Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 20.12.2024 | |
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Aktenzeichen | VG 3 L 147/24 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2024:1220.3L147.24.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG §, 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV a.F. / § 5 Abs. 1 Nr. 2 HundehV n.F. §, 80 Abs. 5 VwGO § |
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 27. Mai 2024 (Az. VG 3_____) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. November 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2024 wird hinsichtlich der unter den Ziffern 4 und 5 des Bescheides verfügten Zwangsgeldandrohungen angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
I.
Das Begehren der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) mit dem Antrag,
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 27. Mai 2024 (Az. VG 3_____) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. November 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2024 anzuordnen bzw. wiederherzustellen,
hat lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1.
Der Antrag ist zunächst dahingehend auszulegen, dass hinsichtlich der unter den Ziffern 4 und 5 des Bescheides vom 23. November 2023 ausgesprochenen Zwangsgeldandrohungen - welche nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 16 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg (VwVGBbg) aufgrund gesetzlicher Anordnung sofort vollziehbar sind - die Anordnung der aufschiebenden Wirkung und hinsichtlich der unter den Ziffern 1 und 2 des Bescheides ausgesprochenen Verfügungen - bezüglich derer die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gemäß Ziffer 3 des Bescheides behördlich angeordnet wurde - die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage begehrt wird.
Soweit die Antragstellerin sinngemäß ausführt, ihrer Klage komme bereits deshalb aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO zu, weil die Widerspruchsbehörde im Rahmen des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2024 die sofortige Vollziehung nicht gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO besonders angeordnet und daher die Entscheidung getroffen habe, dass es bei der Sofortvollzugsanordnung der Ausgangsbehörde nicht verbleiben solle, ist dem nicht zu folgen. Einer erneuten Sofortvollzugsanordnung durch die Widerspruchsbehörde bedurfte es nach der Systematik des § 80 VwGO nicht. Die Widerspruchsbehörde hatte zwar die Möglichkeit, gemäß § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO die Vollziehung auszusetzen. Hiervon hat sie jedoch ersichtlich keinen Gebrauch gemacht.
Im Übrigen wurde die sofortige Vollziehung der unter den Ziffern 1 und 2 des Bescheides vom 23. November 2023 ausgesprochenen Verfügungen von der Ausgangsbehörde auch in ordnungsgemäßer Weise angeordnet. Die auf Seite 4 des Bescheides enthaltene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt (noch) den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen ist (vgl. zu den Anforderungen: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. September 2018 - OVG 10 S 6.18 - juris Rn. 6; Beschluss vom 23. April 2015 - OVG 11 S 39.14 - juris Rn. 4; Beschluss vom 9. August 2013 - OVG 11 S 13.13 - juris Rn. 11; Külpmann in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, Rn. 745 ff.). Das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO soll die Behörde anhalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung mit Blick auf den grundsätzlich gemäß § 80 Abs. 1 VwGO durch einen Rechtsbehelf eintretenden Suspensiveffekt bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges sorgfältig zu prüfen. Die Begründung darf sich dabei nicht in der formelhaften Wiedergabe des Gesetzeswortlautes oder der bloßen Bezugnahme auf die eigentliche Entscheidung erschöpfen. Insbesondere im Bereich der Gefahrenabwehr kann sich die Behörde aber auch auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen, wenn die seinen Erlass rechtfertigenden Gründe zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung belegen und die von der Behörde getroffene Interessenabwägung klar erkennbar ist (vgl. Beschluss der Kammer vom 14. Februar 2018 - 3 L 95/18 - juris Rn. 4). Die Erfordernisse des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO haben hiernach für die gerichtliche Entscheidung vorwiegend die Bedeutung, dass es um den mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck geht, der Behörde den Ausnahmecharakter des Sofortvollzugs vor Augen zu führen. Ist dies hinreichend erkennbar, kommt es für die Frage der ordnungsgemäßen Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht darauf an, ob die Annahme eines Überwiegens des sofortigen Vollzugsinteresses aus den angegebenen Gründen bereits voll zu überzeugen vermag (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2017 - OVG 1 S 96.16 -; Beschluss der Kammer vom 14. Februar 2018 - 3 L 95/18 - juris Rn. 4).
Gemessen hieran hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (noch) genügenden Weise begründet. Er hat ausgeführt, die sofortige Vollziehung sei im öffentlichen Interesse geboten, um die konkrete Gefahr, die von dem Hund „A_____“ ausgehe, abzuwehren. Es könne nicht hingenommen werden, dass die Antragstellerin im Falle eines Widerspruchs den in der Ordnungsverfügung festgesetzten Maßnahmen nicht nachkomme und so weiterhin eine erhebliche Gefahr von dem Hund ausgehe. Das Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der Rechtsnormen, die für einen Hundehalter gelten, sei höher zu bewerten, als das Interesse der Antragstellerin, den Hund weiterhin uneingeschränkt zu halten und zu führen. Diese Ausführungen lassen in ausreichender Weise erkennen, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters des Sofortvollzuges bewusst war und er insoweit eine Interessenabwägung vorgenommen hat. Dies genügt dem formellen Begründungserfordernis.
2.
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es die Interessen der Beteiligten - das von der Behörde verfolgte Interesse an der sofortigen Vollziehung ihrer Entscheidung einerseits und das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs andererseits - gegeneinander abzuwägen hat. Maßgeblich ist hierfür auf die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens abzustellen: Ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der behördlichen Entscheidung fehlt regelmäßig, wenn sich diese nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtswidrig erweist. Demgegenüber überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse, von der Vollziehung vorläufig verschont zu bleiben, wenn die behördliche Entscheidung offensichtlich rechtmäßig ist und - im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - ein besonderes Vollzugsinteresse hinzutritt. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen.
Hiervon ausgehend fällt die Interessenabwägung vorliegend überwiegend zu Lasten der Antragstellerin aus.
a.
Zunächst ist es - in formeller Hinsicht - unbeachtlich, dass die Antragstellerin vor Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung nicht gemäß des § 1 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) i.V.m. § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) angehört worden ist.
Dabei kann es dahinstehen, ob der Antragsgegner entsprechend seiner Ausführungen in dem Bescheid vom 23. November 2023 gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG von einer Anhörung wegen Gefahr im Verzug absehen konnte. Selbst wenn eine solche, eine Eilbedürftigkeit rechtfertigende Gefahrenlage nicht vorgelegen hätte, wäre ein dann gegebener Anhörungsmangel nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG im Widerspruchsverfahren als geheilt anzusehen. Ergeht - wie im vorliegenden Fall - ein mit Gründen versehender Verwaltungsakt mit einer Belehrung darüber, dass dagegen innerhalb eines Monats Widerspruch erhoben werden kann, so muss dem Betroffenen bewusst sein, dass er jetzt Gelegenheit hat, alles vorzubringen, was sich gegen den Verwaltungsakt anführen lässt, und dass er insbesondere zu den in der Verfügung verwerteten Tatsachen Stellung nehmen und weitere ihm bedeutsam erscheinende Tatsachen vortragen kann. Eines besonderen Hinweises darauf bedarf es unter diesen Umständen grundsätzlich nicht. Das gilt erst recht, wenn der Betroffene von der genannten Äußerungsmöglichkeit Gebrauch macht. Der Anhörungsmangel wird dadurch geheilt, dass die Behörde ein etwaiges Vorbringen des Betroffenen im Widerspruchsverfahren zur Kenntnis nimmt und bei ihrer Entscheidung in Erwägung zieht (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 17. August 1982 - 1 C 22/81 -, juris Rn. 16 ff.). Vorliegend hat die - selbst als Rechtsanwältin tätige und auch bereits seinerzeit anwaltlich vertretene - Antragstellerin im Rahmen des Widerspruchsverfahrens Akteneinsicht sowie mit Schreiben vom 25. Januar 2024 umfassend zur streitgegenständlichen Ordnungsverfügung in tatsächlicher sowie rechtlicher Hinsicht Stellung genommen. Auf dieses Schreiben wird im Widerspruchsbescheid vom 23. April 2024 ausdrücklich Bezug genommen. In der weiteren Begründung setzt sich der Antragsgegner - wenn auch knapp - mit den einzelnen Einwänden der Antragstellerin auseinander und führt insoweit aus, aus welchen Gründen die Ordnungsverfügung aus seiner Sicht dennoch rechtmäßig sei. Damit hat er zu erkennen gegeben, dass er seinen Standpunkt unter Berücksichtigung des Vorbringens und der Einwände der Antragstellerin geprüft und weiterhin für zutreffend befunden hat. Ferner würde, selbst wenn eine nicht vollständige Heilung bzw. ein weiterhin bestehender Anhörungsmangel anzunehmen sein sollte, dies eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung derzeit ohnehin nicht rechtfertigen. Denn eine (vollständige) Heilung wäre gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG noch bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - hier des Klageverfahrens VG 3_____ - möglich. Kann eine (teilweise) unterbliebene bzw. nicht ausreichende Anhörung aber noch heilend nachgeholt werden, rechtfertigt allein ein heilbarer formeller Mangel der Verfügung nicht die Annahme, die Klage werde voraussichtlich erfolgreich sein; es kann auch regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die Behörde im Klageverfahren rechtzeitig und gegebenenfalls auch vorsorglich reagieren wird, um einen in der Sache gebotenen Gesetzesvollzug nicht zu gefährden. Eine Aussetzung des Sofortvollzuges ist daher im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Anhörung angesichts einer zu erwartenden Heilung nicht geboten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. August 2017 - OVG 11 S 56.17 -, juris Rn. 9; Beschluss vom 26. Juni 2008 - OVG 1 S 36.08 -, juris Rn. 17; Beschluss der Kammer vom 14. Februar 2018 - 3 L 95/18 -, juris Rn. 8; VG Cottbus, Beschluss vom 29. März 2017 - 1 L 131/17 -, juris Rn. 12).
Im Übrigen war hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen (Ziffern 4 und 5 der Ordnungsverfügung) eine Anhörung gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG entbehrlich.
b.
In materieller Hinsicht erweisen sich nur die im Bescheid vom 23. November 2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2024 unter den Ziffern 4 und 5 verfügten Zwangsgeldandrohungen als offensichtlich rechtswidrig; hinsichtlich der Verfügungen unter den Ziffern 1 und 2 des Bescheides sind die Erfolgsaussichten der Klage hingegen als offen anzusehen.
aa.
Rechtsgrundlage für die unter Ziffer 1 (Leinen- und Maulkorbpflicht) und Ziffer 2 (Mitteilungspflichten im Falle der Aufgabe der Hundehaltung) der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung angeordneten Maßnahmen sind § 3 Abs. 1 Satz 3 bzw. § 3 Abs. 3 Satz 2 sowie § 13 Abs. 1 Satz 2 der Hundehalterverordnung (HundehV) vom 16. Juni 2004 (GVBl.II/04, [Nr. 17], S. 458), geändert durch Artikel 87 des Gesetzes vom 5. März 2024 (GVBl.I/24, [Nr. 9], S. 34), die zwischenzeitlich am 1. Juli 2024 außer Kraft getreten ist.
(1)
Nach diesen Regelungen ist ein Hund, der als gefährlich gilt, auch außerhalb des befriedeten Besitztums ständig an einer höchstens zwei Meter langen und reißfesten Leine zu führen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 HundehV a.F.), darüber hinaus ist ihm außerhalb des befriedeten Besitztums ein das Beißen verhindernder Maulkorb anzulegen (§ 3 Abs. 3 Satz 2 HundehV a.F.). Im Falle der Aufgabe der Haltung des gefährlichen Hundes hat der ehemalige Hundehalter die Aufgabe der Hundehaltung sowie den Namen und die Anschrift des Erwerbs unverzüglich der für ihn zuständigen Ordnungsbehörde mitzuteilen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 HundehV a.F.). Im Übrigen enthält auch die am 1. Juli 2024 in Kraft getretene Hundehalteverordnung vom 24. Juni 2024 (GVBl.II/24, [Nr. 42]) unter § 9 Abs. 2 und Abs. 5 Nr. 1 vergleichbare Regelungen.
Nach § 8 Abs. 1 HundehV a.F. gelten unter anderem solche Hunde als gefährliche Hunde, die als bissig gelten, weil sie einen Menschen oder ein Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst angegriffen oder dazu durch Schläge oder in ähnlicher Weise provoziert worden zu sein, oder weil sie einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen haben (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV a.F.; nunmehr § 5 Abs. 1 Nr. 2 HundehV n.F.).
Dabei bedarf es nach der Systematik der Hundehalterverordnung vom 16. Juni 2004 keiner Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes in Form eines (für sofort vollziehbar erklärten) Verwaltungsaktes. Vielmehr kann die Gefährlichkeit des Hundes inzident im Zusammenhang mit ggfs. von der Behörde gegenüber dem Halter des gefährlichen Hundes angeordneten Maßnahmen überprüft werden (vgl. Beschluss der Kammer vom 27. Mai 2019 - 3 L 79/19 -, juris Rn. 16; VG Potsdam, Urteil vom 20. August 2013 - 3 K 134/10 -, juris Rn. 18; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Oktober 2017 - 5 A 2529/15 -, juris Rn. 7 ff.). Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, es bestehe indes keine Notwendigkeit für die Anordnung solcher Maßnahmen, vielmehr bedürfe es allein einer verbindlichen Feststellung der Gefährlichkeit, weil sich die Pflichten für den Halter eines gefährlichen Hundes ohnehin aus dem Gesetz selbst ergeben, ist dem im Ergebnis nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass die entsprechenden Pflichten der Hundehalterverordnung vom 16. Juni 2004 als rechtliche Folge der Gefährlichkeit des Hundes ausgestaltet sind. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass die zuständige Behörde den entsprechenden Inhalt dieser Pflichten durch einen gesetzeswiederholenden Verwaltungsakt auf den Halter des gefährlichen Hundes anwendet, um eine verbindliche Klärung dieser Vorschriften gegenüber diesem herbeizuführen und die Voraussetzungen für eine etwaige Durchsetzung der Pflichten im Wege der Vollstreckung zu schaffen, wobei die Möglichkeit, Verstöße gegen diese Pflichten als Ordnungswidrigkeiten zu ahnden (vgl. § 14 Abs. 1 HundehV a.F.; nunmehr § 16 Abs. 1 HundehV n.F.), einem solchen Vorgehen nicht entgegensteht (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 23. Februar 1979 - VII C 31.76 -, juris Rn. 6). Hieraus folgt zugleich, dass eine Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes in Form eines Verwaltungsaktes nicht (zwingend) erforderlich ist, die Gefährlichkeit vielmehr im Rahmen eines solchen gesetzeswiederholenden Verwaltungsaktes überprüft werden kann. Nur wenn die Behörde gleichwohl einen die Gefährlichkeit des Hundes feststellenden Verwaltungsakt erlässt, muss sie sich hieran festhalten lassen mit der weiteren Folge, dass die Pflichten der Hundehalteverordnung, die diese an die Gefährlichkeit des Hundes knüpft und die ggfs. Gegenstand eines diesbezüglichen (weiteren) Verwaltungsaktes sind, letztlich erst dann bestehen und ggfs. mit einer Anordnung der sofortigen Vollziehung versehen werden können, wenn auch der feststellende Verwaltungsakt selbst für sofort vollziehbar erklärt wurde bzw. bestandskräftig ist (vgl. Beschluss der Kammer vom 28. September 2021 - 3 L 259/21 -, juris Rn. 7 ff.).
Dieser rechtliche Befund wird im Übrigen durch die Systematik der (neuen) Hundehalterverordnung vom 24. Juni 2024 gestützt. Denn dort hat der Verordnungsgeber - anders als in derjenigen vom 16. Juni 2004 - nunmehr ausdrücklich festgelegt, dass die Ordnungsbehörde die ihr angezeigten Vorfälle sowie die ihr vorliegenden sonstigen Hinweise zu prüfen und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die Gefährlichkeit des Hundes festzustellen hat, wobei die Feststellung zuzustellen ist (§ 5 Abs. 2 HundehV n.F.). Für den vorliegenden Fall hat dies indes keine Auswirkungen. § 5 Abs. 2 HundehV n.F. betrifft ausschließlich Sachverhalte, über welche die zuständige Ordnungsbehörde nach Inkrafttreten dieser Verordnung zu entscheiden hat. Eine hiervon abweichende Regelung dahingehend, dass nunmehr auch für „Altfälle“ eine nachträgliche Feststellung der Gefährlichkeit erforderlich ist, hat der Verordnungsgeber gerade nicht getroffen. Auch nach der Übergangsregelung des § 17 Abs. 1 HundehV n.F. gelten nur Hunde, die aufgrund von § 8 Abs. 1 Nr. 1 der Hundehalterverordnung vom 16. Juni 2004 ausschließlich aufgrund der Rassezugehörigkeit des Hundes als gefährlich galten, mit Inkrafttreten der neuen Verordnung als nicht mehr gefährlich. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers sonstige nach § 8 Abs. 1 HundehV a.F. als gefährlich geltende Hunde auch nach Inkrafttreten der neuen Verordnung weiterhin als gefährlich gelten, wobei hierfür - wie ausgeführt - gerade kein die Gefährlichkeit des Hundes feststellender Verwaltungsakt erforderlich ist bzw. war.
(2)
klärungswert (vgl. hierzu Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 25. Auflage 2024, § 35 Rn. 51 ff.) einen die Gefährlichkeit feststellenden Verwaltungsakt nicht erlassen, so dass es insoweit für die Anordnung der vorliegend in Rede stehenden Maßnahmen bzw. für deren sofortige Vollziehbarkeit insoweit auch keiner gesonderten Sofortvollzugsanordnung bedurfte.
Denn eine solche Feststellung ist in den Entscheidungstenor bzw. den verfügenden Teil des Bescheides vom 23. November 2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2024 nicht aufgenommen worden. Soweit der Bescheid nach der Anrede der Antragstellerin und noch vor dem verfügenden Teil die Formulierung „Sie halten ohne Erlaubnis einen gefährlichen Hund“ enthält und der Antragsgegner im Rahmen der Begründung ausführt, der Hund der Antragstellerin sei aufgrund zweier Bissvorfälle i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV a.F. gefährlich, kann hierin nach dem objektiven Empfängerhorizont (jeweils) keine eigenständige (inzidente) Gefährlichkeitsfeststellung in Form eines Verwaltungsaktes erblickt werden. Hierfür spricht vorm allem der Aufbau des Bescheides. Hätte der Antragsgegner einen die Gefährlichkeit feststellenden Verwaltungsakt erlassen wollen, hätte er dies - (auch) aus Sicht eines objektiven Dritten - in dem vorliegend klar und eindeutig abgegrenzten Verfügungsteil des Bescheides (ggfs. unter einer eigenen Textziffer) getan. Den genannten Formulierungen kommt vor diesem Hintergrund ersichtlich keine eigenständige Bedeutung zu. Im Hinblick auf die in der Begründung enthaltene Formulierung sieht die Antragstellerin dies im Übrigen ebenso.
Aus den vorgenannten Gründen ist auch in dem Schreiben des Antragsgegners vom 16. Januar 2024, welches sich im Wesentlichen auf das Erfordernis einer Haltungserlaubnis und deren Voraussetzungen (§ 10 Abs. 1 und 2 HundehV a.F.) bezieht, kein die Gefährlichkeit feststellender Verwaltungsakt zu erblicken.
(3)
Vorbehaltlich der noch zu beantwortenden Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV a.F. (nunmehr § 5 Abs. 1 Nr. 2 HundehV n.F.) vorliegend gegeben sind - siehe hierzu sogleich unter (4) -, ergibt sich eine Rechtswidrigkeit der unter den Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides verfügten Anordnungen auch nicht mit Blick auf die weiteren Einwände der Antragstellerin, welche die Ausgestaltung der Ordnungsverfügung bzw. den Inhalt dieser Anordnungen betreffen.
Wie bereits ausgeführt, ergeben sich keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen im Hinblick auf deren Notwendigkeit, da sie als insoweit gesetzeswiederholende Verfügungen grundsätzlich zulässig sind. Insofern begegnet es auch keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass der Antragsgegner nur einzelne bzw. nicht sämtliche, den Halter eines gefährlichen Hundes treffende Pflichten der Hundehalteverordnung zum Gegenstand der Ordnungsverfügung gemacht hat. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsgegner nicht dazu befugt wäre, nur für einzelne, sich aus der Hundehalteverordnung ergebende Pflichten die Voraussetzungen für eine etwaige Durchsetzung im Wege der Vollstreckung zu schaffen. Eine Beschwer der Antragstellerin ist damit der Sache nach jedenfalls nicht verbunden.
Auch hat dies ersichtlich nicht eine mangelnde Bestimmtheit der unter den Ziffern 1 und 2 des Bescheides angeordneten Maßnahmen i.S.d. § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG zur Folge. Allein der Umstand, dass in der Verfügung nicht sämtliche, sich aus der Hundehalteverordnung ergebende Pflichten aufgeführt sind, führt nicht dazu, dass für die Antragstellerin nicht klar und eindeutig erkennbar ist, was von ihr aufgrund der streitgegenständlichen Verfügung verlangt wird. Ein Mangel der Bestimmtheit ergibt sich im Übrigen auch nicht daraus, dass Ziffer 1 der Verfügung nicht ausdrücklich die in § 3 Abs. 2 HundehV a.F. (nunmehr § 9 Abs. 2 Satz 3 HundehV n.F.) - auch für gefährliche Hunde geltende - Ausnahme von der Leinenpflicht in Hundeauslaufgebieten nachzeichnet. Der Inhalt einer Regelung ist aufgrund einer Auslegung des Verwaltungsaktes entsprechend §§ 133, 157 BGB ausgehend vom Wortlaut unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalles und nach Treu und Glauben zu ermitteln. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sich der Inhalt des Verwaltungsaktes allein aus dem Anordnungssatz - dem verfügenden Teil - präzise ergibt; vielmehr sind die den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umstände sowie vor allem die dem Verwaltungsakt beigefügte Begründung zur Auslegung des Regelungsinhaltes heranzuziehen. Ist in der Sache ein Widerspruchsbescheid ergangen, so genügt es, wenn dieser die erforderliche Bestimmtheit herstellt (vgl. Tegethoff in: Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 37 Rn. 5 f.). Vorliegend wurde der Antragstellerin nach dem Wortlaut der Ziffer 1 des verfügenden Teils auferlegt, ihren Hund „gem. § 3 Ordnungsbehördliche Verordnung über das Halten und Führen von Hunden (Hundehalteverordnung - HundehV) vom 16. Juni 2004 (…) so an der Leine zu führen, dass Menschen Tiere oder Sachen nicht gefährdet werden (…)“. Im Rahmen der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2024 hat der Antragsgegner insoweit ausdrücklich klargestellt, dass damit ein Leinenzwang nach § 3 HundehV a.F. angeordnet wurde und sich die Anordnung auf die gesamte Regelung bezieht, somit auch die Ausnahme der Leinenpflicht in als Hundeauslaufgebieten gekennzeichneten Bereichen gemäß § 3 Abs. 2 HundehV a.F. mit einschließt. Damit ist dem Bestimmtheitserfordernis in Bezug auf die Ziffer 1 der Ordnungsverfügung Genüge getan. Zugleich steht damit fest, dass die angeordnete Leinenpflicht nicht über die Regelung(en) der Hundehalteverordnung hinausgeht.
(4)
Allerdings lässt sich nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht abschließend feststellen, ob der Hund der Antragstellerin gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV a.F. (nunmehr § 5 Abs. 1 Nr. 2 HundehV n.F.) als gefährlich gilt.
Unstreitig ist es zu zwei Vorfällen unter Beteiligung des Hundes der Antragstellerin („A_____“) gekommen.
Der Antragsgegner hat zum einen ausgeführt, am 16. Oktober 2023 habe der zu diesem Zeitpunkt nicht angeleinte „A_____“ überraschend den angeleinten Hund von Herrn T_____attackiert, in den Nacken gebissen und geschüttelt. Erst nach Rufen der Antragstellerin habe „A_____“ von „T_____y“ abgelassen. Diese Sachverhaltsfeststellungen decken sich mit der schriftlichen „Ordnungswidrigkeit-Anzeige“ der Familie T_____vom 20. November 2023. Die Antragstellerin hat hierzu im Wesentlichen und sinngemäß vorgebracht, der Hund „T_____“ sei plötzlich aus dem nicht einsehbaren Grundstück der Familie T_____an langer Leine herausgelaufen und auf ihren Hund bellend zugelaufen. „T_____“ habe sich aggressiv, kampfbereit und angriffslustig gezeigt, wobei dies auch bei vorherigen Begegnungen der Hunde wiederholt der Fall gewesen sei. Daraufhin habe „A_____“ am besagten Tage erstmalig ein Abwehrverhalten gezeigt, indem er gegenüber „T_____“ die Zähne gefletscht habe. Ein Beißen durch „A_____“ habe es jedoch nicht gegeben. Es sei niemand verletzt worden.
Ausgehend hiervon spricht nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens Überwiegendes dafür, dass zumindest dieser Vorfall eine Bissigkeit und Gefährlichkeit des Hundes der Antragstellerin i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV a.F. (nunmehr § 5 Abs. 1 Nr. 2 HundehV n.F.) nicht zu begründen vermag. Dabei erscheint es zwar fraglich, ob in dem von der Antragstellerin behaupteten Verhalten des Hundes „T_____“ ggfs. ein Angriff oder eine Provokation im Sinne der genannten Vorschrift(en) zu sehen wäre. Denn eine „Vorbeziehung“ zwischen den Hunden bzw. ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten des Hundes „T_____“ lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob von diesem in der konkreten Situation ein Angriff bzw. eine Provokation ausging (vgl. hierzu: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Juli 2015 - OVG 5 S 44.14 -, juris Rn. 5; VG Potsdam, Beschluss vom 15. März 2024 - 3 L 149/24 -, juris Rn. 11). Auch genügt hierfür ein aggressives Zulaufen und Bellen grundsätzlich nicht aus (vgl. etwa VG Potsdam, Beschluss vom 2. März 2022 - 3 L 882/21 -, n.v., S. 5 EA). Allerdings hat die Antragstellerin einen Biss durch ihren Hund substantiiert bestritten, in dem sie dem von Herrn T_____ insoweit dargestellten Sachverhalt einen hiervon abweichenden, konkreten Geschehensablauf - ihr Hund habe lediglich die Zähne gefletscht - gegenübergestellt hat. Es spricht auch Einiges dafür, dass es jedenfalls nicht zu einer - nach dem Wortlaut der Verordnung (zusätzlich) erforderlichen - Schädigung des Hundes „T_____“ durch einen Biss gekommen ist. Im Rahmen der „Ordnungswidrigkeit-Anzeige“ vom 20. November 2023 wurden seitens der Familie T_____ keinerlei Verletzungsfolgen geschildert. Ein tierärztlicher Befund existiert nach Aktenlage nicht, auch kein Hinweis darauf, dass überhaupt eine tierärztliche Behandlung stattgefunden hat. Die später - erst am 27. bzw. 28. Februar 2024 - getätigten Aussagen der Eheleute T_____, nach dem Vorfall sei eine errötete Stelle im Nacken von „T_____“ visuell wahrnehmbar gewesen, das breite Leinengeschirr habe vermutlich schwerere Verletzungen verhindert, erscheint insoweit wenig glaubhaft. Auch lassen sich den Verwaltungsvorgängen Nachweise für eine derartige Rötung - etwa in Form von unmittelbar nach dem Vorfall gefertigten Fotografien - nicht entnehmen. Vor diesem Hintergrund streitet Vieles dafür, dass es entsprechend dem Vortrag der Antragstellerin keinen Biss seitens „A_____“ gegeben hat, ihr diesbezügliches Vorbringen somit nicht als bloße Schutzbehauptung anzusehen sein dürfte.
Weniger klar stellt sich die Situation jedoch in Bezug auf den Vorfall am 15. November 2023 dar. Nach den Ausführungen des Antragsgegners habe sich „A_____“ bei diesem Vorfall von der Antragstellerin losgerissen und den Hund des Herrn N_____ („T_____“) am Hals gepackt und geschüttelt. Erst nach einem massiven Eingreifen durch Herrn N_____ habe „A_____“ von „T_____“ abgelassen. Die Antragstellerin hat hierzu im Wesentlichen und sinngemäß vorgebracht, ihr Hund sei zuerst gebissen und angegriffen worden. „A_____“ habe sich nicht von ihr losgerissen, sondern sei von ihr abgeleint worden, habe sich sodann umgedreht und sei von hinten auf „T_____“ zugelaufen. Dieser habe sich möglicherweise erschreckt, sei ihren Hund angesprungen und habe ihn in die Nase gebissen und gekratzt. „A_____“ habe sich mit den Pfoten gewehrt, wobei sich die Leine von „T_____“ um „A_____“ verheddert und dessen Abwehrverhalten verstärkt habe. Aus ihrer Sicht hatten sich die Hunde wegen der Leine verbissen. Herr N_____ habe auf ihren Hund eingeschlagen, sie selbst habe „A_____“ zurückgerufen und dann angeleint. Der Bissvorfall zu dem Hund „T_____“ sei somit von „T_____“ ausgegangen, ihr Hund habe sich in einer Notwehrsituation befunden. Bei dem Vorfall hätten beide Tiere Verletzungen erlitten. Bissverletzungen bei „T_____“ seien tierärztlich jedoch nicht bestätigt worden. Es sei keine Wundbehandlung durchgeführt und kein Antibiotikum verabreicht worden. Ein Biss sei tierärztlich nicht festgestellt worden, weder Zahnabdrücke noch sonstige Spuren. Ihr Hund habe den anderen Hund nicht gebissen und habe dies auch nicht gewollt.
Aus Sicht des Gerichts spricht zunächst Vieles dafür, dass „A_____ bei diesem Vorfall den Hund „T_____“ durch einen Biss geschädigt hat. Die Erfüllung des Tatbestandes einer Schädigung durch Biss erfordert nicht, dass die Zähne des zubeißenden Hundes die Haut des Opfers durchdrungen oder bei diesem gar tiefe Wunden gerissen haben; vielmehr reicht ein Zuschnappen mit Verletzungsfolgen - etwa in Form von Schwellungen, Rötungen oder Hämatomen - aus (vgl. VG Potsdam, Beschluss vom 5. September 2007 - 3 L 370/07 -, juris Rn. 9; Beschluss vom 5. April 2018 - 3 L 1177/17 -, n.v., S. 2 EA; Urteil vom 15. Dezember 2022 - 3 K 2934/18 -, n.v., S. 13 EA). Bereits die eigenen Ausführungen der Antragstellerin, ihr Hund sei „zuerst“ gebissen worden und die Hunde hätten sich aus ihrer Sicht wegen der Leine „verbissen“, deuten darauf hin, dass es (jedenfalls auch) einen Biss durch „A_____“ gegeben hat. Soweit die Antragstellerin im Rahmen ihrer weiteren Ausführungen demgegenüber einen Biss durch ihren Hund - im Wesentlichen unter Verweis auf die aus ihrer Sicht nicht nachgewiesenen Bissverletzungen bei „T_____“ - in Abrede stellt, ist dies in Bezug auf ihren genannten Vortrag zum Geschehensablauf widersprüchlich. Im Übrigen hat auch Herr S_____ im Rahmen seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 26. November 2023 mitgeteilt, dass sich beide Hunde nach seiner Wahrnehmung miteinander verbissen hatten. Nach den Ausführungen des Herrn N_____ in dessen E-Mail an den Antragsgegner vom 16. November 2023 hat „T_____“ aufgrund des Vorfalls schmerzhafte Prellungen davongetragen. Die von ihm vorgelegte Quittung der Tierarztpraxis E_____ vom 15. November 2023 belegt, dass sein Hund unmittelbar nach dem Vorfall tierärztlich untersucht wurde und mit Schmerzmitteln behandelt werden musste. Es ist auch nicht fernliegend, dass die - von Herrn N_____ so bezeichneten - Prellungen durch ein (evtl. mehrfach erfolgtes) Zuschnappen von „A_____“ verursacht wurden. Freilich lässt sich aber auch nicht gänzlich ausschließen, dass die Prellungen/Schmerzen eine andere Ursache hatten - etwa durch ein (ggfs. ruckartiges) Hochziehen des Hundes an der Leine oder durch ein Gerangel zwischen den Hunden hervorgerufen wurden.
Unabhängig davon lässt sich nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens nicht abschließend beurteilen, ob „T_____“ den Hund der Antragstellerin - wie von ihr vorgetragen - zuerst gebissen und damit angegriffen bzw. provoziert hatte. Herr N_____ bestreitet dies. Die schriftliche Zeugenaussage des Herrn S_____ ist insoweit nicht ergiebig, da er das Geschehen offensichtlich erst beobachtet hat, als sich die Hunde bereits verbissen hatten. Nicht zu verkennen ist freilich, dass ein Biss durch „T_____“ von der Antragstellerin erstmals in der Widerspruchsbegründung vom 25. Januar 2024 vorgebracht wurde und weder ein Nachweis für eine Verletzung bei „A_____“ - etwa an der Nase oder in Form von Kratzspuren - noch für eine bei ihm durchgeführte tierärztliche Untersuchung beigebracht wurden.
Somit bedarf insbesondere die Beantwortung der Frage, ob „A_____“ am 15. November 2023 den Hund „T_____“ durch einen Biss geschädigt hat, ohne zuvor selbst angegriffen oder in ähnlicher Weise provoziert worden zu sein, noch weiterer Ermittlungen, etwa durch Anhörung der Antragstellerin und Vernehmung des Herrn N_____. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist das Gericht jedoch nicht gehalten, zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes die Beteiligten persönlich anzuhören oder Zeugen zu vernehmen. Der Untersuchungsgrundsatz gebietet - wie bereits ausgeführt - nur eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 30. Auflage 2024, § 80 Rn. 125).
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht mit Blick auf das von der Antragstellerin eingeholte Sachverständigengutachten (Negativgutachten) des Sachverständigen für das Hundewesen Herrn V_____ vom 29. November 2023. Erfüllt der Hund der Antragstellerin die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV a.F. bzw. des § 5 Abs. 1 Nr. 2 HundehV n.F. nicht, kommt es auf dieses Gutachten nicht an. Erfüllt er hingegen diese Voraussetzungen und gilt er infolge dessen als gefährlicher Hund, ergibt sich Folgendes: Nach der bis zum 1. Juli 2024 geltenden Rechtslage war diese Vermutung unwiderlegbar (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Juli 2015 - OVG 5 S 44.14 -, juris Rn. 5), so dass ein ausgestelltes Negativgutachten insofern unbeachtlich war und es auch nicht auf das Ergebnis einer etwaigen - vorliegend vom Antragsgegner aber ohnehin nicht veranlassten - Verhaltensbegutachtung durch das Veterinäramt ankam (vgl. Beschluss der Kammer vom 27. Mai 2019 - 3 L 79/19 -, juris Rn. 15; Beschluss vom 23. September 2022 - 3 L 228/22 -, juris Rn. 11). Nach aktueller Rechtslage steht es gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 HundehV n.F. im Rahmen der nunmehr zunächst zu treffenden Gefährlichkeitsfeststellung im Ermessen der Ordnungsbehörde („kann“), ob sie ein Veterinäramt oder eine andere geeignete sachverständige Person mit einer Begutachtung beauftragt, wobei - wie bereits ausgeführt - die Regelungen des § 5 Abs. 2 HundehV n.F. ohnehin ausschließlich Sachverhalte betreffen, über welche die Ordnungsbehörde nach Inkrafttreten der Verordnung vom 24. Juni 2024 zu entscheiden hat. Zwar hat die Ordnungsbehörde nunmehr auf Antrag festzustellen, dass ein Hund nicht mehr gefährlich ist, sofern dessen Sozialverträglichkeit im Wegen einer bestandenen Wesensprüfung nachgewiesen wird; diese Möglichkeit besteht jedoch frühestens zwei Jahre nach Erteilung einer Haltungserlaubnis i.S.d. § 6 Abs. 1 HundehV n.F. (vgl. § 10 Abs. 1 und 2 HundehV n.F.) und somit für die Antragstellerin derzeit (noch) nicht.
(5)
Nach alledem hat das Gericht eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten der Klage losgelöste Interessenabwägung vorzunehmen. Diese hat sich maßgeblich an den Folgen zu orientieren, die sich im Falle der Stattgabe oder aber der Ablehnung des Antrages ergäben. Dabei fällt die Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus.
Die Antragstellerin weist zwar im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass mit den vorliegend zur Gefahrenabwehr angeordneten Maßnahmen der Leinen- und Maulkorbpflicht gewisse Einschränkungen ihres Hundes mit Blick auf dessen Bewegungs- und Beschäftigungsbedürfnis sowie eine artgerechte Begegnung mit anderen Hunden verbunden sind. Diese Einschränkungen würden im Fall einer Ablehnung des Antrages (zunächst) fortbestehen, wobei jedoch der Eintritt nachhaltiger Schäden oder Belastungen bis zu einer für die Antragstellerin ggfs. günstigen Hauptsachentscheidung nicht zu erwarten ist.
Auch werden der Antragstellerin selbst mit der Leinen- und Maulkorbpflicht - und im Übrigen auch mit den ihr auferlegten Mitteilungspflichten im Falle der Aufgabe der Hundehaltung - keine übermäßigen, unzumutbaren Nachteile bzw. Beeinträchtigungen abverlangt. Würde dem Antrag hingegen stattgegeben und realisierten sich infolge dessen Gefahren für die Gesundheit von Tieren oder gar Menschen, könnten sich weitaus schwerere, im schlimmsten Fall sogar nicht oder nur teilweise rückgängig zu machende Konsequenzen für hochrangige Rechtsgüter ergeben. Mildere und gleich wirksame Mittel als die angeordneten, den in der Hundehalterverordnung in Bezug auf das Halten gefährlicher Hunde entsprechend definierten Pflichten zum Schutz dieser Rechtsgüter sind nicht erkennbar. Bei dieser Sachlage muss das Interesse der Antragstellerin, von den angeordneten Maßnahmen zunächst verschont zu bleiben, zurückstehen. Zumal sie es nach der nunmehr geltenden Rechtslage grundsätzlich selbst in der Hand hat, (vorsorglich) eine Haltungserlaubnis zu beantragen, nach Ablauf der vom Verordnungsgeber bestimmten Frist einen (erneuten) Wesenstest bei ihrem Hund durchführen zu lassen und somit ein Entfallen der Pflichten herbeizuführen. In diesem Zusammenhang ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen es der Antragstellerin nicht zuzumuten sein sollte, die geplante Hundeausbildung als Fährten- und Krebsspürhund erst zu einem späteren Zeitpunkt zu absolvieren bzw. fortzusetzen.
Insgesamt ist mit den auferlegten Pflichten somit nur eine geringe Beeinträchtigung der Antragstellerin und des Hundes verbunden, während ein überwiegendes öffentliches Interesse daran besteht, dass eine denkbare von ihrem Hund ausgehende Gefahr ausgeschlossen wird.
bb.
Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen (Ziffern 4 und 5 der Ordnungsverfügung) fällt die Interessenabwägung dagegen zugunsten der Antragstellerin aus.
Zwar ist in Ansehung der gesetzgeberischen Entscheidung in § 16 VwVGBbg für die sofortige Vollziehbarkeit von Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung, zu denen auch Zwangsmittelandrohungen gehören (vgl. § 28 Abs. 1 VwVGBbg), die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache lediglich dann geboten, wenn dieser offensichtlich oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird oder sonstige atypische Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine Aussetzung der Vollziehung der Maßnahme zu rechtfertigen vermögen (vgl. Beschluss der Kammer vom 6. Januar 2021 - 3 L 522/20 -, juris Rn. 11).
Allerdings erweisen sich die Zwangsgeldandrohungen nach dem Ergebnis der allein möglich, aber auch nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtswidrig.
Die Regelung unter Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides genügt nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit der Androhung eines Zwangsgeldes nach § 28 Abs. 4 VwVGBbg und § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 VwVGBbg sind Zwangsmittel - so auch das Zwangsgeld (§§ 27 Abs. 2 Nr. 1, 30 VwVGBbg) - vor ihrer Anwendung schriftlich anzudrohen. § 28 Abs. 4 VwVGBbg verlangt, dass die Androhung eines Zwangsgeldes „in bestimmter Höhe“ erfolgt. Dies dient dem Zweck, dem Vollstreckungsschuldner - hier der Antragstellerin - zu erkennen zu geben, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Anordnung ihm bzw. ihr ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht. Das entspricht rechtsstaatlichen Anforderungen, wie es der Gesetzgeber in § 28 Abs. 4 VwVGBbg eindeutig zum Ausdruck gebracht hat (vgl. hierzu: VG Magdeburg, Urteil vom 29. Oktober 2012 - 1 A 156/11 -, juris Rn. 28; VG Augsburg, Beschluss vom 10. Juni 2008 - Au 5 S 08.519 -, juris Rn. 25).
Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügt die Zwangsgeldandrohung unter Ziffer 4 des Bescheides des Antragsgegners nicht. Denn unter dieser Ziffer wird ohne weitergehende Differenzierung „für den Fall der Nichtbefolgung der Verfügungen unter Nummer 1 (…) ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- angedroht“. Unter der Ziffer 1 des streitigen Bescheides hat der Antragsgegner die Anlegung eines Maulkorbes und die Anleinung des Hundes angeordnet. Eine Androhung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung mehrerer Verpflichtungen muss aber eindeutig erkennen lassen, ob sie sich auf Verstöße gegen jede einzelne Verpflichtung bezieht oder nur auf Verstöße gegen alle Verpflichtungen zugleich. Sie muss also sozusagen „pflichtenscharf“ ausgestaltet werden. Ansonsten genügt sie nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Entscheidend ist, dass eindeutig erkennbar sein muss, für welche Anordnungen welches Zwangsgeld angedroht ist. Hier ist schon nicht eindeutig, wie viele Zwangsgeldandrohungen vorliegen. Es sind mehrere Auslegungen denkbar. Einerseits, dass es sich um zwei voneinander unabhängige Zwangsgeldandrohungen handelt. Andererseits, dass es sich nur um eine Zwangsgeldandrohung handelt, also dass die Zwangsgeldandrohung bereits dann „verbraucht“ ist, wenn die Antragstellerin gegen eine (beliebige) der beiden unter Ziffer 1 des Bescheides angeordneten Pflichten verstößt. Denkbar ist aber auch, dass die Festsetzung des angedrohten Zwangsgeldes nur in Betracht kommen soll, wenn gegen alle in Ziffer 1 des Bescheides auferlegten Pflichten verstoßen wird (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 29. Oktober 2012 - 1 A 156/11 -, juris Rn. 28 f.; VG Augsburg, Beschluss vom 10. Juni 2008 - Au 5 S 08.519 -, juris Rn. 26 f.; vgl. auch Beschluss der Kammer vom 14. Oktober 2013 - 3 L 249/13 -, n.v.).
Hinsichtlich der unter Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheides verfügten Zwangsgeldandrohung kann offen bleiben, ob der Antragstellerin mit der unter Ziffer 2 des Bescheides getroffenen Anordnung eine einheitliche Pflicht auferlegt wurde oder ob es sich auch insoweit um mehrere Verpflichtungen (Mitteilung einer Aufgabe der Haltung des Hundes einerseits und Mitteilung des Namens und der Anschrift des Erwerbers anderseits) handelt. Denn diese Regelung genügt jedenfalls nicht den Anforderungen des § 28 Abs. 1 Satz 2 und 3 VwVGBbg. Danach ist dem Vollstreckungsschuldner „in der Androhung“ zur Erfüllung der Verpflichtung eine angemessene Frist zu bestimmen, wobei eine solche Frist nur dann nicht bestimmt zu werden braucht, wenn eine Duldung oder Unterlassung erzwungen werden soll. Ziffer 2 des Bescheides verlangt von der Antragstellerin ein aktives Tun im Falle der Abgabe ihres Hundes. Eine ausdrückliche Fristsetzung ist im Rahmen der Ziffer 5 des Bescheides und damit in der Androhung selbst nicht erfolgt. Soweit die Androhung auf Ziffer 2 des Bescheides Bezug nimmt und dort das Wort „unverzüglich“ enthalten ist, genügt dies nicht; denn eine Verpflichtung zu „unverzüglichem“ Handeln erfüllt mangels hinreichender Klarheit und Bestimmtheit die Anforderungen des § 28 Abs. 1 Satz 2 VwVGBbg nicht und kann daher nicht mit einer Zwangsgeldandrohung bewehrt werden (vgl. hierzu: Thüringer OVG, Beschluss vom 12. März 2008 - 3 EO 283/07 -, juris Rn. 18; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Januar 1995 - 10 S 3057/94 -, juris Leitsatz Nr. 2; Bayerischer VGH, Urteil vom 24. September 1985 - 20 B 85 A.17 -, juris Leitsatz Nr. 2).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Es entspricht vorliegend der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens ganz der Antragstellerin aufzuerlegen. Der Antragsgegner hat in der Sache im Wesentlichen obsiegt, da die ordnungsbehördlichen Anordnungen weiterhin sofort vollziehbar sind. Demgegenüber fällt das Unterliegen des Antragsgegners hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen nicht ins Gewicht, zumal die angedrohten Zwangsgelder bei der Bestimmung des Streitwertes außer Betracht bleiben (sh. hierzu sogleich).
Die Streitwertfestsetzung entspricht der Bedeutung der Sache für die Antragstellerin (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes). Die Kammer hat sich insofern an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit angelehnt (vgl. dort Nr. 1.5 und 35.2) und für das Vorgehen gegen die ordnungsbehördlichen Anordnungen den Auffangstreitwert von 5.000,00 Euro zugrunde gelegt. Wegen der Besonderheiten des lediglich auf vorläufigen Rechtschutz gerichteten Verfahrens ist dieser Streitwert zu halbieren. Die angedrohten Zwangsgelder bleiben gemäß Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Streitwertfestsetzung unberücksichtigt.
Rechtsmittelbelehrung: