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Eingruppierung eines Mitarbeiters im Bereich "Recovery" K 2 - K 3 Tarifvertrag Einzelhandel Berlin


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 10. Berufungskammer Entscheidungsdatum 25.11.2024
Aktenzeichen 10 Sa 775/24 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2024:1125.10SA775.24.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 1 TVG

Leitsatz

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Abteilung "Recovery" in einem Möbelhaus benötigen keine über die K 2 hinausgehenden besonderen Fachkenntnisse und Fätigkeiten.

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 04.12.2023 – 20 Ca 9029/22 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers entsprechend des Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütung für den Berliner Einzelhandel.

Der 1966 geborene Kläger ist seit dem 1. November 2003 bei der Beklagten als Mitarbeiter im Bereich „Recovery“ mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt EUR 2.790,00 nach der Entgeltgruppe K2 des o.g. Tarifvertrages beschäftigt. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt in Vollzeit 37 Stunden. Im Arbeitsvertrag vom 1.11.2003 wurde der Kläger als Mitarbeiter im Bereich Administration bezeichnet. Der Kläger war zunächst seit 1999 in der Filiale der Beklagten in S____ tätig, dort war er ebenfalls im Bereich „Recovery“ beschäftigt. Seit dem 1.11.2003 arbeitet der Kläger in der Filiale B____ – T____. Der Kläger ist ausgebildeter Beton- und Stahlbetonbauer und hat seine Ausbildung in den Jahren 1984 – 1986 absolviert.

Der Kläger ist Mitglied des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein weltweit tätiges Einzelhandelsunternehmen im Bereich Möbel und Einrichtung. In Deutschland betreibt die Beklagte ca. 50 Einrichtungshäuser, in denen sie ca. bis zu 12.000 Artikel verkauft.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger kraft Tarifbindung und kraft einzelvertraglicher Vereinbarung im Arbeitsvertrag vom 1.11.2003 dem jeweiligen Tarifvertrag über die Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütung für den Berliner Einzelhandel unterfällt.

In dem Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Berliner Einzelhandel in der zuletzt gültigen Fassung vom 1. Juli 2021 werden die jeweiligen Entgeltgruppen der kaufmännischen Angestellten im Einzelhandel durch Tätigkeitsmerkmale sowie Tätigkeitsbeispiele beschrieben. Dort heißt es auszugsweise:

Die Entgeltgruppe K2 enthält die folgenden Tätigkeitsmerkmale:

„Angestellte mit Tätigkeiten, für die in der Regel eine abgeschlossene 2- oder 3-jährige Ausbildung im Beruf erforderlich ist.“

Zudem werden folgende konkrete Tätigkeitsbeispiele aufgeführt:

Verkäufer/innen

Alleinverkäufer/innen in Zweiggeschäften (§ 2 A e Ziffer 1 ist zu beachten),

Empfangspersonal,

Kassierer/innen (§ 2 A e, Ziffer 1 ist zu beachten),

Angestellte am Packtisch, deren Kontrolltätigkeit Waren- und Preiskontrolle umfasst,

Fachkräfte im Wareneingang, im Lager, in der Expedition und in der Verwaltung, z.B. Buchhalter/innen, Rechnungsprüfer/innen, Operatoren/-innen, Lohnbuchhalter/innen, Expedienten/-innen, Plakatmaler/innen, Schauwerbegestalter/innen,

Stereotypisten/-innen, von denen folgende Mindestanforderungen erfüllt werden: 2 Diktate von je 5 Minuten Dauer in einer Geschwindigkeit von mindestens 120 Minuten und

Schnellschreibprobe auf der Maschine von mindestens 180 Anschlägen je Minute, formgerechte Gestaltung eines Schriftstückes,

Phonotypisten/-innen, von denen folgende Mindestanforderungen erfüllt werden: Schnellschreibprobe auf der Maschine von mindestens 180 Anschlägen je Minute, formgerechte Gestaltung eines Schriftstückes,

Datatypisten/-innen mit mindestens 180 Anschlägen in der Minute,

Telefonisten/-innen (§ 2 A e. Ziffer 2 ist zu beachten),

Verkäufer/innen im Außendienst in Anfangsstellungen,

KFZ-Kundendienstberater/innen,

Hausdetektive/-innen“

Die Entgeltgruppe K3 enthält folgende Tätigkeitsmerkmale:

„Angestellte, die qualifizierte Arbeiten selbständig erledigen, für die besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind.“

Zudem werden folgende konkrete Tätigkeitsbeispiele aufgeführt:

„Erste Verkäufer/innen

Verkäufer/innen im Außendienst

Verkäufer/innen bei regelmäßiger Anwendung fremder Sprachen

KFZ-Kundendienstberater/innen mit mehrjähriger Erfahrung

Verwalter/innen von Verkaufsstellen und Filialen mit bis zu 300 qm Verkaufsfläche, die für den ordentlichen Geschäftsgang in der Verkaufsstelle oder Filiale nach Anweisung der Betriebsleitung sorgen, die Arbeit der Beschäftigten beaufsichtigen, alle Waren und sonst notwendigen Materialien von der Betriebsführung – gegebenenfalls auf Anforderung – erhalten. Die Verkaufsfläche umfasst den eigentlichen Verkaufsraum einschließlich der Auslagefläche in den Schaufenstern. Lager-, Büro- und sonstige Nebenräume wie Fleischzerlegungsräume, Packräume, Filialleiter/innen-Büros, Schaubäckereien und Kühlzellen sind nicht mitzuzählen

Substituten/-innen in Fachgeschäften bis zu 3 Jahren in dieser Tätigkeit

Assistent/innen

Abstecker/innen

Selbständige Fachkräfte im Wareneingang, im Lager, in der Expedition und in der Verwaltung, z.B. selbständige Buchhalter/innen, Lohnbuchhalter/innen, Kreditsachbearbeiter/innen, Korrespondent/innen, Statistiker/innen, Operatoren/-innen, Plakatmaler/innen, Schauwerbegestalter/innen

Kassierer/innen mir gehobener Kassentätigkeit. Als gehobene Kassentätigkeit gilt die überwiegend mit komplizierten Geschäftsvorfällen (nicht unbarer Zahlungsverkehr) ausgeübte Tätigkeit an einer Sammel- oder Bereichskasse

Programmierer/innen in Anfangsstellungen

Stenotypisten/-innen bei regelmäßiger Anwendung fremder Sprachen

Sekretäre/innen

Hausmeister/innen

Krankenschwestern/-pfleger, Kindergärtner/innen, Sozialfürsorger/innen oder Hausdetektive/-innen mit Anzeigenbearbeitung (mit staatlicher Anerkennung)“

Die Differenz zwischen der Vergütungsgruppe K3, nach dem 5. Tätigkeitsjahr, in Höhe von 3.267,00 EUR brutto und der Vergütung für die K2 im gleichen Tätigkeitsjahr in Höhe von 2.743,00 EUR brutto betrug im Juni 2022 die Summe von 524,00 EUR brutto. Ab Juli 2022 änderte sich aufgrund der Tariflohnerhöhung der monatliche Differenzbetrag auf 533,00 EUR brutto.

Bei der Beklagten gibt es einen „Return“ – Schalter, in dem täglich ca. 1.000 – 3.000 Stück Ware von Kunden zurückgegeben werden. Die ungefähre Zahl ist zwischen den Parteien streitig. Hiervon sind mindestens ca. 750 unbeschädigt und ca. 250 beschädigt. Die Return-Abteilung nimmt eine Überprüfung dahingehend vor, ob die Ware den Bedingungen des Angebotes entspricht. Die dortigen Mitarbeiter klassifizieren die zurückgenommene Ware als unbeschädigt oder ob Mängel oder Beschädigungen durch Kunden vorliegen. Bei den zurückgenommenen Artikeln handelt es sich entweder um original verpackte Ware oder unbeschädigte Ware, die lediglich neu zu verpacken ist oder um beschädigte Ware.

Bei Rücknahme der Ware erfolgt am „Return“ Schalter die Ausstellung eines Gutscheins oder die Rückzahlung des Kaufpreises an die Kunden.

Der zurückgenommene Artikel gelangt anschließend in die „Recovery-Abteilung“, in der der Kläger tätig ist. Der Bereich „Recovery“ ist für die wirtschaftliche Verwertung der zurückgegebenen Ware zuständig. Dort erhält der Kläger diese vom „Return“ Schalter und kontrolliert mit Hilfe eines Programms, ob es noch unbearbeitete oder nicht abschließend geklärte Rückgaben von Kundinnen und Kunden gibt. Diese verbucht der Kläger sodann.

Die beschädigen Artikel werden der Fundgrube zugeordnet. Bei der Fundgrube handelt es sich um einen Verkaufsbereich in Kassennähe, in dem aus dem gesamten Sortiment des Unternehmens sog. „Fundware“ verkauft wird. Die Preise für die einzelnen Artikel dort legt der Kläger ohne Rücksprache mit einem etwaigen Vorgesetzten fest. Diese Festlegung erfolgt unter Berücksichtigung des Zustandes des Artikels. Dem Kläger obliegt dabei die Entscheidung einer Reduktion zwischen 1% und 50%. In der Fundgrube baut der Kläger die Ware teilweise auf.

Die unbeschädigten Originalwaren mit unbeschädigter Verpackung werden lediglich verteilt.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der „Recovery“, so auch der Kläger, sind daneben für die erneute Verpackung beschädigter Verpackung zuständig, wenn die Ware unbeschädigt ist. Diese wird nach erneuter Verpackung wieder in den Verkauf gebracht. Hierbei müssen die Verpackungen mit Maschinen zugeschnitten werden und mit Labels mit Barcodes beschriftet werden. Die Bearbeitung der neu zu verpackenden Waren und unbeschädigten Waren findet im sogenannten backstage statt, d.h. einem Bereich, in den sich keine Kunden aufhalten.

Die Bearbeitung der beschädigten Ware ist zeitaufwendiger als die bloße Weitergabe original verpackter oder neu zu verpackender unbeschädigter Ware.

Die Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „Recovery“ ergeben sich primär aus dem Handbuch „Regeln und Richtlinien Recovery“ (auf Blatt 21 – 39 der Akte wird verwiesen).

Mit E-Mail vom 24.6.2021 bat der bei der Beklagten gebildete Betriebsrat die Beklagte um Überprüfung der Eingruppierung der „Recovery“ Mitarbeiter dahingehend, ob statt der Entgeltgruppe K 2 die Entgeltgruppe K 3 zutreffend sei.

Mit E-Mail vom 13.7.2021 teilte die hierfür zuständige Mitarbeiterin Frau T___ mit, dass die K2 die richtige Eingruppierung sei.

Mit der am 15. September 2022 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage ist der Kläger der Auffassung, nicht zutreffend eingruppiert zu sein und begehrt Vergütung nach der Entgeltgruppe K 3 sowie eine Nachzahlung für die Monate Juni 2022 – August 2022.

Der Kläger ist der Ansicht, auf ihn träfen mehrere Tätigkeitsbeispiele für die Entgeltgruppe K3 zu. Er behauptet, er sei Verkäufer bei regelmäßiger Anwendung fremder Sprachen. Die Tätigkeit im Bereich „Recovery“ beinhalte auch den Verkauf der Ware in der Fundgrube. Der Kläger sei in nahezu jedem seiner Arbeitsbereiche an jedem seiner Arbeitstage mit der englischen Sprache konfrontiert. Die englische Sprache wende er dabei nicht nur selten oder gelegentlich, sondern regelmäßig an. Es vergehe kein Tag, an dem er nicht in ein englisches Kundengespräch verwickelt werde. Auf die konkreten Ausführungen zu seinen Tätigkeiten bei Verwendung der englischen Sprache Blatt 9, Blatt 95 und Blatt 216 – 223 der Akte wird verwiesen.

Der Kläger ist der Auffassung, darüber hinaus treffe auch das Tätigkeitsbeispiel „Selbständige Fachkräfte im Wareneingang, im Lager, in der Expedition und in der Verwaltung“ zu.

Der Kläger arbeite mit von außen eingegangenen Waren und sei mithin im Wareneingang tätig. Keinesfalls seien nur diejenigen Arbeitnehmer dem Wareneingang zuzuordnen, die den allerersten Kontakt zur Ware haben. Zum Wareneingang seien vielmehr diejenigen Mitarbeiter zu zählen, die mit eingebrachten Waren bis hin zur Verbringung in den Verkauf beschäftigt sind. Das sei bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Bereich „Recovery“ gerade überwiegend der Fall. Sie nähmen die jeweiligen Artikel entgegen, etikettierten diese und bereiteten sie für den Verkauf vor. Im Zuge dessen würden die zur Verfügung gestellten Programme bedient und die Artikel durch Einscannen erfasst. Eine der primären Aufgaben des Klägers sei es, retournierte bzw. reklamierte Waren zu begutachten und neu auszupreisen. Es handelt sich dabei um eingegangene Waren.

Der Kläger trägt vor, seine Tätigkeiten lassen sich jedoch ebenfalls dem Lagerbereich zuordnen. Die Bearbeitung der Waren, die neue Auspreisung und das Bedienen der Verpackungsmaschine sowie des Ersatzteilprogramms fänden im Lagerbereich statt.

Der Kläger behauptet, zu seinen Tätigkeiten gehörten auch gehobene Kassentätigkeiten, auch wenn diese nicht zu seinen Haupttätigkeiten zählen. Er müsse eigenverantwortlich Reklamationen bearbeiten und Rabatte buchen. Bei der Buchung von Rabatten handele es sich um Kassentätigkeiten. Die übliche Kassiererinnen-Tätigkeit umfasse nicht die eigenverantwortliche Entscheidung über die Höhe von Rabatten. Vielmehr stelle die „einfache“ Kassiererinnen-Tätigkeit lediglich das Abkassieren von bereits im Voraus mit einem festen Preis etikettierter Ware dar. Seine Tätigkeit gehe darüber hinaus.

Hinsichtlich der allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der K3 geht der Kläger davon aus, dass er fast ausschließlich selbstständig arbeite. Selbständigkeit setzt eine gewisse eigene Entscheidungsbefugnis über den zur Erbringung seiner Leistungen jeweils einzuschlagenden Weg und das zu findende Ergebnis und damit zugleich auch eine gewisse Eigenständigkeit des Aufgabenbereichs voraus, ohne dass dadurch die fachliche Anleitung oder die Abhängigkeit von Weisungen von Seiten eines / mehrerer Vorgesetzter ausgeschlossen werde. Der Kläger verwies hierbei auf die Entscheidung des BAG mit Beschluss vom 18.05.2011 – 4 ABR 82/09.

Die „Recovery“ Mitarbeiter hätten die Entscheidung über die weitere Verfahrensweise mit rückgekauften Artikeln selbst zu treffen. Hierzu würden seit einigen Jahren auch die Rücknahme von online eingekauften Artikeln gehören. In der „Recovery“ Abteilung werde die Entscheidung getroffen, was mit den Gegenständen weiter passieren soll. Hierbei gehörten zu den Aufgaben der „Recovery“ Mitarbeiter sowohl die Aufarbeitung und Reparatur der Artikel als auch eine preisliche Einstufung sowie die Einschätzung der Möglichkeiten eines Angebots im Verkauf in der Fundgrube. Aufgrund seiner weitgehenden Befugnisse hinsichtlich des Auspreisens von rabattierten Artikeln für die Fundgrube, der Entscheidung über die Entsorgung von beschädigten Artikeln sowie dem Umgang mit komplexen Maschinen sei die Tätigkeit des Klägers selbständig. Er treffe selbst Entscheidungen mit großer finanzieller Verantwortung. Die Eigenschaft als Fachkraft habe der Kläger aufgrund seiner Ausbildung zum Beton- und Stahlbauer sowie aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung bei der Beklagten inne.

Neben der selbständigen Erledigung dieser Arbeiten handele es sich dabei zudem um qualifizierte Arbeiten, für die besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten erforderlich seien. Der Kläger meint, sowohl aus der Tatsache, dass er eine abgeschlossene handwerkliche Ausbildung vorweisen kann, als auch aus der fast 20-jährigen Berufserfahrung bei der Beklagten ergebe sich, dass es sich bei ihm um eine Fachkraft handele. Er verfüge aufgrund dieser Vorkenntnisse über die Fähigkeit, jegliche bei der Beklagten angebotenen Möbel zusammen- und abzubauen. Zudem sei es ihm daher möglich, auch Reparaturen an den Möbeln selbständig vorzunehmen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn für die Zeit ab 1. Juni 2022 nach der Entgeltgruppe K3 nach dem 5. Tätigkeitsjahr des Tarifvertrags über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Berliner Einzelhandel in der jeweils geltenden Fassung zu vergüten,
  2. die Beklagte zu verurteilen, ihm EUR 1.590,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 554,00 seit dem 1. Juli 2022, EUR 533,00 seit dem 1. August 2022 und auf EUR 533,00 seit dem 1. September 2022 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt.

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte war der Ansicht, der Kläger sei zutreffend eingruppiert. Seine Klage sei unschlüssig. Die von ihm beschriebenen Tätigkeiten würden schon nach dem eigenen Vortrag gerade nicht die Voraussetzungen einer höheren Eingruppierung in die Entgeltgruppe K3 erfüllten. Insgesamt sei der Kläger nicht eigenverantwortlich oder selbstständig tätig, er handele vielmehr nach konkreten schriftlichen Regelungen und Vorgaben. Inwieweit besondere Fachkenntnisse vorlägen bzw. vorliegen müssten ergebe sich nicht aus der Darlegung des Klägers.

Die Mitarbeiter des „return“ Schalters würden entscheiden, ob die Ware als „neu“, oder „beschädigt“ klassifiziert werde und würden sie sodann an den Kläger weitergeben. Im Zeitraum vom 11.9.2022 – 11.10.2022 seien insgesamt 27.183 Waren zurückgegeben worden. Hiervon seien 19.508 Stück Originalware und 7.675 beschädigte Ware. Die Masse der Tätigkeiten bestünden in einfachen Rücknahmen und Verteilung originalverpackter Ware. In diesen Fällen sei keine weitere Entscheidung zu treffen. Soweit bei beschädigter Ware Rabattierungen durchzuführen seien ergebe sich durch die Voreinstellung des Programms ein Rabatt von 20 %. Die Mitarbeiter des Bereichs müssten dann abhängig vom Zustand des Artikels prüfen und entscheiden, ob der Rabatt so beibehalten oder erhöht werden soll. Hierzu gäbe es im System weitere Hilfestellungen und vorgedruckte Preisschilder.

Weiterhin hat die Beklagte bestritten, dass es für den Kläger erforderlich sei, Englisch zu sprechen. Der Ausländeranteil der englisch sprechenden Bevölkerung sei in Tempelhof sehr gering, Touristen würden keine Einrichtungsgegenstände kaufen. Erweiterte Englischkenntnisse würden von Seiten der Beklagten nicht vorausgesetzt. Auch die Kenntnisse eines Stahl- und Betonbauers würden bei der Tätigkeit des Klägers nicht vorausgesetzt.

Die Beklagte ist auch der Ansicht, der Kläger sei kein Verkäufer und führe daher keine Verkaufsgespräche durch. Ein Großteil der Arbeiten bei „Recovery“ fänden in für Kunden unzugänglichen Bereichen statt, lediglich in der Fundgrube habe der Kläger Kundenkontakt. Beratungsgespräche würden dort nicht stattfinden. Die Fragen der Kunden seien dort eher einfach. Insbesondere führe er im Hinblick auf seine Gesamttätigkeit nicht überwiegend Kundengespräche.

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger Kassierer ist. Insbesondere verrichte er – was wohl unstreitig ist - keine Kassentätigkeit bzw. Tätigkeiten an der Kasse.

Darüber hinaus ist sie der Ansicht, der Kläger sei kein qualifizierter Lagerarbeiter.

Die Beklagte verweist auf eine unveröffentlichte Entscheidung des LAG Sachsen-Anhalt vom 23.7.2020, Az.: 3 TaBV 21/18, Bl. 53 – 83 d.A., in der es ebenfalls um die Eingruppierung einer Mitarbeiterin im „Recovery“ Bereich in einer Filiale der Beklagten in Halle/Leipzig ging.

Weiterhin nimmt die Beklagte auf eine Entscheidung des LAG Saarland vom 19.2.2014, Az.: 1 TaBV 13/12 zu der Eingruppierung der Mitarbeiter in der Fundgrube Bezug.

Mit Urteil vom 4.12.2023 hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen.

Das Arbeitsgericht führt aus, dass sich aus dem Vortrag des Klägers keine Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe K 3 ergäben. Der Kläger sei kein Verkäufer bei regelmäßiger Anwendung fremder Sprachen. Aus seinen Darlegungen ergäbe sich nicht, in welchem Umfang er wie viele Kundengespräche in englischer Sprache führe. Auch sei der Kläger kein Mitarbeiter im Wareneingang, da die Waren, die er betreue, nicht von außen kämen. Zu den Haupttätigkeiten des Klägers zähle auch nicht das Kassieren.

Hinsichtlich der Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Blatt 185 – 192 der Akte verwiesen.

Gegen das am 8.1.2024 dem Kläger zugestellt Urteil hat dieser mit dem am 8.2.2024 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangenen Schreiben Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 8.4.2024 am 8.4.2024 begründet.

Der Kläger und Berufungskläger tritt der angefochtenen Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.

Der Kläger rügt, dass sich das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung trotz ausführlichen klägerseitigen Vortrags dahingehend nicht mit den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe K3 auseinandersetze. Der Kläger arbeitet fast ausschließlich selbstständig. Selbständigkeit setzt eine gewisse eigene Entscheidungsbefugnis über den zur Erbringung seiner Leistungen jeweils einzuschlagenden Weg und das zu findende Ergebnis und damit zugleich auch eine gewisse Eigenständigkeit des Aufgabenbereichs voraus, ohne dass dadurch die fachliche Anleitung oder die Abhängigkeit von Weisungen von Seiten eines / mehrerer Vorgesetzter ausgeschlossen werde.

Die „Recovery“ Mitarbeiter hätten die Entscheidung über die weitere Verfahrensweise mit rückgekauften Artikeln selbst zu treffen. Hierzu gehöre seit einigen Jahren auch die Rücknahme von online eingekauften Artikeln. Die Return-Abteilung nehme insoweit nur eine Kurz-Überprüfung dahingehend vor, ob die Ware den Bedingungen des Angebotes entspreche.

Der Kläger ist der Ansicht, dass neben der selbständigen Erledigung dieser Arbeiten es sich bei seiner Tätigkeit um qualifizierte Arbeiten handele, für die besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind. Die Mitarbeiter im Bereich „Recovery“ müssten über sehr gute Englischkenntnisse verfügen. Die alltäglichen Arbeiten wären ohne diese Kenntnisse nicht zu schaffen. Hierbei handelt es sich nicht um gewöhnliche (Schul-) Kenntnisse, die in kurzer Zeit vermittelt werden können. Das Verstehen einer Sprache, insbesondere unter Verwendung von Spezialbegriffen sei notwendig. Insbesondere für das Bedienen des Ersatzteilprogramms und die Tätigkeit an der Verpackungsmaschine seien Englischkenntnisse notwendig.

Der Kläger verweist darauf, dass er Kundengespräche, die er auf Englisch geführt hatte, sowie die Anzahl und Dauer der Bedienung des Ersatzteileprogramms und der Verpackungsmaschine, für welche die englische Sprache erforderlich ist, notiert habe. Daraus ergäben sich die folgenden Werte:

Hinsichtlich der detaillierten Aufstellung des Klägers zu den Kundengesprächen auf Englisch und den Eingaben des Klägers in die EDV auf Englisch wird auf die Tabelle Blatt 217 – 219 der Akte verwiesen.

Aus den vorstehenden Tabellen ergäbe sich ein Gesamtwert von 150 Minuten englischsprachig geführter Gespräche, 187 Minuten Tätigkeit im Ersatzteileprogramm Spartacus und 120 Minuten Tätigkeit an der Verpackungsmaschine. Unter Herausrechnung der Arbeitstage, an denen der Kläger Betriebsratstätigkeiten oder Tätigkeiten in seiner Funktion als Tarifkommissionsmitglied ausübe, führe er im Durchschnitt pro Tag 18,75 Minuten bei 4,6 Mal Kundengespräche auf Englisch und bediene das Ersatzteileprogramm Spartacus 23,36 Minuten. Die Verpackungsmaschine bediene er im Durchschnitt 15 Minuten pro Tag. Daraus ergäbe sich, dass der Kläger durchschnittlich pro Arbeitstag 57,11 Minuten, mithin fast eine Stunde, auf englischer Sprache arbeitet.

Aus dem Vorstehenden ergäbe sich, dass Englischkenntnisse für den Kläger als Mitarbeiter im Bereich „Recovery“ zwingend notwendig seien. Neben der Kommunikation mit Kunden seien Englischkenntnisse auch für die Bedienung deutschsprachiger Kunden erforderlich, da der Kläger die in den von ihm zu bedienenden Programmen auf Englisch bezeichneten Artikel in die deutsche Sprache übersetzen müsse. Das Ersatzteile-Programm Spartacus sei teilweise lediglich auf englischer Sprache (Artikelbezeichnungen sind ausschließlich auf englischer Sprache) verfügbar.

Zudem träfe auf den Kläger auch das Tätigkeitsbeispiel „Selbständige Fachkräfte im Wareneingang, im Lager, in der Expedition und in der Verwaltung“ zu.

Um einen „Wareneingang“ handele es sich nicht nur dann, wenn Waren direkt von außen angeliefert werden. Dass die Waren zunächst am Returnschalter angenommen werden und erst anschließend von den „Recovery“ Mitarbeiter bearbeitet werden, ändere nichts daran, dass der Kläger mit von außen eingegangenen Waren arbeitet und mithin im Wareneingang tätig sei. Keinesfalls seien nur diejenigen Arbeitnehmer dem Wareneingang zuzuordnen, die den allerersten Kontakt zur Ware hätten. Zum Wareneingang seien vielmehr diejenigen Mitarbeiter zu zählen, die mit eingebrachten Waren bis hin zur Verbringung in den Verkauf beschäftigt sind. Das sei bei den Mitarbeitern im Bereich „Recovery“ gerade überwiegend der Fall. Sie nähmen die jeweiligen Artikel entgegen, etikettieren diese und bereiten sie für den Verkauf vor. Im Zuge dessen werden die zur Verfügung gestellten Programme bedient und die Artikel würden durch Einscannen erfasst. Eine der primären Aufgaben des Klägers sei es, retournierte bzw., reklamierte Waren zu begutachten und neu auszupreisen. Es handele sich dabei um eingegangene Waren.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin zum Aktenzeichen 20 Ca 9029/22 vom 4. Dezember 2023, zugestellt am 8. Januar 2024,

  1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger für die Zeit ab 01.06.2022 nach der Entgeltgruppe K3 nach dem 5. Tätigkeitsjahr des Tarifvertrags über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Berliner Einzelhandel in der jeweils geltenden Fassung zu vergüten;
  2. die Beklagte zu verurteilen, 1.590,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf 524,00 EUR seit dem 01.07.2022, auf 533,00 EUR seit dem 01.08.2022 und auf 533,00 EUR seit dem 01.09.2022 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Kläger führe nicht Tätigkeiten aus, die der Entgeltgruppe K3 des o.g. Tarifvertrages zuzuordnen wären.

Prüfungsmaßstab sei gem. § 9 MTV, ob der Kläger vorliegend überwiegend

  • Qualifizierte Arbeiten
  • selbstständig erledigt, für die
  • besondere Fachkenntnisse
  • und (zusätzlich)
  • (besondere) Fähigkeiten

erforderlich sind.

Bei K 2 handele es sich um die „Grundeingruppierung“, in der im Einzelhandel über 80 % der Beschäftigten eingruppiert seien.

Die Tätigkeiten, die zur Eingruppierung in K 2 führen, seien solche, für deren Erledigung der Abschluss einer 2-3- jährigen Berufsausbildung erforderlich sei.

Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale, aber auch die Tätigkeitsbeispiele der K 3, bauten auf denjenigen der K 2 auf.

Die Fachkenntnisse der K 3 erfordern eine erhebliche Steigerung gegenüber den von einem zutreffend entsprechend der Gehaltsgruppe K 2 eingesetzten Arbeitnehmer.

Auch die Selbstständigkeit, die kumulativ zu den besonderen Fachkenntnissen und den besonderen Fachkenntnissen vorliegen müsse, sei vorliegend nicht gegeben.

Zu den Tätigkeitsbeispielen trägt die Beklagte vor, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen Verkäufer handele. Nur für diese Beschäftigten sehe der Tarifvertrag eine Höhergruppierung vor, wenn sie regelmäßig die englische Sprache benützen. Darüber hinaus bestreitet die Beklagte die Anzahl und der Umfang in englischer Sprache geführter Gespräche. Ob und mit welchem Niveau der Kläger imstande ist, Englisch zu sprechen, entziehe sich der Kenntnis der Beklagten und bleibe bestritten.

Von einer „regelmäßigen“ Anwendung der englischen Sprache könne auch nach diesen Behauptungen des Klägers nicht die Rede sein.

Kern der Tätigkeit des Klägers ist das Handling und das Bewegen von Ware und nicht der Verkauf derselben.

Für die Tätigkeiten an Ersatzteilprogramm sei Englisch genauso wenig erforderlich wie für die Verpackungsmaschine.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger sei auch keine selbstständige Fachkraft im Wareneingang, im Lager, in der Expedition und in der Verwaltung.

Der „Eingang“ der Waren finde allein am „Return“ Schalter statt und werde von den dort beschäftigten Mitarbeitern abgewickelt.

Eine selbständige „Fachkraft“ sei nicht beschäftigt; Maßstab sei auch hier die abgeschlossene Berufsausbildung. Die Annahme zurückgegebener Ware nach klaren Vorgaben der Arbeitgeberin sei eine einfach durchzuführende Arbeit. Selbstständig werde auch dort der Eingang der Waren nicht bearbeitet, sondern nach klaren Vorgaben und Regeln.

Der Kläger sei keine „Fachkraft im Lager“ und erst recht nicht eine „selbstständige Fachkraft im Lager“. Er sei nicht im Lager beschäftigt und werde auch nicht mit den in einem Lager anfallenden Tätigkeiten, wie sie eine Fachkraft für Lagerlogistik (3-jährige Berufsausbildung) zu erledigen hat, betraut.

Der Kläger sei auch kein „Kassierer mit gehobener Kassentätigkeit“. Er arbeite nicht an der Kasse, „kassiere“ nicht und sei damit auch kein Kassierer.

Die Beklagte verweist darauf, dass es sich bei der Entscheidung des LAG Saarland, die bei Mitarbeitern „Recovery“ die Entgeltgruppe 3 als zutreffend angesehen habe, um einen Tarifvertrag mit anderen Tariftext gehandelt habe.

Das LAG Sachsen-Anhalt habe am 23.07.2020 für den identischen Tariftext wie hier entschieden, dass es sich bei den Tätigkeiten in der Abteilung „Recovery“ nicht um qualifizierten Arbeiten handele, für die besonderen Fachkenntnisse und Fähigkeiten erforderlich seien, die über die Kenntnisse und Fähigkeiten einer ausgebildeten Fachkraft in der Eingruppierung der K2 herausgingen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Klägers wird auf die Berufungsbegründungsschrift Blatt 210 – 234 der Akte sowie die Ergänzung Blatt 260 – 263 der Akte verwiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags der Beklagten wird auf Blatt 241 – 245 der Akte verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht im Sinne von §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

B.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Sowohl im Ergebnis als auch zum Teil in der Begründung hat das Arbeitsgericht die Eingruppierungsfeststellungsklage zu Recht abgewiesen.

I.    

Die Klage ist zulässig. Es handelt sich bei dem vom Kläger formulierten Klageantrag zu 1) um eine allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, bei der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das nach § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere rechtliche Interesse an der Feststellung unbedenklich zu bejahen ist (ständige Rechtsprechung, etwa BAG, 16. August 2023 – 4 AZR 339/22, BeckRS 2023, 26800 Rn. 12; BAG, 22. Juni 2022 – 4 AZR 495/21, NZS 2023, 1259 Rn. 19).

Der Antrag zu 2 ist als Zahlungsantrag für einen bestimmten Zeitraum neben dem Feststellungsantrag zulässig.

II.    

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat nicht die Voraussetzungen für die von ihm geltend gemachte Eingruppierung in die Entgeltgruppe K3 des Tarifvertrags über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Berliner Einzelhandel.

1.    

Die generelle Anwendbarkeit des Tarifvertrags über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Berliner Einzelhandel auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist unstreitig. Die Beklagte wendet die Regelungen ausweislich des Arbeitsvertrages vom 1.11.2003 auf das Arbeitsverhältnis des Klägers an.

2.     

Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe K3. Aus seinem Vortrag ergibt sich nicht zur Überzeugung der erkennenden Kammer, dass seine Tätigkeiten diese Eingruppierung rechtfertigten.    

Grundsätzlich obliegt dem Kläger bei einer Eingruppierungsfeststellungsklage die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, aus denen sich die seiner Meinung nach zutreffende Eingruppierung ergibt (BAG, 16. August 2023 – 4 AZR 339/22, BeckRS 2023, 26800 Rn. 24; BAG 27. April 2022 –4 AZR 463/21, NZA 2022, 1426 Rn. 27; BAG, 14. Oktober 2020 –4 AZR 252/19, NZA-RR 2021, 260 Rn. 30). Der Kläger hat diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Falle des Bestreitens zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, dass er die im Einzelfall für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen erfüllt (BAG, 16. August 2023 – 4 AZR 339/22, BeckRS 2023, 26800 Rn. 24; BAG 27. April 2022 –4 AZR 463/21, NZA 2022, 1426 Rn. 27; BAG, 14. Oktober 2020 –4 AZR 252/19, NZA-RR 2021, 260 Rn. 30). Dem genügt der Tatsachenvortrag des Klägers nicht.

3.    

Die Entgeltgruppen des Tarifvertrages über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Berliner Einzelhandel in der Fassung vom 1.7.2021 enthalten Tätigkeitsmerkmale und darüber hinaus Tätigkeitsbeispiele.

Hierbei müssen die Tätigkeiten mit den entsprechenden Tätigkeitsmerkmalen bzw. Tätigkeitsbeispielen zeitlich zu mehr als 50 % anfallen, um die Eingruppierung in die Entgeltgruppe zu rechtfertigen.

Nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen sind in die Entgeltgruppe K3 Angestellte einzugruppieren, die qualifizierte Arbeiten selbstständig erledigen, für die besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind.

a.

Dass Tarifmerkmal der „selbständigen Leistungen“ erfordert ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative, das sich nicht auf leichte geistige Arbeit beschränken und nicht mit dem Begriff „selbständig arbeiten“ verwechselt werden darf. Kennzeichnend ist - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses, der einen Abwägungsprozess erfordert, bei dem unterschiedliche Informationen verknüpft und untereinander abgewogen werden. In rechtserheblichem Ausmaß liegen selbständige Leistungen dann vor, wenn ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 – a.a.O.).

Angewandt auf den Fall spricht vieles dafür, dass die Tätigkeit des Klägers selbstständige Leistung erfordert. Zwischen den Parteien ist streitig, über welche Tätigkeiten und Handlungen der Kläger selbstständig entscheiden kann und muss.

Die Aufgabe des Mitarbeiters „Recovery“ ist es laut der von der Beklagten herausgegebenen Regeln und Richtlinien zum „Recovery“ Index, die am Umtauschschalter zurück genommene Ware einer wirtschaftlichen Wiederverwertung zuzuführen, also dem Produkt eine zweite Chance zu geben. Wenn dies nicht möglich ist, soll die Ware entsorgt werden. Hierbei müssen die Mitarbeiter zunächst entscheiden, welche Produkte via Repacking in den Bestand zurückgeführt werden sollen (Regeln und Richtlinien 4.1.2 (Bl. 25 d.A.)

Der Kläger entscheidet zunächst darüber, ob die nicht original verpackte Ware ausgemustert und entsorgt oder neu verpackt wird. Wird sie weder entsorgt noch neu verpackt, so entscheidet der Kläger, ob und zu welchem Preis die Ware in der Fundgrube verkauft wird. Hierbei ist der Kläger zwar an Richtlinien gebunden, aber die konkrete Entscheidung obliegt dem Kläger, da nur er sehen kann, in welchem Umfang die Ware fehlerhaft oder beschädigt ist bzw. vom vorherigen Kunden zum Beispiel durch Montagefehler beschädigt wurde. Auch kann der Kläger nach allgemeinen Vorgaben den Artikel als verkaufsunfähig einstufen und entsorgen bzw. entsorgen lassen. Hierfür ist eine erhebliche Warenkenntnis notwendig, die sich der Kläger im Laufe seines Arbeitslebens angeeignet hat. Der Kläger hat bei seiner Entscheidung einen Beurteilungsspielraum, da nur bei der Begutachtung der Ware zu erkennen ist, welche Maßnahmen konkret zu ergreifen sind.

Ob dies eine selbständige Leistung ist will die Kammer ausdrücklich dahingestellt lassen.

b.

Der Tarifvertrag des Berliner Einzelhandels setzt jedoch anders als der vom LAG Saarland entschiedene Fall, bei dem die Eingruppierung einer „Recovery“ - Mitarbeiterin in die K3 als zutreffend erachtet wurde, voraus, dass neben der selbständigen Leistung es sich um eine Tätigkeit handelt, für die besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind. Diese liegen zur Überzeugung des Gerichts jedoch nicht vor.

Ausgehend von der Struktur des Tarifvertrages verlangt die Eingruppierung in die Entgeltgruppe K 3 eine Heraushebung der Kenntnisse und Fähigkeiten aus der Entgeltgruppe K 2. Für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe K 2 ist eine zwei bis dreijährige Ausbildung gefordert. Die Anforderungen für die K 3 sind demzufolge höher als für die Tätigkeiten, die eine zwei- bis dreijährigen Ausbildung erfordern (so auch Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt vom 23.7.2020, 3 TaBV 21/18, nicht veröffentlicht).

Wenn der Kläger – von der Beklagten bestritten - vorträgt, die Beklagte habe bei der Einstellung verlangt, dass er und die übrigen Mitarbeiter eine handwerkliche Ausbildung haben, so mag dies gegeben sein. Diese Vorgaben entsprechen der Eingruppierung in die K 2. Die Kläger hat, was unstreitig ist, eine Ausbildung als Beton- und Stahlbauer. Ob diese Ausbildung für die Tätigkeit in einem Möbelhaus erforderlich ist mag dahingestellt bleiben. Richtig ist sicherlich, dass eine handwerkliche Tätigkeit bei der Bewertung von Schäden und dem Aufbau der Möbel in der Fundgrube durchaus hilfreich ist. Andererseits wirbt das Möbelhaus damit, dass jeder die bei ihnen verkauften Möbel selbst montieren kann. Dem ist nach Kenntnis der Kammer auch so. Die Beklagte verkauft Möbel zum Zusammenbauen, die zum großen Teil mit einfachen Handgriffen anhand einer Bedienungsanleitung und einem in der Regel beigefügten Imbus - Schlüssel montiert werden. Wären diese nur mit handwerklichen Fachwissen zu montieren, würde die Beklagte geschätzte 70 % der Kunden verlieren, da ein Großteil der Bevölkerung und damit der Kunden der Beklagten keine handwerkliche Ausbildung hat.

Die Kammer konnte nicht erkennen, welche über die Kenntnisse und Fähigkeiten einer abgeschlossenen Berufsausbildung (K 2) hinausgehenden Fachkenntnisse und Fähigkeiten für die Tätigkeit der Mitarbeiter „Recovery“ notwendig sind. Grundlegende Englischkenntnisse werden auch im Rahmen einer Berufsausbildung vermittelt. Einzelne Fachbegriffe in Englisch können im Rahnen des „learnig by doing“ erlernt werden. Für die Tätigkeit des Klägers im Bereich „Recovery“ sind keine über die Kenntnisse und Fähigkeiten einer abgeschlossenen Berufsausbildung hinausgehenden Englischkenntnisse erforderlich.

Die Kenntnisse des Warenbestandes und der Vielzahl der Artikel sind keine Kenntnisse und Fähigkeiten, die in einer Ausbildung vermittelt werden.

c.

Der Kläger ist auch nicht dem Tätigkeitsbeispiel für die K 3 „Verkäufer bei regelmäßiger Anwendung fremder Sprachen“ zuzuordnen.

Es mag sein, dass der Kläger während seiner Tätigkeit regelmäßig sowohl bei Kundenkontakten als auch bei der Eingabe von Daten die englische Sprache benutzt. Hierzu hat der Kläger ausführlich unter Angabe von Zeiten vorgetragen.

Das Tätigkeitsbeispiel „bei regelmäßiger Anwendung fremder Sprachen“ bezieht sich nach dem Wortlaut des Tarifvertrags konkret auf Verkäufer. Anhaltspunkte, dass die regelmäßige Anwendung fremder Sprachen auch bei anderen Tätigkeiten eingruppierungserhöhend ist liegen nicht vor.

Der Kläger ist jedoch nicht überwiegend mit einem Zeitanteil von 50% Verkäufer.

Zwar gehört es zu seinen Aufgaben, wiederverwertbare Ware für die Fundgrube aufzubauen und sie dorthin zu bringen. In diesem Zusammenhang wird er sicherlich von den Kunden angesprochen und zu der Ware, Lieferung, Demontage oder Montage der Möbel befragt. Der Verkauf und die Beratung der Kunden ist jedoch nicht seine Hauptaufgabe. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich nicht, dass diese Aufgaben zu mehr als 50% anfallen. Dies hat er auch nicht behauptet.

Ausweislich der Regeln und Richtlinien für I… Deutschland (Blatt 21 ff) besteht der „Recovery“ Bereich aus dem Sortierraum, Aufbauraum, Back to Stock Raum und der Fundgrube. Lediglich in der Teiltätigkeit, in der der Kläger in der Fundgrube beschäftigt und dort anwesend ist, hat er Kundenkontakt, in den anderen Räumen sind in der Regel nur die „Recovery“ Mitarbeiter oder weitere interne Mitarbeiter. Auch der Aufbau der Möbel für die Fundgrube erfolgt – wie der Name bereits sagt – im Aufbauraum. Selbst wenn der Kläger in der Fundgrube Verkaufsgespräche führen würde und als Verkäufer tätig wäre – was die Beklagte ausdrücklich bestreitet – ist nicht ersichtlich, dass er diese Tätigkeiten zu mehr als 50 % ausübt.

d.

Auf den Kläger trifft auch nicht das Tätigkeitsbeispiel „selbständige Fachkraft im Wareneingang“ zu.

Der Bereich „Recovery“ ist kein Wareneingang. Als Wareneingang ist grundsätzlich der Ort zu bezeichnen, an dem die Ware bei einem Unternehmen „von außen“ angeliefert wird. Dies muss nicht unbedingt nur die Lieferung der Ware von den Möbelherstellern oder Produzenten bedeuten, die im Wareneingang angeliefert wird und dort im Lager katalogisiert und aufbewahrt wird. Wareneingang kann auch im „Return“ Schalter stattfinden, da auch dort die zuvor von Kunden gekaufte und nunmehr zurückgegebene Ware „von außen“ wieder dem Unternehmen zugeführt und verbucht wird. Der Kläger ist jedoch nicht im Bereich „Return“, sondern im „Recovery“ tätig, wo die Ware, die nunmehr bereits im Unternehmen tatsächlich als Gegenstand vorhanden ist und in der EDV eingetragen wurde, nicht mehr „von außen“ kommt, sondern „von innen“ weitergegeben wird. Würde man der Argumentation des Klägers folgen, so wäre jede Ware im Möbelhaus, die von einer Etage zur anderen gebracht wird, also aus dem Warensortiment der eine Etage entfernt und bei der anderen Etage eingefügt wird als Wareneingang der neuen Etage zu bezeichnen. Auch die Erfassung durch das Einscannen der Ware in dem Bereich „Recovery“ deutet nicht darauf hin, dass die Ware „von außen“ eingegangen ist und erfasst wird. Es handelt sich lediglich um eine interne Erfassung.

e.

Der Kläger erfüllt auch nicht das Tätigkeitsbeispiel „selbständige Fachkraft im Lager“.

Inwieweit sich die Tätigkeiten des Klägers dem Lager zuordnen lassen ist nicht ersichtlich. Ausweislich der Regeln und Richtlinien für I…. ist der Kläger neben der Fundgrube im Sortierraum, Aufbauraum, Back to Stock Raum und der Fundgrube tätig.

f.

Hinsichtlich des Tätigkeitsbeispiel „Kassierer mit gehobenen Kassentätigkeit“ hat der Kläger selbst in der Berufungsinstanz nochmals vorgetragen, dass Kassentätigkeiten nicht zu seinen Hauptaufgaben gehören. Aus seinem Vortrag ergibt sich nicht, dass er selbst zu irgendeinem Zeitpunkt an der Kasse sitzt und Kassentätigkeiten macht, d.h. kassiert bzw. abkassiert. Dies hat die Beklagte auch ausdrücklich verneint.

C. Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 97 Absatz 1 ZPO.

D. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 72 Absatz 2 ArbGG waren nicht ersichtlich. Die Kammer hat sich bezüglich sämtlicher relevanter Rechtsfragen an der Rechtsprechung der Obergerichte und der anderen Landesarbeitsgerichte orientiert. Hinsichtlich der Entscheidung des LAG Saarland vom 19.2.2014 – 1 TaBV 13/12 ist keine Divergenz gegeben, da bei dieser Entscheidung ein Tarifvertrag mit einem anderen Wortlaut zugrunde lag. Auch ist keine bisher keiner obergerichtlichen Entscheidung zugeführte entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen gewesen.

Auf die Möglichkeit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen, § 72 a ArbGG.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.