Gericht | VG Potsdam 16. Kammer | Entscheidungsdatum | 06.02.2025 | |
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Aktenzeichen | VG 16 K 1623/24 | ECLI | ECLI:DE:VGPOTSD:2025:0206.16K1623.24.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 11 12. BImSchV, § 2 12. BImSchV, § 9 12. BImSchV, § 35 BauGB, § 26 BImSchG, § 28 BImSchG, § 5 BImSchG, § 50 BImSchG, § 6 BImSchG, § 30 BNatSchG, § 34 BNatSchG, § 44 BNatSchG, § 12 DÜV, (GIRL) Geruchsimmissionsrichtlinie, § 1 UmwRG, § 2 UmwRG, § 4 UmwRG, a.F. § 17 UVPG, a.F. § 3a UVPG, a.F. § 3c UVPG, § 48 VwVfg |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergericht-lichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch den Kläger wird für notwendig erklärt.
Der Kläger, eine anerkannte Umweltvereinigung, begehrt die Rücknahme bzw. den Widerruf einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zum Betrieb einer Biogasanlage.
Die Beigeladene beantragte am 10. Mai 2013 auf dem Grundstück in P_____, Gemarkung P_____, Flur , Flurstück eine Anlage zur Biogaserzeugung mit einer Durchsatzkapazität von ca. 160 Tonnen je Tag zu errichten und zu betreiben. Zusätzlich beantragte die Beigeladene die Zulassung des vorzeitigen Beginns für die Errichtung der Fahrsiloanlage und des Betriebsleitergebäudes, erweitert mit Schreiben vom 27. Februar 2014 um die Errichtung des Blockheizkraftwerks (BHKW), der Trafostation und des Dünnschlammbehälters und die Zulassung von Maßnahmen zur Prüfung von Betriebstüchtigkeit.
Im Genehmigungsverfahren führte der Beklagte eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls als Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) durch. Das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung ergab, dass das Vorhaben nach überschlägiger Prüfung der vorgelegten Unterlagen und aufgrund eigener Erkenntnisse keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen haben könne. Die Antragsunterlagen leitete der Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 2013 den Fachbehörden zur Stellungnahme zu. Die Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgte mit öffentlicher Bekanntmachung und Auslegung der Antragsunterlagen in der Zeit vom 7. August bis einschließlich 6. September 2013 in der Genehmigungsverfahrensstelle des Beklagten und im Amt F_____. Der Kläger erhob in dem Verfahren mehrere Einwendungen. Am 13. November 2013 fand der Erörterungstermin statt.
Am 15. September 2014 erließ der Beklagte den Genehmigungsbescheid und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Genehmigungsbescheid wurde öffentlich bekannt gemacht und lag in der Zeit vom 16. bis zum 29. Oktober 2014 beim Beklagten und im Amt F_____aus.
Auf den Widerspruch der Beigeladenen vom 17. Oktober 2014 gegen einige Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides änderte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2015 im Wesentlichen die Nebenbestimmungen IV.1.8, IV.4.16 und IV.4.31. Gegenstand dieser Nebenbestimmungen ist die Anzeige des Zeitpunkts der Betriebseinstellung, die Periodendauer der wiederkehrenden Messung von luftverunreinigenden Stoffen und der Betrachtungsbereich der erstmaligen Messung der Gesamtbelastung von Geruchsimmissionen. Mit Änderungsbescheid vom 19. April 2016 fasste der Beklagte die Nebenbestimmung IV.4.14 c) neu. Die Änderung betraf die Emissionsbegrenzung bei Gesamtkohlenstoff.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 23. November 2017 (OVG 2 A 17.15) den dem Vorhaben zugrundeliegenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Biomethananlage P_____Straße“ vom 29. April 2014, bekannt gemacht im Amtsblatt für das Amt F_____vom 15. Oktober 2014, für unwirksam erklärt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 31. Juli 2018 (4 BN 21.18) zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 beantragte der Kläger beim Beklagten, den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid vom 15. September 2014 in der entsprechenden Fassung zurückzunehmen bzw. zu widerrufen sowie die streitgegenständliche Biogasanlage stillzulegen. Mit Bescheid vom 16. April 2019 lehnte der Beklagte die Anträge ab.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 16. Mai 2019 Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass die Genehmigung rechtswidrig sei. Die Anlage sei im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 BauGB planungsrechtlich unzulässig. Auch der neu aufgestellte, noch nicht genehmigte Bebauungsplan „Biomethananlage P_____“ ändere hieran nichts.
Mit Bescheid vom 9. März 2020 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Widerspruch schon unzulässig sei. Die Rücknahme nach § 48 Abs. 1 VwVfG stelle keine Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG dar, sodass der Kläger bereits keine Widerspruchsbefugnis hätte. Mangels formeller Illegalität liege ebenfalls hinsichtlich der beantragten Stilllegung keine Widerspruchsbefugnis vor. Zudem sei der Widerspruch auch unbegründet. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 VwVfG lägen bereits nicht vor, sodass ein Anspruch auf Rücknahme nicht bestehe. Das Vorhaben sei durch den fortgeschrittenen Verfahrensstand eines neuen vorhabenbezogenen Bebauungsplans wieder zulässig und damit rechtmäßig. Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Genehmigung nach § 21 BImSchG lägen ebenfalls nicht vor.
Den neuen Bebauungsplan „Biomethananlage P_____“ vom 21. Mai 2019, bekannt gemacht im Amtsblatt für das Amt F_____vom 30. April 2020, sowie zuletzt bekannt gemacht im Amtsblatt für das Amt F_____vom 25. April 2022, hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 19. Dezember 2023 (OVG 2 A 7/20) für unwirksam erklärt.
Der Kläger hat am 14. April 2020 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass die Klage zulässig sei. Die Klagebefugnis folge aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Insbesondere handele es sich bei der begehrten Rücknahme der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung um eine Überwachungs- bzw. Aufsichtsmaßnahme i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG. Auch beim Antrag auf Stilllegung handele es sich um eine solche Maßnahme. Dabei stelle § 35 BauGB eine umweltbezogene Vorschrift dar, weil hierdurch der Außenbereich vor baulicher Inanspruchnahme, insbesondere wegen erheblicher Bedeutung für den Umweltschutz, unter anderem den ressourcenschonenden Umgang mit Grund und Boden, geschützt werde. Ebenfalls ergebe sich die Klagebefugnis aus § 42 Abs. 2 Halbsatz 1 VwGO i.V.m. Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention und aus § 42 Abs. 2 Halbsatz 1 VwGO i.V.m. Art. 24 IED-Richtlinie. Durch die Unwirksamkeit des Bebauungsplans sei die Strategische Umweltprüfung, welche nach Nummer 1.8 der Anl. 5 zum UVPG i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 UVPG zwingend erforderlich sei, hinfällig. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung könne dieses Defizit nicht kompensieren. Als betroffene Öffentlichkeit i.S.d. Art. 24 Abs.1 IED-Richtlinie habe er zudem ein subjektives Recht aus Art. 25 Abs. 1 IED-Richtlinie.
Er habe auch einen Anspruch auf Rücknahme der Genehmigung bzw. Stilllegung der Anlage. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig. So sei die Anlage nicht mit § 35 BauGB vereinbar. Sie stelle kein privilegiertes Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB dar. Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 BauGB für sonstige Vorhaben lägen nicht vor. So beeinträchtige die Anlage Belange des Naturschutzes gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Sie verstoße gegen zwingendes FFH-Recht i.S.d. § 34 Abs. 2 BNatSchG.
Außerdem sei die zwingend erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden. Die UVP-Vorprüfung sei fehlerhaft zu dem Ergebnis gekommen, dass eine UVP-Pflicht nicht bestehe, da vorliegend das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen seien nicht erst dann zu berücksichtigen, wenn sie so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können. Vielmehr käme es darauf an, ob man sich im Bereich des Vorhabens einer Belastungsgrenze annähere und das gegenständliche Vorhaben dafür eine Mitverantwortung tragen könnte. Dadurch dass sich die örtlichen Geruchsimmissionsbelastungen im Grenzbereich des Zulässigen oder darüber bewegten, hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Auch hätte die UVP-Vorprüfung zum Ergebnis einer UVP-Pflicht der Anlage kommen müssen, da es sich bei der Anlage um eine Störfallanlage im Sinne der Störfallverordnung handle. Ebenfalls hätte eine UVP-Pflicht angenommen werden müssen, weil die Anlage dem Anwendungsbereich der Industrieemissionsrichtlinie unterfalle. Darüber hinaus komme § 50 Abs. 3 UVPG wegen des unwirksamen Bebauungsplans nicht zum Tragen. Die im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens durchgeführte Umweltprüfung sei wegen der Unwirksamkeit des Bebauungsplans hinfällig. Den damit einhergehenden Verstoß gegen das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung könne die bloße UVP-Vorprüfung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht kompensieren.
Ein Nachweis dafür, dass erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele der Special Protection Area (SPA-Gebiet) „R_____-H_____“ sicher ausgeschlossen seien, sei nicht erbracht. Nach § 34 Abs. 2 BNatSchG reiche es, dass ein Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Gebietes führen kann. So komme die FFH-Verträglichkeitsprüfung aus dem August 2011 bereits zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele aus dem Standarddatenbogen des SPA-Gebiets zur Folge habe. Darüber hinaus komme es anlagenbedingt zu Stickstoff- bzw. Ammoniakimmissionen auf ein angrenzendes Biotop, welche ebenfalls dem Schutzziel eines störungsarmen stehenden Gewässers entgegenstünden. Außerdem liege ein Verstoß gegen § 34 Abs. 2 BNatSchG vor, weil der Bebauungsplan in Bezug auf die Untersuchung der Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen des SPA-Gebiets „R_____-H_____“ auf einer veralteten Bestandserfassung basiere, welche nicht den Anforderungen der Staatlichen Vogelschutzwarte entspreche. Ebenfalls seien erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des SPA-Gebiets durch die Bewirtschaftung auf den Anbauflächen für die Rohstoffe, welche in der Biogasanlage zum Einsatz kommen, nicht auszuschließen.
Aufgrund der anlagenbedingten Stickstoffeinträge könne das Vorhaben zu einer erheblichen Beeinträchtigung der nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG unmittelbar durch das Gesetz geschützten natürlichen oder naturnahen Bereiche stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche führen. Der Verzicht auf die weitergehende Ermittlung, insbesondere der Stickstoffgesamtbelastung an beiden Gewässerbiotopen sei biotopschutzrechtlich unzulässig. Das Abschneidekriterium von 5 kg N/ha*a des LAI-Leitfadens sei biotopschutzrechtlich unzulässig und verstoße gegen § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Weiter könne der Betrieb der Biogasanlage zu erheblichen Beeinträchtigungen des östlich gelegenen Waldes durch Ammoniakimmissionen bzw. Stickstoffdepositionen führen. Dieser sei ebenfalls ein Biotop, sodass ein Verstoß gegen § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG vorliege.
Auch verstoße die Genehmigung gegen §§ 14, 15 BNatSchG. Die naturschutzrechtliche Eingriffs-Ausgleichs-Regelung sei nicht hinreichend abgearbeitet worden. Aus den Unterlagen zum Bebauungsplan „Biomethananlage P_____Straße“ ergebe sich eine großflächige Bodenversiegelung. Hierzu seien entsprechende Ausgleichsmaßnahmen weder im Bebauungsplan "Biomethananlage P_____Straße“ noch im Bebauungsplan „Biomethananlage P_____“ noch in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung getroffen worden.
Auch könnten die Anforderungen des § 12 Abs. 2 Satz 1 DüV im Betrieb der genehmigten Anlage nicht eingehalten werden. Eine sechsmonatige Lagerzeit der anfallenden Gärreste sei derzeit nicht sichergestellt. So seien die Gärrestlagerkapazitäten der Anlage auf einen unterschätzten Gärrestanfall ausgerichtet. Dies gelte sodann erst recht für die vorzuhaltende neunmonatige Lagerkapazität nach § 12 Abs. 3 DüV. Auch handele es sich bei § 12 Abs. 2 Satz 1 DüV um eine Vorschrift, welche nicht nur für neu genehmigte, sondern zugleich auch für bestehende Betriebe gelte.
Die Genehmigung sei darüber hinaus rechtswidrig, da aufgrund der nicht auf der „sicheren Seite“ liegenden Prognosen zur Geruchs- und Lärmbelastung nicht sichergestellt sei, dass schädliche Umwelteinwirkungen zum Nachteil der Nachbarschaft i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgeschlossen seien.
Eine für den Anspruch auf Rücknahme notwendige Ermessensreduzierung auf Null folge aus dem Umstand, dass ohne die Aufhebung der Genehmigung ein schlechthin unerträglicher Zustand fortbestünde. Die Anlage sei offensichtlich planungsrechtlich unzulässig. Sie verstoße damit zugleich gegen materielles Umweltrecht. Darüber hinaus verdichte sich das Ermessen zu einer Rücknahmeverpflichtung, weil die gegenständliche Anlage dem Anwendungsbereich der IED-Richtlinie unterfalle. Wegen der hinfälligen strategischen Umweltprüfung aufgrund des unwirksamen Bebauungsplans, bestünde zugleich eine Verletzung der unionsrechtlich verbürgten Verfahrensgarantien, auf welche er sich als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit berufen könne.
Entsprechend der bei positiver Entscheidung über den Rücknahmeantrag zu unterstellenden formellen Illegalität und wegen der zugleich gegebenen materiellen Illegalität der Anlage sei der Beklagte außerdem dazu verpflichtet, die Stilllegung der Anlage auszusprechen. So sei das Ermessen dahingehend auf Null reduziert, dass der Beklagte gegen den immissionsschutzrechtlich nicht mehr genehmigten und der IED-Richtlinie unterfallenden Betrieb einschreiten müsse.
Der Kläger beantragt,
1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2020 zu verpflichten, den Genehmigungsbescheid vom 15. September 2014 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 8. Oktober 2015 und vom 25. November 2015 und des Änderungsbescheides vom 19. April 2016 betreffend die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur biologischen Behandlung von Gülle auf dem Grundstück in 14621 P_____, P_____Straße, Gemarkung P_____, Flur , Flurstück , zurückzunehmen bzw. zu widerrufen,
2. den Beklagten zu verpflichten, die im Antrag zu 1. genannte Biogasanlage stillzulegen,
3. die Zuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise,
1. den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 16. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2020 zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 20. Dezember 2018 auf Rücknahme bzw. des Widerrufs des Genehmigungsbescheids vom 15. September 2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 8. Oktober 2015 und vom 25. November 2015 und des Änderungsbescheides vom 19. April 2016 betreffend die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur biologischen Behandlung von Gülle auf dem Grundstück in 14621 P_____, P_____Straße, Gemarkung P_____, Flur , Flurstück , unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden,
2. den Beklagten zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 20. Dezember 2018 auf Stilllegung der im Antrag zu 1. genannten Biogasanlage unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass die Klage unzulässig sei. Zur Begründung führt er aus, dass es sich bei der begehrten Rücknahme nach § 48 VwVfG nicht um einen Verwaltungsakt über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG handle. § 35 BauGB sei darüber hinaus keine umweltbezogene Vorschrift, sodass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UmwRG nicht vorlägen. Hinsichtlich der Stilllegung sei mangels formeller Illegalität der Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 BImSchG bereits nicht eröffnet.
Überdies sei die Klage unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Rücknahme der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung habe. Die Genehmigung sei nicht rechtswidrig. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Biomethananlage P_____“ sei wirksam.
Ein Verfahrensfehler im Rahmen der allgemeinen UVP-Vorprüfung sei nicht erkennbar. Diese UVP-Vorprüfung komme auch folgerichtig zum Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen sei. Die Geruchsimmissionsprognose sei fachlich nicht zu beanstanden. Die Rechtsprechung, dass bei einer Annäherung an Grenzwerte generell eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei, könne nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Diese gelte lediglich für Fälle, in welchen Abwägungsentscheidungen zu treffen seien. Vorliegend werde aber gerade eine gebundene Entscheidung getroffen. Auch bestehe eine UVP-Pflicht nicht aufgrund der Lage der Anlage im SPA-Gebiet „R_____-H_____“. Vielmehr habe die im Rahmen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung ergeben, dass bei Durchführung der in der Verträglichkeitsuntersuchung festgesetzten Maßnahmen keine erheblichen Beeinträchtigungen des SPA-Gebiets „R_____-H_____“ und des Landschaftsschutzgebiets W_____zu erwarten seien. Auch seien die Ammoniakimmissionen und Stickstoffeinträge auf benachbarte Biotope nicht hoch genug, als dass sie zu einer fehlerhaften UVP-Vorprüfung führten.
Die Biogasanlage unterliege als Störfallanlage auch nicht den erweiterten Pflichten der 12. BImSchV, sondern nur den Grundpflichten. Der Antrag weise zwar auf eine zukünftig geplante Biogaseinspeisung und einen Flüssiggastank mit einer Lagerkapazität von 28 t hin, diese sei aber vom Genehmigungsantrag nicht umfasst. Biogaseinspeiseanlagen würden üblicherweise und seien auch hier vom zuständigen Gasnetzverantwortlichen in einem gesonderten Genehmigungsverfahren beantragt worden. So sei im Genehmigungsverfahren von Anfang an nach den gesetzlichen Regelungen der Störfallverordnung nicht von einem gemeinsamen Betriebsbereich und damit einhergehend von einer Störfallanlage mit erweiterten Pflichten auszugehen. Die betreiberseitige und anlagentechnische Situation der Biogaseinspeiseanlage und der Biogaserzeugungsanlage mit Biogasaufbereitungsanlage sowie Blockheizkraftwerk seien anlagentechnisch und betreiberseitig als eigenständige Anlage zu behandeln.
Das Konzept von Störfällen in der Fassung vom 1. Mai 2013 sei auch ausgelegt worden. Eine erneute Auslegung des aktualisierten Konzepts vom 10. April 2014, welches Bestandteil der Genehmigung geworden sei, sei nach § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV nicht erforderlich. So seien die Angaben zum vorrangig störfallrelevanten Stoff, nämlich der anzurechnenden Biogasmenge bei ca. 41,5 t gleich geblieben.
Auch sei zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung, auf den es hier ankomme, die Düngeverordnung in der vom Kläger zitierten Fassung noch nicht erlassen worden, sodass es weder in der damals geltenden Fassung der Düngeverordnung noch in sonstigen anwendbaren Vorschriften verbindliche Vorgaben für eine notwendige Gärrestelagerkapazität gegeben habe.
Schließlich sei auch die Änderungsgenehmigung rechtmäßig. Die TA Luft fordere unter Nummer 5.2.5 lediglich entweder die Einhaltung des Massenstromes oder die Einhaltung der Massenkonzentration. Da das Vorhaben zwar nicht die Massenkonzentration, aber den Massenstrom einhält, sei es mit der TA Luft vereinbar, die Änderung zu genehmigen. Auch sei dies eine vom Kläger nicht einklagbare Vorsorgeregelung.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene ist der Ansicht, dass die Klage bereits unzulässig sei. Der Anwendungsbereich des UmwRG sei nicht eröffnet, da dieser nur immissionsschutzrechtliche Genehmigungen erfasse, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 6 UVPG a.F. bedürfen. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Auch ziele die begehrte Aufsichtsmaßnahme nicht auf die Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften ab.
Überdies sei die Klage unbegründet. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtmäßig. Mangels einer Ermessenreduzierung auf Null bestünde auch kein Anspruch des Klägers auf Rücknahme der Genehmigung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
I.
Die schriftsätzlich gestellten Anträge des Beklagten auf Beiladung der Gemeinde P_____(hierzu unter 1.) und der Beigeladenen auf Aussetzung des Verfahrens (hierzu unter 2.) waren abzulehnen.
1. Entgegen des Antrags des Beklagten vom 9. März 2021 bzw. vom 13. April 2021 war die Gemeinde P_____nicht beizuladen. Diese ist weder derart am Verfahren beteiligt, dass eine Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit auch gegenüber ihr nur einheitlich ergehen könnte (vgl. § 65 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), noch ihre rechtlichen Interessen durch die Entscheidung berührt werden (vgl. § 65 Abs. 1 VwGO). Eine inzidente Prüfung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes findet nicht statt, weil beide Bebauungspläne durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in seinen Entscheidungen vom 23. November 2017 (OVG 2 A 17.15) und vom 19. Dezember 2023 (OVG 2 A 7/20) für unwirksam erklärt wurden. Folglich sind rechtliche Interessen der Gemeinde P_____nicht berührt. Ebenfalls werden durch die begehrte Sachentscheidung keine Rechte der Gemeinde gestaltet, bestätigt, festgestellt, verändert oder aufgehoben, sodass die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit nicht auch ihr gegenüber einheitlich ergehen muss.
2. Die Aussetzung des Verfahrens, wie von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 24. Januar 2025 beantragt, ist nicht sachdienlich. Nach § 4 Abs. 1 lit. b Satz 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist. Dabei hat das Gericht die Sachdienlichkeit der Aussetzung für die Konzentration der Streitigkeit in einem Verfahren im Einzelfall unter Würdigung sämtlicher Interessen und Rechte aller Beteiligten zu beurteilen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 30. August 2017 – 8 A 493/16 –, Rn. 16, juris). Nach § 94 VwGO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei. Auch diese Entscheidung liegt im richterlichen Ermessen. Bei der Ausübung des Ermessens ist auf der einen Seite das durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Interesse des Rechtsschutzsuchenden an einer zügigen Entscheidung und auf der anderen Seite die an Entscheidungsharmonie und Prozessökonomie orientierten Zwecksetzungen der Regelung zu berücksichtigen (vgl. Peters/Schwarzburg, in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, VwGO § 94 Rn. 16).
Unabhängig von der Frage, ob die Vorschriften analog auf den hiesigen Fall angewendet werden können, ist zumindest eine Aussetzung nicht sachdienlich. Gegen eine Sachdienlichkeit sprechen die lange Verfahrensdauer und d erfolglos gebliebenen früheren Heilungsversuche. Es wurde bereits zweimal versucht, einen rechtmäßigen Bebauungsplan aufzustellen. In beiden Fällen hat das Gericht die Überprüfung der Bebauungspläne durch das Oberverwaltungsgericht abgewartet. Nun noch einmal abzuwarten bis ein neuer Bebauungsplan aufgestellt und dann gegebenenfalls erneut durch das Oberverwaltungsgericht im Rahmen einer Normenkontrolle überprüft wird, ist nicht sachdienlich. Die Genehmigung wurde bereits am 15. September 2014 erteilt und findet sich durch die Drittanfechtung seitdem in einer Schwebelage, sodass hier nach so einem langen Zeitraum Rechtssicherheit einkehren muss. Zudem ist die Anlage bereits in Betrieb. Auch der klägerische Vortrag, dass durch eine fehlerhafte Vorprüfung der Umweltverträglichkeitsprüfung und die daraufhin unterlassene Umweltverträglichkeitsprüfung nicht alle erheblichen Umweltauswirkungen erfasst worden sein könnten, spricht für eine Entscheidung. Nur so können etwaige nicht festgestellte Umweltauswirkungen verhindert werden. Zudem war zum Zeitpunkt des Antrags das Verfahren bereits terminiert und befand sich daher kurz vor seinem Abschluss.
II.
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist hinsichtlich des Rücknahmebegehrens zulässig, aber unbegründet. Hinsichtlich des Begehrens der Stilllegung der Stilllegung ist die Klage bereits unzulässig.
1. Die Klage ist betreffend den Klageantrag zu 1. zulässig (hierzu unter a.) und betreffend den Klageantrag zu 2. unzulässig (hierzu unter b.).
a. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1. ist der Kläger klagebefugt. Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dabei sieht § 42 Abs. 2 VwGO vor, dass gesetzlich etwas anderes festgelegt werden kann. Die Klagebefugnis ergibt sich aus § 2 Abs. 1 UmwRG. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 UmwRG kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht, und geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen berührt zu sein. Nach Satz 2 muss die Vereinigung bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2a bis 6 UmwRG oder gegen deren Unterlassen zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.
Der Kläger ist eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische Vereinigung. Er macht geltend, dass das Unterlassen der Rücknahme der Genehmigung gegen Rechtsvorschriften – vorliegend insbesondere gegen die Düngeverordnung (DüV), §§ 14, 15, 30 Abs. 2, 34 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), § 35 Baugesetzbuch (BauGB) und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) widerspricht. Damit macht er geltend, in seinem satzungsmäßigen Aufgabenbereich berührt zu sein.
Der Kläger legt einen Rechtsbehelf nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen ein. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG ist das Gesetz anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen. Bei der begehrten Rücknahme bzw. dem Widerruf nach §§ 48, 49 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) handelt es sich, entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen, um Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen im Sinne der Norm. Die Rücknahme oder der Widerruf einer Zulassungsentscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG mag zwar keine typische "Aufsichtsmaßnahme" darstellen; dies steht der Anwendbarkeit der Vorschrift jedoch nicht entgegen (vgl. Bunge, UmwRG, 2. Aufl. 2019, § 1 Rn. 170). Der Begriff der Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahmen ist grundsätzlich weit auszulegen und erfasst ein breites Spektrum an Tätigkeiten (vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Fellenberg/Schiller, 105. EL September 2024, UmwRG § 1 Rn. 117). Er lässt sich als Umschreibung von Maßnahmen des Gesetzesvollzugs verstehen, die im Zusammenhang mit einer Zulassungsentscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG stehen (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 8. April 2019 – 1 Bf 200/15 –, Rn. 130, 133 f., juris). In diesem Sinne stellt sich die nachträgliche Aufhebung der Zulassungsentscheidung als stärkste Form einer Überwachung oder Aufsicht dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2020 – 9 A 22/19 –, BVerwGE 168, 368-392, Rn. 16 f., juris). Zwar betrifft die genannte Entscheidung die Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses, die Erwägungen lassen sich aber auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Die weite Auslegung des Begriffs der Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahme wird dem Zweck der Norm gerecht, den gerichtlichen Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften zu erweitern und Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention vollständig im deutschen Recht umzusetzen. Es wäre nicht sachgerecht, den Umweltvereinigungen zwar die Befugnis zuzusprechen, den Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens zu machen, nicht aber den umgekehrten Akt seiner behördlichen Aufhebung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2020 – 9 A 22.19 –, BVerwGE 168, 368, Rn. 18). Gleiches gilt für immissionsschutzrechtliche Genehmigungen, die ebenfalls von Umweltvereinigungen nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 2b UmwRG angegriffen werden können.
Bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung handelt es sich auch um eine Zulassungsentscheidung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG. Geht es um eine Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahme zur Umsetzung einer Zulassungsentscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, genügt es nach dessen Wortlaut, wenn diese ein Vorhaben betrifft, für das eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Pflicht) bestehen kann. Für die Zulässigkeit einer solchen auf die Nummer 6 gestützten Klage kommt es demgemäß nicht darauf an, ob das Vorhaben tatsächlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden musste (Thomas Bunge in: Bunge, Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Kommentar, 2. Auflage 2019, § 1 UmwRG, Rn. 152). Das Vorhaben der Beigeladenen ist Nummer 8.4.2.1 der Anlage 1 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVPG) zuzuordnen (vgl. auch die streitgegenständliche Genehmigung, Seite 30). Danach besteht die UVP-Pflicht in Abhängigkeit von der UVP-Vorprüfung, vgl. – zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung anzuwendender – § 3a i.V.m. § 3c UVPG a.F. (nunmehr: § 7 Abs. 1 UVPG). Mit der Zuordnung der streitgegenständlichen Anlage zu Anlage 1 des UVPG a.F. kann zumindest eine UVP-Pflicht bestehen. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz ist anzuwenden, da eine Vorprüfung des Einzelfalls vorgeschrieben ist, auch wenn diese mit dem Ergebnis durchgeführt wurde, dass keine UVP-Pflicht besteht (Eyermann, 16. Aufl. 2022, UmwRG § 1 Rn. 7; Schink/Reidt/Mitschang/Franzius, 2. Aufl. 2023, UmwRG § 1 Rn. 18). Unabhängig davon handelt es sich auch um eine Genehmigung für eine Anlage, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) mit dem Buchstaben G gekennzeichnet ist (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG). So ist die Biogasanlage der Nummer 8.6.3.1 des Anhangs 1 der 4. BImSchV zuzuordnen (vgl. auch streitgegenständliche Genehmigung, Seite 29). Nach dessen Spalte c ist die Anlage mit dem Buchstaben G gekennzeichnet.
Die Rücknahme der Genehmigung als Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahme dient im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG der Einhaltung umweltbezogener Vorschriften. Nach § 1 Abs. 4 UmwRG sind umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne des Gesetzes Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 Umweltinformationsgesetz (UIG) oder Faktoren im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG beziehen. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG geht es um den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen. § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG erfasst Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Es kommt hier nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG nicht darauf an, ob es sich bei der Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahme selbst um eine umweltbezogene Vorschrift handelt. Vielmehr muss die Maßnahme der Einhaltung umweltbezogener Vorschriften dienen. Der Kläger macht hier die Einhaltung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG als auch von Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes geltend. Hierbei handelt es sich jeweils um Vorschriften, die den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft aber auch die Artenvielfalt und die Landschaft schützen. Darüber hinaus macht der Kläger die Einhaltung des § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB geltend. Diese Norm stellt ebenfalls eine umweltbezogene Rechtsvorschrift dar, denn sie geht auf umweltbezogene Belange ein (vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Fellenberg/Schiller, 103. EL März 2024, UmwRG § 1 Rn. 163). Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es aufgrund der Unwirksamkeit des Bebauungsplans nicht darauf an, ob § 30 BauGB eine umweltbezogene Rechtsvorschrift ist (vgl. dazu BayVGH, Beschluss vom 11. April 2018 – 2 CS 18.198 –, Rn. 9, juris). Einschlägig ist vorliegend vielmehr § 35 BauGB.
Nach alledem kann dahinstehen, ob der Kläger auch nach § 42 Abs. 2 Halbsatz 1 VwGO i.V.m. Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention oder nach § 42 Abs. 2 Halbsatz 1 VwGO i.V.m. Art. 24 IED-Richtlinie klagebefugt ist.
b. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2. ist der Kläger nicht klagebefugt. Eine Klagebefugnis kann sich zwar grundsätzlich aus § 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG ergeben (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Mai 2016 – OVG 11 S 54.15 –, Rn. 19, juris; Jarass BImSchG, 14. Aufl. 2022, BImSchG § 20 Rn. 55). Danach stellt auch die Stilllegung einer Anlage eine Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahme im Sinne der vorgenannten Vorschrift dar. Es mangelt jedoch bereits an der Möglichkeit der Rechtsverletzung. Der Kläger muss nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG geltend machen, dass die Entscheidung (hier im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG) Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht. Dabei reicht es für die Geltendmachung aus, dass eine Rechtsverletzung zumindest möglich erscheint. Aufgrund des gleichen Wortlauts von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG und § 42 Abs. 2 VwGO kann die Möglichkeitstheorie ebenfalls herangezogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2013 – 4 C 14/12 –, BVerwGE 149, 17-31, Rn. 8; BVerwG, Urteil vom 12. November 2014 – 4 C 34/13 –, BVerwGE 150, 294-307, Rn. 10). Entsprechend muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass die Versagung der Stilllegung den Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 BImSchG nicht entspricht. Voraussetzung für die Stilllegung ist grundsätzlich die formelle Illegalität der Anlage, mithin hier die Rücknahme der Genehmigung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Mai 2016 (OVG 11 S 54.15). In der Entscheidung ging es darum, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 18 BImSchG erloschen und entsprechend eine Klage auf Erlass der Untersagung nach § 20 Abs. 2 BImSchG erfolgreich ist. Das Erlöschen der Genehmigung kann jedoch durch Urteil festgestellt werden und bedarf keines behördlichen Verwaltungsakts. Anders liegt der Fall hier: Vorliegend ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung bis zur möglichen Aufhebung durch die Behörde wirksam, vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG. Die Verpflichtung zur Aufhebung besteht jedoch erst mit Rechtskraft des Urteils (vgl. Schoch/Schneider/Riese, 45. EL Januar 2024, VwGO § 113 Rn. 229). Mithin ist offensichtlich, dass die Stilllegung erst nach Rücknahme der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erfolgen kann. Auch eine Bedingung im Tenor, dass nach Rücknahme der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung die Behörde verpflichtet ist, die Stilllegung der Anlage anzuordnen, kommt nicht in Betracht, denn sie ist mit dem Zweck des Tenors nicht zu vereinbaren. Dieser soll eindeutig und nicht von Bedingungen abhängig sein. Demgemäß kann die Klage auf Erlass der Stilllegung nach § 20 Abs. 2 BImSchG erst nach der erfolgten Rücknahme des Verwaltungsakts zulässig sein. Vorher ist offensichtlich, dass die formelle Illegalität nicht vorliegt und ein Anspruch nach § 20 Abs. 2 BImSchG ausgeschlossen ist.
Der Hilfsantrag zu 2. Ist aus den vorstehenden Gründen ebenfalls unzulässig.
2. Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Rücknahme der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Rücknahme ist § 48 VwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Die Rücknahme einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist im Bundesimmissionsschutzgesetz – anders als der Widerruf in § 21 BImSchG – nicht geregelt, sodass die allgemeine Regelung des § 48 VwVfG einschlägig ist (vgl. Jarass BImSchG, 15. Aufl. 2024, BImSchG § 21 Rn. 2).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung ist, soweit nicht spätere Rechtsänderungen einen vormaligen Rechtsverstoß entfallen lassen, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Dezember 2014 – OVG 11 A 23.13 –, Rn. 39, juris m.w.N.), mithin vorliegend der Zeitpunkt des Erlasses der Genehmigung am 15. September 2014. Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder der Verwaltungspraxis – auch in Form von Verwaltungsvorschriften – stellen weder eine Änderung der Rechts- noch der Sachlage dar (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 51 Rn. 29 f.).
Die Genehmigung ist formell (hierzu unter a.), als auch materiell rechtswidrig (hierzu unter b.). Ein Anspruch auf Rücknahme der Genehmigung besteht mangels Ermessensreduktion auf Null jedoch nicht (hierzu unter c.). Der Hilfsantrag zu 1. ist nicht begründet (hierzu unter d.).
a. Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt (hierzu unter aa.). Vielmehr hätte für das Verfahren auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen (hierzu unter bb.). Die Öffentlichkeitsbeteiligung hingegen ist verfahrensfehlerfrei abgelaufen (hierzu unter cc.). Vorliegend können diese Verfahrensfehler jedoch geheilt werden (hierzu unter dd.).
aa. Eine UVP-Vorprüfung war für die Anlage gemäß § 3c Satz 1 UVPG a.F. i.V.m. Nummer 8.4.2.1 der Anlage 1 des UVPG a.F. durchzuführen. Sofern eine solche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach Anlage 1 des UVPG vorgesehen ist, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 3c Satz 1 UVPG a.F. durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung der in der Anlage 2 zum UVPG a.F. aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG a.F. zu berücksichtigen wären.
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist dann erforderlich, wenn die betriebsbedingten nachteiligen Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG a.F. erheblich sein können (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 – 4 C 9/06 –, BVerwGE 130, 83-112, Rn. 30). Für Abwägungsentscheidungen gilt dabei, dass nicht erst Umwelteinwirkungen, die zur Ablehnung des Vorhabens führen müssten, zu einer UVP-Pflicht führen, sondern bereits dann, wenn Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG a.F. zu berücksichtigen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – 4 A 1/13 –, BVerwGE 148, 353-373, Rn. 37; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 – 9 A 1/13 –, Rn. 21, juris). Umweltauswirkungen sind danach bereits dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle, die beispielsweise durch Grenzwerte einer Bundesimmissionsschutzverordnung definiert werden, heranreichen und deshalb in der Abwägung so gewichtig sind, dass im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis einer planerischen Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Peters/Balla/Hesselbarth, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, UVPG § 7 Rn. 16). Dies gilt auch für gebundene Entscheidungen (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 3. November 2015 – 9 B 1051/15 –, Rn. 53, juris; OVG Schleswig, Beschluss vom 23. März 2020 – 5 LA 2/19 –, Rn. 8, juris; BayVGH, Beschluss vom 17. November 2014 – 22 ZB 14.1035 –, Rn. 17, juris). Würde in der nur überschlägigen UVP-Vorprüfung im Genehmigungsverfahren immer auch ein Überschreiten der Grenzwerte erforderlich sein, würde dies den Charakter der UVP-Vorprüfung konterkarieren. Die Vorprüfung, auch „Screening“ genannt, dient dem Zweck, bei Vorhaben, die abstrakt, nicht aber stets konkret die Gefahr erheblicher Umwelteinwirkungen in sich bergen, in einem noch verhältnismäßig schnellen und unaufwendigen Verfahren zu prüfen, ob der Aufwand einer Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist (vgl. Schink/Reidt/Mitschang/Tepperwien, 2. Aufl. 2023, UVPG § 7 Rn. 1). Diesem Zweck wird die Vorprüfung sowohl im planerischen als auch im gebundenen Genehmigungsverfahren nach Auffassung der Kammer zumindest nicht gerecht, wenn sie lediglich die Ergebnisse der vom Vorhabenträger eingereichten Fachgutachten ungeprüft übernimmt und nur auf eine Überschreitung der Grenzwerte achtet. Denn so würden etwaige nicht offensichtliche Ungenauigkeiten der Fachgutachten dem Vorhabenträger zugutekommen. Der Wortlaut des § 3a Satz 1 UVPG a.F. fordert gerade nicht, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben muss, sondern nur solche haben kann. Würde nun ein Überschreiten der Grenzwerte erforderlich sein, würde dies den Wortlaut überdehnen.
Wenn nunmehr jedoch bei nahezu jedem der UVP-Vorprüfung unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung allein deswegen bestünde, weil praktisch nie auszuschließen ist, dass ein derartiges Vorhaben abwägungserhebliche Umweltauswirkungen hat, stünde dies im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption (vgl. zu Planfeststellungsverfahren: BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 – 9 A 1/13 –, Rn. 22, juris). Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 UVPG a.F. aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juli 2015 – 8 S 534/15 –, Rn. 69, juris). Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 – 9 A 1/13 –, Rn. 23, juris). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 – 4 C 11/07 –, BVerwGE 131, 352-369, Rn. 37). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juli 2015 – 8 S 534/15 –, Rn. 69, juris).
Die Behörde darf im Rahmen der UVP-Vorprüfung nicht bereits mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt. Andererseits darf sich die UVP-Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Behörde ergänzt werden können. Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2018 – 4 C 4/17 –, Rn. 18, juris).
§ 3a Satz 4 UVPG a.F. bestimmt, dass die auf einer UVP-Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG a.F. beruhende Einschätzung der zuständigen Behörde, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen ist, ob die UVP-Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a.F. durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Daraus folgt, dass die behördliche Entscheidung nur dahingehend einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob die Verfahrensbestimmungen und rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, der erhebliche Sachverhalt im erforderlichen Umfang und zutreffend ermittelt wurde, das anzuwendende Recht verkannt wurde oder sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 25. Juli 2017 – 9 B 2522/16 –, Rn. 24, juris). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 C 36/13 –, BVerwGE 151, 138-155, Rn. 30; Hessischer VGH, Beschluss vom 25. Juli 2017 – 9 B 2522/16 –, Rn. 23, juris; OVG Münster, Urteil vom 6. September 2024 – 22 D 106/23.AK –, Rn. 39, juris). Dabei ist für die Frage, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Vorhaben erforderlich ist, auf den Zeitpunkt im Verfahren abzustellen, in dem die Behörde die Entscheidung nach § 3c UVPG a.F. treffen musste bzw. letztlich getroffen hat (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 13. Oktober 2016 – 7 KS 3/13 –, Rn. 74 - 75, juris).
Nach diesen Maßgaben ist die UVP-Vorprüfung vom Beklagten nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die vom Beklagten für sein Prüfergebnis gegebene Begründung ist nicht plausibel und nicht nachvollziehbar. Vielmehr wurde der rechtliche Bewertungsgrundsatz falsch eingeschätzt. Im Einzelnen:
aaa. Es ist schon nicht nachvollziehbar, wenn der Beklagte in der UVP-Vorprüfung vom 10. Juli 2013 zu dem Ergebnis kommt, dass die Anlage keine erheblichen Umweltauswirkungen durch Gerüche haben könne. Der allgemeinen UVP-Vorprüfung lag die Ergänzung zur Gutachtlichen Stellungnahme zu Gerüchen im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der Biogasanlage der Beigeladenen vom 3. April 2013 zugrunde. Diese kam zu dem Ergebnis, dass bei Betrachtung der Gesamtbelastung im beantragten Zustand im Bereich der nächstgelegenen Wohnbebauung nordöstlich des Anlagenstandortes ein Geruchsstundenanteil von 20 % bzw. 18 % der Jahresstunden als belästigungsrelevante Kerngröße erwartet wird. An den weiteren schützenswerten Wohnbebauungen des geplanten Anlagenstandortes ergebe sich ein Geruchsstundenanteil von 18 % bzw. 16 % der Jahresstunden. Weiter führt die gutachterliche Ergänzung aus, dass der Immissionswert der Geruchsimmissionsrichtlinie zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen in der Fassung vom 29. Februar 2008 (Geruchsimmissionsrichtlinie) für den Außenbereich von 25 % der Jahresstunden somit eingehalten werde. Erst nach der UVP-Vorprüfung am 25. Oktober 2013 führte der Beklagte in einer E-Mail aus, dass eine Unsicherheit über den Grenzwert der Geruchsimmissionsrichtlinie für den Anlagenbereich bestehe. In der ersten fachbehördlichen Stellungnahme zur Geruchsimmissionsprognose vom 28. Januar 2014 votierte der Beklagte sodann, dass für den Anlagenstandort ein Grenzwert des Geruchsstundenanteils von 20 % der Jahresstunden gelten solle. Hierin führte der Beklagte aus, dass die zu betrachtenden Beurteilungsflächen sich im Außenbereich befänden. Die Vorbelastung durch die H_____GmbH erreiche Werte von bis zu 0,18. Entsprechend dem Erlass des MLUV vom 8. August 2009 zur Einführung der Geruchsimmissionsrichtlinie in Brandenburg wäre eine Erhöhung der Tierhaltungsgerüche bis zu 0,25 ohne weitere Prüfung möglich. Der Erlass nimmt Bezug auf die Auslegungshinweise zu Nummer 3.1 der Geruchsimmissionsrichtlinie, nach denen es möglich sei, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalles bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen. Der Beklagte führte in der Stellungnahme weiter aus, dass die Biogasanlage keine landwirtschaftliche, sondern vielmehr eine gewerbliche bzw. industrielle Anlage darstelle. Die von der Biogasanlage freigesetzte Geruchsqualität sei jedoch mit denen typischer landwirtschaftlicher Anlagen vergleichbar. So sei Hauptgeruchsquelle der geplanten Anlage das Silagelager. Entsprechend sei eine Beurteilung in Anlehnung an landwirtschaftliche Anlagen vertretbar und so als untere Begrenzung ein Beurteilungswert von 0,15 heranzuziehen. Angemessen erschiene daher ein Mittelwert von 0,20 als Beurteilungswert. Die Gesamtbelastung unterschreite an beiden Beurteilungsflächen den Mittelwert von 0,20 sicher.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung diese überschlägige Prüfung bereits vorgenommen hat. Vielmehr erscheint es naheliegend, dass der Beklagte das Ergebnis der ergänzenden Stellungnahme übernommen hat und von einem Grenzwert für den Außenbereich von 25 % der Jahresstunden ausgegangen ist. Hätte der Beklagte eine überschlägige Prüfung des Grenzwerts durchgeführt, hätte er vielmehr erkennen müssen, dass die ergänzende Stellungnahme den Immissionswert der Geruchsimmissionsrichtlinie mit 25 % des Geruchsjahresstundenanteils nur unzureichend wiedergibt und die von den Auslegungshinweisen der Geruchsimmissionsrichtlinie geforderte Einzelfallprüfung bei einer Erhöhung des Grenzwertes der Geruchsjahresstunden im Außenbereich zwar vornimmt, aber zu einem Ergebnis kommt, welches den örtlichen Gegebenheiten und der Anlage nicht gerecht wird. Dies ist schon bei einer überschlägigen Prüfung der ergänzenden Stellungnahme in Verbindung mit der Geruchsimmissionsrichtlinie augenscheinlich. Mithin wurde der rechtliche Bewertungsgrundsatz der Geruchsimmissionsrichtlinie gerade nicht durch den Beklagten eingehalten. Diese geforderte Einzelfallprüfung hinsichtlich des Grenzwerts hat auch überschlägig im Rahmen der UVP-Vorprüfung zu erfolgen, denn es müssen bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung die überschlägig geprüften Grenzwerte der Geruchsimmissionen bekannt sein und diese Vorprüfung muss sich überschlägig mit den Grenzwerten auseinandersetzen. Nur so kann geprüft werden, ob erhebliche nachteilige Umwelteinwirkungen von der Anlage ausgehen können, an die Grenzwerte heranreichen oder diese überschreiten und eine weitere Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Diese überschlägige Prüfung hat der Beklagte ausweislich seiner Ausführungen erst im Nachgang zur UVP-Vorprüfung und nur hinsichtlich der Bestimmung des Grenzwertes vorgenommen. Damit zeigt er, dass er diese Prüfung zum Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung nicht nachvollziehbar geleistet hat. Er hat sich mit dem eindeutigen Erreichen des Grenzwertes nach der Stellungnahme (20 % des Geruchsjahresstundenanteils an der P_____Straße 3) nicht hinreichend auseinandergesetzt bzw. dies gar nicht erkannt.
bbb. Die UVP-Vorprüfung ist unabhängig davon auch zu beanstanden, soweit der Kläger eine fehlende Sachverhaltsermittlung und -bewertung zu den Ammoniakimmissionen und Stickstoffdepositionen der streitgegenständlichen Anlage im Hinblick auf angrenzende Biotope geltend macht. Es ist nicht plausibel, wie der Beklagte in der UVP-Vorprüfung zu der Annahme kommt, dass erhebliche nachteilige Auswirkungen durch den Betrieb der Anlage auf das Biotop nicht zu erwarten seien. Es ist schon nicht nachvollziehbar, wie der erhebliche Sachverhalt im erforderlichen Umfang ermittelt wurde.
Die UVP-Vorprüfung stellt fest, dass ein temporäres Kleingewässer (ehemalige Sandentnahmestelle 200 m²) im (Noch-)Waldbereich ca. 30 m von den Fahrsilos entfernt liegt. Im Ergebnis führt die UVP-Vorprüfung aus, dass erhebliche nachteilige Auswirkungen durch den Betrieb der Anlage – insbesondere gegenüber den Biotopen – nicht zu erwarten seien. Etwaige zum Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung vorliegende Unterlagen sind den Verwaltungsvorgängen jedoch nicht zu entnehmen. Zum Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung lag die Beurteilung der Ammoniakimmissionen und Stickstoffdeposition im Umfeld der geplanten Biomethananlage am Standort P_____vom 26. März 2014 des Ingenieurbüro Dr.-Ing. W_____(im Folgenden: Beurteilung der Ammoniakimmissionen) noch nicht vor.
Zwar teilt die Kammer nicht die Einschätzung des Klägers, dass der Beklagte die Notwendigkeit der Ermittlung von Ammoniak-Emissionen bereits am 16. November 2009 in einem Telefonat mit dem Landkreis bestätigt habe, denn dabei verkennt er, dass der Beklagte eine Notwendigkeit lediglich für das Bauplanungsverfahren anerkennt.
Auch soweit sich der Kläger auf den Entwurf eines Erlasses des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, vom 17. Mai 2013 zur Durchführung von Genehmigungsverfahren und Anlagenüberwachung nach dem BImSchG für Biogasanlagen (Biogasanlagenerlass) bezieht, folgt die Kammer dem nicht. Diesem Entwurf ist zu entnehmen, dass mit dem Ziel der Vollzugsvereinfachung für Biogasanlagen keine generelle Prüfung mehr vorgesehen ist, ob durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Ammoniakimmissionen hervorgerufen werden können. Dies gelte allerdings nicht, wenn Gebiete nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie betroffen sein können. Der Erlass stellt jedoch lediglich eine interne Verwaltungsvorschrift zum Verfahren vor. Hieraus allein kann kein Verfahrensfehler in der UVP-Vorprüfung abgeleitet werden.
Das Ergebnis der UVP-Vorprüfung ist jedoch insoweit unplausibel. In der Stellungnahme vom 30. September 2013 (vgl. Heft 4 der Beiakte, Seite 1531) führte der Beklagte aus, dass die Emissionsansätze der Ammoniakprognose nachvollziehbar und somit nicht zu beanstanden seien. Weiter führte er aus, dass die Überprüfung der vom Betrieb zu erwartenden Immissionen mittels Ausbreitungsberechnung zuständigkeitshalber durch das Fachreferat T 2 erfolgen werde. Daraus folgt, dass eine Ausbreitungsberechnung der Ammoniakimmissionen zum Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung noch nicht vorlag. Gegenteiliges ist auch nicht in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden. Es ist nicht nachvollziehbar, wie er dann zu der Annahme kommt, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen gegenüber dem Biotop nicht zu erwarten seien. Dem Beklagten wäre auch eine überschlägige Ausbreitungsberechnung anhand der vom MUGV zur Verfügung gestellten Emissionsfaktorenliste möglich gewesen.
Unabhängig davon entspricht die spätere Beurteilung der Ammoniakimmissionen nicht den rechtlichen Bewertungsgrundsätzen, sodass auch zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung keine nachvollziehbare UVP-Vorprüfung vorlag. Nach der Beurteilung der Ammoniakimmissionen, der sich der Beklagte in der Genehmigung auf Seite 33 angeschlossen hat, sei eine erhebliche Beeinträchtigung der geschützten Biotope durch die Einwirkung von Ammoniak ausgeschlossen. Der Bericht listet zunächst die im Umfeld des Anlagenstandortes vorhandenen gemäß § 30 BNatSchG i.V.m. § 18 Brandenburgisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (BBgNatSchAG) gesetzlich geschützten Biotope, Wald-/Forstgebiete sowie das nächstgelegene Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) auf. Die Beurteilung legt sodann (vgl. Seite 14 der Beurteilung) als sogenanntes Abschneidekriterium einen Wert von 5 kg N/ha*a fest. Werde die Belastung durch die geplante Biomethananlage von jährlich 5 kg N/ha*a an den stickstoffempfindlichen Immissionsorten nicht überschritten, könne eine weiterführende Betrachtung der Stickstoffdeposition unterbleiben. Damit legt das Gutachten allerdings einen zu kleinen Untersuchungsraum fest (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Dezember 2023 – OVG 2 A 7/20 – EA, Seite 12). Nach Maßgabe der jüngeren Rechtsprechung insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts erscheint lediglich ein Abschneidewert von 0,3 kg N/ha *a gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2021 – 7 C 9.19 –,Rn. 29 u. 31, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. September 2019 – OVG 11 B 24.16 –, Rn. 61 ff., juris m.w.N.). Ein Abschneidewert in Höhe von 5 kg N/ha*a ist biotopschutzrechtlich unzulässig, weil es letztlich naturschutzfachlich nicht nachvollziehbar ist, einen solch hohen Wert, der bisweilen 50 bis 100 % der Spannweite maximal tolerierbarer Stickstoffbelastungen (empirische Critical Loads) von bestimmten Lebensräumen ausmachen kann, ohne weitergehende Prüfung hinzunehmen. Nachvollziehbare fachliche Erkenntnisse, welche einen solch hohen Abschneidewert rechtfertigen, liegen nicht vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2021 – 7 C 9.19 –, Rn. 30 f., juris mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 14. April 2010 – 9 A 5.08 –, Rn. 92, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. September 2019 – OVG 11 B 24.16 –, Rn. 63, juris und Beschluss vom 23. Januar 2020 – OVG 11 S 20/18 –, Rn. 35 ff., juris; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 8. Juni 2018 – 2 L 11/16 –, Rn. 268, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. September 2020 – 12 ME 29/20 –, Rn. 133, juris). Dass ein solch hoher Wert den Biotopschutz unterläuft, hätte der Beklagte auch bei überschlägiger Prüfung erkennen können. Es ist offensichtlich, dass für Schutzgebiete ein wesentlich geringerer Abschneidewert als 5 kg N/ha*a heranzuziehen ist (vgl. auch die Rechtsprechung zu FFH-Gebieten: BVerwG, Urteil vom 14. April 2010 – 9 A 5/08 –, BVerwGE 136, 291-332, Rn. 93 ff.).
Soweit sich die Beurteilung auf Seite 14 ff. auf den LAI-Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz, Stand: 1. März 2012 bezieht, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, da dieser das Gericht nicht bindet; ihm kommt nicht die Rechtsqualität eines antizipierten Sachverständigengutachtens oder einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift zu (vgl. ausführlich: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. September 2019 – OVG 11 B 24.16 –,Rn. 48 ff., juris; BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2021 – 7 C 9.19 –, Rn. 21 ff., juris).
ccc. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die UVP-Vorprüfung hinsichtlich der Einordnung der Biogasanlage als Störfallanlage nachvollziehbar. Der Beklagte hat den Sachverhalt richtig ermittelt, als er in seiner UVP-Vorprüfung davon ausging, dass die Anlage nur die Grundpflichten der §§ 3 ff. der 12. BImSchV zu erfüllen hat. Die Anlage unterfällt, entgegen der Ansicht des Klägers, nicht den erweiterten Pflichten nach §§ 9-12 der 12. BImSchV.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der 12. BImSchV gelten die Vorschriften der Verordnung mit Ausnahme der §§ 9 bis 12 für Betriebsbereiche der unteren und oberen Klasse. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 gelten für Betriebsbereiche der oberen Klasse außerdem die Vorschriften der §§ 9 bis 12 der 12. BimSchV. Nach § 2 Nr. 2 der 12. BImSchV sind Betriebsbereiche der oberen Klasse solche Betriebsbereiche, in dem gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die die in Spalte 5 der Stoffliste in Anhang I genannten Mengenschwellen erreichen oder überschreiten. Eine solche Überschreitung der genannten Mengenschwellen erfolgt vorliegend nicht durch die Hinzurechnung der zur Biogaseinspeiseanlage gehörenden Erdtanks mit einem bevorrateten Propan/Butan-Gasgemisches von ca. 28 Tonnen. Die Biogaseinspeiseanlage gehört zu einem anderen Betriebsbereich als die Biogaserzeugungsanlage mit Biogasaufbereitungsanlage und Blockheizkraftwerk. Die 12. BImSchV selbst definiert den Begriff des Betriebsbereichs nicht. Nach § 3 Abs. 5a BImSchG ist ein Betriebsbereich der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Art. 3 Nr. 10 der Richtlinie 2012/18/EU in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Art. 3 Nr. 16 der Richtlinie in den in Art. 3 Nr. 2 oder Nr. 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Art. 2 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
Der Bereich setzt einen ausreichenden Zusammenhang zwischen den Teilen eines Betriebsbereichs voraus. Sie müssen zum einen in einem organisatorischen wie in einem räumlichen Zusammenhang stehen (Jarass BImSchG, 14. Aufl. 2022, BImSchG § 3 Rn. 97). Darüber hinaus müssen in dem beschriebenen Bereich gefährliche Stoffe i.S.d. Art. 3 Nr. 10 RL 2012718/EU vorhanden sein. Vorhanden sind gefährliche Stoffe, wenn sie tatsächlich vorhanden sind oder nach der Genehmigung vorgesehen sind (vgl. Jarass BImSchG, 14. Aufl. 2022, BImSchG § 3 Rn. 100). Mit Betrieb ist dabei der der Aufsicht eines Betreibers unterstehende Bereich gemeint (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 4. Januar 2019 – 8 B 11411/18 –, Rn. 20, juris; Jarass BImSchG, 14. Aufl. 2022, BImSchG § 3 Rn. 94). Betreiber ist, wer den bestimmenden Einfluss auf den Betrieb und die ihm zugeordneten Anlagen besitzt (vgl. OVG Münster, Urteil vom 11. Dezember 2012 – 8 A 722/11 –, Rn. 40, juris). Das wird in der Regel auch der Betreiber der Anlage(n) sein. Zwar können auch Personenmehrheiten „Betreiber“ im Sinne der Vorschrift sein; erforderlich ist dann jedoch ein einheitliches organisatorisches Auftreten nach außen (vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Thiel, 105. EL September 2024, BImSchG § 3 Rn. 101).
Unter Anwendung dieses Maßstabs ist zwischen den Betriebsbereichen der Biogaseinspeiseanlage und der Biogaserzeugungsanlage mit Biogasaufbereitungsanlage und Blockheizkraftwerk zu unterscheiden. Diese Bereiche unterstehen nicht der Aufsicht eines Betreibers. Sinn und Zweck der Annahme, dass Betreiber ist, wer den bestimmenden Einfluss auf den Betrieb und die ihm zugeordneten Anlagen besitzt, ist, dass auch nur dieser die Pflichten zur Verminderung von Störfällen erfüllen kann. Es geht gerade um einen effektiven Schutz zur Verhinderung von Störfällen (vgl. Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2012/18/EU vom 4. Juli 2012, deren Umsetzung die 12. BImSchV dient). Mithin können das Störfallkonzept und die sonstigen sich aus der 12. BImSchV ergebenden Pflichten auch nur vom tatsächlichen Inhaber des bestimmenden Einflusses auf den Betrieb umgesetzt werden. Die Biogaseinspeiseanlage steht allerdings nach § 33 Abs. 1 Satz 5 Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) im Eigentum des Netzbetreibers. Der Netzbetreiber ist nach § 33 Abs. 2 Satz 1 GasNZV auch für die Wartung und den Betrieb des Netzanschlusses, also der Biogaseinspeiseanlage (vgl. § 32 Nr. 2 GasNZV), zuständig. Er hat hier den bestimmenden Einfluss. Folglich kann es dem Sinn und Zweck der 12. BImSchV nur entsprechen, verschiedene Betriebsbereiche zu erkennen. Dem erhöhten Gefahrenpotential durch den in der Nähe gelegenen Erdtank mit einem Propan/Butan-Gasgemisch wird dadurch Rechnung getragen, dass gegebenenfalls der andere Betriebsbereich ebenfalls der 12. BImSchV unterfällt. Darüber hinaus werden im Konzept zur Verhinderung von Störfällen gemäß § 8 Störfallverordnung auch umgebungsbedingte Gefahrenquellen erfasst. Die Arbeitshilfe sicherheitstechnische Prüfungen an Biogasanlagen, insbesondere für Prüfungen nach § 29a BImSchG (Stand: 8. Februar 2013) führt als Beispiel für umgebungsbedingte Gefahrenquellen i.S.d. Nummer 9.2.6.1.2 der Vollzugshilfe zur Störfall-Verordnung vom März 2004 des BMU als Beispiel benachbarte Betriebsbereiche wie Gaseinspeiseanlagen an. Dem erhöhten Gefahrenpotential trägt der Bescheid mit der Nebenbestimmung IV.4.50 Rechnung. Danach ist vor Inbetriebnahme der Anlage ein Störfallkonzept i.S.d. § 8 der 12. BImSchV auszuarbeiten, dass die Gefahren von Störfällen im Bereich der Biogasanlage und der Biogaseinspeiseanlage hinreichend berücksichtigt.
Entgegen der Auffassung des Klägers folgt das zwingende Ergebnis der UVP-Vorprüfung, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umwelteinwirkungen haben kann, nicht aus dem Umstand, dass die Anlage eine Störfallanlage darstellt. Die UVP-Vorprüfung bleibt nachvollziehbar und plausibel, als dass sie die Einordnung als Störfallanlage erkennt, hieraus aber keine UVP-Pflicht ableitet. Die 12. BImSchV regelt allgemeine und besondere Sicherheitsanforderungen für bestimmte Betriebsbereiche und für bestimmte genehmigungsbedürftige Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, die nicht Betriebsbereich oder Teil eines solchen sind, und die ein gesteigertes Gefährdungspotential aufweisen. Besondere Sicherheitsanforderungen an Errichtung, Beschaffenheit und Betrieb der Betriebsbereiche und Anlagen sollen Störfälle verhindern bzw. ihre Auswirkungen, sofern sie dennoch eintreten, so gering wie möglich halten (vgl. Kloepfer UmweltR, 4. Aufl. 2016, § 15 Rn. 358). Dabei hat die 12. BImSchV auch das Ziel zu verhindern, dass die menschliche Gesundheit dadurch geschädigt wird, dass Luftschadstoffe kurzfristig oder über längere Zeit aus einer Anlage freigesetzt werden. Sie dient somit auch dem Schutz der Umwelt einschließlich der menschlichen Gesundheit (vgl. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. September 2016 – 2 L 98/13 –, Rn. 151, juris). Die Einordnung einer Anlage als Störfallanlage beschreibt aber nur ein gewisses Gefahrenpotential der Anlage, dass durch die Pflichten der Verordnung gerade verhindert werden soll. Aus der Überschreitung der in Anhang 1 der 12. BImSchV genannten Mengenschwellen allein folgt noch nicht, dass die Anlage erhebliche Umweltauswirkungen im Einzelfall haben kann. Vielmehr ist der Einzelfall zu betrachten, insbesondere ist bei der Vorprüfung zu berücksichtigen, inwieweit durch die vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 2019 – 3 C 12/18 –, Rn. 20, juris). Gerade solche Vermeidungsmaßnahmen stellen die Pflichten der Störfallverordnung dar. Entsprechend musste auch das Konzept zur Verhinderung von Störfällen gemäß § 8 der 12. BImSchV zum Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung noch nicht vorliegen. Schließlich hatte der Gesetzgeber die Möglichkeit, Anlagen, die der Störfallverordnung unterfallen, eine UVP-Pflicht durch entsprechende Aufnahme in Anlage 1 des UVPG aufzuerlegen. Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber jedoch keinen Gebrauch gemacht.
ddd. Auch folgt nicht aus der Einordnung der Anlage als einer der Industrieemissionsrichtlinie 2010/75/EU unterfallenden Anlage eine UVP-Pflicht. Auch hier hatte der Gesetzgeber die Möglichkeit, solche Anlagen der UVP-Pflicht zu unterwerfen; er hat sich jedoch bei der vorliegenden Anlage lediglich für die Pflicht zur Durchführung einer UVP-Vorprüfung entschieden. Der Beklagte hat auch gesehen, dass die Anlage der Industrieemissionsrichtlinie unterfällt und diesen Umstand hinreichend miteinbezogen.
eee. Entgegen den Ausführungen des Klägers ist die UVP-Vorprüfung auch nicht fehlerhaft hinsichtlich der überschlägigen Prüfung der Belastbarkeit der Schutzgüter unter besonderer Berücksichtigung von Natura 2000-Gebieten nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 BNatSchG und von Art und Umfang des ihnen jeweils zugewiesenen Schutzstatus. Die UVP-Vorprüfung führt aus, dass das Gelände im SPA-Gebiet „R_____-H_____“ und im Landschaftsschutzgebiet (LSG) W_____liege. Ein Ausgliederungsverfahren werde durch das MUGV durchgeführt. Im selben Ordnerregister des Verwaltungsvorgangs der UVP-Vorprüfung findet sich auf Seite 3621 darüber hinaus ein handgeschriebener Zettel, auf welchem steht: „FFH-VP korrekt abgearbeitet; Ausgliederung aus LSG; SPA-verträglich“. Außerdem findet sich in demselben Ordnerregister eine Kopie der Seite 86 und 87 aus der Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Biomethananlage P_____Straße“. In dieser Begründung wird ausgeführt, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung für die genannten Schutzgebiete in Bezug auf die Verträglichkeit des geplanten Biogasanlagenstandortes durchgeführt wurde. Diese Prüfung hätte ergeben, dass bei Durchführung der in der Verträglichkeitsuntersuchung festgesetzten Maßnahmen keine erheblichen Beeinträchtigungen des SPA-Gebiets „R_____-H_____“ und des LSG W_____vorlägen. Dabei wurde dieses Dokument, wie anhand der Markierungen zu erkennen ist, auch durchgearbeitet. Damit ist es plausibel, dass der Beklagte auch die FFH-Verträglichkeitsprüfung überschlägig geprüft hat und so zu seinem in der UVP-Vorprüfung vermerkten Ergebnis gelangt ist. So ist der Beklagte im Aufstellungsverfahren des entsprechenden Bebauungsplans auch beteiligt worden (vgl. Seite 1525 der Verwaltungsvorgänge).
fff. § 50 Abs. 1 Satz 2 UVPG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 UVPG a.F. können vorliegend nicht mehr zur Anwendung kommen, weil der Bebauungsplan für unwirksam erklärt wurde. Demgemäß kann entgegen der Ausführung des Beklagten und der Beigeladenen die im Rahmen des Aufstellungsverfahrens des Bebauungsplans vorgenommene Umweltprüfung eine fehlerhafte UVP-Vorprüfung nicht ersetzen.
bb. Aufgrund der mangelnden Plausibilität der UVP-Vorprüfung bestand eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Es liegt ein Fall des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) UmwRG, d. h. einer erforderlichen und nicht durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung vor. Ausweislich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt aus dem Umstand, dass sich das Ergebnis der Vorprüfung, erhebliche nachteilige Auswirkungen seien nicht zu erwarten, als nicht nachvollziehbar erweist, zugleich, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 A 31/10 –, BVerwGE 141, 282-293, Rn. 33). Es kann letztlich offenbleiben, ob dieser Schluss in allen Fällen der Nichtnachvollziehbarkeit i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 3a Satz 4 UVPG a.F. zwingend ist oder in solchen Fällen nur „in aller Regel eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen“, deren Unterbleiben einen Mangel i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) UmwRG darstellt. Jedenfalls wenn – wie hier – auf der Basis aller vorliegenden Informationen das im Rahmen einer UVP-Vorprüfung des Einzelfalls gefundene Ergebnis, das Vorhaben könne keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben, nicht plausibel ist, ist von einer UVP-Pflicht auszugehen. Wie vorstehend ausgeführt, ist schon bei insoweit verbleibenden Zweifeln im Rahmen der Vorprüfung zu Gunsten einer UVP-Pflicht zu entscheiden, denn mit der Vorprüfung soll nicht geklärt werden, ob es tatsächlich zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen kommen wird. Es geht vielmehr um die Feststellung eines Besorgnispotentials, sodass bei verbleibenden Unsicherheiten eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Sangenstedt, 77. EL August 2015, UVPG § 3c Rn. 16). In Anbetracht dessen, dass die Geruchsimmissionen im Grenzbereich des Zulässigen liegen und die Beurteilung der Ammoniakimmissionen vom 26. März 2014 nicht plausibel ist, ist dies der Fall.
cc. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht wegen einer mangelhaften Öffentlichkeitsbeteiligung mit Blick auf das Stöfallkonzept formell rechtswidrig. Dem Erfordernis der Anstoßfunktion ist hinreichend genüge getan, sodass die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG rechtmäßig erfolgte.
Gem. § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG sind der Antrag und die vom Antragssteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Abs. 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Konkretisierende Regelungen sind hier der 9. BImSchV zu entnehmen, die nach § 1 Abs. 1 das Verfahren für genehmigungsbedürftige Anlagen regelt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV sind bei der Genehmigungsbehörde und, soweit erforderlich, bei einer geeigneten Stelle in der Nähe des Standorts des Vorhabens der Antrag sowie die beigefügten Unterlagen auszulegen, die die Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit enthalten. Darüber hinaus sind nach Satz 2, soweit vorhanden, die entscheidungserheblichen sonstigen der Genehmigungsbehörde vorliegenden behördlichen Unterlagen zu dem Vorhaben auszulegen, die Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit oder Empfehlungen zur Begrenzung dieser Auswirkungen enthalten. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der 12. BImSchV hat der Betreiber vor Inbetriebnahme ein schriftliches Konzept zur Verhinderung von Störfällen auszuarbeiten und es der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen. Gemäß Absatz 2 soll das Konzept ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt gewährleisten und den Gefahren von Störfällen im Betriebsbereich angemessen sein. Es muss die übergeordneten Ziele und Handlungsgrundsätze des Betreibers, die Rolle und die Verantwortung des Betriebsbereichs umfassen sowie die Verpflichtung beinhalten, die Beherrschung der Gefahren von Störfällen ständig zu verbessern und ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten. Dieses Störfallkonzept, das Angaben auf die Auswirkungen der Nachbarschaft enthält, muss ebenfalls ausgelegt werden. Aus dem systematischen Zusammenhang des § 10 Abs. 3 BImSchG und § 10 Abs. 1 der 9. BImSchV mit § 7 Abs. 1 der 9. BImSchV, nach dem die Behörde die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen vor der Durchführung des weiteren Genehmigungsverfahrens auf Vollständigkeit zu prüfen und gegebenenfalls auf ihre Vervollständigung hinzuwirken hat, ergibt sich, dass ein Fehler bei der Prüfung und Herbeiführung der Vollständigkeit auf die nachfolgende Auslegung der Unterlagen durchschlagen kann. Die Rechtsfolge wäre, dass die Unvollständigkeit der ausgelegten Unterlagen sich nur durch Einholung ergänzender, die Vollständigkeit herbeiführender Unterlagen und eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit beseitigen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. September 2016 – 7 C 1.15 –, Rn. 19, juris).
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV sind die Unterlagen vollständig, wenn sie sich zu allen rechtlich relevanten Aspekten des Vorhabens verhalten und damit die Behörde in die Lage versetzen, den Antrag unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben näher zu prüfen, und wenn sie alle Angaben enthalten, die notwendig sind, um den Betroffenen das Interesse an der Erhebung von Einwendungen bewusst zu machen (sog. Anstoßwirkung) (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 2017 - 7 A 17.12 -, Rn. 26, juris; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 8. Juni 2018 - 2 L 11/16 -, Rn. 317, juris). Die Anstoßwirkung soll der Sicherung des Zwecks der Öffentlichkeitsbeteiligung, durch Einbeziehung von Meinungsäußerungen und Bedenken der Öffentlichkeit zu Umweltbelangen den behördlichen Entscheidungsprozess besser und transparenter zu gestalten, dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 – 7 A 2/15 –, BVerwGE 158, 1-142, Rn. 28).
Nach diesem Maßstab reicht es aus, dass das Konzept zur Verhinderung von Störfällen in der Fassung vom 1. Mai 2013 ausgelegt worden ist. Dieses wurde zwar überarbeitet und in der Fassung vom 10. April 2014 Bestandteil der Genehmigung. Eine erneute Auslegung des überarbeiteten Konzepts war jedoch nicht erforderlich. Denn mit dem Konzept vom 1. Mai 2013 wurde bereits die Anstoßwirkung erzielt. Es ist nicht erforderlich, dass die Unterlagen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens bereits belegen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 23. Oktober 2017 - 8 B 565/17 -, Rn. 25, juris). Vielmehr sind die Unterlagen erst dann unvollständig, wenn sie rechtlich relevante Fragen vollständig unberücksichtigt lassen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 23. Oktober 2017 - 8 B 565/17 -, Rn. 25, juris). Im Umkehrschluss sind die Unterlagen nicht unvollständig, wenn lediglich einzelne Aspekte der rechtlich relevanten Fragen nicht mit hinreichender Tiefe ermittelt, einzelne Angaben fehlerhaft, Unterlagen unzureichend oder Bewertungen fachlich fragwürdig sind (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 20. Februar 2018 - 8 B 840/17 -, Rn. 19, juris). Dabei ist zur Erzielung der Anstoßwirkung nicht erforderlich, dass ein Gutachten der fachlichen Prüfung in jeder Hinsicht standhält und keine weiteren fachlichen Fragen aufwirft. Fachliche Einwände und ein fachliches Nachhaken stehen der Annahme der Vollständigkeit nicht entgegen, sofern die fragliche Unterlage eine fachliche Prüfung überhaupt ermöglicht (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 23. Oktober 2017 - 8 B 565/17 -, Rn. 25, juris). Es ist nicht erkennbar und durch den Kläger auch nicht dargelegt, dass das überarbeitete Störfallkonzept maßgebliche Änderungen mit Blick auf weitergehende Auswirkungen auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit enthält. Hierfür spricht auch, dass sich die Biogasmenge in den Störfallkonzepten nicht verändert hat.
dd. Nach § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG führt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1bis 2b oder 5 UmwRG, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Eine mögliche Heilung wurde jedoch bisher nicht vorgenommen, sodass die Genehmigung bis zur Vornahme des Verfahrensschrittes formell rechtswidrig ist.
b. Die Genehmigung ist auch materiell rechtswidrig. Der Errichtung und dem Betrieb der Anlage stehen andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, sodass die Genehmigung grundsätzlich nicht zu erteilen ist, vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. BImSchG. Im Einzelnen:
aa. Die Anlage ist bauplanungsrechtlich unzulässig. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach § 35 BauGB, weil sich die Anlage im Außenbereich befindet. Die Anlage liegt weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes noch ist sie innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) belegen. Die vorhabenbezogenen Bebauungspläne hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg für unwirksam erklärt und sind daher als von Anfang an nichtig anzusehen.
Bei der streitgegenständlichen Anlage handelt es sich nicht um ein allein in Betracht kommendes privilegiertes Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Die Voraussetzungen der Norm liegen nicht vor, da die Anlage ausweislich der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ca. 11.467.000 Normkubikmeter Biogas pro Jahr produzieren soll.
Das Vorhaben ist auch nicht als sonstiges Vorhaben bauplanungsrechtliche zulässig. Sonstige Vorhaben können gemäß § 35 Abs. 2 BauGB im Einzelfall zugelassen werden, wenn die Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Vorliegend beeinträchtigt das Vorhaben jedoch das Gebot des Planerfordernisses als ungeschriebener sonstiger öffentlicher Belang i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Dieser öffentliche Belang bringt zum Ausdruck, dass die in § 35 BauGB selbst enthaltenen Vorgaben nicht ausreichen, um im Sinne dieses Konditionalprogramms eine Entscheidung über die Zulässigkeit des beabsichtigten Vorhabens treffen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. August 2002 – 4 C 5/01 –, BVerwGE 117, 25-42, Rn. 18). Das streitgegenständliche Außenbereichsvorhaben löst eine Konfliktlage mit so hoher Intensität für die berührten öffentlichen und privaten Belange aus, dass dies die in § 35 BauGB vorausgesetzte Entscheidungsfähigkeit des Zulassungsverfahrens übersteigt.
Die Biogasanlage in dieser Größe (160 Tonnen Durchsatzkapazität am Tag) stellt eine Anlage dar, die erhebliche Umweltauswirkungen haben kann und regelmäßig hat. So bestehen nicht nur durch die Anlage selbst erhebliche Umweltauswirkungen, sondern auch dadurch, dass die Anlage durch umliegende Betriebe mit den Einsatzstoffen versorgt wird und für die Biogasanlage Einsatzstoffe in der Umgebung angebaut werden. Diesen Auswirkungen auf die Nachbarschaft und die Umwelt kann nur im Rahmen einer Abwägung hinreichend Rechnung getragen werden. Hierfür wird gemäß § 2 Abs. 4 BauGB für die Belange des Umweltschutzes nach §§ 1 Abs. 6 Nr. 7; 1a BauGB eine Umweltprüfung durchgeführt. Darin werden die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet. So können im Einzelfall die Umweltauswirkungen, gerade auch auf die Nachbarschaft, ermittelt und bewertet werden und im Rahmen der Abwägung in einen Ausgleich gebracht werden. Darüber hinaus unterfällt die Anlage grundsätzlich auch der Störfallverordnung, da sie gewisse Mengenschwellen gefährlicher Stoffe überschreitet. Durch die Bauleitplanung kann dem störfallbezogenen Gebietsschutz nach § 50 BImSchG hinreichend Rechnung getragen werden, weil auch störfallrelevante Belange (insb. das Abstandsgebot) in die Planung mit einbezogen werden können. Dies ist im Rahmen der Prüfung der Beeinträchtigung öffentlicher Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht in der notwendigen Form möglich.
Das Planerfordernis erfolgt auch aus der gesetzgeberischen Intention des § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. d) BauGB. Die Rechtfertigung für die Privilegierung von Biomasseanlagen im Außenbereich ist in der Verbindung dieser Anlagen mit den im Außenbereich privilegierten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, Gartenbaubetrieben und Tierhaltungsbetrieben begründet. Die bei ihnen anfallende Biomasse soll „an Ort und Stelle“ in Gas, Strom und anderes umgewandelt werden (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Söfker, 155. EL August 2024, BauGB § 35 Rn. 59). Diese zunächst mit einer deutlich höheren Kapazitätsbeschränkung erlassene Privilegierung sollte jedoch begrenzt werden, da sich immer größere Tierhaltungsbetriebe mit entsprechend großen Biogasanlagen im Außenbereich ansiedelten. In § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts die Schwelle eingefügt, dass für eine Privilegierung die Kapazität der Anlage nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr überschreiten darf. Diese Schwelle wurde mit der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Bt.-Drs. 17/13272) aufgenommen. Hintergrund der Regelung war, dass die bis dahin geltende, unbegrenzte Privilegierung von gewerblichen Tierhaltungsanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu einer ungesteuerten Ansiedlung einer Vielzahl von großen Stallanlagen der gewerblichen Intensivtierhaltung und sie ergänzender Biogasanlagen, die in erheblichem Umfang zur Zersiedelung des Außenbereichs beitragen, führe. Diese Zersiedelung beeinträchtige dabei auch in erheblichem Maße die Möglichkeiten der kommunalen Bauleitplanung, den verschiedenen gesellschaftlichen Ansprüchen an die Fläche steuernd gerecht zu werden und eine verträgliche Bodennutzung zu ermöglichen (Bt.-Drs. 17/13272, S. 9).
bb. Es ist nach derzeitiger Sachlage nicht auszuschließen, dass Vorschriften des Biotopschutzes durch die Genehmigung verletzt werden. Soweit erforderlich, kann ein Verstoß jedoch durch die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 30 Abs. 3 BNatSchG oder durch die Gewährung einer Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 BNatSchG im ergänzenden Verfahren geheilt werden. Im Einzelnen:
Nach § 30 Abs. 2 BNatSchG sind Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung gesetzlich geschützter Biotope führen können. Der Begriff der Zerstörung meint die physische Beseitigung eines Biotops der gesetzlich geschützten Art, erfasst aber auch jede Handlung, die es mit sich bringt, dass die für den Biotoptyp charakteristischen Eigenschaften entfallen (vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Gellermann, 105. EL September 2024, BNatSchG § 30 Rn. 19). Der Begriff der sonstigen erheblichen Beeinträchtigung erfasst Veränderungen, die den Wert und die Eignung des Biotops als Lebensraum mindern (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 – 9 A 12/19 –, Rn. 636, juris). Ausreichend ist hierfür eine Verschlechterung des vorhandenen Zustandes, die nach Art, Umfang oder Schwere nicht nur als unbedeutend zu bewerten ist oder zwar die Schwelle der Erheblichkeit nicht erreicht, aber dauerhaft wirkt und in absehbaren Zeiträumen nicht „von selbst heilt“ (vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Gellermann, 105. EL September 2024, BNatSchG § 30 Rn. 20). Nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG bedarf es für ein Verbot keiner konkret darzulegenden Beeinträchtigung. Es genügt vielmehr, dass die beabsichtigte Maßnahme diese Folge haben kann. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine mögliche Beeinträchtigung spricht, würde die Maßnahme vorgenommen (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 11. September 2012 – 1 LA 40/12 –, Rn. 5, juris).
In Ansehung der bereits aufgeführten Mängel der Beurteilung der Ammoniakimmissionen ist die Schlussfolgerung des Beklagten, dass mit einer erheblichen Beeinträchtigung nicht zu rechnen sei, nicht tragfähig. Vielmehr ist im vorliegenden Fall unklar, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der im Umfeld der geplanten Biogasanlage befindlichen Biotope durch Stickstoffeinträge zu erwarten ist.
Damit ist zwar ein Verstoß gegen § 30 Abs. 2 BNatSchG möglich. Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG führt eine Verletzung materieller Rechtsvorschriften jedoch nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 2b oder 5 UmwRG, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Entsprechend der Möglichkeit eines ergänzenden Verfahrens führt die Verletzung dieser Vorschrift nicht zwangsläufig zur Aufhebung der Genehmigung. Es wäre im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens bei der Prüfung des Biotopschutzes zu klären, welche Biotope im Einwirkungsbereich der geplanten Anlage vorkommen, wobei als Einwirkungsbereich das Gebiet anzusehen sein dürfte, welches von der Isolinie der Zusatzbelastung von mehr als 0,3 kg N/ha*a erfasst wird. Für die erfassten Biotope dürfte eine Klärung der jeweiligen Belastungsgrenze im Hinblick auf Stickstoffeinträge erforderlich sein. Hierzu dürfte die Heranziehung des Konzepts der Critical Loads grundsätzlich geeignet sein. Zu klären ist ferner die Zusatzbelastung durch die geplante Anlage sowie die Gesamtbelastung an den einzelnen Biotopen (vgl. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 8. Juni 2018 – 2 L 11/16 –, Rn. 270 - 271, juris).
Soweit hiernach eine erhebliche Beeinträchtigung eines Biotops i.S.d. § 30 Abs. 2 BNatSchG durch Stickstoffeinträge vorliegen sollte, ist zusätzlich die Möglichkeit der Zulassung einer Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG sowie der Gewährung einer Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 BNatSchG zu prüfen.
cc. Es liegt weiterhin ein Verstoß gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung vor. Soweit erforderlich, kann ein Verstoß auch insoweit durch die nachträgliche Aufnahme von Ersatzmaßnahmen nach i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG im ergänzenden Verfahren geheilt werden.
Grundsätzlich ist der Verursacher eines Eingriffs gemäß § 15 Abs. 1 BNatSchG verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Eingriffe in Natur und Landschaft sind gemäß § 14 Abs. 1 BNatSchG Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Beeinträchtigungen sind gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Die streitgegenständliche Biogasanlage weist die Voraussetzungen eines Eingriffs i.S.d. § 14 Abs. 1 BNatSchG auf. Durch die Anlage erhöht sich die Bodenversiegelung um 26.472 m² (vgl. Seite 753 der Antragsunterlagen zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung).
Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ist der Verursacher verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Nach § 15 Abs. 2 Satz 3 BNatSchG ist eine Beeinträchtigung ersetzt, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Vorliegend soll eine Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung gemäß den Festsetzungen im Bebauungsplan und der Begründung zum Bebauungsplan erfolgen (vgl. Angabe auf Seite 755 der Verwaltungsvorgänge). Hinsichtlich der Bodenversiegelung von 26.472 m² sieht der Bebauungsplan „Biomethananlage P_____Straße“ einen Kompensationsbedarf von 52.944 m² in Anlehnung an die vorläufigen Hinweise zum Vollzug der Eingriffsregelung nach den §§ 10-18 BbgNatSChG a.F. vor. Als Kompensation für die Bodenversiegelung sieht der Bebauungsplan die Pflanzung von 73 Bäumen und 621 Sträuchern sowie die Umwandlung von Intensivgrasland in Extensivgrünland vor. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sieht lediglich hinsichtlich der zu fällenden Bäume, der Beeinträchtigung des Wurzelbereichs von Bäumen und dem Verlust von Windschutzhecken in den Nebenbestimmungen IV.8.2 bis IV.8.4 Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen vor. Eine Regelung hinsichtlich der wegen der Bodenversiegelung durchzuführenden Ersatzmaßnahmen trifft die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht. Mangels eines wirksamen Bebauungsplans fehlt es folglich an einer Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme der Bodenversiegelung. Mithin liegt ein Verstoß gegen § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG vor.
dd. Es ist nach der derzeitigen Sachlage nicht auszuschließen, dass die Genehmigung gegen artenschutzrechtliche Vorschriften verstößt. Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ist es verboten, unter anderem wild lebende Tiere der streng geschützten Arten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 14 lit. b) BNatSchG Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) („Microchiroptera“) gehören Fledermäuse zu den streng geschützten Arten. Störungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG können auch durch akustische Reize ausgelöst werden, die zu Irritationen der Tiere und hierdurch bedingte Verhaltensänderungen wie etwa der Vergrämung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2018 – 9 A 8.17 –, Rn. 125, juris; BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, Rn. 85, juris).
Bei ihrer Entscheidung über die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung steht der Genehmigungsbehörde für die Prüfung, ob artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt sind, hinsichtlich der Bestandserfassung und Risikobewertung eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu, soweit sich zu ökologischen Fragestellungen noch kein allgemein anerkannter Stand der Fachwissenschaft herausgebildet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 – 7 C 40/11 –, Rn. 19, juris). Die behördliche Einschätzungsprärogative hat zur Folge, dass die Annahmen der Genehmigungsbehörde einer nur eingeschränkten Kontrolle zugänglich sind. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 – 9 A 14/07 –, BVerwGE 131, 274-315, Rn. 65). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichen, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen. Die einzufordernde Untersuchungstiefe hängt dabei maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Jedenfalls benötigt die entscheidende Behörde Daten, denen sich in Bezug auf das Untersuchungsgebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen (vgl. VG Darmstadt, Beschluss vom 24. August 2018 – 6 L 4907/17.DA –, Rn. 126, juris).
Um festzustellen, ob Verbotstatbestände vorliegen, ist zunächst eine artenschutzrechtliche Ermittlungs- und Bestandsaufnahme durchzuführen. Zwar erfordert eine solche in der Bauleitplanung keine umfassende Bestandsaufnahme aller von einem Vorhaben betroffenen Tier- und Pflanzenarten, sondern es kann anhand repräsentativer Tier- und Pflanzengruppen und vorgefundener Vegetationsstrukturen sowie vorhandener Literaturangaben eine Erfassung und Bewertung des Eingriffs vorgenommen werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Dezember 2023 – 2 A 7/20 –, S. 14, EA). Das verpflichtet die Behörde nicht, ein lückenloses Arteninventar zu fertigen. Welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen zu stellen sind, hängt vielmehr von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall sowie von Art und Ausgestaltung des Vorhabens ab. Auch Stichproben können daher gegebenenfalls genügen. Ein allgemeinverbindlicher Standard, aus dem sich ergibt, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung und Bestandsaufnahme als artenschutzfachliche Beurteilungsgrundlage ausreicht, besteht nicht. Der individuumsbezogene Ansatz der artenschutzrechtlichen Vorschriften verlangt Ermittlungen, deren Ergebnisse die Behörde in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu überprüfen. Hierfür benötigt sie Daten zur Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten im Eingriffsbereich. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 22. April 2016 – 7 KS 27/15 –, Rn. 281, juris). Bei Bestandserfassungen muss jedenfalls dokumentiert werden, wann, in welchem Bereich nach welcher Methode vorgegangen worden ist und - idealerweise - ob bei wiederholter Begehung desselben Raums jeweils dieselbe Person tätig geworden ist; die gesamten Rohdaten der Kartierung müssen hingegen nicht offengelegt werden (vgl. Lau, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 4. Auflage 2009, § 44 BNatSchG, Rn. 16). Da die Bestandserfassung auf ökologische Bewertungen angewiesen ist, für die normkonkretisierende Maßstäbe und verbreitet auch gesicherte naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Standards fehlen, steht der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, Rn. 45, juris; Blessing/Scharmer, Der Artenschutz im Bebauungsplanverfahren, 3. Aufl. 2022, Rn. 349 ff.)
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Einschätzung des Beklagten, eine vorhabenbedingte Verletzung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände sei nicht zu erwarten, zu beanstanden. Vielmehr hätte es einer hinreichend dokumentierten Bestandsaufnahme bedurft. Die Begründung des Bebauungsplans „Biomethananlage P_____Straße“ vom April 2014, die nach der streitgegenständlichen Genehmigung zu den Antragsunterlagen gehört, führt auf Seite 57 aus, dass Fledermausquartiere im Plangebiet und seiner angrenzenden Umgebung nicht bekannt seien. So wären die innerhalb des Plangebiets befindlichen Bauten auf Fledermäuse untersucht worden. Auch wären die vorhandenen Bäume und die zur Waldumwandlung beantragte Kiefern-Eichen-Forstfläche im Plangebiet auf Fledermausquartiere begutachtet worden. Dabei seien keine Fledermäuse gefunden worden. Dabei kann jedoch nicht nachvollzogen werden, wie die Bestandserfassung ablief, ob es sich lediglich um Stichproben handelt und weshalb diese Methode angewandt wurde. Zumindest bestanden bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung verschiedene Methoden zur Erfassung von Fledermäusen (bspw. Dietz, M. & M. Simon (2005): Säugetiere – Fledermäuse (Chiroptera), in Döoerpinghaus, A., Eichen, Ch., Gunnemann, H.; Leopold, P.; Neukirchen, M.; Petermann, J. & E. Schröder (Hrsg.): Methoden zur Erfassung von Arten der Anhänge IV und V der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. S. 337-339). Es lässt sich anhand der Ausführungen nicht überprüfen, ob die Bestandserfassung und die darauf beruhende Einschätzung, ob artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt sind, naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.
Diese unzureichend dokumentierte Bestandsermittlung wurde auch nicht durch den Umweltbericht im Rahmen des Bebauungsplans Biomethananlage P_____vom Dezember 2018 geheilt. Soweit dieser feststellt, dass Fledermäuse nahezu im gesamten Untersuchungsgebiet nachzuweisen sind, fehlt es an einer ausreichenden artenschutzrechtlichen Prüfung. Die durchgeführte Relevanzprüfung reicht nicht aus. Vielmehr hätte es für die artenschutzrechtliche Prüfung des Beklagten einer Ermittlung- und Bestandsaufnahme der vorhandenen Fledermausarten, ihrer Häufigkeit und Verteilung sowie ihrer Lebensräume bedurft, um den Beklagten in die Lage zu versetzen zu bewerten, ob durch die Genehmigung die Erfüllung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) droht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Dezember 2023 – OVG 2 A 7/20 –, S. 14 ff., EA).
Soweit gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände verstoßen werden sollte, ist zusätzlich die Möglichkeit der Zulassung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG oder der Gewährung einer Befreiung nach § 67 BNatSchG zu prüfen.
ee. Ein Verstoß gegen § 34 Abs. 2 BNatSchG liegt entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor. Gemäß § 34 Abs. 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiet zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig.
Nach Ansicht des Klägers sei ein Nachweis dafür, dass erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des SPA-Gebiets „R_____-H_____“ sicher ausgeschlossen sind, nicht erbracht. So fänden sich in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung selbst zu § 34 Abs. 2 BNatSchG bzw. zu den Erhaltungszielen des SPA-Gebiets „R_____-H_____“ keine Erläuterungen, aus denen ersichtlich wäre, dass der Beklagte bei Erteilung der Genehmigung eine vertiefende Prüfung des § 34 Abs. 2 BNatSchG unternommen hätte. Diesem Einwand folgt die Kammer nicht.
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung besagt unter IV.1, dass die Antragsunterlagen Bestandteil der Genehmigung seien. Unter III. wird ausdrücklich auf den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Biomethananlage P_____Straße“ sowie dessen Begründung Bezug genommen. Der Begründung zum Bebauungsplan „Biomethananlage P_____Straße“ (Seite 861 der Verwaltungsvorgänge) ist auf Seite 96 zu entnehmen, dass durch den Träger der Bauleitplanung eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung unter anderem in Bezug auf die Verträglichkeit des geplanten Biogasanlagenstandorts mit dem SPA-Gebiet „R_____-H_____“ vorgenommen wurde. Diese Prüfung habe ergeben, dass bei Durchführung der Maßnahmen zur Schadensbegrenzung, keine erheblichen Beeinträchtigungen des SPA-Gebiets „R_____-H_____“ zu erwarten seien. Auch nimmt die Genehmigung unter V.1. auf die in der Verfahrensakte befindlichen Unterlagen zur Vorprüfung Bezug. Die UVP-Vorprüfung erkennt, dass das Gelände im SPA-Gebiet „R_____-H_____“ liegt. Sie führt im Ergebnis aus, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen haben kann. Die von dem Beklagten überprüfte FFH-Verträglichkeitsprüfung selbst wurde wirksam dokumentiert und entspricht insoweit dem Erfordernis, den besten wissenschaftlichen Standard den fachwissenschaftlichen Erkenntnissen zugrunde gelegt zu haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 – 9 A 20/05 –, BVerwGE 128, 1-76, Rn. 70). Die FFH-Verträglichkeitsprüfung hat zunächst sorgfältig den Bestand der für die Erreichung der Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteile des SPA-Gebiets erfasst und bewertet (vgl. zu den Voraussetzungen: BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2022 – 9 A 1/21 –, BVerwGE 176, 94-130, Rn. 53). Sodann stellt diese die Erhaltungsziele des SPA Gebietes „R_____-H_____“ den Auswirkungen des Vorhabens gegenüber und beurteilt, ob erhebliche Auswirkungen auf den Erhaltungszustand bestehen. Zuletzt kommt die Prüfung zu dem Ergebnis, dass aus wissenschaftlicher Sicht keine vernünftigen Zweifel verbleiben, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden, wobei die im Maßnahmenkatalog genannten Vermeidungsmaßnahmen berücksichtigt werden (vgl. zum Maßstab: OVG Lüneburg, Beschluss vom 10. November 2023 – 4 LA 163/21 –, Rn. 21, juris m.w.N.). Mithin ist die FFH-Verträglichkeitsprüfung nachvollziehbar und plausibel, sodass keine Zweifel an deren Ergebnis verbleiben.
ff. Soweit der Kläger einen Verstoß gegen § 12 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 DüV geltend macht, kann er hiermit ebenfalls nicht durchdringen. Die Frage der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts beurteilt sich grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung. Nachträgliche Änderungen der rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen einer Genehmigung können allenfalls Anlass und Rechtfertigung für einen Widerruf nach § 21 BImSchG sein, wie sich aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BImSchG zu nachträglich eingetretenen Tatsachen oder geänderten Rechtsvorschriften ergibt (vgl. zu § 49 VwVfG: BVerwG, Urteil vom 18. März 2021 – 7 C 1/20 –, Rn. 16, juris). § 12 DüV in der Fassung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) war zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung betreffend die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht in Kraft. In der Düngeverordnung in der Fassung vom 27. Februar 2007 (BGBl. I S. 221), die bis zum 2. Juni 2017 galt, gab es keine Vorgaben hinsichtlich des Fassungsvermögens von Anlagen zur Lagerung von Wirtschaftsdüngern und Gärrückständen.
gg. Der Kläger kann sich zudem nicht auf eine Verletzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch erhebliche Geruchsbelästigungen berufen. Vorliegend ist nicht davon auszugehen, dass mit der Biogasanlage schädliche Umwelteinwirkungen verbunden sind, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Von der Biogasanlage der Beigeladenen gehen keine unzumutbaren Geruchsimmissionen aus. Der Kläger kann die diesbezüglichen Feststellungen in den vorgelegten Gutachten nicht hinreichend substantiiert in Frage stellen.
Für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Gerüchen kann auf die Geruchsimmissionsrichtlinie als Orientierungshilfe zurückgegriffen werden, wobei sich aber jede schematische Anwendung der dort bestimmten Immissionswerte verbietet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 2018 – 4 B 3/18 –, Rn. 6, juris). Die Geruchsimmissionsrichtlinie ist weder Rechtsnorm, noch kommt ihr die Qualität einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift zu. Sie ist ein technisches Regelwerk, das für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Gerüchen nicht rechtssatzartig, insbesondere nicht im Sinne einer Grenzwertregelung, sondern lediglich in ihrer Bedeutung eines antizipierten generellen Sachverständigengutachtens (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. August 2015 – 4 BN 28/15 –, Rn. 5, juris) als Orientierungshilfe herangezogen werden darf (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2017 – 4 C 3/16 –, BVerwGE 159, 187-194, Rn. 15). Auch ihre Auslegung ist deshalb nicht Rechtsanwendung, sondern auf der Grundlage des in der Richtlinie zusammengefassten sachverständigen Wissens Tatsachenfeststellung. Berechnungen auf der Basis der Geruchsimmissionsrichtlinie stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. Februar 2014 – 1 B 11320/13 –, Rn. 20, juris; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. September 2016 – 2 L 98/13 –, Rn. 99, juris). Daher ist die Frage der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die Geruchsimmissionsrichtlinie einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist (vgl. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. September 2016 – 2 L 98/13 –, Rn. 99, juris).
Von der Anlage gehen keine unzumutbaren Geruchsimmissionen aus. Soweit die Genehmigung für die Geruchsimmissionen einen Beurteilungswert von 0,20 als Grenzwert annimmt, ist dies vertretbar. In der Genehmigung führte der Beklagte aus, dass im Außenbereich für Tierhaltungsgerüche ein Beurteilungswert bis zu einem Geruchsstundenanteil von 0,25 ohne weitere Prüfung herangezogen werden kann. Da es sich bei der beantragten Biogasanlage nicht um eine landwirtschaftliche, sondern vielmehr um eine gewerbliche bzw. industrielle Anlage handelt, könne dieser Beurteilungswert nicht herangezogen werden und es bedürfe nach den Auslegungshinweisen zur Geruchsimmissionsrichtlinie einer Einzelfallprüfung. Gegen diese Einzelfallprüfung, die in der Genehmigung vorgenommen wird, hat die Kammer keine Bedenken. Diese ist ausgewogen zwischen den verschiedenen Belangen und beachtet die tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls hinreichend.
Die Kammer legt die Ergebnisse der Gutachtlichen Stellungnahme zu Gerüchen im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung und dem Betrieb einer Biomethananlage vom 23. Juni 2014 zu Grunde. Die hiergegen vorgetragenen Einwendungen des Klägers überzeugen die Kammer nicht.
Soweit der Kläger anführt, dass für die Schweinehaltung ein falscher Geruchsemissionsfaktor verwendet werde und der richtige Faktor 50 sei, überzeugt dies nicht. Auch müssen hinsichtlich der in der Anlage zur Geruchsimmissionsrichtlinie aufgeführten Emissionsfaktoren keine höheren Werte als 3 für Mais bzw. 6 für Ganzpflanzensilage herangezogen werden. Nach dem Biogasanlagenerlass ist nach Nummer 1.4 für die Ermittlung der Geruchsemissionen im Rahmen der Beurteilung von Geruchsimmissionen aus Biogasanlagen die Emissionsfaktorenliste des MUGV heranzuziehen. Danach ist für die Schweinemast mit Tiefstreuverfahren ein Geruchsemissionsfaktor [GE/(sxGV)] von 30 heranzuziehen und lediglich für Schweinemast mit Flüssigmist-/ Festmistverfahren ein Faktor von 50. Soweit der Kläger bemängelt, dass in den früheren Versionen der Geruchsgutachten im Rahmen der Vorbelastung durch die H_____GmbH eine Schweinemast mit Flüssigmist und dann erst in späteren Versionen mit Tiefstreuverfahren angenommen wurde (vgl. Seite 28 des Geruchsgutachtens), führt eine Veränderung solcher Verfahren im Gutachten nicht dazu, dass dieses unplausibel ist. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür, dass das Tiefstreuverfahren zu Unrecht angenommen wurde. Auch werden in der genannten Emissionsfaktorenliste für Maissilage der Geruchsemissionsfaktor [GE/(m²s)] von 3 und für Granzpflanzensilage von 6 aufgeführt, sodass deren Verwendung plausibel ist.
Der Einwand des Klägers, dass laut Geruchsimmissionsrichtlinie für das Befüllen des Dosierers vier Stunden anzusetzen seien, greift nicht durch. Nach Ansicht des Klägers erscheine es unlogisch und unzulässig, diese vier Stunden auf die zwei Dosierer zu verteilen. Das Gutachten führt nachvollziehbar auf, in welcher Zeit die Beschickung der Dosierer erfolgt und, dass pro Dosierer maximal 110 Minuten benötigt werden. Soweit kann der Ansatz von zwei Stunden Beschickungszeit pro Dosierer überzeugen.
Soweit der Kläger ausführt, dass die Fläche für das Aufdecken der Siloabdeckung nicht berücksichtigt sei, verkennt er, dass durch die Nebenbestimmung IV.4.20 und IV.4.21 die Anschnittsflächen der Silagesilos beschränkt sind und nach der Nebenbestimmung IV.4.30 die Silagen in der Fahrsiloanlage geruchsdicht abzudecken sind. Aufgrund der senkrechten Anschnittfläche ist ein Aufdecken der Siloabdeckung nur in geringem Umfang notwendig. Dieses geringfügige Aufdecken geht bereits in der großzügigen Berechnung der Anschnittflächen auf. Das Geruchsgutachten wählt laut Seite 17 für die Berechnung der Anschnittsflächen einen rechteckigen Ansatz. Da diese jedoch auf einer Silagelagerplatte gelagert werden, ergibt sich im Betrieb eine trapezförmige Anschnittsfläche. Auch geht das Gutachten davon aus, dass die nicht benutzte Silage abgedeckt bleibt. Insoweit hat es sich mit dem klägerischen Einwand auseinandergesetzt. Dagegen bestehen keine Bedenken. Nach dem Vorstehenden verfängt auch nicht der Einwand, dass der in früheren Versionen verwendete Zuschlag von 10 % für nicht senkrechte Siloanschnittflächen zu Unrecht fallen gelassen wurde.
Ebenfalls hat sich das Gutachten entgegen der Auffassung des Klägers mit den Emissionen des Einsilierens auseinandergesetzt. So führt dieses überzeugend für Mais- und Ganzpflanzensilage auf, dass während des Einbringens in das Lager überwiegend vegetationstypische Gerüche auftreten, die aufgrund ihrer Eigenart und der kurzen Emissionsdauer jedoch vernachlässigbar seien.
Soweit der Kläger bemängelt, dass die Geruchsemissionen der nunmehr vorgesehenen Siloplatte statt des zunächst mit Seitenwänden geplanten Silos nicht einbezogen wurden, ist dies nicht der Fall. Das Geruchsgutachten geht ausweislich Seite 14 von einem Silagelager als flüssigkeitsdichter Asphaltbodenplatte mit Sickersaftsammelsystem aus. Entsprechend hat es die Änderung des Siloaufbaus miteinbezogen.
Auch überzeugt es die Kammer nicht, dass für die Emissionen des ehemaligen Güllesilos, das zukünftig zur Lagerung von belastetem Niederschlagswasser dient, der Wert für Melkhausabwasser angesetzt werden solle. Melkhausabwasser ist vielmehr ein Abwasser, dass gerade verunreinigt ist. Das Gutachten führt aber aus, dass das betroffene Güllesilo zukünftig nur noch der Zwischenspeicherung von leicht belastetem Regenwasser benutzt wird. Aufgrund dessen, dass von Regenwasser kaum bis keine Emissionen ausgehen und, dass dieses in einem Zwischenspeicherlager regelmäßig gewechselt wird, konnte das Gutachten vertretbar davon ausgehen, die Emissionen nicht mehr zu berücksichtigen.
Ebenfalls vermag der Kläger nicht durchzudringen, soweit er die Nichtbeachtung der Emissionen des Siloabraums geltend macht. So wird der Silo laut der Nebenbestimmung IV.4.30 geruchsdicht abgedeckt. Auch setzt das Gutachten voraus, dass offene Reste und Verunreinigungen im Bereich der Silagelagerung sowohl wegen der Materialverluste als auch wegen der Geruchsemissionen vermieden werden. Dies ist ebenfalls schlüssig dargelegt.
Das Gutachten berücksichtigt entgegen der Ansicht des Klägers, dass neben Mais- auch Gras- und Ganzpflanzensilage eingebracht werden. So bildet es aus den verschiedenen Arten der eingebrachten Silage den Mittelwert von 4,05 GE/(m²xs).
Auch soweit der Kläger ausführt, dass die Geruchsemissionen der Rinderställe in den Sommermonaten nicht berücksichtigt seien und diese mit 50 % anzusetzen seien, überzeugt dies nicht. Die Geruchsimmissionsrichtlinie beantwortet die Frage nicht, wie der Weidegang bei Rindern bei den Geruchsemissionen berücksichtigt werden muss. Unter Heranziehung der Zusammenstellung des länderübergreifenden Geruchsimmissionsrichtlinie-Expertengremiums zu Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie führen diese unter Frage 15 aus, dass der Weidegang bei Milchkühen in einer Zeitreihe mitberücksichtigt werden könne. Dabei könne der Stall in der Zeit des Weidegangs mit 50 % der Emissionen berücksichtigt werden. Damit werde dem zeitweiligen bzw. stundenweisen Leerstand der Stallgebäude sachgerecht entsprochen. Das Geruchsgutachten nimmt aufgrund der halbjährigen Weidehaltung entsprechend für Rinder nur die halbjährigen Betriebsstunden an. Dies ist für 440 Rinder, die nicht als Milchvieh aufgeführt werden zutreffend. Würde man für die verbleibenden 60 Milchkühe nunmehr die Betriebsstunden entsprechend um ein Viertel erhöhen, folge ein kaum merklicher Zuwachs der Geruchsvorbelastung. Auch führt der Kläger selbst aus, dass von der H_____GmbH überhaupt keine Milchkühe gehalten würden, sodass keine Erhöhung der Geruchsvorbelastung anzunehmen wäre. Mithin widerspricht der Kläger sich selbst und kann dahingehend keine substantiierte Einwendung gegen das Geruchsgutachten geltend machen.
Soweit der Kläger rügt, dass die Pferdehaltung vom Wohnhaus P_____Straße Nr. nicht einbezogen worden sei, trägt er bereits nicht hinreichend substantiiert vor. So wird nicht erkennbar, wie viele Pferde gehalten werden und ob diese in die Vorbelastung hätten miteinbezogen werden müssen. Es erscheint naheliegend, dass es sich um Hobbytierhaltung handelt. Nach den oben erwähnten Ausführungen zu Zweifelsfragen zählt zur Hobbytierhaltung auch das Halten von wenigen Pferden. Diese ist in der Regel in – wie vorliegend – durch Tierhaltungsanlagen geprägten Gebieten bei der Ermittlung der Geruchsimmissionsbelastung nicht zu berücksichtigen. Es erscheint naheliegend, dass das Geruchsgutachten solche Hobbytierhaltung nicht mit einbezogen hat.
Auch soweit der Kläger ausführt, dass für die Rinderhaltung ein unzutreffender Gewichtungsfaktor verwendet worden sei, kann dies das Geruchsgutachten nicht erschüttern. Es ist nachvollziehbar, dass das Geruchsgutachten den der Geruchsimmissionsrichtlinie zu entnehmenden Gewichtungsfaktor von 0,5 für Milchkühe mit Jungtieren einschließlich Mastbullen und Kälbermast, sofern diese zur Geruchsimmissionsbelastung nur unwesentlich beitragen, herangezogen hat. Dem Geruchsgutachten ist zu entnehmen, dass Mutterkühe oder Milchvieh mit Kälbern gehalten werden. Lediglich ein kleiner Teil, nämlich vier, sind männliche Tiere. Für Milchkühe als auch für Mutterkühe denselben Gewichtungsfaktor anzulegen ist für die Kammer ohne weiteres nachvollziehbar, da für Mutterkühe keine höheren Geruchsimmissionsbelastungen im Vergleich zu Milchkühen zu erwarten sind.
Zweifel am Geruchsgutachten ergeben sich auch nicht aus einer möglicherweise fehlenden Einbeziehung der Emissionen Raumluft (Technik- und Separatorgebäude). So wurde gerade die Quelle des Separators selbst miteinbezogen (vgl. Seite 34 des Geruchsgutachtens).
hh. Auch ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach § 50 BImSchG oder gegen Art. 13 Abs. 2 Satz 1 lit. a Richtlinie 2012/18/EU ist nicht ersichtlich.
Gemäß § 50 Satz 1 BImSchG sind bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude so weit wie möglich vermieden werden. Der Begriff der raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen wird auf vom Abwägungsgebot gesteuerte, in planerischer Gestaltungsfreiheit ergehende Entscheidungen beschränkt, mit der Folge, dass gebundene Zulassungsentscheidungen nicht erfasst werden (vgl. Jarass BImSchG, 14. Aufl. 2022, BImSchG § 50 Rn. 4). Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung als gebundene Entscheidung unterfällt daher nicht den Anforderungen des § 50 BImSchG.
Gem. Art. 13 Abs. 2 lit. a RL 2012/18/EU sorgen die Mitgliedsstaaten dafür, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die Durchführung dieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten, Erholungsgebieten und – soweit möglich – Hauptverkehrswegen andererseits ein angemessener Sicherheitsabstand gewahrt wird. § 50 BImSchG dient der Umsetzung der RL 2012/18/EU, insbesondere der Umsetzung der Regelung des Art. 13 RL 2012/18/EU, die keine unmittelbare Wirkung entfaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 4 C 11/11 –, BVerwGE 145, 290-305, Rn. 29 zu Art. 12 RL 2012/18/EU; Jarass BImSchG, 14. Aufl. 2022, BImSchG § 50 Rn. 3 erweitert diese Rechtsprechung auf Art. 13 RL 2012/18/EU). Folglich kann der Kläger aus Art. 13 Abs. 2 lit. a RL 2012/18/EU keine unmittelbaren Rechte herleiten.
ii. Schließlich sind auch die mit Bescheid vom 25. November 2015 neu gefassten Nebenbestimmungen IV. 4.16 rechtmäßig.
Die Neufassung der Nebenbestimmung, womit nunmehr die Vorgaben des § 28 Satz 1 Nr. 2 BImSchG eingehalten werden, ist rechtmäßig. Die Nebenbestimmung IV. 4.16 sieht eine Ermittlung von möglichen schädlichen Umwelteinwirkungen vor. Nach § 28 Satz 1 Nr. 2 BImSchG kann die zuständige Behörde bei genehmigungsbedürftigen Anlagen nach Ablauf eines Zeitraums von jeweils drei Jahren Anordnungen nach § 26 BImSchG auch ohne die dort genannten Voraussetzungen treffen. Nach § 26 BImSchG kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage oder, soweit § 22 BImSchG Anwendung findet, einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen, sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine der von der zuständigen Behörde eines Landes bekannt gegebenen Stelle ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. Für die zunächst vorgesehene Ermittlung der Emissionen nach Ablauf von jeweils einem Jahr fehlte jedoch die Rechtsgrundlage, da ein Nachweis, dass konkrete schädliche Umwelteinwirkungen zu befürchten waren, fehlte.
Die Neufassung der Nebenbestimmung IV. 4.31 ist ebenfalls rechtmäßig, da nur so die Voraussetzungen des § 28 Satz 1 Nr. 1 BImSchG eingehalten werden können. Der Ausgangsbescheid bestimmte, dass durch eine Messung gem. § 26 BImSchG die Geruchsimmissionen im Einwirkungsbereich der Anlage zu ermitteln seien. Die Voraussetzungen für eine solche besondere Messung liegen jedoch mangels der Befürchtung schädlicher Umwelteinwirkungen nicht vor. Nunmehr sind zum Nachweis der im Geruchsgutachten vom 23. Juni 2014 der ____ GmbH & Co. KG berechneten Immissionswerte (Gesamtbelastung) von 20 bzw. 17 der Jahresstunden an den nächstgelegenen Immissionsorten, gemäß § 28 Satz 1 Nr. 1 BImSchG durch eine erstmalige Messung die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage zu ermitteln.
Auch die Änderung der Nebenbestimmung IV.4.14 c) ist rechtmäßig. Nummer 5.2.5 der TA Luft vom 24. Juli 2002 sieht vor, dass organische Stoffe im Abgas, ausgenommen staubförmige organische Stoffe, den Massenstrom von 0,50 kg/h oder die Massenkonzentration von 50 mg/m³ (jeweils angegeben als Gesamtkohlenstoff) nicht überschreiten dürfen. Die TA Luft regelt hiermit eine Auswahlmöglichkeit zwischen den beiden Alternativen für die Festsetzung der Emissionsbegrenzung. Mithin führt die Änderung der Festsetzung der Emissionsbegrenzung nicht zur Rechtswidrigkeit der Nebenbestimmung.
c. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG räumt der Behörde Ermessen bei der Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts ein. Mangels Anwendbarkeit des § 48 Abs. 2 VwVfG ist das Ermessen auch nicht durch dessen Satz 1 oder Satz 3 eingeschränkt. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung kann nach pflichtgemäßem Ermessen zurückgenommen werden, muss aber abgesehen vom Ausnahmefall einer Ermessensreduzierung auf Null nicht zurückgenommen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 – 4 A 7001/11, 4 A 7002/11, 4 A 7003/11 –, BVerwGE 144, 44-82, Rn. 38).
Das dem Beklagten von § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eingeräumte Ermessen hat sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls nicht auf Null reduziert.
Bei der Ausübung des Rücknahmeermessens ist dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht beizumessen als dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 – 1 C 33/07 –, Rn. 12, juris m.w.N.). Allein der Umstand, dass ein Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist, gebietet daher nicht seine Rücknahme, zumal die Möglichkeit zur fristgerechten Anfechtung bestanden hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2020 – 9 A 23/19 –, Rn. 41, juris). Dies gilt auch bei einer gebundenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsentscheidung. Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit besteht ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung "schlechthin unerträglich" ist, was von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt. Allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründet keinen Anspruch auf Rücknahme, da der Rechtsverstoß lediglich die Voraussetzung einer Ermessensentscheidung der Behörde ist. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann "schlechthin unerträglich", wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich. Ferner kann in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtmäßig ausgeübt werden kann, so dass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 – 6 C 32/06 –, Rn. 13, juris).
Maßgeblich ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der Anspruch auf Rücknahme eines Planfeststellungsbeschlusses nicht weitergehen kann als der Aufhebungsanspruch bei fristgerechter Anfechtung (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 7001.11 u.a. - BVerwGE 144, 44 Rn. 24). Der in § 75 Abs. 1a VwVfG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Planerhaltung begrenzt auch die Reichweite eines Rücknahmeverlangens. Daher scheidet eine vollständige Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses aus, wenn der Mangel, der seine Rechtswidrigkeit begründet, durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2020 – 9 A 23/19 –, Rn. 27, juris). Auch ein Widerruf kommt nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur als ultima ratio in Betracht, wenn etwa Schutzauflagen nach § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG als Abhilfe nicht ausreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 – 4 A 2/15 –, BVerwGE 155, 81-91, Rn. 31 m.w.N.). Diese Grundsätze lassen sich auch auf gebundene Entscheidungen übertragen. So hat der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 1b UmwRG und § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG eine dem § 75 Abs. 1a VwVfG vergleichbare Regelung getroffen (vgl. BT-Drs. 5927/18, Seite 10). Der Gesetzgeber bringt zum Ausdruck, dass eine Entscheidung i.S.d. § 1 Abs. 1 UmwRG – also auch eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung wie vorliegend – nur aufgehoben werden soll, wenn diese an einem Fehler leidet, der nicht durch eine ergänzende Entscheidung heilbar ist. Das Fachrecht zeigt bereits, dass der Bestandskraft der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach dem Willen des Gesetzgebers eine erhöhte Bedeutung zukommt.
Nach diesem Maßstab besteht kein Anspruch auf Rücknahme. Die Aufrechterhaltung der Genehmigung ist nicht schlechthin unerträglich. Die materielle Rechtswidrigkeit der Genehmigung erweist sich insbesondere nicht als offensichtlich. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn an dem Verstoß der streitigen Maßnahme gegen formelles oder materielles Recht vernünftigerweise kein Zweifel besteht und sich deshalb die Rechtswidrigkeit aufdrängt. Anders als bei der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts nach § 44 Abs.1 VwVfG ist es im vorliegenden Zusammenhang nicht erforderlich, dass der Verwaltungsakt an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob sich der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtswidrig erweist, ist in der Regel der Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 – 6 C 32/06 –, Rn. 15, juris; BayVGH, Beschluss vom 17. Oktober 2019 – 11 CE 19.1480 –, Rn. 21, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Januar 2014 – 2 S 2567/13 –, Rn. 8, juris). Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes ergibt sich, unter Nichtberücksichtigung der Fehler, die nicht zur Aufhebung führen, insbesondere aus dem Verstoß gegen das Bauplanungsrecht. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des Bebauungsplans war zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung nicht ersichtlich, sodass eine daraus folgende offensichtliche Rechtswidrigkeit der Genehmigung zum Zeitpunkt des Erlasses nicht bestand. Eine Rechtswidrigkeit des Bebauungsplanes hat sich zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht geradezu aufgedrängt. Es war nicht offensichtlich, dass Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung sowie die Darstellung der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung in der Planbegründung verletzt und die rechtsstaatlichen Anforderung an die Verkündung von Normen in Bezug auf eine DIN-Vorschrift missachtet wurden. Ebenfalls hat sich nicht aufgedrängt, dass der Bebauungsplan nicht den gesetzlichen Anforderungen nach § 12 BauGB entsprochen hat. Soweit die vorhabenbezogenen Bebauungspläne für unwirksam erklärt wurden, erfolgte dies erst einige Jahre nach Erteilung der Genehmigung.
Eine evidente Fehlentscheidung, deren Aufrechterhaltung schlechthin unerträglich wäre, liegt auch weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht vor (vgl. zu diesem Kriterium etwa BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 – 6 C 32/06 –, Rn. 17, juris und vom 22. Oktober 2009 - 1 C 26.08 - BVerwGE 135, 137 Rn. 24). Insbesondere der Verstoß gegen die UVP-Pflicht bzw. die fehlerhafte UVP-Vorprüfung führen gerade nach der auf einer europarechtlichen Richtlinie beruhenden Heilungsregelung des § 4 Abs. 1b UmwRG nicht zu einem Aufhebungsanspruch. Darüber hinaus ist zu beachten, dass ein Verstoß gegen den Biotopschutz nach § 30 BNatSchG als auch gegen den Artenschutz nach § 44 BNatSchG nicht in dem Sinne festgestellt wurde, als dass das Biotop tatsächlich zerstört oder erheblich beeinträchtigt wird oder eine besonders geschützte Art gestört wird. Vielmehr liegen vorliegend keine hinreichenden Ermittlungen vor. Auch kann die unvermeidbare Beeinträchtigung des Eingriffs in Natur und Landschaft noch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ersetzt werden. Die festgestellten Verstöße sind gerade nicht von finaler Qualität, sondern bleiben auf der Ebene der Ermittlung oder Durchführung. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit liegt mithin nicht vor, vielmehr bestünde nicht zwingend ein Aufhebungsanspruch. Sofern nunmehr ein Anspruch auf Rücknahme bejaht werden würde, würde dies der Intention des Gesetzgebers entgegenstehen.
Unabhängig davon ist zu beachten, dass gegenüber dem Kläger die immissionsschutzrechtliche Genehmigung in Bestandskraft erwachsen ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Genehmigung in einem anderen verwaltungsgerichtlichen Verfahren angegriffen wird, denn das Urteil bindet grundsätzlich nur die Beteiligten, vgl. § 121 VwGO. Darüber hinaus wurde der Kläger im Erörterungsverfahren zur damaligen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hinreichend beteiligt und hätte in der Folge die Möglichkeit der fristgerechten Anfechtung gehabt.
d. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch zu 1. hat ebenfalls keinen Erfolg. Vorliegend sind Ermessensfehler weder ersichtlich noch vorgetragen. Die gerichtliche Nachprüfung einer behördlichen Ermessensentscheidung hat sich, sofern sich - wie hier - aus dem materiellen Recht nichts Abweichendes ergibt, nach Maßgabe des § 114 Satz 1 VwGO auf den Zeitpunkt der Ausübung des Ermessens zu beziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2019 – 6 C 8/18 –, BVerwGE 165, 251-263, Rn. 18 m.w.N.). Dies schließt es grundsätzlich aus, Ermessensentscheidungen anhand von tatsächlichen und rechtlichen Erkenntnissen nachzuprüfen, die der Beklagte nicht in ihre Erwägungen einbeziehen konnte, weil sie zum Zeitpunkt der Ermessensausübung noch nicht vorlagen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2019 – 6 C 2/18 –, BVerwGE 165, 111-127, Rn. 10). Entsprechend konnte der Beklagte die Unwirksamkeit des neuen Bebauungsplans „Biomethananlage P_____“ noch nicht miteinbeziehen, da zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchbescheids vom 9. März 2020 die Unwirksamkeit noch nicht durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg festgestellt wurde. Entsprechend dem Vorstehenden musste der Beklagte auch nicht erkennen, dass der Bebauungsplan unwirksam ist. Der Beklagte hat sich im Widerspruchsbescheid auch mit den dahingehenden Ausführungen des Klägers auseinandergesetzt. Der Beklagte hat erkannt, dass kein Anspruch des Klägers auf Rücknahme der streitgegenständlichen Genehmigung besteht, denn im Vergleich zur vorliegenden Sachlage lag zum damaligen Zeitpunkt der Entscheidung ein planreifer Bebauungsplan vor. Mithin hatte der Beklagte bei der damaligen Sachlage kein Rücknahmeermessen.
Soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zum Widerruf der Genehmigung beantragt, kommt der tatbestandlich nur für rechtmäßige Genehmigungen geltende § 21 BImSchG aufgrund der Rechtswidrigkeit der Genehmigung hier nicht in Betracht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten ist für notwendig zu erklären, vgl. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Es war dem Kläger nach seinen persönlichen Verhältnissen und der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Berufung war nicht zuzulassen, denn es liegen keine Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO vor.
B e s c h l u s s:
Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung entspricht der Bedeutung der Sache für den Kläger, vgl. § 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht hat sich insofern an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, hier Nummer 1.1 angelehnt. Danach sind bei Verbandsklagen die Auswirkungen der begehrten Entscheidung auf die vertretenen Interessen maßgeblich, sodass in der Regel 15.000,00 Euro bis 30.000,00 Euro anzusetzen sind. Der Streitwertkatalog 2013 sieht für eine Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung wegen sonstiger Beeinträchtigungen nach Nrn. 19.2, 2.2.2 einen Streitwert von 15.000,00 Euro vor. Vor diesem Hintergrund ist es angemessen, vergleichbare Interessen anzunehmen und einen Streitwert für die Verbandsklage von 15.000,00 Euro festzusetzen.