Gericht | VG Cottbus 4. Kammer | Entscheidungsdatum | 21.01.2025 | |
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Aktenzeichen | VG 4 K 1206/21.A | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2025:0121.4K1206.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG, § 31 Abs. 3 Satz 3 AsylG, § 60 Abs. 5 AufenthG, § 71 AsylG |
Der Umstand, dass das minderjährige Kind eines Asylbewerbers über einen Schutz- oder Aufenthaltsstatus verfügt, führt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in der Sache C-484/22 nicht zu der Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG.
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der nach eigenen Angaben aus Kamerun stammende Kläger reiste am 19. Juli 2015 auf dem Luftweg mit einem von Italien ausgestellten Schengen-Visum in die Bundesrepublik ein und stellte erstmals am 25. August 2015 einen Asylantrag (Az._____).
Mit Bescheid vom 20. Januar 2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: BAMF) diesen Antrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes (AsylG) und der Begründung als unzulässig ab, dass Italien nach der sog. DublinIIIVerordnung für die Bearbeitung des Asylantrages des Klägers zuständig sei. Zugleich ordnete es die Abschiebung des Klägers nach Italien an.
Den hiergegen seitens des Klägers gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das Verwaltungsgericht Cottbus mit Beschluss vom 16. Februar 2016 (VG 5_____) ab.
Der Kläger wurde nicht innerhalb der Überstellungsfrist nach Italien überstellt, so dass die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrages auf die Beklagte überging. Eine materielle Prüfung des Asylbegehrens fand in der Folge trotzdem nicht statt, da der Aufenthaltsort des Klägers unbekannt war.
Das beim Verwaltungsgericht Cottbus anhängige Klageverfahren gegen den Bescheid vom 20. Januar 2016 wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22. Juni 2017 (VG 5_____) eingestellt.
Am 8. Juli 2021 stellte der Kläger einen erneuten Asylantrag (Az. 8_____).
Der Kläger wurde daraufhin vom Bundesamt zur persönlichen Anhörung geladen. Nachdem er zu dieser nicht erschienen war, lehnte das Bundesamt den Asylantrag mit Bescheid vom 1. Oktober 2021 als offensichtlich unbegründet ab (Ziffern 1 bis 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorlägen (Ziffer 4), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, und drohte ihm für den Fall des Verstreichen Lassens dieser Frist die Abschiebung nach Kamerun an (Ziffer 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6).
Dieser Bescheid wurde am 19. Oktober 2021 rechtskräftig, nachdem der Kläger Rechtmittel nicht eingelegt hatte.
Am 16. November 2021 stellte der Kläger einen weiteren Asylantrag. Zur Begründung gab er schriftlich an, das „SUKADEF“ ihn gezwungen habe, sich ihnen anzuschließen. Der Krieg in Kamerun habe zwischen der englischen und französischen Seite begonnen. Von September 2016 bis Dezember 2016 habe er sich in Italien aufgehalten, bevor er nach Deutschland zurückgekehrt sei.
Mit Bescheid vom 26. November 2021 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig (Ziffer 1) und den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 1. Oktober 2021 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG (Ziffer 2) ab.
Der Asylantrag sei nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahren nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) nicht vorlägen. Der Kläger habe keine Gründe vorgetragen, die die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens rechtfertigten. Der bloße Verweis auf die seit Oktober 2016 in Teilen Kameruns vorherrschende „anglophone Krise“ reiche hierfür nicht aus, da insoweit ein persönlicher Bezug zum Kläger fehle, der Kamerun bereits im Jahr 2015 verlassen habe. Was dem Kläger im Zusammenhang mit dieser Krise bei einer Rückkehr drohen solle, sei weder vorgetragen noch ersichtlich, zumal der Kläger das Land im Jahr 2015 mit einem italienischen Visum und seinem offiziellen Reisepass habe verlassen können. Im Übrigen habe es der Kläger zu verschulden, die vorgetragenen Gründe nicht bereits im Erstverfahren geltend gemacht zu haben, da er seiner persönlichen Anhörung unentschuldigt ferngeblieben sei und den Bescheid vom 1. Oktober 2021 auch nicht im Wege der Klage angegriffen habe.
Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG seien ebenfalls nicht erfüllt. Auch insoweit sei zunächst zu prüfen, ob Wiederaufgreifensgründe im Sinne des § 51 VwVfG dargelegt seien. Dies sei hier nicht der Fall. Es bestünden auch keine Gründe, das Verfahren im Ermessenswege wiederaufzunehmen (§ 51 Abs. 5 VwVfG i. V. m. §§ 48, 49 VwVfG). Einer erneuten Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung bedürfe es schließlich nicht, da die erlassene Abschiebungsandrohung weiter gültig und vollziehbar sei.
Am 13. Dezember 2021 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er zunächst neben der Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 26. November 2021 (Antrag zu 1.) auch deren Verpflichtung begehrt hat, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen (Antrag zu 2.), ihn als Asylberechtigten anzuerkennen (Antrag zu 3.) und ihm subsidiären Schutz zu gewähren (Antrag zu 4.), sowie, hilfsweise, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG festzustellen (Antrag zu 5.).
Zur Begründung der Klage führt der Kläger unter Vorlage einer Geburtsurkunde aus, er sei Vater des am XX. Oktober 2021 in Deutschland geborenen Kindes mit dem Namen S_____, für das er auch die Personensorge ausübe. Das Kind besitze möglicherweise einen Schutz-, jedenfalls aber einen Aufenthaltsstatus, da ihm am 18. Januar 2022 eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt worden sei. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juli 2019 (1 C 45.18) sei ihm, dem Kläger, danach ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG zu gewähren, weil die in diesem Rahmen anzustellende Rückkehrprognose auf Grundlage einer Rückkehr im Familienverbund erfolgen müsse.
Nach gerichtlichem Hinweis, dass die Klageanträge mit Blick darauf, dass es sich um eine Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamtes nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG handele, Bedenken unterliegen könnten, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klageanträge zu 2. bis 5. mit Schriftsatz vom 21. September 2024 zurückgenommen.
Der Kläger beantragt nunmehr noch,
den Bescheid des Beklagten vom 26. November 2021 aufzuheben und die Beklagte zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf die Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid des Bundesamtes und führt ergänzend aus, dass nicht bekannt sei, welchen Aufenthaltsstatus die vermeintliche Tochter des Klägers, der am 18. April 2022 eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt worden sei, bekommen solle. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG liege aber ungeachtet dessen nicht vor, da nicht ersichtlich sei, wieso der Kläger nicht in der Lage sein solle, die Existenz für sich und seine Familie zu sichern. Der Kläger sei nach eigenen Angaben 43 Jahre alt und gesundheitliche Einschränkungen seien nicht erkennbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die seitens des Bundesamtes vorgelegten Verwaltungsvorgänge und die beigezogene Ausländerakte des Klägers Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Gerichts.
Das Gericht entscheidet durch die Einzelrichterin, nachdem die Kammer dieser den Rechtsstreit mit Beschluss vom 20. Februar 2023 gemäß § 76 Abs. 1 AsylG zur Entscheidung übertragen hat.
Die Entscheidung ergeht nach § 77 Abs. 2 AsylG im schriftlichen Verfahren durch Urteil, nachdem die Beteiligten hierauf hingewiesen worden sind und einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht gestellt haben.
Das Verfahren war einzustellen, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat (§ 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung VwGO).
Im Übrigen bleibt die Klage ohne Erfolg.
Soweit der Kläger über die Aufhebung der Ziffer 1 des Bescheides vom 26. November 2021 hinaus die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens begehrt, ist die Klage unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist die nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ergehende Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamtes allein mit der Anfechtungsklage anzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, juris Rn. 16). Eines darüberhinausgehenden auf die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gerichteten Verpflichtungsantrages bedarf es nicht, weil das Bundesamt hierzu nach Aufhebung der Entscheidung über die Unzulässigkeit automatisch verpflichtet wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 1 C 4.16 , juris Rn. 19).
Die Anfechtungsklage gegen die Ziffer 1 des Bescheides vom 26. November 2021 ist zulässig, aber unbegründet.
Die in Ziffer 1 des Bescheides vom 26. November 2021 getroffen Entscheidung des Bundesamtes, den Asylantrag des Klägers nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abzulehnen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist ein Asylantrag u. a. unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrages nach § 71 ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
So liegt es hier im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Hs AsylG). Bei dem vorliegend in Rede stehenden Asylantrag vom 16. November 2021 handelt es sich um einen Folgeantrag im Sinne des § 71 AsylG, da zuvor jedenfalls ein Asylantrag des Klägers bereits unanfechtbar abgelehnt worden ist. Ein weiteres Asylverfahren ist deshalb nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG nur durchzuführen, wenn neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Ausländer vorgebracht worden sind, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für den Ausländer günstigeren Entscheidung beitragen, oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind, und der Ausländer ohne eigenes Verschulden außerstande war, die Gründe für den Folgeantrag im früheren Asylverfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
Unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Das Gericht nimmt insoweit vollumfänglich gemäß § 77 Abs. 3 AsylG Bezug auf die zutreffende Begründung im streitgegenständlichen Bescheid, indem das Bundesamt auch zu Recht darauf hingewiesen hat, dass es an jeglicher Erklärung des Klägers dazu fehlt, warum er die Möglichkeiten nicht wahrgenommen hat, in dem zum Aktenzeichen 8_____ geführten Asylverfahren zu seinen Verfolgungsgründen vorzutragen.
Der Kläger hat auch im Klageverfahren nichts vorgetragen, was eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würde. Aus der insoweit allein geltend gemachten Vaterschaft zu einem in Deutschland geborenen Kind ergibt sich ungeachtet von dessen Schutz- oder Aufenthaltsstatus schon deshalb nichts anderes, weil nicht erkennbar ist, dass dieser Gesichtspunkt für die Entscheidung über den Asylantrag des Klägers erheblich sein könnte. Der Kläger selbst hat nicht geltend gemacht, gerade wegen einer unterstellten Rückkehr mit dem Kind in irgendeiner Form Verfolgungshandlungen zu befürchten und ein Anspruch des Klägers auf sog. Familienasyl nach § 26 Abs. 3 AsylG käme wegen der Geburt des Kindes erst in Deutschland wie das Bundesverwaltungsgericht nunmehr klargestellt hat selbst dann nicht in Betracht, wenn dem Kind die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2023 1 C 7.22 , juris Rn. 12 ff.). Auch der Kläger selbst misst seiner Vaterschaft ausweislich des Schriftsatzes vom 22. Juni 2022 offenbar lediglich Relevanz für die Frage des Vorliegens eines Abschiebungsverbotes bei.
Die Klage bleibt auch insoweit erfolglos, als sie sich gegen die Ziffer 2 des Bescheides vom 26. November 2021 richtet, mit der das Bundesamt die Abänderung des Bescheides vom 1. Oktober 2021 bezüglich der Feststellung von Abschiebungsverboten zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG abgelehnt hat.
Dabei legt das Gericht das Klagebegehren zunächst nach § 88 VwGO sachdienlich dahingehend aus, dass der Kläger die ursprünglich mit dem Klageantrag zu 5. begehrte Verpflichtung der Beklagten, in Abänderung des Bescheides vom 1. Oktober 2021 Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG festzustellen, trotz der insoweit erklärten Rücknahme jedenfalls hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Anfechtungsantrag gegen die Unzulässigkeitsentscheidung aufrechterhalten wollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2017 - 1 C 10.17 , juris Rn. 11).
So verstanden ist die Klage gegen die Ziffer 2 des Bescheides als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig, aber unbegründet.
Die Entscheidung des Bundesamtes, die Abänderung des Bescheides vom 1. Oktober 2021 bezüglich der Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG abzulehnen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Wie der Gesetzgeber nunmehr in § 31 Abs. 3 Satz 3 AsylG klargestellt hat, kann von der nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG auch in Fällen unzulässiger Asylanträge an sich gebotenen Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen, abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und Abs. 7 AufenthG entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen. Einer erneuten Prüfung hinsichtlich der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG bedarf es danach lediglich dann, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen (vgl. VG Leipzig, Urteil vom 26. September 2023 6 K 1159/21.A , juris Rn. 17; Heusch, in: BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1. Juli 2024, § 31 AsylG Rn. 21).
Daran fehlt es vorliegend. Eine entscheidungserhebliche Veränderung der Sachlage ergibt sich insbesondere auch in diesem Zusammenhang nicht aus dem Vortrag des Klägers, Vater geworden zu sein und für dieses Kind die Personensorge auszuüben.
Nach der vom Kläger insoweit angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist zwar bei der u. a. im Rahmen der Prüfung von Abschiebungsverboten anzustellenden Prognose, welche Gefahren einem Ausländer bei einer unterstellten Rückkehr in den Herkunftsstaat drohen, der hypothetische Aufenthalt des Ausländers im Herkunftsland in Gemeinschaft mit den weiteren Mitgliedern seiner Kernfamilie zu unterstellen ist, wenn der Ausländer auch in Deutschland in familiärer Gemeinschaft mit der Kernfamilie lebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 1 C 45/18 , juris Rn. 15 ff.). Hieraus vermag der Kläger für sich indes nichts herzuleiten.
Denn er hat schon nicht dargetan, dass er in den Anwendungsbereich der genannten Rechtsprechung fällt, da er sich auf die im Übrigen durch nichts unterlegte Behauptung beschränkt hat, die Personensorge für das Kind auszuüben. Die Vermutung gemeinsamer Rückkehr als Grundlage der Verfolgungsprognose setzt aber eine familiäre Gemeinschaft voraus, die zwischen den Eltern und ihren minderjährigen Kindern (Kernfamilie) bereits im Bundesgebiet tatsächlich als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft besteht und infolgedessen die Prognose rechtfertigt, sie werde bei einer Rückkehr in das Herkunftsland dort fortgesetzt werden. Für eine in diesem Sinne "gelebte" Kernfamilie reichen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein rechtliche Beziehungen, ein gemeinsames Sorgerecht oder eine reine Begegnungsgemeinschaft nicht aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 1 C 45/18 , juris Rn. 18).
Aber selbst wenn man im Falle des Klägers eine Rückkehr im Familienverbund unterstellte, ist aufgrund des klägerischen Vorbringens nicht ersichtlich, inwieweit dies vorliegend zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG führen können sollte. Insoweit hat bereits das Bundesamt im Schriftsatz vom 10. Oktober 2022 darauf hingewiesen, dass weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass der Kläger nicht arbeitsfähig oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sein könnte, den Lebensunterhalt auch für sich und seine Familie in Kamerun zu sichern. Diesen zutreffenden Erwägungen hat der Kläger auch im weiteren Verlauf des Klageverfahrens nichts entgegengesetzt.
Wiederaufnahmegründe ergeben sich schließlich auch nicht unter Berücksichtigung des Beschlusses des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Februar 2023 (C-484/22), wonach Art. 5 Buchst. a und b der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG verlangt, das Wohl des Kindes und seine familiären Bindungen bereits im Rahmen des Erlasses einer Rückkehrentscheidung und nicht erst auf der Ebene von deren Vollzug zu schützen. Diese Vorgaben betreffen lediglich die nach nationalem Recht (vgl. § 34 AsylG, §§ 59, 60 AufenthG) zu erlassende Abschiebungsandrohung. Dementsprechend verlangt § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG in der seit dem 27. Februar 2024 geltenden Fassung als Voraussetzung für den Erlass einer schriftlichen Abschiebungsandrohung durch das Bundesamt nunmehr zusätzlich, dass der Abschiebung weder das Kindeswohl noch familiäre Bindungen entgegenstehen, weshalb eine Abschiebungsandrohung aufzuheben sein kann, wenn etwa ein mit dem Ausländer in familiärer Gemeinschaft lebendes Kind über einen Aufenthalts- oder Schutzstatus verfügt. Indes verlangen weder das Kindeswohl noch andere nach Art. 5 Buchst. a und b der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG schutzwürdige Belange die Gewährung eines Abschiebungsschutzstatus (ganz h. M., vgl. nur OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28. November 2024 4 L 16/24 , juris S. 9 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen; a. A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13. Juni 2023 - 9a K 250/21.A -, juris, Rdnr. 50 ff.).
Nach alledem fehlt es an einer maßgeblichen Veränderung der Sachlage im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG, weil nicht ersichtlich ist, dass allein die geltend gemachte Vaterschaft des Klägers im Rahmen der hier in Rede stehenden Feststellung von Abschiebungsverboten eine erneute Abschiebungsandrohung hat das Bundesamt im Bescheid vom 26. November 2021 nicht erlassen zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung führen könnte.
Dahinstehen kann, ob bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG auch nach der Neuregelung des § 31 Abs. 3 AsylG noch eine Befugnis des Bundesamtes zur Abänderung der zu den Abschiebungsverboten ergangenen Entscheidung im Ermessenswege über § 51 Abs. 5 VwVfG in Betracht kommt (so VG Cottbus, Urteil vom 25. April 2023 5 K 320/21.A , juris Rn. 34 f.; zweifelnd Heusch, in: BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1. Juli 2024, § 31 AsylG Rn. 21). Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der insoweit allenfalls bestehende Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung vorliegend verletzt wäre oder sich gar zu einem Anspruch auf Abänderung der ursprünglichen Entscheidung und Feststellung von Abschiebungsverboten verdichtet haben könnte (zu den Maßstäben vgl. VG Cottbus, Urteil vom 25. April 2023 5 K 320/21.A , juris Rn. 35; VG Cottbus, Urteil vom 8. Februar 2017 1 K 273/11.A -, juris Rn. 71 m. w. N.). Im Gegenteil: Wie bereits dargelegt ergeben sich aus dem Vorbringen des Klägers auch unter Berücksichtigung von dessen Vaterschaft keine Hinweise darauf, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegen könnten. Erst recht nicht erkennbar ist dementsprechend, dass das Festhalten an der bestandskräftigen negativen Entscheidung zu den Abschiebungsverboten zu einem schlechthin unerträglichen Ergebnis führen würde.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.