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Entscheidung 12 U 68/24


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 12. Zivilsenat Entscheidungsdatum 13.02.2025
Aktenzeichen 12 U 68/24 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2025:0213.12U68.24.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.05.2024 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam, Az. 11 O 393/20, wird zurückgewiesen.

  2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

  3. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

  5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.482,69 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die im Januar 1958 geborene Klägerin macht den Ersatz materieller und immaterieller Schäden mit der Behauptung einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung im Hause der Beklagten geltend.

Am 03.06.2019 führte die Zeugin S… K… mit der Klägerin in Vorbereitung auf die am 13.06.2019 durchgeführte Implantation einer Totalendoprothese rechts ein Aufklärungsgespräch, dessen Inhalt im Streit steht. Postoperativ wurde eine Beinlängendifferenz festgestellt, die der gerichtliche Sachverständige mit 17 bis 18 mm ermittelt hat.

Die Klägerin begehrt wegen der bestehenden Beinlängendifferenz und der daraus resultierenden, näher beschriebenen Folgen ein Schmerzensgeld von 6.000 € sowie den Ersatz von Zuzahlungen für Schuherhöhungen und den Kosten für die exakte Feststellung der Beinlängendifferenz in Höhe von insgesamt 482,69 €. Ferner sei die Beklagte zum Ersatz zukünftiger materieller und immaterieller Schäden verpflichtet.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, ein Behandlungsfehler liege nach dem Sachverständigengutachten des Dr. med. S… nicht vor. Nach dem Ergebnis der Vernehmung der Zeugin S… K… sei es ferner davon überzeugt, dass die Klägerin auch ordnungsgemäß über die Chancen und Risiken der Operation, insbesondere mit Blick auf eine Beinlängendifferenz, aufgeklärt worden sei. Die Aussage unterliege keinem Beweisverwertungsverbot. Dabei könne dahinstehen, ob die Vernehmung der Zeugin gemäß § 128a Abs. 1 ZPO überhaupt als hoheitliches Handeln mit Auslandsberührung angesehen werden könne, denn jedenfalls habe die Klägerin dies nicht rechtzeitig gerügt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Ausführungen wird auf das Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 04.06.2024 zugestellte Urteil mit einem am 04.07.2024 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 19.07.2024 begründet. Sie führt aus, die Aussage der im Wege des § 128a ZPO vernommenen Zeugin sei nicht verwertbar. Es seien die Vorschriften über die Beweisaufnahme im Ausland nach § 363 ZPO missachtet worden. Insoweit finde auch § 295 Abs. 1 ZPO keine Anwendung, weil es sich um eine Vorschrift handele, auf die eine Partei nicht wirksam verzichten könne. Zudem habe sie im nachgelassenen Schriftsatz die Wirksamkeit der Vernehmung gerügt. Selbst wenn jedoch die Aussage verwertet werden könnte, sei eine wirksame Aufklärung nicht bewiesen. So habe die Zeugin darüber aufgeklärt, „dass man nicht ausschließen könne, dass es nach der Operation unterschiedliche Beinlängen“ gäbe. Nach den Erläuterungen des Sachverständigen Dr. S… habe jedoch bereits präoperativ festgestanden, dass die Klägerin durch die Operation einen größeren Beinlängenunterschied erleiden werde. Hierüber sei nicht aufgeklärt worden. Die Aufklärung sei verharmlosend gewesen, da das Risiko lediglich als möglich dargestellt worden sei. Auch über die Eignung und Erfolgsaussichten der Therapie sei nicht hinreichend aufgeklärt worden. Der Sachverständige habe mitgeteilt, dass aufgrund der Abnutzungserscheinungen des Knorpels am linken Hüftgelenk ebenfalls ein pathologischer Befund bestanden hätte, daraus ein zusätzlicher Längenunterschied der Beine entstehe und damit auch die linke Hüfte zwingend operativ behandelt werden müsse. Denn Ziel der Operation sei die Wiederherstellung der anatomisch korrekten Beckenendlage gewesen, die vor der Arthrose bestanden habe. Aufgrund der allein am rechten Hüftgelenk erfolgten Operation sei jedoch ein erhöhter Beckenschiefstand entstanden, der eine weitere Operation erforderlich mache. Mangels ausreichender Aufklärung habe sie, die Klägerin, nicht wirksam in die Operation einwilligen können. Schließlich sei nicht aufgeklärt worden, ob die vom Sachverständigen verwendeten Röntgenaufnahmen tatsächlich von ihr stammten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. Mai 2024 - 11 O 393/20 - abzuändern und wie folgt zu erkennen:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch i.H.v. 6.000 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

  2. Die Beklagte wird verurteilt, an sie 482,69 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

  3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche weiteren zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, welche ihr aus der rechtswidrigen Behandlung vom 13.06.2019 entstanden sind und noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

  4. Die Beklagte wird verurteilt, an sie vorprozessuale Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 1.266,16 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus dem unstreitig geschlossenen Behandlungsvertrag der Parteien bzw. aus Delikt, §§ 630a ff, 823, 280, 253 BGB.

1. Das Landgericht hat sachverständig beraten ausgeführt, dass die endoprothetische Versorgung im Hause der Beklagten dem medizinischen Standard entsprechend durchgeführt wurde und ein Behandlungsfehler nicht vorliegt. Dem ist aus Sicht des Senats nichts zu begegnen. Auch die Klägerin nimmt die Ausführungen mit der Berufung hin. Vielmehr stützt sie sich allein auf Fehler in der Aufklärung und die daraus folgende Rechtswidrigkeit des Eingriffs.

2. Aus einer fehlerhaften Aufklärung kann die Klägerin jedoch ebenfalls keinen Anspruch herleiten. Denn nach den Feststellungen des Landgerichts ist auch der Senat davon überzeugt, dass sie vor der Operation ordnungsgemäß aufgeklärt wurde.

a) Der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit stellt eine rechtswidrige Körperverletzung dar, wenn er sich nicht im konkreten Fall durch eine wirksame Einwilligung des Patienten als gerechtfertigt erweist. Dazu musste die Klägerin - wenn auch nur im Großen und Ganzen - wissen, worin sie einwilligte. Mithin war sie nicht nur über die Art des Eingriffs, sondern auch über seine nicht ganz außer Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken ins Bild zu setzen, soweit diese sich für sie als medizinischer Laie aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergaben und für ihre Entschließung von Bedeutung sein konnten. Zwar mussten ihr nicht die Risiken in allen erdenkbaren Erscheinungsformen aufgezählt werden; aber es war ihr eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken zu vermitteln, insbesondere soweit diese, wenn sie sich verwirklichten, ihre Lebensführung schwer belasten und sie mit ihnen nach der Natur des Eingriffs nicht rechnen konnte (BGH, Urteil vom 07. Februar 1984 – VI ZR 174/82 –, BGHZ 90, 103-113, Rn. 18).

b) Eine danach erforderliche Aufklärung im Großen und Ganzen, die den rechtlichen Anforderungen an eine standardgerechte Aufklärung vor einer Hüftoperation entsprach, § 630e BGB, hat am 03.06.2019 stattgefunden. Dies steht nach dem Ergebnis der Zeugenvernehmung der Zeugin S… K… fest. Das Landgericht hat sich unter Beachtung der der Beklagten obliegenden Beweislast mit der umfassend protokollierten Aussage der Zeugin einerseits und dem schriftlichen und persönlichen Vorbringen der Klägerin andererseits auseinandergesetzt und daraus die Überzeugung von einer ordnungsgemäß durchgeführten Aufklärung gewonnen. Die Beweiswürdigung des Landgerichtes lässt keine Fehler, falsche Gewichtungen oder Widersprüchlichkeiten erkennen, die Anlass geben, an dem Beweisergebnis zu zweifeln (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Auch die Berufung zeigt solche nicht auf, sondern beruft sich nur allgemein auf ein Beweisverwertungsverbot.

Die Aussage der Zeugin S… K… unterliegt aber keinem Beweisverwertungsverbot. Zwar kann in der Vernehmung eines Zeugen, der sich in einem fremden Hoheitsgebiet befindet, ein Verstoß gegen das Rechtshilferecht und damit Art. 25 GG, § 363 ZPO liegen. Nach dem Territorialitätsprinzip darf jeder Staat Hoheitsakte nur auf seinem Staatsgebiet vornehmen. Einem deutschen (Zivil-)Gericht ist es daher - auch zum Zwecke der Beweisaufnahme - untersagt, auf ausländischem Staatsgebiet unmittelbar tätig zu werden. Für einen derartigen Fall sieht § 363 Abs. 1 ZPO vor, dass das deutsche Gericht die zuständige Behörde des betreffenden Staates um Aufnahme des Beweises ersucht. Die Durchführung eines entsprechenden Rechtshilfeersuchens wird – auch das Land Israel betreffend – durch das Haager Abkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 18. März 1970 (BGBl. 1977 II, 1472 f.) geregelt (BGH, Urteil vom 7. November 1991 – 4 StR 252/91 –, BGHSt 38, 111-115, Rn. 65).

Ob und welche verfahrensrechtlichen Beschränkungen daraus für eine Zeugenvernehmung im Wege der Videokonferenz folgen, bedarf hier keiner Entscheidung, weil selbst eine verfahrensfehlerhafte ohne Ersuchen und Gestattung durchgeführte unmittelbare Beweisaufnahme nicht zwingend zu einem Beweisverwertungsverbot führt (Anders/Gehle/Schmidt, 82. Aufl. 2024, ZPO § 1072 Rn. 7; MüKoZPO/Rauscher, 6. Aufl. 2022, EG-BewVO Art. 17 Rn. 1; OLG Oldenburg Beschluss vom 29.11.2012 – 8 W 102/12, BeckRS 2012, 25081, beck-online). So besteht von Verfassung wegen kein Rechtssatz des Inhalts, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise stets unzulässig wäre (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 9. November 2010 – 2 BvR 2101/09 –, BVerfGK 18, 193-208, Rn. 43). Der Bundesgerichtshof zieht ein aus der Nichteinhaltung rechtshilfespezifischer Bestimmungen abgeleitetes Verwertungsverbot lediglich dann in Betracht, wenn den entsprechenden Regeln auch ein individualschützender Charakter zukommt, wenigstens im Sinne eines Schutzreflexes (BGH, Beschluss vom 2. März 2022 – 5 StR 457/21 –, BGHSt 67, 29-55, Rn. 38; Beschluss vom 5. Juli 2022 – 4 StR 61/22 –, Rn. 14, juris). Danach bezieht sich eine mögliche Verletzung der Beteiligungspflicht des beteiligten Staates gemäß Art. 15 ff des Haager Übereinkommens über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen primär auf die Territorial- und Hoheitsrechte und, soweit dieser überhaupt eine individualschützende Wirkung zukommt, allein auf die Beweisverwendung im Ausland. In den Schutzbereich fällt weiter nur die Zielperson der Maßnahme, also die Zeugin. Eine etwaige Verletzung der Rechtshilfevorschriften kann die Klägerin somit bereits deshalb nicht erfolgreich rügen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2022 – 4 StR 61/22 –, Rn. 15, juris). Ob des Weiteren eine Verletzung der Rügeobliegenheit nach § 295 Abs. 1 ZPO vorliegt, kann vor diesem Hintergrund ebenfalls offen bleiben.

c) Mithin ist davon auszugehen, dass die Zeugin im Aufklärungsgespräch (vgl. zum Erfordernis der Mündlichkeit eines Aufklärungsgespräches BGH, Urteil vom 5. November 2024 – VI ZR 188/23 –, Rn. 12 - 16, juris) auch die Möglichkeit einer Beinlängendifferenz thematisiert hat, auch wenn die Klägerin dies im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal in Abrede gestellt hat. Getragen wird diese Beweiswürdigung neben der Aussage der Zeugin S… K… von den handschriftlichen Ergänzungen im von der Klägerin unterzeichneten und ihr ausgehändigten Aufklärungsbogen (zur Indizwirkung des Aufklärungsbogens BGH, Urteil vom 11. Oktober 2016 – VI ZR 462/15 –, Rn. 8; Urteil vom 28. Januar 2014 – VI ZR 143/13 –, Rn. 13, juris) und den durch Fettdruck hervorgehobenen Ergänzungen auf der letzten Seite. Dabei war der Klägerin - wie sich u.a. aus den Behandlungsunterlagen des Dr. med. T… und den dort verschiedentlich erwähnten OP-Aufklärungen ergibt - die Bedeutung und der Inhalt von Aufklärungsbögen durchaus bekannt.

aa) Die Aufklärung war auch nicht deshalb unzutreffend oder verharmlosend, weil eine postoperative größere Beinlängendifferenz lediglich als „Risiko“, mithin als nur möglich dargestellt wird. Zu Recht verweist die Klägerin darauf, dass im Rahmen der Aufklärung vor allem die Risiken einer Operation zutreffend erläutert werden müssen. Erweckt der aufklärende Arzt beim Patienten durch die unzutreffende Darstellung der Risikohöhe eine falsche Vorstellung über das Ausmaß der mit der Behandlung verbundenen Gefahr und verharmlost dadurch ein verhältnismäßig häufig auftretendes Operationsrisiko, so kommt er seiner Aufklärungspflicht nicht in ausreichendem Maße nach (BGH, Beschluss vom 16. August 2022 – VI ZR 342/21 –, Rn. 9, juris). Das war hier aber nicht der Fall.

So hat der Sachverständige Dr. med. S… zwar im Rahmen seiner Anhörung nachvollziehbar erläutert, wegen der Wiederherstellung der Lage der Hüftknochen vor der Erkrankung und dem Ausgleich der vor der Operation fehlenden 6 bis 8 mm Knorpelmasse sei es „absehbar“ gewesen, dass sich die vorhandene Beinlängendifferenz nach der Operation weiter vergrößern werde. Damit begründet sich aber keine Verharmlosung eines bei der Klägerin bestehenden, über ein von der allgemein erfolgten Aufklärung erfassten hinausgehenden Risikos einer postoperativen Beinlängendifferenz. So hat der Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt, eine gewisse Beinverlängerung um wenige Millimeter sei im Allgemeinen sinnvoll, um die Luxationsneigung zu minimieren. Weiter gibt er an, die Literatur zeige, dass häufig nach Implantationen einer Hüft-TEP die operierte Extremität verlängert sei. Dabei gebe es keine einheitliche Grenze, ab wie viel Millimeter Abweichung zur Gegenseite von einer Beinlängendifferenz gesprochen werden kann. Studien hätten Verlängerungen um 15,9 +/- 9,54 mm ergeben, so dass Beinlängendifferenzen bis zu 1,5 cm - im Rahmen der Anhörung gibt der Sachverständige einen Rahmen von 1 bis 2 cm an - bei bestehenden Messungenauigkeiten von 5 mm als normal und nicht als Behandlungsfehler bezeichnet werden. Damit bestand bereits im Rahmen der erfolgten Aufklärung über eine Standardoperation für die Klägerin kein besonderes aufklärungspflichtiges Risiko, denn der Äußerung des Sachverständigen kann nicht entnommen werden, dass die Verlängerung der bereits vorbestehenden und der Klägerin spätestens (eine Beinlängendifferenz von -1 cm links wurde nach der Behandlungsdokumentation bereits bei der Aufnahme am 03.06.2019 festgestellt) mit der Aufklärung bekannt gemachten Beinlängendifferenz von nach dem Sachverständigen 7 mm aus ex ante Sicht auch um 6 bis 8 mm oder darüber hinaus und damit in einen gesundheitlich relevanten Bereich erfolgen werde. Dabei, dies ergibt sich auch aus der in der Akte befindlichen Dissertation D…, würden Beinlängendifferenzen bis zu 1 cm von Erwachsenen subjektiv kaum bemerkt und bis zu 2 cm durchaus toleriert. Mithin sind auch die zu erwartenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen in dem hier ex ante zu erwartenden, als „normal“ zu bezeichnenden Rahmen gering und nicht ohne Nachfrage besonders aufklärungspflichtig, zumal es für die Klägerin mit der von ihr zwar in Abrede gestellten, nach dem Ergebnis der Zeugenvernehmung jedoch bewiesenen Information über die bereits bestehende Beinlängendifferenz auf der Hand lag, dass eventuelle Toleranzen sowohl im Sinne einer Verlängerung aber auch einer wegen der in beide Richtungen denkbaren, ebenfalls in Betracht zu ziehenden Verkürzung im Zusammenhang mit dieser zu sehen sein werden.

bb) Soweit sich die Klägerin mit der Berufung darauf stützt, es hätte auch eine Aufklärung über die „zwingende Folge“ einer zweiten Operation an der linken Hüfte aufgeklärt werden müssen, tragen die Ausführungen nicht. Zwar hat der Sachverständige auch an der linken Hüfte Verschleißerscheinungen festgestellt. Dass diese zwingend operativ beseitigt werden müssten und dies Folge der ersten Operation sei, ist den Ausführungen jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr hat der Sachverständige lediglich festgestellt, dass die Differenz wieder ausgeglichen werde, wenn auch die zweite Hüfte entsprechend versorgt werde. Im Übrigen folgt bereits aus den Grundsätzen der vom Sachverständigen im Gutachten zitierten S3-Leitlinie zur Indikationsstellung von Hüftoperationen, dass verschiedene Indikatoren für oder gegen eine Operation sprechen und nicht allein die Beinlängendifferenz von bis zu 1,8 cm. Insoweit musste auch unter Berücksichtigung der Ausführungen zu oben aa) nicht über eine Folgeoperation an der linken Hüfte aufgeklärt werden.

cc) Auch die Aufklärungsrüge über die Erfolgsaussichten der Therapie geht fehl. Ziel der Operation war nicht die Korrektur der bereits bestehenden Beinlängendifferenz, die im Umfang von rund 1 cm, laut Sachverständigen eher 7 mm, präoperativ festgestellt wurde und der Klägerin nach eigenem Vortrag präoperativ nicht bekannt gewesen seien soll. Vielmehr war es Ziel, die bestehenden latenten Beschwerden (Schmerzen und ausgeprägte Bewegungseinschränkungen des rechten Hüftgelenks mit aufgehobener Innenrotation) bei der Diagnose Coxarthrose rechts zu beseitigen und dabei die anatomisch korrekte Beckenlage, die vor der Arthrose bestanden hat, wieder herzustellen. Mithin war intraoperativ die Prothetik so zu setzen, dass die Lage derjenigen entsprach, wie vor der Arthrose. Das wurde auch innerhalb der zulässigen Toleranzen, über deren Risiken aufgeklärt wurde, erreicht.

d) Zu Recht hat das Landgericht von einer weiteren Aufklärung dazu abgesehen, ob die vom Sachverständigen ausgewerteten Röntgenaufnahmen von der Klägerin stammten. Der Sachverständige hat in seiner Anhörung erklärt, dass die Aufnahmen im System mit dem Namen der Klägerin versehen waren und die Ausdrucke nur in anonymisierter Form erfolgen können. An der Glaubhaftigkeit der Aussage bestehen keine Zweifel, so dass auch die Vorlage der Originaldateien nicht erforderlich wird.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Festsetzung des Streitwertes findet seine Grundlage in §§ 47, 48 GKG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.