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Abgeordneter, Versorgungsempfänger, Deutscher Bundestag, Zuschuss, Bemessungsgrundlage, Krankenversicherungsbeitrag, gesetzliche Krankenversicherung, freiwillig gesetzlich versichert, Rentner


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg Der 3. Senat Entscheidungsdatum 26.11.2024
Aktenzeichen 3 B 75/23 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:1126.3B75.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 27 Abs. 2 AbgG

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin ab dem 1. Januar 2021 einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des aus eigenen Mitteln geleisteten Krankenversicherungsbeitrages unter Berücksichtigung des Zuschusses der Rentenversicherung zu gewähren.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe eines Zuschusses zu den Krankenversicherungsbeiträgen der Klägerin nach den Vorschriften des Abgeordnetengesetzes.

Die Klägerin erhält als ehemaliges Mitglied des Deutschen Bundestages seit dem 1. Dezember 2013 eine Altersentschädigung. Daneben bezieht sie aufgrund einer früheren Mitgliedschaft im Landtag seit dem 1. November 2013 Versorgungsbezüge des Landes Rheinland-Pfalz. Schließlich erhält sie seit dem 1. Januar 2021 eine Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung, die seitdem auch einen Zuschuss zur Krankenversicherung gewährt. Die Klägerin ist freiwillig gesetzlich krankenversichert.

Nach dem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag entschied sich die Klägerin gemäß § 27 Abs. 4 AbgG für einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen nach § 27 Abs. 2 AbgG. Der Bundestag bewilligte ihr mit Bescheid vom 27. März 2014 einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des Krankenversicherungsbeitrages, ohne weitere Versorgungseinkünfte der Klägerin zu berücksichtigen. Nach Inkrafttreten des Dreißigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Dreiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes vom 11. Juli 2014 setzte er mit weiterem Bescheid vom 28. Juli 2014 den Zuschuss neu fest, erneut ohne weitere Versorgungseinkünfte der Klägerin zu berücksichtigen.

Im Dezember 2020 informierte der Bundestag die Klägerin darüber, dass ab dem 1. Januar 2021 nur noch Krankenversicherungsbeiträge bezuschusst werden könnten, die auf die Versorgungsleistungen des Bundestages erhoben würden. Da ihre Krankenkasse auf die Versorgungsbezüge des Bundestages keine Beiträge erhebe, könne kein Zuschuss mehr gezahlt werden. Die Klägerin reichte darauf zwei Schreiben ihrer Krankenkasse vom 17. Mai 2021 und vom 28. Mai 2021 ein, nach denen diese zur Berechnung der Beiträge zunächst die gesetzliche Rente, sodann die Versorgungsbezüge des Landtags und in Höhe der verbleibenden Differenz bis zur Beitragsbemessungsgrenze die Versorgungsbezüge des Bundestages berücksichtigt habe.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2021 setzte der Bundestag den Zuschuss ab dem 1. Januar 2021 auf 121,49 Euro fest.

Auf die von der Klägerin hiergegen am 14. Juli 2021 erhobene Klage verurteilte das Verwaltungsgericht die Beklagte mit Urteil vom 8. September 2021 dazu, der Klägerin ab dem 1. Januar 2021 einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des aus eigenen Mitteln geleisteten Krankenversicherungsbeitrages unter Berücksichtigung des Zuschusses der Rentenversicherung zu zahlen, und hob den Bescheid des Deutschen Bundestages vom 16. Juni 2021 auf, soweit er dem entgegenstehe. Dies begründete es im Wesentlichen damit, dass der Wortlaut des § 27 Abs. 3 Satz 2 AbgG für die von der Beklagten vertretene Auslegung nichts hergebe. Der Zusatz, nach dem der Zuschuss in Anlehnung an § 249 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu zahlen sei, führe nicht zu einer Begrenzung des Zuschusses. Damit habe nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/477, S. 13) lediglich bestimmt werden sollen, dass nicht auch der Zusatzbeitrag von 0,9 Beitragssatzpunkten hälftig bezuschusst werde. Der Zuschuss sei seit seiner Einführung als pauschale Leistung konzipiert gewesen. Wenn eine Systemumstellung zu einer individuellen, von der Beitragsberechnung und dessen Aufschlüsselung abhängigen Bezuschussung gewollt gewesen wäre, die im Einzelfall zu einer erheblichen Reduzierung oder zu einem Wegfall des Zuschusses führen könne, hätte dies aus dem Wortlaut oder der Gesetzesbegründung hervorgehen müssen. Gegen einen solchen Systemwechsel spreche auch, dass es dann zu einem erheblichen Auseinanderfallen des Zuschusses nach § 27 Abs. 1 AbgG und des Zuschusses nach § 27 Abs. 2 AbgG kommen könne. Da Versorgungsempfänger gemäß § 27 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 AbgG an die Wahl des Zuschusses nach § 27 Abs. 2 AbgG gebunden seien, hätte es aus Gründen des Vertrauensschutzes nahe gelegen, eine Übergangsregelung zu treffen, wenn tatsächlich eine über die Gesetzesbegründung hinausgehende Begrenzung der Zuschusshöhe beabsichtigt gewesen wäre. Zwar habe die Beklagte danach auch Beiträge zu bezuschussen, die aufgrund der Versorgung des Landes entstünden. Wenn sie dies vermeiden wolle, müsse sie auf eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen durch den Gesetzgeber hinwirken oder entsprechende Vereinbarungen über einen Ausgleich mit den Ländern treffen.

Die Beklagte trägt zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung vor, der Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG stütze eine nur anteilige Bezuschussung, da mit der Anlehnung an § 249 SGB V eine Übernahme der dortigen Strukturprinzipien gemeint sei. Aus der Gesetzesbegründung werde deutlich, dass beabsichtigt gewesen sei, den Zusatzbeitrag im Gleichlauf zu allen anderen gesetzlich Krankenversicherten allein von den Abgeordneten tragen zu lassen. Wenn der Gesetzgeber bereits hinsichtlich dieses Teils des Zuschusses eine Besserstellung von Abgeordneten habe vermeiden wollen, müsse dies auch für den gesamten Zuschuss gelten. Dass die Beihilfeansprüche nach § 27 Abs. 1 AbgG und der Zuschuss nach § 27 Abs. 2 AbgG bei einer anteiligen Zuschussgewährung auseinander fielen, sei wegen der von vornherein bestehenden systematischen Unterschiede nicht zu beanstanden. Besondere Übergangsregelungen oder Härtefallklauseln seien nicht erforderlich gewesen. Der Gesetzgeber habe mit § 27 AbgG hinsichtlich der Absicherung der Abgeordneten auf bereits bestehende Absicherungssysteme abstellen wollen. Wie aus den Anrechnungsregelungen des § 27 Abs. 2 AbgG hervorgehe, vermeide die gesetzliche Regelung eine Besserstellung von Abgeordneten. Eine Bezuschussung des gesamten Krankenversicherungsbeitrags unabhängig von der Einkommensquelle stehe diesem Anliegen diametral entgegen, da sie zu einer Besserstellung von Abgeordneten gegenüber jeder anderen Gruppe von Krankenversicherten führte. Im Sozialversicherungsrecht sei eine solche vollständige Bezuschussung nicht nur nach § 249 SGB V fremd; entsprechendes gelte vielmehr auch für freiwillig gesetzlich Versicherte und für in der privaten Krankenversicherung Versicherte, die Anspruch auf einen Beitragszuschuss hätten (§ 257 Abs. 1 und 2 SGB V). Auch das Zusammenspiel verschiedener Zuschusssysteme auf Bundes- und Landesebene lege eine nur anteilige Zuschussgewährung nahe. Die gesetzlichen Vorgaben sähen keinerlei Anrechnungen bzw. Nachrangigkeit der Ansprüche vor. Im vorliegenden Einzelfall werde das Problem einer möglichen Doppelbezuschussung dadurch vermieden, dass das Land seinen Zuschuss als nachrangig gegenüber dem Bundeszuschuss betrachte. Dies lasse sich jedoch nicht aus den rechtlichen Vorgaben entnehmen, sondern stelle allenfalls eine pragmatische Behelfslösung dar.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. September 2023 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

Die Klage ist mit der Maßgabe begründet, dass anstelle der vom Verwaltungsgericht ausgesprochenen Verurteilung zur Zahlung eines Zuschusses die Verpflichtung der Beklagten auszusprechen ist, der Klägerin ab dem 1. Januar 2021 einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des aus eigenen Mitteln geleisteten Krankenversicherungsbeitrages unter Berücksichtigung des Zuschusses der Rentenversicherung zu gewähren (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Anders als bei Dienstbezügen, die regelmäßig ohne vorhergehenden Festsetzungs- oder Bewilligungsbescheid unmittelbar auf der Grundlage der besoldungsrechtlichen Vorschriften gezahlt werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Juni 2015 – OVG 6 B 11.15 – juris Rn. 12; BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2008 – 2 B 72.07 – juris Rn. 6), ergeben sich der von der Klägerin zu beanspruchende Zuschuss und dessen Höhe nicht unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung (§ 27 Abs. 2 AbgG). Es bedarf vielmehr einer gesonderten Feststellung der Voraussetzungen sowie der für die Höhe des Zuschusses maßgebenden Umstände, die nicht ohne weiteres aus der gesetzlichen Regelung ablesbar sind. Statthaft ist deshalb nicht eine allgemeine Leistungsklage, sondern eine Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO). Dies ändert nichts an der Zulässigkeit der Klage, weil der erstinstanzlich aufgenommene Antrag sachdienlich in einen Verpflichtungsantrag umgedeutet werden kann (§ 88 VwGO), führt aber zur Änderung des Sachausspruchs im Sinne eines Verpflichtungsurteils.

Wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, kann die Klägerin den Zuschuss gemäß § 27 Abs. 2 AbgG in der Höhe der Hälfte des aus eigenen Mitteln geleisteten Krankenversicherungsbetrags beanspruchen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht deshalb auch den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2021 aufgehoben, soweit der Beklagte damit eine Zuschussgewährung für den nicht aus Versorgungsbezügen des Deutschen Bundestags errechneten Teil des Krankenversicherungsbeitrags versagt und den Zuschuss entsprechend niedriger festgesetzt hat.

Nach § 27 AbgG erhalten Versorgungsempfänger des Deutschen Bundestages ebenso wie aktive Mitglieder neben ihren Bezügen (vgl. § 11 bzw. § 19 AbgG) Leistungen für Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen, und zwar entweder als Zuschuss zu den notwendigen Kosten nach den Grundsätzen des beamtenrechtlichen Beihilferechts (vgl. § 27 Abs. 1 AbgG) oder als Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen (vgl. § 27 Abs. 2 AbgG). Nach § 27 Abs. 4 Satz 2 AbgG müssen Versorgungsempfänger innerhalb von vier Monaten nach Bekanntgabe des Versorgungsbescheides dem Präsidenten des Bundestages mitteilen, ob sie Leistungen nach Absatz 1 oder Absatz 2 in Anspruch nehmen wollen, und bleiben an diese Entscheidung gebunden. Voraussetzung für den Zuschuss nach § 27 Abs. 2 AbgG ist, dass der Arbeitgeber keine Beiträge nach §  249 SGB V zahlt oder kein Anspruch auf einen Beitragszuschuss des Arbeitgebers nach § 257 SGB V besteht (§ 27 Abs. 2 Satz 1 AbgG). Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen und entweder den darauf entfallenden Krankenversicherungsbeitrag nach § 249a SGB V nur zur Hälfte tragen oder gemäß § 106 SGB VI einen Beitragszuschuss beziehen, erhalten für diesen rentenbezogenen Krankenversicherungsbeitrag keinen Zuschuss (§ 27 Abs. 2 Satz 2 AbgG). Zur Höhe des Zuschusses bestimmt § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG, dass als Zuschuss die Hälfte des aus eigenen Mitteln geleisteten Krankenversicherungsbeitrages in Anlehnung an § 249 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu zahlen ist.

Entgegen der von der Beklagten vorgenommenen Auslegung rechtfertigt es § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG im Hinblick auf die Höhe des Zuschusses nicht, den Zuschuss allein auf der Grundlage derjenigen Krankenversicherungsbeiträge zu berechnen, die von den gesetzlichen Krankenkassen auf die Versorgungsleistungen des Bundestages erhoben werden. Der Beklagte stellt mit ihrer ab dem 1. Januar 2021 geänderten Verwaltungspraxis darauf ab, ob die Versorgungsbezüge bei der Beitragsbemessung durch die Krankenkasse zugrunde gelegt wurden. Welche Arten von Einnahmen der Beitragsberechnung zugrunde zu legen und in welcher Reihenfolge sie zu berücksichtigen sind, ist für freiwillig versicherte Rentner – wie seit dem 1. Januar 2021 die Klägerin – in § 238a SGB V geregelt. Danach werden nacheinander der Zahlbetrag der Rente, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, das Arbeitseinkommen und die sonstigen Einnahmen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds bestimmen, zugrunde gelegt. Nach den Mitteilungen der Krankenkasse der Klägerin wurden nach der Rente, weil für die Reihenfolge der Versorgungsbezüge jeweils der Beginn der Zahlung maßgeblich sei, zunächst die Versorgungsbezüge des Landtags und erst an dritter Stelle der Differenzbetrag der Versorgungsbezüge des Bundestages bis zur Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt. Die Beklagte hat deshalb den Zuschuss allein aus dem Anteil des Krankenversicherungsbeitrags errechnet, der auf den bei der Beitragsbemessung berücksichtigten Versorgungsbezügen des Bundestages beruht.

Eine derartige Beschränkung der für den Zuschuss maßgeblichen Bemessungsgrundlage lässt sich jedoch weder aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG noch aus den maßgeblichen Gesetzesmaterialien ableiten. Auch teleologische oder systematische Erwägungen können die Auslegung im Sinne der Beklagten nicht tragen.

Der Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG ergibt zunächst, dass als Zuschuss die Hälfte „des von dem Versorgungsempfänger aus eigenen Mitteln geleisteten Krankenversicherungsbeitrages“ zu zahlen ist. Daraus lässt sich kein Anhaltspunkt für die von der Beklagten angenommene Begrenzung auf eine bestimmte Bemessungsgrundlage für den Zuschuss ableiten. Auch aus den mit Wirkung vom 16. Juli 2014 eingefügten Worten „in Anlehnung an § 249 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch“ ergibt sich dies jedenfalls nicht bestimmt genug. Der Ausdruck „in Anlehnung an“ bedeutet zwar, dass sich die Bemessung des Zuschusses an § 249 SGB V orientieren soll. Damit wird jedoch nicht klar genug bestimmt, welcher konkrete Regelungsinhalt des § 249 SGB V maßgeblich sein soll.

Dies wird allerdings aus der Begründung des Gesetzentwurfs des Dreißigsten Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Dreiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes vom 11. Juli 2014 (BGBl. I S. 906) deutlich, mit dem die Worte „in Anlehnung an § 249 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch“ eingefügt wurden. Dort ist (zu Art. 1 Nr. 7 Buchst. a des Gesetzes) ausgeführt (BT-Drs. 18/477, S. 13):

„Gemäß § 249 Absatz 1 Satz 1 SGB V trägt bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge des Mitglieds aus dem Arbeitsentgelt nach dem um 0,9 Beitragssatzpunkte verminderten allgemeinen oder ermäßigten Beitragssatz; im Übrigen tragen die Beschäftigten die Beiträge. Die Änderung trägt dem Umstand Rechnung, dass bislang die Hälfte des Zusatzbeitrages von 0,9 Prozent bezuschusst und nicht allein vom Mitglied des Deutschen Bundestages getragen wird und folgt der Systematik des § 27 AbgG, der in seinem Absatz 2 Satz 1 ebenfalls auf das SGB V Bezug nimmt.“

Dies bezog sich auf die damals (vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2014) geltende Fassung des § 249 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Sie lautete:

„Bei versicherungspflichtig Beschäftigten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 13 trägt der Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge des Mitglieds aus dem Arbeitsentgelt nach dem um 0,9 Beitragssatzpunkte verminderten allgemeinen Beitragssatz; im Übrigen tragen die Beschäftigten die Beiträge.“

Das SGB V sah damit eine partielle Ausnahme von dem inzwischen wieder ausnahmslos geltenden Grundsatz der paritätischen Beitragstragung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor, indem ein aus 0,9 Beitragssatzpunkten bemessener Anteil des Krankenversicherungsbeitrags allein von dem versicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer zu tragen war. Nach der Gesetzesbegründung zur Änderung des Abgeordnetengesetzes sollte dieser – in der Gesetzesbegründung als „Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent“ bezeichnete – Anteil des Krankenversicherungsbeitrags künftig von der (hälftigen) Bezuschussung der Krankenversicherungsbeiträge der Abgeordneten und Versorgungsempfänger des Bundestages ausgenommen werden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der Bezugnahme auf § 249 SGB V in § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG auch nach dem objektiven Regelungsgehalt der Vorschrift keine weitergehende Bedeutung zu, die über die nach der Gesetzesbegründung gewollte Herausnahme des nach 0,9 Beitragssatzpunkten bemessenen Beitragsanteils aus der Berechnung des Zuschusses hinausgeht. Die Beklagte argumentiert insbesondere damit, dass § 27 Abs. 2 AbgG in Absatz 1 ebenfalls auf das SGB V Bezug nehme und dass der Gesetzgeber mit der Einfügung der Worte „in Anlehnung an § 249 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch“ eine Gleichstellung von Abgeordneten und Versorgungsempfängern des Deutschen Bundestages mit gesetzlich Versicherten beabsichtigt habe. Diese teils systematischen, teils teleologischen Erwägungen tragen die von der Beklagten vorgenommene Auslegung der Vorschrift jedoch nicht, weil die Gesetzesänderung nach ihrer Interpretation gegenüber der bisherigen Fassung der Vorschrift eine so grundlegende Änderung bedeuten würde, dass dies, wenn nicht im Wortlaut, so doch jedenfalls in der Gesetzesbegründung hätte zum Ausdruck kommen müssen.

Dabei muss berücksichtigt werden, dass § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG in der bis zum 15. Juli 2014 geltenden Fassung, die allein die Aussage enthielt, dass als Zuschuss die Hälfte des aus eigenen Mitteln geleisteten Krankenversicherungsbeitrages zu zahlen sei, den Zuschuss als eine pauschale Leistung bestimmte, für die es allein darauf ankam, welchen Krankenversicherungsbeitrag der Abgeordnete oder Versorgungsempfänger aus eigenen Mitteln geleistet hatte, nicht aber darauf, welche Einkünfte von der Krankenkasse für die Beitragsbemessung zu berücksichtigen waren oder berücksichtigt wurden. Hieran gemessen hätte die Ergänzung des § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG im Jahre 2014 nach der Auslegung der Beklagten, was auch das Verwaltungsgericht zu Recht zugrunde gelegt hat, gleichsam einen „Systemwechsel“ bedeutet, indem das bisherige System eines pauschalen Zuschusses durch ein individuelles, von der Beitragsberechnung und dessen Aufschlüsselung im Einzelfall abhängiges System abgelöst worden wäre. Für eine so weitreichende Änderung bietet jedoch, wie schon ausgeführt, der Wortlaut der geänderten Vorschrift keine hinreichende Grundlage. Einem solchen Verständnis widerstreitet auch die Gesetzesbegründung, denn dann wäre anstelle der lediglich auf den „Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent“ bezogenen Erläuterung des Verweises auf § 249 SGB V eine Erklärung dafür zu erwarten gewesen, warum es nunmehr darauf ankommen sollte, auf welchem Einkommen die Berechnung des Krankenversicherungsbeitrags beruht. Dass schon nach der bisherigen Rechtslage hierauf hätte abgestellt werden müssen, macht auch die Beklagte nicht geltend. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vielmehr erklärt, die Änderung ihrer Praxis ergebe sich allein aus der Gesetzesänderung im Jahre 2014, während sie es für rechtmäßig halte, dass sie den Zuschuss zuvor unabhängig davon gewährt habe, auf welches Einkommen er sich bezog.

Gegen die von der Beklagten favorisierte Auslegung spricht auch, dass dann im Hinblick auf den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes die Schaffung einer Übergangsvorschrift mehr als nahe gelegen hätte. Wie bereits erwähnt, bleiben Versorgungsempfänger, die sich wie der Kläger nach Bekanntgabe des Versorgungsbescheides für einen Zuschuss gemäß § 27 Abs. 2 AbgG entschieden haben, daran gebunden (vgl. § 27 Abs. 4 Satz 2 AbgG). Deshalb ist jedenfalls das Vertrauen, dass die Zuschussregelung nach § 27 Abs. 2 AbgG nicht im Nachhinein deutlich nachteilig im Vergleich zu § 27 Abs. 1 AbgG ausgestaltet wird, schutzwürdig. In dieses Vertrauen hätte aber die Gesetzesänderung im Jahre 2014, versteht man sie im Sinne der Beklagten, eingegriffen, so dass eine Übergangsregelung – etwa dahingehend, dass den betroffenen Versorgungsempfängern die Möglichkeit eingeräumt wird, die Entscheidung nach § 27 Abs. 4 AbgG nochmals zu ändern – geboten oder jedenfalls zu erwägen gewesen wäre. Hierzu verhält sich die Gesetzesbegründung jedoch nicht.

Die von der Beklagten vertretene Auslegung lässt sich auch nicht mit dem Argument rechtfertigen, es sei Sinn und Zweck der Gesetzesänderung gewesen, Abgeordnete und Versorgungsempfänger des Deutschen Bundestages gesetzlich Krankenversicherten gleichzustellen. Zwar war eine Gleichstellung hinsichtlich des von den versicherungspflichtig Beschäftigten nach § 249 Abs. 1 Satz 1 SGB V allein zu tragenden Beitragsanteils von 0,9 Prozentpunkten beabsichtigt, der nunmehr auch für Abgeordnete und Versorgungsempfänger von der Bezuschussung ausgenommen werden sollte. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass der Zuschuss darüber hinaus - aus Gründen der Gleichstellung - nur noch für solche Teile des Krankenversicherungsbeitrags geleistet werden sollte, die auf Versorgungsleistungen des Bundestages erhoben werden.

Ebenso wenig lässt sich aus dem Gesamtzusammenhang der in § 27 Abs. 2 AbgG getroffenen Regelungen schließen, es seien die Strukturprinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung mit der Folge übernommen worden, dass als Bemessungsgrundlage des (hälftigen) Zuschusses nur derjenige Beitragsanteil heranzuziehen ist, der auf die Abgeordneten- oder Versorgungsbezüge erhoben wird. Wie bereits ausgeführt, rechtfertigt § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG für sich genommen kein solches Verständnis. Auch die Bezugnahme in § 27 Abs. 2 Satz 1 AbgG auf § 249 SGB V und § 257 SGB V hat eine andere Bedeutung. Danach setzt die Zuschussgewährung voraus, dass der Arbeitgeber keine Beiträge nach § 249 SGB V zahlt bzw. kein Anspruch auf einen Beitragszuschuss nach § 257 SGB V besteht. Dahinter steht die Erwägung, dass Abgeordnete und Versorgungsempfänger, die schon von ihrem Arbeitgeber um die Hälfte des Beitrags entlastet werden, keinen Zuschuss nach § 27 Abs. 2 AbgG als Fürsorgeleistung benötigen. Damit verhält sich die Regelung aber nicht zu der hier aufgeworfenen Frage, ob ein von dem Versorgungsempfänger aus eigenen Mitteln zu tragender Krankenversicherungsbeitrag der Zuschussbemessung deshalb nicht zugrunde zu legen ist, weil er nach den für die Beitragsbemessung maßgeblichen Vorschriften aus vorrangig zu berücksichtigenden anderen Einkünften zu berechnen ist.

Dass die mit der „Anlehnung an § 249 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch“ beabsichtigte Regelung mit der zum 1. Januar 2015 erfolgten Änderung des § 249 Abs. 1 SGB V durch Art. 1 Nr. 23 Buchst. a des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1133, vgl. dazu BR-Drs. 151/14, S. 49) obsolet geworden ist, rechtfertigt keine andere Auslegung. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, ist es vielmehr als ein Redaktionsversehen zu bewerten, dass der Gesetzgeber § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG angepasst hat, als bereits eine Änderung der in Bezug genommenen Vorschrift absehbar war und sie auch danach nicht erneut geändert hat.

Soweit die Beklagte einen parallelen Anspruch auf Zuschussgewährung durch den Landtag Rheinland-Pfalz – entgegen dessen gegenüber der Klägerin geäußerter Rechtsauffassung – für möglich hält, rechtfertigt dies nach § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG keine nur anteilige Zuschussgewährung. Der Verweis auf § 249 SGB V ergibt keinen Anhaltspunkt für eine Subsidiarität gegenüber Ansprüchen gegen andere Versorgungsträger. Ob tatsächlich geleistete Beitragszuschüsse anderer Versorgungsträger im Hinblick darauf anzurechnen wären, dass nur der aus eigenen Mitteln geleistete Krankenversicherungsbeitrag zuschussfähig ist, bedarf keiner Entscheidung, weil die Klägerin bisher keinen Zuschuss nach § 19 Abs. 3 und 4 AbgGRhPf erhält und damit angesichts der Rechtsauffassung des Landtags auch nicht absehbar zu rechnen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Frage zuzulassen, ob der Zuschuss nach § 27 Abs. 2 Satz 3 AbgG auf die Hälfte des Krankenversicherungsbeitrags begrenzt ist, der auf die zur Beitragsbemessung herangezogenen Versorgungsbezüge entfällt.