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Altersrente; Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses; Weiterwirken des abgesenkten Zugangsfaktors für Entgeltpunkte; einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Rahmen des Besitzschutzes


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat Entscheidungsdatum 30.04.2010
Aktenzeichen L 8 R 764/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 64 SGB 6, § 88 Abs 1 S 2 SGB 6, § 89 Abs 1 SGB 6

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. März 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, die Höhe einer Altersrente nur vorläufig festzusetzen beziehungsweise eine höhere Altersrente zu gewähren.

Die Klägerin ist im Juni 1947 geboren worden. Die Beklagte bewilligte ihr durch Bescheid vom 29. September 1995 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab dem 21. April 1994 bis zum 31. März 1998 wegen Verschlossenheit des Teilzeit-Arbeitsmarktes (sogenannte „Arbeitsmarktrente“). Auf den Widerspruch der Klägerin berechnete die Beklagte durch Bescheid vom 30. Mai 1996 und dann nochmals durch Bescheid vom 12. Dezember 1996 den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente für den Zeitpunkt des Rentenbeginns neu, indem sie die zuletzt errechnete Summe der Entgeltpunkte von 38,0547 (statt vorher 36,6893 bzw. 37,9244) mit dem Zugangsfaktor von 1,0 (= 38,0547 „persönliche Entgeltpunkte“), dem Rentenartfaktor (1,0) und dem aktuellen Rentenwert bei Rentenbeginn vervielfältigte. Der Bescheid vom 12. Dezember 1996 wurde bestandskräftig.

Durch Bescheid vom 27. November 1997 bewilligte die Beklagte der Klägerin über den 31. März 1998 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit als Arbeitsmarktrente bis zum 31. März 2001, durch Bescheid vom 9. Februar 2001 über den 31. März 2001 hinaus bis zum 31. März 2004 wegen der Arbeitsmarktlage und begründeter Aussicht auf Beseitigung der medizinischen Leistungseinschränkungen und durch Bescheid vom 19. Januar 2004 allein wegen begründeter Aussicht auf Beseitigung der medizinischen Leistungseinschränkungen über den 31. März 2004 hinaus bis zum 31. März 2007. Den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente berechnete sie bei keiner der Weiterbewilligungen neu.

Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2005 beanspruchte die Klägerin unter Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) die Neufeststellung der Rentenhöhe ab dem 1. April 2001 und 1. April 2004 ausgehend von jeweils neuen Leistungsfällen. Die Beklagte errechnete daraufhin nach der Rechtslage am 1. April 2001 eine geringere Anzahl an persönlichen Entgeltpunkten als die, die der Rentengewährung bisher zugrunde lagen.

Für den Zeitraum 1. April 2004 bis 31. März 2007 berechnete die Beklagte die Rente durch Bescheid vom 23. Februar 2006 neu, indem sie die Summe der Entgeltpunkte von 39,3479, die sich nach dem am 1. April 2004 geltenden Recht ergab, zunächst um die Entgeltpunkte minderte, die bereits Grundlage der zuvor gezahlten Rente(n) waren (38,0547). Diese Entgeltpunkte vervielfältigte sie mit dem Zugangsfaktor von 1,0, so dass es insoweit bei dem Rangwert (Summe der persönlichen Entgeltpunkte) verblieb, der der bisherigen Rentengewährung zugrunde lag. Die bis dahin nicht berücksichtigten 1,2932 Entgeltpunkte vervielfältigte sie mit einem Zugangsfaktor von 0,892, was 1,1535 persönliche Entgeltpunkte ergab. Die Summe der beiden Rechenoperationen (39,2082) vervielfältigte sie dann wiederum mit dem Rentenartfaktor (1,0) und dem aktuellen Rentenwert am 1. April 2004. Den Zugangsfaktor von 0,892 errechnete sie, indem sie den ungekürzten Wert hierfür von 1,0 um 0,003 für jeden Kalendermonat nach dem 30. Juni 2007 bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres (Juni 2010), somit insgesamt um 0,057 minderte. Der Bescheid vom 23. Februar 2006 wurde bestandskräftig.

Im Juni 2006 beantragte die Klägerin die „Korrektur“ des Bescheides vom 23. Februar 2006. Die ab 1. April 2004 zusätzlich zu berücksichtigenden persönlichen Entgeltpunkte seien ebenfalls mit einem Zugangsfaktor von 1,0 zu ermitteln. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 13. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2007 ab. Dem Urteil des BSG vom 16. Mai 2006 – B 4 RA 22/05 R, SozR 4-2600 § 77 Nr. 3, welches die Auffassung der Klägerin stütze, folgten die Rentenversicherungsträger nicht. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist (Az. S 32 R 8367/07).

Unterdessen hatte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 10. Januar 2007 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit auch für den Zeitraum 1. April 2007 bis 31. März 2010 bewilligt. Hinsichtlich der Rentenhöhe wurde bestimmt, dass die Rente vorläufig in Höhe der bisherigen Rente geleistet werde, da die Rechtsprechung des BSG zur Neufeststellung der Rentenhöhe bei Zeitrenten technisch noch nicht umgesetzt werden könne. Auf den Widerspruch der Klägerin, mit dem sie sich gegen die Befristung der Rente wandte, änderte die Beklagte den Bescheid vom 10. Januar 2007 durch Bescheid vom 15. März 2007 dahin, dass Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. April 2007 auf Dauer, längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bewilligt wurde.

Auf den im Januar 2007 gestellten Antrag hin hatte die Beklagte der Klägerin ferner durch Bescheid vom 22. Mai 2007 ab dem 1. Juli 2007 Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt. Für den Zeitpunkt des Rentenbeginns errechnete sie 36,3344 Entgeltpunkte. Die persönlichen Entgeltpunkte ermittelte sie, indem sie die Zahl der Entgeltpunkte mit dem Zugangsfaktor 1,0 vervielfältigte. Statt dieses Rangwertes zog die Beklagte zur Berechnung des monatlichen Höchstwertes des Rechts auf Rente die 39,2082 persönlichen Entgeltpunkte heran, welche sie in dem Bescheid vom 23. Februar 2006 errechnet hatte.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Beklagte zu Unrecht eine endgültige Entscheidung (auch) über die Rentenhöhe getroffen habe. Dies verstoße gegen das rechtsstaatliche Verbot des vorzeitigen Abschlusses eines Verwaltungsverfahrens, weil über den „Korrekturantrag“ vom Juni 2006 noch keine Entscheidung vorliege. Sollte sich dieser Antrag als begründet erweisen, ergäbe sich ein höherer Zahlbetrag der Altersrente. Der Bescheid sei hinsichtlich der Rentenhöhe für vorläufig zu erklären.

Durch Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Rechtsprechung zum Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses könne auf den vorliegenden Fall nicht uneingeschränkt übertragen werden. Die Höhe der Altersrente habe aus dem Versicherungskonto ohne Zweifel ermittelt werden können. Der Ausgang des Überprüfungsverfahrens betreffend den Zugangsfaktor für die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei äußerst vage. Mit einer Nebenbestimmung dürften Verwaltungsakte, auf die ein Anspruch bestehe, nur ausnahmsweise versehen werden. Das von der Beklagten insoweit ausgeübte Ermessen sei grundsätzlich nicht überprüfbar. Die Altersrente sei im übrigen von Amts neu zu berechnen, falls sich aufgrund des Überprüfungsverfahrens höhere besitzgeschützte Entgeltpunkte ergäben.

Mit der Klage hat die Klägerin weiterhin das Begehren verfolgt, den Bescheid vom 22. Mai 2007 hinsichtlich der Rentenhöhe für vorläufig zu erklären. Entgegen der Auffassung der Beklagten verstoße die endgültige Festsetzung der Rentenhöhe gegen das Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses. Ihr sei nicht zuzumuten, einen möglicherweise rechtswidrigen Bescheid bindend werden zu lassen, zumal eine spätere Korrektur des Altersrentenbescheides zu Anspruchsverlusten führen könne. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass ihr ab 1. Juli „2006“ eine Altersrente auf der Grundlage von 39,3479 persönlichen Entgeltpunkten zu gewähren sei. Gemäß dem Urteil des BSG vom 16. Mai 2006 sei für sämtliche von der Beklagten für die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ermittelten Entgeltpunkte ein Zugangsfaktor von 1,0 anzusetzen. Die Auslegung des BSG entspreche dem Wortlaut des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers. Sie sei auch verfassungsrechtlich geboten.

Durch Urteil vom 6. März 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Sie sei hinsichtlich des Hilfsantrages unzulässig. Die Klägerin begehre insoweit die Zahl an Entgeltpunkten, welche die Beklagte in dem Bescheid vom 23. Februar 2006 ermittelt habe, unter abweichender Anwendung eines Zugangsfaktors von 1,0000. Dieser Bescheid sei aber Gegenstand eines eigenständigen Überprüfungsverfahrens. In dem hier angefochtenen Bescheid sei über die Berechnung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht entschieden worden. Betreffend den Hauptantrag sei die Klage unbegründet. Die Voraussetzungen für eine nur vorläufige Rentenwertfestsetzung lägen nicht vor. Die Rentenhöhe habe bei Erlass des angefochtenen Bescheides festgestanden. Das gegen den Bescheid vom 23. Februar 2006 gerichtete Überprüfungsverfahren führe gerade nicht dazu, dass der überprüfte Bescheid wieder offen sei. Bei dem Antrag auf Überprüfung handle es sich nicht um einen den Eintritt der Bestandskraft hindernden Rechtsbehelf.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch hinsichtlich des Hilfsantrags weiter. Sie beantragt der Sache nach,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. März 2008 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2007 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die Festsetzung des monatlichen Höchstwertes des Rechts auf Altersrente ab 1. Juli 2007 für vorläufig zu erklären, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 1. Juli 2007 Altersrente für schwerbehinderte Menschen auf der Grundlage von 39,3479 persönlichen Entgeltpunkten zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend.

Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Die Berufung ist sowohl hinsichtlich des Hauptantrages als auch hinsichtlich des Hilfsantrages unbegründet.

Für eine Verpflichtung der Beklagten, (jedenfalls) den Verfügungssatz des Bescheides vom 22. Mai 2007 betreffend die Höhe der (durch die weiteren Verfügungssätze des Bescheides zuerkannten) Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. Juli 2007 (die Angabe „2006“ in manchen Schriftsätzen des Bevollmächtigten der Klägerin stellt sich als offenkundiger Schreibfehler dar) nicht „endgültig“, sondern lediglich „vorläufig“ zu erlassen, gibt es keine Rechtsgrundlage.

Die Beklagte ist zu einer endgültigen, gerichtlich nach Maßgabe des § 88 SGG durchsetzbaren Entscheidung über eine beantragte Leistung verpflichtet, sobald die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist und die Rentenhöhe feststeht; (nur) dann, wenn der für den Rentenanspruch maßgebliche Sachverhalt noch nicht geklärt ist, ist sie aufgrund des verfahrensrechtlichen „Verbotes des vorzeitigen Verfahrensabschlusses“ unter Umständen lediglich berechtigt, eine einstweilige Regelung zu treffen (s. BSG SozR 3-1300 § 32 Nr. 2). Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen für den Erlass eines „endgültigen“ Rentenbescheides erfüllt.

Die Höhe der der Klägerin ab 1. Juli 2007 zu zahlenden Rentenleistung kann sich unter folgenden rechtlichen Gesichtspunkten ergeben:

- Der Berechnung des monatlichen Höchstwertes des Rechts auf Altersrente nach der bei Rentenbeginn bestehenden Rechtslage durch Anwendung der sogenannten Rentenformel, das heißt der Multiplikation der unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (§ 77 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]) ermittelten persönlichen Entgeltpunkte (§ 66 SGB VI) mit dem Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und dem maßgeblichen aktuellen Rentenwert (§§ 63 Abs. 6, 64 SGB VI), oder
- der Berechnung des monatlichen Höchstwertes des Rechts auf Altersrente auf der Grundlage der persönlichen Entgeltpunkte, die einer zuvor bezogenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zugrunde lagen (§ 88 Abs. 1 Satz 2 SGB VI), oder
- dem Vergleich der Rentenhöhe der Altersrente für schwerbehinderte Menschen und der für den gleichen Zeitraum zuerkannten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (§ 89 Abs. 1 SGB VI).

Es wird von den Beteiligten nicht in Frage gestellt und stellt sich auch für das Gericht so dar, dass die Beklagte den „Rangwert“ und damit die Höhe der Altersrente für schwerbehinderte Menschen auf der Grundlage des im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 1. Juli 2007 geltenden Rechts nach der „Rentenformel“ sachlich und rechnerisch richtig ermittelt hat. Insoweit war die Sach- und Rechtslage für den Erlass eines „endgültigen“ Rentenbescheides folglich geklärt.

Ob die Anwendung des § 88 Abs. 1 Satz 2 SGB VI die des § 89 Abs. 1 SGB VI ausschließt, kann dahingestellt bleiben (s. hierzu BSG SozR 3-2600 § 101 Nr. 2 und § 307a Nr. 8). Denn selbst wenn beide Vorschriften zugleich anwendbar wären, wäre der für die Zuerkennung des streitigen Rentenanspruchs auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen maßgebliche Sachverhalt auch bezüglich der Rentenhöhe geklärt. § 89 Abs. 1 SGB VI kann einer endgültigen Bescheidung schon deshalb nicht entgegenstehen, weil eine Anspruchskonkurrenz zwischen zwei Renten gerade deren „endgültige“ Feststellung voraussetzt. Die etwaige rückwirkende Neufeststellung eines der konkurrierenden Ansprüche stellt mit anderen Worten nicht den Verfügungssatz zur „Rentenhöhe“ des anderen Anspruchs in Frage. Die Beklagte ist lediglich verpflichtet, den ohnehin anzustellenden Günstigkeitsvergleich (s. dazu u. a. BSG SozR 3-2600 § 307a Nr. 8) anhand der geänderten Grunddaten erneut vorzunehmen.

Kein ungeklärter Sachverhalt besteht schließlich insoweit, als die Höhe der Altersrente durch den Umfang des nach § 88 Abs. 1 Satz 2 SGB VI besitzgeschützten Bestandes an persönlichen Entgeltpunkten beeinflusst werden kann. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, kann sich der von der Klägerin geltend gemachte Rangwert von 39,3479 persönlichen Entgeltpunkten lediglich aus dem Bescheid vom 23. Februar 2006 ergeben. Dieser Bescheid ist aber bestandskräftig geworden und kann damit einer weiteren „endgültigen“ Verwaltungsentscheidung wie der hier streitigen zugrunde gelegt werden. Daran ändert sich nichts durch das noch nicht abgeschlossene Zugunstenverfahren gemäß § 44 SGB X, in dem die Klägerin die Anwendung eines Zugangsfaktors von 1,0 auch für die Entgeltpunkte anstrebt, die sich lediglich aufgrund der „Neufeststellung“ des Rangwerts zum 1. April 2004 ergeben haben (s. in diesem Zusammenhang das Urteil des Senats vom 4. November 2009 – L 8 R 264/09). Durch die Einleitung eines Verfahrens nach § 44 SGB X wird nicht die einmal eingetretene Bestandskraft eines Bescheides rückwirkend wieder aufgehoben. Lediglich dann, wenn das Verfahren erfolgreich beendet wird, wird die Bestandskraft des „überprüften“ Bescheides durch dessen (teilweise) Rücknahme tatsächlich durchbrochen (s. zur Maßgeblichkeit der Bestandskraft für die Anwendung des Verbots des vorzeitigen Verfahrensabschlusses BSG SozR 3-8570 § 14 Nr. 1 und Urteil vom 14. Mai 1996 – 4 RA 95/04).

Sind demnach die Voraussetzungen für eine nur vorläufige Gewährung von Leistungen nicht erfüllt, kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte dann, wenn die Rentenhöhe noch nicht endgültig festgestellt werden kann, bereits „endgültig“ eine Entscheidung über Rentenart, -beginn und -dauer treffen darf (s. dazu BSG SozR 1200 § 42 Nr. 4).

Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichts zwar zulässig, aber unbegründet. Für die Gewährung einer Altersrente auf der Grundlage des von ihr geltend gemachten „Rangwertes“ gibt es keine materielle Rechtsgrundlage. Ein monatlicher Höchstwert des Rechts auf Altersrente in dem geltend gemachten Umfang kann sich, wie bereits ausgeführt, nur durch Anwendung des § 88 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ergeben. Dies führt jedoch lediglich dazu, dass der bestandskräftig festgestellte Rangwert aus dem Bescheid vom 23. Februar 2006 die Höhe der Altersrente bestimmt. Ob dieser Rangwert zutreffend errechnet worden ist, ist im Rahmen des Verfahrens zur Feststellung der Rentenhöhe des neuen Rentenanspruchs nicht zu überprüfen; die frühere Festlegung entfaltet Tatbestandswirkung (s. etwa BSG SozR 3-2600 § 89 Nr. 2 und 4-2600 § 88 Nr. 1; zum – hier angesichts des Gesagten nicht entscheidungserheblichen – Problem des „Zugangsfaktors“ bei Renten wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit im allgemeinen und zur Verfassungsmäßigkeit in den Fällen, in denen sich, wie hier, bei einer Renten-Neufeststellung zusätzlich Entgeltpunkte ergeben, ohne dass die Versicherte in der Zwischenzeit weitere Vorleistungen in die gesetzliche Rentenversicherung erbracht hat, s. das Urteil des Senats vom 4. November 2009 – L 8 R 264/09).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Beklagten waren Kosten auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Veranlassung aufzuerlegen, wie das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt hat.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.