Gericht | OVG Berlin-Brandenburg Der 11. Senat | Entscheidungsdatum | 23.07.2024 | |
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Aktenzeichen | 11 A 16/20 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0723.11A16.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | 1; 2; 7 UmwRG, 2; 3: 4; 5 43. BImSchV, 4; 6; 8; 10 RL (EU) 2016/2284 |
Die Beklagte wird verurteilt, das am 15. Mai 2024 beschlossene nationale Luftreinhalteprogramm unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so zu ändern, dass es die erforderlichen Maßnahmen enthält, um die nationalen jährlichen anthropogenen Emissionen der Luftschadstoffe Stickstoffoxid (NOX), Ammoniak (NH3), Schwefeldioxid (SO2) und Feinstaub (PM2,5) – mit Ausnahme der in § 2 Abs. 2 der 43. BImSchV genannten Emissionen – wie folgt zu reduzieren:
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten für den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Der Kläger, eine gem. § 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) anerkannte Umweltvereinigung, begehrt von der Bundesregierung den Beschluss eines aktualisierten nationalen Luftreinhalteprogramms, welches die erforderlichen Maßnahmen enthält, um die nationalen jährlichen anthropogenen Emissionen der Luftschadstoffe Stickstoffoxid (NOx), Ammoniak (NH3), Schwefeldioxid (SO2) und Feinstaub (PM2,5) anhand eines linearen Reduktionspfades so zu reduzieren, dass die sich aus §§ 2 und 3 der 43. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (43. BImSchV) ergebenden Reduktionsvorgaben erfüllt werden. Hilfsweise begehrt er einen solchen Beschluss ohne Einhaltung eines linearen Reduktionspfades.
Deutschland und die Europäische Union sind Vertragsparteien des Übereinkommens der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung von 1979 (LRTAP-Übereinkommen) sowie mehrerer Protokolle dazu, darunter des 2012 überarbeiteten und am 7. Oktober 2019 in Kraft getretenen Protokolls zur Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon von 1999 („Göteborg-Protokoll“), welches länderspezifische Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe vorsieht. Zur Umsetzung der Verpflichtungen des überarbeiteten und um neue Reduktionsverpflichtungen ab dem Jahr 2020 ergänzten Göteborg-Protokolls wurde die Richtlinie (EU) 2016/2284 vom 14. Dezember 2016 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (ABl. vom 17. Dezember 2016, L 344/1; i.F. nur: NEC-RL) erlassen, die an die Stelle der Richtlinie 2001/81/EG („alte“ NEC-Richtlinie) trat und zusätzlich neue, ab dem Jahr 2030 einzuhaltende Minderungsziele vorsieht. Nach dieser Richtlinie waren die Mitgliedsstaaten erstmals zum 1. April 2019 verpflichtet, ein nationales Luftreinhalteprogramm (NLRP) zu erstellen, zu verabschieden und durchzuführen, um ihre anthropogenen Jahresemissionen von fünf Luftschadstoffen zu begrenzen und zur Verwirklichung der Ziele der Richtlinie beizutragen (Art. 6 Abs. 1 NEC-RL). Die Vorgaben der NEC-RL wurden mit der auf § 48a Abs. 1 u. 3 i.V.m. § 48b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) gestützten 43. BImSchV (vom 18. Juli 2018, BGBl. I 2018, 1222) in nationales Recht umgesetzt.
Die Bundesregierung beschloss das erste NLRP am 22. Mai 2019 (NLRP 2019) und übermittelte es an die EU-Kommission.
Nachdem eine an die Bundesregierung gerichtete Aufforderung zur Nachbesserung des Programms erfolglos geblieben war, hat der Kläger am 20. Mai 2020 Klage gegen das NLRP 2019 erhoben, das nach seiner Auffassung zahlreiche Mängel aufwies. Es gehe ihm darum, dass die Beklagte ein den gesetzlichen Anforderungen genügendes Programm aufstelle, d.h. ein solches, dem eine Strategische Umweltprüfung (SUP) vorangehe, das auf realistischen und fehlerfreien Emissionsprognosen beruhe und das Maßnahmen enthalte, die - insbesondere, weil auch ihre Umsetzung gewährleistet werde - tatsächlich geeignet seien, die Reduktionsverpflichtungen einzuhalten. Um dies zu gewährleisten, sei eine „Anpassung des Luftreinhalteprogramms beziehungsweise dessen Neuaufstellung“ dringend notwendig.
In der Folge erstellte und übersandte die Beklagte zudem nach Art. 8 i.V.m. Anh. I NEC-RL (umgesetzt mit §§ 7 und 8 i.V.m. Anh. I der 43. BImSchV) regelmäßig zu erstellende und zu übersendende Emissionsinventare (jährlich zum 15. Februar) und Emissionsprognosen (ab 2017 alle zwei Jahre zum 15. März) an die EU-Kommission, darunter am 2. Mai 2023 die Emissionsprognose 2023. Diese dem Entwurf des NLRP 2023 zugrunde gelegte Emissionsprognose wurde von der Beklagten selbst noch mit Schriftsatz vom 29. Januar 2024 (S. 26) als „vorläufig“ bezeichnet, weil der Entwurf für die Aktualisierung des NLRP mit den darin enthaltenen Maßnahmen sich noch in der Ressortabstimmung befinde und vom Bundeskabinett noch nicht verabschiedet worden sei.
Unter dem 26. Mai 2023 gab das federführende Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) die Auslegung des Entwurfs eines aktualisierten NLRP ab dem 7. Juni 2023 bekannt. Dabei hat auch der Kläger eine Stellungnahme abgegeben.
Der gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2018/1999 (Governance-Verordnung) zu erstellende Projektionsbericht 2023 über die Entwicklung der Treibhausgasemissionen (i.F.: THG-Projektionsbericht 2023) wurde im August 2023 vorgelegt.
Am 15. Mai 2024 beschloss die Bundesregierung die gegenüber dem Entwurf vom Juni 2023 weitgehend unveränderte Aktualisierung des NLRP (NLRP 2023). Das Programm wurde am 21. Mai 2024 auf der Seite des Umweltbundesamtes veröffentlicht; am selben Tag erfolgte auch die Berichterstattung an die EU-Kommission. Die Berichterstattung in das Policies and Measures (PaMs)-Tool der European Environment Agency (EEA) erfolgte am 4. Juni 2024.
Im NLRP 2023, dem die Inventarberichterstattung des Jahres 2022 zugrunde liegt, wird im WM-Szenario („with measures“ bzw. „mit Maßnahmen“) die voraussichtliche Entwicklung ohne Änderung bereits verabschiedeter Strategien und Maßnahmen prognostiziert (vgl. Tabelle 3 NLRP 2023, dort. S. 25, sowie nochmals Tabelle 30, S. 77 f.; alle Seitenangaben beziehen sich auf die von der Beklagten als Anlage B 10 vorgelegte Fassung). Danach wird für alle Schwefelverbindungen, ausgedrückt als Schwefeldioxid (SO2), für alle flüchtigen organischen Verbindungen außer Methan, die durch Reaktion mit Stickstoffoxiden bei Sonnenlicht photochemische Oxidantien erzeugen können (NMVOC) und für Ammoniak (NH3) die Einhaltung sowohl der Emissionszwischenziele für 2025 als auch der Reduktionsverpflichtung ab 2030 prognostiziert. Für Feinstaub mit einem aerodynamischen Durchmesser von höchstens 2,5 Mikrometern (PM2,5) wird in diesem Szenario die Reduktionsverpflichtung für 2030, für Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid (NOx), ausgedrückt als Stickstoffdioxid, werden sowohl das Emissionszwischenziel für 2025 als auch die Reduktionsverpflichtung für 2030 verfehlt. Die Emissionsprojektionen des Szenarios „mit Maßnahmen“ entsprechen dem Stand der Emissionsminderungsmaßnahmen (EMMa-Datenbank) zum 2. Mai 2023 (vgl. S. 90 NLRP 2023), wobei Minderungsmaßnahmen und gesetzliche Regelungen, die zu den - nach Sektor unterschiedlichen, im NLRP 2023 unter 5.1.1 ausgeführten - Stichtagen nicht rechtskräftig gewesen seien und nicht hätten bewertet werden können, im WM-Szenario nicht berücksichtigt worden seien, sondern „gegebenenfalls“ im WAM-Szenario („with additional measures“ bzw. „mit zusätzlichen Maßnahmen“) enthalten seien. Mit Blick auf Auswirkungen aus zwischenzeitlich umgesetzten Klimaschutzmaßnahmen sowie zwischenzeitliche Entwicklungen, die sich auf die Projektionen der Rahmendaten auswirken, wurde das WM-Szenario des Entwurfs des NLRLP 2023 zudem um eine qualitative Einschätzung der Sensitivität der beschriebenen Szenarios „mit Maßnahmen“ gegenüber den Projektionen des gem. Art. 18 der Governance-Verordnung sowie § 10 KSG zu erstellenden, im August veröffentlichten THG-Projektionsberichts 2023 für Deutschland ergänzt (S. 90 ff. NLRP 2023). In Kapitel 6 (S. 95 ff. NLRP 2023) werden die zur Erreichung der Ziele der NEC-RL in Betracht gezogenen, in keinem Fall nach dem 30. April 2023 ausgestalteten Politikoptionen, in Kapitel 7 (S. 120 ff. NLRP 2023) die für die Erfüllung der Reduktionsverpflichtung ausgewählten und zur Verabschiedung vorgesehenen Strategien und Maßnahmen - jeweils entsprechend den Vorgaben im Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1522 der Kommission vom 11. Oktober 2018 - näher dargestellt. Im diese umfassenden WAM-Szenario sollen die Zielverpflichtungen der Richtlinie ab 2030 sowie die indikative Reduktionsverpflichtung in 2025 auch ohne Inanspruchnahme einer Flexibilitätsregelung eingehalten werden (Kapitel 8, S. 126 f. NLRP 2023).
Der Kläger verfolgt seine Klage nach Erlass des NLRP 2023 weiter. Auch das aktualisierte Luftreinhalteprogramm erfülle nicht die gesetzlichen Anforderungen. Die Bundesregierung müsse daher ein aktualisiertes NLRP beschließen, das die erforderlichen Maßnahmen enthalte, um die gesetzlich vorgegebenen Reduktionspflichten entlang eines linearen Reduktionspfades in den Jahren von 2025 bis 2030 zu erfüllen. Zur Begründung führt der Kläger aus:
Die Klage sei zulässig.
Die erforderliche Klagebefugnis ergebe sich aus § 42 Abs. 2 1. Hs VwGO i.V.m. § 2 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UmwRG. Er sei eine gem. § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, rüge einen Verstoß gegen die dem Umweltschutz dienenden Vorschriften der NEC-Richtlinie bzw. der 43. BImSchV und Gegenstand des Rechtsstreits sei eine Entscheidung i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG. Denn bei dem – nunmehr allein - streitgegenständlichen NLRP 2023 handele es sich um ein Programm i.S.v. § 2 Abs. 7 UVPG, für das eine SUP-Pflicht bestehen könne. Die Nichtaufnahme in der Anlage 5 zum UVPG verstoße gegen die Vorgaben der RL 2001/42/EG (SUP-Richtlinie). Unabhängig davon ergebe sich die Klagebefugnis auch unmittelbar aus dem Unionsrecht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs regele Art. 19 Abs. 1 UAbs. 2 EUV in Bezug auf den Effektivitätsgrundsatz, dass die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Rechtsbehelfe schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten, durch eine inhaltlich unbedingte und hinreichend genaue Richtlinie geregelten Bereichen gewährleistet sei, und dies gelte ganz besonders für eine Richtlinie, die - wie die NEC-RL (vgl. insbes. den 27. Erwägungsgrund) - eine Eindämmung der Luftverschmutzung und damit den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bezwecke. Darüber hinaus stütze sich der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Begründung eines effektiven Klagerechts für Umweltverbände auch auf Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention (AK) i.V.m. Art. 47 Grundrechte-Charta (GRCh). Ungeachtet des Gestaltungsspielraums der Mitgliedsstaaten dürfe Umweltorganisationen durch im innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien insbesondere nicht die Möglichkeit genommen werden, die Beachtung der aus dem Unionsumweltrecht hervorgegangenen Vorschriften zu überprüfen. Sei eine den Zielen von Art. 9 Abs. 3 AK und der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte so weit wie möglich Rechnung tragende Auslegung nationaler Vorschriften nicht möglich, müsse das nationale Gericht die in Rede stehende nationale Verfahrensvorschrift unangewendet lassen.
Der Klageantrag sei auch hinreichend bestimmt, da angesichts des planerischen Gestaltungsspielraums der Exekutive die Angabe des Ziels - hier die Benennung der durch die Planung einzuhaltenden Emissionsreduktionsverpflichtungen - ausreiche.
Die Klage sei nach § 2 Abs. 4 Nr. 2 Satz 1 und 2 UmwRG begründet.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er mit keinem Teil seines Vorbringens präkludiert sei. Wenn man, wie die Beklagte dies tue, die potentielle SUP-Pflichtigkeit des NLRP 2023 und in der Folge die Anwendbarkeit des Umweltrechtsbehelfsgesetzes verneine, sei die Präklusionsregelung des § 7 Abs. 3 UmwRG schon nicht anwendbar; für eine analoge Anwendung auf ein unmittelbar aus dem Unionsrecht abgeleitetes Klagerecht sei kein Raum. Zudem sei § 7 Abs. 3 UmwRG unionsrechtswidrig und daher unangewendet zu lassen. Schließlich sei § 7 Abs. 3 Satz 1 UmwRG unverhältnismäßig und nicht im Sinne von Art. 52 GRCh gerechtfertigt. Jedenfalls seien die Voraussetzungen der Präklusionsvorschrift nicht erfüllt, da er mit den im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung (zum NLRP 2019 und zum NLRP 2023) abgegebenen Stellungnahmen die für die vorliegende Klage relevanten Einwendungen in ausreichendem Maße geltend gemacht habe.
Die Begründetheit einer Umweltverbandsklage auf Aktualisierung bzw. Neuaufstellung eines nationalen Luftreinhalteprogramms setze zwar nicht das Bestehen einer SUP-Pflicht voraus, da § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG insoweit teleologisch zu reduzieren sei. Unabhängig davon begründe das Unterlassen einer SUP hier einen beachtlichen Verfahrensfehler, da es sich beim NLRP 2023 um ein Programm i.S.d. Art. 2 lit. a der SUP-RL handele, dass einen Rahmen für die künftige Genehmigung von in den Anhängen I und II der UVP-RL (85/337/EWG) aufgeführten Projekte setze, und er mit seiner diesbezüglichen Rüge auch nicht präkludiert sei. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Substantiierungspflicht von Umweltvereinigungen beziehe sich nur auf tatsächliche Erwägungen und nicht auf die zutreffende rechtliche Einordnung.
Die Beklagte verstoße auch gegen umweltbezogene Vorschriften, denn sie habe entgegen Art. 6 i.V.m. Art. 4 NEC-RL bzw. §§ 4 und 5 i.V.m. §§ 2 und 3 der 43. BImSchV bislang kein den gesetzlichen Vorgaben entsprechendes nationales Luftreinhalteprogramm erstellt.
Rechtlich sei dabei von Folgendem auszugehen: Die Reduktionsvorgaben des Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang II Teil B der NEC-RL enthielten eine nach Art. 288 Abs. 3 AEUV absolut verbindliche Ergebnisverpflichtung, die den bei der Ausgestaltung des Programms bestehenden Gestaltungsspielraum begrenzten. Es werde ein bestimmter Erfolg geschuldet. Art. 4 Abs. 2 NEC-RL verpflichte zudem zur Einhaltung eines linearen Reduktionspfades, von dem nur unter den in Abs. 2 Satz 1 geregelten Voraussetzungen abgewichen werden dürfe. Eine Abweichung stehe nicht im freien Belieben, sondern müsse im vorzulegenden NLRP festgelegt und begründet werden. Bei der Ausgestaltung des Luftreinhalteprogramms, zu dessen Erstellung die Mitgliedsstaaten gem. Art. 6 Abs. 1 NEC-RL verpflichtet seien, komme ihnen zwar ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Dieser werde jedoch durch die Funktion der Programme, die Sicherstellung der Einhaltung der verbindlichen Reduktionsverpflichtungen, sowie die weiteren sich aus Art. 6 und Anhang III der NEC-RL ergebenden Anforderungen begrenzt. Zentrale Anforderung an ein NLRP sei dessen Eignung zur strikten Erfüllung der in Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang II NEC-RL vorgesehenen Reduktionsverpflichtungen. Das Programm müsse bereits jetzt durch Festlegung geeigneter Maßnahmen sicherstellen, dass nach einer hinreichend sicheren Prognose auch die ab dem Jahr 2030 geltenden Reduktionsverpflichtungen entlang eines linearen Minderungspfades eingehalten werden könnten. Eine Verpflichtung zur Nachsteuerung bestehe bereits dann, wenn die Emissionsprognosen auf eine Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen mit nur sehr geringer Konformitätsmarge hindeuteten. Daraus, dass ein Luftreinhalteprogramm die „zur Verabschiedung vorgesehenen Strategien und Maßnahmen sowie den Zeitplan für ihre Verabschiedung, Durchführung und Überprüfung mit Angabe der zuständigen Behörde“ enthalten müsse, folge zudem, dass es verbindlich festlegen müsse, welche Strategien und Maßnahmen tatsächlich verabschiedet und durchgeführt werden sollten. Schließlich müsse das Luftreinhalteprogramm eine Bewertung der Art und Weise enthalten, auf die ausgewählte Strategien und Maßnahmen Kohärenz mit Plänen und Programmen in anderen wichtigen Politikbereichen gewährleisteten.
Diesen Anforderungen habe das am 22. Mai 2019 beschlossene NLRP 2019 nicht genügt und auch das am 15. Mai 2024 beschlossene aktualisierte NLRP 2023 genüge ihnen nicht.
Der gerichtliche Maßstab für die Überprüfung der Prognose sei unstreitig und ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27. Februar 2020 – 7 C 3.19 – juris Rn. 42). Auf Grundlage dieses Prüfungsmaßstabs seien justiziable Prognosedefizite festzustellen.
Aus der gem. Art. 8 NEC-RL hinsichtlich der erstellten Emissionsprognosen bestehenden kontinuierlichen Aktualisierungspflicht folge, dass hier, wie auch bei der Überprüfung von Luftreinhalteplänen, der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der maßgebliche Zeitpunkt für „die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit der zur Aufstellung eines nationalen Luftreinhalteprogramms zu erstellenden Emissionsprognosen im Rahmen der hier erhobenen Leistungsklage“ sei. Aber selbst wenn man auf den Zeitpunkt der Verabschiedung des NLRP 2023 abstelle, seien die dem Programm zugrunde gelegten Prognosen defizitär.
So habe die Beklagte ihrer Maßnahmenplanung methodisch fehlerhaft einen veralteten Stand der Maßnahmenumsetzung zu Grunde gelegt. Bei der Maßnahmenplanung sei der Informationsstand bis 30. April 2023 berücksichtigt worden, obwohl sich seitdem zahlreiche Änderungen im politisch-rechtlichen Rahmen ergeben hätten. Bei vielen in der Prognose berücksichtigten Maßnahmen habe zum Zeitpunkt des Beschlusses am 15. Mai 2024 festgestanden, dass diese nicht mehr realisiert werden würden. Soweit das NLRP auf die nächste periodische Emissionsprojektion verweise, welche bis zum März 2025 zu erstellen sei, sei dieses Vorgehen rechtlich unzulässig. Vielmehr seien der Maßnahmenplanung des NLRP und der zugrundeliegenden Projektionen die zum Zeitpunkt des Programmbeschlusses verfügbaren Daten zu Grunde zu legen. Zwar werde nicht in Abrede gestellt, dass die Beklagte für die Erstellung und den Abschluss einer Projektion auf Stichtage angewiesen sei. Diese dürften aber nicht über ein Jahr in der Vergangenheit liegen.
Der Hinweis der Beklagten, dass es sich mit Blick auf die bereits im März 2025 anstehende nächste Emissionsprognose nicht mehr lohne, rechtfertige die unterlassene Aktualisierung nicht. Die Beklagte müsse zumindest das WAM-Szenario und die hierauf basierende Maßnahmenplanung an den Umstand anpassen, dass einige Maßnahmen, die im WAM-Szenario der (ohnehin nur) „vorläufigen“ Emissionsprognose 2023 emissionsmindernd berücksichtigt worden seien, weggefallen seien. Der Beschluss eines Programms, das bereits vor Monaten entfallene Maßnahmen als „zur Verabschiedung vorgesehen“ deklariere und ihnen eine Minderungswirkung zuschreibe, sei offensichtlich rechtswidrig. Eine Aktualisierung sei - was unter Bezugnahme auf die vorgelegten Verwaltungsvorgänge näher ausgeführt wird - auch leistbar gewesen. Es sei schon fraglich, ob alle von der Beklagten angeführten Schritte durchlaufen werden müssten. Dies könne aber auch dahinstehen, weil bis zur Beschlussfassung ausreichend Zeit gewesen wäre: Lege man den sich aus dem vorgelegten Verwaltungsvorgang ergebenden Zeitplan von vier Monaten zugrunde, wäre für eine Aktualisierung anhand des im August veröffentlichten THG-Projektionsberichts, der Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG, vom 8. August 2020, BGBl. I 2020, 1728) durch Art. 1 des Gesetzes vom 16. Oktober 2023 GEG-Novelle (BGBl. 2023 I Nr. 280) und der im Dezember 2023 erreichten Einigung zwischen Rat und Parlament der Europäischen Union über die neue „Euro 7-Norm“ (Verordnung (EU) 2024/1257 vom 24. April 2024 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Motoren sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Emissionen und der Dauerhaltbarkeit von Batterien (Euro 7), ABl. L 8. Mai 2024) hinreichend Zeit gewesen.
Das WM-Szenario des NLRP 2023 baue auf dem MM-Szenario des Projektionsberichts 2021 zu den Treibhausgasemissionen auf, obwohl der THG-Projektionsbericht 2023 bereits seit August 2023 vorliege. Dieser hätte der Maßnahmenplanung zu Grunde gelegt werden müssen, auch um die nach Art. 6 Abs. 2 lit. d, Anhang II Teil 1 1.f NEC-RL geforderte Kohärenz mit anderen einschlägigen Plänen und Programmen herzustellen. Dass die Beklagte in Kapitel 5.1.4 des NLRP 2023 ein neues Kapitel zur Sensitivität eingefügt habe, in dem die Abweichungen zwischen dem MMS des THG-Projektionsberichts 2021 und dem des THG-Projektionsberichts 2023 lediglich besprochen würden, helfe diesem Mangel nicht ab. Bei der gebotenen Berücksichtigung des THG-Projektionsberichts 2023 hätten zudem die einschlägige Bewertung dieses Berichts und der ihm zugrunde liegenden Annahmen in der Stellungnahme des Expertenrats für Klimafragen vom 22. August 2023 zum Entwurf des Klimaschutzprogramms 2023 sowie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 vom 15. November 2023 berücksichtigt werden müssen. Die Anpassung der dem NLRP 2023 zugrunde liegenden Prognosen an die Daten des THG-Projektionsberichts 2023 sei auch machbar gewesen. Der Verwaltungsvorgang verdeutliche, dass den zuständigen Ressorts der Aktualisierungsbedarf bewusst und eine Aktualisierung tatsächlich geplant gewesen sei. Selbst wenn die Aktualisierung - wie von der Beklagten behauptet - sechs Monate in Anspruch nehme, sei nicht nachvollziehbar, weshalb eine solche zwischen August 2023 und Mai 2024 nicht möglich gewesen sein sollte.
Entsprechendes gelte für die Annahmen zu den Aktivitätsraten hinsichtlich des Einsatzes fester Biomasse insbesondere zur Energieerzeugung im Gebäudebereich und zu den durch die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in der Fassung des Kabinettsbeschlusses vom April 2023 zu erwartenden Emissionssteigerungen, die durch die Daten des THG-Projektionsberichts vom August 2023 und die erheblich vom berücksichtigten Regierungsentwurf abweichende Fassung der im September 2023 beschlossenen Änderung des GEG überholt seien. Bereits die dadurch zu erwartenden Mehremissionen würden zur Verfehlung der Reduktionsverpflichtung für PM2,5 für 2030 führen. Die - näher dargelegten - Einblicke in den Verwaltungsvorgang verdeutlichten, dass nach den der Beklagten vorliegenden Informationen eine deutliche Minderungslücke hinsichtlich der PM2,5-Emissionen bestehe, welche eine Anpassung der Maßnahmenplanung erforderlich machten, und dass die Wirkung potentieller emissionsmindernder Faktoren unsicher sei und nicht ausreiche, um die Mehremissionen zu kompensieren. Der Hinweis auf die THG-Projektionsdaten 2024 helfe der Beklagten nicht weiter. So sei es zunächst widersprüchlich, wenn die Beklagte einerseits behaupte, dass der THG-Projektionsbericht 2023 und die Beschlüsse zur GEG-Novelle vom September 2023 im Rahmen der NLRP-Prognose zeitlich nicht mehr hätten berücksichtigt werden können, die im März 2024 veröffentlichten THG-Projektionsdaten 2024 hingegen schon. Unabhängig davon deuteten die THG-Projektionsdaten 2024, die erstmals die GEG-Novelle und die neugefasste Bundesförderung effizienter Gebäude berücksichtigten, entgegen der Darstellung der Beklagten nicht darauf hin, dass sich keine Minderungslücke für PM2,5 auftun werde. Deren Versuch eines diesbezüglichen Nachweises auf Basis des danach zurückgegangenen Primärenergieverbrauchs der Gesamt-Biomasse sei auf Grundlage der vorliegenden Daten nicht nachvollziehbar. Denn der in den THG-Projektionsdaten 2024 prognostizierte Rückgang des Primärenergieverbrauchs für Biomasse Gesamt sei nicht auf weniger Einsatz fester Biomasse im Gebäudesektor zurückzuführen, welcher vor dem Hintergrund des GEG relevant sei, in diesem Sektor steige der prognostizierte Energieverbrauch von 455 PJ (Projektionsbericht 2023) auf 517 PJ (Projektionsdaten 2024). Unabhängig davon habe der Expertenrat für Klimafragen (Gutachten zur Prüfung der Treibhausgas-Projektionsdaten 2024, Sondergutachten gemäß § 12 Abs. 4 Bundes-Klimaschutzgesetz, Juni 2024, Seite 49 ff.) die projizierten THG-Emissionen aus den Projektionsdaten 2024 unter anderem im Sektor Gebäude für unterschätzt erachtet.
Auch die auf dem Vorschlag der Kommission vom November 2022 beruhenden Annahmen zur Verschärfung des Euro 7-Abgasstandards seien bei Beschluss des NLRP 2023 überholt gewesen. Rat und EU-Parlament hätten sich bereits am 18. Dezember 2023 auf eine in verschiedenen – im Einzelnen benannten – Punkten deutlich abgeschwächte Fassung geeinigt, so dass ein erheblicher Teil der von der Beklagten auf Grundlage des Kommissionsvorschlags angenommenen Minderungswirkung (S. 109 des NLRP 2023) entfalle. Dies werde zur Verfehlung der Reduktionsvorgaben für PM2,5 und NOx führen. Wie sich aus dem Verwaltungsvorgang ergebe, sei - was ebenfalls ausgeführt wird - auch die Beklagte von einer zu großen Unsicherheit der Maßnahmen ausgegangen.
Zu beanstanden sei auch, dass für das Maßnahmenpaket Landwirtschaft trotz der Streichung des im Entwurf des NLRP noch enthaltenen Verweises auf die Novelle der IED-Richtlinie (Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung)) in Tabelle 39 des NLRP 2023 (S. 106 f. NLRP 2023) dieselbe Minderungswirkung angenommen worden sei, obwohl nach der im November 2023 erfolgten Einigung zwischen Rat und Parlament Betriebe mit Rinderhaltung nicht mehr einbezogen seien und die Anwendung auf andere Betriebe mit Nutztierhaltung erst bei einer gegenüber dem Kommissionsvorschlag deutlich größeren Größe beabsichtigt sei. Weil damit weniger Betriebe betroffen seien, falle die angenommene Minderungswirkung für Ammoniak deutlich schwächer aus.
Zudem seien - was näher ausgeführt wird - zahlreiche der im WM- und WAM-Szenario berücksichtigten klimapolitischen Maßnahmen inzwischen aufgrund von Kürzungen u.a. in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 (2 BvF 1/22) obsolet. Auch im Gutachten zur Prüfung der Treibhausgas-Projektionsdaten 2024 des Expertenrats für Klimafragen vom 3. Juni werde darauf hingewiesen, dass der Wegfall finanzieller Mittel in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts entgegen der Behauptung der Beklagten offensichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umsetzung und Minderungswirkung der Maßnahmen habe.
Auf einem veralteten Erkenntnisstand beruhe das NLRP 2023 auch deshalb, weil es die Inventardaten 2024 nicht berücksichtige, die für NH3 und SO2 ein höheres Emissionsniveau auswiesen und damit ein Indiz dafür seien, dass künftige Emissionsprognosen pessimistischer ausfallen würden. Dem habe Rechnung getragen werden müssen.
Methodisch fehlerhaft, jedenfalls aber auf unrealistischen Annahmen beruhend, sei die dem NLRP 2023 zu Grunde liegende Prognose auch deshalb, weil sie Maßnahmen berücksichtige, deren Umsetzung nicht ausreichend sicher sei. Maßnahmen dürften nur dann im WAM-Szenario berücksichtigt werden, wenn ihre Umsetzung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Diese ergebe sich sowohl aus Anhang III Teil c) NEC-RL als auch aus Art. 2 Nr. 4 und 5 der Governance-Verordnung. Die Annahme der Beklagten, dass es ausreiche, wenn die Umsetzung einer Maßnahme nur „offen“ sei, lege ein grundsätzliches planerisches Fehlverständnis offen. Eine optionale Maßnahme sei keine „zur Verabschiedung vorgesehene“ Maßnahme. Auch Maßnahmen, die wegen nicht abgestimmter Finanzierung unter einen pauschalen Finanzierungsvorbehalt gestellt worden seien, seien zu unsicher.
Davon ausgehend blieben die im 7. Kapitel des NLRP 2023 berücksichtigten Maßnahmen weit hinter diesen gesetzlichen Anforderungen an die Umsetzungswahrscheinlichkeit zurück.
Mit Blick auf die in Tabelle 39 (S. 106 ff. NLRP 2023) vorgesehenen Maßnahmen des Sektors Landwirtschaft für das WAM-Szenario beanstandet der Kläger, dass die vom Beklagten angeführten Förderprogramme die Zweifel an der Erreichung der Ziele nicht ausräumen könnten. Die Förderung für emissionsarme Stallböden sei ins Ermessen der Länder gestellt und die Beklagte sehe die Erreichung des Ziels selbst lediglich als „denkbar“ an. Die Annahme, dass bis 2030 etwa 50% aller Laufböden erneuert würden, sei unrealistisch und „jedenfalls zu unsicher“. Die Förderprogramme für die beiden anderen Maßnahmen (Schlitz- und Injektionstechnik, gasdichte Lagerung von Gärresten) liefen 2024 aus und es sei unsicher, ob es zu einer weiteren Förderung komme. Jedenfalls eine Erreichung der gasdichten Lagerung von Gärresten sei auch nach einer aus dem Verwaltungsvorgang ersichtlichen Einschätzung des UBA vom August 2023 allein durch die bestehenden Regularien der TA Luft nicht erreichbar.
Die Fehlerhaftigkeit der WM-Prognose für den NH3-Ausstoß im Sektor Landwirtschaft werde auch im Verwaltungsvorgang bestätigt. Aus diesem sei ersichtlich, dass die Abweichung von den in der Thünen-Baseline 2022-2032 entwickelten Szenarien zur Entwicklung der Tierzahlen und der eingesetzten Mineraldüngermengen nach Auffassung des Umweltbundesamtes, der befassten Referate im Bundesministerium für Umwelt und auch nach Auffassung des Thünen-Instituts mit sehr großen, nach Auffassung des Klägers zu großen, Unsicherheiten verbunden seien und eine potenzielle Minderungslücke nicht durch die vorgesehenen zusätzlichen Maßnahmen geschlossen werden könnte.
Die Anpassungen der Ökodesign-Verordnungen (Tabelle 37, 38, S. 102 ff. des NLRP 2023) seien zu unsicher, weil politische Pläne der Kommission nicht die für eine Maßnahme im NLRP erforderliche Umsetzungswahrscheinlichkeit aufwiesen. Dies gelte umso mehr, als das Bundesministerium für Wirtschaft die Maßnahme ausweislich der Stellungnahme im Rahmen der letzten Ressortabstimmung noch nicht einmal als Vorfestlegung für eine Verhandlungsposition der Bundesregierung verstanden wissen wolle.
Unrealistisch, da nicht durch konkrete Maßnahmen abgesichert, sei auch die dem NLRP 2023 zugrunde liegende Annahme, dass bis zum 31. Dezember 2029 alle Kohlekraftwerke vom Netz gingen, und die mit dieser Annahme verbundenen Reduktionsannahmen. Ob und wie ein vorgezogener Ausstieg aus der Kohleverbrennung in den ostdeutschen Revieren umgesetzt werden solle, sei völlig offen. Eine ausweislich des Verwaltungsvorgangs von der Beklagten zunächst vorgesehene Anpassung an den Projektionsbericht 2023 bzw. die dort entwickelten Szenarien zum beschleunigten Kohleausstieg sei unterblieben.
Hinsichtlich der in Tabelle 35 des NLRP 2023 (S. 99 f. NLRP 2023) nur optional und damit nach Auffassung des Klägers nicht „zur Verabschiedung“ vorgesehenen „Prüfung einer Änderung der 13. BImSchV“ sei auch zu berücksichtigen, dass seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Herabsetzung der Grenzwerte mit der gewünschten Förderung von Wasserstoff geäußert und deshalb nur die Prüfung einer solchen Änderung in Aussicht gestellt worden sei.
Auch die Unsicherheit hinsichtlich des im NLRP 2023 vorausgesetzten Anstiegs der E-Mobilität (Tabelle 40, S. 108 ff., 112 ff.) werde im Verwaltungsvorgang bestätigt. Der noch im Schriftsatz vom 30. Juni 2025 angestellten unrealistischen Prognose der Beklagten, wonach die batteriebetriebenen Elektrofahrzeuge (BEV) bei den PKW-Neuzulassungen im Jahr 2024 bereits die 50%-Marke überstiegen, stünden reale Neuzulassungen von 12,6% im Mai 2024 und vergleichbar schlechte Quoten in den ersten Monaten des Jahres gegenüber; der Markt sei zusammengebrochen.
Die dem NLRP 2023 zugrunde liegende Prognose sei zudem nicht nachvollziehbar begründet. Für die Maßnahmenpakete Verkehr und Landwirtschaft fehle es an einer nachvollziehbaren Abschätzung der für die Einzelmaßnahmen angenommenen Minderungswirkung. An der Schlüssigkeit fehle es der Prognose auch deshalb, weil sich das addierte Minderungspotential der im NLRP beschriebenen Maßnahmen teilweise nicht mit den für das WAM-Szenario prognostizierten Werten decke. Die fehlende Transparenz von Prognosen sei bereits im „light review“ der Emissionsprognose 2023 bemängelt worden, insbesondere gelte dies hinsichtlich der Projektion für NH3.
Das Fehlen hinreichend konkreter und hinsichtlich ihrer Umsetzung sicherer Maßnahmen werde nicht durch den vagen Hinweis kompensiert, dass im Falle geringerer Reduktionspotenziale die Maßnahmenplanung modifiziert werde (NLRP 2023, Ziff. 6.1, S. 95). Bereits aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 2021 (7 C 8/20, juris Rn. 41) ergebe sich, dass eine hilfsweise Sekundärplanung eine fehlerfreie Primärplanung nicht ersetzen könne. Den Planungsgeber treffe eine Verpflichtung, alle Maßnahmen festzulegen, die zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Plan nach einer fehlerfreien Prognose zur Zielerreichung erforderlich seien. Auch ein Nachsteuerungsmechanismus (NLRP 2023, Tabelle 48, S. 123 betreffend NH3) könne eine korrekte Maßnahmenplanung nicht ersetzen.
Für den Fall, dass der Senat das Bestehen einer Verpflichtung zur Einhaltung eines linearen Reduktionspfades verneine, begehre er mit dem Hilfsantrag wenigstens den Beschluss eines aktualisierten NLRP, welcher zur Einhaltung der in Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang II NEC-RL verankerten jährlichen Reduktionsvorgaben für den Zeitraum 2020 bis 2029 und ab 2030 geeignet sei. Für die Zulässigkeit und Begründetheit gelte das zuvor Gesagte entsprechend.
Der Kläger hat mit Klagerhebung beantragt:
- Die Beklagte zu verpflichten, ein nationales Luftreinhalteprogramm aufzustellen, in dem unter Angabe eines konkreten Umsetzungszeitplans die erforderlichen Maßnahmen festgelegt werden, um die nationalen jährlichen anthropogenen Emissionen der Luftschadstoffe Ammoniak (NH3), Feinstaub (PM2,5), Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxid (NOx) — mit Ausnahme der in § 2 Abs. 2 der 43. BlmSchV genannten Emissionen — entlang eines linearen Reduktionspfads zu reduzieren, wobei dieser Reduktionspfad,
- bei NOx zwischen der Emissionsmenge, die sich aus der Verpflichtung zur Reduktion der NOx-Emissionen um 39 % im Jahr 2020 gegenüber 2005 ergibt und der Emissionsmenge, die aus der Verpflichtung zur Reduktion der NOx-Emissionen um 65 % im Jahr 2030 gegenüber 2005 liegt,
- bei NH3 zwischen der Emissionsmenge, die sich aus der Verpflichtung zur Reduktion der NH3-Emissionen um 5 % im Jahr 2020 gegenüber 2005 ergibt und der Emissionsmenge, die aus der Verpflichtung zur Reduktion der NH3-Emissionen um 29 % im Jahr 2030 gegenüber 2005 liegt,
- bei SO2 zwischen der Emissionsmenge, die sich aus der Verpflichtung zur Reduktion der SO2-Emissionen um 21 % im Jahr 2020 gegenüber 2005 ergibt und der Emissionsmenge, die aus der Verpflichtung zur Reduktion der SO2-Emissionen um 58 % im Jahr 2030 gegenüber 2005 liegt,
- bei PM2,5, zwischen der Emissionsmenge, die sich aus der Verpflichtung zur Reduktion der PM2,5-Emissionen um 26 % im Jahr 2020 gegenüber 2005 ergibt und der Emissionsmenge, die aus der Verpflichtung zur Reduktion der PM2,5-Emissionen um 43 % im Jahr 2030 gegenüber 2005 liegt.
- Hilfsweise:
Die Beklagte zu verpflichten, ein nationales Luftreinhalteprogramm aufzustellen, in dem unter Angabe eines konkreten Umsetzungszeitplans die erforderlichen Maßnahmen festgelegt werden, um die nationalen jährlichen anthropogenen Emissionen der Luftschadstoffe Ammoniak (NH3), Feinstaub (PM2,5), Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxid (NOx) — mit Ausnahme der in § 2 Abs. 2 der 43. BlmSchV genannten Emissionen — wie folgt zu begrenzen:
- die nationalen jährlichen anthropogenen NOx-Emissionen in jedem Jahr zwischen 2020 und 2029 um 39 % und in jedem Jahr ab 2030 um 65 % gegenüber dem Jahr 2005,
- die nationalen jährlichen anthropogenen NH3-Emissionen in jedem Jahr zwischen 2020 und 2029 um 5 % und in jedem Jahr ab 2030 um 29 % gegenüber dem Jahr 2005,
- die nationalen jährlichen anthropogenen SO2-Emissionen in jedem Jahr zwischen 2020 und 2029 um 21 % und in jedem Jahr ab 2030 um 58 % gegenüber dem Jahr 2005,
- die nationalen jährlichen anthropogenen PM2,5-Emissionen in jedem Jahr zwischen 2020 und 2029 um 26 % und in jedem Jahr ab 2030 um 43 % gegenüber dem Jahr 2005.
- Weiter hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, ein nationales Luftreinhalteprogramm aufzustellen, in dem unter Angabe eines konkreten Umsetzungszeitplans die erforderlichen Maßnahmen festgelegt werden, um die nationalen jährlichen anthropogenen Emissionen der Luftschadstoffe Ammoniak (NH3), Feinstaub (PM2,5), Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxid (NOx) — mit Ausnahme der in § 2 Abs. 2 der 43. BlmSchV genannten Emissionen — entlang eines linearen Reduktionspfads zu reduzieren, wobei dieser Reduktionspfad
- bei NOx zwischen der Emissionsmenge, die sich aus der Verpflichtung zur Reduktion der NOx-Emissionen um 39 % im Jahr 2020 gegenüber 2005 ergibt und der Emissionsmenge, die aus der Verpflichtung zur Reduktion der NOx-Emissionen um 65 % im Jahr 2030 gegenüber 2005 liegt,
- bei NH3 zwischen der Emissionsmenge, die sich aus der Verpflichtung zur Reduktion der NH3-Emissionen um 5 % im Jahr 2020 gegenüber 2005 ergibt und der Emissionsmenge, die aus der Verpflichtung zur Reduktion der NH3-Emissionen um 29 % im Jahr 2030 gegenüber 2005 liegt,
- bei SO2 zwischen der Emissionsmenge, die sich aus der Verpflichtung zur Reduktion der SO2-Emissionen um 21 % im Jahr 2020 gegenüber 2005 ergibt und der Emissionsmenge, die aus der Verpflichtung zur Reduktion der SO2-Emissionen um 58 % im Jahr 2030 gegenüber 2005 liegt,
- bei PM2,5, zwischen der Emissionsmenge, die sich aus der Verpflichtung zur Reduktion der PM2,5-Emissionen um 26 % im Jahr 2020 gegenüber 2005 ergibt und der Emissionsmenge, die aus der Verpflichtung zur Reduktion der PM2,5-Emissionen um 43 % im Jahr 2030 gegenüber 2005 liegt.
- Weiter hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, ein nationales Luftreinhalteprogramm aufzustellen, in dem unter Angabe eines konkreten Umsetzungszeitplans die erforderlichen Maßnahmen festgelegt werden, um die nationalen jährlichen anthropogenen Emissionen der Luftschadstoffe Ammoniak (NH3), Feinstaub (PM2,5), Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxid (NOx) — mit Ausnahme der in § 2 Abs. 2 der 43. BlmSchV genannten Emissionen — wie folgt zu begrenzen:
- die nationalen jährlichen anthropogenen NOx-Emissionen in jedem Jahr zwischen 2020 und 2029 um 39 % und in jedem Jahr ab 2030 um 65 % gegenüber dem Jahr 2005,
- die nationalen jährlichen anthropogenen NH3-Emissionen in jedem Jahr zwischen 2020 und 2029 um 5 % und in jedem Jahr ab 2030 um 29 % gegenüber dem Jahr 2005,
- die nationalen jährlichen anthropogenen SO2-Emissionen in jedem Jahr zwischen 2020 und 2029 um 21 % und in jedem Jahr ab 2030 um 58 % gegenüber dem Jahr 2005,
- die nationalen jährlichen anthropogenen PM2,5-Emissionen in jedem Jahr zwischen 2020 und 2029 um 26 % und in jedem Jahr ab 2030 um 43 % gegenüber dem Jahr 2005.
Der Kläger beantragt nunmehr:
Die Beklagte wird verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ein aktualisiertes nationales Luftreinhalteprogramm zu beschließen, welches die erforderlichen Maßnahmen enthält, um die nationalen jährlichen anthropogenen Emissionen der Luftschadstoffe Stickstoffoxid (NOx), Ammoniak (NH3), Schwefeldioxid (SO2) und Feinstaub (PM2,5) – mit Ausnahme der in § 2 Abs. 2 der 43. BImSchV genannten Emissionen – wie folgt zu reduzieren:
für NOx:
- ab dem Jahr 2025 um 52 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2026 um 54,6 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2027 um 57,2 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2028 um 59,8 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2029 um 62,4 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2030 um 65 % gegenüber 2005,
für NH3:
- ab dem Jahr 2025 um 17 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2026 um 19,4 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2027 um 21,8 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2028 um 24,2 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2029 um 26,6 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2030 um 29 % gegenüber 2005,
für SO2:
- ab dem Jahr 2025 um 39,5 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2026 um 43,2 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2027 um 46,9 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2028 um 50,6 % gegenüber 2005
- ab dem Jahr 2029 um 54,3 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2030 um 58 % gegenüber 2005,
für PM2,5:
- ab dem Jahr 2025 um 34,5 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2026 um 36,2 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2027 um 37,9 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2028 um 39,6 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2029 um 41,3 % gegenüber 2005,
- ab dem Jahr 2030 um 43 % gegenüber 2005.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ein aktualisiertes nationales Luftreinhalteprogramm zu beschließen, welches die erforderlichen Maßnahmen enthält, um die nationalen jährlichen anthropogenen Emissionen der Luftschadstoffe Stickstoffoxid (NOx), Ammoniak (NH3), Schwefeldioxid (SO2) und Feinstaub (PM2,5) – mit Ausnahme der in § 2 Abs. 2 der 43. BImSchV genannten Emissionen – wie folgt zu reduzieren:
- für NOx ab dem Jahr 2025 um 39 % und ab dem Jahr 2030 um 65 % gegenüber dem Jahr 2005,
- für NH3 ab dem Jahr 2025 um 5 % und ab dem Jahr 2030 um 29 % gegenüber dem Jahr 2005,
- für SO2 ab dem Jahr 2025 um 21 % und ab dem Jahr 2030 um 58 % gegenüber dem Jahr 2005,
- für PM2,5 ab dem Jahr 2025 um 26 % und ab dem Jahr 2030 um 43 % gegenüber dem Jahr 2005.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte tritt der Klage entgegen.
Sie hat hinsichtlich des NLRP 2019 ausgeführt, dass die Klage ungeachtet der Frage ihrer Zulässigkeit, die unterstellt werden solle, jedenfalls unbegründet sei.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berichtigung des Programms. Mit einem Teil seiner Einwendungen, insbesondere mit der gegen den NLRP 2019 vorgebrachten Rüge, dass das Programm zu Unrecht keiner SUP unterzogen worden sei und keine rechtsverbindlichen Festlegungen von Emissionsreduktionsmaßnahmen enthielten, sei er bereits gem. § 7 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Die Einwände griffen aber auch in der Sache nicht durch, da das Programm mangels rahmensetzender Funktion weder nach nationalem Recht noch nach der SUP-Richtlinie einer Umweltprüfung zu unterziehen gewesen sei und diese nationale Ausgestaltung auch mit den Vorgaben der NEC-RL im Einklang stehe. Diese fordere nicht, dass die geplanten zusätzlichen Maßnahmen zur Ermessensreduktion bereits verbindlich im NLRP festgelegt würden.
Auch der Einwand, das NLRP verstoße gegen die in Art. 4 Abs. 2 NEC-RL niedergelegte Pflicht zur Einhaltung des linearen Reduktionspfades, sei, soweit er nicht schon präkludiert sei, unbegründet.
Soweit der Kläger versuche, die Prognosen des NLRP mit einer ex-post-Betrachtung der zugrunde gelegten Maßnahmen zu erschüttern, verkenne er den rechtlichen Prüfungsmaßstab. Er übergehe die erforderliche Unterscheidung zwischen einem Berichtigungs- und einem Aktualisierungsanspruch und unterlaufe das von der NEC-RL vorgegebene spezifische Aktualisierungsregime. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob die dem NLRP zugrunde liegenden Prognosen zur Schadstoffentwicklung und zur Wirkung der festgelegten Maßnahmen den rechtlichen Anforderungen genügten, sei grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschlussfassung über das Programm. Indes könne die Beklagte als Programmerstellerin bis zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Programms durch das Gericht eine sich auf eine Überarbeitung und Überprüfung der Prognosen und Maßnahmen beschränkende Aktualisierung vornehmen, sofern diese nicht zur Erstellung einer methodisch vollständig neuen Prognose oder der grundlegenden Umgestaltung der vorgesehenen Maßnahme führe. Die Beklagte könne durch Überprüfung bzw. Überarbeitung von Prognosen belegen, dass sie ihre Reduktionsverpflichtungen gleichwohl im Ergebnis einhalten werde; entscheidend sei allein die Einhaltung der unionsrechtlich vorgegebenen Ergebnisverpflichtung. Unabhängig davon scheide eine Verurteilung zur Berichtigung eines NLRP aus, sofern diese in Anbetracht des dafür notwendigen Planungszeitraums und der tatsächlichen Entwicklung der Emissionen keine zügigere Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen mehr erreichen könnte.
Die vom Beklagten zu Grunde gelegten Prognosen seien gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden seien, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhten und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden sei. Auch aus dem Unionsrecht folge kein strengerer Maßstab. Soweit der Kläger (besonders) hohe Anforderungen an die gerichtliche Kontrolldichte der Prognosen stelle, könne dem nicht gefolgt werden. Den diesbezüglichen Erwägungen habe das Bundesverwaltungsgericht für die gerichtliche Kontrolle von Luftreinhalteplänen eine eindeutige Absage erteilt und angenommen, dass die gewöhnlichen Maßstäbe für Prognoseentscheidungen gälten. Diese nur eingeschränkte gerichtliche Kontrolle greife erst recht für das NLRP, dessen Prognosen der Natur der Sache nach mit größeren Unsicherheiten behaftet sei und das zudem bereits nach den Richtlinienvorgaben einer regelmäßigen und umfassenden Kontrolle durch die Kommission unterworfen werde.
Der Kläger überspanne die Anforderungen an die Prognosesicherheit. Denn sowohl das Unionsrecht als auch das nationale Recht setzten Prognoseunsicherheiten als gegeben voraus. Davon ausgehend stelle die Einbeziehung von Maßnahmen, deren Umsetzung im Zeitpunkt des Programmerlasses noch nicht sichergestellt, sondern nur vorgesehen sei, keinen Prognosemangel dar. Es bestehe keine Pflicht, „worst case“-Szenarien zugrunde zu legen. Für das NLRP folge schon aus den umfassenden Regelungen zur Berichterstattung, die die Mitgliedsstaaten zur fortwährenden Überwachung und ggf. vorzeitigen Aktualisierung verpflichteten, dass für dieses erst recht kein zusätzlicher Puffer für Unsicherheiten berücksichtigt werden müsse.
Davon ausgehend sei das NLRP 2019 nicht zu beanstanden gewesen.
Nach Beschluss des NLRP 2023 am 15. Mai 2024 hat die Beklagte weiter ausgeführt, dass für das hiesige Verfahren nur mehr die Angriffe gegen das am 15. Mai 2024 beschlossene NLRP 2023 und die zugrunde liegende Emissionsprognose 2023 von Bedeutung seien, die sämtlichen rechtlichen Anforderungen gerecht würden.
Auch das NLRP 2023 habe keiner Durchführung einer SUP bedurft. Ein entsprechender Einwand würde zudem mangels Geltendmachung während der Öffentlichkeitsbeteiligung erneut schon an der Präklusion sowie jedenfalls am Fehlen der SUP-Pflicht scheitern.
Auch daran, dass sich aus dem Fehlen von Sicherheitspuffern bzw. „Konformitätsmargen“ keine Gefahr der Verfehlung der Reduktionsverpflichtungen herleiten lasse, werde festgehalten.
Prognosefehler ließen sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen. Die dem aktuellen NLRP 2023 zu Grunde liegende Inventarberichterstattung 2022 bestätige für das Jahr 2020, dass vorangegangene Prognosen der Beklagen im Vergleich zu den tatsächlich berichteten Emissionen konservativ ausgefallen seien.
Der Vorwurf, sie habe dem NLRP 2023 veraltete Maßnahmen zugrunde gelegt, verkenne den maßgeblichen Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der Prognosen. Für die Beurteilung sei zwar grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung über das Programm abzustellen. Dies bedeute aber nicht, dass in den Prognosen ausnahmslos alle Entwicklungen bis zum Tag des Kabinettsbeschlusses berücksichtigt werden müssten. Dies sei nicht möglich. Die in die Prognose eingestellten Daten müssten nach der Rechtsprechung nur „möglichst“ aktuell sein. Die Pflicht zur Verwendung aktueller Daten stehe zudem unter dem ausdrücklichen Vorbehalt sachlicher Gründe für eine andere Herangehensweise. Vor allem müsse das zugrunde gelegte Datenmaterial belastbar sein. Dass dem NLRP 2023 die unveränderte, am 2. Mai 2023 der EU-Kommission übermittelte Emissionsprognose aus 2023 zugrunde gelegt worden sei, sei in Anbetracht des engmaschigen, grundsätzlich einheitliche Berichterstattungsfristen für alle Mitgliedsstaaten vorgebenden Berichts- und Überprüfungszyklus der NEC-RL und des mit der Aktualisierung verbundenen - u.a. durch eine Auflistung der zu durchlaufenden Schritte näher ausgeführten - Aufwands geboten und jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Die Erstellung der Emissionsszenarien sowie die Planung und Quantifizierung der Minderungswirkungen der Maßnahmen und die Erstellung des Entwurfs des NLRP benötigten erhebliche Zeit; des Weiteren seien verschiedene Abstimmungsprozesse verpflichtend, die aufgrund der weitreichenden Wirkungen im Hinblick auf die Maßnahmen ebenfalls Zeit in Anspruch nähmen. Allein die vollständige und konsistente Aktualisierung der Prognosen auf Basis eines neuen THG-Projektionsberichts einschließlich aller notwendigen Aktualisierungen sonstiger zutreffender Annahmen nehme seitens des Umweltbundesamtes in etwa sechs Monate in Anspruch. Schon das belege, dass die vom Kläger geforderte fortlaufende Aktualisierung nicht leistbar sei.
Im konkreten Fall sei die Prognose 2023 am 2. Mai 2023 zunächst vorläufig an die Kommission und die europäische Umweltagentur übermittelt worden. Sie sei in dem zugehörigen Riccardo Bericht vom 29. September 2023 evaluiert und mit dem Kabinettsbeschluss vom 15. Mai 2024 zusammen mit dem darauf aufbauenden NLRP 2023 bestätigt worden. Die Emissionsprojektionen des WM-Szenarios im NLRP 2023 entsprächen dem Stand der EMMa-Datenbank zum 2. Mai 2023. Die Maßnahmen des WM-Szenarios seien entsprechend dem in Kap. 6.1 beschriebenen Informationsstand und in keinem Fall nach dem 30. April 2023 ausgestaltet und entsprechende Annahmen zur Quantifizierung der potentiellen Maßnahmewirkungen getroffen worden. Im NLRP 2023 werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Entwicklungen nach dem jeweils betrachteten Stichdatum nicht mehr hätten berücksichtigt werden können und dass Maßnahmen, die inzwischen festgelegt bzw. gesetzlich beschlossen worden seien, bei der nächsten Aktualisierung der Emissionsprojektionen ins WM-Szenario übergehen und ihre potenzielle Emissionsminderungswirkung auf Basis der gesetzlichen Ausgestaltung neu quantifiziert werden müssten. Eine nochmalige Aktualisierung hätte zu einer weiteren, erheblichen Verzögerung geführt und wäre dem Ziel, den vorgegebenen Berichtszyklus soweit als möglich einzuhalten, diametral zuwidergelaufen. Hinzu komme, dass der Bericht der nächsten Emissionsprognose bereits zum 15. März 2025 anstehe. Soweit sich aus dieser eine Gefahr der Verfehlung der Reduktionsverpflichtungen ergebe, wäre sie, die Beklagte, gemäß Art. 6 Abs. 4 NEC-RL verpflichtet, das NRLP zu aktualisieren. Vor diesem Hintergrund habe sie dem Beschluss vom 15. Mai 2024 die Emissionsprognose aus 2023 zugrunde legen können und müssen. Es sei schon zweifelhaft, ob eine Aktualisierung vor dem Bericht der Emissionsprognose 2025 überhaupt noch umsetzbar gewesen wäre. Jedenfalls hätte sie keinen Mehrwert erbracht, der damit verbundene Aufwand wäre unverhältnismäßig gewesen. Da die vom Kläger angeführten Entwicklungen allesamt zeitlich nach dem 2. Mai 2023 lägen und weder absehbar noch hinreichend verlässlich quantifizierbar gewesen seien, spielten sie für die rechtliche Beurteilung des NLRP 2023 keine Rolle.
Obwohl es danach nicht entscheidungserheblich auf eine nähere Betrachtung der vom Kläger angeführten Entwicklungen ankomme, werde höchst vorsorglich zu den diesbezüglichen Ausführungen Stellung genommen:
Der Einwand des Klägers, die Beklagte lasse außer Betracht, dass die im September 2023 beschlossene GEG-Novelle zu noch höheren PM2,5 Emissionen aus Biomasse führe als in der Prognose 2023 angenommen, sei unberechtigt. Selbst wenn man insofern auf den 15. Mai 2024 als maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt abstellen wollte, habe es - was ausgeführt wird - zu diesem Zeitpunkt an belastbaren Daten gefehlt, die eine hinreichend verlässliche Abschätzung der im September 2023 beschlossenen GEG-Novelle ermöglicht hätten. Der Kläger blende die im NLRP 2023 betrachteten, die Auswirkungen einer potenziellen Erhöhung des Einsatzes von Biomasse im Gebäudesektor potenziell mindernden Faktoren aus. Im NLRP 2023 sei ausdrücklich festgestellt worden, dass belastbare Abschätzungen zum Zusammenwirken der unterschiedlichen Faktoren noch nicht möglich seien. Unabhängig davon lasse sich die These des Klägers, dass die PM2,5-Projektionen im Zusammenhang mit der GEG-Novelle unterschätzt worden seien, zumindest nach den jüngsten, im Projektionsbericht 2024 veröffentlichten Prognosen, für die erstmals die GEG-Novelle vom September 2023 und die neugefasste Bundesförderung effizienter Gebäude berücksichtigt worden seien, nicht halten. Diese seien zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen. Der vom Kläger herangezogene THG-Projektionsbericht 2023 sei zwischenzeitlich überholt.
Wie sich die vom Kläger bemühte geringere Ausstattung im Klima- und Transformationsfonds auf die mittleren PM2,5-Emissionsfaktoren des Anlagenparks an Kleinfeuerungsanlagen bis 2030 auswirken könnte, könne im Moment noch nicht belastbar abgeschätzt werden. Der Kläger übergehe im Übrigen, dass das im September 2023 verabschiedete GEG seine Wirkungen aufgrund längerer Übergangsfristen nicht bereits in 2025, sondern erst ab 2028 entfalten und die Zahl der aufgrund dieses Gesetzes installierten, emissionserhöhend wirkenden Biomasseanlagen deshalb wie auch aufgrund aktueller Vorzieheffekte (vor Fristablauf noch Kauf von Gas- und Ölheizungen durch viele Hausbesitzer) voraussichtlich deutlich geringer ausfallen werde als im NLRP 2023 angenommen. Eine umfassende Bewertung der Änderungen erfolge mit der zum 15. März 2025 anstehenden Emissionsprognose. Hiervon unabhängig werde die vom Kläger geltend gemachte Emissionssteigerung aus der Streichung des im Kabinettsentwurf des GEG vorgesehenen „Staubabscheiders“ jedenfalls durch die Maßnahme „Verschärfung der Emissionsgrenzwerte der Ökodesign-Verordnung (EU) 2015/1189 ab 2027“ mehr als kompensiert.
Soweit der Kläger sich auf die im Gesetzgebungsverfahren zur Schadstoffnorm Euro 7 erfolgten Änderungen berufe, fehle es schon an der erforderlichen Substantiierung. Auf die Minderungswirkung bei PM2,5 hätten die Änderungen keine wesentlichen Auswirkungen, weil sie sich nicht auf die Maßnahmen zu Reifen- und Bremsabrieb bezögen. Bei NOx würde eine unterstellte Erhöhung der Emissionen zumindest durch die zusätzliche erhebliche Minderungswirkung kompensiert, die sich aus dem THG-Projektionsbericht 2023 gegenüber dem THG-Projektionsbericht 2021 ergebe, der dem NLRP 2023 zugrunde liege.
Auch der unsubstantiierte Vortrag des Klägers zur IED-Novelle gehe ins Leere. Sie spiele für die Berechnung des Minderungspotenzials der Teilmaßnahme zu emissionsarmen Böden in Milchkuhställen keine Rolle, da dieses sich ausschließlich aus dem bereits existierenden Förderanreiz und der Annahme zur Steigerung des Anteils dieser Technik bis zum Jahr 2030 ergebe (NLRP 2023, S. 106 ff., Tabelle 39).
Die Berücksichtigung der sonstigen klimapolitischen Maßnahmen beanstande der Kläger ebenfalls zu Unrecht, denn diese Maßnahmen hätten „ganz überwiegend“ flankierenden Charakter und seien im NLRP 2023 als Absicherung der Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen berücksichtigt worden, ohne ihnen für sich genommen wesentliches quantifizierbares Potential zuzuschreiben. Jedenfalls lasse sich aus der kurzfristigen Kürzung der Förderungen infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum 2. Nachtragshaushaltsgesetz 2021 nicht automatisch auf einen gänzlichen Wegfall der Maßnahmen und ihrer Minderungswirkung schließen; insofern habe es auch am 15. Mai 2024 noch an belastbaren Daten für eine verlässliche Folgenabschätzung gefehlt.
Auch der Vortrag des Klägers zum THG-Projektionsbericht 2023 greife nicht durch. Da der Bericht erst im August 2023 und damit nach dem Stichdatum für das NLRP 2023, nach erster Ressortabstimmung, Anhörung der Länder und Verbände und nach der Öffentlichkeitsbeteiligung veröffentlicht worden sei, sei er aus den bereits dargelegten Gründen nicht mehr zu berücksichtigen gewesen, zumal die Daten aus dem treibhausgasbezogenen Projektionsbericht erst noch mit erheblichem zeitlichen Aufwand aufbereitet werden müssten, um sie für die Szenarien der Luftschadstoffe zu verwenden, und Mitte 2024 bereits die Veröffentlichung eines neuen Projektionsberichts angestanden habe. Die Berücksichtigung für das NLRP 2023 sei jedenfalls dem Ziel zuwidergelaufen, den vorgegebenen Berichtszyklus der NEC-RL so weit wie möglich einzuhalten, und habe sich angesichts der für den 15. März 2025 anstehenden Aktualisierung der Emissionsprognose als unverhältnismäßig dargestellt. Hiervon unabhängig habe die Beklagte den THG-Projektionsbericht 2023 im Rahmen der in das NLRP 2023 aufgenommenen Sensitivitätsanalyse berücksichtigt und eine qualitative Einschätzung vorgenommen, die - was ausgeführt wird - zeige, dass das NLRP 2023 auch unter Beachtung des THG-Projektionsberichts 2023 nicht als zu optimistisch, sondern als konservativ anzusehen sei. Soweit der Kläger den THG-Projektionsbericht 2023 nicht als solchen berücksichtigen wolle, sondern eine Reihe emissionserhöhender Korrekturen verlange, dringe er damit schon mangels Substantiierung seiner Kritik nicht durch. Jedenfalls bestätigten die jüngsten Prognosen im THG-Projektionsbericht 2024, dass höhere Einsparungen bei der Verbrennung fossiler Energieträger zu erwarten seien als im Projektionsbericht 2021 angenommen. Damit könne - was ausgeführt wird - erwartet werden, dass mögliche verminderte Minderungspotenziale einzelner Maßnahmen aus dem NLRP 2023 bei einer Aktualisierung der Projektionen kompensiert werden könnten.
Ohne Erfolg bleibe auch der erneute Versuch des Klägers, Prognosefehler aus der angeblichen Berücksichtigung „unsicherer Maßnahmen“ herzuleiten. Die Kritik ziele - zu Recht - nicht mehr auf die rechtliche (Un-)Verbindlichkeit der Maßnahmen. Worauf der Kläger seine Behauptung stützen wolle, die NEC-RL verlange für die Maßnahmen im WAM-Szenario „ein sehr hohes Maß an Umsetzungswahrscheinlichkeit“, erschließe sich nicht. Für die ausgewählten bzw. zur Verabschiedung vorgesehenen Maßnahmen des WAM-Szenarios werde sowohl im Anhang IV Teil 2 Nr. 2 der NEC-RL als auch in Leitlinien und dem Durchführungsbeschluss der Kommission der Terminus der „geplanten“ Maßnahmen verwendet, womit klar sei, dass eine Orientierung am Maßstab des Art. 2 Nr. 5 der Governance-Verordnung zu erfolgen habe. Danach handele es sich bei geplanten Maßnahmen um „Optionen, die erörtert werden und bei denen eine realistische Chance besteht, […] durchgeführt und umgesetzt [zu] werden“. Davon ausgehend sei für Maßnahmen im WAM-Szenario - entgegen der Auffassung des Klägers - kein „sehr hohes Maß an Umsetzungswahrscheinlichkeit“, sondern eine „Erörterung“ und eine „realistische Chance“ auf Verabschiedung und Durchführung erforderlich und zugleich ausreichend.
Da der gesamte Vortrag des Klägers zur angeblich fehlerhaften Berücksichtigung der Umsetzung unsicherer Maßnahmen danach auf einer falschen Prämisse beruhe, werde auf dessen Ausführungen zu einzelnen Maßnahmen nur höchstvorsorglich eingegangen:
Die Kritik am Maßnahmenpaket Landwirtschaft verfange nicht. Der Kläger benenne keine Gründe, die der Verabschiedung und Durchführung der Maßnahmen entgegenstehen oder sie überwiegend unwahrscheinlich machen könnten, sondern halte die Umsetzung offenbar selbst für offen. Dies reiche für die geforderte „realistische Chance“ auf Verabschiedung und Durchführung jedenfalls aus. Auch wenn es darauf nicht entscheidend ankomme, sei die Umsetzung der Maßnahmen aber auch nicht offen, sie würden - was ausgeführt wird - aktuell bereits umgesetzt. So sei die Förderung emissionsarmer Stallböden Bestandteil des Agrarinvestitionsförderungsprogramms, die emissionsmindernde Schlitz- und Injektionstechnik werde aktuell bis 2024 über das Investitionsprogramm Landwirtschaft und ab 2025 voraussichtlich wieder über das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) gefördert. Die gasdichte Lagerung von Gärresten werde im Rahmen der Richtlinie zur Förderung von Investitionen in emissionsmindernde Maßnahmen bei der Vergärung von Wirtschaftsdüngern bis 31. Dezember 2024 gefördert. Die Kritik, für die Maßnahmen im Landwirtschaftssektor werde nur eine sehr breite Wirkungsspanne angegeben, beruhe offenbar auf einem Fehlverständnis der - näher erläuterten - Angaben im NLRP 2023.
Die Kritik an der Berücksichtigung der Verschärfung der Emissionsgrenzwerte der Ökodesign-Verordnungen für Festbrennstoffkessel (VO 2015/1189, Tabelle 37, S. 102 ff. NLRP 2023) und für Festbrennstoff-Einzelraumheizgeräte (VO 2015/1185, Tabelle 38, S. 104 ff. NLRP 2023) gehe ins Leere, denn die Novellierung der beiden Verordnungen werde aktuell von der Kommission und den Mitgliedstaaten erörtert und habe eine realistische Chance auf Verabschiedung und Durchführung. Die Annahmen im NLRP 2023 entsprächen der Position, die die Bundesregierung im Verfahren der Kommission vertrete. Die Grenzwerte seien realistisch und die technischen Voraussetzungen für ihre Einhaltung bereits vorhanden. Der Umstand, dass die Ökodesign-Verordnungen nicht von der Beklagten, sondern von der Kommission beschlossen würden, mache die Änderungen nicht unrealistisch. Die Aufnahme in das NLRP 2023 stelle auch einen Hinweis an die Kommission dar, dass die Maßnahmen für die Einhaltung der Minderungsverpflichtung benötigt würden, und stärke damit die Aussicht auf ihre Verabschiedung.
Auch die Annahme eines Kohleausstiegs bis zum 31. Dezember 2029 kritisiere der Kläger ohne Erfolg. Mit seinem Einwand, dass der vorgezogene Ausstieg in den ostdeutschen Revieren nicht durch konkrete Maßnahmen abgesichert und völlig offen sei, verkenne der Kläger erneut den rechtlichen Maßstab. Jedenfalls habe die Beklagte rechtsfehlerfrei annehmen dürfen, dass für einen Ausstieg aus der Kohleverstromung auch in den ostdeutschen Revieren bis zum 31. Dezember 2029 eine realistische Chance bestehe. Nach den THG-Projektionsberichten 2023 und 2024 sei – unabhängig von politischen Entscheidungen – von einem sehr weit gehenden Rückgang der Kohleverstromung bis 2030 auszugehen. Der Rückgang der Kohleverstromung bis 2030 sei auch deshalb realistisch, weil mit dem Europäischen Emissionshandelssystem in Kombination mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien auch jenseits ordnungsrechtlicher Ausstiegsbestimmungen sehr wirksame Anreize für die Reduzierung der Kohleverstromung bestünden. Die Kritik, die der Maßnahme des Kohleausstiegs zugrunde gelegte Annahme der „maximalen Anlagenkapazität“ sei unrealistisch, sei nicht nachvollziehbar, da in Bezug auf die Maßnahmen zum Kohleausstieg nicht auf die Anlagenkapazität abgestellt worden sei. Die im Informative Inventory Report (IIR) 2021 (für das NLRP 2019) und im IIR 2023 (für das NLRP 2023) dargestellten Annahmen und Berechnungen zum Kohleausstieg stützten sich auf das Kohleausstiegsgesetz vom August 2020 bzw. den Koalitionsvertrag der Bundesregierung 2021 und die dazugehörigen Stilllegungspfade der Bundesnetzagentur. Jedenfalls würden etwaige Unterschätzungen der NOx-Emissionen des WAM-Szenarios des NLRP 2023 durch die zusätzliche Minderungswirkung kompensiert, die sich aus dem THG-Projektionsbericht 2023 gegenüber dem THG-Projektionsbericht 2021 ergebe, der dem NLRP 2023 zugrunde gelegt worden sei.
Auch die Kritik an der optionalen Maßnahme der Änderung der 13. BImSchV bleibe unberechtigt. Die Minderung dieser Maßnahme sei in Tabelle 50 des NLRP 2023 zwar eingerechnet, das Minderungspotenzial werde jedoch nicht zur Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen benötigt, sondern sichere diese nur zusätzlich ab. Einer konkreteren inhaltlichen oder zeitlichen Festlegung habe es deshalb nicht bedurft.
Das NLRP 2023 beruhe auch nicht auf weiteren angeblich unrealistischen Annahmen im WM- und WAM-Szenario.
Die Kritik am Maßnahmenpaket zur Förderung der Elektromobilität verfange nicht. Die Annahme, der Anteil rein elektrisch angetriebener Pkw an den Neuzulassungen werde 2024 die 50 %-Marke übersteigen und bis 2030 einen Anteil von 88 % erreichen, sei zum Zeitpunkt der Prognoseerstellung nicht unrealistisch gewesen und bleibe dies „in Anbetracht der historischen Entwicklung“ auch. Der Kläger verkenne, dass der Ausbau der Elektromobilität auch durch andere Faktoren als die im Dezember 2023 beendete staatliche Kaufprämie begünstigt werde, wie insbesondere den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Auch die Annahme zum - im NLRP 2023 (abweichend vom Entwurf: 41 %) mit 38 % angegebenen - Anteil der elektrischen Pkw-Fahrleistung an der Pkw-Gesamtfahrleistung sei, was ausgeführt wird, auf Grundlage des im Szenario angenommenen starken Hochlaufs der Elektromobilität „gemäß den Zielen des Koalitionsvertrages“ nicht unrealistisch, da der danach zu erwartende erhebliche Anteil an rein batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen (BEV) vermutlich überdurchschnittlich jung sei und neue Fahrzeuge, verglichen mit der gesamten Fahrzeugflotte, überdurchschnittlich viel gefahren würden. Jedenfalls würden etwaige Unterschätzungen der NOx-Emissionen des WAM-Szenarios des NLRP 2023 durch die zusätzliche Minderungswirkung kompensiert, die sich aus dem THG-Projektionsbericht 2023 gegenüber dem THG-Projektionsbericht 2021 ergebe, der dem NLRP 2023 zugrunde gelegt worden sei.
Auch die vermeintlichen Fehler, die der Kläger im Bereich Landwirtschaft bei den Annahmen im WM-Szenario zur Prognose für NH3 meine ausgemacht zu haben, gebe es nicht. Der Kläger setze sich nicht im Ansatz mit den im Einzelnen beschriebenen Annahmen, z.B. zur Entwicklung der Tierzahlen und der eingesetzten Mineraldüngermengen auseinander. Seine Behauptung, es fehle an jeglichen Maßnahmen, die die Ausweitung von Schlitz- und Injektionstechniken unterstützen könnten, treffe nicht zu, denn entsprechende Fördermaßnahmen würden bereits umgesetzt. Die vom Kläger behauptete zu große Unsicherheit der Annahmen im WM-Szenario lasse sich schließlich auch nicht aus dem im NLRP 2023 vorsorglich zugrunde gelegten, weder verpflichtenden noch erforderlichen Puffer für NH3 ableiten, durch den gerade etwaigen Unsicherheiten Rechnung getragen und gewährleistet werde, dass die Reduktionsverpflichtungen eingehalten würden.
Mit seiner Rüge der Nichtberücksichtigung der Inventardaten 2024 verkenne der Kläger erneut den für die Beurteilung der Prognosen in rechtlicher Hinsicht maßgeblichen Zeitpunkt. Da die Inventardaten 2024 deutlich nach dem maßgeblichen Stichdatum und nur 3 Monate vor dem Kabinettsbeschluss des NLRP 2023 gemeldet worden seien, hätten sie beim Kabinettsbeschluss nicht mehr berücksichtigt werden können und müssen. Unabhängig davon lasse sich diesen Daten, was ausgeführt wird, auch nicht belastbar entnehmen, „das künftige Emissionsprognosen pessimistischer ausfallen werden“. Dies werde vielmehr im Zuge der Aktualisierung der Emissionsprojektionen überprüft.
Auch der Vorwurf einer unzureichenden Begründung der Prognose verfange nicht.
Die vom Kläger bemängelte fehlende Angabe des Minderungspotenzials auf Paketebene sei rechtlich nicht zu beanstanden. Weder die NEC-Richtlinie noch der Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1522 oder die Leitlinien der Kommission verlangten eine Aufschlüsselung nach einzelnen Maßnahmen. Im Übrigen sei die Ausweisung von Einzelpotenzialen wegen der wechselseitigen Beeinflussungen der Maßnahmen (s. NLRP 2023, S. 95) immer auch eine Abwägungsfrage. So würde sich etwa im Bereich Verkehr bei einer einzelnen Betrachtung der beiden Maßnahmen „Einführung einer Euro 7-Norm“ und „Maßnahmenpaket zur Förderung der Elektromobilität“ ein viel größeres Minderungspotential ergeben, als wenn sie in Kombination betrachtet würden, da die jeweils eine Maßnahme das Minderungspotenzial der jeweils anderen verringere. Bei der vom Kläger geforderten Einzelfallbetrachtung schlüge daher allenfalls ein höheres Minderungspotenzial zu Buche. Im Bereich Landwirtschaft sei das Minderungspotential zunächst für einzelne Maßnahmen ermittelt und die Wirkung der einzelnen Maßnahmen sodann durch schrittweise Einbeziehung weiterer Maßnahmen in den Berechnungen quantifiziert worden. Die Höhe der Wirkung einzelner Maßnahmen hänge aufgrund von Wechselwirkungen in den meisten Fällen von der Reihenfolge ab, in der diese in die Berechnungen einbezogen würden. Die Gesamtminderung eines Maßnahmenpaket sei jedoch unabhängig von den Wechselwirkungen der einzelnen Maßnahmen und der Reihenfolge, weshalb für die Analysen die Gesamtminderung der Szenarien entscheidend und belastbar sei.
Soweit der Kläger das Zurückbleiben der addierten Minderungswirkung hinter der WAM-Prognose rüge, gebe es diese behauptete Abweichung für das Jahr 2030 nicht. Für das Jahr 2025 seien nach eingehender Prüfung in der Tat zwei Fehler identifiziert worden, die darauf beruhten, dass zwei Maßnahmen versehentlich bereits in 2025 ein Minderungspotential für NOx bzw. PM2,5 zugewiesen worden sei, und die einen - näher ausgeführten - Korrekturbedarf der übermittelten Prognosen im WAM-Szenario nach sich zögen. Beide Fehler gingen auf übersehene Eintragungen in der EMMa-Datenbank des Umweltbundesamtes zurück. Das UBA werde die Kommission wegen einer Berichtigung kontaktieren. Für die hiesige Klage seien die Fehler indes ohne Bedeutung, da keiner von beiden die Einhaltung der maßgeblichen Reduktionsverpflichtungen für die Jahre 2020-2029 infrage stelle.
Die auf den Ricardo-Bericht zur Immissionsprognose 2023 gestützte Kritik an der Transparenz der Prognosen sei unzutreffend und irreführend. Die vom Kläger bemühte Passage des Berichts sei kursiv gesetzt und der Mangel daher als nicht mehr relevant eingestuft worden. Letztlich komme es darauf aber auch nicht entscheidend an, denn nach der Rechtsprechung müssten bei einem Rechenwerk nur die wesentlichen Begründungselemente genannt werden. Es sei nicht zu beanstanden, wenn tatsächliche Angaben zur Überprüfung der Berechnung erst später, auf substantiierte Rüge hin näher erläutert würden. Vorliegend rüge der Kläger schon nicht substantiiert, inwiefern er aus Transparenzgründen an der Rekonstruktion einzelner Berechnungen (insbes. bzgl. NH3) gehindert sei.
Der vom Kläger erhobene Vorwurf der unzulässigen Nachsteuerung sei ebenfalls unberechtigt. Er suggeriere zu Unrecht, die Beklagte habe das Fehlen hinreichend sicherer Maßnahmen dadurch kompensieren wollen, „dass im Falle geringerer Reproduktionspotenziale durch die konkrete Maßnahmenausgestaltung die Maßnahmenplanung modifiziert werde“. Eine „Kompensation“ sei mit der in Bezug genommenen Passage des NLRP 2023 (S. 95) nicht gemeint, es handele sich um einen allgemeinen Hinweis darauf, dass die Maßnahmenplanung anzupassen sei, wenn die Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen nicht mehr sichergestellt sei, weil die Umsetzung der Maßnahmen zu geringeren Reduktionspotentialen führe als angenommen. Auch der zusätzlich zur turnusmäßigen Aktualisierung der Emissionsprojektionen eingeführte Mechanismus zur jährlichen Überprüfung der Ammoniakemissionen und etwaigen Entwicklung weiterer Maßnahmen (NLRP 2023, Seite 123, Tabelle 48) sei nicht zu beanstanden. Sie, die Beklagte, stelle nicht infrage, dass ein solcher Mechanismus „eine fehlerfreie und hinreichend sichere Prognose […] nicht entbehrlich [macht]“. Mit der vom Kläger bemühten Rechtsprechung zur Unzulässigkeit einer „salvatorischen Sekundärplanung“ für den Fall der Prognosefehlerhaftigkeit einer anderen Primärplanung hätten die genannten Passagen des NLRP jedenfalls nichts zu tun. Die genannten Passagen stellten keinen Fall der mehrstufigen Planung dar, bei dem Maßnahmen auf mehreren Planungsstufen gleichzeitig ex ante festgelegt würden, sondern zielten ersichtlich auf den Fall der sogenannten „fehlgeschlagenen Prognose“, bei dem eine Nachsteuerung nicht nur zulässig, sondern geboten sei.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung einen Hilfsbeweisantrag gestellt. Für den Inhalt wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15. Juli 2024 Bezug genommen. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten hierzu übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die Klage ist zulässig (vgl. I.) Der Hauptantrag ist unbegründet und war daher abzuweisen (vgl. II.), mit dem Hilfsantrag hat die Klage hingegen Erfolg (vgl. III).
I. Die Klage ist zulässig.
Das angerufene Oberverwaltungsgericht ist erstinstanzlich zuständig (1.). Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (2.). Der Kläger kann diesen Rechtsbehelf gem. § 2 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017, BGBl. I S. 3290, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 14. März 2023, BGBl. 2021 I Nr. 71, - UmwRG -) einlegen, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen (3.). Die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UmwRG liegen ebenfalls vor (4.) und dem Kläger fehlt es auch nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (5.)
1. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 7 Abs. 2 Satz 1 und 3 UmwRG.
Der eingeklagte Beschluss der Bundesregierung über ein aktualisiertes Nationales Luftreinhalteprogramm auf der Grundlage von §§ 4 und 5 der Verordnung über nationale Verpflichtungen zur Reduktion der Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (BGBl. 2018, 1222, 43.BImSchV) bzw. Art. 6 Abs. 1 und 3 Richtlinie (EU) 2016/2284 vom 14. Dezember 2016 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (ABl. vom 17. Dezember 2016, L 344/1, NEC-RL) ist eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG. Bei dem begehrten Beschluss der Bundesregierung handelt es sich um eine Entscheidung im Sinne des § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (neu gefasst durch Bekanntmachung vom 18. März 2021, BGBl. I S. 540, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 22. März 2023, BGBl. 2023 I Nr. 88, UVPG), auch wenn nicht alle Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG erfüllt sind, weil für ein Nationales Luftreinhalteprogramm keine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) nach § 35 Abs. 1 i.V.m. Anlage 5 UVPG bzw. nach Landesrecht besteht. Dieses Tatbestandsmerkmal muss im konkreten Fall jedoch unangewendet bleiben (vgl. I.3).
2. Die Klage ist mit den in der mündlichen Verhandlung am 15. Juli 2024 gestellten Anträgen statthaft.
a. Die Fortführung der Klage unter Einbeziehung des am 15. Mai 2024 beschlossenen NLRP 2023 stellt keine Klageänderung dar.
Das mit der Leistungsklage verfolgte Begehren, die Beklagte zum Erlass eines zur Einhaltung der benannten Reduktionsverpflichtungen geeigneten NLRP zu verpflichten, bezieht sich weder ausdrücklich noch der Sache nach (nur) auf Aufhebung oder Abänderung des NLRP 2019. Denn dieser wird weder im ursprünglich angekündigten Klageantrag noch in dessen bereits mit Schriftsatz vom 23. Januar 2024 klarstellend angekündigter und in der mündlichen Verhandlung unverändert gestellter Fassung ausdrücklich erwähnt. Bei der nach § 88 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gebotenen Auslegung des klägerischen Vorbringens ging und geht es dem Kläger vielmehr um den Beschluss eines den gesetzlichen Anforderungen genügenden Programms, „sei es durch Erstellung und erneute Verabschiedung eines vollkommen neuen nationalen Luftreinhalteplans oder durch Aktualisierung bzw. Anpassung des bestehenden“ (vgl. die Klarstellung im Schriftsatz vom 24. Februar 2021, S. 92).
Davon ausgehend stellt die Einbeziehung des NLRP 2023 in das Verfahren ausweislich des Schriftsatzes vom 9. Juni 2024 allein eine Anpassung an eine nach Antragstellung entstandene, nicht in der Sphäre des Klägers liegende Änderung der Umstände dar, die selbst bei einer Änderung des Antrags nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987- 4 C 77/84 – juris, Rn. 13 zum Austausch eines Bescheides bei einer Verpflichtungsklage; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. März 2021 – 8 A 1183/18 – juris, Rn. 56 ff., 59; OVG Niedersachsen, Urteil vom 21. November 2023 – 7 KS 8/21 – juris, Rn. 91 m.w.N.; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar, 6. Aufl. 2020, § 264 ZPO Rn. 25 ff.). Zudem hat die Beklagte der Einbeziehung des NLRP 2023 nicht widersprochen und sich in der Sache eingelassen, so dass selbst dann, wenn von einer Klageänderung auszugehen wäre, diese nach § 91 Abs. 2 VwGO zulässig wäre.
b. Die Leistungsklage auf Beschluss eines aktualisierten, die erforderlichen Maßnahmen zur Reduzierung der Luftschadstoffe Stickstoffoxide (NOx), Ammoniak (NH3), Schwefeldioxid (SO2) und Feinstaub (PM2,5) enthaltenden NLRP richtet sich ausgehend vom Begehren des Klägers auf Änderung des NLRP 2023 und ist in dieser Form statthaft und insbesondere hinreichend bestimmt.
In einem bestimmten Antrag, der aus sich selbst heraus verständlich sein muss, sind Art und Umfang des begehrten Rechtsschutzes zu benennen. Damit wird der Streitgegenstand festgelegt und der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis abgesteckt sowie dem Beklagten eine präzise Verteidigung erlaubt. Schließlich soll aus einem dem Klageantrag stattgebenden Urteil eine Zwangsvollstreckung zu erwarten sein, die das Vollstreckungsverfahren nicht unter Fortsetzung des Streits mit Sachfragen überfrachtet. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen materiellen Rechts und von den Umständen des Einzelfalles ab (BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21.12 – juris, Rn. 54; vgl. auch Riese in Schoch/Schneider, VwGO, 45. EL, Januar 2024, § 82, Rn. 25; Hoppe in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 82, Rn. 10).
Davon ausgehend ist der hier gestellte Antrag hinreichend bestimmt. Dass der die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen entlang eines linearen Reduktionspfades, hilfsweise entsprechend den Vorgaben des § 2 Abs. 1 der 43. BImSchV (bzw. Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang II NEC-RL) für die Jahre 2020 bis 2029 und ab 2030 konkretisierende Antrag lediglich auf Beschluss eines aktualisierten, die hierfür erforderlichen Maßnahmen enthaltenden NLRP gerichtet ist, steht dem nicht entgegen, da die Benennung nur des Ziels der Klage auch in diesem Verfahren die planerische Gestaltungsfreiheit widerspiegelt, die sowohl die Vorschriften der 43. BImSchV als auch der NEC-RL der Bundesregierung insoweit einräumen. Auch in anderen Fallkonstellationen, in denen nur ein Erfolg geschuldet wird, während die Wahl der geeigneten Maßnahmen Sache des Schuldners bleibt, ist anerkannt, dass für die Bestimmtheit des Antrags die Angabe des Erfolgs ausreicht. Der Vollstreckungsfähigkeit des stattgebenden Urteils wird dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass die Entscheidung im Sinne eines Bescheidungsurteils verbindliche Vorgaben enthält, die im Vollstreckungsverfahren zu beachten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21.12 – juris, Rn. 55, 56; vgl. auch Urteile OVG Berlin-Brandenburg vom 30. November 2023 - OVG 11 A 1/23 -, juris Rn 42 ff.; und vom 16. Mai 2024 - OVG 11 A 22/21 -, juris, Rn. 104 ff.).
3. Der Kläger ist auch klagebefugt. Als gem. § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung kann er Klage erheben, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, wenn der Rechtsbehelf sich gegen eine (unterlassene) Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG richtet. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn bei dem eingeklagten Beschluss der Bundesregierung über ein NLRP handelt es sich aufgrund einer dem Willen des Gesetzgebers Rechnung tragenden teleologischen Erweiterung (a.), jedenfalls aber bei der gebotenen Beachtung des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts (b.), um eine Entscheidung i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG gilt das Gesetz für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 UVPG und im Sinne der landesrechtlichen Vorschriften, für die nach Anlage 5 des UVPG oder nach landesrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann. Bei dem hier in Rede stehenden NLRP handelt es sich um ein sowohl bundesrechtlich (§ 4 der 43. BImSchV) als auch durch einen Rechtsakt der Europäischen Union (Art. 6 NEC-RL) vorgesehenes Programm im Sinne des § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 UVPG, das „von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet“ wird. Obwohl § 6 Abs. 4 der 43. BImSchV (vgl. auch die diesbezügliche Begründung, BT-Drucks. 19/1598, S. 30) belegt, dass der Verordnungsgeber die Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung für ein NLRP für möglich gehalten hat, ist die nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwRG weiter erforderliche Voraussetzung, dass nach Anlage 5 des UVPG oder nach landesrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer SUP bestehen kann, für ein derartiges Programm nicht erfüllt: Es ist weder in der Anlage 5 zum UVPG aufgeführt noch besteht für ein derartiges Programm nach Landesrecht eine Pflicht zur Durchführung einer SUP. Weder für das NLRP 2019 noch für das NLRP 2023 ist eine Strategische Umweltprüfung durchgeführt worden.
a. Nach Auffassung des Senats steht das Nichtvorliegen dieser Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG im Fall einer Klage auf Beschluss eines NLRP nicht entgegen, weil im vorliegenden Fall nur der Verzicht auf diese Voraussetzung dem vom Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren durchgängig bekundeten Zweck des Gesetzes Rechnung trägt, Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens vom 15. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Gesetz vom 9. Dezember 2006, BGBl. II S. 1251 - Aarhus-Konvention, AK) vollständig im deutschen Recht umzusetzen.
Die Anerkennung der Klagebefugnis einer Umweltvereinigung wegen des – fehlenden - Beschlusses eines NLRP unter Verzicht auf das nach dem Wortlaut der Norm erforderliche Tatbestandsmerkmal einer möglichen SUP-Pflicht übersteigt zwar die Grenzen des Wortlauts und ist damit eigentlich nicht mehr Auslegung, sondern Rechtsfortbildung. Eine „Auslegung gegen den Wortlaut einer Norm“ ist allerdings nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn andere Indizien deutlich belegen, dass ihr Sinn im Text unzureichend Ausdruck gefunden hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 1998 - 1 BvL 22/93 -, juris Rn 34; Beschluss vom 19. Juni 1973 - 1 BvL 39/69, 1 BvL 14/72 -, juris Rn 49; Beschluss vom 19. Mai 2023 - 2 BvR 78/22 -, juris Rn 35).
So liegt der Fall hier.
Nach Art. 9 Abs. 3 AK stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.
Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/9526) sollten mit dem „Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben“ insbesondere die aufgrund des Beschlusses V/9H der 5. Vertragsstaatenkonferenz zur Aarhus-Konvention (vom 2. Juli 2014) und der damit bestätigten Entscheidung des Compliance Committee dieser Konvention vom 20. Dezember 2013 (ACCC/C/2008/31) erforderlichen Anpassungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes „im Wege einer 1:1-Umsetzung der europa- und völkerrechtlichen Vorgaben“ erfolgen (BT-Drucks. 18/9526 S. 4, S. 25). Es war erklärtes Ziel des Gesetzentwurfs, Art. 9 Abs. 3 AK, dessen mangelhafte Implementation mit dem o.g. Beschluss des Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) beanstandet worden war, „vollständig im deutschen Recht umzusetzen“. Zugleich sollte die neue Nr. 4 des § 1 Abs. 1 UmwRG dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (7 C 21.12) zur umweltrechtlichen Verbandsklage bei Luftreinhalteplänen Rechnung tragen.
Dieser mehrfach ausdrücklich erklärten Regelungsabsicht läuft die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG vorgenommene Beschränkung auf Pläne und Programme des Bundes, bei denen eine Pflicht zu einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann, auch insoweit zuwider, als sie der Klagebefugnis eines Umweltverbandes auf Beschluss eines aktualisierten NLRP durch die Bundesregierung entgegensteht (ebenso bereits Urteil des Senats vom 30. November 2023 - OVG 11 A 1/23 -, juris Rn 52 ff., zu einer Klage auf Beschluss eines Sofortprogramms gem. § 8 KSG a.F.). Dies ergibt sich ausfolgenden Erwägungen:
Nach der bereits in der Gesetzesbegründung zitierten Spruchpraxis des ACCC vertritt dieses eine weite Auslegung zum Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 3 AK, wonach für die Konkretisierung des Anwendungsbereichs „allein die Frage, ob eine Anwendung umweltbezogener Bestimmungen erforderlich“ sei, maßgeblich sei. Als Mindestvoraussetzung sei danach notwendig, aber auch ausreichend, dass in einem Vertragsstaat die Anwendung umweltbezogener Bestimmungen durch Privatpersonen oder Behörden gerichtlich geprüft werden könne. Folgerichtig habe die 5. Vertragsstaatenkonferenz eine Änderung der nationalen Bestimmungen zur umweltrechtlichen Verbandsklage verlangt; eine Verpflichtung zur Einführung einer Popularklage bestehe nicht. In Ansehung dieser bisherigen Spruchpraxis des Compliance Committee hatte auch das Bundesverwaltungsgericht bereits angenommen, dass danach das „Ob“ einer umweltrechtlichen Verbandsklage durch das Abkommen entschieden sei und die Vertragsstaaten nur hinsichtlich des „Wie“ einen Auslegungsspielraum behielten (BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 -, juris Rn 35). Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/9526 S. 35) erkennt auch ausdrücklich an, dass sich das Erfordernis, Rechtsbehelfsmöglichkeiten in Bezug auf Entscheidungen über umweltbezogene Pläne und Programme gem. Art. 7 AK vorzusehen, „bereits aus dem Wortlaut der Aarhus-Konvention“ ergebe, und zwar aus der dort in Art. 9 Abs. 2 AK geregelten Option, aus der zwingend folge, dass Art. 7 AK („Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltbezogenen Plänen, Programmen und Politiken“) zumindest dem Rechtsschutz nach Art. 9 Abs. 3 AK unterfalle.
Indem der Gesetzgeber den neuen Nr. 4 auf Pläne und Programme beschränkt hat, bei denen gem. Anlage 5 zum UVPG oder nach Landesrecht eine Pflicht zur Durchführung einer SUP bestehen kann, bleibt er hinter dem von ihm angestrebten Regelungszweck einer 1:1-Umsetzung der Vorgaben des Art. 9 Abs. 3 AK entsprechend der Spruchpraxis des Compliance Committee und der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5. September 2023 - 7 C 21/12 -, juris) zurück, soweit dadurch im konkreten Fall der nach Art. 9 Abs. 3 AK gebotene Rechtsschutz vereitelt würde.
Dass die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG hinter dem Zweck einer „1:1-Umsetzung der europa- und völkerrechtlichen Vorgaben“ zurückbleibt, war nach Auffassung des Senats nicht beabsichtigt, sondern ist irrtümlich erfolgt. Dafür spricht der in der Gesetzesbegründung - nur - enthaltene Hinweis darauf, dass die Regelung in Nr. 4 „redaktionell der Formulierung von Nummer 1 des Satzes nachgebildet“ worden sei (BT-Drucks. 18/9526 S. 33). Das Fehlen irgendeiner Begründung dafür, dass und ggf. weshalb eine Nachbildung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, der in Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 AK den Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor Gericht nur bei Vorliegen einer Entscheidung, Handlung oder Unterlassung i.S.d. Art. 6 AK gewährleisten soll, für die Umsetzung des hinsichtlich der zur Überprüfung stehenden Gegenstände sehr viel weiteren Art. 9 Abs. 3 AK zulässig oder gar geboten sein sollte, legt nahe, dass dem Gesetzgeber - wie der Kläger meint - damit ein „gedanklicher Fehler“ unterlaufen sei.
Auch die Verteidigung der in Rede stehenden Einschränkung durch die Beklagte gegenüber dem ACCC (vgl. Bericht des Compliance Committee, ECE/MP.PP/2017/40, zur 6. Sitzung der Vertragsstaaten im September 2017), das in seiner Prüfung der Neuregelung darauf hingewiesen hatte, dass der Wortlaut von Artikel 9 Abs. 3 des Übereinkommens nichts enthalte, was die Überprüfung umweltbezogener Pläne und Programme auf solche beschränken würde, die einer SUP unterzogen werden könnten, gibt keinen Anlass zu einer anderen Einschätzung. Sie belegt nicht, dass der Gesetzgeber sich bewusst dafür entschieden hat, den gem. Art. 9 Abs. 3 AK zu gewährenden Rechtsschutz gegen umweltrelevante Pläne und Programme auszuschließen, weil diese nicht potentiell SUP-pflichtig sind. Die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Ausführungen dazu, dass die Beschränkung der unmittelbaren Überprüfung auf Pläne und Programme, die möglicherweise eine SUP-Pflicht erforderten, eine Ausübung des den Vertragsparteien in Art. 9 Abs. 3 AK eingeräumten Ermessens sei, dass umweltbezogene Pläne und Programme nur solche seien, für die nach dem nationalen Recht eine SUP-Pflicht bestehen könne, und dass die Möglichkeit bestehe, im Rahmen der Überprüfung einer „nachgelagerten“ Entscheidung auch den Plan oder das Programm inzident anzufechten, lassen sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Vom ACCC wurden sie auch allein mangels konkreter Gegenbeispiele vorläufig (vgl. Rn 39, 36 des Berichts) als Argument für die Vereinbarkeit der Einschränkung mit Art. 9 Abs. 3 AK akzeptiert.
Aber selbst wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen sein sollte, dass die aufgenommene Beschränkung nicht zu einer mit Art. 9 Abs. 3 AK unvereinbaren Rechtsschutzlücke führen könnte, weil für alle Pläne und Programme im Sinne des Art. 7 AK nach nationalem Recht eine SUP-Pflicht bestehen kann und etwaige dennoch verbleibende umweltrelevante Pläne und Programme jedenfalls inzident im Rahmen nachgelagerten Rechtsschutzes gegen die darin enthaltenen Maßnahmen überprüfbar sein würden, spricht auch dies für das Bestehen einer unbeabsichtigten Lücke. Denn diese Annahme erweist sich in der hier in Rede stehenden Fallkonstellation als unzutreffend. Das vom Kläger verfolgte, auf Beschluss eines NLRP gerichtete Begehren kann nicht durch eine inzidente Prüfung im Rahmen eines Rechtsmittels gegen eine im Programm vorgesehene Maßnahme erreicht werden. Die generelle Vorstellung des Gesetzgebers, die von ihm gewählte Konstruktion werde den Anforderungen des Art. 9 Abs. 3 AK gerecht, steht der Einbeziehung einer dabei nicht konkret betrachteten Fallkonstellation nicht entgegen, wenn dies erforderlich ist, um dem erklärten Ziel des Gesetzgebers zu genügen.
b. Jedenfalls findet die Tatbestandsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG, dass es sich um Pläne oder Programme handeln muss, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann, im vorliegenden Fall keine Anwendung.
Wie das Bundesverwaltungsgericht zuletzt in seiner Entscheidung vom 26. Januar 2023 (- 10 CN 1.23, Inntal Süd -, juris Rn 25 f.) im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteile vom 8. März 2011 - C-240/09, Slowakischer Braunbär I -, Rn 45, 51; vom 20. Dezember 2017 - C-664/15, Protect -, Rn 45, und vom 8. November 2022 - C-873/19, Deutsche Umwelthilfe - Rn 66, 77 ff.) ausgeführt hat, hat Art. 9 Abs. 3 AK im Unionsrecht zwar keine unmittelbare Wirkung. In Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Amtsblatt der EU vom 26. Oktober 2012, C 326/2, S. 391 ff., GRC) verpflichtet die Regelung die Mitgliedsstaaten aber dazu, einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der Union garantierten Rechte, insbesondere der Vorschriften des Umweltrechts, zu gewährleisten. Für den Fall, dass eine unionsrechtskonforme Auslegung (für die dieselben Grenzen gelten wie für die vorstehend erörterte teleologische Erweiterung) sich als unmöglich erweisen sollte, ist jedes im Rahmen seiner nationalen Zuständigkeit angerufene Gericht als Organ eines Mitgliedsstaates verpflichtet, eine dem etwa entgegenstehende nationale Bestimmung unangewendet zu lassen. Geht es um die Verletzung einer umweltbezogenen Vorschrift des nationalen Rechts, ist Art. 47 Abs. 1 GRC nur dann anwendbar, wenn die in Rede stehende nationale Vorschrift der Durchführung des Rechts der Union im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC dient.
Hier dienen der in § 4 der 43. BImSchV geregelte Beschluss eines NLRP durch die Bundesregierung wie auch die in § 5 der 43. BImSchV geregelte Aktualisierung eines NLRP unzweifelhaft der Durchführung von Unionsrecht i.S.d. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC, da es sich bei den Regelungen der 43. BImSchV um die Umsetzung der entsprechenden, unionsrechtlich in Art. 6 NEC-RL geregelten Verpflichtungen ins nationale Recht handelt. In einem solchen Fall begründen Art. 47 Abs. 1 GRC i.V.m. Art. 9 Abs. 3 AK einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Unionsrecht geschützten Vorschriften des Umweltrechts, hier konkret des mit der NEC-RL geregelten Rechts zur Luftreinhaltung.
4. Die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UmwRG liegen ebenfalls vor.
a. Der Kläger macht, wie von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG vorausgesetzt, auch geltend, dass das NLRP 2023 umweltbezogenen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht. Er ist der Auffassung, die Bundesregierung habe trotz des jüngsten Beschlusses am 15. Mai 2024 über das NLRP 2023 entgegen Art. 6 i.V.m. Art. 4 NEC-RL bzw. §§ 4 und 5 i.V.m. §§ 2 und 3 der 43. BImSchV bislang kein den gesetzlichen Vorgaben genügendes Nationales Luftreinhaltprogramm vorgelegt.
b. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG sind ebenfalls erfüllt, denn der Kläger macht geltend, dass er durch den Beschluss eines den Anforderungen der 43. BImSchV bzw. der NEC-RL nicht genügenden NLRP in seinem satzungsmäßigen Zweck der Förderung des Umweltschutzes berührt sei. Dieser Zweck ergibt sich aus § 1 Abs. 2 der zuletzt am 5. Juni 2024 geänderten Satzung und wird gem. § 2 Abs. 2 der Satzung u.a. durch Maßnahmen zur Förderung des Umweltschutzes, z.B. zur Reinhaltung der Luft (Abs. 2 lit. j) und der Einhaltung des nationalen und internationalen Umweltrechts (Abs. 2 lit. k) verfolgt.
c. Soweit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 b) UmwRG im Fall eines Verfahrens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG weiterhin voraussetzt, dass die Umweltvereinigung zur Beteiligung berechtigt war und sich hierbei in der Sache geäußert hat oder ihr entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist, ist diese Voraussetzung hier zwar nicht erfüllt. Dies steht der Zulässigkeit der Klage allerdings nicht entgegen. Geht man - wie der Senat dies vorstehend getan hat - davon aus, dass § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG im Wege einer möglichen und gebotenen erweiternden Auslegung auch Pläne und Programme erfassen kann, für die keine SUP-Pflicht besteht, oder diese einschränkende Tatbestandsvoraussetzung aus unionsrechtlichen Gründen jedenfalls unangewendet zu bleiben hat, so kann für diejenigen Fälle, in denen es mangels SUP-Pflicht des in Rede stehenden Plans oder Programms an der Berechtigung zur Beteiligung fehlt, auch insoweit nichts anderes gelten. An den sowohl vor Beschluss über den NLRP 2019 als auch vor Beschluss der Aktualisierung im Jahr 2023 durchgeführten Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung hat der Kläger sich jeweils mit Stellungnahmen (vom 28. Februar 2019, Anlage K 19, Bl. 208 ff. EGA; und mit Stand 4. August 2023, Anlage K 53, Bl. 1474 ff. EGA) beteiligt.
5. Der Kläger verfügt auch nach Beschluss des NLRP 2023 über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Ob das NLRP 2023 den gesetzlichen Anforderungen genügt, ist eine Frage, für deren sachliche Entscheidung der Kläger weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis dargelegt hat (vgl. zum Rechtsschutzbedürfnis eines Umweltverbandes BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2023 – 4 C 8.21 – juris Rn 12). Eine Erledigung des Rechtsstreits ist durch den Beschluss des NLRP 2023 nicht eingetreten.
II. Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die in einem aktualisierten NLRP enthaltenen Maßnahmen darauf abzielen müssen, die anthropogenen Jahresemissionen der in Rede stehenden Luftschadstoffe in den Jahren 2025 bis 2029 entlang des vom Kläger für die einzelnen Schadstoffe errechneten linearen Reduktionspfades zu reduzieren.
Gemäß Art. 6 Abs. 1 NEC-RL erstellt, verabschiedet und führt jeder Mitgliedstaat sein jeweiliges, gem. Abs. 3 spätestens alle vier Jahre zu aktualisierendes nationales Luftreinhalteprogramm in Einklang mit Anhang III Teil 1 durch, um seine anthropogenen Jahresemissionen gemäß Art. 4 zu begrenzen und zur Verwirklichung der in Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie festgelegten Ziele beizutragen. Der damit in Bezug genommene Art. 4 regelt in Absatz 1, dass die Mitgliedsstaaten ihre jährlichen anthropogenen Emissionen der einbezogenen Luftschadstoffe (Schwefeldioxid, Stickstoffoxide, flüchtige organische Verbindungen außer Methan, Ammoniak und Feinstaub) „zumindest im Einklang mit ihren in Anhang II festgelegten, von 2020 bis 2029 und ab 2030 geltenden nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen“ zu begrenzen haben. Gemäß Art. 4 Abs. 2 NEC-RL ergreifen die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen, die darauf abzielen, ihre anthropogenen Emissionen von Schwefeldioxid, Stickstoffoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen außer Methan, Ammoniak und Feinstaub im Jahr 2025 zu begrenzen. Die betreffenden indikativen Emissionsmengen werden anhand eines linearen Reduktionspfades ermittelt, der zwischen ihren Emissionsmengen, die sich aus den Emissionsreduktionsverpflichtungen für 2020 ergeben, und den Emissionsmengen, die sich aus den Emissionsreduktionsverpflichtungen für 2030 ergeben, gezogen wird. Die Mitgliedsstaaten können nach dieser Vorschrift einem nicht linearen Reduktionspfad folgen, wenn dies wirtschaftlich oder technisch effizienter ist und sofern dieser Pfad sich ab 2025 schrittweise dem linearen Reduktionspfad annähert und dies die Emissionsreduktionsverpflichtungen für 2030 unberührt lässt. Die Mitgliedsstaaten legen diesen nichtlinearen Reduktionspfad in den gemäß Artikel 10 Abs. 1 NEC-RL der Kommission vorzulegenden nationalen Luftreinhalteplänen fest und begründen dort, warum sie sich daran ausrichten. Gelingt es nicht, die Emissionen bis 2025 in Einklang mit dem festgelegten Reduktionspfad zu begrenzen, so müssen die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 2 NEC-RL diese Abweichung sowie die Maßnahmen, die sie zu ihrem Pfad zurückführen würden, in den darauffolgenden informativen Inventarberichten begründen, die der Kommission gemäß Artikel 10 Abs. 2 NEC-RL vorzulegen sind.
Soweit § 4 Abs. 1 Nr. 1 der 43. BImSchV vorsieht, dass das NLRP die erforderlichen Maßnahmen enthalten müsse, um die Emissionsreduktionen - nur - nach § 2 der Verordnung („Verpflichtungen zur Emissionsreduktion“) zu erzielen, und die in § 3 „für das Jahr 2025“ geregelten „Indikativen Emissionsmengen“ nur in den - den Unterabsätzen 2 und 3 des Art. 4 Abs. 2 NEC-RL entsprechenden - Nr. 10 und 11 des § 4 Abs. 1 der 43. BImSchV erwähnt, ist angesichts der Pflicht der Mitgliedsstaaten zur vollständigen Umsetzung der unionsrechtlichen Regelungen und der vom Verordnungsgeber angestrebten 1:1-Umsetzung der Richtlinie (vgl. BT-Drucks. 19/1598 S. 22) nicht davon auszugehen, dass damit eine hinter den unionsrechtlichen Anforderungen zurückbleibende Regelung getroffen werden sollte; andernfalls wäre eine solche jedenfalls unangewendet zu lassen.
Nach Auffassung des Senats besteht keine Pflicht der Beklagten zur Reduzierung der in Rede stehenden Luftschadstoffe in den Jahren 2026 bis 2020 entlang eines linearen Reduktionspfades.
Gegen die Auffassung des Klägers spricht bereits, dass gem. Art. 4 Abs. 1 i.V.m. dem mit „Nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen“ überschriebenen Anhang II NEC-RL jeweils die erste der dort für jeden Luftschadstoff konkretisierten Reduktionsvorgaben für alle Jahre von 2020 bis 2029 und die zweite für die Jahre ab 2030 gilt. Eine Verpflichtung zur Reduktion entlang eines linearen Reduktionspfades ist dort nicht vorgegeben. Dem entsprechend wird im von der Beklagten angeführten Erwägungsgrund 13 der Richtlinie ausgeführt, dass die Mitgliedsstaaten die in dieser Richtlinie enthaltenen Emissionsreduktionsverpflichtungen von 2020 bis 2029 und ab 2030 „erfüllen“ und im Übrigen „bestrebt“ sein sollen, die „indikativen Emissionsziele für 2025“ zu erfüllen, „um nachweisbare Fortschritte bei den Verpflichtungen für 2030 sicherzustellen“. Im Einklang mit den im Erwägungsgrund 13 nur erwähnten indikativen Emissionszielen „für 2025“ sieht auch Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 1 NEC-RL nur vor, dass die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um ihre Emissionen der in Rede stehenden Schadstoffe „im Jahr 2025“ zu begrenzen. „Die betreffenden indikativen Emissionsmengen“ - mit denen die für jeden einzelnen Schadstoff maßgeblichen Werte für 2025 gemeint sein dürften - werden zwar anhand des linearen Reduktionspfades zwischen den Reduktionsvorgaben zwischen 2020 und 2030 ermittelt. Eine Verpflichtung zur Einhaltung weiterer, einem linearen Reduktionspfad entsprechender Reduktionsvorgaben auch in den Jahren 2021 bis 2024 und 2026 bis 2029 begründet diese Regelung aber ebenfalls nicht.
Selbst die Einhaltung der „indikativen Emissionsmengen“ im Jahr 2025, die gem. Art. 4 Abs. 2 NEC-RL anhand eines linearen, anhand der einzuhaltenden Reduktionsverpflichtungen im Jahr 2020 und ab 2030 zu errechnenden Reduktionspfades zu ermitteln sind, ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht verbindlich.
Dagegen spricht schon die auch in Art. 4 Abs. 2 NEC-RL gewählte Bezeichnung. Anders als in Art. 4 Abs. 1 NEC-R geht es nicht um „Emissionsreduktionsverpflichtungen“, sondern um „indikative Emissionsmengen“ (in den englischen, französischen und spanischen Fassungen der Richtlinie werden entsprechende Begriffe verwendet: „indicative“, „indicatif“, „indicativos“). Auch wenn der Begriff „indikativ“ nicht als „unverbindlich“, sondern als „einen Indikator darstellend“, „Vorhersagen erlaubend“ verstanden wird, wird den „Emissionsmengen“ des Jahres 2025 damit keine der Regelung des Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang II NEC-RL entsprechende Verbindlichkeit, sondern nur eine hinweisende, informatorische Funktion zugewiesen. Eine Abweichung von diesen indikativen Emissionsmengen für 2025 ist den Mitgliedsstaaten nach dem aus Art. 4 Abs. 2 und 3 NEC-RL ersichtlichen Regelungskonzept zwar nicht ohne weiteres freigestellt, vom Unionsgesetzgeber aber durchaus vorgesehen. Eine - notwendig geplante - Verfolgung eines abweichenden Reduktionspfades ist gem. Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 NEC-RL zulässig, wenn dies wirtschaftlich oder technisch effizienter ist, der Pfad sich ab 2025 schrittweise wieder dem linearen Reduktionspfad annähert und die Emissionsreduktionsverpflichtungen für 2030 unberührt bleiben. Die Festlegung des nichtlinearen Reduktionspfads sowie dessen Begründung sind in diesem Fall in den der Kommission vorzulegenden NLRP aufzunehmen. Der in Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 3 NLRP geregelte zweite Fall einer - ungeplanten - Abweichung, der vorliegt, wenn es nicht gelingt, die Emissionen bis 2025 im Einklang mit dem festgelegten Reduktionspfad zu begrenzen, begründet eine Pflicht der Mitgliedsstaaten, die Abweichung sowie die Maßnahmen, die sie zu ihrem Pfad zurückführen, in den folgenden informativen Inventarberichten zu begründen.
Davon ausgehend begründet weder die geplante Nichtbefolgung noch eine unbeabsichtigte Verfehlung einer indikative Emissionsmenge für 2025 eine Verletzung einer Emissionsreduktionsverpflichtung. Es besteht vielmehr nur eine Verpflichtung, eine Abweichung zu begründen, sich dem linearen Reduktionspfad nach 2025 wieder anzunähern bzw. darzulegen, mit welchen Maßnahmen eine Rückkehr auf den Pfad erreicht werden soll. Auch der Erwägungsgrund 13 zur NEC-RL, ausweislich dessen die Bestimmung indikativer Emissionsziele für 2025 dazu dienen soll, „nachweisbare Fortschritte bei den Verpflichtungen für 2030 sicherzustellen“, spricht für eine Auslegung, wonach die Einhaltung der indikativen Ziele für 2025 sowie die im Fall der Abweichung geforderte Annäherung an den Zielpfad lediglich der verlässlichen Erreichung der verbindlichen Ziele des Jahres 2030 dient. Die sich aus dem linearen Reduktionspfad ergebenden Reduktionswerte werden dadurch nicht selbst zu verbindlich einzuhaltenden Zielen der Richtlinie.
Auch andere Mängel des NLRP 2023 bzw. eine Verletzung daraus resultierender Verpflichtungen der Beklagten lassen sich daraus nicht ableiten. Eine Nichteinhaltung der indikativen Emissionsmengen für 2025, die nur unter Darlegung der dafür maßgeblichen wirtschaftlichen oder technischen Gründe im NLRP und bei schrittweiser Wiederannäherung an den linearen Reduktionspfad ab dem Jahr 2025 zulässig wäre, ist im NLRP 2023 nicht geplant, weshalb das Fehlen einer diesbezüglichen Begründung keinen Mangel des Programms begründet. Darauf, ob die Ziele für 2025 letztlich tatsächlich eingehalten werden, kommt es hier nicht an. Abgesehen davon, dass erst mit dem Emissionsinventar 2027 festgestellt werden kann, ob diese Ziele entgegen den Prognosen des NLRP 2023 verfehlt werden, würde eine solche ungeplante Verfehlung die Beklagte auch nicht zu einer Änderung oder Anpassung des vorliegenden NLRP, sondern gem. Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 3 NEC-RL nur zur Begründung der Abweichung und Darlegung der Maßnahmen, die zum linearen Pfad zurückführen, in den darauffolgenden informativen Inventarberichten verpflichten.
III. Die Klage ist mit dem Hilfsantrag begründet.
Die Beklagte ist zur Ergänzung des NLRP 2023 unter Beachtung der nachfolgenden Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet, denn das NLRP 2023, das den bis dahin geltenden NLRP 2019 abgelöst hat, verstößt gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sind, § 2 Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz, Nr. 2 UmwRG (1.). Der Verstoß berührt Belange, die zu den Zielen gehören, die der Kläger nach seiner Satzung fördert, § 2 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz UmwRG (2.), und das bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 4 UmwRG gem. § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG vorausgesetzte Bestehen eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne § 2 Abs. 10 UVPG steht der Begründetheit der Klage im konkreten Fall nicht entgegen (3.). Dabei ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage für den hier auf eine Änderung des NLRP 2023 gerichteten Leistungsanspruch des Klägers der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 15. Juli 2024.
1. Das NLRP 2023 verstößt gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
Die Beklagte ist ihrer Pflicht zur Aktualisierung des NLRP aus § 5 Abs. 1 der 43. BImSchV bzw. Art. 6 Abs. 3 NEC-RL nicht in der gebotenen Weise nachgekommen, denn der am 15. Mai 2024 beschlossene NLRP 2023 weist verschiedene entscheidungserhebliche Mängel auf. Auf Grundlage des hier prüfungsrelevanten Vorbringens des Klägers (a) wurden durch den Beschluss des NLRP 2023 zwar umweltbezogene Vorschriften des Verfahrensrechts nicht verletzt (b.), aber es erfüllt bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die Bundesregierung am 15. Mai 2024 materiell nicht alle Anforderungen, die die 43. BImSchV bzw. die NEC-RL an ein nationales Luftreinhalteprogramm stellen (c).
a. Der Kläger ist mit seinem Klagevorbringen, soweit es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des NLRP 2023 entscheidungserheblich ist, nicht gem. § 6 Satz 2 UmwRG oder § 7 Abs. 3 UmwRG präkludiert.
Soweit die Beklagte gegenüber verschiedenen, vom Kläger gegen das NLRP 2019 erhobenen Einwänden gerügt hat, dass der Kläger mit diesen Einwänden präkludiert sei, kommt es darauf nicht mehr an, nachdem die Beklagte am 15. Mai 2024 das NLRP 2023 beschlossen hat. Denn das NLRP 2023 enthält die in § 4 der 43. BImSchV vorgeschriebenen Bestandteile und beruht - wie die Beklagte selbst vorgetragen hat (Schriftsatz vom 29. Januar 2024, S. 28) - auf der vollständig neuen, von den Prognosen der Jahre 2019 und 2021 unabhängigen Emissionsprognose 2023. Damit ist es an die Stelle des NLRP 2019 getreten. Der Kläger macht, wie oben dargestellt, in Reaktion darauf nur noch Rügen gegen das NLRP 2023 geltend.
Mit Blick auf diese Rügen kann der Ausschlussregelung des § 6 Satz 2 UmwRG keine Bedeutung zukommen, selbst wenn es sich bei der Einbeziehung des NLRP 2023 in das Verfahren um eine Klageänderung handeln sollte, auf die § 6 Satz 2 UmwRG anwendbar wäre. Denn zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 15. Juli 2024 war die zehnwöchige Klagebegründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG noch nicht abgelaufen.
Mit seinen Einwänden gegen das NLRP 2023 ist der Kläger auch nicht in direkter oder entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 3 UmwRG präkludiert. Gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 UmwRG ist eine Vereinigung, die „in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4“ UmwRG Gelegenheit zur Äußerung hatte, im Verfahren über den Rechtsbehelf gegen die Entscheidung mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.
Soweit die Beklagte meint, dass der Kläger mit seinem Einwand der fehlenden Durchführung einer SUP gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 UmwRG ausgeschlossen sei, weil er diesen Einwand im Rahmen der im Sommer 2023 durchgeführten Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 6 der 43. BImSchV) nicht erhoben habe, vermag dies nicht zu überzeugen. Aus der vom Senat bejahten teleologischen Erweiterung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG auf NLRP folgt nicht, dass in einem solchen Fall auch die Präklusionsregelung des § 7 Abs. 3 UmwRG - direkt oder entsprechend - anzuwenden ist. § 7 Abs. 3 UmwRG stellt zwar nicht ausdrücklich auf ein Verfahren mit SUP, sondern nur auf ein Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG ab. Da der dort ausdrücklich nur geregelte „Normalfall“, den der Gesetzgeber bei der Entscheidung über die Präklusion gem. § 7 Abs. 3 UmwRG nur vor Augen haben konnte, indes ein Verfahren mit Strategischer Umweltprüfung nach dem UVPG ist, ist davon auszugehen, dass auch die Präklusionsregelung an die Durchführung eines solchen Verfahrens anknüpft. Auch eine entsprechende Anwendbarkeit der Präklusionsregelung kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben Präklusionsvorschriften wegen ihrer einschneidenden Folgen für den säumigen Verfahrensbeteiligten einen „strengen Ausnahmecharakter“, der „aus Gründen der Rechtsklarheit ihre entsprechende Anwendbarkeit grundsätzlich verbietet“ (BVerfG, Beschluss vom 19. März 2003 - 2 BvR 1540/01, juris Ls 2b sowie Rn 13). Für eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist angesichts der Unterschiede der in Rede stehenden Verfahren kein Raum. Die gesetzlich vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 6 der 43. BImSchV steht schon nach der Wertung des Verordnungsgebers einer für den Normalfall des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG verlangten SUP nicht gleich, denn sie ist gem. § 6 Abs. 4 der 43. BImSchV nur anzuwenden, wenn für das NLRP keine Strategische Umweltprüfung nach dem UVPG durchzuführen ist. Entsprechendes gilt für das Unionsrecht (vgl. Art. 6 Abs. 5, Art. 19 NEC-RL i.V.m. Art. 2 Abs. 5, Anhang I lit. g) der RL (EU) 2003/35). Beide Verfahren weisen sachliche Unterschiede auf, die einer analogen Anwendbarkeit des § 7 Abs. 3 UmwRG entgegenstehen. Anders als in Planungsverfahren mit SUP ist den Umweltverbänden im Verfahren zur Aufstellung von NLRP keine besondere, der Unterstützung der Behörde dienende Rolle auferlegt, denn in § 6 Abs. 1 bis 3 der 43. BImSchV findet sich keine dem § 42 Abs. 1 i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 3 UVPG entsprechende Regelung, wonach „Dabei … nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen“ sollen. Zudem sind im Rahmen der gem. § 6 Abs. 1 der 43. BImSchV durchzuführenden Öffentlichkeitsbeteiligung nur das nationale Luftreinhalteprogramm und die Bekanntmachung mit den darin enthaltenen Informationen über das Recht zur Beteiligung, zu Fristen und Adressaten der Stellungnahmen auszulegen, während im SUP-Verfahren neben dem Plan oder Programm auch ein gem. § 40 UVPG zu erstellender Umweltbericht sowie „weitere Unterlagen, deren Einbeziehung die zuständige Behörde für zweckmäßig hält“, ausgelegt werden müssen (vgl. § 42 Abs. 2 UVPG).
Darauf, ob auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (z.B. Urteil vom 14. Januar 2021 - C-826/18, Rn 64; Urteil vom 20. Dezember 2017 - C-664/15, Rn 90; Urteil vom 27. September 2017 - C-73/16, Rn 62), wonach eine aus einer Präklusionsregelung resultierende Einschränkung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf gem. Art. 52 Abs. 1 GrCh auch im Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 3 AK (nur) dann gerechtfertigt sein könne, wenn sie gesetzlich vorgesehen sei, den Wesensgehalt dieses Rechts achte und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich sei, einer nur analogen - und damit jedenfalls nicht ausdrücklich gesetzlich vorgesehenen - Anwendung des § 7 Abs. 3 UmwRG entgegenstünde, kommt es danach nicht mehr an.
b. Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt das NLRP 2023 nicht gegen umweltbezogene Verfahrensvorschriften. Für das NLRP 2023 war keine Strategische Umweltprüfung durchzuführen.
In § 6 Abs. 4 der 43. BImSchV hat der Verordnungsgeber - den entsprechenden unionsrechtlichen Regelungen (Art. 6 Abs. 5, Art. 19 NEC-RL i.V.m. Art. 2 Abs. 5, Anh. I lit. g) der RL (EU) 2003/35) folgend - es für möglich gehalten, dass auch für ein derartiges Programm eine SUP durchzuführen sein könnte. Unter welchen Voraussetzungen für einen Plan oder ein Programm eine SUP durchzuführen ist, ergibt sich mangels abweichender Sonderregelung auch in diesem Fall aus den das diesbezügliche Unionsrecht umsetzenden Regelungen des UVPG. Gem. § 35 Abs. 2 Satz 1 UVPG (vgl. auch Art. 3 SUP-RL - RL 2001/42/EG) ist bei - wie hier - mangels Aufnahme in die Anlage 5 oder entsprechendes Landesrecht nicht unter Abs. 1 fallenden Plänen und Programmen eine SUP „nur dann durchzuführen, wenn sie für die Entscheidung über die Zulässigkeit von in der Anlage 1 [UVPG] aufgeführten oder anderen Vorhaben einen Rahmen setzen und nach einer Vorprüfung im Einzelfall im Sinne von Absatz 4 voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben“. Einen solchen Rahmen setzen Pläne und Programme gem. § 35 Abs. 3 UVPG, „wenn sie Festlegungen mit Bedeutung für spätere Zulassungsentscheidungen, insbesondere zum Bedarf, zur Größe, zum Standort, zur Beschaffenheit, zu Betriebsbedingungen von Vorhaben oder zur Inanspruchnahme von Ressourcen, enthalten“. Gem. § 36 ist eine SUP durchzuführen bei Plänen und Programmen, die einer Verträglichkeitsprüfung nach § 36 Satz 1 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes unterliegen (vgl. auch Art. 3 Abs. 2 lit. b SUP-RL i.V.m. Art. 6 oder 7 der RL 92/43/EWG).
Zu den Voraussetzungen für die Annahme einer Rahmensetzung hat der Europäische Gerichtshof u.a. ausgeführt, „… dass sich der Begriff `Pläne und Programme´ auf jeden Rechtsakt bezieht, der dadurch, dass er die in dem betreffenden Bereich anwendbaren Regeln und Verfahren zur Kontrolle festlegt, eine signifikante Gesamtheit von Kriterien und Modalitäten für die Genehmigung und Durchführung eines oder mehrerer Projekte aufstellt, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben“ (Urteil vom 20. Juni 2020 - C-24/19 -, Rn 67). In seiner Entscheidung vom 22. Februar 2022 (- C-300/20 -, Inntal-Süd) hat er weiter ausgeführt, dass der Begriff „Projekt“ sich auf Arbeiten oder Eingriffe beziehe, die den materiellen Zustand eines Platzes verändern (a.a.O. Rn 56). Nicht in den Geltungsbereich dieser Bestimmung fielen nationale Maßnahmen, die keine hinreichend detaillierten Regelungen über den Inhalt, die Ausarbeitung und die Durchführung der in den Anhängen I und II der Richtlinie 2011/92 aufgeführten Projekte vorsähen (Rn 60 ff., 70).
Davon ausgehend war vor Erlass des NLRP 2023 keine SUP durchzuführen, denn das Programm legt keine hinreichend detaillierten und unmittelbar anwendbaren Regeln oder Verfahren fest, die - und sei es auch nur durch Bindung der für die Genehmigungserteilung zuständigen Behörden (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Juni 2020 - C-24/19 -, Rn 76 f.; Urteil vom 9. März 2023 - C-9/22 -, Rn 17-20, 48-52) oder (wie gem. § 13 KSG) im Rahmen einer Abwägung - für die Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben zu beachten wären. Das Programm beschränkt sich vielmehr auf die Benennung, Bewertung und Auswahl anderweitig umzusetzender Maßnahmen. Dass die ausgewählten „Maßnahmen und Strategien“ im Rahmen nachfolgender Gesetzgebungsverfahren - mit erheblichem Gewicht - in die dortige Abwägung einfließen, ist für die Annahme einer rahmensetzenden Funktion nicht ausreichend, da es sich dabei jedenfalls nicht um Projekte i.S.d. Anhänge I und II der RL 85/337/EWG (UVP-RL) handelt (vgl. Art. 3 Abs. 2 SUP-RL). Entsprechendes gilt für die Einwirkung auf Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften, die Bereitstellung von Finanzmitteln und die Formulierung von Förderrichtlinien o.ä.
Damit besteht für das NLRP 2023 auch nicht nach § 36 UVPG eine SUP-Pflicht. Es fehlt dem NLRP 2023 an konkreten Regelungen, anhand derer sich beurteilen ließe, ob von der Verwirklichung des Plans erhebliche Auswirkungen auf die Erhaltungsziele eines Natura 2000-Gebiets ausgehen können. Dies verkennt der Verweis des Klägers auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu den Waldbewirtschaftungsplänen in Polen (Urteil vom 2. März 2023 - C-432/21), die nach seinem eigenen Vorbringen „Maßnahmen zur aktiven Waldbewirtschaftung“ vorsahen.
Soweit der Kläger meint, dass die NEC-RL eine Ausgestaltung des NLRP als Rahmen für die Genehmigung von Projekten verlange, kann dieser Einwand von vornherein keinen Verfahrensfehler begründen. Eine unter Verletzung von Unionsrecht nicht hinreichend konkrete und verbindliche Ausgestaltung des NLRP könnte dieses lediglich materiell rechtswidrig machen, aber keine „rahmensetzende“ Funktion des hier streitigen, sich gerade keine verbindliche Wirkung beimessenden Programms begründen. Auch der vom Kläger gezogene Vergleich des NLRP mit einem Aktionsprogramm nach Art. 5 RL 91/676/EWG (Nitratrichtlinie) oder mit Maßnahmenprogrammen gem. Art. 11 der RL 2000/60/EC (Wasserrahmenrichtlinie) vermag angesichts abweichender rechtlicher Vorgaben keine unabhängig vom konkreten Inhalt bestehende SUP-Pflicht für jedes NLRP zu begründen.
c. Der Kläger rügt aber zu Recht die Verletzung materieller umweltbezogener Rechtsvorschriften. Das NLRP 2023 verstößt gegen die umweltbezogenen Rechtsvorschriften der § 5 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 3, 6, 7 bis 9 i.V.m. § 2 Abs. 1 der 43. BImSchV, mit denen Art. 6 Abs. 1 und 3 i.V.m Anhang III NEC-RL umgesetzt wurden. Nach Überzeugung des Senats ist auf Grundlage der dem NLRP 2023 zugrunde gelegten Prognosen zum Umfang der Auswirkungen der nationalen Emissionsquellen auf die Luftqualität in Deutschland (Nr. 3), zur voraussichtlichen Entwicklung auf Grundlage der bereits umgesetzten Maßnahmen (Nr. 6) und der Auswirkungen der in Betracht gezogenen und ausgewählten Strategien und Maßnahmen (Nr. 7 bis 9) nicht feststellbar, dass dieser die Maßnahmen enthält, die erforderlich sind, um die gem. § 2 der 43. BImSchV verpflichtend vorgegebenen Emissionsreduktionen zu erzielen (Nr. 1), weil die Prognosen erhebliche Mängel aufweisen.
Anforderungen an ein NLRP, das von jedem Mitgliedsstaat gemäß Art. 6 Abs. 1 NEC-RL zu erstellen, zu verabschieden und durchzuführen ist, um seine anthropogenen Jahresemissionen gemäß Art. 4 zu begrenzen und zur Verwirklichung der in Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie festgelegten Ziele beizutragen, sind in Art. 6 Abs. 2 und im Anhang III Teil 1 NEC-RL geregelt. Nach der mit § 4 der 43. BImSchV erfolgten Umsetzung in das nationale Recht enthält ein NLRP u.a. die erforderlichen Maßnahmen, um die Emissionsreduktion gem. § 2 der 43. BImSchV zu erzielen (Nr.1), eine Bewertung des voraussichtlichen Umfangs der Auswirkungen nationaler Emissionsquellen auf die Luftqualität in Deutschland (Nr. 3), eine Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung der Emissionsreduktion und der Verbesserung der Luftqualität und eine Darstellung, inwieweit diesbezügliche nationale Verpflichtungen und Verpflichtungen der Europäischen Union eingehalten werden auf Grundlage bereits umgesetzter Maßnahmen (Nr. 6), Strategien und Maßnahmen, die in Betracht gezogen werden für die Erfüllung der Emissionsreduktionsverpflichtungen, der indikativen Emissionsmengen für das Jahr 2025 und zur weiteren Verbesserung der Luftqualität (Nr. 7), die Analyse der Strategien und Maßnahmen nach Nr. 7 und die angewandte Analysemethode, eine Darstellung der einzelnen oder kombinierten Auswirkungen der Strategien und Maßnahmen auf die Emissionsreduktion, die Luftqualität und die Umwelt sowie eine Darstellung der damit verbundenen Unsicherheiten (Nr. 8) und die zur weiteren Verbesserung der Luftqualität ausgewählten Strategien und Maßnahmen sowie den Zeitplan der Verabschiedung, Durchführung und Überprüfung dieser Strategien und Maßnahmen mit Angabe der zuständigen Behörden (Nr. 9). Gem. Art. 6 Abs. 2 lit. d NEC-RL muss jeder Mitgliedstaat zudem bei der Erstellung, Verabschiedung und Durchführung des in Abs. 1 genannten Programms Kohärenz mit anderen einschlägigen Plänen und Programmen sicherstellen, die aufgrund von nationalen oder Unionsrechtsvorschriften aufgestellt wurden. Angesichts des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts steht der Beachtlichkeit dieser Vorgabe auch nicht entgegen, dass § 4 der 43. BImSchV diese Anforderung so nicht umgesetzt hat, sondern die dortige Nr. 11 nur, wie Ziff. 1 lit. f) des Anhangs III Teil 1 der NEC-RL, eine „Bewertung“ der Kohärenz ausgewählter Strategien und Maßnahmen mit Plänen und Programmen in anderen wichtigen Politikfeldern vorsieht.
Das erste NLRP war gem. Art. 10 Abs. 1 NEC-RL bzw. § 16 Satz 1 der 43. BImSchV bis zum 31. März 2019 an die EU-Kommission zu übermitteln. Nach den mit § 5 der 43. BImSchV umgesetzten Vorgaben der NEC-RL ist das Programm mindestens alle vier Jahre zu aktualisieren (Art. 6 Abs. 3 NEC-RL), darüber hinaus sind die im NLRP festgelegten Emissionsreduktionsstrategien und -maßnahmen innerhalb von 18 Monaten zu aktualisieren, nachdem die letzten nationalen Emissionsinventare oder nationalen Emissionsprognosen übermittelt wurden, wenn den übermittelten Daten zufolge die in Art. 4 genannten Verpflichtungen nicht erfüllt werden oder die Gefahr besteht, dass sie nicht erfüllt werden (Art. 6 Abs. 4 NEC-RL). Vorgaben zum Mindestinhalt der Aktualisierungen enthält der mit § 5 Abs. 3 der 43.BImSchV umgesetzte Anhang III Teil 2 NEC-RL. Danach umfassen die Aktualisierungen des NLRP mindestens eine Bewertung der Fortschritte, die mit der Durchführung des Programms sowie der Emissionsreduktion und der Reduktion der Schadstoffkonzentrationen erzielt wurden (Nr. 1), sowie alle erheblichen Veränderungen des politischen Kontextes, der Bewertungen des nationalen Luftreinhalteplan oder seines Durchführungszeitplans (Nr. 2).
Zur Umsetzung dieser Verpflichtungen beschloss die Bundesregierung das erste NLRP am 22. Mai 2019 und übermittelte es an die EU-Kommission. Mit dem am 15. Mai 2024 beschlossenen NLRP 2023 hat sich die Bundesregierung nicht auf die Mindestinhalte einer Aktualisierung beschränkt, sondern ein umfassend aktualisiertes Programm beschlossen, das auf vollständig neuen, von den Prognosen 2019 und 2021 unabhängigen Prognosen beruht und weitere bzw. geänderte zusätzliche Maßnahmen vorsieht, um die Emissionsreduktionen nach § 2 der 43. BImSchV zu erzielen. Dabei entsprechen die Emissionsprojektionen des WM-Szenarios dem Stand der EMMa-Datenbank zum 2. Mai 2023 (S. 90 NLRP 2023), die für das WAM-Szenario betrachteten und ausgewählten Maßnahmen wurden entsprechend des in Kapitel 6.1 beschriebenen Informationsstandes (in keinem Fall nach dem 30.04.2023) ausgestaltet (S. 95 NLRP 2023). Entwicklungen nach dem jeweils betrachteten Stichdatum wurden nicht mehr berücksichtigt. Maßnahmen, die danach festgelegt bzw. gesetzlich beschlossen wurden (z.B. LKW-Maut und Novelle des GEG), sollen bei der nächsten Aktualisierung der Emissionsprojektionen ins Szenario „mit Maßnahmen“ (WM) übergehen und ihre potenzielle Emissionsminderungswirkung soll auf Basis der gesetzlichen Ausgestaltung neu quantifiziert werden. Auf Grundlage der dem NLRP 2023 zugrundeliegenden Prognosen werden die Emissionsreduktionsverpflichtungen der hier nur verfahrensgegenständlichen Luftschadstoffe Stickstoffoxid (NOx), Schwefeldioxid (NO2), Ammoniak (NH3) und Feinstaub (PM2,5) im WAM-Szenario, d.h. mit zusätzlichen Maßnahmen, aktuell wie auch im Jahr 2030 eingehalten (vgl. Tabelle 50, S. 126 NLRP 2023).
Demgegenüber rügt der Kläger Mängel der Prognosen, die sowohl der Bewertung der mit den derzeitigen Strategien und Maßnahmen erzielten Fortschritte bei der Emissionsreduktion und der voraussichtlichen künftigen Entwicklung auf Grundlage bereits angenommener Strategien und Maßnahmen (WM-Szenario) als auch der Bewertung der Politikoptionen, die für die Erfüllung der Emissionsreduktionsverpflichtungen und zur weiteren Verbesserung der Luftqualität in Betracht gezogen werden, und der Auswahl der zur Verabschiedung vorgesehenen Strategien und Maßnahmen zugrunde liegen (WAM-Szenario). Diese Rügen, mit denen er hinsichtlich verschiedener Annahmen des WM-Szenarios sowie verschiedener für das WAM-Szenario berücksichtigter Maßnahmen bzw. Maßnahmenpakete insbesondere eine mangelnde Aktualität, zu große Unsicherheiten und Begründungsmängel geltend macht, greifen in einem Umfang durch, der eine Pflicht der Bundesregierung zur Änderung des NLRP 2023 in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
aa. Für die Überprüfung der in Rede stehenden Prognosen ist nach Auffassung des Senats von Folgendem auszugehen:
(1) Grundlegende Anforderungen, denen die in einem NLRP enthaltenen Prognosen über die Minderungswirkung der in Betracht gezogenen Strategien und Maßnahmen zu genügen haben, ergeben sich zunächst aus der Zusammenschau mit den Anforderungen an die nationalen Emissionsprognosen gem. Art. 8 Abs. 2 i.V.m. Anhang IV NEC-RL, umgesetzt mit § 8 i.V.m. Anlage 2 II der 43. BImSchV.
Das gem. Art. 6 NEC-RL zu erstellende, zu verabschiedende und durchzuführende NLRP ist nur ein Teil eines umfassenderen Gesamtsystems auf europäischer Ebene, das daneben auch regelmäßig zu erstellende und an die Kommission zu berichtende Emissionsinventare verschiedener Art und Emissionsprognosen umfasst (Art. 8 Abs. 1, 2 und 3 i.V.m. Anhang I und IV, Art. 10 Abs. 1 u. 2 NEC-RL). Für letztere ist in Anhang IV der Richtlinie einleitend vorgegeben, dass die Mitgliedsstaaten die Emissionsinventare und -prognosen „nach den von den Vertragsparteien des LRTAP-Übereinkommens anerkannten Methoden (EMEP-Leitlinien für die Berichterstattung)“ erstellen und „sich dabei auf den im Übereinkommen genannten EMEP/EUA-Leitfaden zum Inventar der Luftschadstoffemissionen (EMEP/EUA-Leitfaden)“ [stützen]. Darüber hinaus sind nach demselben Leitfaden zusätzliche Angaben, insbesondere Aktivitätsdaten, zu erstellen, die für die Bewertung der nationalen Emissionsinventare und -prognosen erforderlich sind. Auf in diesem Rahmen „gegebenenfalls“ erhobene Daten und entwickelte Methodik verweist Art. 6 Abs. 2 Satz 1 lit. a NEC-RL auch für die NLRP. In Teil 2 des Anhangs IV der Richtlinie werden spezifische Anforderungen an die nationalen Emissionsprognosen formuliert. Gemäß der dortigen Ziff. 1 müssen die Emissionsprognosen insbesondere „transparent, kohärent, vergleichbar, vollständig und genau“ sein. Ziff. 3 regelt weiter, dass die nationalen Emissionsprognosen „mit dem nationalen jährlichen Emissionsinventar für das Jahr X-3 und mit den gemäß der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates übermittelten Prognosen übereinstimmen. Die Verordnung (EU) Nr. 525/2013 ist gem. Erwägungsgrund 72 der Governance-Verordnung (EU) 2018/1999 „vollständig“ in diese „eingegangen“.
Mit Blick auf Art. 6 Abs. 2 lit. a NEC-RL, auf die Einbindung des NLRP in das europäische Gesamtsystem sowie auf den Sinn und Zweck der Gesamtregelung, der zur Vermeidung widersprüchlicher Ergebnisse in verschiedenen Mitgliedstaaten ein kohärentes Vorgehen bei der Erstellung aller Prognosen gebietet, geht der Senat davon aus, dass die sich aus Anhang IV NEC-RL (Einleitung und Teil 2) ergebenden Anforderungen an die gem. Art. 8 Abs. 2 NEC-RL zu erstellenden Emissionsprognosen auch für die zur Erstellung eines NLRP gem. Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Teil 1 Nr. 1 erforderlichen Emissionsprognosen beachtlich sind. Dafür spricht auch, dass in den Leitlinien der Kommission (2019/C 77/01, S. 6 zu Ziff. 2.5 des Durchführungsbeschlusses) darauf hingewiesen wird, dass Emissionsinventare und -prognosen auch für den NLRP herangezogen werden „sollten“, um Reduktionen von Luftemissionen in Zusammenhang mit Strategien und Maßnahmen zu bewerten. Dementsprechend umfassten die im Auftrag der Kommission von Ricardo Energy & Environment (i.F. nur Ricardo) durchgeführten Auswertungen der vorgelegten NLRP der Mitgliedsstaaten u.a. die Prüfung, ob die Prognosen der Programme mit denen der letzten gem. Art. 10 Abs. 2 NEC-RL übermittelten Emissionsprognosen vereinbar („consistent“) waren (vgl. Ricardo, Review of National Air Pollutant Projections and Assessment of National Air Pollution Control Programmes vom 10. Juni 2020, dort z.B. 2.3 Methodology for the assessment of NAPCPs, S.14 Punkt 3 unter 2.3.1; unter 3.6. Coherence, insbes. 3.6.1 Coherence of NAPCPs and air emission projections S. 110; 4. Risk of non-compliance with emission reduction commitments, S. 116; vgl. auch Ricardo, Review of the National Air Pollution Control Programme - Germany vom 17. März 2020, S. 5 Methodology, S. 36 f.: Appendix 2 Assessment of the risk of non- compliance, jeweils dritte der Decision tree questions). Die Umsetzung der NEC-RL durch die 43. BImSchV kehrt dieses Verhältnis zwar insofern um, als sie in Anlage 2 unter „II. Nationale Emissionsprognose“ am Ende davon ausgeht, dass „die nationale Emissionsprognose ... kohärent [ist] mit dem Ergebnis des nationalen Luftreinhalteprogramms gemäß § 4“. Damit setzt die nationale Regelung aber notwendig voraus, dass auch die dem NLRP zugrunde gelegten Prognosen denjenigen Anforderungen genügen (müssen), die gem. Anhang IV NEC-RL für die Emissionsprognosen gem. Art. 8 Abs. NEC-RL bzw. § 8 der 43. BImSchV gelten.
(2) Die Überprüfung dieser Prognosen unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle.
Der für die gerichtliche Kontrolle von Prognoseentscheidungen geltende Prüfungsmaßstab ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt und wird auch vom Kläger nicht (mehr) in Zweifel gezogen. Nach dieser Rechtsprechung (u.a. Urteil vom 27. Februar 2020 - 7 C 3.19 -, juris Rn 42 f.; unter Verweis hierauf ebenso Urteil vom 28. Mai 2021 - 7 C 4.20 -, juris Rn 37) liegt es bei planerischen Entscheidungen, die nicht allein auf der Erfassung eines gegenwärtigen Zustands, sondern auch auf einer Einschätzung der Zukunft beruhen, in der Natur der Sache, dass die Richtigkeit der Prognose nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die zukünftige Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse entziehe sich naturgemäß einer exakten Tatsachenfeststellung. Die mithin keiner Richtigkeitsgewähr unterliegenden Prognosen seien gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden seien, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhten und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden sei. Maßgeblich sei der bei Aufstellung des Plans vorhandene tatsächliche und wissenschaftliche Erkenntnisstand.
Aus der unionsrechtlich determinierten Ergebnisverpflichtung folgen keine höheren Anforderungen an die gerichtliche Überprüfbarkeit von Prognosen im Bereich der Luftreinhalteplanung (so BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 - 7 C 3.19 -, Rn 43 zu RL 2008/50/EG).
(3) Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Prognosen, die einem NLRP zu Grunde liegen, ist danach grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung auszugehen. Nach Auffassung des Senats besteht deshalb auch nach Erstellung der Emissionsprognosen für ein NLRP grundsätzlich eine Verpflichtung der Bundesregierung, die Aktualität ihrer Prognosen unter Kontrolle zu behalten und aktuelle Veränderungen zu berücksichtigen. Gleichzeitig können sachliche Gründe es rechtfertigen, neue Erkenntnisse oder erst kurz vor der Entscheidung eintretende Veränderungen nicht mehr einzubeziehen.
In der vorstehend zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Luftreinhalteplänen (u.a. Urteil vom 27. Februar 2020 - 7 C 3.19 -, juris Rn 42 f.; unter Verweis hierauf ebenso Urteil vom 28. Mai 2021 - 7 C 4.20 -, juris Rn 37) ist der bei Aufstellung eines Plans vorhandene tatsächliche und wissenschaftliche Erkenntnisstand als maßgeblich für die Überprüfung von Prognoseentscheidungen bezeichnet worden. In der obergerichtlichen Rechtsprechung (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Juli 2019 - 8 A 2851/18 -, juris Rn 176, unter Verweis hierauf ebenso Urteil vom 12. September 2019 - 8 A 4775/18 -, juris Rn 169, und OVG Hamburg, Urteil vom 29. November 2019 - 1 E 23/18 -, juris Rn 113) wird aber auch darauf verwiesen, dass die Methodengerechtigkeit von Prognosen mit Blick auf das Gebot der Gewährleistung einer möglichst effektiven Luftreinhalteplanung voraussetze, dass ihnen belastbares Datenmaterial zugrunde liege. Es müssten deshalb vorbehaltlich sachlicher Gründe für eine andere Herangehensweise jedenfalls möglichst aktuelle Daten eingestellt und von einer möglichst realitätsnahen Feststellung des Status quo ausgehend die weiteren Entwicklungen abgeschätzt werden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Juli 2019 - 8 A 2851/18 -, juris Rn 176).
Dem ist nach Auffassung des Senats zu folgen, da es sachliche Gründe dafür geben kann, von einer Überarbeitung von Prognosen abzusehen. Ein solcher Grund kann sich hier insbesondere aus der von der Beklagten zu Recht angeführten Einbindung des NLRP in das mit der NEC-RL geschaffene, die Einhaltung konkreter Fristen vorgebende Berichts- und Kontrollsystem ergeben. Denn danach sind die Aktualisierung und Übermittlung des (aktualisierten) NLRP an die EU-Kommission an vorgegebene Fristen gebunden (vgl. Art. 10 Abs. 1 NEC-RL, Art. 6 Abs. 3 NEC-RL). Die Einhaltung dieser Fristen ist Voraussetzung für die in Art. 10 Abs. 1 Satz 3 NEC-RL vorgeschriebene - nur bei Einhaltung der Frist parallel für alle Mitgliedsstaaten mögliche - Prüfung der nationalen Luftreinhalteprogramme durch die Kommission und die Einbeziehung der dabei gewonnenen Ergebnisse in die erstmals bis zum 1. April 2020 und sodann ebenfalls alle vier Jahre erfolgende Berichterstattung an das EU-Parlament über die Fortschritte bei der Durchführung der Richtlinie (vgl. Art. 11 NEC-RL). Die Einhaltung der Frist steht weder im Belieben des jeweiligen Mitgliedsstaates noch unter dem Vorbehalt einer durch neue Erkenntnisse oder geänderte Rahmenbedingungen für die Maßnahmen und Strategien der Emissionsreduktion gebotenen Überarbeitung der Prognosen. Die Beklagte hat nachvollziehbar geschildert, dass die Erstellung der Emissionsszenarien sowie die Planung und Quantifizierung der Minderungswirkung der Maßnahmen und die Erstellung des Entwurfs des NLRP erhebliche Zeit benötigen. Die Notwendigkeit, den angesichts der Komplexität der geforderten Prognosen ohnehin aufwendigen Planungsprozess in einem gegebenen Zeitfenster zum Abschluss zu bringen, begrenzt die Möglichkeit der Aktualisierung von Prognosen aufgrund von Veränderungen der Datengrundlage oder der geplanten Maßnahmen. Dass die vorgegebene Frist zur Aktualisierung - wie im konkreten Fall - ohnehin überschritten wurde, gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Bewertung. Auch in einem solchen Fall sind weitere Verzögerungen möglichst zu vermeiden, um das vorgegebene Fristengefüge nicht weiter zu unterlaufen.
Dies bedeutet jedoch andererseits nicht, dass die Beklagte das Bemühen um eine aktuelle und belastbare Datengrundlage für ihre Entscheidung ab einem - mehr oder weniger frei gewählten, hier mehr als ein Jahr vor dem Beschlussdatum liegenden - Stichtag einstellen darf. Denn die Aktualisierung des Luftreinhalteprogramms dient der Überprüfung und Aktualisierung der Strategien und Maßnahmen, die zur Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen erforderlich sind. Damit kommt dem Luftreinhalteprogramm eine wichtige Steuerungsfunktion zu. Die Einbeziehung und Auswahl von Maßnahmen, die in der eingestellten Form tatsächlich nicht (mehr) beabsichtigt oder nicht durchführbar sind, aber auch die Nichtberücksichtigung aktueller Daten zu den Auswirkungen von Emissionsquellen und zur voraussichtlichen Entwicklung der Emissionsreduktion läuft dem Zweck der Aktualisierung eines Luftreinhalteprogramms diametral entgegen. Davon ausgehend ist die Beklagte nach Auffassung des Senats bis zum Beschluss des Programms jedenfalls verpflichtet, die Belastbarkeit ihrer Annahmen und der darauf basierenden Prognosen unter Kontrolle zu behalten, d.h. Entwicklungen, die Änderungen der maßgeblichen Datengrundlagen oder der Maßnahmen zur Folge haben können, zu verfolgen und bereits bei konkreter Absehbarkeit erheblicher Veränderungen – soweit möglich – die Auswirkungen der Veränderungen auf die Prognose zu ermitteln und diese entsprechend zu aktualisieren. Sollte das Programm beschlussreif sein, bevor eine solche Aktualisierung abgeschlossen werden kann, obliegt es der Einschätzung der Bundesregierung, ob sie deren Ergebnisse abwarten oder die Entscheidung auf der bisherigen Grundlage sofort treffen will. In einem solchen Fall sind nach Auffassung des Senats die sich aus der Beibehaltung der veralteten Annahmen ergebenden erhöhten Unsicherheiten und die Gründe für die Entscheidung auf der bisherigen Grundlage hinreichend konkret und nachvollziehbar darzulegen, um den Anforderungen der Transparenz, Vollständigkeit und Genauigkeit (vgl. Anhang IV Teil 2 Nr. 1 NEC-RL) so weit wie möglich zu genügen. Dazu gehört eine konkrete, auf die jeweilige Annahme oder Maßnahme bezogene Darlegung, warum es nicht möglich war, den aktuellen Kenntnisstand zu berücksichtigen.
(4) Für die dem Gericht obliegende Prüfung, ob eine Prognose auf unrealistischen Annahmen beruht, ist zu berücksichtigen, dass ein NLRP gem. Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Teil 1 Nr. 1 c) NEC-RL „zur Verabschiedung vorgesehene“ Strategien und Maßnahmen enthalten muss. Nach Auffassung des Senats sind damit in Anlehnung an Art. 2 Nr. 5 Governance-Verordnung Strategien und Maßnahmen gemeint, „die erörtert werden und bei denen eine realistische Chance besteht, dass sie nach dem Zeitpunkt der Einreichung verabschiedet und durchgeführt werden.“ Die Auffassung des Klägers, dass bei der Prognose nur Maßnahmen berücksichtigt werden dürften, die „verabschiedet“ oder „verbindlich festgeschrieben“ seien, vermag ebenso wenig zu überzeugen wie die Annahme der Beklagten, es reiche aus, dass die Realisierung einer Maßnahme „offen“ sei.
Die NEC-RL unterscheidet - worauf der Kläger zu Recht hinweist - zwischen bloßen Politikoptionen, welche nach Anhang III Teil 1 b) nur „in Betracht gezogen werden“ müssen, und „zur Verabschiedung vorgesehenen Strategien und Maßnahmen“ gem. Anhang III Teil 1 c) NEC-RL. Gleichwohl sind „zur Verabschiedung vorgesehene“ Strategien und Maßnahmen noch keine „verabschiedeten“ oder sonst „verbindlich vorgeschriebenen“ Strategien und Maßnahmen, weshalb auch die - insoweit in § 4 der 43. BImSchV nicht umgesetzte - Vorgabe des Art. 6 Abs. 1 NEC-RL, dass jeder Mitgliedsstaat sein jeweiliges nationales Luftreinhalteprogramm nicht nur erstellt und verabschiedet, sondern auch durchführt, nicht ohne weiteres dahin verstanden werden kann, dass es sich bei den von der Bundesregierung auszuwählenden zusätzlichen Emissionsreduktionsstrategien und -maßnahmen um „verabschiedete Politiken und Maßnahmen“ im Sinne des vom Kläger als Parallele angeführten Art. 2 Nr. 4 der Governance-Verordnung handelt.
Nach Auffassung des Senats lässt sich der NEC-RL auch sonst nicht entnehmen, dass für die in das WAM-Szenario eines NLRP aufzunehmenden Strategien und Maßnahmen die für diese festgelegte Anforderung gilt, dass zu den jeweiligen Maßnahmen „ein offizieller Regierungsbeschluss vorliegt und eine eindeutige Selbstverpflichtung besteht, sie durchzuführen“. Die ein ganzes Netz von einander ergänzenden und gegenseitig beeinflussenden Instrumenten und Berichtspflichten umfassende Systematik der NEC-RL sowie der Sinn und Zweck des darin eingebundenen NLRP sprechen vielmehr dafür, dass es sich bei den im Programm ausgewählten Maßnahmen „nur“ um geplante Maßnahmen handeln kann, zu deren näherer Bestimmung nur die Definition des Art. 2 Nr. 5 der Governance-Verordnung für „geplante Maßnahmen“ Berücksichtigung finden kann. Der Begriff der „geplanten Politiken und Maßnahmen“ erfasst danach Optionen, „die erörtert werden und bei denen eine realistische Chance besteht, dass sie nach dem Zeitpunkt der Einreichung [...] verabschiedet und durchgeführt werden“. Dafür, dass es sich auch bei den zur Verabschiedung vorgesehenen Maßnahmen des WAM-Szenarios eines NLRP um „geplante“ Maßnahmen in diesem Sinne handelt, spricht insbesondere, dass es sich beim NLRP um ein Governance- bzw. Steuerungsinstrument handelt. Die EU-Kommission hat das Programm im Ersten Erwägungsgrund zum Durchführungsbeschluss EU 2018/1522 als „das wichtigste Steuerungsinstrument im Rahmen der Richtlinie (EU) 2016/2284“ bezeichnet, das „die Mitgliedsstaaten bei der Planung ihrer nationalen Strategien und Maßnahmen zur Einhaltung der in der genannten Richtlinie festgelegten nationalen Reduktionsverpflichtungen für 2020 und 2030 unterstützt“. In ihrem Bericht an das Europäische Parlament und den Rat (vom 26. Juni 2020, COM (2020) 266 final, S. 6) bezeichnet die Kommission die nationalen Luftreinhalteprogramme als „ein zentrales Governance-Instrument“, das es den Mitgliedsstaaten ermögliche, ihre Strategien und Maßnahmen zu koordinieren und zu vereinbaren, um sicherzustellen, dass die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen erfüllt werden. Dass die in der NEC-RL verwendeten Begriffe nicht mit den in dieser später ergangenen, nach dem Erwägungsgrund 1 ein Governance-System für die Energieunion und den Klimaschutz schaffenden Verordnung verwendeten Begriffen übereinstimmen, steht dem ebenso wenig entgegen wie die vom Kläger angeführte Verbindlichkeit der in Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang II NEC-RL geregelten Emissionsreduktionsverpflichtungen, deren Einhaltung mit den „zur Verabschiedung vorgesehenen“ Maßnahmen sichergestellt werden soll.
Eine danach jedenfalls erforderliche „realistische“ Chance auf Verabschiedung und Durchführung der ausgewählten Maßnahmen kann allerdings nicht schon dann angenommen werden, wenn - wie die Beklagte meint - die Verabschiedung und Umsetzung einer Strategie oder Maßnahme „völlig offen“ sind. Denn die Bundesregierung ist gem. Art. 6 Abs. 1 NEC-RL - für die Aktualisierungen gem. Art. 6 Abs. 3 oder 4 NEC-RL kann insoweit nichts anderes gelten - verpflichtet, zur Erreichung der verbindlichen Reduktionsziele des Art. 4 NEC-RL geeignete und erforderliche Maßnahmen nicht nur auszuwählen, sondern grundsätzlich auch durchzuführen. Vor diesem Hintergrund sowie angesichts der sich bei entsprechender Anwendung aus Art. 2 Nr. 5 Governance-Verordnung ergebenden Anforderung einer vorherigen Erörterung der auszuwählenden - „geplanten“ - Maßnahmen und Strategien kann von einer realistischen - „wirklichkeitsnahen“ - Chance auf Realisierung nur ausgegangen werden, wenn die Realisierbarkeit der Strategie oder Maßnahme im maßgeblichen Zeitpunkt hinreichend wahrscheinlich ist. Jedenfalls mit Blick auf die verbindlich zu erreichenden Ziele des NLRP und die Unterscheidung der NEC-RL zwischen lediglich „in Betracht gezogenen“ Politikoptionen und „zur Verabschiedung vorgesehenen“ Strategien und Maßnahmen kann eine Maßnahme im Ergebnis einer zielorientierten Planung nur dann „zur Verabschiedung vorgesehen“ werden, wenn hinreichend konkrete Anhaltpunkte dafür bestehen, dass sie realisiert werden kann und wird. Dass - wie die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung meinte - keine konkreten Anhaltspunkte gegen ihre Realisierung sprechen, genügt dafür nicht.
(5) Die einleuchtende Begründung eines einem NLRP zugrunde gelegten Prognoseergebnisses hat den sich aus der NEC-RL und dem dazu ergangenen Durchführungsbeschluss der Kommission ((EU) 2018/1522) ergebenden, neben dem Format auch Umfang und Detailgenauigkeit der Angaben umfassenden Anforderungen zu genügen und sie muss entsprechend Anhang IV Ziff. 2 Nr. 1 NEC-RL sicherstellen, dass die Prognosen transparent, kohärent, vergleichbar, vollständig und genau sind. Ist eine Aktualisierung der den Prognosen des Luftreinhalteprogramms zugrunde liegenden Daten nicht mehr möglich, hält der Senat es – wie bereits dargelegt - für geboten, dass die Bundesregierung nicht nur die für die Prognose nicht (mehr) berücksichtigten Änderungen der Datenbasis oder Maßnahmen transparent darstellt, sondern darüber hinaus Art und Umfang der sich daraus ergebenden erhöhten Unsicherheiten klarstellt und seine dem Vorgehen zugrunde liegende Einschätzung begründet, warum eine Anpassung der Prognose als nicht erforderlich bzw. nicht mehr als möglich angesehen wird. Dies gilt jedenfalls bei solchen Änderungen der Datenlage oder geplanten Maßnahmen, die eine Relevanz für das Ergebnis haben können.
Mit dem auf Grundlage des Art. 6 Abs. 10 NEC-RL getroffenen Durchführungsbeschluss der Kommission ((EU) 2018/1522) werden die Anforderungen an die Konkretisierung der ausgewählten Strategien und Maßnahmen, die sich aus Art. 6 Abs. 1 NEC-RL in Verbindung mit Anhang III Teil 1 NEC-RL ergeben, weiter konkretisiert. Das gemäß Art. 1 des Durchführungsbeschlusses in dessen Anhang festgelegte Format „verwenden die Mitgliedsstaaten“ gemäß dessen Art. 2 bei der Übermittlung ihres nationalen Luftreinhalteprogramms an die Kommission. Die Wahrung des mit dem Durchführungsbeschluss festgelegten Formats soll nicht nur die Programme der Mitgliedsstaaten besser vergleichbar machen, sondern auch die gem. Art. 10 Abs. 1 Unterabsatz 3 NEC-RL von der Kommission vorzunehmende Prüfung der Prognose erleichtern (vgl. Erwägungsgrund 7 des Durchführungsbeschlusses). Der Umfang und die Detailgenauigkeit der Angaben sind von wesentlicher Bedeutung für die Prüfung der übermittelten Pläne, weil insbesondere unzureichende Informationen über die voraussichtliche Übernahme der Strategien und Maßnahmen, den Zeitrahmen für ihre Umsetzung und den Umfang der vorgesehenen Emissionsreduktionen zu Unsicherheiten hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Maßnahmen/Strategien und des Ausmaßes führt, in dem sie zur Erfüllung der nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen beitragen können (vgl. dazu Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 26. Juni 2020, COM (2020) 266 final, insbes. S. 9 f.; vgl. dazu auch Ricardo, Review of National Air Pollutant Projections an Assessment of National Air Pollution Control Programmes, S. 78 f. - i.F. RNAPP/ANAPCP). Ungeachtet dessen verlangt der Durchführungsbeschluss - anders als die Überschrift der Tabelle 2.6.1 des Durchführungsbeschlusses („Nähere Angaben zu den zur Einhaltung der Emissionsreduktionsverpflichtungen in Betracht gezogenen Strategien und Maßnahmen (Angabe auf Strategie-/Maßnahmenebene“) nahelegen könnte - keine Angabe und Bewertung jeder einzelnen Strategie und Maßnahme, sondern eröffnet ausdrücklich die Möglichkeit zur Übermittlung der geforderten Informationen auf Basis eines Strategie- oder Maßnahmenpakets (vgl. Spalten 1, 3, 9). Die Überschrift des Abschnitts zu den zur Verabschiedung vorgesehenen Optionen umfasst sogar ausdrücklich auch Strategie-/Maßnahmenpakete (vgl. auch Tabelle 2.7.1 Spalte 1, 3, 7). Daraus resultierende Schwierigkeiten, die Verlässlichkeit des diesem Paket zugeschriebenen Beitrags zur Emissionsreduktion zu überprüfen (vgl. dazu Ricardo, RNAPP/ANAPCP, S. 79, 2. Unterpunkt), begründen danach jedenfalls keine Verpflichtung, die erforderlichen Angaben für jede einzelne Maßnahme oder Strategie gesondert einzustellen, sondern werden hingenommen.
Im Übrigen gilt für Emissionsprognosen gemäß Anhang IV Ziff. 2 Nr. 1 NEC-RL, dass diese transparent, kohärent, vergleichbar, vollständig und genau sein und ggf. die Ergebnisse durchgeführter Sensibilitätsanalysen (bzw. Sensitivitätsanalysen) umfassen müssen (Anhang III Teil 2 NEC-RL). An diesen Anforderungen, die, wie vorstehend bereits ausgeführt, für die Prognosen eines NLRP entsprechend heranzuziehen sind, ist auch die Begründung der Prognosen zu messen. Diese ist nur dann im Sinne des vorstehend ausgeführten gerichtlichen Kontrollmaßstabs „einleuchtend“, wenn sie sich zu allen hiernach relevanten Umständen verhält und das Ergebnis auf dieser Grundlage plausibel erscheint.
Davon ausgehend muss eine Begründung auch klar zu erkennen geben, wenn eine dem NLRP zugrunde gelegte Prognose auf Annahmen beruht, die im Beschlusszeitpunkt aufgrund aktuellerer Erkenntnisse oder wegen nachträglich eingetretener Entwicklungen bereits überholt waren. Jedenfalls bei potentiell ergebnisrelevanten, den Prognosen zugrunde liegende Annahmen oder die Ausgestaltung ausgewählter Maßnahmen betreffenden Änderungen geht der Senat davon aus, dass nicht nur die für die Prognose nicht (mehr) berücksichtigten Änderungen der Datenbasis oder der „zur Verabschiedung vorgesehenen“ Maßnahmen transparent zu machen, sondern dass darüber hinaus auch Art und Umfang der sich daraus ergebenden erhöhten Unsicherheiten mittels einer Sensitivitätsanalyse oder auf andere geeignete Weise - mindestens grob überschlägig - mitzuteilen sind. Auch die Entscheidung, dass und warum eine Aktualisierung der Prognose als nicht erforderlich, nicht bzw. nicht mehr als möglich bzw. jedenfalls als unverhältnismäßig angesehen wurde, gehört zu einer vollständigen, genauen und nachvollziehbaren Begründung. Eine derartige Begründung mag zwar ebenfalls zu gewissen Verzögerungen führen. Eine mit einem solchen Begründungserfordernis einher gehende Verzögerung kann aber - wie die Aufnahme der mit Blick auf den Projektionsbericht 2023 angestellten Sensitivitätsbetrachtungen zeigt, die bereits zur 2. Ressortabstimmung (Einleitung am 15. September 2023) vorlag - vergleichsweise kurz ausfallen und ist angesichts der nur so herzustellenden Transparenz, Klarheit, Vollständigkeit und Genauigkeit hinzunehmen.
bb. In Anwendung der dargelegten Anforderungen ist die dem NLRP 2023 zu Grunde liegende Prognose nicht deshalb fehlerhaft, weil die Ergebnisse des im Februar 2024 an die EU-Kommission übermittelten Emissionsinventars nicht berücksichtigt wurden. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Bundesregierung ihren Prognosen die Inventarberichterstattung 2022 zugrunde gelegt hat, die über die Gesamtemissionen im Jahre 2020 berichtet (vgl. Tabelle 30 und 50 des NLRP 2023).
Der diesbezügliche Einwand des Klägers verkennt die für die nationalen Emissionsprognosen in Anh. IV Teil 2 Nr. 3 NEC-RL getroffene Regelung, wonach diese „mit dem nationalen jährlichen Emissionsinventar für das Jahr X-3 und mit den gemäß der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates übermittelten Prognosen“ übereinstimmen. Da diese - wie vorstehend bereits ausgeführt - auch für die dem NLRP zugrunde zu legenden Prognosen beachtlich sind, ist es grundsätzlich auch nicht zu beanstanden, wenn die dem NLRP 2023 zugrundeliegenden Prognosen nicht auf Grundlage der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung aktuellen Inventardaten 2024 erstellt worden sind. Davon ausgehend wäre die Zugrundelegung der Ergebnisse des Emissionsinventars 2022 offensichtlich nicht zu beanstanden, wenn das hier in Rede stehende NLRP 2023 - den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 NEC-RL entsprechend - im Jahr 2023 beschlossen worden wäre.
Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Mai 2024 lag das im Februar 2023 (bzw. erneut im März 2023) übermittelte, das Jahr 2021 betreffende Emissionsinventar zwar seit mehr als einem Jahr vor. In diesem Zusammenhang ist aber auch zu berücksichtigen, dass Art. 6 Abs. 4 NEC-RL den Mitgliedsstaaten für die Berücksichtigung neuer Entwicklungen aufgrund von Emissionsinventaren und Emissionsprognosen eine Frist von 18 Monaten einräumt, die hier - ausgehend von der Übermittlung der Emissionsprognose 2023 im Februar/März 2023 - auch bei Beschluss des NLRP 2023 im Mai 2024 noch nicht abgelaufen war. Davon ausgehend kann die Berücksichtigung der Ergebnisse eines weniger als 18 Monate alten Emissionsinventars nach Auffassung des Senats auch bei der turnusmäßigen Aktualisierung eines NLRP gem. Art. 6 Abs. 3 NEC-RL nicht verlangt werden.
Soweit der Kläger meint, dass die Beklagte insbesondere das sich aus den neuen Inventardaten von 2024 ergebende höhere Emissionsniveau für NH3 und SO2 als Indiz dafür hätte berücksichtigen müssen, dass künftige Emissionsprognosen pessimistischer ausfallen würden, hat die Beklagte zudem mit Schriftsatz vom 30. Juni 2023 (S. 28 f.) nachvollziehbar ausgeführt, weshalb sich den im Februar 2024 übermittelten neuen Inventarberechnungen trotz des dort ausgewiesenen höheren Emissionsniveaus für NH3 und SOX (noch) nicht belastbar entnehmen lasse, dass künftige Emissionsprognosen pessimistischer ausfallen würden (von Jahr zu Jahr schwankende Höhe der Emissionen aufgrund fortlaufender methodischer Verbesserungen des Inventars, Aufnahme einer bisher nicht enthaltenen Quelle). Der Kläger ist dem nicht substantiiert entgegengetreten.
cc. Nach Auffassung des Senats stellt es hingegen einen Fehler der Prognose dar, dass die Ergebnisse des THG-Projektionsberichts 2023 nicht (durchgängig) berücksichtigt wurden.
Der Kläger rügt nach Auffassung des Senats zu Recht, dass das NLRP 2023 auf einer nicht hinreichend aktuellen und belastbaren Datengrundlage beruhe, weil das WM-Szenario auf dem MMS des Projektionsberichts 2021 zu den Treibhausgasemissionen aufbaue, obwohl der THG-Projektionsbericht 2023 bereits seit August 2023 vorliege und dem NLRP 2023 auch zur Herstellung der Kohärenz mit anderen einschlägigen - hier klimapolitischen - Planungen zugrunde zu legen gewesen sei.
Im Szenario „mit Maßnahmen“ des NLRP 2023 (Tabelle 30) wurde für den überwiegenden Teil der Emissionsquellen in den Sektoren 1.A.1 (Energiewirtschaft), 1.A.2 (verarbeitendes Gewerbe), 1.A.4 (übrige Feuerungsanlagen), 1.A.5 (Militär), 1.B (diffuse Emissionen aus Brennstoffen), 2 (Industrieprozesse) und 5 (Abfall- und Abwasserbehandlung) die projizierte Entwicklung der Aktivitätsraten des Mit-Maßnahmen-Szenario MMS des THG-Projektionsberichts 2021 zugrunde gelegt. Dieser umfasst alle bis zum 31. August 2020 beschlossenen klimaschutzrelevanten Maßnahmen und Instrumente (Seite 80 f. NLRP 2023). Der THG-Projektionsbericht war gemäß Art. 18 Abs. 1 der Governance-Verordnung erstmals zum 15. März 2021 und sodann alle zwei Jahre zu erstellen und der Europäischen Kommission zu übermitteln. Den erst im August 2023 veröffentlichten THG-Projektionsbericht 2023 hat die Bundesregierung im NLRP 2023 im Rahmen einer „qualitativen Sensitivitätsbetrachtung“ berücksichtigt, um Unsicherheiten bei den Prognosen im Hinblick auf die Einhaltung der Emissionsreduktionsverpflichtungen für 2020, 2025 und ab 2030 zu begegnen (vgl. Kapitel 5.1.2 und 5.1.4.). Sie ist dabei zu der Schlussfolgerung gekommen, dass die vorgesehenen zusätzlichen Maßnahmen und Maßnahmeoptionen es möglich machten, auf von den Projektionen abweichende Entwicklungen zu reagieren und die Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen der NEC-RL sicherzustellen. Insbesondere bei Feinstaub sei ein engmaschiges Monitoring neu installierter Heizungen auf Basis fester Biomasse geboten. Grundlage für die Feststellung der Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen bilde die Aktualisierung der Emissionsprojektionen für bestimmte Luftschadstoffe, die alle zwei Jahr an die Europäische Kommission zu berichten sei, das nächste Mal bis zum 15. März 2025.
Dies hält der Senat aus folgenden Gründen nicht für ausreichend:
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das NLRP insbesondere mit dem THG-Projektionsbericht übereinstimmen soll. Dies folgt nicht nur aus Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Teil 1 Nr. 1 lit. f NEC-RL, der bestimmt, dass das NLRP eine Bewertung der Art und Weise zu enthalten hat, auf die ausgewählte Strategien und Maßnahmen Kohärenz mit Plänen und Programmen in anderen wichtigen Politikbereichen gewährleisten. Gemäß Art. 6 Abs. 2 lit. d) NEC-RL muss jeder Mitgliedsstaat bei der Erstellung, Verabschiedung und Durchführung des Programms Kohärenz mit anderen einschlägigen Plänen und Programmen, die aufgrund von nationalen oder Unionsvorschriften aufgestellt wurden, sicherstellen. Zudem ist in Art. 8 Abs. 5 i.V.m. Anhang IV Teil 2 Nr. 3 NEC-RL festgelegt, dass die nationalen Emissionsprognosen auch mit den gem. der VO (EU) 525/2013 zu erstellenden Prognosen übereinstimmen. Die genannte Verordnung (EU) 525/2013 ist „vollständig in die“ Governance-Verordnung „eingegangen“ (vgl. Erwägungsgrund 72 der Governance-Verordnung), womit der gem. Art. 18 Governance-Verordnung zu erstellende Projektionsbericht an die Stelle der dort in Bezug genommenen Prognosen nach der VO (EU) 525/2013 getreten sein dürfte. Dies spricht dafür, dass eine Übereinstimmung auch der einem NLRP zugrunde liegenden Emissionsprognosen nach der NEC-RL mit den aktuellen Projektionen der THG-Projektionsberichte verlangt ist, auch wenn, anders als für die ebenfalls in Anhang IV Teil 2 Nr. 3 NEC-RL angeführten Inventardaten, das für die in Bezug zu nehmende Prognose nach der alten VO (EU) 525/2013 maßgebliche Jahr nicht konkretisiert worden ist. Dass, wie die Beklagte vorträgt, im Ricardo-Bericht zum NLRP 2019 (Review of the National Air Pollution Control Programme - Germany, S. 17) die Heranziehung eines - noch nicht nach der erst im Dezember 2018 verkündeten Governance-Verordnung erstellten - Projektionsberichts von 2017 nicht beanstandet worden ist, lässt keine Rückschlüsse auf die Auslegung der entsprechenden Normen zu. Der Unionsgesetzgeber hat die Fristen zur Erstellung der klimapolitischen Projektionen nach Art. 18 Abs. 2 der Governance-Verordnung (alle zwei Jahre zum 15. März, und zwar 2021, 2023, u.s.w.) und der - grundsätzlich auch den NLRP zugrunde zu legenden - Emissionsprognosen für die Luftschadstoffe nach Art. 8 Abs. 2 i.V.m. Anhang I Tabelle C (alle zwei Jahre zum 15. März, und zwar 2021, 2023, u.s.w.) bewusst aneinander angeglichen, um die unionsrechtlich geforderte Kohärenz dieser Projektionen durch rechtzeitige, die parallele Bearbeitung der Emissionsprognosen des NLRP und der Projektionen des THG-Projektionsberichts auf Grundlage gleicher Szenarien erlaubende Abstimmung zu ermöglichen.
Nach diesen Regelungen wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, vor der Beschlussfassung über das NLRP 2023 im Mai 2024 zu beurteilen, ob sich aus dem THG-Projektionsbericht 2023 bzw. aus den diesem zugrunde gelegten Szenarien Änderungen für die dem NLRP 2023 zugrundeliegenden Prognosen ergeben. Ihr Vortrag, dass dies aus zeitlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, überzeugt nicht. Ausweislich des Entwurfs des NLRP 2023 vom Juni 2023 beabsichtigte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt noch, die Szenarien des NLRP 2023 und des THG-Projektionsberichts 2023 vor der Kabinettsbefassung abzugleichen und zu aktualisieren (vgl. Anl. K 52, Entwurf des NLRP, Tabelle 6: Kohärenz, S. 29 f., 30; aus den Verwaltungsvorgängen vgl. z.B. Anl. K 64, Vorlage an die Staatssekretärin vom 30. Juni 2023, S. 4 f., unter Hinweis auf eine damals angekündigte Vorlage des Projektionsberichts im Juli), ging also offensichtlich davon aus, dass dies rechtzeitig möglich sein würde. Zudem lagen zwischen dem Zeitpunkt der Vorlage des fertigen THG-Projektionsberichts 2023 im August 2023 und dem Zeitpunkt des Beschlusses über das NLRP im Mai 2024 tatsächlich noch ca. 9 Monate. Auch wenn - wie die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt hat - eine direkte Übernahme der Daten des THG-Projektionsberichts für die Projektionen nicht möglich war, weil diese erst aufbereitet werden mussten, ist weder auf Grundlage des Verwaltungsvorgangs noch auf Grundlage der Ausführungen im Termin feststellbar, dass der hier zwischen August 2023 und dem Datum des Beschlusses über den NLRP im Mai 2024 verstrichene Zeitraum nicht ausreichend gewesen wäre, um die Ergebnisse des Projektionsberichts 2023 einzubeziehen. Die Ausführungen des Mitarbeiters des UBA in der mündlichen Verhandlung, dass es durchschnittlich sechs Monate dauere, Prognosen über alle Bereiche zu erstellen, und dass Vorarbeiten des UBA bis 2021 zurückgingen, begründet daran keine durchgreifenden Zweifel, zumal weder dargelegt wurde noch sonst ersichtlich ist, dass es bei der Aktualisierung des NLRP 2023 anhand des THG-Projektionsberichts 2023 um eine Neuerstellung von Prognosen über alle Bereiche gegangen wäre. Die Beklagte hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass und ggf. weshalb eine Einbeziehung der Ergebnisse des Projektionsberichts 2023 eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung und Anhörung der Länder und beteiligten Kreise erfordert hätte. Angesichts des im Entwurf vom Juni 2023 enthaltenen Hinweises auf die vorgesehene Aktualisierung anhand des Projektionsberichts 2023 war ein Abwarten der Aktualisierung oder eine (nochmalige) Beteiligung nach Durchführung dieser Aktualisierung zu diesem Zeitpunkt ersichtlich nicht als erforderlich angesehen worden.
Allein der aus den Verwaltungsvorgängen ersichtliche Umstand, dass das für die Beklagte federführend tätige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) im September 2023 erwartete, dass die Bundesregierung das NLRP 2023 alsbald nach der am 15. September 2023 begonnenen und zunächst bis zum 20. September 2023 befristeten 2. Ressortabstimmung beschließen könne, rechtfertigt nach Auffassung des Senats das – abgesehen von der Erstellung der Sensitivitätsanalyse - bloße Zuwarten während des nachfolgenden, knapp acht Monate andauernden Zeitraums bis zum Beschluss der Bundesregierung am 15. Mai 2024 nicht. Denn nach der vorstehend dargelegten Auffassung des Senats blieb die Bundesregierung so lange verpflichtet, sich um die Aktualisierung einer in erheblicher Weise veränderten Datengrundlage zu bemühen, die Auswirkungen der Veränderung auf die Prognose zu ermitteln und diese entsprechend zu aktualisieren, so lange die Willensbildung innerhalb der Bundesregierung nicht abgeschlossen war. Von einer abgeschlossenen Willensbildung kann jedenfalls so lange nicht ausgegangen werden wie die Abstimmung zwischen den Ressorts läuft und nicht alle zu beteiligenden Ressorts mitgezeichnet haben. Denn jedenfalls so lange die Ressortabstimmung nicht abgeschlossen ist, ist ohnehin noch mit Änderungen zu rechnen. Die fortlaufende Aktualisierung bildet dabei erst die Grundlage dafür, dass die Ressorts und damit die Bundesregierung als Kollegialorgan eine informierte und tragfähige Entscheidung darüber treffen können. Dazu gehört auch die Entscheidung darüber, welche Konsequenzen sie aus den aktualisierten Erkenntnissen ziehen möchte, d.h. ob an dem bisherigen Maßnahmenprogramm festgehalten werden soll oder ob Änderungen erfolgen sollten. Dass die Bundesregierung mit Blick auf ein mögliches Vertragsverletzungsverfahren eine Änderung der im NLRP 2023 aufgenommen Maßnahmen nicht mehr hätte beschließen können, ist möglich, aber nicht zwingend. Auch der Verweis auf die ohnehin anstehende Prognose im März 2025 führt aus Sicht des Senats zu keiner anderen Beurteilung. Das fortlaufende Monitoring soll transparent machen, ob die Bemühungen der Mitgliedstaaten um eine Verringerung der Luftschadstoffe erfolgreich sind. Sinn und Zweck des Monitorings ist es aber nicht, die Aktualisierung von Prognosen in die Zukunft zu verschieben.
Es ist auch nicht feststellbar, dass das hier gewählte Vorgehen der Beklagten - Ergänzung des NLRP 2023 nur um die in Kap. 5.1.4 (S. 90 ff.) enthaltene Sensitivitätsanalyse - deshalb nicht zu beanstanden ist, weil die sich aus dem THG-Projektionsbericht 2023 ergebenden Abweichungen von den Prognosen des NLRP danach jedenfalls im Ergebnis unerheblich waren. Konkret wurde in dieser Sensitivitätsanalyse anhand eines Vergleichs der geänderten Trendprognosen des Primärenergie-, Endenergie- und Bruttostromverbrauchs sowie der Bruttostromerzeugung für die Jahre 2030 und 2040 eine „überschlägige“ Bewertung der Auswirkungen der im Projektionsbericht 2023 angenommenen höheren Bruttostromerzeugung sowie eines höheren, noch über die Annahmen des Projektionsberichts hinausgehenden Einsatzes von Biomasse im Gebäudebereich auf die Luftschadstoffe (insbes. NOX und PM2,5) vorgenommen, in der auch die insoweit bestehenden, erst anhand derzeit nicht verlässlich absehbarer zukünftiger Entwicklungen zu reduzierenden Unsicherheiten dargelegt wurden.
Die im Termin protokollierte Erklärung des Mitarbeiters des UBA, dass nach Vorlage des THG-Projektionsberichts 2023 festgestellt worden sei, „dass der Bericht keine relevanten Abweichungen für diesen Bereich ergab“, bezog sich allerdings nur auf den zuvor thematisierten Bereich des Kohleausstiegs bis 2030, für den er zuvor erklärt hatte, dass das UBA dessen Auswirkungen selbst modelliert habe. Insoweit findet sich in der Sensitivitätsbetrachtung in der Tat der Hinweis, dass der sich aus den Szenarien des THG-Projektionsberichts 2023 ergebende schnellere Rückgang der Stromerzeugung aus Kohle, der danach nicht durch eine deutlich höhere Verstromung von Erdgas, sondern durch einen schnelleren Zuwachs von Erneuerbaren kompensiert werde, mit einer deutlichen Minderung an Luftschadstoffen, insbesondere von NOX, einhergehe. Die Erreichbarkeit der mit dem WM-Szenario des THG-Projektionsberichts 2023 verbundenen höheren Minderung von Luftschadstoffen, insbesondere NOX, hänge wesentlich davon ab, in welcher Geschwindigkeit die gesteckten Ziele beim Ausbau der Erneuerbaren erreicht würden.
Die Ausführungen der Sensitivitätsanalyse zum höheren Einsatz von Biomasse, die neben den diesbezüglichen Annahmen des Projektionsberichts 2023 auch die Auswirkungen des GEG, „wie verabschiedet (08.09.2023)“, aufgreifen, zeigen allerdings ein erhebliches Risiko auf, dass es zu einem höheren Biomasseeinsatz im Gebäudebereich und davon ausgehend zu einer über Jahre andauernden Gefährdung der Einhaltung der ab 2030 geltenden Reduktionsverpflichtungen für Feinstaub kommen kann. Unter diesen Umständen rechtfertigt allein die dort ebenfalls aufgenommene Aufzählung verschiedener, möglicherweise gegenläufig wirkender, in ihren Auswirkungen aber völlig unsicherer Maßnahmen nicht die Annahme, dass eine Anpassung der Prognosen - wenigstens - an die Szenarien des THG-Projektionsberichts 2023 zum Biomasseeinsatz im Gebäudebereich entbehrlich gewesen sein könnte.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass - nach der Erklärung des Mitarbeiters des UBA in der mündlichen Verhandlung - der wissenschaftlich korrekte Umgang mit Unsicherheiten im Fall des NLRP, auf dessen Projektionen die normalen, etwa für das Inventar geltenden Vorgaben (Guidelines, Monte-Carlo-Simulation, Unsicherheitsanalyse im IIR) nicht anwendbar seien („wäre jenseits von Gut und Böse“), darin besteht, grundsätzlich konservative Annahmen zugrunde zu legen. Der Verzicht auf die Einbeziehung der sich schon aus den höheren Biomasse-Verbrauchswerten des THG-Projektionsberichts 2023 ergebenden Risiken für die Einhaltung der PM2,5-Reduktionsverpflichtungen unter Verweis auf völlig unsichere Wirkungen anderer, möglicherweise zur Reduzierung des Biomasseverbrauchs in Heizungsanlagen geeigneter Maßnahmen trägt dem nicht Rechnung.
dd. Die Einwände des Klägers gegen die dem NLRP 2023 zugrunde liegenden Annahmen zum Einsatz fester Biomasse sind überwiegend berechtigt.
(1) Dies folgt hinsichtlich der Frage nach der Berücksichtigung des gegenüber dem THG-Projektionsbericht 2021 höheren Biomasseeinsatzes im Gebäudebereich, den der THG-Projektionsbericht 2023 im WMS auf Grundlage des GEG in der Fassung vom 22. Juli 2022 ausweist, aus den vorstehenden Ausführungen. Die unterbliebene Aktualisierung dieser Daten ist sachlich nicht gerechtfertigt
(2) Auch die Prognose, die der Maßnahme „65 Prozent erneuerbare Energien beim Einbau von neuen Heizungen (Novelle des Gebäudeenergiegesetzes)“ (vgl. Tabelle 36, S. 100 ff. des NLRP 2023) zugrunde liegt, weist methodische Mängel auf.
Dies gilt zunächst, soweit der Kläger rügt, dass der in Tabelle 36 prognostizierte erhöhte Ausstoß an NOX, SO2, NH3 und PM2,5 auf Grundlage einer dem Kabinettsbeschluss vom 19. April 2023 entsprechenden Entwurfsfassung des GEG prognostiziert wurde und damit auf einem aufgrund der im parlamentarischen Verfahren erfolgten Änderungen dieses Gesetzentwurfs überholten Szenario beruht, dessen Annahmen erheblich von der am 8. September 2023 vom Bundestag und am 29 September 2023 vom Bundesrat beschlossenen und am 19. Oktober 2023 verkündeten Fassung des GEG abweichen.
Diese Änderungen sind in der dem NLRP 2023 beigefügten Sensitivitätsanalyse ebenfalls angesprochen worden und mit Blick darauf wie auch auf die sich für den bisherigen Stand des Gesetzes bereits aus dem THG-Projektionsbericht 2023 ergebende Erhöhung des Biomasseeinsatzes wurde angenommen, dass unter diesen Umständen davon auszugehen sei, dass die Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen für Feinstaub ab 2030 gefährdet sein könne. Zu einer Aktualisierung der der Tabelle 36 zugrunde liegenden Prognose kam es nicht.
Der Mitarbeiter des UBA hat hierzu in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, dass das UBA die Modellierungen des Brennstoffeinsatzes im Gebäudesektor nicht selbst durchführe, sondern diese durch Auftragnehmer des UBA erfolge. Für die Modellierungen, die der in Tabelle 36 des NLRP 2023 erstellten Prognose zugrunde liegen, habe man ausnahmsweise an eine vorhandene Forschungsarbeit anknüpfen können, die eine dem Kabinettsbeschluss vom 19. April 2023 vergleichbare Fassung betrachtet habe. Erst mit den THG-Projektionsdaten 2024 habe es eine Datengrundlage für die Modellierungen der Auswirkungen des GEG in der im September 2023 beschlossenen Fassung gegeben. Die vom Kläger angeführte, im bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Vermerk vom 30. Juni 2023 enthaltene Berechnung eines Korridors habe keine - zum damaligen Zeitpunkt noch nicht mögliche - belastbare Einschätzung der Auswirkungen der Änderungen des GEG dargestellt, sondern - wie die Vertreterin des BMUV, bestätigte - lediglich eine „grobe Abschätzung“. Die Beauftragung eines Auftragnehmers für neue Berechnungen hätte einige Monate in Anspruch genommen (Protokoll S. 4, Bl. 2524 ff. EGA). Dies rechtfertigt es nach Überzeugung des Senats nicht, von einem weiteren Bemühen um eine Aktualisierung abzusehen.
Die Beklagte hat sich in der Folge, jedenfalls ab dem Beschluss des GEG durch Bundestag und Bundesrat im September 2023, nicht um eine Aktualisierung der Prognose durch Beauftragung der erforderlichen Berechnungen bemüht, obwohl ihr bewusst war, dass ihre in der Tabelle 36 zusammengefasste Prognose zur Erhöhung des Ausstoßes von Luftschadstoffen durch einen erhöhten Einsatz von Biomasse zur Gebäudeheizung voraussichtlich zu niedrig und jedenfalls höchst unsicher war. Diese Unsicherheiten ergeben sich schon aus der Darstellung der voraussichtlichen Auswirkungen der im parlamentarischen Verfahren vorgenommenen Änderungen des GEG-Entwurfs und der Vorgaben für die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) in der Vorlage an die Staatssekretärin vom 30. Juni 2023 (dort S. 2 ff.; ähnlich auch Vorlage vom 24. August 2023, S. 1 ff.). Dort wird die Verschärfung der Problematik durch die geplante Reduzierung der technischen Mindestanforderungen im Gebäudeenergiegesetz und die entsprechende Anpassung der Bundesförderung für effiziente Gebäude anschaulich dargestellt und darauf verwiesen, dass aufgrund der im Gesetzgebungsverfahren geplanten Änderungen von einem erhöhten Einsatz von fester Biomasse ausgegangen werden müsse, der nach Schätzungen des UBA zu einem stärkeren Anstieg der PM2,5-Emissionen aus Kleinfeuerungsanlagen führen werde als im zweiten NLRP bisher berücksichtigt worden sei. Die Abschätzungen zeigten einen breiten Korridor möglicher Mehremissionen zum bisher angenommenen Szenario. Es bestehe derzeit keine belastbare Grundlage für eine verlässliche Abschätzung der Effekte, die im NLRP-Entwurf enthaltenen Maßnahmen könnten die zu erwartenden PM2,5-Mehremissionen der Kleinfeuerungsanlagen in Folge der Novelle voraussichtlich aber nicht ausgleichen. Selbst am unteren Ende des Korridors sei davon auszugehen, „dass drastische Maßnahmen notwendig sind, um die dadurch entstehende Lücke zu kompensieren“ (Vorlage vom 24. August 2023, S. 2).
Entspricht es, wie der im Termin anwesende Mitarbeiter des UBA auf eine diesbezügliche Frage des Senats geantwortet hat, wissenschaftlich korrektem Vorgehen, im Fall großer Unsicherheiten von einer eher konservativen Schätzung auszugehen und ggf. zusätzliche Maßnahmen vorzusehen, begründet in einer solchen Situation schon der Verzicht auf die Aufnahme weiterer Gegenmaßnahmen einen methodischen Mangel. Die in den Tabellen 37 und 38 enthaltenen optionalen Maßnahmen - Anpassung zweier Ökodesign-Verordnungen - sind keine mit Blick auf die im September 2023 beschlossenen Änderungen des GEG aufgenommenen zusätzlichen Maßnahmen, sondern waren bereits in dem im Juni 2023 bekannt gemachten ersten Entwurf des NLRLP 2023 enthalten.
Schließlich wäre, selbst wenn man davon ausgehen würde, dass eine Aktualisierung der Prognose nicht rechtzeitig möglich und eine Aufnahme zusätzlicher Maßnahmen bei nicht verlässlich absehbarer Verfehlung der Ziele nicht geboten gewesen wäre, jedenfalls die Begründung der Prognose unzureichend.
Die in der Tabelle 36 enthaltene qualitative Beschreibung der Unsicherheiten lässt nicht hinreichend deutlich erkennen, dass wesentliche, der Prognose zugrunde gelegte Annahmen spätestens mit Inkrafttreten des geänderten GEG im Oktober 2023 (die Anpassung der BEG erfolgte im Dezember) unzweifelhaft nicht mehr zutrafen. Unter diesen Umständen ist der in der Tabelle enthaltene Hinweis „Im parlamentarischen Verfahren können sich Änderungen ergeben, die Auswirkungen auf die Höhe der Emissionen haben“, zumindest irreführend, da er den bereits erfolgten Eintritt wesentlicher Änderungen verschweigt, die für sich genommen ein erhebliches Risiko eines gegenüber den zugrunde gelegten Annahmen deutlich erhöhten Ausstoßes von Luftschadstoffen durch die dadurch attraktiver gewordene Nutzung von Biomasse zur Gebäudeheizung begründen. Der nicht bei den Unsicherheiten der in Rede stehenden Maßnahme, sondern nur in den Allgemeinen Hinweisen, die den in Betracht gezogenen Politikoptionen unter 6.1 des NLRP 2023 vorangestellt wurden, aufgenommene Hinweis, dass Entwicklungen nach den jeweils betrachteten Stichdaten - in keinem Fall nach dem 30. April 2023 - nicht mehr hätten berücksichtigt werden können und inzwischen festgelegte bzw. gesetzlich beschlossene Maßnahmen „(z.B. Lkw-Maut und Novelle des Gebäudeenergiegesetzes)“ erst bei der nächsten Aktualisierung der Emissionsprojektionen ins Szenario „mit Maßnahmen“ übergehen und ihre potenzielle Emissionsminderungswirkung auf Basis der gesetzlichen Ausgestaltung neu quantifiziert werden müsse, macht dies nicht entbehrlich. Denn er lässt ebenfalls nicht erkennen, dass und in welcher Weise die beschlossenen Änderungen das Risiko eines gegenüber der in Tabelle 36 erläuterten Prognose deutlich erhöhten Schadstoffausstoßes begründen.
Auch die anschließenden Ausführungen thematisieren die gesetzlichen Änderungen und deren voraussichtliche, lediglich dem Umfang nach unsichere Auswirkungen nicht konkret und machen die sich daraus ergebenden, im Verwaltungsvorgang der Beklagten insbesondere in den bereits zitierten Vorlagen vom 30. Juni und 24. August 2023 anschaulich beschriebenen Risiken nicht transparent. Um Art und potentielle Auswirkungen des Wegfalls bzw. der Änderung verschiedener, der Prognose zugrunde gelegter und in den näheren Angaben zur Analyse beschriebener Annahmen transparent zu machen, wäre vielmehr eine möglichst genaue Darstellung dieser Änderungen erforderlich, um eine wenigstens überschlägige Einordnung zumindest der Größenordnung der Unsicherheiten (Genauigkeit und Verlässlichkeit) der Prognose zu ermöglichen. Die nicht etwa ergänzend, sondern stattdessen sowohl in der Sensitivitätsbetrachtung als auch im die „Unsicherheiten“ betreffenden Teil der Tabelle 36 angeführten Überlegungen zu möglicherweise gegenläufig wirkenden, wenig substantiierten und in ihrer Wirkung als unsicher dargestellten Umständen genügt dafür ebenso wenig wie die abschließende Erklärung, „gegebenenfalls“ weitere, tatsächlich aber nicht in den NLRP aufgenommene Gegenmaßnahmen (Anpassung oder Einstellung der Förderung, Anpassung der Staubemissionsgrenzwerte der 44. BImSchV) vorzunehmen oder „in Betracht zu ziehen“.
Ein aus den genannten Umständen resultierender Prognosemangel ist auch nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil die Prognose sich aufgrund der nunmehr vorliegenden Daten des THG-Projektionsberichts 2024 im Nachhinein als tragfähig erweist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. Mai 2021 - 7 C 4.20 -, juris Rn 34 f.; Urteil vom 27. Februar 2020 - 7 C 3.19 -, juris Rn 52) ist es zwar grundsätzlich beachtlich, wenn eine ursprünglich ungesicherte oder unzureichende Prognose, die Bezugspunkt für die Beurteilung der Relevanz nachträglicher Veränderungen oder Erkenntnisse bleibt, sich auf deren Grundlage im Nachhinein als tragfähig erweist. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden. Denn angesichts der zuvor von der Beklagten selbst mit Blick auf den THG-Projektionsbericht 2023 ausgeführten Schwierigkeiten, die Daten eines Projektionsberichts für die Prognosen des NLRP 2023 fruchtbar zu machen, kann der diesbezügliche - allein auf eine Verringerung der prognostizierten Menge fester Biomasse abstellende - Vortrag der Beklagten nicht ausreichen, um die Tragfähigkeit der ursprünglichen Prognose hinsichtlich der insoweit problematischen PM2,5-Emissionen zu begründen. Eine ihre diesbezügliche Behauptung stützende, nachvollziehbare Neuberechnung der Prognose mit den Daten und Szenarien des Projektionsberichts 2024 hat die Beklagte weder schriftsätzlich vorgelegt noch im Termin vorgetragen.
(3) Der Kläger rügt weiterhin, dass die Auswahl der in den Tabellen 37 (S. 102 ff.) und 38 (S. 104 ff.) des NLRP 2023 beschriebenen Verschärfungen der Emissionsgrenzwerte der Ökodesign-Verordnungen 2015/1189 (betr. Inverkehrbringen und Inbetriebnahme von Kesseln oder Zentralheizungen für den Einsatz von fester Biomasse bis zu einer Nennwärmeleistung von 1.000 kW; ab 2027) und 2015/1185 (betr. Inverkehrbringen und Inbetriebnahme von Einzelraumfeuerungsanlagen für den Einsatz von fester Biomasse bis zu einer Nennwärmeleistung von 1.000 kW, ab 2029) nicht hinreichend realistisch sei, weil die Anpassung des EU-Sekundärrechts nicht in der Kompetenz der Beklagten liege. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
Angesichts der Bedeutung von Unionsrecht für die Einhaltung u.a. der Luftreinhalteziele genügt allein der Umstand, dass die Anpassung des EU-Sekundärrechts nicht allein in der Entscheidungskompetenz der Beklagten liegt, nicht, um die entsprechenden Maßnahmen von vornherein als unrealistisch einzustufen. Zwar trifft es zu, dass die Beklagte diese Maßnahmen nicht selbst verabschieden und durchführen kann. Bei einem von der Bundesregierung beschlossenen und ernsthaft verfolgten Bemühen um den Erlass einer auf Ebene der EU angesiedelten, zur Erreichung der Luftreinhalteziele geeigneten und erforderlichen Regelung kann eine realistische Chance auf Verabschiedung und Durchführung der Maßnahme bestehen, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es zu einer Realisierung kommen wird.
So liegt der Fall hier. In der Beschreibung beider Maßnahmen wird im NLRP 2023 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung sich auf EU-Ebene für eine entsprechende Novellierung einsetzen werde. Ergänzend hat die Beklagte ausgeführt, dass die Novellierung der in Rede stehenden Ökodesign-Verordnungen für Festbrennstoffkessel (VO 2015/1189) und für Festbrennstoff-Einzelraumheizgeräte (VO 2015/1185) aktuell von der Kommission und den Mitgliedstaaten erörtert werde und eine realistische Chance auf Verabschiedung und Durchführung habe. Die Novelle sei von der Kommission angekündigt, das erste Konsultationsforum habe am 6. Oktober 2023 stattgefunden und die Kommission plane die Verabschiedung im 1. Quartal 2025. Die Annahmen im NLRP 2023 zu den Ökodesign-Maßnahmen entsprächen der Position, die die Bundesregierung im Verfahren der Kommission vertrete. Die Grenzwerte seien realistisch und die technischen Voraussetzungen für ihre Einhaltung bereits vorhanden. Der Kläger nenne keine Gründe, die der Verabschiedung und Durchführung der Maßnahmen entgegenstehen oder sie gar überwiegend unwahrscheinlich machen könnten.
Demgegenüber hat der Kläger zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen der letzten Ressortabstimmung noch eine diesbezügliche „Vorfestlegung“ abgelehnt und damit die Ernsthaftigkeit des Einsatzes der Bundesregierung für die Änderung in Frage gestellt habe. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung allerdings vorgetragen, dass die Bundesregierung sich inzwischen geeinigt und parallel zum Beschluss des NLRP 2023 eine entsprechende Stellungnahme an die Kommission übersandt habe. Soweit der Kläger pauschal behauptet, dass unabhängig davon massive Widerstände gegen die in Rede stehenden Verschärfungen bestünden, hat er jedenfalls nicht hinreichend substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, dass damit die Realisierung der Novelle unwahrscheinlich geworden ist. Entsprechendes gilt für die Folgen einer vom Kläger angeführten etwaigen Verzögerung der Verabschiedung der Änderungen. Diese stünde einer Realisierung der prognostizierten Reduktionsbeiträge schon angesichts der für diese Maßnahmen vorgesehenen Umsetzungszeitpunkte (ab 2027 bzw. ab 2029) nicht notwendig entgegen.
ee. Die Einwände des Klägers gegen die den beschleunigten Ausstieg aus der Kohleverstromung betreffenden Annahmen des NLRP 2023 sind nur in geringem Umfang begründet.
(1) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die auch insoweit unterbliebene Aktualisierung der Prognose des WM-Szenarios anhand der Daten des THG-Projektionsbericht 2023 im MMS.
Angesichts der nach dem THG-Projektionsbericht 2023 gegenüber dem THG-Projektionsbericht 2021 deutlich gesunkenen Mengen an Braunkohle (2021: 627 PJ in 2030, 20 PJ in 2040; 2023: 30 PJ in 2030, 6 PJ in 2040), Steinkohle (2021: 1048 PJ in 2030, 473 PJ in 2040; 2023: 584 PJ in 2030, 406 PJ in 2040) und fossilen Gasen (2021: 2731 PJ in 2030, 2230 PJ in 2040; 2023: 2340 PJ in 2030, 1310 PJ in 2040) erscheint die diesbezügliche „überschlägige“ Schlussfolgerung in der Sensitivitätsbetrachtung, dass der sich daraus ergebende schnellere Rückgang der Stromerzeugung aus Kohle und Gas mit einer deutlichen Minderung der Luftschadstoffemissionen einher gehe, grundsätzlich plausibel. Ob die dem Rückgang zugrunde liegenden Annahmen des THG-Projektionsberichts 2023 zutreffen oder - wie in der Sensitivitätsanalyse ausgeführt und vom Kläger unter Berufung auf den Prüfbericht des Expertenrats für Klimafragen (Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2023, Prüfung und Bewertung der Emissionsdaten gemäß § 12 Abs. 1 Bundes-Klimaschutzgesetz, vom 15. April 2024, dort insbes. S. 79 ff.) weiter ausgeführt - insbesondere die dem THG-Projektionsbericht 2023 zugrundeliegenden Annahmen zur Geschwindigkeit des Ausbaus der Erneuerbaren Energien (zu) unsicher sind, kann insoweit dahinstehen, da eine Übernahme der Daten des THG-Projektionsberichts 2023 gerade eine Übernahme dieser - als unsicher eingestuften - Szenarien bedeutet hätte. Dass die sich aus dem THG-Projektionsbericht 2021 ergebenden, dem WM des NLRP 2023 zugrunde gelegten Daten zum Ausstieg aus der Kohleverstromung denselben Einwänden begegnen würden, hat der Kläger jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt.
Davon ausgehend stellen die vom THG-Projektionsbericht 2021 ausgehenden Annahmen des WM-Szenarios des NLRP 2023 hinsichtlich der Entwicklung des Verbrauchs fossiler Energieträger zur Stromerzeugung jedenfalls die konservativere Einschätzung dar und es ist nicht feststellbar, dass die unterlassene Einbeziehung der Daten des THG-Projektionsberichts 2023 im WM-Szenario das Risiko der Verfehlung der einschlägigen Emissionsreduktionsziele erhöht haben könnte.
(2) Der Kläger rügt allerdings zu Recht, dass die Annahme eines vollständigen Ausstiegs aus der Kohleverstromung bis zum 31. Dezember 2029, die den Prognosen der durch einen beschleunigten Ausstieg aus der Kohleverstromung erreichbaren Emissionsreduktionen (Tabelle 36, S. 97 f. NLRP 2023) zugrunde liegt, unrealistisch sei, da ein vorzeitiger Kohleausstieg durch das Gesetz zum Kohleausstieg im Rheinischen Revier (BKohleRhABG) lediglich für dieses Revier festgelegt worden und völlig offen sei, ob und wie ein vorgezogener Ausstieg aus der Kohleverbrennung in den ostdeutschen Revieren umgesetzt werden solle.
Soweit die Beklagte demgegenüber geltend macht, dass der Kläger mit seinen Rügen den rechtlichen Maßstab verkenne, da es für die „realistische Chance“ auf Verabschiedung und Durchführung ausreiche, wenn die Umsetzung „offen“ sei, ist dem aus den vorstehend bereits dargelegten Gründen nicht zu folgen.
Mit ihrem weiteren Vorbringen, dass nach den THG-Projektionsberichten 2023 und 2024 bis zum Jahr 2030 „von einem sehr weitgehenden Rückgang der Kohleverstromung auszugehen“ sei, bestätigt die Beklagte letztlich nur die Kritik des Klägers, dass ein vollständiger Ausstieg bei der Erstellung dieser Projektionsberichte nicht mehr als realistisch angesehen wurde. Denn der in diesen Berichten prognostizierte und von der Beklagten unter Verweis auf die Auswirkungen des europäischen Emissionshandels, den Ausbau erneuerbarer Energien und die dadurch bedingte Preisentwicklung als realistisch bezeichnete „weitgehende“ Rückgang der Kohleverstromung steht dem ausweislich Tabelle 33 (S. 98 NLRP 2023, Bezeichnung u. Kurzbeschreibung der Maßnahme) den Berechnungen zugrunde gelegten Szenario nicht gleich, „dass bis zum 31.12.2020 alle Kohlekraftwerke vom Netz gehen und nur noch ein geringfügiger Kohleeinsatz in Kraftwerken der Industrie, für nicht kurzfristig alternativ mit ausreichend Energie zu versorgende Produktionsprozesse, und in Haushalten über 2030 hinaus stattfindet“. Dass dabei nicht nur von einem „weitgehenden Rückgang“, sondern von einem Ausstieg aus der Kohleverstromung ausgegangen wurde, zeigt auch die Erläuterung in den näheren Angaben zu den für die Analyse verwendeten Methoden, S. 99 NLRP 2023. Dort wird ausdrücklich klargestellt, dass „die Kohleverstromung beginnend mit dem Jahr 2022 schrittweise bis 2030 (31.12.2029) heruntergefahren“ worden sei. Eine Anpassung der Prognosen des NLRP 2023 an einen danach nur noch als erreichbar angesehenen „weitreichenden“ Kohleausstieg ist nicht erfolgt, obwohl bereits für den THG-Projektionsbericht 2023 nur noch von einem „weitgehenden“ Rückgang der Kohleverstromung ausgegangen wurde. Die Zugrundelegung eines solchen geänderten Szenarios im THG-Projektionsbericht 2023 spricht zudem dafür, dass es möglich und geboten gewesen wäre, auch den Prognosen des NLRP 2023 ein auf einen solchen „weitgehenden“ Rückgang beschränktes Szenario zugrunde zu legen.
Die sich aus den unterschiedlichen Annahmen ergebenden Unterschiede dürften zwar eher gering sein. Nach der - allerdings nicht näher substantiierten oder durch Vorlage entsprechender Berechnungen oder Auswertungen unterlegten - Erklärung des Mitarbeiters des UBA in der mündlichen Verhandlung ergebe sich aus den THG-Projektionsberichten 2023 und 2024 ein „weitgehender“ Rückgang auf ca. 1 % - von 183 auf 2 Terawattstunden in 2030. Auch lägen die aktuellen Emissionen aus Kohlekraftwerken deutlich unter den Projektionen, weil letztere von Volllast ausgingen. Angesichts der der Maßnahme in der Tabelle 33 (S. 97 NLRP - Quantifizierte erwartete Emissionsreduktion ... -) zugeschriebenen Minderungswirkungen auch für solche Luftschadstoffe, für die die Reduktionsverpflichtungen nach den erstellten Prognosen insgesamt nur sehr knapp eingehalten werden (insbesondere für PM2,5 im Jahr 2030) vermag der Senat auf dieser Grundlage allerdings nicht festzustellen, dass die unrealistische Annahme eines vollständigen Ausstiegs aus der Kohleverstromung bis Ende 2029 keine Auswirkungen auf die Einhaltung der entsprechenden Emissionsreduktionsverpflichtungen haben kann. Denn bereits geringfügig höhere Beiträge von Kohlekraftwerken auf den Ausstoß von PM2,5 können - jedenfalls im Zusammenwirken mit weiteren Faktoren, wie einer nach den Ausführungen zu cc. und dd. drohenden verstärkten Verbrennung von Biomasse zur Gebäudeheizung - dazu beitragen, dass die dafür maßgebliche, nach den NLRP 2023 nur sehr knapp (mit 0,7 % bzw. 0,938 kt ab 2030) eingehaltene Emissionsreduktionsverpflichtung verfehlt wird.
Darauf, ob - wie die Beklagte meint - eine etwaige Unterschätzung des NOX-Ausstoßes wegen der sich aus den Szenarien der THG-Projektionsberichte 2023 und 2024 ergebenden zusätzlichen Minderungswirkung kompensiert würde, kommt es deshalb ebenso wenig an wie auf den vom Kläger dagegen erhobenen Einwand, dass die Wirkung der von der Beklagten angeführten Instrumente für den angenommenen „weitgehenden“ Rückgang der Kohleverstromung in der Stellungnahme des Expertenrats zum Entwurf des Klimaschutzprogramms 2023 sowie im Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2023 als überschätzt angesehen worden sei.
(3) Soweit der Kläger - wohl ebenfalls mit Blick auf die in Tabelle 36, S. 100 f. des NLRP 2023 beschriebene Maßnahme eines beschleunigten Ausstiegs aus der Kohleverstromung - unter Bezugnahme auf den Ricardo-Bericht zum NLRP 2019 der Beklagten (Review of the National Air Pollution Control Programme - Germany, vom 17. März 2020, S. 23) rügt, dass „die der Maßnahme des Kohleausstiegs zugrunde gelegte Annahme der maximalen Anlagenkapazität“ unrealistisch sei, wird ein Mangel der Projektion damit weder nachvollziehbar dargelegt noch ist er für den Senat ohne weiteres ersichtlich.
Auf der vom Kläger insoweit in Bezug genommenen Fundstelle - S. 23 des Bericht der Fa. Ricardo über den NLRP 2019 der Beklagten - hatten die Gutachter zu der im NLRP 2019 enthaltenen, einen Kohleausstieg bis 2038 vorsehenden Maßnahme („phasing out of coal“) angemerkt, dass die Emissionsreduktionen auf der Grundlage der installierten Anlagenkapazität geschätzt worden seien, was nach den im NLRP berichteten Informationen nicht realistisch sei („the estimated emission reductions are based on the maximum installation capacity which is not realistic according to the information reported in the NAPCP“; ein Bezug auf diese „Unsicherheit“ findet sich auch auf S. 28 des Reports unter 4.1 Conclusions). Dem nicht näher begründeten Vorbringen des Klägers ist allerdings nichts dafür zu entnehmen, dass dieser Einwand auch die der Tabelle 33 zugrunde liegende, neu erstellte Prognose treffen könnte. Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung weder hinterfragte noch kommentierte Erklärung des Mitarbeiters des UBA, dass die aktuellen Emissionen aus Kohlekraftwerken deutlich unter den Projektionen lägen, „weil letztere von Volllast ausgingen“, kann nicht ohne weiteres dahin verstanden werden, dass - wie der Kläger unter Berufung auf den Ricardo-Bericht zum NLRP 2019 bestandet - „die geschätzten Emissionsreduktionen“ nicht realistisch seien, weil sie sich nicht auf die Emissionsreduktion, sondern auf die Höhe der berücksichtigten Emissionen bezog. Wäre beides auf Grundlage der installierten Anlagenkapazität ermittelt worden, mag dies nicht realistisch sein. Auch dann ist für den Senat aber nicht offensichtlich und hätte zumindest einer nachvollziehbaren Erläuterung bedurft, dass und ggf. inwiefern sich daraus auch ein Risiko für die Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen ergeben könnte.
ff. Auch die Prognosen im Verkehrsbereich weisen Mängel auf.
(1) Dies gilt zunächst für die vom Kläger gerügte Berücksichtigung überholter klimapolitischer Maßnahmen.
Der Kläger beanstandet, dass zahlreiche im WM- und WAM-Szenario berücksichtigte Maßnahmen in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 (vom 15. November 2023 - 2 BvF 1/22 -, juris; i.F. nur KTF-Urteil), aufgrund dessen ein erheblicher Teil der im Klima- und Transformationsfonds (KTF) für Fördermaßnahmen vorgesehenen Mittel wegfiel, obsolet geworden seien. So baue das im NLRP 2023 verwendete Tremod-Verkehrsmodell im WM-Szenario auf dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung auf und berücksichtige die darin enthaltenen Maßnahmen im Bereich Verkehr (NLRP 2023 S. 82 f.). Inzwischen seien aber selbst die im Klimaschutzprogramm 2023 enthaltenen Maßnahmen überholt. So hätten die Pläne des Bundesverkehrsministeriums bereits Mitte 2023 - und damit noch vor dem KTF-Urteil - eine drastische Kürzung der Gelder für Radwege um beinahe die Hälfte vorgesehen. Im Maßnahmenbündel „CO2-arme Pkw auf die Straße bringen“ sei die „Verlängerung der staatlichen Kaufprämie für Elektrofahrzeuge“, die eine wesentliche Maßnahme gewesen sei, bereits am 17. Dezember 2023 beendet worden. Daneben seien u.a. Kürzungen im Bereich der Elektrobusförderung (Kürzung um fast 77 Mio. EUR), Radverkehr (Kürzungen im Sonderprogramm „Stadt und Land“ um 44,6 Mio. EUR, im Förderprogramm Fahrradparkhäuser Kürzung auf 10 Mio. EUR), schwere Nutzfahrzeuge (Streichung der Mittel für das Förderprogramm für Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur - KsNi-Richtlinie - im Haushalt 2024) und Infrastruktur (Haushaltstitel im KTF zur Förderung von Tank- und Ladeinfrastruktur um 45 Mio. EUR gekürzt) vorgenommen worden. Da das Maßnahmenpaket insgesamt eher auf Förderung und Anreize als auf ordnungspolitische Lösungen setze, seien auch weitere Vorhaben in Gefahr, aufgrund der Nichtigkeit des 2. Nachtragshaushaltes 2021 gestrichen zu werden. Auch im Bereich der Schiene seien massive Streichungen beschlossen worden und die im Hinblick auf eine Stärkung des Schienenverkehrs getroffenen Annahmen, dass Bahnfahren billiger und die Attraktivität für Nutzer gesteigert werde, seien angesichts deutlicher Preiserhöhungen zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2023 und einer im Jahr 2023 weiter gesunkenen Pünktlichkeit der Bahn nicht realistisch.
Die Beklagte verweist dazu auf die Darstellungen in Tabelle 40 (S. 108 ff. NLRP 2023) und meint, daraus ergebe sich, dass die vom Kläger bemängelten Maßnahmen „ganz überwiegend“ flankierenden Charakter hätten und dass sie im NLRP 2023 als Absicherung der Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen berücksichtigt worden seien, ohne ihnen für sich genommen wesentliches quantifizierbares Potential zuzuschreiben. Dieser Verweis auf die für das WAM-Szenario in Betracht gezogenen Maßnahmen geht insoweit am Vorbringen des Klägers vorbei, als dieser jedenfalls auch ein Wegbrechen der dem TREMOD-Trendszenario für das WM-Szenario zugrunde gelegten Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2030 im Bereich Verkehr beanstandet. Änderungen in diesem Bereich wurden ausweislich Kapitel 5.1.3 des NLRP 2023 nicht berücksichtigt, wenn sie nach den in Kapitel 5.1.1 aufgeführten Stichtagen eingetreten sind. Für den Sektor Verkehr ist den Ausführungen zwar unmittelbar kein Stichtag zu entnehmen. Auch den Kapiteln 5.1.2 „Unsicherheiten bei den Prognosen (mit derzeitigen Maßnahmen) im Hinblick auf die Einhaltung der Emissionsreduktionsverpflichtungen für 2020, 2025 und 2030“ und 5.1.4 „Sensitivität - Mit Maßnahmen-Szenario des Projektionsberichts 2023 für Deutschland“ (S. 108 ff. NLRP 2023) sind keine diesbezüglichen Ausführungen zu entnehmen. Da die vom Kläger angeführten Änderungen der Fördermöglichkeiten sämtlich nach der Übermittlung der nachträglich bestätigten Emissionsprognose 2023 an die Kommission am 2. Mai 2023 eingetreten sind, ist aber davon auszugehen, dass sie nicht berücksichtigt wurden.
Eine Aktualisierung der Prognosen auf Grundlage geänderter, die Kürzung oder gar Streichungen zahlreicher im WM-Szenario berücksichtigter Förderprogramme einbeziehender Annahmen vor dem Beschluss des NLRP 2023 im Mai 2024 war nach Auffassung des Senats allerdings aus sachlichen Gründen nicht mehr möglich.
Die Beklagte musste - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht schon aufgrund des Eilbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. November 2022 (2 BvF 1/22) von Maßnahmen absehen, für deren Umsetzung Mittel des KTF vorgesehen waren. Denn in diesem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht zwar ausgeführt, es sei nicht ausgeschlossen, dass die Zuführung von Kreditermächtigungen in den KTF und die Verabschiedung des maßgeblichen Gesetzes erst im Jahr 2022 nicht verfassungskonform gewesen sei. Eine summarische Prüfung hat es indes nicht für erforderlich gehalten und auch nicht durchgeführt. Diese Ausführungen gaben der Beklagten noch keinen hinreichenden Anlass, die Realisierbarkeit aller oder ganz bestimmter aus dem KTF finanzierter Maßnahmen in Frage zu stellen und von deren Aufnahme in den NLRP abzusehen, zumal es Sache des Haushaltsgesetzgebers und seiner Prioritätensetzung ist, wie er mit den Folgen eines sich aus der Verfassungswidrigkeit des KTF ergebenden Urteils umgeht und ob er die Mittel, die für Maßnahmen zur Einhaltung europäischer Verpflichtungen benötigt werden, ggf. auf andere Weise zur Verfügung stellt. Auch mit Ergehen des Urteils vom 15. November 2023 war lediglich klar, dass es zu Einsparungen - und damit auch zu Kürzungen bei aus dem Fonds finanzierten Maßnahmen - würde kommen müssen, aber noch nicht, wo und wie genau diese würden erfolgen können und müssen. Angesichts der Unsicherheit hinsichtlich Art und Ausmaß der Änderungen an einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen waren die Voraussetzungen für eine Änderung der von einer Fortführung der Programme ausgehenden Annahmen weder unmittelbar mit Erlass dieses Urteils noch mit Abschluss des in Ansehung der Konsequenzen des Urteils beschlossenen Haushalts im Februar 2024 bereits hinreichend verlässlich absehbar, um eine Aktualisierung der Prognosen auf dieser Grundlage zu ermöglichen.
Angesichts der Absehbarkeit erheblicher kürzungsbedingter Änderungen der Förderprogramme wäre nach Auffassung des Senats aber jedenfalls eine genauere, das Entstehen der durch das KTF-Urteil entstandenen Finanzierungslücke, die sich daraus auch nach Beschluss des Haushalts 2024 noch ergebenden Risiken für die im NLRP berücksichtigten Fördermaßnahmen und die Gründe für die unterbliebene Aktualisierung der Projektion darlegende Begründung erforderlich gewesen, um die dadurch erheblich erhöhten Unsicherheiten der Prognose transparent zu machen. Im WM-Szenario (S. 77 ff. NLRP 2023, zu Unsicherheiten insbes. S. 88 ff.) findet sich hierzu überhaupt nichts und mit Blick auf die in Betracht gezogenen Politikoptionen findet sich in Tabelle 4 (S. 28 ff., 30 NLRP 2023) bzw. in den Allgemeinen Hinweisen (Abschnitt 6.1, S. 95 f., 96) (nur) ein allgemeiner Hinweis darauf, dass die enthaltenen Maßnahmen eine Grundlage für die ressortinterne finanzielle Prioritätensetzung bildeten und unter dem Vorbehalt der im Rahmen der Haushalts- und Finanzplanung verfügbaren Haushaltsmittel sowie der verfassungsmäßigen Zuständigkeit des Bundes stünden. Sie beinhalteten weder eine (Vor-)Festlegung im Hinblick auf den Etat noch präjudizierten sie den Haushaltsgesetzgeber. Mit Blick auf die durch das KTF-Urteil entstandene, auch mit dem im Februar 2024 beschlossenen Bundeshaushalt nicht vollständig geschlossene Finanzierungslücke erscheint dieser allgemeine Hinweis jedenfalls nicht ausreichend, um die geforderte Transparenz der Prognose herzustellen.
(2) Die vom Kläger insbesondere gegen das aus drei Einzelmaßnahmen - Einführung einer Euro 7 Norm (dazu i.F. (b)), Ausweitung der Lkw-Maut (i.F. (c)), Maßnahmenpaket zur Förderung der Elektromobilität (i.F. (d)) - bestehende Maßnahmenpaket Verkehr (Tabelle 49, S. 124 und Tabelle 40, S. 108 ff. NLRP 2023) vorgebrachten Einwände sind nur teilweise begründet.
(a) Soweit der Kläger beanstandet, dass es für die Maßnahmenpakete in den Sektoren Verkehr und Landwirtschaft an einer nachvollziehbaren Abschätzung der für die verschiedenen Einzelmaßnahmen angenommenen Minderungswirkung fehle, begründet dies keinen Begründungsmangel.
Es trifft zwar zu, dass der Umfang und die Detailgenauigkeit der Angaben von wesentlicher Bedeutung für die Prüfung der übermittelten Pläne sind, weil insbesondere unzureichende Informationen über die voraussichtliche Übernahme der Strategien und Maßnahmen, den Zeitrahmen für ihre Umsetzung und den Umfang der vorgesehenen Emissionsreduktionen zu Unsicherheiten hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Maßnahmen/Strategien und des Ausmaßes führt, in dem sie zur Erfüllung der nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen beitragen können (vgl. dazu Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 26. Juni 2020, COM (2020) 266 final, insbes. S. 9 f.; vgl. dazu auch Ricardo, Review of National Air Pollutant Projections - An Assessment of National Air Pollution Control Programmes - i.F.: RNAPP/ANAPCP -, S. 78 f.).
Die Ausweisung der Minderungswirkung nur auf Paketebene genügt aber den insoweit beachtlichen, durch den auf Grundlage des Art. 6 Abs. 10 NEC-RL erlassenen Durchführungsbeschluss der Kommission - (EU) 2018/1522 - konkretisierten Anforderungen. Denn das gem. Art. 1 im Anhang zum Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1522 festgelegte Format, das die Mitgliedsstaaten gem. Art. 2 dieses Durchführungsbeschlusses bei der Übermittlung ihres nationalen Luftreinhalteprogramms an die Kommission verwenden sollen, um die gem. Art. 10 Abs. 1 Unterabsatz 3 NEC-RL von der Kommission vorzunehmende Prüfung der Prognose zu erleichtern (vgl. Erwägungsgrund 7 des Durchführungsbeschlusses), verlangt - anders als die Überschrift der Tabelle 2.6.1 des Durchführungsbeschlusses („Nähere Angaben zu den zur Einhaltung der Emissionsreduktionsverpflichtungen in Betracht gezogenen Strategien und Maßnahmen (Angabe auf Strategie-/Maßnahmenebene“) nahelegen könnte - keine Angabe und Bewertung jeder einzelnen Strategie und Maßnahme. Es eröffnet vielmehr ausdrücklich die Möglichkeit zur Übermittlung der geforderten Informationen auf Basis eines Strategie- oder Maßnahmenpakets (vgl. Spalten 1, 3 und insbes. 9). Die Überschrift des die zur Verabschiedung vorgesehenen Optionen betreffenden Abschnitts umfasst sogar ausdrücklich auch Strategie-/Maßnahmenpakete (vgl. auch Tabelle 2.7.1, Überschrift sowie Spalten 1, 3 und 7). Daraus resultierende Schwierigkeiten, die Verlässlichkeit des einem solchen Paket zugeschriebenen Beitrags zur Emissionsreduktion zu überprüfen (vgl. dazu Ricardo, RNAPP/ANAPCP, S. 79, 2. Unterpunkt), begründen danach jedenfalls keine Verpflichtung, die erforderlichen Angaben für jede einzelne Maßnahme oder Strategie gesondert einzustellen, sondern werden ersichtlich hingenommen.
Unabhängig davon hat die Beklagte für den Senat durchaus nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Ausweisung von Einzelpotentialen wegen der - im Schriftsatz vom 30. Juni 2024, S. 29 f. näher ausgeführten - wechselseitigen Beeinflussung der Maßnahmen eines Pakets, die bei einer Einzelbetrachtung zu einer Überschätzung der Gesamtwirkung oder dazu führen könne, dass die Wirkung einzelner Maßnahmen von der Reihenfolge abhänge, in der diese in die Betrachtung einbezogen würden, immer auch eine Abwägungsfrage sei. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
(b) Die unveränderte Einstellung der auf Grundlage des 2022 veröffentlichten Entwurfs der EU-Kommission für die Euro 7-Abgasstandards prognostizierten, durch die Einführung einer Euro 7-Norm erzielbaren Emissionsreduktionen im Maßnahmenpaket Verkehr (Tabelle 49, S. 124 und Tabelle 40, Teil 1, S. 108 ff., 109 f. NLRP 2023) weist nach Auffassung des Senats jedenfalls einen Begründungsmangel auf.
Der Kläger rügt, dass die auf diesem Entwurf der EU-Kommission basierenden Annahmen des NLRP 2023 zur Verschärfung des Euro 7-Abgasstandards durch die am 18. Dezember 2023 erfolgte Einigung von Rat und Parlament auf eine deutlich abgeschwächte Fassung bereits überholt gewesen seien. Die tatsächlich beschlossene Fassung, deren Abweichungen vom Entwurf (insbesondere weniger strenge Grenzwerte bei NOX und ein Verzicht auf einen Grenzwert für NH3 für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, weniger strenge Partikelanzahl- und Partikelmassegrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge und Busse) der Kläger zuletzt im Schriftsatz vom 9. Juli 2024 (S. 21 f.) näher substantiiert hat, führe zu einem signifikanten Anstieg der NOX-, der NH3- und der PM2,5-Emissionen. Sofern daher in dem im Programmentwurf angeführten Sachverständigengutachten Allekotte 2023 angenommen worden sei, dass „die Schadstoffemissionen neuer Verbrenner-Fahrzeuge in den meisten Fällen deutlich gegenüber der heute gültigen Norm Euro 6-d bzw. Euro IV E“ sinken würden bzw. ausgeführt werde, dass die NOX-Emissionen im durchschnittlichen Fahrbetrieb bei Diesel-Pkw um mehr als 60 % und bei schweren Nutzfahrzeugen um mehr als 90 % sinken würden, seien diese Annahmen längst überholt. Die Beklagte verweist demgegenüber darauf, dass die förmliche Annahme der maßgeblichen Verordnung erst im April 2024 erfolgt sei. In der mündlichen Verhandlung wurde hierzu seitens der Beklagten zudem ausgeführt, dass die finale Verordnung und ggfs. die Ausführungsbestimmungen abgewartet werden müssten, um belastbare Bewertungen der sich daraus ergebenden Änderungen durchzuführen. Dafür müsse ein externes Sachverständigen-Gutachten nach Ausschreibung in Auftrag gegeben werden. Die Berechnung an sich dauere etwa ein bis zwei Monate. Der Senat lässt offen, ob bei dieser Sachlage ein Absehen von der Aktualisierung der Prognosesachlich gerechtfertigt war.
Denn jedenfalls fehlt es auch insoweit an einer hinreichenden Begründung, die die gegenüber den verwendeten Annahmen eingetretenen Änderungen verdeutlicht, die sich, soweit möglich, daraus voraussichtlich ergebende Überschätzung der Maßnahmenwirkung transparent macht und die daraus folgenden Konsequenzen für das NLRP darlegt. In der Begründung findet sich nur ein Hinweis darauf, dass sich „bei der Befassung im Europäischen Parlament und im Rat ... Änderungen ergeben [haben], die auch Auswirkungen auf die Höhe der Emissionen haben“. Dies ist nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, da weder die bei Beschlussfassung bereits erfolgte tatsächliche Verabschiedung einer erheblich abweichenden Fassung erwähnt wird noch irgend eine Konkretisierung, in welcher Weise sich die - hier wohl unstreitig auf eine deutliche Abschwächung verschiedener Anforderungen hinauslaufenden - Änderungen auf die prognostizierte Reduktion der verschiedenen betroffenen Luftschadstoffe (darunter NOx, NH3 und PM2,5) auswirken können.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auf Grundlage ihres diesbezüglichen Vorbringens im hiesigen Verfahren auch nicht feststellbar, dass die danach nicht vollständig und transparent begründete Prognose jedenfalls im Ergebnis tragfähig ist, weil erwartbare Erhöhungen bei NOX angesichts der Ergebnisse des THG-Projektionsberichts 2023 kompensiert werden könnten. Abgesehen davon, dass eine isolierte Betrachtung nur der Auswirkungen der überholten Annahmen zu den Euro 7-Abgasnormen nicht möglich ist, weil die Reduktionswirkung dieser Teilmaßnahme nicht isoliert ausgewiesen ist und nach dem diesbezüglichen Vorbringen der Beklagten auch nicht sinnvoll isoliert ermittelt werden kann, lässt das diesbezügliche pauschale Vorbringen der Beklagten keine derartige Feststellung zu. Denn eine sich nach dem MMS des THG-Projektionsberichts 2023 - dessen Prognosen dem NLRP 2023 aufgrund eigener Entscheidung der Beklagten gerade nicht zugrunde gelegt wurden - ergebende, in der Sensitivitätsbetrachtung nicht einmal näherungsweise quantifizierte Minderung insbesondere von NOX wird in den Ausführungen auf S. 92 des NLRP 2023 ebenfalls als unsicher bewertet, da sie wesentlich davon abhänge, in welcher Geschwindigkeit Deutschland die gesteckten Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien erreiche, was wiederum von den „mit großer Unsicherheit“ belegten Annahmen im THG-Projektionsbericht 2023 zur mittelfristigen Entwicklung der Großhandelspreise für Erdgas im Zusammenspiel mit den Investitionsentscheidungen in Stromerzeugungskapazitäten abhänge.
Zum anderen hat der Kläger im Schriftsatz vom 9. Juli 2024 (S. 22) vorgetragen, dass der Verzicht auf einen Grenzwert für NH3 für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge sowie die weniger strengen Partikelanzahl- und Partikelmassegrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge und Busse eine gegenüber dem Entwurf der Euro 7-Norm signifikante Erhöhung der NH3- und PM2,5-Emissionen zur Folge habe. Dass und ggf. weshalb der auch die Auswirkungen auf diese Schadstoffe betreffende (Begründungs-)Mangel durch die Ergebnisse des THG-Projektionsberichts 2023 geheilt bzw. gegenstandlos geworden sein könnte, hat die Beklagte nicht vorgetragen und ist für den Senat auch nicht ersichtlich.
(c) Die vom Kläger erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung näher dargelegten Einwände gegen die zweite Teilmaßnahme des Maßnahmepakets Verkehr, die Ausweitung der Lkw-Maut (Tabelle 49, S. 124, und Tabelle 40, S. 108 ff., 110 ff. NLRP 2023), begründen keinen Fehler der der Maßnahme zu Grunde liegenden Prognose. Der Kläger hat ausgeführt, dass die dieser Maßnahme zugrunde liegenden Annahmen unrealistisch seien. Die durch die Ausweitung der Lkw-Maut angestrebte Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene sei nicht zu erwarten, denn aufgrund der Generalsanierung des Streckennetzes der Bahn könnten Zeitvorgaben nicht eingehalten werden. Außerdem sei infolge des KTF-Urteils, in dessen Folge die ursprünglich vorgesehene Förderung der Bahn durch eine zu verzinsende Eigenkapitalerhöhung ersetzt werden solle, mit einer drastischen Erhöhung der Trassenpreise zu rechnen. Beide in den Modellierungen nicht betrachteten Umstände machten die Nutzung der Bahn für Gütertransporte unattraktiver.
Diese pauschalen Einwendungen des Klägers zu den Unsicherheiten der Rahmenbedingungen des Güterverkehrs bei der Deutschen Bahn zeigen bereits nicht auf, dass sie die nötige Relevanz haben. Ausweislich der Beschreibung in Tabelle 40 (S. 108, 110 f. NLRP 2023; vgl. dazu auch Allekotte u.a., Bewertung von Emissionsminderungspotenzialen zusätzlicher Verkehrsmaßnahmen, Dessau-Roßlau 2023, S. 47 ff.) zielt die Maßnahme nicht nur auf eine Verlagerung von Güterverkehr auf die Bahn, sondern geht daneben von einer Vermeidung von Verkehrsleistung durch eine Verteuerung der Transporte, von einer Verlagerung auf Binnenschiffe, einer Verlagerung von kleineren auf größere Lkw und einer Zunahme des Anteils elektrisch betriebener Lkw an der Verkehrsleistung aus. Hinzu kommt, dass die Maßnahme „Ausweitung der LKW-Maut“ nach sachverständiger Einschätzung innerhalb des Maßnahmenpakets Verkehr insgesamt nur von geringer Bedeutung sein sollte (zum insgesamt für das Jahr 2030 angenommenen, für die prognostizierte Reduktionswirkung des gesamten Pakets kaum relevanten Minderungspotential dieser Teilmaßnahme vgl. Allekotte u.a., Bewertung von Emissionsminderungspotenzialen zusätzlicher Verkehrsmaßnahmen, Dessau-Roßlau 2023, S. 49). Der klägerische Vortrag lässt eine substantiierte Auseinandersetzung mit diesen sachverständigen Feststellungen vermissen.
(d) Die Einwände des Klägers gegen die dem Maßnahmenpaket zur Förderung der Elektromobilität (Tabelle 49, S. 124 sowie Tabelle 40 S. 108 ff., 112 ff. NLRLP 2023) zugrunde liegenden Annahmen der Beklagten greifen durch.
Zur Bestimmung der Auswirkungen dieser Maßnahme ist die Beklagte in Tabelle 40 (S. 113 unter „Nähere Angaben zu den für die Analyse verwendeten Methoden ...“) maßgeblich davon ausgegangen, dass der Anteil rein elektrisch betriebener Pkw an den Neuzulassungen bereits 2024 die 50 % Marke übersteigen und bis 2030 einen Anteil von 88 % an den Neuzulassungen sowie einen Bestand von 15,04 Mio BEV erreichen werde (vgl. Seite 112 f. NLRP 2023). Der Anteil der elektrischen Pkw-Fahrleistung an der Pkw-Gesamtfahrleistung steige bis 2030 auf 38 %. Eine zentrale Rolle zur Erreichung der Ziele hätten dabei „die CO2-Standards sowie die Kaufprämien für elektrische Fahrzeuge und die Unterstützung des Aufbaus von Ladeinfrastruktur“ (Tabelle 40 „Bezeichnung und Kurzbeschreibung“ des Maßnahmenpakets zur Förderung der Elektromobilität, S. 112 f. NLRP 2023; vgl. auch Allekotte u.a., Bewertung von Emissionsminderungspotenzialen zusätzlicher Verkehrsmaßnahmen, Dessau-Roßlau 2023, S. 42 ff., 43). Die Förderung bewirke eine Erhöhung der Neuzulassung von elektrischen Fahrzeugen, die wiederum Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ersetzten und dadurch die aus der motorischen Verbrennung resultierenden Emissionen ersetzten.
Der Kläger hat diese Annahmen als von Anfang an unrealistisch beanstandet und u.a. darauf hingewiesen, dass die Unsicherheit des im NLRP vorausgesetzten Anstiegs der E-Mobilität auch in einer in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen E-Mail des Referats „Umwelt u. Verkehr, Mobilitätswende“ vom 13. September 2023 bestätigt worden sei. Weiter hat er gerügt, dass die ohnehin schon unrealistischen Annahmen unter anderem wegen der Beendigung der staatlichen Kaufprämie für Elektrofahrzeuge am 17. Dezember 2023 in noch weitere Ferne rückten, und darauf verwiesen, dass der Anteil der BEV an den Neuzulassungen im Mai 2024 bei nur 12,5 % gelegen habe. Die Quote in den ersten Monaten des Jahres habe nicht besser ausgesehen.
Es kann dahinstehen ob die beanstandeten Annahmen - wie die Beklagte meint - im Zeitpunkt der Übersendung der (vorläufigen) Emissionsprognose im Mai 2023 noch realistisch gewesen seien, denn auf diesen Zeitpunkt kommt es - wie vorstehend ausgeführt - nach Auffassung des Senats nicht an. Dass die Annahmen zu den Steigerungsraten durch die nachfolgende Entwicklung bis Dezember 2023 bestätigt worden sei, erscheint angesichts des Inhalts der vom Kläger angeführten Mail vom September 2023, in der darauf hingewiesen wird, dass „das Ziel, einen Bestand von 15 Mio. Elektroautos bis 2030 zu erreichen, aus heutiger Sicht mindestens ambitioniert“ sei und dazu „weitergehende Unterstützungsmaßnahmen seitens der Bundesregierung nötig werden könnten“, durchaus zweifelhaft, kann aber hier ebenfalls dahinstehen. Denn jedenfalls mit Wegfall der Kaufprämie für BEV am 17. Dezember 2023 war eine von der Beklagten selbst als zentral angesehene Maßnahme zur Förderung der Elektromobilität entfallen. Nahezu zeitgleich war zudem mit dem Ergebnis der am 18. Dezember 2023 erfolgten Einigung von Rat und Parlament über die Abschwächung der Euro 7-Grenzwerte davon auszugehen, dass auch diese nicht in der dem NLRP zugrunde liegenden Fassung des Kommissionsvorschlags geändert werden würden. Selbst wenn mit den CO2-Standards in erster Linie die Flottengrenzwerte gemeint sein sollten, wird doch in der Studie von Allekotte u.a. (Bewertung von Emissionsminderungspotenzialen zusätzlicher Verkehrsmaßnahmen, Dessau-Roßlau 2023, S. 39) auch auf Synergieeffekte durch eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit von BEV gegenüber Verbrennern aufgrund einer Verschärfung der Grenzwerte verwiesen. Soweit die Beklagte ungeachtet dessen vorgetragen hat, dass die Prognose „in Anbetracht der historischen Entwicklung“ auch zum Zeitpunkt des Beschlusses des NLRP 2023 im Mai 2024 noch realistisch gewesen sei, ist dies angesichts der zwischen Januar und Juni 2024 gegenüber demselben Vorjahreszeitraum um ca. 16 % gesunkenen Neuzulassungen von BEV und einem Anteil an den Neuzulassungen von 12,6 % im Mai (Juni: 14,6 %) allerdings nicht mehr nachvollziehbar. Zwar trifft es zu, dass der Ausbau der Elektromobilität auch durch andere Faktoren als die im Dezember 2023 beendete staatliche Kaufprämie begünstigt werde, wie z.B. durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Allerdings wird in der bereits zitierten Studie von Allekotte u.a. (a.a.O. S. 42) zur Erläuterung der zwischen den Einzelmaßnahmen bestehenden Synergien beispielhaft - und nachvollziehbar - darauf verwiesen, dass „eine Förderung der Ladeinfrastruktur nur einen geringen Effekt haben [werde], sofern die Fahrzeugpreise von elektrischen Fahrzeugen zu hoch sein sollten“), und auch der NLRP geht ausweislich der dortigen Annahmen zur „zentralen Rolle“ gerade auch der Kaufprämie ersichtlich nicht davon aus, dass die angestrebten Ziele allein mit der Verbesserung der Ladeinfrastruktur sowie einigen anderen, ersichtlich weniger weitreichenden Maßnahmen (wie z.B. der vergünstigten Besteuerung elektrischer Dienstwagen) erreichbar sein würden. Jedenfalls mit Wegfall der Kaufprämie konnten die der Berechnung der Emissionsreduktionszahlen zugrunde gelegten Neuzulassungszahlen nicht mehr als realistisch angesehen werden.
Ob bei dieser Sachlage ein sachlicher Grund dafür vorlag, dass die Bundesregierung trotz der noch nicht abgeschlossenen Ressortabstimmung von jeglichem Bemühen um eine Aktualisierung ihrer Prognosen absehen durfte, bezweifelt der Senat, insbesondere weil eine Auswahl weiterer, etwa in der zitierten Studie von Allekotte u.a. zur „Bewertung von Emissionsminderungspotentialen zusätzlicher Verkehrsmaßnahmen“ bereits untersuchter Einzelmaßnahmen (vgl. nur die dortige, optionale Maßnahmen umfassende Gesamtübersicht, S. 70 ff., 74 ff.) bereits vorlag.
Jedenfalls aber fehlt es an einer hinreichenden Begründung, die die gegenüber den verwendeten Annahmen eingetretenen Änderungen verdeutlicht, die sich daraus voraussichtlich ergebende Überschätzung der Maßnahmenwirkung transparent macht und darlegt, aus welchen Gründen die Bundesregierung sich gleichwohl für ein Festhalten an den Prognosen entschieden hat. Der in Tabelle 40 bei der Beschreibung der Unsicherheiten (S. 114 NLRP 2023) aufgenommene Hinweis, dass der angenommene Anstieg der E-Pkw auf 15 Mio. Fahrzeuge bis 2030 einer „schnellen Umsetzung entsprechender Förderprogramme / steuerlicher Instrumente / Regulierungen“ bedürfe, lässt nicht ansatzweise erkennen, dass die in der Maßnahmenbeschreibung als zentral angesehene Kaufpreisprämie, die bis Dezember 2023 noch gezahlt wurde und von deren fortlaufender Gewährung auch bei der Modellierung des Maßnahmenpakets ausgegangen wurde, bereits seit Monaten ersatzlos entfallen war. Er genügt in einem solchen Fall ebenso wenig wie der Hinweis auf eine „regelmäßige Evaluierung und gegebenenfalls Nachsteuerung im Hinblick auf die Zielerreichung“.
Soweit die Beklagte auch in diesem Zusammenhang wieder darauf verweist, dass „etwaige Unterschätzungen der NOx-Emissionen des WAM-Szenarios ... durch die zusätzliche Minderungswirkung kompensiert würden, die sich aus dem Projektionsbericht 2023 gegenüber dem Projektionsbericht 2021 ergibt, der dem NLRP 2023 zugrunde liegt“, ist erneut darauf zu verweisen, dass eine sich nach dem MMS des Projektionsberichts 2023 - dessen Prognosen dem NLRP 2023 aufgrund eigener Entscheidung der Beklagten nicht zugrunde gelegt wurden - etwa ergebende Minderung „insbesondere von NOx“ in den Ausführungen auf S. 92 des NLRP 2023 als unsicher bewertet wird und dass die Frage, ob ihr mögliches Ausmaß hinreichend wäre, die ihr von der Beklagten mit Blick auf verschiedene problematische Annahmen zugeschriebene Kompensation dadurch entstehender Prognosemängel zu erbringen, deshalb als offen angesehen werden muss. Zudem könnte eine etwaige Überschätzung der für das Gesamtpaket erwarteten Minderungswirkung hinsichtlich anderer Luftschadstoffe durch eine mögliche Kompensation nur der etwa erhöhten NOx-Emissionen nicht ausgeglichen werden.
gg. Die Einwände des Klägers gegen die den Bereich Landwirtschaft betreffenden Prognosen der Beklagten führen demgegenüber nicht auf durchgreifende Mängel der diesbezüglichen Prognosen.
(1) Dies gilt zunächst für den vom Kläger gerügten Mangel der Begründung der diesbezüglichen Prognosen.
Der vom Kläger in diesem Zusammenhang in Bezug genommenen, von „Ricardo“ im „Light Review“ zur Emissionsprognose 2023 (dort S. 16 sowie Tabelle 3-1, S. 17) geäußerten Kritik, dass der IIR 2023 nicht die erforderlichen Informationen über Daten, Methoden, Annahmen etc. für die Projektionen enthalten habe, ist bereits vor Beschluss des NLRP 2023 im Mai 2024 abgeholfen worden, denn das Kapitel 9 des IIR, das zum Zeitpunkt der Prüfung durch Ricardo noch eine unveränderte Kopie der in 2021 übermittelten Version enthalten hatte, wurde der EU-Kommission nachfolgend in aktualisierter Fassung übersandt. Auf der Seite https://cdr.eionet.europa.eu/de/eu/nec_revised/iir/ (abgerufen am 15. Juli 2024) ist die Meldung eines Links zum „IIR 2024“ am 15. März 2024 verzeichnet. Der darüber erreichbare IIR enthält Ausführungen zu den vermissten Informationen, worauf die Beklagte im Schriftsatz vom 16. Mai 2024 (S. 8) bereits zutreffend hingewiesen hat. Durch die aktualisierten Ausführungen im Kapitel 9 des IIR („Chapter 9: Projections“, dort unter „Calculation documentation“) ist der von Ricardo insbesondere für den Bereich Landwirtschaft beanstandeten fehlenden Transparenz Rechnung getragen worden. Auch dem Vorbringen des Klägers, der sich hierzu nachfolgend nicht konkret verhalten hat, ist nicht zu entnehmen, dass und ggf. inwiefern diese Erläuterungen u.a. zu den von den Annahmen der Thünen-Baseline 2022-2032 abweichenden Aktivitätsratenprojektionen – die auch in Kapitel 5.1.1 des NLRP 2023 (dort S. 83 bis 85) aufgenommen wurden – den Begründungsanforderungen nicht genügen.
(2) Die Einwände des Klägers gegen die dem WM-Szenario zugrunde liegenden Annahmen der Beklagten im Sektor Landwirtschaft sind nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht begründet.
Der Kläger hat diesbezüglich gerügt, dass die Annahmen im WM-Szenario zur Prognose für NH3 zur Entwicklung der Tierzahlen und den eingesetzten Mineraldüngermengen, der Anzahl der Biogasanlagen, des Einsatzes von Schlitz- und Injektionstechnik und der Umsetzung der Düngeverordnung als unrealistisch zu bewerten seien. Die Fehlerhaftigkeit der WM-Prognose für den NH3-Ausstoß im Sektor Landwirtschaft werde auch im Verwaltungsvorgang bestätigt. Aus diesem sei ersichtlich, dass die Abweichung von den in der Thünen-Baseline 2022-2032 entwickelten Szenarios nach Auffassung des Umweltbundesamtes, der befassten Referate im BMUV und auch nach Auffassung des Thünen-Instituts mit sehr großen, nach Auffassung des Klägers zu großen Unsicherheiten verbunden seien und eine potenzielle Minderungslücke nicht durch die vorgesehenen zusätzlichen Maßnahmen geschlossen werden könnte.
(a) Die Rüge des Klägers, dass die Emissionsprojektion des NLRP 2023 für NH3 auf von der Thünen-Baseline 2022-2032 abweichenden, zu optimistischen Annahmen insbesondere zur Entwicklung der Tierbestände und zum Mineraldüngereinsatz basiere, führt auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht auf einen durchgreifenden Prognosemangel des NLRP 2023.
Die vom Kläger beanstandete Abweichung von den die Tierzahlen betreffenden Aktivitätsratenprojektionen der Thünen-Baseline 2020-2032 ist im NLRP 2023 (Kap. 5.1.1, S. 83) nachvollziehbar damit begründet worden, dass die darin bis 2023 angenommenen Tierbestandsrückgänge gegenüber dem Referenzzeitraum 2018 bis 2020 zum Teil schon in 2022, beispielsweise eine Reduktion der Anzahl der Milchkühe um 2 %, erreicht worden seien. Stattdessen sei es vor dem Hintergrund der in der Agrarstatistik dokumentierten Entwicklung der letzten Jahre als plausibel angenommen worden, bis 2030 von weiter rückläufigen Tierzahlen bei Schweinen und Rindern auszugehen. Diese Annahme stütze auch der in 2023 veröffentlichte Bericht „EU Agricultural Outlook for markets, income and environment 2022-2032“. Für die übrigen Tierkategorien seien die Zahlen aus der Thünen-Baseline 2022-2032 entnommen worden. Vertiefende „Hintergrundinformationen und Begründungen zu den von der Thünen-Baseline 2022-2030 abweichenden Annahmen für das NRLP2-Ausgangsszenario“ werden im Anhang des bei den vorgelegten Verwaltungsvorgängen befindlichen Papiers des Thünen-Instituts zur „Quantifizierung von Maßnahmen zur Minderung von Ammoniakemissionen für das Nationale Luftreinhalteprogramm 2 (NLRP 2)“ vom 8. März 2023 dargestellt. In diesem wird darauf verwiesen, dass das Ausgangsszenario für das NLRP 2023 mit von der Thünen-Baseline abweichenden Annahmen berechnet worden sei, weil die auf die Basisjahre 2018 bis 2020 aufbauende Thünen-Baseline die deutlichen Trends der Jahre 2015 bis 2022 in Richtung eines fortschreitenden Tierbestandsabbaus und reduzierter N-Mineraldüngermengen sowie die Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine noch nicht vollständig berücksichtige. Die Grundlagen der veränderten Annahmen zu den Rinder- und Schweinebeständen (neben den sich aus den EU Outlook-Publikationen der Jahre 2017, 2021 und 2022 ergebenden Trends auch die bis 2022 bereits eingetretenen, bei Viehzählungen statistisch erfassten Veränderungen der Datengrundlagen) werden näher dargelegt und ergänzend ausgeführt, dass der Strukturwandel in der Rinder- und Schweinehaltung, in dessen Zuge der Rückgang der Tierbestände auch die zuvor noch wachsenden großen Tierbestände erfasst habe, dafür spreche, dass sich die Abnahme der Rinder- und Schweinebestände weiter fortsetzen werde. Vor diesem Hintergrund wurden die Annahmen für das „NLRP2-Ausgangsszenario“ als plausibel eingeschätzt.
Davon ausgehend ist für den Senat nicht feststellbar, dass die Beklagte insoweit von fehlerhaften Annahmen ausgegangen ist.
Gegenüber der Kritik des Klägers, dass es nicht korrekt sei, aufgrund einer Abnahme der Tierzahlen von stark sinkenden Ammoniakwerten auszugehen, da eine Reduktion der Tierzahlen nicht automatisch zu geringeren NH3-Immissionen führe, hat der Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 16. Mai 2024 (S. 10 f.) nachvollziehbar darauf verwiesen, das die Kritik des Klägers zu den zugrundeliegenden Annahmen der Emissionsprognosen nicht gerechtfertigt sei, weil für die Emissionsprognosen neben einer Abnahme der Tierbestandszahlen bei Rindern und Schweinen auch eine Zunahme der Milchleistung von Milchkühen und eine Abnahme der Anbindehaltung angenommen worden sei. Die Berechnungen seien mit dem Modell Py-GAS-EM erfolgt, mit dem auch die NH3-Emissionen für die vergangenen Jahre berechnet worden seien, und das Modell bilde die Wirkungen der Änderungen der Tierbestände, Milchleistungen und Haltebedingungen auf die Emissionen ab. Entsprechende Ausführungen finden sich auch im NLRP 2023 (S. 83 f.). Den im Termin erhobenen Einwänden des Klägers, dass die von der Thünen-Baseline 2022-2032 abweichenden Annahmen zur Entwicklung der Tierzahlen durch die von der Beklagten in Bezug genommenen Daten des EU-Outlooks nicht (Schweine) bzw. nicht im angenommenen Umfang bestätigt würden, dass es ausweislich der im November 2023 veröffentlichen Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes bei Schweinen zuletzt sogar wieder zu einem Zuwachs gekommen sei und dass der Anstieg der Zahlen beim Geflügel nicht berücksichtigt worden sei, sind ebenfalls nicht geeignet, die im NLRP 2023 verwendeten Annahmen als unvertretbar zu erweisen. Sie zeigen weder methodische Fehler der unter Verwendung des genannten Modells Py-GAS-EM erstellten Prognose auf noch stellen sie die dieser zugrunde gelegten tatsächlichen Annahmen durchgreifend in Frage. So hat der im Termin anwesende Mitautor der Stellungnahme des Thünen-Instituts vom 8. März 2023 nochmals nachvollziehbar erläutert, dass die der Prognose zugrunde gelegten Annahmen nicht allein auf die Ergebnisse des EU-Outlooks gestützt waren, dass sich aber auch dort für die Entwicklung des Schweinebestandes relevante Prognosen finden und dass die Veränderungen bei den Geflügelzahlen nicht erheblich seien. Davon ausgehend ist auch der Verweis des Klägers auf den vom Statistischen Bundesamt im November 2023 bekannt gegebenen, erstmals seit November 2020 wieder feststellbaren leichten Anstieg des Schweinebestandes (um 1,3 % gegenüber dem Stichtag 3. Mai 2023) als eine nur die sechs Monate von Mai bis November 2023 umfassende Momentaufnahme nicht geeignet, die Richtigkeit der aus wesentlich umfangreicheren Datenreihen und langjährigen Entwicklungen abgeleiteten Trends als unrealistisch zu erweisen. Dass der Kläger meint, aus den angeführten Umständen andere Schlussfolgerungen ziehen zu müssen als die Beklagte, genügt hierfür nicht, denn bei derartigen, komplexen und weit in die Zukunft reichende Entwicklungen betreffenden Prognosen kommt der Beklagten ein weiter Einschätzungsspielraum zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2024 - 11 A 12/23 -, juris Rn 33). Dass dieser hier überschritten sein könnte, ist auch in Ansehung des ergänzenden Vorbringens des Klägers im Termin nicht feststellbar. Da die vom Beklagten durchaus gesehene erhebliche Unsicherheit der künftigen, nicht linearen Entwicklung nach den Ausführungen des Mitautors unabhängig vom angenommenen Niveau besteht, rechtfertigt sie für sich genommen auch nicht den Vorwurf, dass die Prognose der Beklagten auf zu unrealistischen Annahmen beruhe.
(b) Entsprechendes gilt für die Kritik des Klägers an der seiner Auffassung nach zu optimistischen Annahme zur Entwicklung des Einsatzes von Stickstoff (N)-Mineraldünger.
Zur Begründung dieser Rüge hat der Kläger ausgeführt, dass die im Luftreinhalteprogramm herangezogenen Mittelwerte für die Düngemittelmenge in den Jahren 2018-2020 schon deshalb nicht repräsentativ erschienen, weil der geringere Düngemitteleinsatz in diesen Jahren nicht auf nachhaltige agrarstrukturelle Umstellungen, sondern - wie das UBA auf seiner Internetseite feststelle - insbesondere auch auf die starke Trockenheit zurückzuführen sei. Dass der Mineraldüngereinsatz auch in den Jahren 2022 und 2023 auf niedrigem Niveau geblieben sei, hänge maßgeblich mit den Folgen des Kriegs in der Ukraine zusammen. Diese Entwicklungen könnten nicht linear in die Zukunft extrapoliert werden. Vielmehr sei sogar ein gewisser Anstieg der Mineraldüngermengen in den nächsten 6 Jahren wahrscheinlich, weil wegen sinkender Tierbestände und Restriktionen für Wirtschaftsdünger und Gärreste perspektivisch mehr Mineraldünger eingesetzt werde. Auch dies begründet indes nicht den Vorwurf, dass die diesbezügliche Prognose von unrealistischen Annahmen ausgeht. Im NLRP 2023 (S. 83) wird diesbezüglich zwar nur darauf verwiesen, dass die Projektion der Thünen-Baseline 2022-2032 für die in 2030 eingesetzte Mineraldüngermenge nach unten korrigiert und ein Wert entsprechend des Mittelwertes des Referenzzeitraums 2018-2020 angenommen worden sei. In ihrem Schriftsatz vom 16.Mai 2024 (S. 11) hat die Beklagte aber bereits weiter ausgeführt, dass in der aktuellen Emissionsprognose aus den vom Kläger genannten Gründen von einem Wiederanstieg der Mineraldüngermenge bis 2030 auf das Niveau von 2018-2020 ausgegangen werde; der in der Statistik dokumentierte Trend deutlich zurückgehender Verkäufe von N-Handelsdünger auf ein Niveau, das derzeit weit unter dem Niveau von 2018-2020 liege, sich diesen Annahmen zufolge bis 2030 also nicht weiter fortsetze. Die in den Jahren seit 2015 beobachtete Abnahme des Verkaufs von N-Handelsdünger sei aber nicht allein auf Dürren oder den Krieg in der Ukraine zurückzuführen. Es spielten offensichtlich auch andere Faktoren eine Rolle, darunter insbesondere Änderungen im Düngerecht. Letzteres hat der im Termin zu den diesbezüglichen Annahmen der Beklagten gehörte Mitarbeiter des Thünen-Instituts nochmals erläutert. Die vom Kläger angeführten Umstände - im Termin wurde insoweit auch ausgeführt, dass die Annahmen der Beklagten zur Effizienz zu optimistisch seien, dass die als Ersatz für die Nährstoffbilanzierung geplante Regelung zur Stoffstrombilanz im Bundesrat gescheitert sei und dass die Annahmen zu einer 100%igen Umsetzung der Vorgaben der Düngeverordnung „sehr unrealistisch“ seien – deuten zwar durchaus auf erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der von der Beklagten zugrunde gelegten zukünftigen Entwicklung hin. Soweit diese Einwände hier beachtlich sein können - die Ablehnung der Regelungen zur Stromstoffbilanz im Bundesrat erfolgte erst Anfang Juli 2024 und damit nach Beschluss des NLRP 2023 -, werden damit aber ebenfalls keine gesicherten Erkenntnisse dargelegt, die maßgebliche Annahmen der Beklagten als unvertretbar erweisen könnten, sondern es werden erneut nur eigene, die zukünftige Entwicklung auf Grundlage ähnlich ungesicherter Annahmen abweichend bewertende Einschätzungen des Klägers vorgebracht. Konkrete methodische Mängel der Prognose oder deren Beruhen auf methodisch oder wissenschaftlich nicht mehr vertretbaren „unrealistischen“ Annahmen werden damit nicht aufgezeigt.
(c) Dem vom Kläger im Termin gestellten Hilfsbeweisantrag zu verschiedenen, der Prognose für die Entwicklung des NH3-Ausstoßes im Landwirtschaftsbereich zugrunde liegenden Annahmen der Beklagten musste der Senat nicht stattgeben. Denn die Richtigkeit der mit dem Hilfsbeweisantrag unter Beweis gestellten Tatsachen könnte dem aus Rechtsgründen abzulehnenden Hauptantrag nicht zum Erfolg verhelfen und der Hilfsantrag hat - wie aus dem Tenor ersichtlich - unabhängig vom Vorliegen dieser Tatsachen Erfolg. Der Kläger hat im Termin auch selbst klargestellt, dass der Antrag für den Fall des Unterliegens sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag gestellt werde.
(3) Auch das in das WAM-Szenario aufgenommene Maßnahmenpaket für die Landwirtschaft (Tabelle 48, S. 124 und Tabelle 39, S. 107 ff) ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden.
(a) Soweit der Kläger rügt, dass es auch für dieses Maßnahmenpaket im Sektor Landwirtschaft an einer nachvollziehbaren Abschätzung der für die verschiedenen Einzelmaßnahmen angenommenen Minderungswirkungen fehle, begründet dies aus den vorstehend bereits dargelegten Gründen (vgl. III.1.c.ff.(2)(a)), auf die an dieser Stelle verwiesen werden kann, keinen Begründungsmangel.
(b) Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch nicht feststellbar, dass das Maßnahmenpaket Landwirtschaft auf unzutreffenden bzw. jedenfalls unrealistischen Annahmen beruht.
Dies gilt zunächst für den Einwand des Klägers, das nach der im November 2023 erfolgten Einigung zwischen Rat und Parlament über die Novelle der Industrieemissionsrichtlinie (IED), nach der Betriebe mit Rinderhaltung nicht mehr einbezogen und die Anwendung auf andere Betriebe mit Nutztierhaltung erst bei einer gegenüber dem Kommissionsvorschlag deutlich größeren Größe beabsichtigt sei, die im Entwurf des NLRP 2023 angenommene Minderungswirkung deutlich schwächer ausfalle, weil weniger Betriebe betroffen seien. Im nunmehr beschlossenen NLRP 2023 sei zwar der Verweis auf die IED-Novelle gestrichen worden. Trotz des Wegfalls dieser Maßnahme werde aber nach wie vor dieselbe Minderungswirkung für das Maßnahmenpaket Landwirtschaft angenommen.
Diesen Befund bestreitet die Beklagte nicht. Sie trägt allerdings vor, dass die IED-Novelle für die Berechnung des Minderungspotentials der Teilmaßnahme zu emissionsarmen Böden in Milchkuhställen keine Rolle spiele, da dieses sich ausschließlich aus dem bereits existierenden Förderanreiz und der Annahme zur Steigerung des Anteils dieser Technik bis zum Jahr 2030 ergebe (NLRP 2023, S. 106 ff., Tabelle 39). Diese Aussage trifft insoweit zu, als die in der Tabelle 39 des NLRP 2023 dargestellten (insgesamt drei) Maßnahmen des Maßnahmenpakets Landwirtschaft nicht nur an eine entsprechende Änderung der IED-Richtlinie anknüpfen, sondern für die Maßnahme 2: „emissionsmindernde Maßnahmen in Milchkuhställen (emissionsmindernde Böden)“ und Maßnahme 3: „verstärkte Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger mit Injektions-/Schlitztechnik oder Ansäuerungstechnik“ jedenfalls in deren Kurzbeschreibung darauf verwiesen wird, dass es sich um bereits förderfähige Maßnahmen handele und dass die Förderungen weitergeführt und ausgebaut werden sollten, um weitere Emissionsminderungen zu erzielen. Für diese beiden Maßnahmen werden in der Folge („Nähere Angaben zu den für die Analyse verwendeten Methoden (z.B. spezifische Modelle oder Methoden, zugrunde liegende Daten)“ auch Annahmen zu den nach Einschätzung der Beklagten durch finanzielle Anreize erreichbaren Minderungen dargestellt. Mit Blick auf die Maßnahme 2 wird zwar auch darauf hingewiesen, dass „die für die Szenarienberechnung angenommene Ausgestaltung dieser Maßnahme in der Rinderhaltung [...] auf Basis des UVPG bzw. mit Hilfe äquivalenter Regelungen im Rahmen der 4. BImSchV (V-Betriebe mit Rinderhaltung) oder künftig im Rahmen der IED-Novelle (neu adressierte Betriebe mit Rinderhaltung)“ erfolgt sei. Angesichts der danach nur ergänzend zu bestehenden Förder- und ordnungsrechtlichen Instrumenten berücksichtigten Einbeziehung von Betrieben der Rinderhaltung (auch) in den Entwurf der IED-Novelle vermag der Senat aber nicht zu erkennen, dass allein der Verzicht auf die Einbeziehung dieser Betriebe in die IED erhebliche Auswirkungen auf das Prognoseergebnis haben kann. Auch dem Vorbringen des Klägers ist hierfür nichts Hinreichendes zu entnehmen.
Der Kläger beanstandet weiterhin, dass bei der Maßnahme „Emissionsarme Böden in Milchkuhställen“ lediglich darauf hingewiesen werde, es sei „denkbar“, dass „durch finanzielle Anreize (z.B. Förderung von bis zu 50 % der Kosten) verstärkt emissionsmindernde Bodenbeläge in Milchviehbetrieben zum Einsatz kommen“. Die bloße Denkbarkeit einer Fördermaßnahme sei indes keine Maßnahme und die hierauf basierende Annahme, dass bis 2030 etwa 50 % aller Laufböden erneuert würden, sei angesichts der offengelassenen Umsetzung der Maßnahme unzulässig. Ebenso werde hinsichtlich der Maßnahme der verstärkten Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger mit emissionssparender Schlitz- oder Injektionstechnik festgestellt, dass diese Maßnahme voraussetze, „dass eine entsprechende politische Umsetzung geplant ist“. Solange eine solche Umsetzung nicht beschlossen oder sonst realistisch erwartbar sei und dies nicht inhaltlich und zeitlich konkretisiert worden sei, dürfe der Maßnahme keine Minderungswirkung zugeschrieben werden. Aufgrund welcher Umsetzungsmaßnahmen bis 2030 eine Steigerung des Anteils gasdicht gelagerter Gärreste auf 100 % gelingen solle – eine Annahme, die aufgrund von Leckagen und Vollzugsdefiziten ohnehin realitätsfern sei –, werde nicht angegeben.
Demgegenüber führt die Beklagte überzeugend aus, dass die Umsetzung der vom Kläger angeführten Maßnahmen nicht offen sei - was nach der vorstehend dargelegten Auffassung des Senats für die geforderte „realistische Chance“ auf Verabschiedung und Durchführung nicht ausreichen würde –, sondern dass die Maßnahmen aktuell bereits umgesetzt würden. So sei die Förderung der emissionsarmen Stallböden Bestandteil des Agrarinvestitionsförderungsprogramms, immissionsmindernde Schlitz- und Injektionstechnik werde aktuell bis 2024 über das Investitionsprogramm Landwirtschaft, ab 2025 voraussichtlich wieder über das „AFP der GAK“ (Agrarinvestitions-Förderungsprogramm - AFP - der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes - GAK) gefördert. Die gasdichte Lagerung von Gärresten werde im Rahmen der Richtlinie zur Förderung von Investitionen in emissionsmindernde Maßnahmen bei der Vergärung von Wirtschaftsdüngern bis 31. Dezember 2024 gefördert.
Davon ausgehend stellen die im Maßnahmenpaket Landwirtschaft zusammengefassten Maßnahmen nicht nur Optionen dar, die erörtert wurden, sondern es handelt sich um Maßnahmen, mit deren Durchführung sogar bereits begonnen wurde. Dies ergibt sich im Übrigen - wenn auch ohne Benennung der konkret in Rede stehenden Förderprogramme - auch bereits aus Tabelle 39 des NLRP 2023 (S. 106 ff.). Denn dort wird der Beginn des Umsetzungszeitraums als „laufend“, der Abschluss als „fortlaufend“ bezeichnet. Bei der Maßnahmenbeschreibung wird jedenfalls für die Maßnahmen 2 und 3 des Paketes darauf hingewiesen, dass es sich um bereits förderfähige Maßnahmen handele, deren Förderung weitergeführt bzw. ausgebaut werden solle. Daran, dass der angesprochene Ausbau der Förderung erörtert wurde, besteht angesichts der Aufnahme in die Maßnahmenplanung ebenfalls kein ernstlicher Zweifel. Die vom Kläger angeführte, durch das KTF-Urteil des Bundesverfassungsgerichts zweifellos schwieriger gewordene finanzielle Situation der Beklagten rechtfertigt unter diesen Umständen noch nicht die Annahme, dass die Erreichung der angestrebten Ziele mittels der dafür erforderlichen Fördermaßnahmen unrealistisch sei, weil deren Verlängerung über die Auslaufzeitpunkte der derzeitigen Programme hinaus oder zumindest deren Erweiterung nicht gewährleistet sei. Da die Verwendung der vorhandenen Haushaltsmittel eine Frage der politischen Prioritätensetzung ist, kann nach Auffassung des Senats nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine Verlängerung bzw. ein etwa notwendig werdender Ausbau der Förderung der emissionsmindernden Maßnahmen des Landwirtschaftspaketes im Zeitpunkt des Beschlusses des NLRP 2023 bereits unrealistisch war. Konkrete Hinweise darauf, dass die notwendigen Fördermittel selbst dann nicht weiter bereitgestellt werden, wenn dies zur Erreichung der bindenden Emissionsreduktionsziele der NEC-RL erforderlich ist, ergeben sich weder aus dem Vorbringen des Klägers noch sind sie sonst erkennbar.
(c) Soweit der Kläger meint, dass es angesichts der Unbestimmtheit der für den Landwirtschaftssektor vorgesehenen Maßnahmen nicht verwundere, wenn die Beklagte nicht einmal sagen könne, ob die Maßnahmen überhaupt zu einer Emissionsminderung und nicht sogar zu einer Emissionssteigerung führen würden, und daher nur eine sehr breite Wirkungsspanne angeben könne (+12,8 kt - emissionsmindernde Wirkung - bis -16 kt - emissionssteigernde Wirkung), verkennt er die Bedeutung der angeführten Aussage. Die Beklagte hat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass diese Aussage des Klägers auf einem Fehlverständnis der Angaben in Tabelle 39 des NLRP 2023 beruhe. Die dort angegebene quantifizierte erwartete Emissionsreduktion der WAM-Maßnahmen im Sektor Landwirtschaft sei in Tabelle 39 mit 3,4 kt angegeben. Die dahinter in Klammern angegebenen Zahlen 12,8 kt und 16,2 kt bezögen sich zum einen auf die emissionssteigernde Wirkung der Maßnahme des Klimaschutzprogramms 2030 (Erhöhung des Anteils der flüssigen Wirtschaftsdünger aus der Rinder- und Schweinehaltung, der in Biogasanlagen vergoren werde, 12,8 kt, Tabelle 39, 2. Spalte, 1. Zeile) und zum anderen auf die emissionsmindernde Wirkung der Maßnahmen 1 bis 3 im NLRP 2023 mit insgesamt 16,2 kt. Daraus ergebe sich eine insgesamt mindernde Wirkung von 3,4 kt).
(d) Nach allem begründen die auch von der Beklagten durchaus gesehenen Unsicherheiten in der Quantifizierung des Minderungspotentials im Bereich Landwirtschaft jedenfalls angesichts der Komplexität der weit in die Zukunft reichenden, methodisch nicht zu beanstandenden Prognose keinen durchgreifenden Prognosemangel. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob ein Überwachungs- und Abhilfesystem - wie die im Rahmen der qualitativen Beschreibung der Unsicherheiten im NLRP 2023 bezüglich der in Tabelle 39 erläuterten Agrarmaßnahmen vorgesehene Evaluierung durch eine jährliche Überprüfung der Höhe der Ammoniakemissionen sowie eine daraus (erst) bei zweimaliger Überschreitungen des linearen Zielpfades um mehr als 10 kt abgeleitete Pflicht zur Nachsteuerung durch Entwicklung eines Maßnahmenpakets, mit dem die Einhaltung für die folgenden Jahre sichergestellt werden soll - etwaige Prognosemängel in einem NLRP heilen oder sonst unbeachtlich machen könnte.
Die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. Mai 2021 - 7 C 8/20 -, juris Rn 41) zur Luftreinhalteplanung, wonach das Fehlen hinreichend konkreter und hinsichtlich ihrer Umsetzung sicherer Maßnahmen nicht durch einen vagen Hinweis darauf kompensiert werden könne, dass im Fall geringerer Reduktionspotentiale durch die konkrete Maßnahme die Maßnahmenplanung modifiziert werde, betrifft nicht den vorliegenden Fall. Die Beklagte verweist - wie vorstehend ausgeführt, zu Recht - darauf, dass der in den Plan aufgenommene Nachsteuerungsmechanismus kein Fall dieser Rechtsprechung zur Unzulässigkeit einer „salvatorischen Sekundärplanung“ für den Fall der Prognosefehlerhaftigkeit einer anderen Primärplanung sei, sondern auf den Fall der sogenannten „fehlgeschlagenen Prognose“ ziele, bei dem eine Nachsteuerung nicht nur zulässig, sondern geboten sei. Die Aufnahme zusätzlicher, zur Abmilderung einer auch bei einer fehlerfreien Prognose verbleibenden hohen Unsicherheit beitragender Vorkehrungen begründet in einem solchen Fall auch keine anderen Fehler des NLRP 2023. Darauf, ob die Evaluierungs- und Nachsteuerungsmaßnahmen in der konkret vorgesehenen Form tatsächlich geeignet wären, den sich aus den bestehenden Unsicherheiten ergebenden Risiken einer Zielverfehlung entgegenzuwirken, kommt es für die Rechtmäßigkeit des NLRP nicht an.
hh. Der Kläger rügt allerdings auch nach Auffassung des Senats zu Recht, dass die Maßnahme „Prüfung einer Änderung der 13. BImSchV (Verordnung über Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen) für feste (außer Kohle), flüssige und biogene Brennstoffe (Tabelle 44, S. 121 und Tabelle 35, S. 99 f. NLRP 2023), welche weiterhin nur „optional“ zur Umsetzung vorgesehen sei, nicht emissionsmindernd berücksichtigt werden könne, da es sich nicht um eine „zur Verabschiedung vorgesehene“ Maßnahme handele.
Ausweislich der Beschreibung in Kapitel 7.1 (Zur Verabschiedung vorgesehene einzelne Strategien/Maßnahmen) soll die „Prüfung“ einer Änderung dieser Verordnung erfolgen, wenn sich abzeichne, dass die Einhaltung der NOx-Reduktionsverpflichtung in 2030 mit den sonstigen beschlossenen Maßnahmen nicht gewährleistet werden könne und weitere Emissionsminderungen zur Einhaltung notwendig würden. Bei dieser Prüfung sei insbesondere zu untersuchen, ob herabgesetzte Grenzwerte mit der Dekarbonisierung der Industrie (insbesondere im Hinblick auf den Einsatz von Wasserstoff) vereinbar seien (vgl. Tabelle 44, S. 121 NLRP 2023). Die Realisierung einer derart unter einen Prüfungsvorbehalt gestellten Maßnahme ist – trotz der Aufnahme der Maßnahme in Kapitel 7.1 des NRLP - im Zeitpunkt des Beschlusses über das Programm nicht geplant, sondern es handelt sich um eine zwar erwogene, letztlich aber völlig offene Option, für die - obwohl Beginn und Ende eines Umsetzungszeitraums konsequenterweise nicht angegeben sind - eine Minderungswirkung von 3,2 kt NOx im Jahr 2030 ausgewiesen ist und deren Minderungswirkung - wie die Beklagte selbst eingeräumt hat - auch in der die voraussichtliche Einhaltung der Emissionsreduktionsverpflichtungen mit zusätzlichen Maßnahmen ausweisenden Tabelle 50 (S. 126 NLRP 2023) berücksichtigt wurde.
Hinsichtlich der Einrechnung einer Minderungswirkung dieser Maßnahme (nur) für 2025, deren Auswirkungen der Kläger wegen einer nicht nachvollziehbaren Abweichung des addierten Minderungspotentials im WAM-Szenario von demjenigen der Einzelmaßnahmen als Transparenzmangel beanstandet hatte, hat die Beklagte inzwischen klargestellt, dass dies irrtümlich erfolgt und auch gegenüber der EU-Kommission korrigiert worden sei. Das dieser Maßnahme in 2025 zugewiesene Minderungspotential habe zu einer um rund 3,4 kt höheren Minderungswirkung für NOx im WAM-Szenario geführt. Bei Korrektur ergebe sich in Tabelle 50 für das Jahr 2025 eine Emissionsreduktion von nur 53,6 % (statt 53,8 %). Die Reduktionsverpflichtung von 39 % für die Jahre 2020 bis 2029 werde auch mit der Korrektur mit großem Abstand eingehalten. Entsprechendes gilt für den vom Kläger für das Jahr 2025 mit 52 % berechneten indikativen Wert für 2025. Ein ergebnisrelevanter Mangel des NLRP kann sich daraus nach der Korrektur nicht mehr ergeben.
Soweit die Beklagte weiter vorträgt, dass die - nicht korrigierte - Berücksichtigung der Minderungswirkung dieser Maßnahme für die Einhaltung der Reduktionsverpflichtung für NOx im Jahr 2030 nicht benötigt werde, sondern diese nur zusätzlich absichere, stellt sie nicht das Vorliegen eines sich aus der Berücksichtigung dieser derzeit nicht zur Verabschiedung vorgesehenen Maßnahme ergebenden Fehlers in Frage, sondern macht erneut nur geltend, dass der Fehler jedenfalls nicht entscheidungserheblich sei. Dies träfe zwar zu, wenn man allein auf die sich aus der Unbeachtlichkeit dieser Maßnahme ergebende Erhöhung des sich für NOx im Jahr 2030 ergebenden Wertes des WAM-Szenarios um 3,2 kt (so die Angabe der erwarteten Emissionsreduktion in der in Tabelle 44, S. 121 NLRP 2023, in Bezug genommenen Tabelle 35, S. 100 f., 101 NLRP 2023) abstellen könnte. Eine abschließende Feststellung ist insoweit allerdings nicht möglich, solange der einzuhaltende Wert nicht auch im Zusammenwirken dieses mit weiteren vorstehend bereits angeführten Mängeln eingehalten würde. Dies ist auf Grundlage der dem Senat vorliegenden Erkenntnisse für NOx wegen anderer, ebenfalls die Einhaltung der Reduktionsverpflichtung für diesen Schadstoff in Frage stellender Mängel bisher nicht feststellbar.
ii. Auf den Einwand des Klägers, dass die Prognose unschlüssig sei, weil sich das addierte Minderungspotential der im NLRP 2023 beschriebenen Maßnahmen teilweise nicht mit den für das WAM-Szenario prognostizierten Werten decke und - neben der vorstehend bereits erörterten Abweichung bei NOx - auch bei PM2,5 kleiner sei als die Differenz zwischen WM- und WAM-Szenario, hat die Beklagte eingeräumt, dass auch der Maßnahme einer Anpassung der Staubgrenzwerte für Festbrennstoffkessel bereits in 2025 ein Minderungspotenzial zugewiesen und damit in Tabelle 50 (S. 126 NLRP 2023) versehentlich eine um rund 0,2 kt höhere Minderung im WAM-Szenario angenommen worden sei. Nach Korrektur sei für PM2,5 in 2025 eine Reduktion um nur 39 % statt 39,1 % anzunehmen, aber auch hier werde die maßgebliche Reduktionsverpflichtung für die Jahre 2020 bis 2029 mit großem Abstand eingehalten. Mit dem korrigierten Wert ist auch der sich aus dem Antrag des Klägers ergebende indikative Reduktionswert für PM2,5 in 2025 mit 34,5 % eingehalten.
Dass die - für sich genommen nicht ergebnisrelevante - Korrektur im Zusammenwirken mit anderen, die Emission von PM2,5 betreffenden Mängeln des Programms eine Bedeutung für die Einhaltung der entsprechenden indikativen Reduktionsverpflichtung für PM2,5 in 2025 hat, ist angesichts der Geringfügigkeit des Korrekturbetrages zwar unwahrscheinlich, kann angesichts weiterer, bereits für die Prognose der PM2,5-Emissionen im WM-Szenario relevanter Risiken (insbesondere aufgrund der unzureichenden Berücksichtigung der diesbezüglichen Annahmen des THG-Projektionsberichts 2023) aber auch nicht ausgeschlossen werden.
jj. Der pauschale, sich bei beinahe allen ausgewählten Strategien und Maßnahmen findende Verweis auf eine Überprüfung im Rahmen der turnusmäßigen Aktualisierung der Emissionsprojektionen (vgl. Tabellen 42 ff., S. 120 ff. des NLRP 2023; mit Ausnahme nur der die Landwirtschaft betreffenden, die vorstehend angeführte Sonderregelung aufgreifenden Tabelle 48, S. 123 des NLRP 2023) ist nach Auffassung des Senats nicht geeignet, die vorstehend festgestellten Prognosemängel zu heilen. Denn die gem. § 8 Abs. 1 der 43. BImSchV bzw. Art. 8 Abs. 2 NEC RL vorgeschriebene Aktualisierung der Emissionsprognosen soll - ebenso wie Erstellung und Vorlage der jährlich zu aktualisierenden Emissionsinventare - zeigen, ob die bisherigen Bemühungen der Mitgliedstaaten um eine Verringerung der Luftschadstoffe erfolgreich sind. Sinn und Zweck des Monitorings ist es aber nicht, die Heilung von Prognosefehlern in die Zukunft zu verschieben.
kk. Aufgrund der dargelegten Prognosefehler ist die Bundesregierung verpflichtet, das NLRP 2023 so zu ändern, dass die in § 2 der 43. BImSchV festgelegten Reduktionsverpflichtungen für die Luftschadstoffe SO2, NOx, NH3 und PM2,5 eingehalten werden. Dass die dargelegten Fehler des NLRP 2023 ohne Relevanz für die Einhaltung der Reduktionspflichten ist, ist - wie insbesondere mit Blick auf den THG-Bericht 2024 bereits erläutert wurde - weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
2. Der nach allem festzustellende Verstoß des NLRP gegen die umweltbezogenen, der Luftreinhaltung dienenden Vorschriften der §§ 4 und 5 der 43. BImSchV bzw. Art. 6 Abs. 1 und 3 NEC-RL ist für die Entscheidung von Bedeutung (§ 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG) und berührt zudem Belange, die der Kläger nach seiner Satzung fördert, § 2 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz UmwRG.
3. Das bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 4 UmwRG gem. § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG vorausgesetzte Bestehen eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne § 2 Abs. 10 UVPG steht der Begründetheit der Klage im konkreten Fall nicht entgegen.
Soweit § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG bei einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG zudem das Bestehen einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt, steht diese Voraussetzung einem Erfolg der Klage aus denselben Gründen nicht entgegen wie die entsprechende, auf die Möglichkeit einer Pflicht zur Durchführung einer SUP abstellende Voraussetzung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a UmwRG ihrer Zulässigkeit nicht entgegensteht. Denn wenn die erweiternde Auslegung oder jedenfalls unionsrechtskonforme Nichtanwendung der einschränkenden Tatbestandsvoraussetzung geboten ist, um eine dem Willen des Gesetzgebers entsprechende bzw. eine unionsrechtlich gebotene Klageberechtigung des Umweltverbandes zu begründen, wäre es widersprüchlich, im Rahmen der Begründetheitsprüfung eine Voraussetzung aufzustellen, die in jedem der von der Auslegung bzw. Unanwendbarkeit begünstigten Fälle notwendig zur Unbegründetheit des Rechtsmittels führen müsste. Die den Zielen des Art. 9 Abs. 3 AK bzw. den Anforderungen des Unionsrechts widersprechende Beschränkung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit würde damit lediglich auf die Ebene der Begründetheit verschoben.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zu Hälfte, da der Kläger nur mit seinem Hilfsantrag Erfolg hatte.
V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist auch bei auf die Vornahme hoheitlichen Handelns gerichteten Urteilen aufgrund von Leistungsklagen entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO auf die Kosten beschränkt (vgl. ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 29. November 2019 – 1 E 23/18 – juris, Rn. 299; vgl. auch VGH Mannheim, Beschluss vom 3. November 2011 – 6 S 2904/11 – juris, Rn. 11 ff. mit ausführlicher Begründung).
VI. Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, weil die Frage der Zulässigkeit einer Umweltverbandsklage nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG wegen eines nationalen Luftreinhalteprogramms gem. der §§ 4 und 5 der 43. BImSchV bzw. Art. 6 Abs. 1 und 3 NEC-RL sowie die Frage des Maßstabs für die gerichtliche Überprüfung der einem NLRP zugrunde liegenden Prognosen grundsätzlich bedeutsam sind.