verfahrenswert auch dann den vom Amtsgericht gesetzten Rahmen von bis 40.000 EUR nicht übersteigt.

Die Beschwerdeführerin übersieht nämlich in ihrer Argumentation, dass die zwar im Außenverhältnis der Beteiligten zum Kreditgeber gesamtschuldnerisch begründete Verbindlichkeit für den Hauskredit in Höhe von 113.000 EUR im Innenverhältnis der Beteiligten seit der (verfestigten) Trennung tatsächlich vom Antragsgegner als Alleineigentümer der Immobilie allein zurückzuführen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 6. November 2019, Az. XII ZB 312/18 mit weiteren Nachweisen). Das Vermögen des Antragsgegners ist ausgehend von dem Verkehrswert der Immobilie von 646.000 EUR daher um Schulden des Antragsgegners in Höhe von insgesamt 174.900 EUR (= 113.000 + 61.900 EUR) auf 471.100 EUR zu bereinigen. Nach Abzug der Freibeträge jedenfalls für den Antragsgegner selbst und die beiden Kinder (insgesamt 80.000 EUR), verbleibt ein zu berücksichtigendes Vermögen des Antragsgegners von 391.100 EUR, das im Umfang von 5 Prozent (= 19.555 EUR) werterhöhend in Ansatz zu bringen ist.

Es ergibt sich daher auch bei Absetzung von Freibeträgen nur für den Antragsgegner und die Kinder ein Wert für die Scheidung von 30.055 EUR (= 10.500 + 19.555 EUR) und für den - ausschließlich an die Einkommensverhältnisse anknüpfenden - Versorgungsausgleich unverändert ein solcher von 7.350 EUR, also ein Verfahrenswert von insgesamt nicht mehr als 37.405 EUR (= weiterhin bis 40.000 EUR). Bei dieser Sachlage ist eine Abänderung der Wertfestsetzung des Amtsgerichts nicht veranlasst.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 59 Abs. 3 FamGKG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 59 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 57 Abs. 7 FamGKG).