Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 12.03.2025 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 127/24 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2025:0312.13UF127.24.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 31.07.2024 abgeändert:
Der Antrag des Vaters, ihm die elterliche Sorge für das Kind F…, geboren am ….2014, zu übertragen, wird abgewiesen.
Für das Kind F…, geboren am …2014 wird Vormundschaft angeordnet.
Zum Vormund wird das Jugendamt des Landkreises T… eingesetzt.
Die Kosten beider Instanzen trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 € festgesetzt.
I.
Das beschwerdeführende Jugendamt wendet sich gegen die Übertragung des Sorgerechts für das eingangs genannte Kind auf dessen Vater, den Antragsteller.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist (Bl. 11 eiP AG), hat das Amtsgericht auf Antrag des Vaters diesem das alleinige Sorgerecht für das Kind übertragen, nachdem die bisher allein sorgeberechtigte Mutter des Kindes verstorben ist. Das Kind hatte seinen dauerhaften Aufenthalt bereits zu Lebzeiten der Mutter in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe.
Zur Begründung der Sorgerechtsentscheidung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Antragsteller sei als leiblicher Vater gewillt und in der Lage, die elterliche Sorge für den Sohn auszuüben. Die Übertragung der Sorge auf den Kindesvater entspreche dem Kindeswohl. Das Kind und die Vertretung des Jugendamtes hätten den Sorgerechtsantrag des Kindesvaters befürwortet. Gründe, hiervon abzusehen, seien derzeit nicht ersichtlich.
Hiergegen richtet sich das Jugendamt mit seiner Beschwerde, mit der es der Darstellung des Amtsgerichts widerspricht und ergänzend ausführt, am Tag nach Erhalt des angefochtenen Beschlusses davon erfahren zu haben, dass bei einer am 03.08.2024 erfolgten Hausdurchsuchung in der Wohnung des Vaters kinderpornografisches Material aufgefunden worden sei, welches dem zu diesem Zeitpunkt anwesenden Kind zugänglich gemacht worden sei.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 31.07.2024 abzuändern, den Antrag des Vaters abzuweisen und für das Kind eine Amtsvormundschaft einzurichten.
Der Senat hat für das Kind mit Beschluss vom 13.01.2025 eine Verfahrensbeiständin bestellt, die Stellung genommen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Schriftsatzwechsel im Beschwerdeverfahren. Er entscheidet ohne mündliche Verhandlung (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.
II.
Die nach § 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg.
Gemäß § 1680 Abs. 2 BGB ist im Falle des Versterbens des gemäß § 1626 a Abs. 3 BGB alleinsorgeberechtigten Elternteils dem überlebenden Elternteil die elterliche Sorge zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Die bisher gemäß § 1626 a Abs. 3 BGB alleinsorgeberechtigte Mutter ist verstorben. Allerdings widerspricht es vorliegend dem Kindeswohl, wenn dem antragstellenden Vater die elterliche Sorge für das Kind übertragen würde. Die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater ließe im konkreten Fall die Schaffung der Gefahr einer Kindeswohlgefährdung im Sinne von § 1666 BGB besorgen.
Eine Kindeswohlgefährdung i.S.d. 1666 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr festgestellt wird, dass bei einer weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohles des Kindes zu erwarten ist (BGH, Beschluss vom 06.02.2019 - XII ZB 408/18 -, NZFam, 2019, 342 (342); BGH, Beschluss vom 23.11.2016 - XII ZB 149/16 -, NJW 2017, 1032 (1032)).
So liegt der Fall hier. Der Kindesvater könnte als Inhaber der alleinigen elterlichen Sorge das Kind jederzeit in seinen Haushalt holen, wo ihm in Ansehung des unbestrittenen Beschwerdevorbringens eine erhebliche Gefährdung droht. Nach Mitteilung des beschwerdeführenden Jugendamtes wurden beim Kindesvater, während sich das Kind bei ihm aufhielt, im Rahmen einer Durchsuchung der 1-Zimmer-Wohnung des Kindesvaters Datenträger mit kinderpornographischen Aufzeichnungen aufgefunden und beschlagnahmt, sowie dem kindlichen Körper nachgeahmte Sexpuppen. Zum Zeitpunkt der Durchsuchung waren diverse Tabs mit Inhalten von sexuellen Handlungen an Kindern über eine X-Box sichtbar. In diesem Zusammenhang wird durch die Staatsanwaltschaft gegen den Kindesvater ein Ermittlungsverfahren wegen Verbreitung, Erwerbs und Besitzes kinderpornographischer Inhalte u.a. geführt. Der Kindesvater ist den Tatsachenfeststellungen, die diesem ihm gegenüber erhobenen Tatvorwurf zugrunde liegen, nicht entgegengetreten und räumt eine pädophil ausgerichtete sexuelle Neigung grundsätzlich ein. Vor diesem Hintergrund kommt die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für das betroffene Kind, das nach dem Bericht der Verfahrensbeiständin derzeit therapeutisch behandelt wird, um die Belastungen durch das bei seinem Vater Erlebte zu bewältigen, auf ihn nicht - auch nicht in Teilbereichen - in Betracht.
Einer Klärung der von der Verfahrensbeiständin aufgeworfenen Frage, ob die vom Vater grundsätzlich eingeräumte sexuelle Neigung auch in der Beziehungsgestaltung zu seinem eigenen Kind greift, bedarf es nicht. Die vom Vater ausgehende Gefahr für das Kindeswohl besteht bereits durch die ernsthafte Besorgnis, er könne das betroffene Kind erneut mit kinderpornografischen Darstellungen konfrontieren.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.
Die Wertfestsetzung folgt aus den §§ 55 Abs. 2, 40, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.