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(Finazierung des) "Heimatmuseum(s)" Dissen-Striesow, Anfechtsungs-/Fortsetzungsfeststellungsklage, Beanstandung von Beschlüssen der Gemeindevertretung, die dem Amtshaushalt (als solchen) nach § 137 S. 1 BbgKVerf widersprechen, Gemeinde Dissen-Striesow ./. LR SPN als allgemeine unter Landesbehörde, Kommunalaufsichtsrecht, Vollstreckung der Beanstandung und des Aufhebungsverlangens durch die Kommunalaufsicht, Widerspruch der Klägerin u.a. gegen den Amtshaushalt 2021/2022 als solchen, Zum Widerspruchsrecht einer amtsangehörigen Gemeinde nach § 137 S. 1 BbgKVerf - "Gefährdung" des "Wohls der Gemeinde", Zur Möglichkeit eines Teilwiderspruhcs gegen die Haushaltssatzung, lediglich, soweit eine "differenzierte Amtsumlage Museen" festgesetzt wird


Metadaten

Gericht VG Cottbus 1. Kammer Entscheidungsdatum 26.09.2024
Aktenzeichen VG 1 K 568/23 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2024:0926.1K568.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen 113 Abs. 1 S. 4 VwGO §, 113, § 114, § 116 BbgKVerf a.F. §, 137 S. 1 BbgKVerf a.F. §

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen Maßnahmen der Kommunalaufsicht des Beklagten in Zusammenhang mit der Beschlussfassung des Amtes B_____ über die Amtshaushalte der Haushaltsjahre 2021 - 2024.

Die Klägerin, heute eine Gemeinde mit etwa 1.000 Einwohnern, ist zum 31. Dezember 2001 aus den Gemeinden D_____ und S_____ gebildet worden (ABl. 2002, S. 4). Sie betreibt in dem Ortsteil D_____ ein „Heimatmuseum“, das mit Ausstellungen im Innen- und Außenbereich („S_____“) [etwa 400/4.000 m²] und sonstigen Veranstaltungen die Geschichte, die Bräuche und die Traditionen der Sorben/Wenden darstellt. Das Museum wird jährlich von etwa 6.000 - 12.000 Personen besucht. Die Klägerin und fünf weitere Gemeinden – B_____ und W_____ – gehören dem Amt B_____ an; alle amtsangehörigen Gemeinden zählen zu dem angestammten Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden. Im Amtsgebiet wird ein weiteres Museum als kommunale Einrichtung betrieben [die „Heimatstube“ in B_____)].

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke und des Inventars des Museums. Jedenfalls einen Teil der Räumlichkeiten hat sie dem „Förderverein des Heimatmuseums D_____.“ zur Gestaltung der Ausstellungen überlassen; als Gegenleistung hat der Verein dem aktuellen Nutzungsvertrag vom 25. Juli 2001 nach an die Gemeinde jährlich 8.000 €, sofern aus den Eintrittsgeldern erwirtschaftet, zum Ausgleich der Betriebskosten abzuführen. Das Museum wird durch den Landkreis und durch Landesmittel gefördert. Am 20. Januar 2020 beschloss die Gemeindevertretung der Klägerin, dem Landkreis S_____ die Übernahme der Trägerschaft des Museums anzubieten (Beschluss-Nr.: 0_____).

Mit einem „Grundsatzbeschluss Weiterführung der Aufgabe Fremdenverkehr/Tourismus als Amtsaufgabe“ vom 23. Oktober 2000 (Beschluss-Nr.:0_____) übertrug die Gemeindevertretung der Gemeinde D_____ die (Selbstverwaltungs-)Aufgabe „Fremdenverkehr/Tourismus“ zum 01. Januar 2001 (erneut) auf das Amt B_____); auf die Begründung der Beschlussvorlage und ihre Anlage „Grundsätzliche Überlegungen zur Wahrnehmung der Aufgabe Fremdenverkehr/Tourismus als Gemeinschaftsaufgabe im Amt B_____ wird Bezug genommen. Die Gemeindevertretungen der Gemeinden B_____ und W_____ beschlossen Entsprechendes.

Am 11. Dezember 2000 entschied der Amtsausschuss des Amtes B_____ unter Hinweis auf die Übertragung dieser Selbstverwaltungsaufgabe durch die drei Gemeinden, die Arbeitsverhältnisse von drei namentlich bezeichneten Mitarbeiterinnen des „Heimatmuseums“ und der „Heimatstube“ im Wege eines „Betriebsübergangs“ auf das Amt überzuleiten und diese Mitarbeiterinnen künftig als Angestellte des Amtes zu führen (Beschluss-Nr.: 1_____). Zwischenzeitlich haben alle Mitgliedsgemeinden unter anderem diese Selbstverwaltungsaufgabe auf das Amt übertragen [§ 3 Abs. 2 der Hauptsatzung des Amtes B_____ vom 09. November 2020].

Die Haushaltssatzung des Amtes B_____ für die Haushaltsjahre 2019/2020, die Investitionsplanung und die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung für die Jahre 2019 -2023 war Gegenstand einer Sitzung des Finanz- und Planungsausschusses des Amtes vom 04. Februar 2019. In der Niederschrift heißt es:

„(…) Der Wegfall der Sonderumlagen Fremdenverkehr und Bibliothek aus dem Amtshaushalt soll die Gemeinden in der Haushaltssicherung (G_____) entlasten und eine Vereinfachung gegenüber der Revision schaffen. Einhergehend damit soll die Herauslösung der Personalaufwendungen für Museen aus dem Produkt Tourismus erfolgen und folglich eine 100-Prozent-Erstattung der betreuenden Gemeinden B_____ und D_____, da Kultur eine freiwillige Aufgabe der Gemeinden darstellt. (…)“

Am 18. Februar 2019 beschloss der Amtsausschuss die Haushaltssatzung 2019/2020 unter Einschluss einer (allgemeinen) Amtsumlage und einer Amtsumlage für die „übertragene Selbstverwaltungsaufgabe Bauhof“.

In der Vorlage zu einem vom Amtsausschuss am 14. Dezember 2020 gefassten „Absichtsbeschluss zur Festsetzung einer differenzierten Amtsumlage für die Gemeinden B_____ und D_____ zur Personalkostenfinanzierung Museen“ (Beschluss-Nr.: 1_____ wird im Wesentlichen ausgeführt, die „Sonderumlage Tourismus“ sei 2019 abgeschafft worden, um die Gemeinden zu entlasten, deren Haushaltslage angespannt sei. Der über diese Sonderumlage zuvor finanzierte Bedarf des Titels 57510 “H_____” werde durch die Gemeinde B_____ an das Amt erstattet. In diesem Titel seien bis 2018 auch die Personalkosten für das Personal der beiden Museen geführt worden. Nunmehr seien sie in dem Titel 25210 “Museen” veranschlagt worden. Die Klägerin beschränke ihre Zahlungspflicht den Beschlüssen ihrer Gemeindevertretung folgend auf angefallene Personalkosten i. H. v. 44.623,40 € (2019); die Erstattung der restlichen Kosten i. H. v. 55.933,87 € lehne sie ab. Die Haushaltslage der drei finanzschwachen Gemeinden des Amtes werde sich in der künftigen Haushaltsplanung nicht wesentlich verbessern und ihre zusätzliche Belastung über die allgemeine Amtsumlage sei zu vermeiden. Die tatsächlich angefallenen Personalkosten der Museen seien über eine differenzierte Amtsumlage in der Haushaltssatzung festzusetzen, denn das Amt „verauslagte“ die Personalkosten und erbringe ausschließlich Leistungen, die den beiden amtsangehörigen Gemeinden zustattenkämen. Diese Gemeinden könnten die zusätzlichen Aufwendungen durch Rücklagen im Haushalt „für die nächsten zwei Jahre“ decken.

Die Gemeindevertretung der Klägerin erhöhte daraufhin die Eintrittspreise des Museumskomplexes (Beschluss vom 04. März 2021 - Beschluss-Nr.: 0_____).

Am 29. März 2021 billigte der Amtsausschuss erstmalig die Haushaltssatzung des Amtes für die Haushaltsjahre 2021 und 2022 (Haushaltssatzung [HHS] 2021/22 - Nr. 1_____). Mit § 4 lit. c) HHS 2021/22 wird eine Amtsumlage für die „differenzierte Selbstverwaltungsaufgabe Museen“ für 2021 in Höhe von 142.500 EUR und für 2022 in Höhe von 146.700 EUR erhoben.

Der Bürgermeister der Klägerin widersprach dem Beschluss am 19. April 2021 entsprechend einer (einstimmigen) Beschlussfassung ihrer Gemeindevertretung vom 11. März 2021.

In seiner Sitzung vom 10. Mai 2021 beschloss der Amtsausschuss, die „differenzierte Amtsumlage Museen“ um 30.000,00 € für die Klägerin zu reduzieren, vorbehaltlich einer Rücknahme des Widerspruchs und unter der Maßgabe, dass die Museumsleiterin anteilig für die „H_____“ zur Verfügung steht und für diese die neue Dauerausstellung mitkonzipiert (Beschluss-Nr.: 1_____). Der Beschlussvorschlag, den Widerspruch der Klägerin zurückzuweisen, verfehlte die von § 137 S. 3 2. Hs. der Brandenburgischen Kommunalverfassung (BbgKVerf) vorgegebene qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder des Amtsausschusses (Beschluss-Nr.: 1_____).

Am 21. Juni 2021 hob der Amtsausschuss den Beschluss vom 10. Mai 2021 (Nr.: 1_____) auf und beschloss die Haushaltssatzung 2021/22 erneut (Beschluss-Nr.: 1_____). Der Beschluss beinhaltete eine nunmehr leicht erhöhte allgemeine Amtsumlage und unter anderem differenzierte Amtsumlagen „Museen“ (in unveränderter Höhe) und „Tourismus“, § 4 lit. c) und d) HHS 2021/2022. Die Gemeindevertretung der Klägerin beschloss am 08. Juli 2021 mehrheitlich – zwei Gemeindevertreterinnen hatten sich mündlich und schriftlich dagegen ausgesprochen, den „kompletten Doppelhaushalt 2021/2022“ abzulehnen – dem Beschluss des Amtsausschusses mit einer vergleichbaren Begründung zu widersprechen (Beschluss-Nr.: 0_____). Am 09. August 2021 verfehlte die Beschlussvorlage des Amts, den Widerspruch der Klägerin zurückzuweisen (Nr.:1_____), im Amtsausschuss erneut die qualifizierte Mehrheit.

Am 08. September 2021 kündigte die Kommunalaufsicht des Beklagten der Klägerin an, einen weiteren Widerspruch der Gemeinde gegen die Beschlussfassung des Amtes über die Haushaltssatzung zu beanstanden.

Der Amtsausschuss des Amtes B_____ beschloss die der Beschlussvorlage als Anlage beigefügte Haushaltssatzung für die Haushaltsjahre 2021 und 2022 mit den in § 3 der Kommunalen Haushalts- und Kassenverordnung (KomHKV) vorgeschriebenen Bestandteilen und Anlagen des Haushaltsplanes am 13. September 2021 ein drittes Mal. Der Investitionsplan für die Jahre 2021-2025 wurde als Richtlinie für die Investitionsplanung beschlossen, die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung für die Jahre 2021-2025 zur Kenntnis genommen (Beschluss-Nr.: 1_____). Die Amtsumlage (§ 4 HHS 2021/2022) blieb unverändert. Die genehmigungspflichtigen Bestandteile der Haushaltssatzung wurden am 15. September 2021 von der Kommunalaufsicht des Beklagten genehmigt, am 20. September 2021 wurde die Satzung ausgefertigt und im Amtsblatt des Amtes B_____ vom 06. Oktober 2021 bekannt gemacht.

Am 23. September 2021 beschloss die Gemeindevertretung der Klägerin, dem Beschluss des Amtsausschusses vom 13. September 2021 über den Amtshaushalt erneut zu widersprechen. Der Widerspruch des Bürgermeisters der Klägerin vom 01. Oktober 2021 ging bei dem Amt B_____ am 04. Oktober 2021 ein.

Zur Begründung des Widerspruchs heißt es: Der Amtshaushalt gefährde das Wohl der Gemeinde und missachte, dass mit der Übertragung von Aufgaben auch deren Finanzierung und Kostendeckung verbunden sei. Die mittelfristige Haushaltsplanung verdeutliche, dass sich die Gemeinde die Finanzierung des „Heimatmuseums“ auf Dauer ohne finanzielle Beteiligung des Amtes nicht leisten könne. Das Amt habe im Dezember 2000 die Selbstverwaltungsaufgabe „Fremdenverkehr/Tourismus“ übernommen. Die Rechtfertigung der „differenzierten Umlage Museen“ im Vorbericht zum Haushaltsplan – „Museen“ seien nicht „Fremdenverkehr/Tourismus“ gleichzusetzen – widerspreche der „Entwicklungskonzeption Tourismus“ des Landkreises und der Stellungnahme der Kommunalaufsicht vom 08. September 2021. „Nachweislich“ kämen 80 bis 90 % der Museumsbesucher nicht aus dem Gemeindegebiet, sondern „aus den amtsangehörigen Gemeinden W_____“, der Gemeinde werde jedoch unterstellt, die Leistungen des „Heimatmuseums“ kämen ausschließlich ihr zustatten.

Der Beklagte hörte die Klägerin am 14. Oktober 2021 an – auf die Stellungnahme ihrer Gemeindevertretung wird Bezug genommen – und beanstandete den Beschluss der Gemeindevertretung der Klägerin vom 23. September 2021 mit Bescheid vom 21. Oktober 2021 auf der Grundlage des § 113 Abs. 1 S. 1 BbgKVerf. Zugleich gab der Beklagte der Klägerin unter Androhung der Ersatzvornahme auf, den Beschluss bis zum 27. Oktober 2021 aufzuheben und den Widerspruch zurückzunehmen.

Der Beschluss der Gemeindevertretung sei rechtswidrig, weil der Beschluss des Amtsausschusses nicht, anders als von § 137 S. 1 BbgKVerf gefordert, das Wohl der Gemeinde gefährde. Das Amt könne eine ausschließliche Belastung einzelner Gemeinden beschließen. Das „Heimatmuseum“ sei eine Einrichtung der Klägerin, für deren Unterhaltung und Bewirtschaftung die Gemeinde zuständig sei – dennoch beschäftige das Amt die ausschließlich dort tätigen Mitarbeiterinnen. Die Leistung des Amtes komme damit ausschließlich der Klägerin zustatten. Die Übertragung der Selbstverwaltungsaufgabe „Fremdenverkehr/Tourismus“ schließe die Erhebung dieser Umlage „nicht aus“. Tatsächlich sei allenfalls das Personal teilweise auf das Amt übertragen worden. Ob ein Betriebsübergang vorliege, könne dahinstehen. Maßgeblich sei nur, dass die für das Heimatmuseum tätigen Mitarbeiterinnen des Amtes eine Leistung erbrächten, die ausschließlich der Klägerin zustattenkomme. Die differenzierte Amtsumlage gefährde auch nicht das Wohl der Gemeinde. Die Argumentation, die Gemeinde könne sich das Museum ohne finanzielle Beteiligung des Amtes auf Dauer nicht leisten, sei angesichts der gesetzlichen Verpflichtung, die Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde gesichert ist, „keine taugliche Begründung“ für diese Annahme. Selbst wenn 80 bis 90 % der Besucher des Museums aus den zwei anderen amtsangehörigen Gemeinden kommen sollten, kämen die Leistungen ausschließlich dem Museum und damit der Klägerin zugute. Eine Gegenleistung für den Nutzen, den andere amtsangehörige Gemeinden möglicherweise aus dem Betrieb des Heimatmuseums hätten, müsse die Klägerin anderweitig geltend machen. Der Verweis auf § 2 Abs. 5 BbgKVerf sei unzutreffend. Zu einer anderen Betrachtung führten auch nicht die von der Klägerin behaupteten Widersprüche. Die Beanstandung sei im öffentlichen Interesse geboten. Werde der Widerspruch der Klägerin nicht zurückgewiesen, führe er ungeachtet seiner Rechtswidrigkeit zur Aufhebung des Amtshaushaltes 2021/2022. Das Amt würde damit den Regelungen einer vorläufigen Haushaltsführung unterliegen, seine Aufgabenerfüllung wäre beeinträchtigt und wichtige Investitionsvorhaben, auch zur Erfüllung der Pflichtaufgaben des Amtes, wären blockiert. Im Rahmen des Ermessens sei auch zu berücksichtigen, dass der Gemeinde mit der Möglichkeit des Widerspruchs gegen den Heranziehungsbescheid zur differenzierten Amtsumlage ein weiteres und zugleich milderes Mittel zur Verfügung stehe, ihre rechtlichen Interessen zu verfolgen.

Mit Bescheid vom 02. November 2021 hob der Beklagte den Beschluss der Gemeindevertretung der Klägerin vom 23. September 2021 auf und nahm den Widerspruch gegen den Doppelhaushalt 2021 und 2022 des Amtes B_____ mit sofortiger Wirkung im Wege der Ersatzvornahme zurück. Auf die Begründung wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat am 19. November 2021 Klage gegen die kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügungen vom 21. Oktober 2021 und 02. November 2021 erhoben (VG 1 K 1141/21).

Am 27. Juni 2022 beschloss der Amtsausschuss des Amtes B_____ mehrheitlich die 1. Nachtragshaushaltssatzung 2022 einschließlich der Investitionsplanung und der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung für das Jahr 2022 (Beschluss-Nr.:1_____). Die Gemeindevertretung der Klägerin beschloss am 15. Juli 2022 gegen den Beschluss des Amtsausschusses Widerspruch zu erheben (Beschluss-Nr.: 0_____). Die Beschlussvorlage des Amtes, den Widerspruch der Klägerin zurückzuweisen (Vorlagen-Nr.: 1_____), verfehlte im Amtsausschuss vom 15. August 2022 die qualifizierte Mehrheit.

In seiner Sitzung vom 12. September 2022 beschloss der Amtsausschuss des Amtes B_____ die 1. Nachtragshaushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2022 mit dem Nachtragshaushaltsplan, dem Stellenplan und dem Investitionsplan; die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung für das Jahr 2022 nahm er zur Kenntnis (Vorlage 1_____). Der Gesamtbetrag der Kredite wird (teilweise) erhöht, die allgemeine Amtsumlage von 30,309 % auf 29,30 % gesenkt, die Amtsumlagen im Übrigen, so auch die „differenzierte Amtsumlage Museen“, blieben unverändert (§ 4).

Die Gemeindevertretung der Klägerin beschloss am 30. September 2022, Widerspruch gegen den Beschluss zur 1. Nachtragshaushaltssatzung einzulegen (Beschluss-Nr.: 0_____); das Widerspruchsschreiben des Bürgermeisters der Klägerin ging am selben Tag bei dem Amt ein. Zur Begründung verwies die Klägerin darauf, der Amtsausschuss habe erneut eine Sonderumlage Museen festgesetzt, deren Höhe unverändert geblieben sei; diese Sonderumlage sei rechtswidrig.

Nach Anhörung der Klägerin – die im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag wiederholte – beanstandete der Beklagte den Beschluss der Gemeindevertretung der Klägerin vom 30. September 2022 mit Bescheid vom 18. Oktober 2022, gab ihr auf, den Beschluss und den Widerspruch bis zum 24. Oktober 2022 aufzuheben, und drohte ihr die Ersatzvornahme an. Die Begründung entspricht im Wesentlichen der Begründung des Bescheides vom 21. Oktober 2021.

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2022 hob der Beklagte den Beschluss der Gemeindevertretung der Klägerin vom 30. September 2022 und den Widerspruch auf. Die Aufhebung des Beschlusses sei erforderlich, weil der Kommunalaufsicht kein milderes Mittel zur Verfügung stehe, die Rechtsfolgen des rechtswidrigen Widerspruchs zu verhindern.

Die Klägerin hat am 17. November 2022 Klage gegen die Bescheide vom 18. Oktober 2022 und 26. Oktober 2022 erhoben (VG 1 K 959/22).

Am 17. April 2023 beschloss der Amtsausschuss die Haushaltssatzung des Amtes B_____ für die Haushaltsjahre 2023/2024 (HHS 2023/2024 - Beschluss-Nr.: 0_____). § 4 HHS 2023/2024 setzt eine allgemeine Amtsumlage (lit a) und unter anderem wiederum eine „differenzierte Amtsumlage Museen“ (lit. c) in Höhe von 135.600 EUR bzw. 169.500 EUR fest.

Die Klägerin beschloss am 18. April 2023, Widerspruch gegen den Beschluss des Amtsausschusses vom 17. April 2023 einzulegen (Beschluss-Nr.: 0_____). In der Beschlussvorlage für die Sitzung der Gemeindevertretung heißt es:

„Der Amtsausschuss des Amtes B_____ hat in seiner Sitzung am 17.04.2023 mit Drucks.-Nr. 0_____ (erneut) die Haushaltssatzung des Amtes B_____ für die Haushaltsjahre 2023/2024 beschlossen. In § 4 Buchstabe c dieser Satzung hat der Amtsausschuss gemäß § 139 Abs. 2 BbgKVerf eine differenzierte Amtsumlage Museen in Höhe von 135.600 Euro für 2023 und in Höhe von 169.500 Euro für 2024 festgesetzt, die von den Gemeinden B_____ in Höhe der Personalkosten für die in den jeweiligen musealen Einrichtungen Beschäftigten erhoben werden soll. Es ist zu überlegen, ob die Gemeindevertretung der Gemeinde D_____ - auch angesichts der anhängigen Klagen vor dem Verwaltungsgericht Cottbus - ihrer bisherigen Linie folgen und wiederum gemäß § 137 BbgKVerf Widerspruch gegen diesen Beschluss einlegen sollte. Der Widerspruch ist binnen drei Wochen einzulegen; da der Bürgermeister bei der Beschlussfassung im Amtsausschuss anwesend war, beginnt die Frist gemäß § 137 Satz2 BbgKVerf am Tage nach der Beschlussfassung, mithin am 18.04.2023, sie läuft mit dem 08.05.2023 ab. Der Widerspruch hat aufschiebende Wirkung gegenüber allen Gemeinden und fuhrt gemäß § 137 Satz 3 BbgKVerf zur Aufhebung des Beschlusses, wenn der Amtsausschuss den Widerspruch nicht binnen eines Monats zurückweist, wofür eine Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder des Amtsausschusses notwendig ist. Sollte die Gemeindevertretung beschließen, Widerspruch gegen den Beschluss Drucks.-Nr. 0_____ des Amtsausschusses vom 17.04.2023 einzulegen, sollte sie den Bürgermeister dazu ermächtigen, eine auf der Begründung zum jüngsten Widerspruch vom 20.03.2023 basierende Begründung zu erarbeiten.“

Eine interne E-Mail des Amtes B_____ vom 19. April 2023 teilt daraufhin mit:

„… mit gestrigem Beschluss der GV D_____ zur Einlegung des Widerspruchs gegen den Beschluss des AA vom 17.04.2023 zur HHSatzung (8 Ja, 0 Nein, 0 Enthaltungen) ist der Amtshaushalt wieder weg. Wir sind daher wieder/weiter in der vorläufigen HH-Führung.“

Das Widerspruchsschreiben des Bürgermeisters der Klägerin, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, ging am 05. Mai 2023 bei dem Amt B_____ ein.

Nach Anhörung der Klägerin, die von einer Stellungnahme absah, beanstandete der Beklagte den Beschluss der Gemeindevertretung der Klägerin vom 18. April 2023 mit Bescheid vom 16. Mai 2023, gab ihr auf, den Beschluss und den Widerspruch bis zum 30. Mai 2023 aufzuheben, und drohte ihr die Ersatzvornahme an. Mit Bescheid vom 02. Juni 2023 hob der Beklagte den Beschluss der Gemeindevertretung der Klägerin vom 18. April 2023 und den Widerspruch der Klägerin vom 05. Mai 2023 auf. Die Begründung beider Bescheide entspricht im Wesentlichen den Begründungen der vorausgehenden kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügungen.

Die Klägerin hat am 15. Juni 2023 Klage gegen die Bescheide vom 16. Mai 2023 und 02. Juni 2023 erhoben (VG 1 K 568/23).

Die Klägerin lässt zur Begründung der Klagen im Wesentlichen vortragen:

Die Beschäftigung und Finanzierung des Personals des „Heimatmuseums“ sei wegen der auf das Amt übertragenen Aufgabe „Fremdenverkehr/Tourismus“ Verwaltungsaufgabe des Amtes; entsprechend stehe das dort in den weiteren Museen des Amtsgebietes tätige Personal in einem Angestelltenverhältnis zum Amt. Trägerinnen der Einrichtungen seien weiterhin die jeweiligen Gemeinden. Die Personalkosten für das Heimatmuseum beliefen sich derzeit auf ca. 104.000,00 € im Jahr; es seien nach letztem Stand jedoch lediglich ca. 60.400,00 € jährlich aus dem Amtshaushalt zur Deckung dieser Personalkosten aufgewendet worden. Die restlichen Kosten trage ungeachtet der eindeutigen Personalsituation derzeit sie, finanziert aus Eigenmitteln, Fördermitteln des Landkreises und von Stiftungen bzw. Vereinen sowie aus den Eintrittsgeldern. Die nach neuer Beschlusslage vollständige Finanzierung der Personalkosten der im Amtsgebiet liegenden Museen durch die betroffenen Gemeinden entspreche weder der unveränderten Aufgabenübertragung noch den arbeitsrechtlichen Verhältnissen. Schon angesichts der Besucherzahlen handele es sich um ein touristisches Angebot des Amtes B_____). Die zusätzliche Belastung von ca. 60.000,00 € pro Jahr, die die differenzierte Amtsumlage mit sich bringe, könne sie nicht aufbringen. Es sei zudem paradox, zahlen zu müssen, ohne die Personalhoheit ausüben zu können.

Die Widersprüche gegen die Amtshaushalte seien weder formal noch materiell rechtswidrig gewesen. Die Frage, ob ein Rechtsbehelf gegen einen nachfolgenden Umlagebescheid ein milderer Rechtsbehelf sei, sei unerheblich, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung finde nicht statt. Im Übrigen verkenne der Beklagte, dass es lediglich einer konkreten Gefährdung des Wohls der Gemeinde bedürfe, nicht aber einer bereits eingetretenen Beeinträchtigung. Eine Gefährdung liege angesichts der zusätzlichen jährlichen Belastung bei einer Gemeinde mit nicht einmal 1.000 Einwohnern vor. Das ergebe sich schon aus der eigenen Argumentation des Beklagten, der ihr anrate zu prüfen, inwieweit sie sich ein Heimatmuseum weiter leisten wolle. Der Beklagte greife in rechtswidriger Weise in das gesetzliche Widerspruchsverfahren ein, missachte den Willen des Gesetzgebers, der es dem Amtsausschuss überantwortet habe, über den Widerspruch einer Gemeinde zu entscheiden, und verkenne im Übrigen die Grenzen seines Beanstandungsrechts.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide des Beklagten vom 21. Oktober 2021 und 02. November 2021,

die Bescheide des Beklagten vom 18. Oktober 2022 und 26. Oktober 2022 und

die Bescheide des Beklagten vom 16. Mai 2023 und 02. Juni 2023 aufzuheben,

hilfsweise festzustellen, dass die vorgenannten Bescheide rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Der Widerspruch einer Gemeinde könne Gegenstand einer Beanstandung durch die untere Kommunalaufsichtsbehörde sein. Die Rechtsbehelfe der Klägerin seien rechtswidrig, weil ihr Wohl aus den in den Bescheiden angeführten Gründen nicht gefährdet sei. Das sei nicht gleichsam automatisch der Fall, wenn ein Beschluss des Amtsausschusses finanzielle Auswirkungen auf die Gemeinde habe. Das subjektive Empfinden der Gemeindevertretung sei ohnehin unmaßgeblich. Der Vortrag der Klägerin, eine Abwägung nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen sei nicht geboten, könne nicht nachvollzogen werden. Die festgesetzten Fristen, bis zu denen die Beschlüsse durch die Gemeinde aufzuheben und die Widersprüche zurückzunehmen seien, berücksichtigten, dass der Kommunalaufsichtsbehörde im Falle der Untätigkeit der Gemeinde ausreichend Zeit bleiben müsse, um an ihrer statt vor Ablauf der Frist des § 137 S. 3 BbgKVerf handeln zu können.

Das Gericht hat die Verfahren nach Anhörung der Beteiligten mit Beschlüssen vom 25. April 2023 und 03. August 2023 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Der Einzelrichter hat die Verfahren mit Beschluss vom 09. September 2024 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen VG 1 K 568/23 verbunden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens, die Akten der ebenfalls verbundenen Klageverfahren gegen die Erhebung der Amtsumlage (VG 1 K 810/22 und VG 1 K 809/22, nunmehr fortgeführt unter VG 1 K 810/22) und die Beiakten der Klageverfahren Bezug genommen. Alle Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung durch das Gericht.

Entscheidungsgründe

A. Die Klagen sind mit dem Anfechtungsantrag unstatthaft (unter I.). Der hilfsweise Fortsetzungsfeststellungsantrag ist hingegen statthaft und auch im Übrigen zulässig (unter II.).

I. Die zur Überprüfung des Gerichts gestellten kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügungen haben sich bereits vor Klageerhebung erledigt, so dass kein Ausspruch des Gerichts in Betracht kommt, der nach § 113 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Aufhebung der Verwaltungsakte zielt.

Mit Verfügungen vom 21. Oktober 2021, 18. Oktober 2022 und 16. Mai 2023 hat der Beklagte die Beschlüsse der Gemeindevertretung der Klägerin beanstandet, die Klägerin aufgefordert, diese und die Widersprüche aufzuheben und jeweils eine Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme angedroht. Sämtliche Verfügungen waren nach § 119 S. 3 BbgKVerf (i. V. m. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO) sofort vollziehbar, wonach Anfechtungsklagen der Gemeinde gegen Maßnahmen der Kommunalaufsichtsbehörde keine aufschiebende Wirkung haben. Nach Fristablauf hat die Kommunalaufsicht die Beschlüsse der Gemeindevertretung der Klägerin und die schriftlichen Widersprüche ihres ehrenamtlichen Bürgermeisters im Wege der Ersatzvornahme aufgehoben bzw. zurückgenommen. Mit dieser Vollziehung haben sich alle Bescheide erledigt, insbesondere sind auch die Beanstandungen gegenstandslos geworden, nachdem ihre Gegenstände durch die Kommunalaufsichtsbehörde im Wege der Vollstreckung aufgehoben wurden.

Zwar muss die (auch irreversible) Vollziehung eines Verwaltungsakts nicht zu dessen Erledigung führen, weil der Grundverwaltungsakt noch Rechtswirkungen, etwa für die Kostenentscheidung des Vollstreckungsverfahrens, haben kann (BVerwG, Urt. v. 25. September 2008 – BVerwG 7 C 5.08 –, juris Rn. 13). Das aber ist hier gerade nicht der Fall. Die angefochtenen Bescheide haben nach Aufhebung der Beschlüsse der Gemeindevertretung und der Widersprüche weder weiterhin eine Rechtswirkung noch beinhalten sie eine Steuerungsfunktion. Entsprechendes gilt für die vollzogenen Folgeentscheidungen der Kommunalaufsichtsbehörde nach § 114 und § 116 BbgKVerf (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 09. September 2016 – OVG 12 S 52.16 –juris Rn. 1 [zu § 118 BbgKVerf]).

Anders wäre nur zu entscheiden, wenn die beanstandeten Beschlüsse der Gemeindevertretung der Klägerin und die Widersprüche durch eine – unterstellt – den Klagen entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts wiederaufleben würden, so dass die Anfechtungsanträge schon mit Blick auf die Klagen gegen die „differenzierte Amtsumlage Museen“ (VG K 810/22) rechtserheblich wären. Das jedoch scheidet ebenfalls aus. Für das allgemeine Verwaltungsrecht entspricht es einhelliger Rechtsauffassung, dass sich die Frage, ob die Aufhebung eines Änderungsbescheids die Wirksamkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts wiederaufleben lässt, nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht bestimmt (vgl. nur Bayerischer VGH, Beschl. v. 30. November 2015 – 3 ZB 13.2116 –, juris Rn. 18 m. w. N. zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Diesen Grundsatz vorliegend entsprechend zugrunde gelegt, lässt das Brandenburgische Kommunalverfassungsrecht nicht erkennen, dass ein erfolgreicher Rechtsbehelf gegen die Ersatzvornahme zum Wiederaufleben der von der Vollstreckung erfassten Entscheidungen führen würde. Im Gegenteil stehen der Grundsatz der Rechtssicherheit und das offensichtliche Bestreben des Gesetzgebers, kommunalaufsichtsrechtliche Maßnahmen zeitnah durchführen zu können, § 119 S. 2 BbgKVerf, § 140 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 55 Abs. 1 BbgKVerf, dieser Annahme entgegen.

II. Die Klagen sind jedoch mit den hilfsweisen Fortsetzungsfeststellungsanträgen analog § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

1. Nach dieser Bestimmung spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn er sich vorher – Entsprechendes gilt, wenn sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hatte (vgl. aber: (BVerwG, Urt. v. 14. Juli 1999 – BVerwG 6 C 7/98 –, juris Rn. 22) – durch Zurücknahme oder anders erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

Die Klägerin besitzt in dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das erforderliche berechtigte Interesse an entsprechenden Feststellungen durch das Gericht.

Maßgeblich ist stets, ob die Inanspruchnahme des Gerichts zur Verbesserung der Situation des Rechtsschutzsuchenden in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht geeignet erscheint (vgl. BVerwG, Urt. v. 16. Mai 2013 – BVerwG 8 C 14/12 –, juris Rn. 30). Das ist hier schon angesichts einer naheliegenden Wiederholung entsprechender Maßnahmen der unteren Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der Klägerin der Fall.

Eine Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn die hinreichend konkrete Gefahr besteht, dass in naher Zukunft und unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut eine gleichartige Entscheidung oder Maßnahme zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden zu erwarten ist. Die gerichtliche Entscheidung zur Rechtmäßigkeit der auf Grund des Zeitablaufs oder auf andere Weise erledigten Maßnahme muss für die künftige behördliche Entscheidung von richtungsweisender Bedeutung sein können (BVerwG, Urt. v. 12. Oktober 2006 – BVerwG 4 C 12.04 –, juris Rn. 8; BVerwG, Beschl. v. 25. April 2019 – BVerwG 8 B 3.18 –, juris Rn. 3; BVerwG, Beschl. v. 14. Juni 2018 – BVerwG 3 BN 1.17 –, juris Rn. 19; OVG f. d. Ld. Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 07. Dezember 2021 – 5 A 2000/20 –, juris Rn. 28 m. w. N.; OVG f. d. Ld. Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26. Oktober 2010 – 15 A 2399/08 –, juris Rn. 34).

Konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt einer vergleichbaren Belastung bei einem vergleichbaren und abzusehenden Sachverhalt ergeben sich hier aus der zwischen den Beteiligten des vorliegenden Klageverfahrens und des Parallelverfahrens VG 1 K 810/22 ungeklärten Frage, unter welchen Voraussetzungen die Klägerin berechtigt ist, den Amtshaushalt oder einen Teil der Haushaltssatzung anzufechten. Das lässt entsprechende kommunalaufsichtsrechtliche Verfügungen des Beklagten für die Folgezeit mehr als wahrscheinlich erscheinen.

2. Ob der hilfsweise Fortsetzungsfeststellungsantrag – mit Blick auf § 173 S. 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) – den Voraussetzungen einer Klageänderung unterliegt, kann offenbleiben, denn jedenfalls haben sich die Vertreterinnen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf eine (unterstellte) Klageänderung eingelassen und diese wäre auch als sachdienlich zuzulassen, § 91 Abs. 1, 2 VwGO.

B. Die Klagen sind jedoch unbegründet.

Die kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügungen des Beklagten vom 21. Oktober 2021 (unter I.) und vom 21. November 2021 (unter II.) waren – im Ergebnis – rechtmäßig. Das gilt auch für die entsprechenden Bescheide des Beklagten vom 18. Oktober 2022 und 26. Oktober 2022 (unter III.) sowie vom 16. Mai 2023 und 02. Juni 2023 (unter IV.).

I. Rechtsgrundlage der Beanstandungsverfügung vom 21. Oktober 2021 ist § 113 Abs. 1 S. 1 und 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg vom 18. Dezember 2007 (BbgKVerf a. F. - GVBl. I/07 Nr. 19, S. 286). Danach kann die Kommunalaufsichtsbehörde rechtswidrige Beschlüsse und Maßnahmen der Gemeinde beanstanden und verlangen, dass sie innerhalb einer angemessenen Frist aufgehoben werden. Sie kann ferner verlangen, dass das aufgrund derartiger Beschlüsse oder Maßnahmen Veranlasste innerhalb einer angemessenen Frist rückgängig gemacht wird.

1. Der Beklagte hat mit Ziffer 1. des Bescheides vom 21. Oktober 2021 zu Recht (lediglich) den Beschluss der Gemeindevertretung der Klägerin vom 23. September 2021 zum Gegenstand der Beanstandung gemacht.

Nach § 137 S. 1 - 3 BbgKVerf a. F. kann die Gemeindevertretung einer amtsangehörigen Gemeinde einem Beschluss des Amtsausschusses widersprechen, wenn dieser die Gemeinde betrifft und deren Wohl gefährdet. Der Widerspruch muss binnen drei Wochen nach Zugang des Beschlusses beim ehrenamtlichen Bürgermeister schriftlich erhoben und begründet werden; war der ehrenamtliche Bürgermeister bei der Beschlussfassung anwesend, beginnt die Frist am Tage nach der Beschlussfassung. Der Widerspruch hat aufschiebende Wirkung gegenüber allen Gemeinden und führt zur Aufhebung des Beschlusses, wenn der Amtsausschuss den Widerspruch nicht binnen eines Monats mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder des Amtsausschusses zurückweist.

Dem eindeutigen Wortlaut des § 137 S. 1 BbgKVerf nach bedarf es mithin eines Beschlusses der Gemeindevertretung als Inhaberin des Widerspruchsrechts und einer nachfolgenden schriftlichen und fristgemäßen Verkörperung dieses Willens durch ein Widerspruchsschreiben an das Amt oder den Amtsausschuss. Das Widerspruchsschreiben als solches unterliegt nicht der (kommunalaufsichtsrechtlichen) Beanstandung, weil es lediglich über die Beschlussfassung der Gemeindevertretung und die ihr zugrundeliegenden Gründe informiert.

2. Sollte die Klägerin mit der Klagebegründung in Abrede stellen, dass der Widerspruch der Gemeindevertretung Gegenstand einer Beanstandung nach § 113 Abs. 1 S. 1 BbgKVerf sein kann, ist dem zu widersprechen.

Gegenstand einer Beanstandung sind rechtswidrige „Beschlüsse und Maßnahmen“ der Gemeinde. Die Brandenburgische Kommunalverfassung unterwirft damit im Grundsatz das gesamte Handeln der Gemeinde der Überprüfung durch die Kommunalaufsicht. Soweit die Literatur eine Einschränkung dahingehend macht, dass der Beschluss eine rechtliche Wirkung beinhalten muss, ist ihr vorliegend Genüge getan (zum Vorstehenden: Woellner in Potsdamer Kommentar, Kommunalrecht und Kommunales Finanzrecht in Brandenburg, Juli 2018, § 113 BbgKVerf Rn. 6/7). Auch der Sinn und Zweck des § 137 BbgKVerf gebietet eine einschränkende Auslegung nicht. Zwar ist das Widerspruchsrecht letztlich Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 des Grundgesetzes (GG), der Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich und die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich sichert (vgl. zuletzt: BVerwG, Urt. v. 24. April 2024 – BVerwG 8 CN 1.23 –, juris Rn. 13). Diese Gewährleistung ist jedoch mit den entsprechenden Rechten der anderen amtsangehörigen Gemeinden in Einklang zu bringen, die es der unteren Kommunalaufsichtsbehörde gebieten können, gegen die widersprechende amtsangehörige Gemeinde aufsichtsrechtliche Maßnahmen nach §113 ff. BbgKVerf zu ergreifen, wenn der Amtsdirektor von seinem Beanstandungsrecht nach § 140 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 55 BbgKVerf – vorliegend aus nachvollziehbaren Gründen – keinen Gebrauch macht.

Das Gesetz zur Modernisierung des Kommunalrechts vom 05. März 2024 (GVBl. I Nr. 10) bekräftigt dieses Ergebnis. Nach § 137 Abs. 2 BbgKVerf n. F. erstreckt sich die aufschiebende Wirkung der Beanstandung auch auf den Beschluss des Amtsausschusses, dem der Widerspruch gilt, wenn der Widerspruch der amtsangehörigen Gemeinde durch den Amtsdirektor nach § 140 Abs. 1, § 55 BbgKVerf beanstandet wird; die Fristen nach Absatz 1 Satz 2 und 3 werden bis zum Abschluss des Beanstandungsverfahrens gehemmt. Es ist danach unzweifelhaft, dass der Widerspruch der Gemeinde gegen den Beschluss des Amtsausschusses durch den Amtsdirektor beanstandet werden kann; für die Beanstandung durch die untere Kommunalaufsichtsbehörde kann nichts Anderes gelten.

3. Der Beschluss der Gemeindevertretung der Gemeinde D_____ vom 23. September 2021 war – im Ergebnis – rechtswidrig; ihr Widerspruch gegen den Beschluss des Amtsausschusses des Amtes B_____ vom 13. September 2021 als solchen war nach Aktenlage nicht (mehr) von § 137 S. 1 BbgKVerf a. F. gedeckt.

3.1 Der schriftliche Widerspruch der Klägerin vom 03. Oktober 2021 war fristgemäß.

Die seinerzeitige stellvertretende ehrenamtliche Bürgermeisterin der Klägerin war bei der Sitzung des Amtsausschusses am 13. September 2021 anwesend, so dass die Frist des § 137 S. 2 BbgKVerf a. F. am 04. Oktober 2021 ablief.

3.2 Die Klägerin dürfte berechtigt gewesen sein, den Beschluss des Amtsausschusses vom 13. September 2021 zum Gegenstand ihres Widerspruchs zu machen, soweit mit § 4 lit. c) HHS 2021/2022 eine „differenzierte Amtsumlage Museen“ für diese Haushaltsjahre beschlossen wurde. Insoweit dürfte die Auffassung des Beklagten, das Wohl der Klägerin sei nicht gefährdet gewesen, die Anforderungen des § 137 S. 1 BbgKVerf überspannen; ob für die nachfolgenden Haushaltsjahre Abweichendes anzunehmen wäre, bedarf (ebenfalls) keiner abschließenden Entscheidung.

3.2.1 Das Widerspruchsrecht einzelner Gemeinden als solches ist Ausdruck des bündischen Prinzips eines Amtes, das die Stellung der Mitglieder dieser Körperschaft stärkt. Diese Stärkung ist rechtspolitisch sinnvoll, weil die einzelne amtsangehörige Gemeinde ihre Mitgliedschaft in der Körperschaft nicht durch bloße Kündigung beenden kann, § 134 Abs. 1 i. V. m. § 133 BbgKVerf a. F., § 134 Abs. 1, § 133 BbgKVerf n. F. Das Widerspruchsrecht sichert damit grundlegende Interessen der amtsangehörigen Gemeinden, die andernfalls nur durch eine Beendigung der Mitgliedschaft gesichert werden könnten (so: Schumacher in Schumacher (Hrsg.), Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Dezember 2008, § 137 Nr. 2.1). Auf der anderen Seite bedürfen die Handlungsfähigkeit des Amtes und seine Aufgabenerfüllung eines gewissen Schutzes, der über die (gerichtlich voll überprüfbaren) unbestimmten Rechtsbegriffe “Wohl der Gemeinde“ und „Gefährdung“ zu erfolgen hat.

Rechtsprechung und Literatur stimmen überein, dass nicht das subjektive Empfinden der jeweiligen Gemeinde maßgebend ist, sondern dass die Rechtsbegriffe mit objektiv nachprüfbaren Tatsachen belegt werden müssen (zu § 7 Abs. 5 der Amtsordnung für das Land Brandenburg (AmtsO): Urt. d. 4. Kammer v. 27. Mai 2004 – 4 K 168/04 –, Urteilsabdruck [UA] S. 10; Beschl. d. 4. Kammer v. 06. Februar 2004 – 4 L 81/04 –, , Beschlussabdruck [BA] S. 3 [Ausschreibung der Stelle des Amtsdirektors]; Beschl. d. 4. Kammer v. 20. Februar 2004 – 4 L 59/04 –, BA S. 3 [Wahlen zum Amtsausschuss], nachfolgend: OVG f. d. Ld. Brandenburg, Beschl. v. 17. September 2004 – 1 B 78/04 –, juris; Schumacher in: Schumacher (Hrsg.), Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, § 137 Nr. 2.3, Dezember 2008; Wilhelm in: Potsdamer Kommentar, Kommunalrecht und Kommunales Finanzrecht in Brandenburg, Mai 2013, § 137 Rn. 2; vgl. andererseits die Auslegung dieser inhaltsgleichen Tatbestandsmerkmale in § 62 Abs. 3 S. 1 SachsAnhGO a. F. und § 54 Abs. 1 S. 1 GO NRW: BGH, Urt. v. 18. Dezember 1997 – III ZR 241/96 –, juris Rn. 19 und Rohde in: BeckOK KommunalR NRW, 28. Ed. 1.6.2024, GO NRW § 54, zit. nach beck-online).

Unter welchen konkreten Voraussetzungen und in welchen Fällen eine Gefährdung des Wohls der Gemeinde anzunehmen wäre, ist im Einzelnen allerdings strittig:

Der Willen des historischen Gesetzgebers lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Das Widerspruchsrecht einer amtsangehörigen Gemeinde nach § 137 S. 1 BbgKVerf a. F. entspricht im Wesentlichen dem Widerspruchsrecht nach § 7 Abs. 5 AmtsO, der sich wiederum an das Widerspruchsrecht des Bürgermeisters nach § 24 Abs. 2 des bis zum 15. Oktober 1993 in Brandenburg fortgeltenden Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung - KommVerf) anlehnt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Landesregierung zu einem Artikelgesetz über kommunalrechtliche Vorschriften im Land Brandenburg, LT-Drs. 1/433, S. 45 zu § 7 AmtsO), das das Beanstandungsrecht des Bürgermeisters bei rechtswidrigen Beschlüssen der Gemeindevertretung nach § 24 Abs. 3 S. 1 KommVerf ergänzte.

In der Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 5 AmtsO (vgl. das Artikelgesetz über kommunalrechtliche Vorschriften im Land Brandenburg - LT-Drs. 1/433, S. 45) – der Gesetzentwurf der Landesregierung zu einem Kommunalrechtsreformgesetz (LT-Drs. 4/5056, S. 321) merkt hinsichtlich des Entwurfs zu § 137 BbgKVerf lediglich an, § 7 Abs. 5 AmtsO a. F. sei übernommen und „klargestellt“ worden –, heißt es insoweit lediglich:

„Besonders umstritten war im Anhörungsverfahren der Abs. 5 (in der ersten Fassung § 4 Abs. 3). Zahlreiche Gemeinden verlangten, daß über den Widerspruch einer Gemeindevertretung die Rechtsaufsichtsbehörde entscheiden müsse ggf. mit sich anschließendem gerichtlichen Verfahren. Der Entwurf sieht davon ab, weil es sich bei der Vereinbarung von Amtsausschußbeschlüssen mit dem Wohl einer Gemeinde nicht um Rechtskontrolle handelt, sondern um ein Verfahren, das dem § 24 Abs. 2 Kommunalverfassung ähnelt. Da die Gemeindevertretung über ihren eigenen Widerspruch selbst nicht entscheiden kann, soll zur Wahrung der Interessen der Gemeinde der Zurückweisungsbeschluß des Amtsausschusses an eine 2/3-Mehrheit geknüpft werden. Die Ansicht einzelner Gemeinden, die Entscheidungsbefugnis des Amtsausschusses beim Zurückweisungsbeschluß verstoße gegen die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG, trifft schon deshalb nicht zu, weil die Zuständigkeit des Amtes entweder - bei Selbstverwaltungsaufgaben - auf der freien Übertragungsentscheidung der Gemeinde beruhte (§ 5 Abs. 4) oder - bei Weisungsaufgaben - auf § 5 Abs. 1; derartige Aufgaben sind von der Selbstverwaltungsgarantie aber nicht erfaßt.“

Die bisherige Rechtsprechung konkretisiert die unbestimmten Rechtsbegriffe ebenfalls nicht; entsprechend die Literatur, die einzelne Sachverhalte, in denen die Tatbestandsmerkmale – wohl eher, wenn finanzielle Interessen der Gemeinde berührt sind – erfüllt oder nicht erfüllt sein sollen, erörtert: Im Bereich der Daseinsvorsoge im weiteren Sinne hält eine Literaturmeinung eine Gefährdung des Wohls der Gemeinde für jedenfalls „zweifelhaft“, wenn Maßnahmen des Amtes zu einer Einschränkung in der betroffenen Gemeinde führen würden (Schließung einer Außenstelle des Amtes bzw. der letzten vorhandenen Kita), wohingegen eine andere Meinung die Tatbestandsmerkmale in diesen Fällen als erfüllt ansieht (einerseits: Schumacher in: Schumacher (Hrsg.), Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Dezember 2008, § 137 Nr. 2.2; andererseits: Wilhelm in: Potsdamer Kommentar, Kommunalrecht und Kommunales Finanzrecht in Brandenburg, § 137 Rn. 2, Mai 2013).

Sofern finanzielle Interessen der Gemeinden betroffen sind, werden die Tatbestandsmerkmale in Rechtsprechung und Literatur eher bejaht, wobei die Voraussetzungen im Einzelnen jedoch ebenfalls unklar bleiben: So nimmt Schumacher die Voraussetzungen des § 137 S. 1 BbgKVerf an, wenn der Beschluss Auswirkungen auf die Finanzen oder die Organisation der betroffenen Gemeinde habe, weil im Amtshaushalt kostenträchtige Maßnahmen (wie etwa „der unverhältnismäßig teure Bau eines Amtssitzes“) vorgesehen seien, schränkt aber in dem Beispielsfall (wohl) ein, die vorstehende Maßnahme führe zu einer „drastischen Erhöhung der Amtsumlage“ und würde daher einer amtsangehörigen Gemeinde „die kraftvolle Wahrnehmung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben erschweren oder sie gefährden“ (in: Schumacher (Hrsg.), Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Dezember 2008, § 137 Nr. 2.2). Die – auch von Seiten des Beklagten in Anspruch genommene – Kommentierung von Wilhelm sieht das Wohl der Gemeinde (erst dann) als gefährdet an, wenn die Haushaltswirtschaft „massiv gestört“ werde (in: Potsdamer Kommentar, Kommunalrecht und Kommunales Finanzrecht in Brandenburg, § 137 Rn. 2, Mai 2013; vgl. auch: Bracker, Amtsordnung für Schleswig-Holstein [AO], § 3 AO unter Nr. 10 c), Juni 2000, zur vergleichbaren Regelung in § 3 Abs. 3, nunmehr § 3 Abs. 5 AO). Die bisherige Rechtsprechung zu § 137 S. 1 BbgKVerf hält es in Zusammenhang mit den in finanzieller Hinsicht erheblichen Beschlüssen des Amtsausschusses für jedenfalls erforderlich, dass die „Sphäre der Gemeinde“ hiervon betroffen ist; eine Gefährdung des Wohls der Gemeinde sei etwa ausgeschlossen, wenn der Beschluss lediglich zwingende gesetzliche Regelungen ausführe (Urt. d. 4. Kammer v. 27. Mai 2004 – 4 K 168/04 –, UA S. 10 [u. a. Ausschreibung der Stelle des Amtsdirektors]).

Nach Auffassung des Gerichts ist von einer Gefährdung des Wohls der Gemeinde im Sinne von § 137 S. 1 BbgKVerf auszugehen, wenn der Lebenserfahrung oder Verwaltungspraxis nach konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Beschluss des Amtsausschusses die Interessen der betroffenen Gemeinde in einer grundsätzlichen oder finanziell bedeutsamen Angelegenheit zu verletzen droht.

Gegen eine weitergehend einschränkende Auslegung spricht bereits der Wortlaut der Norm wobei insbesondere der unbestimmte Rechtsbegriff „Wohl“ allgemein weit zu verstehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 18. Dezember 1997 – III ZR 241/96 –, juris Rn. 19: „Dies gilt, wie keiner näheren Begründung bedarf, für die Pflicht zum Widerspruch bei Gesetzeswidrigkeit des betreffenden Gemeinderatsbeschlusses nach § 62 Abs. 3 Satz 1 GO LSA. Es gilt aber in gleicher Weise auch für das im pflichtgemäßen Ermessen des Bürgermeisters stehende Widerspruchsrecht nach Satz 2, um das es im vorliegenden Fall geht. Denn die Ausübung dieses Rechts stand keineswegs im freien Belieben des Bürgermeisters, sondern setzte voraus, daß nach dessen Auffassung der betreffende Beschluß für die Gemeinde nachteilig war. Waren also aus der Durchführung des Beschlusses für die Gemeinde tatsächlich Nachteile zu befürchten, so konnte sich das Widerspruchsrecht des Oberbürgermeisters zu einer entsprechenden Verpflichtung zugunsten des Wohls der Gemeinde verdichten. Dies bedeutete, daß der Oberbürgermeister berechtigt (und möglicherweise sogar verpflichtet) war, etwaige Bedenken gegen die fachliche und/oder persönliche Eignung des Klägers für das angestrebte Amt zum Anlaß für einen - rechtmäßigen - Widerspruch zu nehmen. Die übergeordnete Pflicht, die Gemeinde vor Schaden zu bewahren, setzte sich in diesem Falle gegenüber einem etwaigen Vertrauen des Klägers durch (…)“; vgl. auch: Bracker: Kommunalverfassungsrecht Schleswig-Holstein, Juni 2000, § 3 Amtsordnung für Schleswig-Holstein unter 10. c) und – zu § 33 Abs. 1 S. 2 der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern – VG Greifswald Urt. v. 16. Mai 2022 – 2 A 873/21, beck-online, BeckRS 2022, 23341 Rn. 37: „Die Beanstandung ist auch materiell rechtmäßig. Sie setzt nach § 33 Abs. 2 Satz 1 KV M-V voraus, dass ein Beschluss der Gemeindevertretung das Recht verletzt. Eine Beanstandung kommt also - anders als ein Widerspruch - nicht schon in Betracht, wenn ein Beschluss der Gemeindevertretung das Wohl der Gemeinde gefährdet (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 2 KV M-V). Damit sind Beschlüsse gemeint, die zwar nicht rechtswidrig, aber möglicherweise unzweckmäßig sind.“ - Hervorhebungen jeweils durch das Gericht).

Gegen eine das Widerspruchsrecht der amtsangehörigen Gemeinde darüber hinaus einschränkende Auslegung spricht auch der Sinn und Zweck des § 137 S. 1 BbgKVerf. Die Stellung der amtsangehörigen Gemeinden als Mitglieder der öffentlich-rechtlichen Körperschaft soll gestärkt werden, weil diese ihre Mitgliedschaft nicht auf einfache Art beenden können. Das Widerspruchsrecht sichert somit grundlegende Interessen der amtsangehörigen Gemeinden und die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung. Der Gesetzgeber wollte durch das Erfordernis einer „Gefährdung des Wohls der Gemeinde“ verhindern, dass Gemeinden im Falle einer bloßen Unzweckmäßigkeit des Beschlusses oder gar im Interesse einer Obstruktionspolitik die Arbeitsfähigkeit des Amtes gefährden; diesem Gesetzeszweck aber ist durch die oben beschriebene Auslegung des § 137 S. 1 BbgKVerf ohne Weiteres genügt.

3.2.2 Hiervon ausgehend dürfte die Klägerin grundsätzlich berechtigt gewesen sein, Widerspruch gegen den Amtshaushalt 2021/2022 des Amtes B_____) i n s o w e i t zu erheben, als die Entscheidung über die Einführung einer differenzierten Amtsumlage Museen nach § 4 lit c) HHS 2021/2022 inmitten steht.

Hierfür spricht in besonderem Maße bereits, dass es insbesondere für die Klägerin um eine sehr grundsätzliche und zwischen dem Amt und ihr seit Jahren diskutierte Frage der Finanzierung der Museen in B_____ geht, dass der Amtshaushalt des Haushaltsjahres 2021 erstmals eine „differenzierte Amtsumlage Museen“ einführt und dass ein ausbleibender Widerspruch ihrer Gemeindevertretung der Klägerin mutmaßlich als inzidente Billigung der Amtsumlage für die Folgejahre vorgehalten worden wäre.

Der Beschluss über die Einführung dieser differenzierten Amtsumlage hat aber selbstverständlich über die Haushaltsjahre 2021/2022 hinaus erhebliche finanzielle Auswirkungen auf den Haushalt der Gemeinde D_____, nachdem die (überwiegenden) Personalkosten für die Mitarbeiterinnen des „Heimatmuseums“ in einem Zeitraum von etwa 20 Jahren vom Amt über die allgemeine Amtsumlage finanziert worden sind. Selbst wenn die Klägerin die zusätzlichen Kosten dem „Absichtsbeschluss zur Festsetzung einer differenzierten Amtsumlage für die Gemeinden B_____ zur Personalkostenfinanzierung Museen“ des Amtsausschusses vom 14. Dezember 2020 (Beschluss-Nr.: 1_____) nach „aufgrund vorhandener Rücklagen aus dem eigenen Haushalt für die nächsten zwei Jahre gewährleisten könn(te) (Hervorhebung durch die Kammer)“, liegen diese erheblichen finanziellen Auswirkungen für sie schon angesichts der Höhe der differenzierten Amtsumlage und des Abschmelzens dieser Rücklagen – die Höhe des Überschusses ist zwischen der Klägerin und dem Amt ohnehin streitig – auf der Hand.

Diese Erwägungen dürften hinreichen, um der Klägerin ein Widerspruchsrecht nach § 137 S. 1 BbgKVerf a. F. – isoliert gegen die (Einführung einer) differenzierte(n) Amtsumlage in den Haushaltsjahren 2021/2022 gerichtet und jedenfalls für diese Haushaltsjahre – zuzugestehen, ohne dass es wohl entscheidend darauf angekommen wäre, dass ihr vorliegend auch Rechtsbehelfe im Rahmen der Festsetzung dieser Amtsumlage durch den Amtsdirektor des Amtes B_____) zur Verfügung standen (vgl. VG 1 K 810/22). Diese Rechtsbehelfe prüfen nachfolgend isoliert die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Umlagenbescheide (und inzidenter die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Haushaltssatzung 2021/2022), bleiben aber hinter den (auch politischen) Möglichkeiten einer Gemeinde zurück, bereits die Einführung von Maßnahmen durch den Amtsausschuss zu verhindern, die ihr Wohl gefährden würden.

Die Erwägungen der angefochtenen Bescheide verfehlen den Maßstab des § 137 S. 1 BbgKVerf, wenn sie in weiten Teilen die Frage prüfen, ob eine „differenzierte Amtsumlage Museen“ auf der Grundlage des § 139 Abs. 2 BbgKVerf rechtswidrig wäre. Sie überspannen auch die Anforderungen an die Zulässigkeit des Widerspruchs einer amtsangehörigen Gemeinde. Das gilt etwa für die Erwägungen des Bescheides vom 02. November 2021, das Wohl der Gemeinde werde (nur) durch eine „massive Störung der Haushaltswirtschaft“ gefährdet. Das Gesetz stellt (lediglich) auf das gemeindliche „Wohl“ ab und fordert damit, anders als es diese Begründung zumindest nahelegt, keine bereits eingetretene Beeinträchtigung dieser Größenordnung. Es spricht – wie auch die nachfolgenden Ausführungen (3.2.3) verdeutlichen – zudem nichts dafür, bei finanziellen Auswirkungen von Beschlüssen des Amtsausschusses einer Gemeinde das Widerspruchsrecht erst ab dieser (hohen) Grenze zuzugestehen. Die Begründung, die Klägerin müsse für die Personalkosten auch aufkommen, wenn die Leistungen nicht durch das Amt erbracht würden, lässt hier außer Betracht, dass das Amt den überwiegenden Teil der Personalkosten für das Heimatmuseum der Klägerin bereits seit über 20 Jahren trägt und dass sich die Klägerin in ihrer Haushaltswirtschaft jedenfalls für die Haushaltsjahre unmittelbar nach Einführung der „differenzierten Amtsumlage Museen“ daher darauf eingestellt hat, von dem größten Teil der Personalkosten befreit zu sein.

3.2.3 Letztlich kann die vorstehende Frage offenbleiben, ob den Anforderungen des § 137 S. 1 BbgKVerf allein mit Blick auf § 4 lit. c) HHS 2021/2022 als (unterstellten) Gegenstand des Widerspruchs der Klägerin genügt wäre. Der Beklagte ist jedenfalls im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Widerspruch von dem kommunalverfassungsrechtlichen Widerspruchsrecht einer Gemeinde nicht gedeckt war. Die Klägerin hat sich – wie auch zuvor und danach – mit ihrem Rechtsbehelf vom 23. September 2021 gegen den Beschluss des Amtsausschusses vom 13. September 2021 und den Amtshaushalt als solchen unter Einschluss der gesamten Haushaltssatzung, der Investitionsplanung und der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung des Amtes gewandt, obwohl ihrer Auffassung nach lediglich die differenzierte Amtsumlage nach § 4 lit. c) HHS 2021/2022 ihr Wohl gefährde und lediglich diese differenzierte Amtsumlage rechtswidrig sei. Mit ihrem Rechtsbehelf ist die Klägerin damit deutlich über den Anfechtungsgegenstand hinausgegangen, der geeignet gewesen wäre, ihr Wohl zu gefährden. Es ist auch weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich, dass die Tatbestandsmerkmale des § 137 S. 1 BbgKVerf hinsichtlich des gesamten Amtshaushaltes 2021/2022 des Amtes B_____) vorliegen könnten.

3.2.3.1 Gegenstand des Widerspruchs der Klägerin in den Haushaltsjahren 2021/2022 – Entsprechend in den Folgejahren – war nicht lediglich § 4 lit c) HHS 2021/2022, sondern die gesamte Haushaltssatzung mit sämtlichen Anlagen.

Das ergibt sich insbesondere aus den Erörterungen in der Gemeindevertretung der Klägerin zu dem zweiten Widerspruch vom 08. Juli 2021 [vgl. Niederschrift, S. 2, unten: „Frau (_____ bekräftigt nochmals, dass man den Amtshaushalt nicht blockieren und nur Widerspruch gegen die differenzierte Amtsumlage einlegen sollte“ und die schriftliche „Stellungnahme zum Widerspruchsentwurf gegen den Doppelhaushalt 2021 und 2022 des Amtes B_____ vom 08.07.2021“ der Gemeindevertreterinnen H. und N., Anlage zum Protokoll der Niederschrift vom 08. Juli 2021: „Einen Widerspruch unserer Gemeinde gegen den kompletten Doppelhaushalt 2021/22 des Amtes B_____ lehnen wir ab. Nach Würdigung aller Argumente und unter Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsprinzips sind wir zu der Auffassung gelangt, dass ein Widerspruch gegen die Festsetzung der differenzierten Amtsumlage (die Überprüfung der Rücklagen subsidiär inbegriffen) zum einen eher Aussicht auf Erfolg hat sowie potentieller Ausgangspunkt eines tragfähigeren Zukunftsmodells des unabdingbar notwendigen gemeindeübergreifenden Finanzierungsrahmens sein kann (…) Immerhin blockieren wir mit dem Widerspruch die Bestandskraft und damit den Vollzug des Amtshaushaltes auch auf anderen wichtigen Arbeitsfeldern. Dies halten wir für unverhältnismäßig (…)“]. Diese seinerzeitige Mindermeinung der zwei Gemeindevertreterinnen ist, anders als der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung meint, eindeutig.

Die umfassende (und zwischen den Beteiligten auch nach Schluss der mündlichen Verhandlungen unstrittige) Zielrichtung des Widerspruchs der Klägerin lässt sich aber auch der anschließenden Beschlussfassung vom 08. Juli 2021, „gegen den Beschluss des Amtsausschusses vom 21.06.2021 (…) zur Haushaltssatzung des Amtes B_____ für die Haushaltsjahre 2021 und 2022 (…) Widerspruch einzulegen“, und – ebenso zweifelsfrei –der hier maßgeblichen Beschlussfassung vom 23. September 2021 entnehmen:

„Zur Wahrung der Widerspruchsfrist wird der Bürgermeister weiterhin beauftragt, Widerspruch gegen den am 13. September 2021 beschlossenen Amtshaushalt einzulegen. Dieser Widerspruch wird zurückgezogen, wenn ein Beschluss des Amtsausschusses des Amtes B_____) zur Unterstützung der Museumsfinanzierung ab 2022 vorliegt, der sich am, Fehlbedarf des Museums orientiert. (Hervorhebung durch das Gericht)“

Es ist offensichtlich, dass der Beschluss des Amtsausschusses über den Haushalt 2021/2022 (auch) die Klägerin als amtsangehörige Gemeinde im Sinne von § 137 S. 1 BbgKVerf „betrifft“; jedenfalls aber hat die Klägerin weder dargelegt noch ist ersichtlich, dass der Amtshaushalt als solcher ihr Wohl gefährden könnte.

3.2.3.2 Auch war es der Klägerin aus Rechtsgründen ohne Weiteres möglich, Widerspruch, beschränkt auf die „differenzierte Amtsumlage Museen“ nach § 4 lit. c) HHS 2021/2022, einzulegen.

Die Möglichkeit, einen Beschluss des Amtsausschusses nur teilweise mit einem Widerspruch anzugreifen, wird zwar in § 137 S. 1 BbgKVerf a. F. nicht ausdrücklich erwähnt, aber auch weder durch den Wortlaut noch durch den Sinn und Zweck der Regelung ausgeschlossen. Im Gegenteil entspricht die umfassende Formulierung des Gesetzes [„(…) einem Beschluss des Amtsausschusses widersprechen (…)“] lediglich Regelungen des Bundesrechts, etwa über die Widerspruchs- und Klageerhebung, welche die (in Rechtsprechung und Literatur unstrittige) Möglichkeit, eine behördliche Entscheidung lediglich teilweise zur verwaltungsinternen oder verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zu stellen, ebenfalls nicht erwähnen (vgl. § 69, § 70 S. 1, § 81 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Der Beschluss über den Amtshaushalt vom 13. September 2021 einschließlich der Haushaltssatzung war auch teilweise anfechtbar, wobei dahinstehen kann, ob insoweit die Grundsätze für die Teilanfechtung eines Verwaltungsakts/einer Allgemeinverfügung (vgl. dazu: Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 42 Rn. 21 m. w. N.) oder für die Teilnichtigkeit einer Satzung maßgebend sind: Im erstgenannten Fall käme es ausschließlich auf die Frage an, ob es sich bei der fraglichen Regelung um einen objektiv abgrenz- und konkretisierbaren Teil der Gesamtregelungen handelte, während im letztgenannten Fall maßgeblich wäre, ob die Restbestimmung auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bliebe (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen wäre, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; vgl. etwa: BVerwG, Urt. v. 27. Januar 1978 – VII C 44.76 –, juris Rn. 54).

Die „differenzierte Amtsumlage Museen“ ist objektiv abgrenzbar, die Restbestimmungen der Haushaltssatzung blieben ungeachtet der Finanzlücke, die ohne Weiteres durch eine Nachtragssatzung hätte geschlossen werden können, § 68 BbgKVerf a. F., auch ohne diese Teilregelung sinnvoll und es wäre auch mit Sicherheit anzunehmen, dass der Amtsausschuss die Haushaltssatzung gegebenenfalls auch ohne die differenzierte Amtsumlage beschlossen hätte. Die letztgenannte Überzeugung gründet auf dem Umstand, dass die Haushaltssatzung für die Arbeit des Amtes in den Haushaltsjahren 2021/2022 von überragender Bedeutung ist und dass die Arbeit des Amtes ansonsten der vorläufigen Haushaltsführung, § 69 BbgKVerf a. F., unterlegen hätte.

Der (alleinige) Einwand aus der mündlichen Verhandlung, die Gemeindevertreter/innen seien nicht in der Lage gewesen, die rechtliche Möglichkeit einer Teilanfechtung zu erkennen, ist schon nicht rechtserheblich. Er hätte aber auch, wie die abweichenden Auffassungen in der Sitzung vom 08. Juli 2021 verdeutlichen, schon wenig für sich. Im Übrigen obliegt es dem Verantwortungsbereich eines Jeden, sich im Fall juristischer Unklarheiten der Hilfe rechtskundiger Dritter zu versichern. Es liegt – den (hier fehlenden) Willen der Gemeindevertretung der Klägerin allerdings vorausgesetzt – auf der Hand, dass einer öffentlich-rechtlicher Körperschaft insoweit vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten.

3.2.4 Die Beanstandung (Ziffer 1. des Bescheides vom 21. Oktober 2021) ist auch im Übrigen rechtmäßig.

Die Ermessenserwägungen der Kommunalaufsichtsbehörde dürften im Ergebnis nicht zu beanstanden sein. Die Behörde hat erkannt, dass § 113 Abs. 1 S. 1 BbgKVerf a. F. eine Beanstandung auf Grund einer Ermessensentscheidung ermöglicht (S. 3, oben) und die Erwägungen als solche (S. 5 ff.) berücksichtigen das gewichtige öffentliche Interesse des Amtshaushalts als auch das entgegenstehende Interesse der Klägerin. Auf einen Ermessensfehler, § 114 S. 1 VwGO, dürfte auch nicht führen, dass sich die Erwägungen der Behörde im Rahmen einer Ermessens- und Verhältnismäßigkeitsprüfung decken.

Auf die Erwägungen des Beklagten kommt es aber auch nicht an, weil sein Ermessen, den Widerspruch der Klägerin gegen die Haushaltssatzung 2021/2022 als solche zu beanstanden, in dem maßgeblichen Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung auf „Null reduziert“ war. Der Widerspruch der Klägerin war in diesem Umfang zweifelsfrei rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 137 S. 1 BbgKVerf insoweit offensichtlich nicht vorlagen, und die Bedeutung des Amtshaushalts für die Finanzwirtschaft des Amtes verlangte die Beanstandung, nachdem zwei Mal zuvor erfolglos versucht worden war, einen rechtswirksamen Amtshaushalt zu beschließen. Das Handeln des Beklagten war mithin alternativlos, so dass von Ermessenserwägungen auch hätte abgesehen werden können.

3.2.5 Das Aufhebungsverlangen beruht auf § 113 Abs. 1 S. 1 und 2 BbgKVerf; die Angemessenheit der Frist, die der angefochtene Bescheid zu Recht mit § 137 S. 3 BbgKVerf a. F. begründet, unterliegt keinen Bedenken. Die Rechtmäßigkeit der (Androhung der) Ersatzvornahme ergibt sich aus § 116 BbgKVerf.

3.3 Die Regelungen der kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügung vom 02. November 2021 – die Aufhebung des beanstandeten Beschlusses der Gemeindevertretung und des Widerspruchs – beruhen auf § 114 und § 116 BbgKVerf. Auch insoweit würden die Ermessenserwägungen des Beklagten keinen durchgreifenden Bedenken unterliegen und sonstige Rechtsfehler sind ebenfalls weder ersichtlich noch dargelegt.

II. Die kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügungen des Beklagten vom 18. Oktober 2022 und 26. Oktober 2022 unterliegen aus den Gründen zu I ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.

Dem Widerspruch der Klägerin gegen den Beschluss des Amtsausschusses zur 1. Nachtragshaushaltssatzung 2022 fehlte nicht bereits das Rechtsschutzinteresse, obwohl (auch) die differenzierte Amtsumlage Museen für das Haushaltsjahr 2022 „nicht geändert“ wurde. Nach § 139 Abs. 3 1. Hs. BbgKVerf sind die Amtsumlage und der Umfang der Belastung sowie der zugrunde gelegte Verteilungsschlüssel „für jedes Haushaltsjahr in der Haushaltssatzung neu festzusetzen“ und ein Teil der Kommentierung (Schumacher in: Schumacher (Hrsg.), Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Dezember 2010, § 139 Nr. 5.2) geht davon aus, dass auch im Fall des § 65 Abs. 4 BbgKVerf – die Haushaltssatzung kann, wie vorliegend, Festsetzungen für zwei Haushaltsjahre, nach Jahren getrennt, enthalten – im zweiten Jahr eine neue Haushaltssatzung, unter Umständen nur mit einer neuen Festsetzung der Amtsumlage, zu beschließen sei.

Die Anordnungen nach Ziffer 2. der Beanstandungsverfügung des Beklagten vom 18. Oktober 2022 beruhen auf § 113 Abs. 1 S. 2 BbgKVerf, wonach die Kommunalaufsichtsbehörde verlangen kann, dass das aufgrund derartiger Beschlüsse oder Maßnahmen Veranlasste innerhalb einer angemessenen Frist rückgängig gemacht wird. Auch insoweit ist die kurze Frist von 5 - 6 Tagen schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die Anordnung angesichts der bisherigen Haltung der Gemeinde, ersichtlich aus der Klageerhebung in VG 1 K 1141/21, lediglich pro forma erfolgte und nicht damit zu rechnen war, dass die Klägerin ihre bisherige Haltung aufgibt.

Die Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Widerspruches in dem Bescheid vom 26. Oktober 2022 findet sich allerdings nicht in § 114 BbgKVerf a. F., wonach die Kommunalaufsichtsbehörde die von ihr beanstandeten Beschlüsse und Maßnahmen aufheben und verlangen kann, dass das aufgrund dieser Beschlüsse und Maßnahmen Veranlasste innerhalb einer angemessenen Frist rückgängig gemacht wird, sofern die Gemeinde einer Beanstandung gemäß § 113 BbgKVerf innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkommt. Die Rechtsgrundlage für den Ausspruch nach Ziffer 1. S. 2 der Aufhebungsverfügung ergibt sich vielmehr aus § 116 BbgKVerf. Im Rahmen der Ersatzvornahme kann die Kommunalaufsichtsbehörde anstelle und auf Kosten der Gemeinde die erforderlichen Maßnahmen selbst durchführen oder die Durchführung einem Dritten übertragen, sofern die Gemeinde einem Verlangen unter anderem nach § 113 Abs.  1 S. 2 BbgKVerf innerhalb der festgesetzten Frist nicht nachkommt. Die Beanstandungsverfügung vom 18. Oktober 2022 war nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 119 S. 3 BbgKVerf sofort vollziehbar (zu diesem Erfordernis: Benedens in: Schumacher [Hrsg.], Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Juni 2010, § 116 BbgKVerf unter Nr. 1).

III. Auch die Bescheide des Beklagten vom 16. Mai 2023 und 02. Juni 2023 lassen Rechtsfehler aus den Gründen zu I. und II. nicht erkennen. Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 S. 1 und 2 und § 709 S. 2 ZPO.

Die Berufung gegen das Urteil ist nicht zulassen, weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen, § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hätte. Das wäre nur dann der Fall, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwerfen würde, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Berufungsverfahren geklärt werden müsste (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 31. August 2021 – OVG 10 N 66.18 –, juris Rn. 15). Das ist hier weder ersichtlich noch dargelegt, insbesondere beantwortet sich die entscheidungstragende Frage unmittelbar aus dem Gesetz.

Rechtsmittelbelehrung: