Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 12. Kammer | Entscheidungsdatum | 17.01.2025 | |
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Aktenzeichen | 12 Sa 102/24 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2025:0117.12SA102.24.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 366 BGB, § 611a BGB |
Bei einer arbeitsvertraglich vereinbarten Verpflichtung, die geleistete Arbeit zu dokumentieren oder dokumentieren zu lassen, handelt es sich um einen Teil der angewiesenen Arbeitsleistung, die wegen des Charakters der Arbeitspflicht als Fixschuld mit Zeitablauf untergehen und die deshalb nicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingeklagt werden kann.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 15. Dezember 2023 wird kostenpflichtig und ohne Revisionszulassung zurückgewiesen.
Die Parteien streiten über Ansprüche der klagenden Arbeitgeberin und Verleiherin gegen den beklagten Leiharbeitnehmer auf Herausgabe von Tätigkeitsnachweisen sowie auf Schadensersatz.
Die Klägerin verleiht Arbeitnehmer. Der Beklage war bei ihr seit dem 1. Januar 2022 als Elektrotechniker zum Einsatz als Leiharbeitnehmer beschäftigt, zuletzt bei 41 Wochenstunden und einem Bruttostundenlohn in Höhe von 16,00 EUR.
Zuvor war der Beklagte seit dem 6. August 2012 bei der Mutter der Klägerin, Frau A, beschäftigt gewesen. Unter dem 30. Dezember 2021 hatten die Prozessparteien und Frau A eine dreiseitige Überleitungsvereinbarung (Blatt 61 der Akte) geschlossen, wonach die Vorbeschäftigungszeit bei Frau A auch im Verhältnis des Beklagten zu der Klägerin mit allen gegenseitigen Rechten und Pflichten übernommen würde.
Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 1. Januar 2022 ist die Geltung der gesetzlichen Kündigungsfristen vereinbart unter Erstreckung jeder Verlängerung auf beide Vertragsparteien. Außerdem heißt es dort unter anderem:
„§ 5 Vergütung, Vergütungsnachweis, …
... 4. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sich zum Nachweis der geleisteten Stunden diese wöchentlich von einem befugten Vertreter des Entleihbetriebes auf dem dafür vorgesehenen Tätigkeitsnachweisformular unterschriftlich und gestempelt bestätigen zu lassen. Alle Stundennachweise, die bis zum 5. des Folgemonats nicht eingereicht wurden, werden bei der laufenden Lohnabrechnung nicht berücksichtigt.“
Seit dem 2. Mai 2022 setzte die Klägerin den Beklagten als Leiharbeitnehmer bei der Firma G ein. Den zu Grunde liegenden schriftlichen Vertrag mit der Firma G über eine Überlassung im Umfang von 41 Stunden je Woche zu einem Netto-Stundenpreis von 32,50 EUR kündigte die Klägerin zum 6. Oktober 2022.
Mit Schreiben vom 3. Mai 2022 wandten sich für den Beklagten dessen spätere Prozessbevollmächtigten an die Klägerin und wiesen auf ein Kündigungsschreiben des Beklagten vom 10. April 2022 hin, welches das Arbeitsverhältnis zum Ende Mai 2022 beendet habe.
Der Beklagte schloss mit der Firma G einen Arbeitsvertrag mit Beginn ab 1. Juni 2022. Bis zum 30. September 2022 erbrachte er Arbeitsleistungen für die Firma G.
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 17. Juni 2022 erklärte der Beklagte die „nochmalige und vorsorgliche“ ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin stellte gegenüber der Firma G Rechnungen vom 8. August, 2., 9., 16., 23. und 30. September 2022, mit denen sie einen Einsatz des Beklagten für die Zeit vom 1. Juni 2022 bis 30. September 2022 abrechnete.
Die Rechnungen wurden nicht beglichen. Mit Mailschreiben vom 29. August 2022 teilte die Firma G., bezogen auf die Rechnung vom 8. August 2022, der Klägerin mit, es bestehe keine vertragliche Grundlage für die Rechnung und es werde gebeten, von weiterem Schriftverkehr abzusehen.
Mit der Klage hat die Klägerin von dem Beklagten die Herausgabe von Tätigkeitsnachweisen für Juni bis September 2022 gerichtlich geltend gemacht und für den Fall der Nichtherausgabe solcher Tätigkeitsnachweise die Zahlung von Schadensersatz. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte, der eine dreimonatige Kündigungsfrist zu beachten gehabt habe, habe das Arbeitsverhältnis erst zum 30. September 2022 gekündigt. Das Kündigungsschreiben aus April 2022 habe sie nicht erhalten. Sie hat gemeint, der Herausgabeanspruch wegen der Tätigkeitsnachweise ergebe sich aus § 5 Ziffer 4 des Arbeitsvertrags. Der Beklagte habe im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Firma G auf ihre Anweisung gearbeitet. Da die Firma G die gestellten Rechnungen wegen der fehlenden Tätigkeitsnachweise bisher nicht beglichen habe, sei der Beklagte zum Schadensersatz in Höhe der Summe aus den Rechnungsbeträgen verpflichtet.
Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht zuletzt beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, ihr die Tätigkeitsnachweise für seine Arbeit beim Entleihbetrieb (Firma G Elektrotechnik GmbH) für die Zeit vom 01.06.2022 bis zum 30.09.2022 herauszugeben;
2. für den Fall der Nichtherausgabe, den Beklagten zu verurteilen, Schadensersatz in Höhe von 19.532,57 EUR netto für die Zeit vom 01.06.2022 bis zum 30.09.2022 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an dem 13.12.2022 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, es habe eine Kündigungsfrist von zwei Wochen gegolten. Da die Vertragsbestimmungen missverständlich seien, sei für ihn als Kündigungsfrist die im Arbeitsvertrag erwähnte Zwei-Wochen-Frist maßgeblich gewesen. Seine Tätigkeit bei der Firma G im streitgegenständlichen Zeitraum sei zur Erfüllung des mit dieser Firma geschlossenen Vertrages erfolgt.
Mit Urteil vom 15. Dezember 2023 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der eingeklagte Anspruch auf Herausgabe der Tätigkeitsnachweise folge nicht aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung wegen der Tätigkeitsnachweisformulare. Hierbei handele es sich nur um eine Obliegenheit des Beklagten. Die Einholung der Tätigkeitsnachweise hätte dem Nachweis der geleisteten Stunden zwecks Abrechnung und Auszahlung des Arbeitsentgelts gedient und damit ausschließlich im Interesse des Beklagten gelegen. Ein Anspruch auf Aushändigung der begehrten Tätigkeitsnachweise folge auch nicht aus den vertraglichen Rücksichtnahmepflichten. Selbst wenn man den Beklagten hieraus für verpflichtet hielte, Tätigkeitsnachweise vom Entleiherbetrieb erstellen zu lassen und an die Klägerin auszuhändigen, gölte dies nur so lange, wie der Beklagte seine Arbeitsleistungen im Entleiherbetrieb für die Klägerin auf der Grundlage des Arbeitsvertrages zwischen den Prozessparteien erbracht habe. Dies sei aber ab dem 1. Juni 2024 im Hinblick auf den unmittelbar zwischen dem Beklagten und der Firma G geschlossenen Arbeitsvertrag nicht mehr der Fall gewesen. Auch wenn der Beklagte ab dem 1. Juni 2022 durch das Tätigwerden unmittelbar für die Firma G gegenüber der Klägerin vertragsbrüchig geworden sein sollte, könne die Klägerin nicht verlangen, dass der Beklagte sich von der Firma G unrichtige Tätigkeitsnachweise zwecks Abrechnung der Klägerin gegenüber der Firma G erstellen lasse. Der Klageantrag auf Schadensersatz sei dahin zu verstehen, dass Schadensersatz nicht nur für den Fall geltend gemacht werde, dass der Beklagte die Tätigkeitsnachweise tatsächlich nicht herausgibt, sondern insbesondere auch für den Fall der Verletzung der Pflicht zur Herausgabe von Tätigkeitsnachweisen oder der Unmöglichkeit ihrer Herausgabe (§ 283 BGB). Dennoch sei der Antrag unbegründet. Mangels Verletzung einer Pflicht durch die Nichtherausgabe von Tätigkeitsnachweisen sei ein entsprechender Schadensersatzanspruch nicht entstanden.
Gegen das ihr am 3. Januar 2024 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1. Februar 2024 Berufung eingelegt und – nach Fristverlängerung auf den 3. April 2024 – am 20. März 2024 begründet. Sie verfolgt die Klageanträge weiter und stützt unter Formulierung eines Hilfsantrags die Forderung wegen Schadensersatz zusätzlich auf die Nichterfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen seit dem 1. Juni 2022. Sie macht geltend: § 5 Absatz 4 des Arbeitsvertrags enthalte im Hinblick auf die Verwendung des Wortes „verpflichtet“ eine Verpflichtung und keine Obliegenheit. Außerdem sei die festgelegte Sanktion ein Indiz für den Verpflichtungscharakter. Diese Verpflichtung bestehe während der gesamten Laufzeit des Arbeitsvertrags und damit bis zum Wirksamwerden der Kündigung zu Ende September 2022. Sollte der Beklagte meinen, keine Tätigkeiten für die Klägerin ausgeführt zu haben, so seien die Tätigkeitsnachweise eben mit 0 Stunden auszufüllen. Die Kausalität der Nichtvorlage der Tätigkeitsnachweise für die Nichtbegleichung der Rechnungen durch den Entleiher ergäbe sich aus dem erstinstanzlich mit Klageerweiterung vom 12. Dezember 2022 eingereichten Rechnungen und dem Mailschreiben des Entleihers. Sie, die Klägerin, sei davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis bis Ende September bestanden habe. Sie habe für Urlaubs- und Feiertage den fälligen Lohn entsprechend eingereichten Abrechnungen abgerechnet und ausgezahlt. Die eigenmächtige Nichterfüllung der Verpflichtung, seine Arbeitskraft vom 1. Juni bis zum 30. September 2022 zur Verfügung zu stellen, begründe Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Beklagten in Höhe der gegenüber dem Entleiher abzurechnenden Stunden. Der hilfsweise gestellte Schadensersatzanspruch als Konkretisierung des Anspruchs der ersten Instanz entkoppele den Schadensersatz von der Herausgabe der Tätigkeitsberichte, da der Schadensersatzanspruch unabhängig von den Tätigkeitsnachweisen bestehe. Da der Beklagte nach seinem Vortrag Arbeitsleistungen für den Entleiher auf der Grundlage des unmittelbar mit diesem abgeschlossenen Arbeitsvertrag erbracht habe, habe er seinerseits seine vertraglichen Pflichten gegenüber der Klägerin nicht erbringen können. Deshalb bestehe dem Grunde nach eine Schadensersatzpflicht. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung folgende Anträge formuliert:
das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,
1. der Klägerin die Tätigkeitsnachweise für seine Arbeit beim Entleihbetrieb (Firma G Elektronik GmbH) für die Zeit vom 01. Juni bis zum 30. September 2022 herauszugeben,
2. für den Fall der Nichtherausgabe den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 19.532,57 € netto für die Zeit vom 01. Juni bis
September 2022 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 13. Dezember 2022 zu zahlen,
hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 19.532,57 € netto für die Zeit vom 01. Juni bis 30. September 2022 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 13. Dezember 2022 zu zahlen.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Mit der Berufungsbeantwortung verteidigt er die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Er macht geltend, der Vortrag der Klägerin zu den Nachweisen als Voraussetzung der Abrechnung gegenüber dem Entleiher sei unsubstantiiert und werde bestritten. Die Klägerin könnte die für sie angeblich erbrachten Arbeitsleistungen direkt bei dem Entleiher erfragen. Die ordentliche Kündigung zu Ende Mai 2022 habe er zwei Mal an die Klägerin gesandt, bei dem zweiten Mal nach telefonischer Ankündigung am 27. April 2024 als Einschreiben, welches die Post an ihn zurückgeleitet habe mit dem Vermerk „nicht abgeholt“. Er müsse davon ausgehen, dass die Klägerin die Sendung nicht abgeholt habe, weil sie mit seiner Kündigung rechnete, so dass eine Zugangsvereitelung vorliege. Unklar sei, ob die Klägerin nun möglicherweise auch Schadensersatz allein deshalb begehre, weil er ab dem 1. Juni 2022 unmittelbar für die Entleiherin tätig geworden sei. Der Schaden sei bisher nicht substantiiert erläutert worden. Es verbleibe unklar, welchen Gewinn die Klägerin bei Einsatz des Beklagten bei der Firma G erzielt hätte.
Die Berufung, über die in Anwendung von § 128 Absatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) im Hinblick auf die mit Schriftsätzen vom 22. November und 3. Dezember 2024 beidseitig erklärte Zustimmung nach entsprechender Anordnung durch Beschluss des Gerichts vom 5. Dezember 2024 im schriftlichen Verfahren entschieden werden konnte, ist dahin auszulegen, dass die Klägerin im Berufungsverfahren den Schadensersatzanspruch zusätzlich auf einen Vertragsbruch des Beklagten stützt. Es führt aber auch diese Hilfsbegründung nicht zum Erfolg. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I.
Die Berufung ist dahin auszulegen, dass die Klägerin in Erweiterung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zum Klagegrund den Schadensersatzanspruch nicht mehr allein auf die Nichteinreichung der Tätigkeitsnachweise, sondern zusätzlich auch auf die Nichterbringung der Arbeitsleistung nach dem 31. Mai 2022 als Pflichtwidrigkeit stützt. Dies ist eine sach- und interessengerechte Auslegung des Vorbringens aus der Berufungsbegründung. Aus der Einführung als Hilfsantrag folgt, dass die Klägerin den bezifferten Betrag nicht zweimal fordert. Die Auslegung verhilft dem Begehren der Klägerin zu der erforderlichen Bestimmtheit. Insbesondere folgt aus der hilfsweisen Einführung des Klageantrags zu 2a, dass der Vertragsbruch als Hilfsbegründung eingeführt wird. Damit ist, wie es erforderlich ist (vgl. BAG, 20. November 2018 - 10 AZR 121/18, juris Rn 9), für die zusätzliche Begründung klargestellt, in welchem Verhältnis sie zur Hauptbegründung steht. Als Hilfsbegründung soll das Gericht sie erst prüfen, wenn es einen Schadensersatzanspruch infolge Nichtbeibringung der Tätigkeitsnachweise verneint. Die Klägerin ist mit gerichtlichem Schreiben vom 16. September 2024 auf die vorgenommene Auslegung hingewiesen und um Mitteilung gebeten worden, falls sie mit ihren Anträgen oder ihrem Vorbringen etwas Anderes gemeint haben sollte. Eine Stellungnahme in diese Richtung ist nicht erfolgt.
II.
Die Berufung einschließlich der Einführung der Hilfsbegründung ist zulässig.
1.
Die Statthaftigkeit folgt aus § 64 Absatz 2 Buchstabe b Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600 EUR. Die Klägerin hat die Berufung innerhalb der Monatsfrist aus § 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG eingelegt und innerhalb der verlängerten Begründungsfrist begründet. Berufungseinlegung und -begründung genügen den formalen und inhaltlichen Anforderungen aus § 64 Absätze 6 und 7 ArbGG in Verbindung mit § 46c und § 46g ArbGG, §§ 519 - 520 ZPO. Insbesondere ist in der Berufungsbegründung eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen erfolgt. Die Klägerin macht Rechtsfehler im Sinne von § 520 Absatz 3 Nr. 2 ZPO geltend, auf denen die Klageabweisung beruhen soll.
2.
Als Klageerweiterung genügt die Hilfsbegründung den Anforderungen aus § 533 ZPO und ist deshalb im Berufungsverfahren zulässig. Die Einführung der Hilfsbegründung ist zur umfassenden Streitbeilegung sachdienlich und sie kann unter Zugrundelegung des ohnehin zu beurteilenden Sachverhalts beschieden werden.
III.
Die Berufung ist unbegründet. Die Klageabweisung beruht nicht auf einem Rechtsfehler. Das Vorbringen im Berufungsverfahren einschließlich der neu eingeführten Hilfsbegründung führen ebenfalls nicht zur Klagestattgabe. Die Klägerin kann von dem Beklagten weder die Herausgabe der Tätigkeitsnachweise verlangen, noch die Zahlung von Schadensersatz.
1.
Die Klägerin kann von dem Beklagten nicht die Herausgabe der Tätigkeitsnachweise verlangen.
a. Wie es das Arbeitsgericht angenommen hat, begründet § 5 Ziffer 4 des schriftlichen Arbeitsvertrags nicht die unabhängig von dem Fortbestehen einer Arbeitspflicht einklagbare Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin Tätigkeitsnachweise für seine Arbeit beim Entleihbetrieb für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. September 2022 herauszugeben.
aa. Dieses Ergebnis ist unabhängig davon, ob – wie es das Arbeitsgericht weiter gemeint hat – die Verpflichtung rechtlich als bloße Obliegenheit einzuordnen ist. Für die Berufungskammer erscheint es nicht ausgeschlossen, der Bestimmung Verpflichtungscharakter beizumessen. So ist vorstellbar, dass die Nichtbeibringung der Tätigkeitsnachweise als Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung einzuordnen sein würde, mit der Folge, dass der Arbeitnehmer abgemahnt werden oder im Wiederholungsfall eine Kündigung durch Gründe im Verhalten sozial gerechtfertigt sein könnte.
bb. Dies bedeutet aber nicht, dass die Bestimmung eine selbständige Verpflichtung begründet, die unabhängig von dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses eingeklagt werden könnte. Bei einer arbeitsvertraglich vereinbarten Verpflichtung, die geleistete Arbeit zu dokumentieren oder dokumentieren zu lassen, handelt es sich um einen Teil der angewiesenen Arbeitsleistung, die wegen des Charakters der Arbeitspflicht als Fixschuld mit Zeitablauf untergehen und die deshalb nicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingeklagt werden kann.
(1) Verpflichtungen, die geleistete Arbeit zu dokumentieren oder dokumentieren zu lassen, sind Teil der angewiesenen Arbeitspflichten. Sie stellen sich somit als Teil der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung dar. Letztere ist die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertag. Wo diese Verpflichtung nicht mehr besteht, kann der Arbeitgeber auch nicht mehr die Erfüllung der Dokumentationspflicht verlangen.
(2) Weiter ist zu beachten, dass eine aus dem etwa während dieser Zeit fortbestehenden Arbeitsvertrag mit der Klägerin bestehende Verpflichtung des Beklagten, vom 1. Juni bis zum 30. September 2022 im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses bei der Firma G als Entleiherin Arbeitsleistungen zu erbringen, mit Zeitablauf untergegangen sein würde. Aufgrund ihres Fixschuldcharakters führt der Zeitablauf zu Unmöglichkeit der Arbeitsleistung (vgl. BAG, 23. August 2023 - 5 AZR 349/22, juris Rn 61). Dies erfasst dann aber auch die begleitende Dokumentationspflicht. Wenn der Beklagte die Arbeit für die Klägerin nicht nachholen muss, dann muss er auch die Dokumentation als Teil der Arbeitsleistung nicht nachholen.
cc. Die von der Berufung vorgebrachten Argumente vermögen eine andere Beurteilung nicht zu begründen. Wie dargestellt, kann die Bestimmung zur Beibringung von Tätigkeitsnachweisen als Verpflichtung eingeordnet werden, ohne dass dies gleichbedeutend mit einer nach Untergang der Verpflichtung zur Arbeitsleistung noch selbständig einklagbaren Verpflichtung sein würde. Die im Vertrag genannte Sanktion bezieht sich auf den Arbeitsentgeltanspruch des Klägers. Hieraus kann für das Fortbestehen der Verpflichtung nichts hergeleitet werden.
b. Zusätzlich stützt die Berufungskammer ihre Entscheidung zu dem Klageantrag zu 1 auf die Zweitbegründung des Arbeitsgerichts, die sie sich zu eigen macht.
aa. Eine Dokumentationspflicht des Beklagten hätte zur Voraussetzung, dass er überhaupt in dem fraglichen Zeitraum als Leiharbeitnehmer der Klägerin bei der Firma G. tätig geworden wäre. Ansonsten fehlt es an geleisteten Stunden im Sinne der arbeitsvertraglichen Vereinbarung, die auf dem Tätigkeitsformular nachzuweisen sein würden. Vorliegend hat der Beklagte aber ab Juni 2022 aufgrund eines unmittelbar mit der Firma G geschlossenen Arbeitsvertrags für diese gearbeitet. Arbeitsleistungen als Leiharbeitnehmer hat er nicht erbracht. Maßgebend ist insoweit die Zweckbestimmung seitens des Beklagten. Ein Arbeitnehmer bestimmt, zur Erfüllung welchen Arbeitsvertrags er tätig wird. Dies entspricht allgemeinen Grundsätzen, wonach es der Schuldner ist, der den Leistungszweck bestimmt, vgl. § 366 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch.
bb. Eine Verpflichtung zur Einholung eines Null-Stunden-Nachweises, wie sie sie die Berufung annimmt, würde dagegen keinen Sinn machen. Wird keine Arbeit erbracht, so ist aus dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nicht ersichtlich, weshalb es hierfür eines Nachweises bedürfen soll. Weder für Zwecke des Arbeitsverhältnisses noch für das Rechtsverhältnis zwischen Verleiher und Entleiher bestünde hieran ein Bedarf. Die Erbringung von Arbeitsleistungen für den Verleiher könnte ein Entleiher jedenfalls durch Null-Stunden-Nachweise nicht belegen. Dementsprechend ist auch aus dem Verhältnis zwischen Verleiher und Entleiher ein Zweck für Null-Stunden-Nachweise nicht ersichtlich.
2.
Den geltend gemachten Schadensersatz kann die Klägerin nicht beanspruchen.
a. Wie es das Arbeitsgericht angenommen hat, folgt dies für die Hauptbegründung bereits daraus, dass den Kläger ab Juni 2022 keine Verpflichtung mehr getroffen hat, Tätigkeitsnachweise beizubringen. Wiederum kann zu Gunsten der Beklagten von einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis September 2022 ausgegangen werden. Dennoch war der Kläger nicht zur Beibringung von Tätigkeitsnachweisen für Juni bis September 2022 verpflichtet. Dies folgt aus den Ausführungen zu 2b. Der Beklagte hat keine Arbeitsleistungen als Leiharbeitnehmer mehr für die Klägerin erbracht, so dass er auch keine Tätigkeitsnachweise über eine solche Tätigkeit beizubringen hatte.
b. Haupt- und Hilfsbegründung können außerdem deshalb keinen Erfolg haben, weil die Klägerin den kausalen Schaden nicht dargetan hat.
aa. Für den Schaden ist die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet. Für den Umfang des Schadens trägt der Geschädigte, soweit – wie hier – keine Sonderregeln bestehen, genauso die Behauptungs- und Beweislast wie für alle anderen anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl. Staudinger/Höpfner (2021) Vorbemerkungen zu §§ 249 ff, Rn 89).
bb. Der Beklagte hat mit der Berufungsbeantwortung ausdrücklich gerügt, dass die Klägerin einen Schaden nicht substantiiert dargetan hätte. Damit hat er einen kausalen Schaden streitig gestellt.
cc. Einen Schaden hat die Klägerin nicht hinreichend dargestellt. Die Herleitung der Forderungen aus dem Verleihvertrag und der Nichterbringung seiner Arbeitsleistung durch den Beklagten hat die Klägerin nicht erläutert. Die Einreichung des Überlassungsvertrags mit der Firma G und von Rechnungen an diese Firma genügt dafür nicht. Ebenso wenig erläutert die Beklagte, weshalb gerade die Nichterbringung der Nachweise für das Ausbleiben der Einkünfte ursächlich sein soll. Das Schreiben des Entleihers, weshalb er die Rechnungen nicht begleicht, stellt auf eine fehlende vertragliche Grundlage ab, nicht auf nicht vorgelegte Tätigkeitsnachweise.
dd. Schließlich hätte die Klägerin das ersparte Arbeitsentgelt berücksichtigen müssen, welches sie bei einer Erfüllung des Leiharbeitsvertrags in den Monaten Juni bis September 2022 an den Beklagten hätte zahlen müssen. Ihr Schaden bestünde nicht in den ausgebliebenen Zahlungen der Firma G. In einer Gegenüberstellung zu den Kosten einschließlich des dann entstehenden Arbeitsentgeltanspruchs des Beklagten hätte sie den entgangenen Gewinn darstellen müssen.
(1) Beim Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers wegen Bruchs des Arbeitsvertrags ist das ersparte Gehalt anzurechnen (MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 249 Rn. 246, beck-online). Entsprechendes würde bei Verursachung durch Nichtbeibringung der Tätigkeitsnachweise gelten.
(2) Die Berücksichtigung des ersparten Gehalts fällt in die Darlegungslast der Klägerin als der Geschädigten. Es handelt sich um einen Anwendungsfall der Vorteilsausgleichung, für die den Geschädigten die Darlegungslast trifft, weil es sich nicht um eine Einrede handelt, die der Schädiger erst geltend machen müsste, sondern um eine Inhaltsbeschränkung, die dem Schadensersatzanspruch von vornherein anhaftet (BGH, 22. Oktober 1976 - V ZR 247/75, juris Rn 19).
(3) Entsprechendes ist vorliegend durch die Klägerin nicht erfolgt, obwohl der Beklagte mit der Berufungsbeantwortung das Ausbleiben einer Gewinnermittlung aus seinem hypothetischen Einsatz ausdrücklich gerügt hat. Die von der Klägerin behaupteten Zahlungen an den Beklagten für die fraglichen Monate haben nicht die Vergütung für eine Arbeitsleistung bei der Firma G zum Gegenstand, sondern betrafen Urlaubs- und Feiertage.
IV.
Von den Nebenentscheidung folgt die Entscheidung über die Kostentragungspflicht der Klägerin, die mit ihrer Berufung unterlegen ist, aus § 97 Absatz 1 ZPO.
Veranlassung, in Anwendung von § 72 Absatz 2 ArbGG die Revision zuzulassen, bestand nicht.
Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben.
Die Klägerin wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen.